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Taubenschießen in Altaussee
from dein Moment. #1
Winterbrauchtum Taubenschießen in Altaussee
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Schon der Begriff ist irreführend, hier wird nicht auf, sondern mit einer Taube geschossen. Nicht die einzige Besonderheit dieses „pazifistischen“ Schützenvereins.
◂Auf dem Podium bringt der Schütze die Taube in Position. „Eigentlich ist es ganz einfach. Du nimmst die Taube in die Hand, zielst und lässt sie los“, sagt Gerhard Wimmer vulgo „Schraml“, bis vor kurzem Schützenmeister der Taubenschützen beim Schneiderwirt in Altaussee. Dazu ist festzuhalten, dass besagte Taube aus Holz geschnitzt ist, an einem acht Meter langen, dünnen Drahtseil hängt und in rund 20 Metern Entfernung die Schützenscheibe bestmöglich getroffen werden will. Der Schütze selbst steht auf einer Art Podium in rund eineinhalb Metern Höhe. Seit den 1930erJahren wird beim Schneiderwirt in Altaussee in den Wintermonaten mit der Taube geschossen. Für den Beobachter ergibt sich ein fast archaisches Bild, das vom regelmäßigen „Tock“ – wenn der Eisenschnabel der Holztaube in die Schützenscheibe donnert – rhythmisch begleitet wird. Beim Taubenschießen wird demnach mit keiner Waffe geschossen, nein, eine Holztaube ist Waffe und Geschoß in einem. Ein fast pazifistischer Ansatz, wenn man so will.
© Erich Kainzinger
Das Schützenerlebnis des kleinen Mannes
Laut Überlieferung war das Taubenschießen in früherer Zeit auch in Bad Aussee üblich. Bereits um das Jahr 1850 wurde beim ehemaligen Gasthaus „Zur Glocke“ auf der Marktleite in Bad Aussee das Taubenschießen in der Form praktiziert, wie es heute noch in Altaussee betrieben wird. Den Bauern war es zu dieser Zeit untersagt, Waffen zu besitzen und so kamen die spitzfindigen Ausseer auf die Idee, eine hölzerne Taube mit metallischem Schnabel als Schussapparat und Projektil gleichermaßen zu verwenden. An Einfallsreichtum hat es den Menschen der Region selten gemangelt.


◂Beim Taubenschießen ist die Holztaube Waffe und Geschoß in einem.
▾Der Faschingmontag ist Höhepunkt und Ende des Schützenjahrs.
© Erich Kainzinger

Das Schützenjahr
Der Taubenschützenverein Altaussee zählt aktuell rund 60 aktive Schützen. Start der Schützensaison ist immer der erste Sonntag nach Allerheiligen. Geschossen wird jeweils Sonntag vormitags und abends bis zum Faschingswochenende beim Gasthaus Schneiderwirt im Ortszentrum von Altaussee.
Das Schützenjahr findet am Faschingmontag mit einem Ausschießen und anschließendem Schützenzug durch Altaussee seinen Höhepunkt und gleichzeitig sein Ende. In der Tradition der Altausseer Schützen wird dieser Umzug von einem „Zieler“, einer Art Harlekin, der vor dem langen Zug der Schützen mit der Schützenscheibe am Rücken vorantanzt, angeführt. Die Schützenscheibe visualisiert – in kunstvoller Handarbeit hergestellt – ein Missgeschick eines der Schützen im vergangenen Jahr, unterlegt mit deftigen Reimen. Es ist ja Fasching! Für die standesgemäße Musik bei dem Spektakel sorgt die „Altausseer Schützenmusi“ in der Besetzung von zwei Seitlpfeifen (Schwegel) und einer Rührtrommel. Bemerkenswert im Repertoire ist der Altausseer Schützenmarsch, der im 5/8Takt geschlagen wird. Ein angebliches rhythmisches Relikt aus den das Salzkammergut streifenden Franzosenkriegen. Auch die Bauart der dabei verwendeten Rührtrommel (Franzosentrommel) untermauert diese These. Der statliche Zug, bei dem die Schützen auf hölzernen Stangen buntwehende Tücher mit sich tragen, zieht jeden Faschingmontag ab Mitag durch Altaussee und macht in den Gasthöfen und öffentlichen Einrichtungen des Ortes Halt, um gemeinsam den nahenden Frühling willkommen zu heißen.