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Unser neuer Focus – Vietnam

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Natürliche Hilfe

Natürliche Hilfe

Die Vorfreude war groß. Aber auch die Anspannung – was wird uns gemeinsam erwarten? Ende Mai war es dann soweit, in Zusammenarbeit mit der Pflegeschule im Landkreis Freudenstadt gGmbH (Oberlinhaus) konnten wir sieben junge Damen aus Vietnam in Freudenstadt an der Schule in Empfang nehmen. Sie werden nun über einen Zeitraum von 5 Jahren in unseren Einrichtungen zu Pflegefachfrauen ausgebildet. Die jungen Damen waren kurz zuvor aus Hanoi direkt zu uns nach Deutschland gekommen und hatten ihre ersten Schritte in einem Schulblock absolviert.

Um ihnen ihren Start so angenehm wie möglich gestalten zu können, hatten wir in Verbindung mit sehr verständnisvollen Vermietern erst einmal Wohnraum für die jungen Menschen besorgt. In Bad Wildbad hat uns die Immobiliengesellschaft Keller unterstützt, so dass wir eine 4-Raumwohnung anmieten konnten, in der nun drei der sieben Vietnamesinnen ein Zuhause gefunden haben. In Bad Liebenzell wurden wir durch einen Verwalter eines Appartementhauses in unmittelbarer Nähe zur Einrichtung mit 3 Einzimmerappartements unterstützt. Ein weiteres Appartement konnten wir bei einer Privatper- son ebenfalls in unmittelbarer Nähe zur Einrichtung anmieten. Überall erfuhren wir Anerkennung für unser Tun und großzügige Unterstützung. Für uns hieß es dann noch, die Einrichtungsgegenstände zu besorgen und dann war er da – der große Tag zur Abholung unserer neuen Auszubildenden.

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Wir sind mit zwei Bussen zur Schule gefahren, da uns mitgeteilt wurde, dass die Gepäckstücke vielfältig seien. Es war direkt eine große Freude als wir uns begegneten. Das Gepäck sowie die Menschen fanden in den Bussen Platz und die Fahrt nach Bad Wildbad und Bad Liebenzell konnte beginnen. Die Spannung dieser jungen Frauen war groß, wo soll für die nächsten Jahre ihr Zuhause sein? Nach einem Zwischenstopp in einem Supermarkt ging die Fahrt direkt zu den Wohnungen. Sie hätten die Gesichter sehen sollen. Die Augen leuchteten, als sie ihr neues Zuhause sahen. Dürfen wir wirklich für die weiteren Jahre diese Wohnungen bewohnen und für uns gestalten? Es war der Freitag vor Pfingsten und der praktische Dienst sollte erst in der Woche nach Pfingsten beginnen. Dies nahmen Diana Petrache und ich zum Anlass, mit den Vietnamesinnen ein kleines Programm über die Tage zu absolvieren. Wir wollten uns ein wenig kennenlernen. Dazu trafen wir uns am Samstag erst einmal in Calw in der Fußgängerzone zum Eisessen, Erzählen und weiterem Kennenlernen. Im Anschluss gab es ein paar Fotos an der Nagold. Fasziniert hat alle eine Schwanenfamilie. Am Sonntag stand das Lichterfest in Bad Liebenzell auf dem Programm. Beginn war 16 Uhr und das Ende ca. 23 Uhr. Neben Minigolfspielen und Schminken konnten wir bereits einen vietnamesischen Freund dieser jungen Frauen kennenlernen, der für dieses Wochenende extra aus Erfurt (Thüringen) gekommen war, um seine Freundin zu sehen. Eine weitere junge Frau hat ihre Schwester bereits in Stuttgart. Wir haben an einem Stand etwas gegessen – die Bestellung haben die Damen selbst aufgegeben – und wa- ren begeistert von der am späten Abend stattgefundenen Feuerwerk-Lasershow. Die Stimmung war fröhlich und am Ende waren alle sehr müde. Es war ein langer Tag.

Den Pfingstmontag haben wir dann in Bad Wildbad verbracht. Wir sind durch den Kurpark gelaufen und jeder hat sich im Eiscafe Salmone einen großen Eisbecher gegönnt. An allen Tagen begleitete uns die Sonne und lies uns eine sommerliche Wärme spüren.

Am Dienstag nach Pfingsten meldeten sich unsere jungen Gäste erst einmal in den Stadtverwaltungen an. Dies ging zügig und mit viel Verständnis über die Bühne. Da die Bürokratiehürden in Deutschland groß sind, musste nun ein paar Tage gewartet werden, bis ein Termin bei der Bank zur Eröffnung eines Kontos für jeden Einzelnen gemacht werden konnte. Bis dahin sollte die dazu notwendige SteuerID zugesandt sein. Natürlich war dies nicht der Fall und die Konten wurden auch ohne Steuer-ID eröffnet.

Am Mittwoch, dem 01.06.2023, nahmen dann alle Sieben ihren Dienst in unseren Einrichtungen auf. Endlich, so sagten sie mir. Sie wurden durch die jeweilige Einrichtung geführt, bekamen die Berufskleidung abgemessen und entsprechende Bestellungen wurden ausgelöst. Der Dienstplan der kommenden Wochen wurde Ihnen vorgelegt und die Dienste erläutert und dann ging es los. Sie waren voller Tatendrang und konnten es kaum erwarten.

An eine besondere Begebenheit erinnere ich mich im Nachhinein sehr ger- ne. Eine Bewohnerin in der Einrichtung in Monakam hatte 90sten Geburtstag und ihr sollte durch die Einrichtungsund Pflegedienstleitung gratuliert werden. Die Einrichtungsleitung hat die Vietnamesinnen, die gerade den Dienstplan in ihrem Büro studierten, spontan gefragt, ob sie bereit wären, dieser Bewohnerin ein Geburtstagsständchen zu singen. Sie strahlten und waren sofort mit Begeisterung dabei. Bei der Bewohnerin im Speisesaal angekommen, stellten sich alle vier um den Tisch und sangen und klatschten das Lied „Happy Birthday“. Der Bewohnerin rannen sofort Tränen über das Gesicht, als sie diese jungen Frauen sah. Auch die Bewohnerinnen und Bewohner der anderen Tische staunten. Es entfachte sich eine fröhliche Stimmung im ganzen Saal, die noch dadurch unterstrichen wurde, dass alle vier nach dem Ständchen zu den Tischen der übrigen Bewohnerinnen und Bewohner gegangen sind, sich vorstellten und versuchten, in Kontakt zu kommen. Für mich eine berührende Begegnung, bei der mir das Herz vor Freude hüpfte.

Diesen natürlichen und durch viel Respekt erfüllten Umgang mit unseren Bewohnerinnen und Bewohnern konnte auch ich, die ich noch nicht ganz so alt bin, am eigenen Leib erfahren, als ich die Tage mit den Vietnamesinnen unterwegs war. Stets wurde darauf geachtet, dass ich mich irgendwie setzen konnte, dass ich einen guten Überblick hatte – und dies stets auf eine herzliche und gewinnende Art.

Dies war nun eine Herausforderung für mich. Ich schaute bei Ebay nach gebrauchten Markenrädern mit Gangschaltung und wurde tatsächlich fündig. Ich konnte den Vietnamesinnen rinnen und Bewohnern gefunden. Die Deutschkenntnisse und der Mut zum Sprechen nehmen auch immer weiter zu.

6 Fahrräder zu 190 € zur Verfügung stellen. Mein Mann und ich sind dafür im Umkreis von 50 km von Ort zu Ort gefahren und haben die Fahrräder meist bei Familien abgeholt, die sich ein neues Fahrrad mit Elektroantrieb besorgt hatten. Die Fahrräder waren in einem sehr guten Zustand und sie gaben uns alle herzliche Grüße an unsere Auszubildenden mit. Auch dies eine gelungene Aktion. Die Freude der jungen Damen war groß und nun wird die Umgebung von Bad Wildbad und Bad Liebenzell-Monakam mit dem Fahrrad erkundet.

Am 10.07.2023 hat nun der zweite Schulblock begonnen. Wir haben alle mit dem Bus – diesmal nur einem – abgeholt und zur Schule gefahren. Hier werden sie nun die nächsten Wochen wohnen und lernen. Eine kleine Überraschung hatten wir dann doch auch jetzt noch dabei – eine kleine bunte Schultüte für jeden. Sie werden uns fehlen in unseren Einrichtungen! Doch am 07.08.2023 kommen sie wieder, worauf wir uns schon jetzt sehr freuen.

Wir hatten vorgesehen, den Vietnamesinnen ein Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel zu besorgen. Dies traf auf wenig Gegenliebe. Lieber ein Fahrrad – so war ihr Wunsch. Wir machen in Vietnam alles mit dem Fahrrad. Also sind wir zu einem Fahrradhändler gefahren und haben uns Fahrräder angeschaut. Doch als sie die Preise sahen, sagten Sie, dass sie ein solch teures Fahrrad nicht fahren wollten. Ein Fahrrad sollte höchstens 200 € kosten.

Bei der Arbeit sind sie in der Zwischenzeit mit viel Fleiß, Einsatz, Empathie und einer schnellen Auffassungsgabe dabei. Die Rückmeldungen von den Bewohnerinnen und Bewohnern sind sehr positiv, auch wenn sie noch nicht so versiert in der deutschen Sprache und schon gar nicht im schwäbischen Dialekt sind. Sie haben in den vergangenen Wochen bereits einen sehr guten Zugang zu so manchem der Bewohne -

Durch die Schule haben wir erfahren, dass die Vietnamesinnen bereits gute Werbung für uns in Hanoi manchen. Drei Freundinnen und ein Freund – so der jetzige Stand – werden zusätzlich ab 01.10.2023 eine Ausbildung zum Pflegefachmann/-frau beginnen und sie möchten diese auch gerne in unseren Einrichtungen absolvieren. Eine Resonanz, die mich und alle in unserem Team sehr froh macht.

Mein besonderer Dank, den ich hier auch einmal kundtun möchte, gilt Herrn Wolfgang Haug, der diese Ausbildung durch seine Einsatzbereitschaft, Nachhaltigkeit und große Gelassenheit und Geduld im Umgang mit verschiedensten Stellen, Behörden und Regierungsvertretern, in dieser Form erst möglich gemacht hat.

Wir wissen um die große Chance, die uns diese Zusammenarbeit bietet. Aber wir wissen auch um die große Verantwortung.

Wir freuen uns auf die weitere gemeinsame Zeit!

Anneli Zenker

Wir dürfen dankbar sein, wenn wir sehen, dass junge Menschen sich auch aus sehr fernen Ländern auf den Weg machen, um unserer Gesellschaft aus einer schweren Krise zu helfen –nämlich der, dass wir scheinbar nicht mehr in der Lage sind, unsere eigenen Eltern und Großeltern in ausreichendem Umfang zu pflegen.

den Teams in unseren Einrichtungen. Beginnend mit der Gestaltung der Dienstpläne, mit der Planung von anspruchsvollen Praxisanleitungen, mit der Begleitung und Betreuung in eventuell schwierigen Situationen, mit dem berühmten sogenannten „Offenen Ohr“ bei den Vorgesetzten bis hin zu einem angemessenen, kollegialen Miteinander zwischen Pflege/Betreuung/ Küche/Technik. Dies alles sind unabdingbare Voraussetzungen, damit dieses herausragende Projekt ein Erfolgs-

Fachkräfte und Auszubildende aus dem Ausland

Chancen und Verantwortung

Heute stehen nicht die Gründe im Mittelpunkt, warum dies so ist. Wir haben hierzu schon oft Stellung genommen. Heute wollen wir die Tatsache würdigen, dass Menschen ihre Heimat verlassen, in eine für sie fremde Kultur kommen, die fremde Sprache lernen, eine Ausbildung beginnen und uns ihr Potential zur Verfügung stellen. Dies kann nicht ausreichend gewürdigt werden. Diese jungen Menschen haben unseren Respekt und unsere Anerkennung verdient. Aber auch unsere Unterstützung.

Soll dies zum Erfolg führen, braucht es eine freundliche, faire und auch für Veränderungen offene Gesellschaft. Dass diese Voraussetzungen in Deutschland bei einer breiten Mehrheit vorhanden sind, ist sicher. Auf der einen Seite lassen verschiedene Umfragen den Eindruck zu, dass in weiten Teilen der Gesellschaft eher eine unfreundliche Haltung gegenüber Menschen aus anderen Teilen der Welt besteht, die hierher zu uns kommen, um hier zu arbei- ten, dass in Teilen sogar Fremdenhass und Ausgrenzung von einzelnen Bevölkerungsgruppen gutgeheißen werden. Auf der anderen Seite muss man aber mit aller Deutlichkeit positiv anmerken, dass bei denselben Umfragen herauskommt, dass die überwiegende Mehrheit (ca. 80 %) gerade den Parteien oder politischen Gruppierungen, die solche Ideologien lautstark vertreten, keine Stimmen zukommen lassen möchte. Für unser Gemeinwesen ist diese Gewissheit immens wichtig. Denn, wo ein Mensch nicht willkommen wäre, würde er auch seine Kräfte und sein Potential nicht einbringen und Engagement zeigen können. Aber genau das brauchen wir.

In Zusammenarbeit mit dem Oberlinhaus in Freudenstadt ist es den beiden Johanneshäusern in Bad Wildbad und Bad Liebenzell nun gelungen, junge Menschen aus Vietnam für eine Pflegeausbildung bei uns zu gewinnen. Dies erfordert ein genauso großes Engagement auch für die bestehen- modell werden kann. Unsere eigenen Mitarbeitenden sind dabei in besonderer Weise gefordert. Sie haben es in der Hand, ob sich unsere „Neuankömmlinge“ angenommen und aufgehoben fühlen – fachlich ebenso wie vor allem aber menschlich. Es geht letztlich um die Absicherung von Betreuung und Pflege für die Zukunft – für unseren Bewohnerinnen und Bewohnern ebenso wie letztlich auch für unsere Mitarbeitenden selbst.

Sind wir also von Herzen dankbar für diese zusätzliche Möglichkeit zur weiteren Sicherung unseres Pflegeauftrags und unserer personellen Strukturen und kümmern wir uns um Menschlichkeit, kreativen Teamgeist und ein harmonisches Miteinander.

Der Name ist Programm, denn Daliborka Ratkovic hatte zum neuen Konzept die passende Idee. Die Unternehmerin aus Bad Wildbad ist nicht nur umtriebig und fleißig, sondern auch überaus geschäftstüchtig. Mittlerweile betreibt sie nicht nur das „Melange“ im traditionsreichen Kurhaus der Kurstadt, das beliebte Hotel Restaurant Auerhahn auf dem Sommerberg nebst Ferienwohnungen, sondern zudem seit Juni 2023 einen ganz besonderen Schwarzwald ART-Shop im Stadtkern der Bäderstadt.

Unter dem Titel „Die Jägerin“ hat sich Ratkovic für die rund 100 Quadratmeter große Ladenfläche an der belebten König-Karl-Straße etwas ganz Besonderes einfallen lassen: „Ich bin eine Frau und liebe den Schwarzwald. Da über Jägerinnen nie berichtet wird, habe ich diesen Namen für mein Geschäft ausgewählt, um ausgefallene Dinge zu zeigen.“

Und tatsächlich zeigt ein ausgefallenes Schaustück aus Epoxitharz einen teren Extras und Ideen die Gestaltung des Ladengeschäftes zu finalisieren. kunstvoll gefertigten Designertisch von Freddy Bühler aus Bad Wildbad. „Wir geben heimischen Künstlern eine Plattform, damit sie ihre Produkte präsentieren können“, so Ratkovic, die über viele Kontakte in die Kunstszene verfügt und ihr Netzwerk nutzt, um mit vielen wei-

Standard ist tabu. Es sind die feinen Nuancen, für die die Inhaberin brennt. Die Ausstattung des Ladens wird nicht nur mit Hirschgeweih und Bollenhut ergänzt, sondern zeigt auf mit schwarzen Schindeln vertäfelten Wandflächen ausgefallene und in Handarbeit hergestellte Designer-Kuckucks-Uhren. In den eingelassenen Wandregalen stehen neben edlen Bränden und Likören namhafter Hersteller auch heimischer Honig sowie ausgesuchte Schwarzwald-Accessoires.

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