
7 minute read
SAFETY FIRST
Unsere Gesellschaft wird stetig älter. In der Konsequenz steigt damit auch der Pflegebedarf, der dazu immer vielfältiger und individueller wird. Die Digitalisierung und neue Technologien können dabei helfen, die Lebensqualität älterer Menschen zu steigern, ihnen Sicherheit im Alltag zu geben und ihnen folglich eine längere Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen.
TEXT: MARINA BERNARDI
Advertisement
Im Zuge eines Forschungsprojektes des Institutes für Strategisches Management, Marketing und Tourismus der Universität Innsbruck begann sich das Forschungsteam von Univ.-Prof. Dr. Kurt Promberger bereits 2013 intensiv mit der Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen mithilfe von Assistenztechnologien zu beschäftigen. In den Fokus rückte dabei ein Notrufsystem (2PCS), das im Alltag für eine neue Sicherheit sorgen soll. Ausgegründet wurde 2PCS schließlich im Jahr 2017, innerhalb von nur drei Jahren konnten in der Folge Vertriebspartner in Österreich, Deutschland und der Schweiz gefunden werden.
Das erste Produkt, das 2PCS damals auf den Markt brachte, war eine Armbanduhr, in die man reichlich Technologie gepackt hat: aktives RFID, GSM, GPRS, GPS, Sturzsensor, Bluetooth … einsetzbar im Innen- wie Außenbereich und mit zusätzlicher Telefoniefunktion ausgestattet. Konkret ließen und lassen – das Produkt gibt es nach wie vor – sich damit im Ernstfall Personen lokalisieren, die sich in Notsituationen befinden oder sich verletzt haben, um bedarfsgerecht und rasch Hilfe zu leisten. In den letzten Jahren wurde das Portfolio um weitere kleinere, kompaktere sowie neue Geräte ergänzt und das System um Funktionsbereiche erweitert.
WEGLAUF- & GEFAHRENERKENNUNG Die tragbaren Geräte wurden mit der Funktion „Weglauferkennung“ ausgestattet und die 2PCS-Lösung zu einem umfassenden Desorientierten-Schutzsystem ausgebaut, die die Türsteuerung miteinbezieht. Geht zum Beispiel eine an Demenz erkrankte Person mit Weglauftendenz durch einen Ausgang, wird sofort das zuständige Personal darüber informiert. Bestimmte Türen können dahingehend programmiert werden, dass sie sich bei Annäherung weglaufgefährdeter Personen automatisch verschließen – sofern dies über zuständige Behörden gestattet ist. Auch in Außenbereichen können individuelle Schutz- bzw. Gefahrenzonen mit gewünschtem Bewegungsradius eingerichtet werden.
Besonders praktisch: Mithilfe des 2PCS-Systems wird somit ein technologiegestütztes Schutznetz angeboten, das über räumliche und bauliche Grenzen hinweg gespannt werden kann.
© MARIAN KRÖLL

„Im Moment halten wir es noch nicht für sinnvoll, gesammelte Daten zu speichern, weil es nicht korrekt wäre, Daten ohne bestimmtes Ziel vorzuhalten.“
FELIX PIAZOLO
Ganz der Gründungsidee folgend, werden mit dem Weglauferkennungssystem vor allem Demenzkranke, eine Krankheit, die an Relevanz rasant zunimmt, besser unterstützt. Die rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen dafür wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zivilrecht genau abgesteckt. Selbst wenn man Daten sammeln könnte, um das System zum Beispiel um eine präventive Funktion zu erweitern oder Streckenverläufe zu zeigen, so macht man es ganz bewusst nicht. Die Rohdaten werden so lange vorgehalten, um die Personen im Bedarfsfall lokalisieren zu können, und nach drei bis fünf Minuten gelöscht. Das System „vergisst“ sozusagen automatisch.
ZIMMERGEBUNDENE RUFE „2019 haben wir begonnen, eine eigene Lichtrufanlage gemäß der deutschen Norm DIN 0834 zu entwickeln, die für die stationäre Pflege typische Produkte wie Ruf- und Anwesenheitstaster, Birntaster, Zugtaster umfasst. Die Lichtrufanlage signalisiert unter anderem die Rufe bzw. Alarme über die am Flur platzierten Zimmerleuchten sowie Anzeigen auf Displays/Dashboards. Die Logik der Stromversorgung und Datenkommunikation baut auf den Leitungssystemen unserer Vorsysteme auf. Das heißt, für die Installation müssen keine neuen Kabel verlegt werden, was bei der Implementierung einer neuen Rufanlage in der Regel den größten Kostenfaktor darstellt. Mit diesem Produkt stehen wir gerade vor dem Markteintritt“, sagt Geschäftsführer Dr. Felix Piazolo.
MOBILE RUFE „Mit unseren Systemen geben wir Patienten bzw. Bewohnern stationärer (Pflege)Einrichtungen ein neues Gefühl der Sicherheit, weil sie so genannte mobile Rufe an jedem Punkt der Einrichtung und sogar außerhalb auslösen können. Wir sind damit also unabhängig von Zimmer- und Gebäudegrenzen. Ein Unterschied zu anderen Systemen ist auch, dass wir – sofern es die jeweilige Person ausdrücklich erlaubt – den Aufenthaltsort der Person nach der Auslösung raumbasiert bestimmen können oder Stürze automatisch erkannt werden“, fasst Dr. Nesrin Ates, bei 2PCS zuständig für Marketing & Research, zusammen. Darüber hinaus ist es möglich, bereits bestehende Systeme in jenes von 2PCS zu integrieren und Drittprodukte anzuschließen. „Das Thema der Interoperabilität, Integration und Vernetzung von Systemen wird künftig immer wichtiger werden – vor allem in Pflegeeinrichtungen und Kliniken“, ergänzt Ates.
Vorerst will man sich auf stationäre und teilstationäre Einrichtungen wie betreutes Wohnen oder Seniorenwohnungen konzentrieren, grundsätzlich ist auch die Nachfrage von ambulanten Diensten da. Im Privatbereich indes wird es schwierig: „Wenn man das System für den consumer market anbietet, müssen sich Privatpersonen, meist Angehörige, um die Notrufe kümmern. Das kann sehr belastend sein, außerdem ist es kaum möglich, rechtzeitig darauf zu reagieren. Deshalb ist unsere Strategie, unser System vorerst institutionellen Einrichtungen anzubieten“, erklärt Piazolo.
Im Moment beschränkt man sich mit dem System auf den Regelbetrieb und verwendet die Sendedaten der Geräte ausschließlich zur Alarmübertragung und Notfall-Lokalisierung. Es geht also um ein Reagieren auf Situationen, auch wenn bereits Studien dazu laufen, Daten im Sinne der Prävention zu sammeln, um damit zum Beispiel Verhaltensänderungen oder Demenz frühzeitig zu erkennen. Piazolo: „Wir arbeiten derzeit an keinem konkreten Produkt, weil es dafür zu viele offene Fragen gibt – etwa, wem diese Daten zugänglich gemacht werden und wer gegebenenfalls die Haftung übernimmt, wenn auf bestimmte Erkenntnisse nicht adäquat reagiert wird.“ Letztlich kann es nicht die Funktion des Pflege- oder Betreuungspersonals sein, zusätzlich zu ihren Kernaufgaben ein lückenloses Monitoring zu übernehmen. „Die Fülle an Daten und Informationen muss für den einzelnen Menschen bewältigbar bleiben“, beschreibt es Ates.
Generell wird es beim Thema Pflege künftig neue Ansätze und Strategien brauchen. Davon sind nicht nur Felix Piazolo und Nesrin Ates überzeugt. Dabei kann auch die Technik mit weiteren innovativen Entwicklungen helfen.
GELD

No risk, no fun
Um den Standort Tirol für technologiebasierte Start-ups attraktiver zu machen, hat die Lebensraum Tirol Holding die Gründung des international ausgerichteten Investmentfonds „Onsight Ventures+“ initiiert. Gegründet von der Standortagentur Tirol, der Hermann Hauser Investment GmbH, dem I.E.C.T – Hermann Hauser Management GmbH und der Round2 Capital startet der Fonds mit zehn Millionen Euro und unterstützt Unternehmen vor allem in der risikoreichen Anfangsphase. Bis 2023 soll das Fondvolumen auf mindestens 20 Millionen Euro erweitert werden. Von Banken werden Hightech-Start-ups in der Regel als zu risikobehaftet eingestuft und nur in Ausnahmefällen finanziert. Jasmin Güngör, Geschäftsführerin von Onsight Ventures+: „Wir investieren in einer frühen Phase – der sogenannten Seed-Phase – in Start-ups mit exzellenten Gründerteams, die mit ihrer Technologie neue Standards setzen und das Potential haben, zu international tätigen Unternehmen heranzuwachsen. Die Erstinvestitionssummen liegen zwischen 200.000 und zwei Millionen Euro. Aber mit der Finanzierung ist es nicht getan, denn wir begleiten das Unternehmenswachstum langfristig. Mit Follow-on-Tickets und Netzwerken unterstützen wir auf dem Weg zum Scale-up, also zum wachsenden Unternehmen.“ Die Start-ups wähle man anhand dreier Kriterien aus, so Güngör: „Zum Ersten ist uns wichtig, dass es sich um international skalierbare Geschäftsmodelle mit einem klaren USP und einer starken Technologie handelt. Dann entscheidet die Attraktivität des Marktumfelds in Bezug auf Wettbewerb, Marktpotenzial und volkswirtschaftliche und demographische Trends. Zudem muss eine plausible Kapitalbedarfsplanung bis zur nächsten Finanzierungsrunde gegeben sein.“
BUCHTIPP

ALLES GELD DER WELT
Vitali Konstantinov Gerstenberg Verlag, 80 Seiten, EUR 26,–
Das großformatige Sachbuch im Graphic-Novel-Stil zeigt die Geschichte des Geldes vom Muschelgeld bis zum Bitcoin. Das Buch ist ab zehn Jahren empfohlen, die Texte sind auf junge Leser zugeschnitten und verständlich, durchaus aber auch für Erwachsene interessant, wenngleich es für deren Augen bisweilen etwas hektisch werden kann.

DIE MUTTER ALS FINANZEXPERTIN
Der Bankenverband und die BAWAG Group untersuchten vor Kurzem das Geldleben von Frauen und fanden heraus: Beim Umgang mit Geld gibt es heute kaum noch Unterschiede zwischen Frauen und Männern. So ist weniger das Geschlecht als der Bildungsgrad für einen selbstbestimmten Umgang mit Geld entscheidend. Besonders junge und gebildete Frauen haben laut Studie ein hohes Interesse an Geld-, Finanz- und Wirtschaftsthemen. Frauen beurteilen ihre persönliche finanzielle Zukunft allerdings pessimistischer als ihre aktuelle Lage, Männer sind in dieser Frage deutlich optimistischer. Nur rund ein Drittel der Frauen fühlt sich etwa gut vorbereitet auf die Pension. Ihren Umgang mit Geld haben die Befragten (Frauen wie Männer) laut eigenen Angaben übrigens stärker von ihrer Mutter als von ihrem Vater gelernt, der Großteil habe sich sein Wissen über Geldthemen allerdings selbst beigebracht. Die Schule spielt dabei lediglich eine untergeordnete Rolle. Mit der Coronapandemie sind die finanziellen Sorgen generell gestiegen – in der gesamten Bevölkerung. Das habe das Geldleben verändert, so die Studie. Die Risikobereitschaft bei Veranlagungen habe demnach tendenziell abegnommen, einzelne Ausgaben werden stärker hinterfragt. KREDITGESCHÄFT ZIEHT AN

Seit dem zweiten Quartal 2021 steigt die Nachfrage nach Unternehmenskrediten im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach dem pandemiebedingten Einbruch im Jahr 2020 an. Auch für das erste Quartal 2022 erwarten die Banken eine weiter steigende Kreditnachfrage, so die Hauptergebnisse einer von Mitte Dezember 2021 bis Anfang Jänner 2022 von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) durchgeführten Umfrage über das Kreditgeschäft, in der führende Banken nach ihren Einschätzungen gebeten wurden. Im vierten Quartal 2021 kam es dabei zu einem im Rahmen der letzten Umfrage nicht erwarteten Anstieg der Nachfrage nach kurzfristigen Krediten, der auf Finanzierungsbedarf für Lagerhaltung und Betriebsmittel zurückgeführt werden kann. Weitere Gründe für die im vierten Quartal 2021 gestiegene Gesamtnachfrage nach Unternehmenskrediten waren der Finanzierungsbedarf für Fusionen/Übernahmen und Unternehmensumstrukturierungen sowie jener für Anlageinvestitionen. Während die Nachfrage gestiegen ist, haben die Banken ihre Kreditvergabepolitik (interne Vergaberichtlinien, Kreditkonditionen) im Unternehmenskundengeschäft über das Jahr 2021 hinweg kaum verändert. Lediglich die Margen (Zinsaufschläge auf Referenzzinsen) für durchschnittlich risikoreiche Unternehmenskredite wurden in diesem Zeitraum aufgrund der Wettbewerbssituation leicht gesenkt.