3 minute read

Hranca _._ Grenz“: Sichtbarmachung von Unsichtbarem. Andreas Peterjan

Next Article
aviso

aviso

Grenz.Land.Fluss. Zumeist sind sie unsichtbar ... und doch können sie wirken wie Betonmauern. Rož nähert sich im Rahmen von CARINTHIja 2020 dem Phänomen „Grenze“.

Schwelle ins Unbekannte. Hinter jeder Grenze beginnt es: das Andere. Ein Raum, der weniger von Bekanntem und Wissen als von Zuschreibungen, Erwartungen, Klischees, Ängsten und Hoffnungen besetzt und beherrscht wird. Die Grenze als Schwelle ins Unbekannte. Der slowenische Kulturverein Rož, unlängst mit dem Österreichischen Kunstpreis für Kulturinitiativen ausgezeichnet, hat mit „Hranca _._ Grenz“ ein Jahresprogramm erarbeitet, das die Funktionsweise von Grenzen mit einer Reihe von ausgeklügelten Veranstaltungen umfassend reflektiert – und sich traut, die großen Fragen zu stellen: Wo strukturieren Grenzen als manchmal notwendige Leitlinien unseren Alltag? Und wo sind sie hingegen unsichtbare, mitunter mentale Gefängnismauern, politisches Scheinargument oder gar diktatorisches Werkzeug? Aber vor allem: Was hilft gegen die Eingrenzung? Eine Antwort darauf gibt das höchst aktive Team rund um den unermüdlichen Marjan Štikar bereits mit der Zusammenstellung des Programms. Bestes Rezept gegen Eingrenzung ist Vielfalt, sowohl was Sprache als auch was künstlerische Zugänge betrifft – folglich reicht die Spannweite des Projekts von MultimediaKunst über (Kinder- und Jugend-)Theater, Ausstellungen, Performances, szenisch inszenierte Konzerte und Lesungen. The matisch wandeln sie alle „an und auf der Grenze“.

Advertisement

Grenze durch den Ort. Dass St. Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu durch seine bewegte Geschichte den künstlerischen Arbeiten weitere Bedeutungsebenen hin zufügt, liegt auf der Hand – zumal das raffinierte Konzept diesen Umstand auf pointierte Weise veranschaulicht: Schritt für Schritt wird eine sichtbare Grenze durch den Ort gezogen, die mit jeder absolvierten Station des Programms um ein weiteres Stück anwächst und so ab April 2020 als knallig rote Linie über zentrale und historisch bedeutsame Gebäude hinwegfließen wird. So wird der Ort nicht nur Spielraum oder Bühne, sondern selbst zum Träger einer Botschaft: Der Ort macht mit – und verdeutlicht nicht nur den Fortschritt im künstlerischen Jahreskalender, sondern markiert so gleichzeitig die neu gewonnenen Ein-, An- und Aussichten zum Thema „Grenze“.

Den Abschluss findet „Hranca _._ Grenz“ folgerichtig dann, wenn die Grenze ganz sichtbargemacht und damit kritisch ins Bewusstsein gehoben wurde. Denn das ist die Voraussetzung, um sie schlussendlich überwinden zu können – und um von der Spaltung zur Vereinigung zu finden.

Veranstaltungen: Am 8. April wird sich Multimedia-Künstlerin und Kulturaktivistin Barbara Ambrusch-Rapp unter dem Titel „grenzdebil“ in der Kirche in St. Peter/Šentpeter mit Grenzen und Gren zerfahrungen auseinandersetzen. Das Kino Janach – zuletzt für die viel beachtete Ausstellung „Vermessungsamt“ adaptiert – fungiert von Mai – Oktober einmal mehr als Kunst-Hotspot: Die slo wenischen Multimedia-Künstler Dušan Fišer und Metod Frlič gastieren mit ihrer Kunstschau To ni politična razstava in ni samo za otroke/Das ist keine politische Ausstellung und nicht nur für Kinder. Dezidiert für Kinder und von Kindern hingegen ist die Aufführung der Kinder- und Jugendtheatergruppe teatr zora, die mit Smradek/ Štinky von Svetlana Makarovič den märchenhaften Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Schönheit und Reinheit versus Schmutz und Gestank nacherlebbar macht – Start ab März. Das teatr trotamora bringt im September mit Aus, Schluss, Basta die Erzählungen von den Tschuschen von Florjan Lipuš auf die Freiluftbühne, in denen der Träger des Staatspreises für Literatur sich auf seine Erlebnisse als Kärntner Slowene bezieht – und damit auch soziale Grenz ziehungen anspricht. Unter dem Titel Grenzgesänge/Obmejne pesmi gibt der Frauenchor Rož im Oktober ein inszeniertes Konzert: Die Texte der eigens geschaffenen Lieder wurden von Autorinnen und Autoren während ihres Aufenthalts in St. Jakob im Rosental verfasst und von Musikerinnen und Musikern, die ebenfalls im Ort gastiert haben, vertont – extra kreiertes Bühnenbild und szenische Elemente inklusive.

Im Rahmen der schon traditionellen Literaturreihe anti-freeze, Literatur gegen den Frost, erhält eine Künstlerin oder ein Künstler im Herbst die Möglichkeit, sich mit eigenen Werken zum Schwerpunkt thema „Heimat“ zu präsentieren. Details unter: www.roz.si ● Andreas Peterjan * 1988 in Klagenfurt, aufgewachsen in Feldkirchen in Kärnten, Studium der Germanistik an der Alpen-AdriaUniversität Klagenfurt und der Karl-Franzens-Universität Graz, ist journalistisch und wissenschaftlich tätig.

This article is from: