7 minute read

GRÜN- UND FREIRAUMKONZEPT PROJEKT

Die Stadt Rapperswil-Jona liegt an einem Zipfel des Zürichsees. Eingebettet zwischen Wasser und Bergen war das kleine Städtchen in der Historie durchaus ein streitbarer Gegner der großen Schwesterstadt Zürich. Von Seeschlachten zwischen Rapperswil und Zürich berichten heute nur noch die Geschichtsbücher. Die Gemeinde Rapperswil-Jona zeigt sich zukunftsgewandt. Der Zuzug neuer Bewohner sorgt für städtisches Wachstum und die Stadt erkennt ihre Verantwortung, die Lebensqualität in und um Rapperswil-Jona auch für die nächsten Generationen zu sichern. Dafür braucht es kluge Konzepte für die Nutzung der städtischen Räume, vor allem für die Nutzung von Freiräumen und Grünflächen – eine passende Aufgabe für das Landschaftsarchitekturbüro Uniola AG.

Das Ergebnis der mehrmonatigen Arbeit stimmt zuversichtlich: Die Landschaftsarchitekten bescheinigen RapperswilJona grundsätzlich eine ausreichende Versorgung mit Freiraum. Allerdings ist dieser ungleich auf dem Stadtgebiet verteilt oder gestalterisch nicht immer ansprechend genug. Die rechnerische Auf- stellung zeigt, dass durch die Schaffung neuer Freiräume ein gutes Freiraumangebot auch dann noch gewährleistet wird, wenn aufgrund des Verdichtungspotenzials die Einwohnerzahl auf bis zu 35.000 Menschen steigen wird.

Advertisement

Das Konzept weist nach, dass die Entwicklung der vorgeschlagenen neuen Freiräume für die Zukunft der Gemeinde von großer Bedeutung ist.

Durch eine Analyse der Grünstrukturen wurde zudem deutlich, dass RapperswilJona keine klar erkennbaren Baumstrukturen aufweist. Der Gemeinde fehlen Alleen und Baumreihen. Im Grünraumkonzept stellen die Landschaftsarchitekten deshalb unterschiedliche Siedlungstypen mit ihren charakteristischen Strukturen dar. Ergänzend dazu erhält die Stadt Handlungsempfehlungen, wie die Stadtbereiche in Bezug auf Grünstrukturen gestalterisch oprimiert werden können.

Begegnungsraum

Verweilraum

Raum für freie Aktivität

Raum für infrastrukturgebundene Aktivität

Multifunktionaler Raum

Raum für lineare Aktivität

Gewässer

Bäume

Gebäude

Im Anschluss an die Erarbeitung des Grün- und Freiraumkonzeptes durch die Uniola AG folgte in einem zweiten Schritt ein Baum- und Alleenkonzept unter Leitung von Prof. Mark Krieger vom ILF, Institut für Landschaft und Freiraum, an der OST Rapperswil. Entstanden ist ein Grundlagenpapier Stadtbäume.

Darin beantwortet wird die Frage, welche klimaangepassten Stadtbaumarten unter den konkreten Standortbedingungen in der besonderen klimatischen Lage am See auch in Zukunft bestehen können. Bei der Wahl der Arten geht es um Identitätsprägung und um ökologische Gesichtspunkte wie Biodiversität und Vielfalt. Das Ziel: Langlebiger und robuster sollen die neuen Bäume im Straßenbild sein, ohne, dass die Straßen dabei ihr charakteristisches Erscheinungsbild einbüßen. Rapperswil-Jona sieht einer grünen Zukunft entgegen.

Grün- und Freiraumkonzepte setzen sich intensiv mit den Gegebenheiten im Siedlungsgebiet einer Stadt oder Gemeinde auseinander.

Als Freiraum werden alle unbebauten Bereiche innerhalb einer Siedlung angesehen, die einen gemeinschaftlichen Raum für Freizeitaktivitäten bieten, der den privaten Bereich der Bewohner erweitert. Das Freiraumkonzept zeigt den Bestand sowie Defizite und Potenziale der Flächen auf und definiert den Handlungsrahmen für gestalterische und nutzungsbezogene Aufwertungen sowie für die Schaffung neuer Freiräume. Die Entwicklungsziele werden unter Berücksichtigung ästhetischer, funktionaler, soziokultureller, ökonomischer und ökologischer Themen ausgearbeitet. Im Sinne eines Masterplans zeigt das Freiraumkonzept die Idee des Freiraumnetzes sowie die Funktion und Einbindung der Freiflächen innerhalb der Stadtstruktur. Auch relevante Siedlungsränder werden dabei berücksichtigt. Darüber hinaus wird auf attraktive Langsamverkehrsverbindungen innerhalb der Stadt und zu wichtigen Naherholungsgebieten hingewiesen.

Der Grünraum kann als unbebauter Bereich definiert werden, der weitgehend durch Vegetation bestimmt wird. Dazu gehören sowohl öffentliche und private Grünflächen innerhalb der Stadt als auch Flächen am Stadtrand, die der Land- und Forstwirtschaft angehören. Das Grünraumkonzept befasst sich mit der Frage, inwieweit bedeutender Grünraum innerhalb der Siedlung oder in der Landschaft vorhanden ist und in welcher Weise er geschützt, gestärkt und entwickelt werden kann. Dazu werden konkrete Ziele für die Gestaltung und Entwicklung des Straßenraumes definiert.

ESTER VONPLON cudesch da visitas

o. T. Ruinaulta, 2009 – 2011 Polaroid

11

GEBÄUDEAUSRICHTUNG OPTIMIEREN

10 NOTWASSERBEREICHE ERSTELLEN schaffen, erhalten und optimieren.

Versickerungs-undRetentionssystemesowie Notwasserwegeschaffen.Abflusshindernissebeseitigen. Informations-undVerhaltensvorsorgesowie Objektschutzbetreiben.

FreiflächenBebauungsgrenzendefinieren.BebauteFlächenund optimieren.GebäudeausrichtunginderPlanungmodellierenund ZusammenarbeitderPlanungsbereichesicherstellen.

Frischluftbahnen analysieren,

Kaltluft-, Ventilationsund

KLIMAKORRIDORE SCHAFFEN

ZWÖLF

DIE UHR TICKT klimaproaktive Maßnahmen

9 BEWÄSSERUNGVORSEHEN BodenfeuchtedurchBewässerung erhöhen.AufnatürlicheBewässerung durchNiederschlagswassersetzen.

WASSERFLÄCHENANLEGEN

8

Verdunstungsflächen, Retentionsflächen, Wasserspeicheranlegen.GrundwasserÜberschussmengennutzen.

OBERFLÄCHEN OPTIMIEREN

7

Geeignete Baumaterialien verwenden und helle Oberflächen mit geringer Wärmespeicherfähigkeit nutzen.

1 GRÜNFLÄCHENANLEGENNeue Grünflächen anlegen. Bestehende Grünflächen verdichten und optimieren.

2 BÄUMEPFLANZENStraßenundAnlagen neubegrünen.BestehendeBegrünung nachverdichten.

3BODENDECKENDE VEGETATION ANLEGEN BodenflächendurchVegetationbeschatten. FüreineverbesserteDurchwurzelungder oberstenBodenschichtsorgen.

4 DÄCHERBEGRÜNENNeue Grünräume auf Dächern schaffen. Dach15begrünungenmitmindestens cmSubstratanlegen.

6

5 bauen. MaßnahmenErosionsmildernde ergreifen.

Versiegelte Flächen zurück-

OBERFLÄCHEN ENTSIEGELN

FASSADENBEGRÜNENverschattenFassadenbaulichundbegrünen.nachverdichten.BestehendeBegrünung

BAHNHOFPLATZ ST. GALLEN

PROJEKT

Der Bahnhof St. Gallen ist die größte Drehscheibe des öffentlichen Verkehrs in der Ostschweiz und optimal auf die Bedürfnisse von mobilitätseingeschränkten Personen zugeschnitten. 2019 wurde er mit dem Schweizerischen Mobilitätspreis ausgezeichnet. Zugleich ist das Vorzeigeprojekt unter Leitung von Andreas Albrecht, Landschaftsarchitekt, Mitglied der Geschäftsleitung und Büroleiter bei der Uniola AG in Zürich, ein gutes Beispiel für die Umsetzung klimaproaktiver Maßnahmen.

Kornhausplatz

Der Kornhausplatz ist ein vielschichtig genutzter und beliebter Platz beliebter Platz im Bahnhofsareal. Ein zentraler Bereich zum Aufenthalt und Sitzen ist mit hellem, einheimischem Naturstein belegt. Die neu gepflanzten, bereits großen Linden und Gleditschien beschatten den Platz. Sowohl der helle Belag als auch die Bäume leisten einen wichtigen Beitrag zur Reduktion einer Aufheizung im Sommer und schaffen auch an heißen Tagen ein erträgliches Klima in der Innenstadt.

Poststraße u. Grabenpärkli

Die Poststraße (l.) schafft die Verbindungsachse für Busse und Fußgänger vom Bahnhof zur Innenstadt. Bäume säumen den Weg zwischen Bahnhofpärkli (u.) und Grabenpärkli (r.), zwei parkähnlichen Plätzen, und schaffen so eine auch aus stadtklimatischer Sicht wertvolle grüne Achse.

Bahnhofpärkli

Das Bahnhofpärkli ist eine ruhige, von Linden und Kirschen beschattete, grüne Oase inmitten asphaltierter Straßenräume. Sitzbänke aus einheimischem Holz laden zum Verweilen ein. Ein Brunnen kühlt die grüne Insel.

– Vorreiter –Verwundert schauen wir auf Städte wie Singapur, welche uns mit teils spektakulären Lösungsansätzen um Jahre voraus scheinen. Viele der Beispiele zeichnet ein tiefer Glaube an das technisch Machbare aus, gepaart mit einer guten Portion Risikobereitschaft und dem Willen, Visionen nicht nur zu denken, sondern diese auch zu bauen.

MLA/BSLA

SMART CITIES –

Zukunftsorientierte St Dte

Andreas Binkert ist Architekt sowie Partner und Senior Vice President der Nüesch Development AG. Als Dozent an der Hochschule Luzern lehrt er im Bereich Immobilienentwicklung. Sein Credo: Nachhaltigkeit ist das Neue Testament. Martin Meier ist Architekt, Gründer der Raumgleiter AG und der Kugelmeiers AG sowie Mitglied des Stiftungsrates von Greenpeace Schweiz. Darüber hinaus berät er im Bereich Batterie, Solar und Recycling. Seine Themen sind Digitalisierung, Mensch und Umwelt. Patrick Altermatt ist Landschaftsarchitekt und Geschäftsführer der Uniola AG, der er seit 1993 angehört. Für ihn ist die Landschaftsarchitektur ein Transformationsbeschleuniger für den Klimaschutz.

Andreas Binkert:

Wie sieht die Stadt der Zukunft aus?

Die Stadt der Zukunft ist eine grüne und dezentrale Stadt, die aus vielen Knotenpunkten und Verbindungswegen zwischen diesen Knoten besteht. Jeder einzelne Knoten ist für mich dabei eine smarte Zelle, in der die Menschen alles finden, was sie essentiell zum Leben brauchen. Viele smarte Zellen bilden ein Netz und formen einen komplexen Organismus. Dieser Organismus ist die Smart City. Mein Fazit: Wenn wir die smarte Stadt wollen, müssen wir mit der smarten Zelle beginnen. Auf dem Reißbrett haben wir eine solche Zukunftsstadt bereits entwickelt. Jetzt wollen wir sie auch realisieren. Dass die Zeit für die Smart City reif ist, zeigt auch die aktuelle Diskussion zur 15-Minuten-Stadt.

Patrick Altermatt:

Die Stadt der Zukunft ist eine Stadt, die den Menschen all das bietet, was sie zum Leben brauchen. Das sind gutes Wasser, gesunde Luft, fruchtbare Erde. Diese Ressourcen haben einen Wert. Die Smart City schützt, bewahrt und optimiert diesen Wert für ihre Bewohner.

Martin Meier:

Die Stadt der Zukunft ist eine Stadt, die ein Gleichgewicht von Mensch und Umwelt schafft. Das bedeutet, die Smart City ist immer auch eine Sustainable City. Für die Zukunft dürfen wir smart jedoch nicht nur als digital definieren, sondern müssen smart auch mit intelligent und einfach übersetzen. Auch für mich als Digitalexperte meint smart nicht automatisch digital. In einer smarten Stadt gibt es beides – Low Tech und High Tech. Alles was wir künftig mit Low Tech lösen können, darf auch so gelöst werden. Alles, was wir digital unterfüttern können, braucht unser volles Bekenntnis für die beste digitale Lösung.

Wie entstehen zukunftsorientierte Städte?

Patrick Altermatt:

Zukunftsorientierte Städte zu planen und zu bauen, ist nicht allein ein lokaler, sondern ein globaler Auftrag. Je globaler wir denken und planen, umso komplexer wird diese Aufgabe. Langfristig müssen wir vor allem für den Platzmangel in unseren Metropolen eine Lösung finden, denn durch Migration werden sich unsere Städte weiter verdichten. Wenn wir keinen Platz in der zweiten Dimension mehr haben, müssen Räume und Freiräume in der dritten Dimension entstehen. Aufenthaltsqualität, Begegnungsmöglichkeiten, Grünräume und sogar eine urbane Grundversorgung mit Lebensmitteln dürfen wir nicht nur zweidimensional denken. Für mich ist übergeordnet wichtig, dass wir die Ernährung der Weltbevölkerung bei zunehmendem Bevölkerungswachstum lösen, denn sonst verstärken sich Migration und Völkerwanderung.

Martin Meier:

Wenn wir Städte zukunftsfit machen wollen, sollten wir uns zuallererst um die Low Hanging Fruits kümmern. Für mich hat die Abschaffung der fossilen Brennstoffe oberste Priorität. Schon jetzt haben wir alle Technologien zur Verfügung, um auf eine nachhaltige Energieversorgung umzustellen. Einzelne Länder wie die Schweiz können hier eine Vorbildrolle einnehmen. Langfristig müssen wir auf der ganzen Welt zukunftsfähige Orte entwickeln, wo die Menschen gerne leben wollen.

Andreas Binkert:

Beim Thema Zukunftsfähigkeit müssen wir kurzfristig die bestehenden Städte optimieren. Langfristig kommen wir um den Bau neuer, klimagerechter, CO2-freier Städte auf der grünen Wiese nicht herum. Wenn wir uns fragen, wo die Menschen in 50 Jahren leben wollen, wird relativ klar, dass wir klimabedingte Zuwanderungen in die gemäßigte Zone der nördlichen Hemisphäre sehen werden. Um diesen Zuzug von Menschen aufzufangen, reicht es nicht, die Peripherie der bestehenden Metropolen auszubauen. Nein, wir müssen ganz neue Smart Cities bauen.

Wo entsteht die Stadt der Zukunft?

Martin Meier:

Die Stadt der Zukunft kann heute überall entstehen, denn aufgrund unseres technologischen Fortschritts haben wir die Möglichkeiten, selbst die Wüste zu besiedeln. Ein solches Musterbeispiel ist ein Wohnprojekt mit 400 Wohnungen in Dubai. Obwohl es hier bis zu 45 °C heiß ist, leben die Menschen in diesem Smart City Projekt in einem verkehrsfreien Gebiet mit selbständiger Energieversorgung über Solarzellen und einem geschlossenen Wasser- und Energiekreislauf. Letzten Endes entscheiden wir Menschen, wo wir leben wollen. Mit den klimatischen und geologischen Gegebenheiten vor Ort werden wir uns zunehmend arrangieren können.

Andreas Binkert:

Selbstverständlich können wir heute sogar in der Wüste eine Vision einer smarten City errichten. Ich persönlich bin jedoch der Meinung, dass wir dort bauen sollten, wo wir ganz viel von dem vorfinden, was man braucht, um mit möglichst wenig Aufwand und Energie zu bauen. Ein solches Vorzeigeprojekt ist für mich das Green City Projekt in Zürich. Die erste CO2-neutrale

Stadterweiterung Zürichs hat Vorbildfunktion, weil sie sich aktuell verdoppelt und sich dennoch an die bereits dort bestehende, ausreichend groß geplante Energiezelle andocken kann. Ihren Namen hat die Green City übrigens nicht vom umgebenden Grün. Für die Zukunft wünsche ich mir aber, dass Grün ein essentieller Bestandteil der smarten Stadt wird.

Wenn man international gute Ansätze im Bereich der Stadtplanung aus der Perspektive der Landschaftsarchitektur sucht, muss man zum Beispiel nach Singapur schauen. Hier entstehen Grünflächen und Freiräume vor allem auch in der dritten Dimension und nicht nur auf Ebene Null. Auch Europa bietet mit Städten wie Kopenhagen oder Wien interessante Ansätze, zum Beispiel für die Trennung von Verkehrsströmen. Ganz klar, wir befinden uns global in einer Transformation. Dabei ist die Theorie der Realität oft weit voraus. Wir alle kennen die Leuchttürme, jetzt müssen wir dafür sorgen, dass ihnen viele gute Projekte folgen.

This article is from: