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Hausärztlich individuell betreut
„Meine Patientinnen und Patienten fragen mich immer wieder, warum denn ihre Cholesterinwerte zu hoch sind, bisher seien sie doch in Ordnung gewesen … Daraufhin erkläre ich ihnen, dass wir jetzt neue Guidelines hätten. Und laut diesen Leitlinien sollten die Werte niedriger sein“ , erzählt Dr. Florian Ardelt, neuer OBGAM-Präsident, aus seiner allgemeinmedizinischen Praxis in Marchtrenk. Die Rede ist von den ESC-/EAS-Guidelines 2019 zur Diagnostik und Therapie der Dyslipidämien1 , in denen neue Risikogruppen definiert wurden. Verbunden ist damit auch eine größere Spannweite von LDL-Cholesterin-Zielwerten. In den ESC-Leitlinien aus dem Jahr 2016 betrug beispielsweise der LDL-Zielwert für die Hochrisikogruppe 70 mg/dl – gemäß der neuen Guideline ist ein Wert von 44 mg/dl anzustreben. So stellt sich die Frage nach der Praktikabilität: Worauf ist in der realen Praxis zu achten, um die Cholesterinwerte in den nun sehr eng gefassten gewünschten Bereich zu bringen? Sollte man die Empfehlungen der neuen Guideline eins zu eins übernehmen oder gibt es noch andere Faktoren, die in den ärztlichen Entscheidungsprozess einzubeziehen sind?
Limitationen der LifestyleModifikation
„Wenn ich Patientinnen und Patienten mitteile, dass wir die Cholesterinwerte senken sollten, fragen sie mich immer: ‚Was kann ich tun?‘ Auf meine Erwiderung hin, dass Möglichkeiten einer medikamentösen Behandlung sowie einer Lifestyle-Modifikation bestünden, sagen etwa 80 %, dass sie sofort ihren Lebensstil ändern wollten“ , berichtet Dr. Ardelt. Wichtig sei in diesem Fall, dass eine klare Kommunikation bezüglich des empfohlenen Lebensstils erfolge. „Sage ich meinen Patienten, dass sie sich gesünder ernähren und mehr bewegen sollten, bemerken wir in der späteren Evaluation immer wieder, dass sie nicht wirklich verstanden haben, was dies bedeutet. Es ist in etwa so, als wenn mir mein EDV-
Experte zum Thema: Dr. Florian Ardelt
Allgemeinmediziner in Marchtrenk, neuer Präsident der OBGAM (OÖ Gesellschaft f. Allgemein- und Familienmedizin) „Eine Leitlinie erspart uns Ärztinnen und Ärzten nicht die Überprüfung der individuellen Anwendbarkeit im konkreten Fall.“

Sanftes Cholesterin-Management
Bei der Unterstützung der Herzgesundheit können sowohl Lebensstilveränderungen als auch Nahrungsergänzungsmittel hilfreiche Optionen sein. Eine schonende Möglichkeit, die Herzfunktion und den Cholesterinspiegel positiv zu beeinflussen, können natürliche Produkte auf Basis von Milchsäurebakterien, Berberin und Vitamin B1 (Thiamin) sein. Bestimmte Bakterienstämme wirken sich positiv auf den Fettstoffwechsel aus: Sie können erwiesenermaßen die Cholesterin- und Triglyceridspiegel senken.1 Lactobacillus plantarum (L. plantarum) ist die vorherrschende Lactobacillus-Spezies in der menschlichen Mund- und Darmschleimhaut. Die drei L.-plantarum-Stämme CECT 7527, 7528 und 7529 sind in der Lage, die MagenDarm-Passage gut zu überstehen, Gallensäuren abzubauen, Cholesterin aufzunehmen, und können kurzkettige Fettsäuren produzieren. Berberin wird als Extrakt aus der Rinde von Berberis aristata, einer speziellen Berberitzenart, gewonnen. Berberin hat einen positiven Einfluss auf den Cholesterin- und Triglyceridspiegel im Blut und leistet einen Beitrag zu einer cholesterinsenkenden Diät. Vitamin B1 (Thiamin) zählt zu der Gruppe der wasserlöslichen B-Vitamine. Im menschlichen Körper übernimmt das Vitamin wichtige Funktionen, darunter trägt es zu einer normalen Herzfunktion bei. ATERObasic® plus ist ein Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Milchsäurebakterien, Berberin und Vitamin B1 (Thiamin). Für das Cholesterin-Management ist es wesentlich, dass Betroffene ihren eigenen Beitrag leisten. Natürliche und verträgliche Maßnahmen für die Herzgesundheit verhelfen den Personen zu mehr Vitalität und können somit die Bereitschaft zur Kooperation erhöhen. Dadurch werden Lebensstilveränderungen – beispielsweise eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung – eher eingehalten und können insgesamt zur Verbesserung der Gesundheit beitragen.
Quellen: 1 Fuentes MC, et al. A randomized clinical trial evaluating a proprietary mixture of Lactobacillus plantarum strains for lowering cholesterol. Med J Nutrition
Metab 2016; 9: 125– 35.
Nahrungsergänzungsmittel. Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung und eine gesunde Lebensweise sind wichtig. ATE_2021_001

Experte nahelegt, regelmäßige Updates durchzuführen – aber nicht als ‚RootAdmin‘. Dann sage ich auch: ‚Ja, das mache ich‘, aber in Wahrheit habe ich keine Ahnung, was er meint, und drücke einfach irgendetwas am Computer herum“ , veranschaulicht der Allgemeinmediziner die Problematik. Daher fasse er für die Patientinnen und Patienten stets die wichtigsten Punkte des anzustrebenden Lebensstils zusammen. Betreffs Ernährung: • Besonders cholesterinreiche Lebensmittel gilt es zu vermeiden, etwa Eier,
Butter, andere fettreiche Milchprodukte, Wurst und Innereien. • Gesättigte Fette – vornehmlich z. B. in
Milch und Schweinefleisch enthalten – sind durch ein- und mehrfach ungesättigte Fette zu ersetzen (beispielsweise
Oliven- und Leinöl). • Empfohlen wird, zweimal die Woche
Fisch zu konsumieren; • und auf eine ballaststoffreiche Ernährung zu achten: Vollkornware, ein halbes Kilo Gemüse und ein wenig Obst am Tag. „Bei einem halben Kilo Gemüse täglich wird es dann schon schwierig. Ich weiß nicht, wer das wirklich erreicht“ , gibt Dr. Ardelt zu bedenken. Zusätzlich empfiehlt die WHO dreimal die Woche 50 Min. Ausdauersport im mittleren Bereich plus zweimal die Woche 30 Min. Kraftsport. Der BMI sollte zwischen 20 und 25 liegen. Tatsächlich erziele eine Lifestyle-Modifikation jedoch nur eine LDL-Senkung um 10-15 %. „Man kann sich Folgendes merken: Ungefähr pro 10 kg, die der Patient abnimmt, verringert sich sein LDL-Cholesterin um ca. 8 mg/dl“ , erklärt Dr. Ardelt.
Ohne Compliance kein Erfolg
Mit dem großen Arsenal medikamentöser Möglichkeiten – die von rotem Reis über diverse Statine bis hin zu den hoch potenten PCSK9-Hemmern reichen – lassen sich die Lipide laut Dr. Ardelt um 30 bis 85 % senken – je nach Substanz und Dosierung. „Also ist man dann wirklich schon gut dabei – sofern die genetische Voraussetzung passt und der Patient das Medikament auch tatsächlich nimmt. Denn die besten Medikamente nützen nichts, wenn die Compliance bei der Einnahme fehlt. Gerade als Hausarzt sollte man die Möglichkeit nützen, den Patienten immer wieder niederschwellig einzubestellen. Damit er sieht: Ich kümmere mich um ihn – das muss er nicht alles selbst machen. Auch wenn es schön wäre. Zusätzlich erhält man dadurch natürlich die Möglichkeit, den Therapierfolg zu überwachen. Bleibt dieser aus, ist erfahrungsgemäß die E-Medikation sehr nützlich, da sie Aufschluss über die Therapieadhärenz geben kann (siehe Patientenbeispiel Infobox)“ , erläutert der Allgemeinmediziner.
X Infobox: Patientenbeispiel zur Therapieadhärenz bei der Medikation
56-jähriger Patient mit Typ-2-Diabetes-mellitus – Kontrollen im Rahmen des Diabetes
TherapieAktivProgramms Einstellung durch den Internisten war erfolgt, gute Werte zur ‚Baseline‘: 28.01.: HbA1c 6,7 %, GC 160 mg/dl, HDL 41 mg/dl, LDL 72 mg/dl, TG 233 mg/dl In nachfolgenden Kontrollen sukzessive Verschlechterung der Werte: 18.05.: HbA1c 6,8 %, GC 191 mg/dl, HDL 35 mg/dl, LDL 101 mg/dl, TG 273 mg/dl 25.08.: HbA1c 6,9 %, GC 225 mg/dl, HDL 35 mg/dl, LDL 153 mg/dl, TG 186 mg/dl Überprüfung der E-Medikation: Atorvastatin 40 mg zuletzt am 14.03. aus der Apotheke geholt. Patientengespräch über die Wichtigkeit der täglichen Einnahme geführt. Der Patient gab zu, die Medikation nur „sporadisch“ eingenommen zu haben.
Negative Risikofaktoren einbeziehen
Faktoren, welche das kardiovaskuläre Risiko erhöhen, sind in der ESC-Leitlinie1 klar definiert. „Auch hier hat die neue Guideline den Bogen viel weiter gespannt. Wenn Patienten beispielsweise schon älter sind und in einem Carotis- oder Femoralis-Schall arteriosklerotische Plaques festgestellt werden, wenn eine Niereninsuffizienz besteht oder wenn sie Diabetiker sind – vor allem schon lange Diabetes haben –, dann sind sie auf einmal alle in einer Hochrisikogruppe. Jetzt wäre bei einem größeren Patientenklientel die cholesterinsenkende Therapie indiziert“ , so der OBGAMPräsident. Worauf in der Leitlinie jedoch nicht eingegangen wird, sind negative Risikofaktoren. „Mit einer negativen Familienanamnese in puncto kardiovaskulärer Ereignisse beispielsweise sinkt das Risiko wieder – zwar nicht signifikant, aber doch etwas. Was in Zusammenschau mehrerer negativer Risikofaktoren allerdings trotzdem eine zusätzliche Entscheidungshilfe ist“ , betont Dr. Ardelt. Eine diesbezügliche Studie aus dem Jahr 20192 hat 13 negative Risikomarker untersucht. Drei Faktoren haben sich hier als besonders risikosenkend erwiesen: ein im CT gemessener koronarer Kalzium-Score (CAC) = 0 bzw. ≤ 10, fehlende Karotisplaques oder ein Galectin-3-Wert über der 25. Perzentile.
Fazit: Individuell entscheiden
Leitlinien sollen laut Dr. Ardelt „stets von mehreren Seiten betrachtet und nicht blind befolgt werden. “ Zu hinterfragen gelte es beispielsweise Interessenskonflikte der Organisation, welche die Guideline erstellt hat, sowie die S-Klassifikation einer Leitlinie. Der Allgemeinmediziner fasst die Bedeutung einer Guideline für den Praxisalltag zusammen: „Leitlinien sind an und für sich dazu da, uns Ärzte bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen, indem sie viele Informationen zusammentragen, diese bündeln, aufbereiten und es uns dann leichter machen, zu entscheiden. Was äußerst wichtig ist: Eine Leitlinie erspart uns Ärzten nicht die Überprüfung der individuellen Anwendbarkeit im konkreten Fall. Und so, wie wir Hausärzte unsere Patienten bezüglich negativer Risikofaktoren kennen – oft bis in die dritte Generation –, muss immer individuell behandelt werden.“
Anna Schuster, BSc
* Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Zusammenfassung eines Vortrags im Rahmen des Hausarzt
DIALOG-Tages im Ordensklinikum Linz, April 2021.
Literatur: 1 ESC/EAS Pocket Guidelines 2019: Diagnostik und
Therapie der Dyslipidämien. Abrufbar unter: leitlinien.dgk.org/files/19_2019_pocket_leitlinien_ dyslipidaemien_korrigiert.pdf 2 Mortensen MB et al., J Am Coll Cardiol. 2019 Jul 9;74(1):111.