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BEWUSST KONSUMIEREN
from Magazin Klima
by Uniola AG
PERSPEKTIVE · Lina Ehlert
ERNÄHRT EUCH GESUND!
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Warum wir alle Hafermilch trinken und das Klima durch pflanzliche
Ernährung retten sollten.
Von der Gesellschaft werden Veganerinnen und Veganer oft belächelt. Dabei ist doch schon lange klar: Alles, was bei uns auf dem Teller landet, hat einen enormen Einfluss auf das Klima.

„Soll ich nochmal eine Sechser-Packung
Hafermilch besorgen?“, erklingt die Stimme meiner Mitbewohnerin aus ihrem Zimmer, während ich in der Küche stehe und Salat rüste. Der cremig-süßliche Geschmack der Hafermilch kommt mir in den Sinn. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen und ich rufe zurück: „Ja mach das, die war richtig gut!“ Tatsächlich kann ich mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal eine „normale“, also tierische Milch gekauft habe.
Die vegane Küche hat auch in unserer Wohngemeinschaft schon seit einiger Zeit ihren Platz gefunden. Und wir sind begeistert! Doch was steckt überhaupt hinter dem Trend zur pflanzlichen Ernährung? Und was hat Veganismus mit dem Klimawandel zu tun?
Um diese Fragen zu beantworten, reisen wir dorthin, wo unsere Lebensmittel hergestellt werden: auf die Felder und Äcker der Landwirtschaftsbetriebe. Leider ist es nämlich so, dass die Landwirtschaft laut Weltagrarbericht für rund 24 Prozent der Treibhausgasemissionen auf der
Erde verantwortlich ist. Dabei spielen sowohl Viehzucht als auch Ackerbau eine tragende Rolle.
Kuhfürze sind seit der Industrialisierung einer der größten Klimakiller überhaupt und fallen noch mehr ins Gewicht als die Emissionen von Autos. Damit die vielen Kühe und Schweine aus der Massentierhaltung genügend Futter haben, müssen immense Flächen für den Anbau von Soja, Mais und weiteren Getreidearten bereitgestellt werden. Was uns sogleich zum Ackerbau bringt.

Kühe und Schweine stoßen im Durchschnitt alle 40 Sekunden Gas aus. So produziert eine Kuh ca. 500 Liter Methan pro Tag.



Der Anbau von Monokulturen auf gerodeten Grünflächen und der Einsatz von Pestiziden, wie dem potenziell krebserregenden Glyphosat, trägt zum Phänomen der „Desertifikation“ bei, auch „Wüstenbildung“ genannt. Damit ist eine Verschlechterung der Bodenqualität durch Erosion und Übernutzung gemeint. Ganze Landstriche verwandeln sich in unfruchtbare Trockengebiete und jährlich kommt ein Gebiet der Größe des Bundeslandes Bayern dazu. Seit 1970 hat die Menschheit durch falsche Anbaumethoden ein Drittel des Bodens der Erde verloren. Dabei hätten unsere Böden ein immenses Potenzial, die Menschheit vor den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels zu retten.
Das Prinzip der „Bio-Abscheidung“ könnte das Ruder im Klimawandel herumrei- ßen. „Bio-Abscheidung“ beschreibt die Fähigkeit von Pflanzen, das schädliche Kohlenstoffdioxid in unserer Atmosphäre durch den Prozess der Fotosynthese im Boden durch ihre Wurzeln abzulagern. In den Böden der Erde könnte theoretisch mehr Kohlenstoffdioxid gespeichert werden als in Wasser, Bäumen und Pflanzen zusammen. Ausschlaggebend dafür sind eine möglichst hohe Biodiversität, die richtigen Bewirtschaftungsmethoden und -geräte, eine lange Regenerationszeit der Böden und der Einsatz von mensch- und umweltverträglichen Düngemitteln wie beispielsweise Kompost. Es handelt sich um eine regenerative Landwirtschaft, bei welcher die Böden durch das biodiversifizierte Anbauen eine höhere Resilienz gegen Schädlinge aufbauen und somit auch weniger Pestizide verwendet werden müssen.

Doch wie hängt nun die pflanzliche Ernährungsweise mit der regenerativen Landwirtschaft zusammen?
Fakt ist: Wer sich vegan ernährt, braucht eine viel weniger große Fläche an Ackerboden, um seinen Bedarf an Lebensmitteln zu decken.
Da der Konsum von Fleisch, Milch und Eiern wegfällt, muss auch kein Boden an die Produktion von Tierfutter und für Weideland verschwendet werden. Diese freigewordenen Flächen können wieder an die Natur zurückgehen, wo sie mittels Bio-Abscheidung Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden.
Fazit: Veganes Essen ist klimafreundliches Essen. Dies bestätigen auch Wissenschaftler der Oxford University in Großbritannien. Der Ökologe Joseph Poore berechnete den ökologischen Fußabdruck eines Veganers und kam zum Schluss, dass der Verzicht auf tierische Produkte jährlich zwei Tonnen CO2 einspart. Das entspricht ungefähr so viel wie acht Economy-Flügen zwischen Berlin und London. In seinem Paper zeigt Joseph Poore sogar auf, dass selbst Tierprodukte mit einer verhältnismäßig guten Ökobilanz (wie beispielsweise Eier und Geflügel) die Umwelt stärker belasten als Pflanzenkost.
Auch die Politik sieht derweil nicht tatenlos zu: Im Oktober 2020 hat sich das Europaparlament auf eine 400 Milliarden schwere Reform der Agrarwirtschaft geeinigt und feiert diese als ökologischen Durchbruch. Diverse Umweltorganisationen sehen das kritisch: Die Ziele zum Tierwohl sind zu vage formuliert, es gibt keinen erkennbaren Mindeststandard zum Umweltschutz, Massentierhaltung wird weiterhin gefördert und allein schon minimale Verbesserungen werden belohnt. Wettbewerbsfähigkeit wird im Reformpapier wohl immer noch höher gewichtet als Umweltschutz.
Ich persönlich möchte nicht warten, bis die Politiker endlich auf einen „grünen Zweig“ gekommen sind. Deswegen stelle ich mir ganz bewusst die Frage: Was kann ich persönlich gegen den Klimawandel tun? Welches Verhalten ist förderlich? Und was ist überhaupt in meinem Alltag für mich umsetzbar? Drei Jahre lebte ich – vorher bekennende Fleischesserin, die nichts mehr liebte, als in den fettig-triefenden Burger zu beißen – vegetarisch; seit einem Jahr präferiere ich eine vegane Ernährung.
Veganismus ist für mich als Endverbraucherin der ideale Weg, einen positiven Einfluss auf unser landwirtschaftliches Sys- tem auszuüben, denn der wirtschaftliche Kreislauf fängt beim Konsumenten an: Sinkt die Nachfrage nach tierischen Produkten, müssen sich die Anbieter zwangsläufig neue Produkte suchen, die sie verkaufen. Somit kann ich als Konsument die Nachfrage bewusst steuern, und in der Summe wird dies hoffentlich das System positiv verändern.
Mit Veganismus tue ich nicht nur der Umwelt, sondern auch meiner Gesundheit etwas Gutes.
Eine pflanzliche Ernährungsweise senkt nachweislich das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aufgrund des hohen Anteils an Gemüsen und Früchten ist der Körper außerdem sehr gut mit entzündungshemmenden Stoffen versorgt.
Aufpassen sollte man aber auch bei der veganen Ernährungsweise. Mittlerweile gibt es nämlich viele Ersatzprodukte wie „Veggie-Burger“ oder „vegane Wurst“, die nicht nur einen hohen Salzgehalt und chemische Zusatzstoffe enthalten, sondern auch klimatechnisch eine schlechtere Bilanz aufweisen als das Fleisch vom Wochenmarkt. Zusätzlich sollte man als Veganer oder Veganerin Mikronährstoffe wie Vitamin B12, Kalzium, Jod und Selen im Blick haben, da diese nur vermindert in pflanzlicher Kost vorhanden sind. Jedoch lässt sich mit der richtigen Auswahl an Lebensmitteln auch dieser Bedarf rein pflanzlich decken.
Ich persönlich habe in der veganen Ernährungsweise meinen Beitrag für Mensch, Tier und Umwelt gefunden. Falls Sie, lieber Leser, liebe Leserin, auch einmal die vegane Ernährung ausprobieren möchten – sei es aus klimafreundlichen oder gesundheitlichen Gründen – empfehle ich Ihnen beim Veganuary mitzumachen. Über eine Million Menschen weltweit stellen sich beim Veganuary der Herausforderung, im Januar die vegane Ernährungsweise auszuprobieren. Als Mitglied erhält man regelmäßig Kochund Backrezepte sowie Ernährungstipps. Es lohnt sich!
Meine Mitbewohnerin und ich schlürfen nun genüsslich unsere Hafermilch im Kaffee und im Kühlschrank stehen auch schon die veganen Schoko-Cupcakes für die WG-Party heute Abend parat. Die Umwelt freut es und unsere hungrigen Mägen umso mehr. En Guete!

Ester Vonplon
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