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Gesundheit

Wiener Ärztin setzt auf eigenwillige Methode bei Brustkrebs-Vorbeugung Blinde ertasten ihn früher als jeder andere

„Ich kann nicht sehen, wenn jemand leidet“, führt Doktor Maria Hengstberger als Hauptgrund für alle ihre Ideen und Projekte an. „Wenn ein Problem da ist, muss ich gleich überlegen, wie man es lösen kann. In

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vielen Fällen ist das einfacher, als man glaubt. Das Beste ist doch das Vorbeugen. Man muss nur nachdenken, wie.“ So bildet sie seit Jahren blinde Frauen zu Schwestern für die BrustkrebsVorbeugung aus. Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frau und stieg in den letzten 15 Jahren in Österreich um 30 Prozent.

v o n V e r a L e o n

A u s g e p r ä g t e r Ta s t s i n n

„Blinde Personen haben einen ausgeprägten Tastsinn“, schildert die Wiener Medizinerin Maria Hengstberger. „Ihre Finger können Bücher lesen und das in einer Geschwindigkeit, die bemerkenswert ist. Ich habe versucht ein paar Zeilen in so einem Buch abzutasten, war aber chancenlos.“ Seit den 80er-Jahren leitet Hengstberger in Wien ein Brustkrebsvorsorge-Zentrum, wo in der Folge von ihr ausgebildete und an der Universitätsklinik geprüfte, blinde Frauen Routine-Untersuchungen durchführen. Die Blinden sind mit ihrem hervorragenden Tastsinn wie niemand sonst imstande, Brustkrebs im Frühstadium zu erkennen. Damit das Gewebe von allen Seiten gleichmäßig untersucht werden kann, wird die Abtastung der Brust auch in einer Wasserwanne durchgeführt. Alle so genannten „Blindenschwestern“ haben mit Gesundheit und Medizin schon vor dieser Ausbildung etwas zu tun gehabt. Eine war zum Beispiel Masseurin, die andere beschäftigte sich mit Psychologie. Als eine Studentin während ihres Medizinstudiums erblindete, ließ sie sich zur B l i n d e n - K r a n k e n s c h w e s t e r ausbilden. Dr. Hengstberger: „Dienstags und donnerstags gibt es bei uns diese Spezialuntersuchungen. Aber auch andere Kliniken, nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland, wenden diese Methode an. Blinde ertasten Krebsgeschwüre manchmal sogar genauer und verlässlicher als die herkömmlichen Geräte. Ihre Finger verspüren auch die kleinsten Knoten im Brustgewebe.“

Die Schar der Unterstützer für die Ideen von Maria Hengstberger ist groß und wächst weiter. „Es gibt so viel Unwissen und Elend auf dieser Erde und helfen und aufklären ist sehr wichtig.“ F r ü h e U r s a c h e n b e i B r u s t k r e b s

Die Entstehung von Brustkrebs kann viele Ursachen haben: neben erblichen Belastungen spielt vor allem ein erhöhter Östrogenspiegel eine wichtige Rolle. Zu den so genannten Risikogruppen gehören daher jene Frauen, die viele Jahre lang menstruiert haben, also schon frühzeitig –etwa ab dem 10. Lebensjahr –ihre erste Regel hatten und erst relativ spät in den Wechsel kamen, sowie Frauen, die wenig oder nie gestillt haben. Übergewichtige Frauen haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs, denn im Fettgewebe kann durch ein Enzym zusätzlich Östrogen gebildet werden.

D e r B r u s t k r e b s i s t e i n h o r m o n a b h ä n g i g e r Tu m o r

Wir wissen heute auch, dass es durch chronische Leid- und Stresssituationen zu Fehlregulationen im Hormonsystem kommt: unter anderem steigt der Spiegel an Prolaktin, einem Hormon, das besonders auf die Brust wirkt, und das Gelbkörperhormon sinkt. In der Folge ist das Östrogen-GelbkörperhormonGleichgewicht gestört und es überwiegt für einen längeren Zeitraum das Hormon Östrogen. Als Gynäkologin möchte ich Frauen in diesem Zusammenhang an ihre eigenen Erfahrungen mit hormonellen Entgleisungen in psychischen und körperlichen Ausnahmesituationen erinnern. Noch deutlicher treten solche Dysregulationen unter extremen Belastungen zu Tage, etwa in Flüchtlingslagern und Katastrophengebieten, wo Frauen auch wegen des auftretenden Gelbkörperhormonmangels oft viele Monate lang keine Menstruation haben. In Situationen, in denen es unmöglich wäre, ein Kind auszutragen, schützt sich die Natur auf diese Weise vor einer Schwangerschaft. Grundlegendes Wissen über diese physiologischen Mechanismen müsste daher auf eine für medizinische Laien verständliche Weise erklärt werden, um ein mögliches Krankheitsrisiko bewusst und effektiv verringern zu können. Wie sehr Stress unser Immunsystem schwächt, ist medizinisch längst bewiesen, sogar eine eigene Forschungsdisziplin – die Psychoneuroimmunologie – beschäftigt sich damit. Daher wird anlässlich der Untersuchung der Brust nicht nur das Gewebe der Brust abgetastet, sondern in einem vertraulichen Frau-zu-Frau-Gespräch wird auch die Seele der Patientin abgetastet, denn oft ist diese der Hauptverursacher der Krankheit.

E i n e a u ß e r g e w ö h n l i c h e F r a u

Ich sprach mit der Frauenärztin Maria Hengstberger in ihrer Ordination im 12. Wiener Bezirk. Sie ist eine außergewöhnliche Frau, praktisch ständig in Bewegung, mit lebhaften Augen und einem durchdringenden Blick. Im Laufe ihrer Berufspraxis hat die Frauenärztin die Wichtigkeit der gesunden Seele erkannt und diese wird nicht außer Acht gelassen. „Krankmacher gibt es viele: schwere Schicksalsschläge, nicht bewältigte Konfliktsituationen, unerfüllte Partnerschaft, nicht ausgelebte Weiblichkeit, falsche Ernährung ...“ Diese negativen Einflüsse vor Augen haltend, schrieb sie eine Art Studie unter dem Titel „Ein Schutzhaus gegen Krankheit und Krebs“, das sie als Broschüre herausgab. Die Gedanken beeinflussen bekanntlich die Hormonproduktion und positive, gute Gedanken wie Freude und Glück beeinflussen unser Immunsystem. So können wir auch gegen Erbkrankheiten erfolgreich wirken, wenn wir das Bewusstsein über uns selbst erreichen. Mit dieser Einstellung hat Frau Dr. Hengstberger zahlreiche Innovationen auf dem Gebiet, in dem sie „zuhause“ ist – Medizin bzw. Gynäkologie, gebracht. Krankheiten sind ein Ausdruck der Disharmonie im Leben eines Menschen. Wobei Dr. Hengstberger das selbst lebt, was sie „predigt“. Durch ihre Mutter und Großmutter ist sie erblich vorbelastet und sie weiß, wie wichtig

Abtasten der Brust erfolgt auch in der Wasserwanne. Wichtig ist, am ersten Tag der Regel mit rot zu beginnen. Gelb zeigt die unfruchtbaren und blau die fruchtbaren Tage. Ein besonderer Halsschmuck für Analphabeten.

es ist, im Leben Freude zu haben, aktiv und kreativ zu sein, den positiven, inneren Impulsen nachzugehen. Sie findet große Freude daran, den Schwachen zu helfen. Ihr medizinisches Wissen, gepaart mit dem gesunden Menschenverstand war maßgebend bei der Gründung des heute international anerkannten Projektes „Aktion Regen“. Dieses Projekt hat zum Ziel, Menschen, die ohne Bildung und in Armut leben, zu helfen, bei der Familienplanung zu helfen. Weltweit werden in Entwicklungsländern auf Initiative von Hengstberger Entwicklungshelfer, Ärzte und Krankenschwestern in Seminaren informiert, wie man auch Analphabeten ein Basiswissen über den weiblichen Zyklus vermittelt. Dafür entwickelte die Frauenärztin eine Kette aus Tonoder Holzperlen in gelb, blau und rot. Die Aktion Regen hat durch Spenden bereits vier so genannte Seminarkliniken in den Entwicklungsländern aufgebaut, begonnen hat alles in Äthiopien mit Karl Heinz Böhm. ■

Hinweis: Die Broschüre „Ein Schutzhaus gegen Krankheit und Krebs“ kann bei Aktion Regen bestellt werden: +43(0)1/720 66 20, aktion.regen@netway.at

Damit allen Frauen die Vorsorge auf diesem Gebiet leichter fällt, habe ich meinen Aufzeichnungen entsprechend einen Fragebogen ausgearbeitet und für die Formulierung der Fragen häufig verwendete Worte und Redewendungen von Brustkrebspatientinnen verwendet:

1. Waren Sie in den letzten Jahren von einem schweren Schicksalsschlag so tief betroffen, dass Sie ihn nur schwer oder bisher gar nicht bewältigen konnten, z.B. vom Tod eines besonders geliebten Menschen, einem folgenschweren Unfall, einer schweren Erkrankung oder einer Scheidung? 2. Hatten Sie andere schwere Verlusterlebnisse beruflicher oder privater Art, die Sie nur schwer verkraften können, wie z.B. der

Verlust des Arbeitsplatzes, Mobbing, der Tod eines Haustieres oder Ähnliches? 3. Leben Sie schon lange nicht mehr in einer erfüllten Partnerschaft und leiden Sie darunter? 4. Würden Sie Ihren eigenen Weg lieber ganz anders gehen als den, den Sie gehen müssen? 5. Glauben Sie tief in Ihrem Inneren, Ihre Weiblichkeit nicht ausleben zu können, das heißt als Frau nicht ganz Frau sein zu dürfen?

6. Fühlen Sie sich manchmal selbst als Opfer – etwa als Opfer Ihres Schicksals, als Opfer Ihrer Familie oder Ihres Partners, als

Opfer im Beruf? 7. Fühlen Sie sich manchmal in die Ecke gedrängt, überrumpelt, nicht ernst genommen, unverstanden, vielleicht sogar verlassen? 8. Glauben Sie selbst, zu jenem Typ Frau zu gehören, der „alles in sich hineinschluckt“, anstatt in Eigeninitiative Lösungen für

Probleme zu suchen oder sich anderen anzuvertrauen?

9. Gab oder gibt es einen Menschen, für den Sie einen tiefen inneren Groll oder sogar Hass empfinden und dem Sie nicht verzeihen können?

10. Sind Sie der Meinung, dass es in den letzten Jahren nichts gab oder gibt, das Ihnen so richtig Freude bereitet und das Sie wirklich glücklich gemacht hat? 11. Sind Sie von einer Person besonders abhängig und sind Sie der Meinung, dass Sie ohne diese bestimmte Person niemals leben können?

12. Glauben Sie, negative Kindheits- und Jugenderlebnisse, schwere Enttäuschungen Ihres Lebens und Konfliktsituationen (auch im Beruf) bisher noch immer nicht wirklich verarbeitet und bewältigt zu haben? JA NEIN

Interpretation der Ergebnisse: Es wäre optimal, wenn Sie möglichst viele Fragen mit einem ehrlichen „Nein“ beantworten könnten. Dr. Hengstberger hat in einer Fragebogen-Auswertung 79 Brustkrebs-Patientinnen einer doppelt so großen Vergleichsgruppe von gesunden Frauen gegenübergestellt. Erkrankte Patientinnen haben folgende Feststellungen im Fragebogen bis zu zweieinhalb Mal häufiger mit „Ja“ beantwortet: Unerfüllte Partnerschaft, unerwünschter Lebensweg, Weiblichkeit nicht ausleben, als Opfer fühlen (absoluter Höchstwert!), unverstanden fühlen, hineinschlucken, keine richtige Freude am Leben.

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