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Viel wurde versprochen, wenig gehalten“
SPÖ-Geschäftsführer Hans Marcher nimmt Schüssel/Grasser ins Visier: „Sie versprachen bisher viel, hielten wenig“
Für die kommende Landtagswahl sieht er gute Chancen, dass die SPÖ von der Stimmen- und Mandatszahl wieder an das Ergebnis des Jahres 1995 herankommt. Damals blieb die Steirische Volkspartei nur mit wenigen Stimmen vor den Sozialdemokraten. Nicht nur die Vorgänge im Land geben der SPÖ eine gute Ausgangsposition, sondern auch die gebrochenen Versprechen der schwarz-blauen Koalition unter Kanzler Schüssel.
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KLIPP: Was denken Sie, welche Maßnahmen lösen bei den Wählern das größte Unverständnis aus?
Marcher: Schüssel und Grasser haben eine „Zukunft ohne Schulden“ und ein stabiles Budget versprochen. Laut Bericht des Staatsschuldenausschusses sind die Bundesschulden in den Jahren 2000 bis 2004 um 17,7 Milliarden Euro gestiegen. 2005 werden laut Bundesvoranschlag weitere 5,1 Milliarden Euro neue Schulden dazukommen. Insgesamt haben Schüssel und Grasser damit in den Jahren 2000 bis 2005 rund 23 Milliarden Euro neue Schulden des Bundes zu verantworten. Das sind fast 3.000 Euro neue Schulden für jede Österreicherin und jeden Österreicher, vom Kleinkind bis zum Greis. Damit haben Schüssel und Grasser den höchsten Schuldenstand in Österreich seit 1945 zu verantworten.
KLIPP: Reformen kosten nun mal Geld.
Marcher: Schüssel und Grasser versicherten uns, dass 75 Prozent aller ÖsterreicherInnen von der angeblichen Sanierung des Staatshaushaltes nicht belastet werden. Mehr als 40 Belastungsmaßnahmen haben die österreichische Bevölkerung hart getroffen (Verdoppelung der Energieabgabe, Erhöhung der Versicherungs-, Tabak- und anderer Steuern, Verdoppelung der Vignette, Erhöhung zahlreicher Gebühren, Erhöhung von Krankenversicherungsbeiträgen und Pensionskürzungen, etc.).
KLIPP: Die Voraussetzungen für einen Aufschwung sind europaweit ungünstig. Wie soll da Österreich die Ausnahme bilden?
Marcher: Schüssel und Grasser haben im Jahr 2003 erklärt, dass die Steuerreform 2005 „Österreich Flügel verleihen“ und daher „Investitionen und Wachstum“ beflügeln wird. Davon ist aber nichts zu spüren. Die anhaltende Wirtschaftskrise und die Untätigkeit der Bundesregierung haben die österreichischen Konsumenten schwer verunsichert, sie investieren deutlich weniger. Und laut EUKommission ist Österreich 2003/2004 Schlusslicht bei den öffentlichen Investitionen (EU15).
KLIPP: Am schwierigsten ist der Kampf gegen die seit Mai 2001 steigende Arbeitslosigkeit. Worin liegen für Sie die Ursachen?
Marcher: Von 1998 bis 2000 lag das heimische Wachstum rund 8 Prozent über dem EUDurchschnitt, von 2001 bis 2004 aber 13 Prozent unter dem EU-Durchschnitt. Allein im Jahr 2002 ist der Konsum um fast ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes eingebrochen, seither stagniert er.
Foto: SPÖ
Hans Macher: „Schwäche der ÖVP/BZÖ-Koalition nützt uns auch im Landtagswahlkampf. Es wird sehr knapp.
KLIPP: Als Opposition müssen Sie die Regierung natürlich kritisieren, doch international nimmt Österreich innerhalb der EU noch immer eine Spitzenposition ein.
Marcher: Aber nur dann, wenn man sich die Zahlen nicht wirklich genau ansieht. Stellt man Österreich vergleichbaren Ländern gegenüber – etwa Schweden, Finnland und Dänemark –, so belegt Österreich jeweils den letzten Platz bei der Beschäftigungsquote, beim Wirtschaftswachstum 2004, beim Zuwachs der privaten Konsumausgaben, bei den Forschungsausgaben, bei der Leistungsbilanz, bei der Entwicklung der Staatsschulden und beim öffentlichen Defizit.
KLIPP: Was waren die Hauptgründe dafür, dass die SPÖ dem Koalitionsbudget die Zustimmung verweigert?
Marcher: Die Kleinverdiener und der Mittelstand schauen durch die Finger. Es profitieren gut und bestverdienende kinderreiche Familien mit einem Erhalter, dessen Frau zu Hause „am Herd“ bleibt, sowie große Kapitalgesellschaften mit hohen Gewinnen. Das Budget sieht vor, dass die Lohnsteuer um rund 2 Prozent entlastet wird, die Körperschaftssteuer aber um rund 20 Prozent und damit um das 10fache. Während die Einnahmen des Finanzministers aus der Lohnsteuer seit der „Wende“ im Jahr 2000 bis 2005 (trotz der „größten Steuerreform aller Zeiten“) um 18 Prozent gestiegen sind, sind die Einkünfte aus Kapitalerträgen nur um fünf Prozent höher; die Unternehmen zahlen gar um fünf Prozent weniger als 2000. Zu einer solchen Politik können wir nur Nein sagen. ■