Arzt ASSISTENZ Fortbildung
Die Jahre im Wechselbad der Gefühle
Sind Frauen jenseits der 40 plötzlich von Zyklusstörungen, Hitzewallungen sowie Stimmungsschwankungen betroffen, deutet das häufig auf den Beginn des Klimakteriums hin. Die Wechseljahre verlaufen in drei Phasen, wobei jede davon mit unterschiedlichsten Veränderungen und Symptomen einhergeht (siehe Infobox). „Um eine eindeutige Diagnose zu erhalten, empfiehlt es sich, einen Gynäkologen aufzusuchen – wenngleich es sich bei der Menopause nicht um eine Krankheit, sondern um eine neue Lebensphase handelt“, betont Prim. Priv.Doz. Dr. Felix Stonek, MBA.
Untersuchungen im Klimakterium Weist dem Facharzt zufolge alles auf den Beginn der Wechseljahre hin – und lässt sich beispielsweise eine Erkrankung der Schilddrüse ausschließen, die mitunter ähnliche Symptome zeigt –, kann der Gynäkologe weitere diagnostische Schritte veranlassen. Anhand einer Blutuntersuchung wird der Hormonspiegel ermittelt (der Level des Östrogens, des Progesterons bzw. des follikelstimulierenden Hormons FSH). Der FSH-Spiegel steigt stark an, wenn die Ovarien ihre Produktion drosseln und schließlich beenden. Ein Schwangerschaftstest gibt Aufschluss darüber, ob das Ausbleiben der Menstruation tatsächlich durch Zyklusstörungen bedingt ist. Weiters sollten der Body-MassIndex sowie der Blutdruck erhoben werden. Um Erkrankungen auszuschlie-
ßen, empfiehlt sich eine manuelle bzw. Ultraschalluntersuchung von Scheide und Gebärmutter der Patientin. In manchen Fällen beginnt sich während der Wechseljahre eine Osteoporose zu entwickeln, deshalb sollte auch eine Knochendichtemessung erfolgen. Um das Risiko schwerer bzw. lebensbedrohlicher Erkrankungen zu senken, sollte man den Patientinnen neben regelmäßigen Arztbesuchen auch regelmäßige sportliche Betätigung anraten. Diese hilft einerseits dabei, Übergewicht zu vermeiden oder Gewicht zu reduzieren, andererseits wirkt sie sich deutlich positiv auf bestimmte Beschwerden während der Wechseljahre aus.
Sexualität in den Wechseljahren Häufig leidet das Sexualleben während der Wechseljahre. Scheidentrockenheit sowie Libidoverlust können Ursachen dafür sein. Über dieses Thema zu sprechen, fällt jedoch vielen Frauen nicht leicht. „Ich spreche das Thema immer bei der gynäkologischen Untersuchung an, wenn mir auffällt, dass die Scheidenhaut rissig und trocken ist. Dann frage ich die Frauen, ob sie Schmerzen beim Geschlechtsverkehr haben. Wenn dem
Experte zum Thema: Prim. Priv.-Doz. Dr. Felix Stonek, MBA Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Wolkersdorf und Poysdorf
so ist, sind die betroffenen Frauen sehr dankbar, dass ich auf das Thema von mir aus eingehe“, berichtet Prim. Stonek aus seiner Praxis. Seinen Patientinnen rät er gegebenenfalls zu östrogenhaltigen Cremes, die zwei Mal wöchentlich appliziert werden. Möchte die Frau keine hormonelle Therapie, steht Hyaluronsäure als Zäpfchen oder Gel zur Verfügung. Frauen sollten auch während der Wechseljahre an Verhütung denken, da erst der Ablauf eines Jahres nach der letzten Menstruation als endgültiger Zeitpunkt dafür gilt, dass eine Schwangerschaft nicht mehr möglich ist. „Unregelmäßige Zyklen während der Prä- und Perimenopause sind kein Garant dafür, dass es nicht zu einer Befruchtung kommen kann“, so Prim. Stonek. „Natürliches Verhüten“ wird in diesen Phasen schwieriger. Empfehlenswert sind die Spirale, das Diaphragma, Kondome oder die Gestagen-Pille.
Wechselbeschwerden behandeln Galt bis vor einigen Jahren die synthetische Hormonersatztherapie (hormone replacement therapy, HRT) als Mittel der Wahl zur Linderung von Wechselbeschwerden, ist man diesbezüglich inzwischen eher zurückhaltend. „Wenn man eine Hormonersatztherapie anwendet, dann gilt internationalen Leitlinien zufolge: So kurz und so niedrig dosiert wie möglich. Alsbald sollte man die Therapie auch wieder ausschleichen, denn eine HRT hat einen Zusammenhang mit Brustkrebs“, so der Facharzt. Deshalb ist die HRT, vor allem bei einer Anwendung über viele Jahre, in den Fokus der Kritik geraten.
„Wenn man eine Hormonersatztherapie anwendet, dann gilt internationalen Leitlinien zufolge: So kurz und so niedrig dosiert wie möglich.“
Dieser Beitrag wurde im Fortbildungs-Fragebogen auf S. 23 berücksichtigt.
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Oktober 2021
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Gesund und möglichst beschwerdefrei durch die neue Lebensphase