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Mochi, ein Küchlein fürs Gemüt

Mochi, ein Küchlein fürs GemütMochi, ein Konfekt aus Klebreisteig,gibt es in vielen Sorten. Am bekanntesten sind Daifuku und Dango. Im Bild ist ein Daifuku Rose, welches gerne mit einer Bohnenpaste gefüllt wird.

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Véronique Zbinden

BILDER

Hädecke Verlag*

Ein Trend aus Japan erobert Europa. Kleine Kuchen aus Klebreis, so genannte Mochis, sorgen bei Konditoreien und Pâtisserien für Begeisterung.

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in paar kleine puderfarbene Kugeln, blass wie die Wangen einer Geisha, liegen dicht beieinander in einem Bambuskorb. In Japan gilt dieses Gebäck, Wagashi genannt, als Glücksbringer und ist ein Liebesbeweis. Typisch ist sein leichter Kastaniengeschmack.

Zugegeben, ich bin ein wenig stolz, dass ich die Exotik dieser Wagashi wäh-

Dem Mochi-Virus verfallen: Die französische Foodstylistin Mathilda Motte hat die Kugeln aus Klebreis in Japan kennengelernt und hat dazu zwei Bücher veröffentlicht.

rend eines Workshops bei Akiko Ames in ihrer grossen Küche in der Region Lausanne kennenlernen darf. «Ich hätte mir nie vorstellen können, dass Wagashi, das traditionelle japanische Gebäck, hier so populär werden würde», sagt die Tokioerin, die seit 20 Jahren in der Schweiz lebt.

Ein Wagashi, also eine traditionelle japanische Süssspeise, sind die kleinen Reiskuchen Daifuku, hergestellt aus Klebreismehl. Der Teig kann mit verschiedenen Geschmacksrichtungen wie zum Beispiel Erdbeere oder grünem Tee angereichert sein. Daifuku, kleine Reiskuchen, sind in Japan überall zu finden, von den Konditoreien bis hin zu den Kaufhäusern und Lebensmittelgeschäften. Für einen westlichen Gaumen ist der erste Biss in dieses weiche, etwas elastische, zunächst fad schmeckende Ding gewöhnungsbedürftig. Dann offenbart das Gebäck aber seinen inneren Kern.

Und so wird ein Daifuku hergestellt: Zunächst wird Mehl aus Klebreis, Shiratamako genannt, mit Wasser und Zucker zu einem Teig vermengt. Dieser wird anschliessend gedämpft. Traditionell werden die Teiglinge mit einer im Voraus zubereiteten Masse aus roten Adzukibohnen gefüllt. Dafür die Bohnen mehrmals abspülen, weich kochen, zuckern und trocknen lassen, bis die richtige Konsistenz erreicht ist. Schliesslich wird der Reisteig zu kleinen Scheiben geknetet und mit der vorbereiteten Masse gefüllt.

Auf Mochi spezialisiert

«Daifuku bedeutet grosses Glück, es kann als Glücksbringer für das neue Jahr verschenkt werden», weiss Akiko Ames. Die Geschichte der Mochis ist vermutlich so alt wie der Reisanbau in Japan. Die Kenntnisse zum Reisanbau erreichten das Land vor etwa 2300 Jahren. Ursprünglich schlugen und wendeten zwei Personen abwechselnd gedämpften Klebreis in einem Mörser, um den Teig zu formen. Heute wird er maschinell hergestellt.

Die ersten Rezepte waren salzig. Doch im 18. Jahrhundert wurde das Daifuku durch süsse Variationen ergänzt. Heute sind Mochis, wie Daifukus ebenfalls genannt werden, in Japan so beliebt wie in unseren Breitengraden es die Crois- →

Die weiche Konsistenz haben Mochi dem glutenfreien zerstampften Klebreis beziehungsweise dem daraus hergestellten Klebreismehl zu verdanken. Im Bild: Sakura Mochi mit Kirschblättern.

Gut zu wissen:

Akiko Ames bietet japanische Koch- und Konditorei-Workshops in der Region Lausanne an (thematchagreen.com). Dort lehrt sie die Kursteilnehmer, wie man Ramen, Gyozas und andere Sushi, aber auch Daifuku zubereitet. Das Geheimnis eines guten Mochi liegt zunächst in seiner Bohnencreme, rot (anko) oder weiss (shiroan), die je nach Jahreszeit auf tausend Arten aromatisiert werden kann. Neben den Klassikern (Matcha, Yuzu, schwarzer Sesam) bietet Akiko Ames die Variante Ovomaltine! Zu geniessen in der Teestube Lausanne Marutcha und während der Workshops. sants sind. Eine, die sich auf diese Süssigkeit spezialisiert hat, ist Mathilda Motte, die dem Konfekt zwei Bücher gewidmet hat – eines ist unter dem Titel «Mochi. Tous les secrets de fabrication de cette pâtisserie venue d’ailleurs» bei Editions Hachette in Paris erschienen, das andere im deutschen Hädecke-Verlag (siehe Buchtipp).

Mathilda Motte hat in Paris das Maison du Mochi gegründet. «Es ist nicht der komplizierteste oder raffinierteste Kuchen, sondern eine beliebte, tröstende Süssigkeit.» Die Kunsthistorikerin lebte lange Zeit in Tokio und war sehr angetan von der japanischen Küche. Als sie eines Tages in einem Geschäft im schicken Roppongi-Viertel ihrem ersten Daifuku begegnete, war sie begeistert: «Die Textur war überraschend, ungewöhnlich, völlig neu, und dann der Geschmack von Anko, der roten Bohnenpaste, auch Adzukibohnenpaste genannt, ähnlich wie Kastaniencreme, nur rustikaler, mit erdigen Noten, kraftvoll und nüchtern zugleich: ein perfektes Zusammenspiel des japanischen Geschmacks.»

Heute sind ihre Mochis in ganz Frankreich gefragt. La Maison du Mochi versendet seine Köstlichkeiten ins ganze Land und bietet in den beiden Pariser Filialen, 2020 und 2021 eröffnet, ein Dutzend Varianten an. «Japan und seine Produkte sind im Trend, davon profitieren wir sehr», so Mathilda Motte. Dieser Erfolg lässt sich laut ihr auch mit dem Gesundheitsaspekt erklären: «Die Kombination aus Reis und Bohnen ist gut und gesund gleichzeitig. Es ist die perfekte Proteinverbindung, wenig süss, glutenfrei und äusserst nahrhaft.»

Der Mochi-Trend erreicht die Schweiz

Die bei Lausanne wohnende Japanerin Akiko Ames arbeitet mit dem Lausanner Teesalon Marutcha zusammen, für den sie Mochis herstellt, die mit traditionellen Zutaten wie Anko, schwarzem Sesam oder grünem Matcha-Tee gefüllt sind.

Sachiko Yagi, die nur wenige Schritte vom Genfer Bahnhof Cornavin entfernt wohnt, stellt jeden Tag frische Mochis her, die aus natürlichen und biologischen, den Jahreszeiten angepassten Zutaten bestehen, wie der roten Bohnenpaste Anko, Yuzu, Matcha, getrockneten Feigen, Erdbeeren oder Kastanien. «Im Idealfall sollte man die Mochis am selben Tag essen», sagt die junge Konditorin, die Ende 2018 mit ihrem Ehemann, einem Koch, das Maison Ichi eröffnet hat, ein winziges Geschäft mit japanischen Spezialitäten zum Mitnehmen. Eine weitere Adresse ist Osio, eine japanische Pâtisserie, die von einem italienisch-koreanischen Paar gegründet wurde und Dorayaki und Mochi bei Prilly/VD anbietet.

Unglaubliche Sinnlichkeit

«In Japan hat sich das Mochi stark verbreitet. Vor etwa zwanzig Jahren begann man, sie mit frischen Erdbeeren (Ichigo) zu füllen, später auch mit anderen Früchten», sagt Akiko Ames. Wenn die Sakura blühen, werden sie mit einem Kirschblatt um-

wickelt und zartrosa gefärbt. Es gibt auch Dango, Mini-Häppchen, die auf Spiesse gesteckt werden. Kagami Mochi wird mit den Neujahrsfeierlichkeiten in Verbindung gebracht. In den Familien werden grössere Mochis gebacken, die wie zwei übereinandergelegte Fladenbrote aussehen, auf die eine japanische Mandarine gelegt wird. Während des Neujahrsfestes wird das Gebäck auf dem Altar präsentiert, dann in mehrere Stücke gebrochen und von den Familienmitgliedern gegessen.

Die eisgekühlten Versionen von Mochi, die ebenfalls aus Japan kommen, werden Tsukino Mochi genannt, was so viel wie «Schnee beobachten» bedeutet. Die Lausannerin Aimée Argi, ursprünglich Innenarchitektin, hat sich ebenfalls in die Eisversion des Mochi verliebt und Ende 2019 ihr eigenes kleines Unternehmen gegründet: «Ich wollte mit meinen Kindern ein Projekt rund um ein handwerkliches Produkt starten, und unsere gemeinsame Leidenschaft für Mochis, die man hier gerade zu entdecken beginnt, hat uns dazu bewogen.» Aimée Argi lernte bei einem japanischen Koch, bevor sie sich mit einem Eishersteller zusammentat, um eine Reihe von Geschmacksrichtungen – sechs Sorbets und fünf Eissorten – zu kreieren, die in einer dünnen Reispaste eingeschlossen sind. The Mochi House vertreibt kleine Dosen mit den eisigen Köstlichkeiten an asiatische Restaurants und Cateringfirmen.

Aber woran erkennt man ein gutes Mochi? «Ein gelungenes Konfekt ist hautähnlich, sehr blass und dünn», sagt Akiko Ames. «Die Textur ist unglaublich sinnlich», fügt Mathilda Motte hinzu. «Sie erinnert idealerweise an ein Ohrläppchen.» •

* Die Fotos sind aus dem Buch «Mochi – Japanisches Konfekt» von Mathilda Motte, erschienen im Hädecke Verlag.

KONTAKT

Teestube Lausanne Marutcha Rue de la Grotte 4 1003 Lausanne Tel. 021 521 37 65 marutcha.ch

BUCHTIPP

Mathilda Motte, Foodstylistin, Bloggerin und Illustratorin aus Frankreich, lernte japanisches Konfekt während eines Japanaufenthalts kennen und lieben. In ihrem Buch zeigt sie in 40 Rezepten, wie sich authentische Mochi, Dango, Daifuku oder Nerikiri herstellen lassen. Detaillierte Zeichnungen der Grundschritte erleichtern die Herstellung.

«Mochi –Japanisches Konfekt» Mathilda Motte, Hädecke Verlag ISBN 978-3-7750-0753-5, 19.90 Franken

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