Öxle & Co.

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Öxle & Co. | #2021

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„VOLL IM RENNEN“

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Von blumig, trüb bis süß: Während die Jungweinprobe für den Gaumen eines Laien einem Orakel gleicht, ist sie für den Kellermeister eines der wichtigsten Werkzeuge seiner Arbeit. Und eine große Kunst, wie ein Kellerbesuch bei der Ersten Markgräfler Winzergenossenschaft Schliengen-

Müllheim zeigt. Text & Fotos: Arwen Stock

WEINKULTUR

Stufe um Stufe geht es hinab in den Keller, und die „heiligen Hallen“ tun sich auf, wie Michael Nussbaumer, der erste Kellermeister der Ersten Markgräfler Winzergenossenschaft Schliengen-Müllheim (WG), sein Reich nennt. Große und kleine Edelstahltanks reihen sich Raum für Raum aneinander. Im hintersten Teil befindet sich – als Allerheiligstes – der Barriquekeller mit den Eichenholzfässer. „Unsere Winzer haben bei der diesjährigen Lese ganze Arbeit geleistet und nur gutes Material gebracht“, betont der 37-Jährige eingangs der Jungweinprobe mit Geschäftsführer Heiko Schapitz. Dabei seien die Herausforderungen für den Jahrgang 2021 mit Spätfrost im Frühjahr, verregnetem Sommer und Pilzerkrankungen in der Folge nicht

unerheblich gewesen. Nussbaumer verbucht rund 30 Prozent weniger Weinertrag – mit der Qualität ist er trotzdem sehr zufrieden. Insgesamt 3,7 Millionen Liter Wein fasst der Keller, in dem auch die Weine der Kaiserstühler Winzer vom Silberberg gekeltert werden. Der Anteil des aktuellen Jahrgangs macht 1,35 Millionen Liter aus. Hinzu kommen noch Bestände von 2020 im Tank. Etwa 85 verschiedene Weine lagern hier im Keller, an die 60 in Weingarten bei Karlsruhe. „100 Prozent gesundes Lesegut“ sind laut Nussbaumer die Basis für die Kunst des Kellermeisters. Frisch gekeltert muss er die Jungweine etwa jeden zweiten Tag probieren. In Weingarten macht das sein zweiter

Kellermeister. Dabei kommt es auf das richtige Timing und Reagieren an. Verpasst man das, sind seiner Erfahrung nach die guten Anlagen eines Weines schneller „versaut“, als man sich umdrehen kann. Doch der 37-Jährige beherrscht sein Handwerk. Und auch der Geschäftsführer Heiko Schapitz ist von Haus aus Diplom-Ingenieur für Weinbau und Önologie. Los geht es mit den Weißweinen: Weißburgunder Kabinett, Müller-Thurgau und einem „Bilderbuch-Chardonnay“. Bei dieser Rebsorte gab es wegen des Spätfrosts 2021 die größten Verluste. Dann heißt es „blanc de noir“: Für diesen Wein gilt es, den roten Spätburgunder weiß zu keltern. „Die Trauben waren 20 Minuten nach der Lese bei uns auf der Presse“, lobt Nuss-


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