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Kommentar
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Arzt Sicht Sache
Seitenblicke auf die Medizin
„Die ärztliche Praxis der Zukunft“

Univ.-Prof. Dr. Maximilian Moser, Chronobiologe an der Med Uni Graz, Leiter des Human Research Institutes in Weiz.
Stellen wir uns einmal eine ärztliche Praxis der Zukunft vor, in der statt Krankheitskultur Gesundheitskultur im Vordergrund steht: Der Patient sitzt der Ärztin bequem gegenüber und ist eigentlich gar kein Patient, da noch keine wirkliche organische Erkrankung vorliegt. Wir wollen ihn deshalb von nun an „Klient“ nennen.
Was stresst den Patienten, was entspannt ihn?
Vor sich hat die Ärztin ein Blatt liegen, das die Körperrhythmen des Klienten im Laufe der letzten Tage zeigt. Störungen der Gesundheit zeigen sich hier im Zeitbild schon viel früher als bei den bisherigen raumorientierten medizinischen Untersuchungsmethoden. Sie sieht den Verlauf der Schlafqualität und welche Faktoren für die Beeinträchtigung des Schlafs verantwortlich sein könnten. Sie kann nachvollziehen, was den Klienten besonders gestresst hat und welche Situationen ihn tagsüber entspannt haben. Sie kann außerdem die Pausengestaltung überblicken: Hat der Klient sich zwischendurch Zeit genommen und Erholung zwischen den Stressphasen zugelassen? Die Ärztin blickt auch noch auf eine Langzeitaufzeichnung der wichtigsten Laborwerte des Klienten, die halbjährlich erhoben und grafisch dargestellt worden sind. Im Gespräch mit dem Klienten klärt sie Ernährungsfragen, erkundigt sich, was ihn subjektiv in der letzten Zeit am meisten belastet habe, und zeigt ihm anhand der objektiven Werte, wo aus ihrer Sicht die stärksten Belastungsphasen waren und wann er sich erholen konnte.

Echte Gesundheitsbildung
Die Ärztin gibt dem Klienten Ratschläge, was er zur aktiven Verbesserung seiner Gesundheit tun könnte. Sie erarbeitet gemeinsam mit ihm einen Speiseplan, der für den Klienten wohlschmeckend und höchst gesund ist, einen Speiseplan, nicht basierend auf den Bedürfnissen der Nahrungsmittelindustrie, sondern auf objektiver Gesundheitsforschung. Sie erklärt ihm, weshalb das Mikrobiom, der Garten im Inneren unseres Körpers, so wichtig für die Gesundheit sei und was er alles tun sollte, um das Wachstum derjenigen Bakterien zu fördern, die gesundheitsfördernd wirken. Sie erwähnt, dass Antibiotika nur im äußersten Notfall verwendet werden sollten, da sonst die Darmflora empfindlich gestört werden könne, was jahrelange Folgen habe. Sie erklärt dem Klienten auch, was ihn jugendlich, glücklich und aktiv erhält, und weist ihn darauf hin, mit welchen Bewegungsformen er seine Koordination verbessern könne, um Unfälle zu verhindern und besser zu wandern. Den Wald als Erholungsraum legt sie ihm besonders ans Herz und vereinbart mit ihm ein Waldbadeprogramm zum Einstieg und ein Abo für das nahe Walderholungszentrum zur langfristigen Stabilisierung seiner Gesundheitswerte. Schließlich fragt sie nach der sozialen Situation des Klienten und überlegt, welchen Therapeuten sie für seine familiären Probleme empfehlen könnte. Sie erklärt ihm, wie wichtig eine gute soziale Einbindung für seine Gesundheit sei, und überzeugt ihn davon, mit seiner Partnerin möglichst bald eine Familientherapie in Anspruch zu nehmen. Fast herzlich verabschieden sich Ärztin und Klient am Ende der Sitzung und vereinbaren regelmäßige Treffen für die weitere Lenkung hin zur Gesundheit. Zum Glück bezahlen die Kassen nun vorrangig echte Gesundheitsbildung, die meisten ehemaligen Pharmafirmen haben ihre Gentechnikforschungen eingestellt und dafür Gesundheitsleitsysteme entwickelt, mit denen sie die Patienten und Klienten wirklich unterstützen und ihnen auch in schwierigen Fällen helfen können. <
X HAUSÄRZT:IN-Buchtipp
Kerngesund mit der Kraft des Waldes
Von Maximilian Moser Servus Verlag 2021