KULTUR.TIPPS
JAHRESABO um 27,80 Euro
Klaudia Ahrer macht mit ihrem TanzTheater einAnder und dem CARINTHIja 2020-Projekt „24 Stunden Grenzerfahrung“ an fünf Orten in Kärnten Station. Foto: Mahdi Gholami
kultur.tipp
IN DIE KULTUR EIN.TAUCHEN
DIE BRÜCKE Jahresabo (6 Ausgaben) frei Haus inkl. Kulturcard Kärnten für ermäßigte Eintritte um 27,80 Euro Abobestellungen unter: E bruecke@ktn.gv.at T 050 536 – 34032
www.bruecke.ktn.gv.at
62
DIE BRÜCKE Nr. 17 | Brückengeneration 5
IRWIN: CELOVEC, 2010, Farbfotografie (bearbeitet), 165 x 216 cm. Foto: IRWIN
Kennen Sie Ihre Grenze(n)? Es kann mitunter verunsichernd sein, mit dem Unbekannten, Neuen konfrontiert zu werden. Und vielleicht hat man als Leser*in bereits gewisse Vorbehalte, wenn von „24h Stunden Grenzerfahrung“ die Rede ist. Was kann man sich darunter vorstellen? Und überhaupt, was ist ein TanzTheater? einAnder wurde 2016 von der Tanzpädagogin Klaudia Ahrer gegründet und bietet eine Plattform für jegliche Art von Aktions-, Austausch- und Bewegungsperformance. Es soll unterschiedlichste Menschen zusammenbringen, auch solche, denen es sonst an Anknüpfungsmöglichkeiten an ihr soziales Umfeld fehlt. Von Mai bis August wird das TanzTheater einAnder an jeweils fünf verschiedenen Orten in Kärnten Station machen und eine Performance zur Aufführung bringen. Dabei werden nicht nur lokale Organisationen und Vereine wie das Offene Kreativ- und Technologielabor OTELO in Ferlach oder TetrArts, die Kulturinitiative der Gemeinde Maria Rain in die Vorbereitung und Aufführung miteingebunden – jede*r ist eingeladen, sich aktiv zu beteiligen. Von Mittwoch bis Samstag werden Workshops in der Gemeinde abgehalten, in der dann am Sonntag auch die Performance stattfindet. Insgesamt werden so 24 Stunden an Zeit investiert. Und die Grenzerfahrung? Der Workshop und der Austausch mit anderen Menschen soll Bewusstsein für persönliche psychische und physische Limits schaffen. Durch Berührung, Bewegung, Musik und Sprache werden eigene Grenzen und die des Gegenübers erfahren und sichtbar gemacht. Trennlinien müssen nicht immer hart und undurchlässig sein: Sie können verschwimmen und sich auflösen, wenn dem Anderen Vertrauen entgegengebracht wird. So kann jede*r einen Beitrag dazu leisten, dass es auch in Zukunft eine Interaktion und ein Miteinander möglichst ohne Aus- und Abgrenzung gibt. ● Elisabeth Oberlerchner * 1994 in Villach, wohnt in Radenthein. Studium der Angewandten Kulturwissenschaften und der Germanistik an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, seit Herbst 2019 PhDKandidatin am German Department at Rutgers, the State University of New Jersey, USA.
TanzTheater einAnder: 24 Stunden Grenzerfahrung 20.-24. Mai, Ferlach 10.-14. Juni, Maria Rain 22.-26. Juni, Bleiburg 22.-26. Juli, Ludmannsdorf 5.-9. August, Köttmannsdorf www.carinthija2020.at
da.schau.her Klagenfurt | Celovec Was wäre, wenn? Auf diese Frage gibt es keine ersichtliche Antwort, denn die Vergangenheit lässt sich bekanntlich nicht ändern. Oder doch? In dem jüngsten Neuankauf des MMKK beschäftigt sich das slowenische Künstler kollektiv IRWIN mit genau dieser Frage, genauer mit dem Gedanken: Was wäre, wenn die V olksabstimmung 1920 anders verlaufen wäre? Die zweiteilige Arbeit trägt den Titel „CELOVEC“ und stammt aus dem Jahr 2010, wo sie ursprünglich für die Ausstellung „Heimat | Domovina“ konzipiert wurde. Zwei großforma tige Farbaufnahmen zeigen den neuen Platz in Klagenfurt – einmal als originale und einmal als bearbeitete Fotografie. Bei Letzterer wurden durch digitale Eingriffe alle sichtbaren Schrift züge vom Deutschen ins Slowenische übersetzt und ausgetauscht. Das Künstlerkollektiv versetzt die Betrachtenden mit d ieser Arbeit in eine trügerische Parallelwelt. Wie in einem Traum ist alles bekannt und doch scheint etwas anders. Durch den direkten Vergleich mit der angrenzenden Realität werden die Besuchenden zu einer Art Suchspiel bewegt, um den Unterschied zu entschlüsseln, der in seiner Ausführung dezent, in seiner Aussage jedoch gravierend ist. IRWIN stoßen mit diesem Werk auf den Nerv der Zeit und thematisieren nicht nur die Zweisprachigkeit in Kärnten, sondern rücken vor allem die politischen, sozialen und kulturellen Fragen slowenischer Minderheiten in den Fokus. Das Werk „CELOVEC“ reflektiert beispielhaft den Charakter und die Arbeitsweise der Künstlergruppe, welche sich in ihren subversiven Arbeiten stets mit der Materie des Staates und seiner Grenzen beschäftigt. Anfang der 1990er-Jahre setzen sie ihr wohl größtes politisches Statement, indem sie einen eigenen Staat erschaffen, welcher nicht durch territoriale Grenzen bestimmt ist. Der Staat der Neuen Slowenischen Kunst (NSK State) – ein Staat nicht im Raum, sondern in der Zeit. ● Mirjam Schmidt Kunsthistorikerin, MMKK Museum Moderner Kunst Kärnten.