Ärzteblatt Baden-Württemberg 06-2021

Page 16

Medizinhistorik Vor 200 Jahren starb Johann Peter Frank, ein Pionier der präventiven Medizin

Vorbeugen ist besser als heilen

A

324

ÄBW 06 | 2021

grafie. Diese erschien erstmals in Wien im „Gesundheits Taschenbuch für das Jahr 1802“. Nach Abschluss des Studiums war Frank zunächst als Landarzt tätig, dann folgte eine Anstellung als Hofmedicus beim Markgrafen von Baden. Hier bekämpfte er erfolgreich zusammen mit anderen Ärzten eine Fleckfieberepidemie, sodass er in seinen Aufzeichnungen freudig vermerken konnte, „daß ich sechs Wochen hindurch nur drei meiner Kranken verlor, wo vor meiner Ankunft täglich so viele an der Seuche verstorben waren“. Im Jahre 1772 holte Fürstbischof Damian August von Limburg-Stirum den jungen Arzt dann nach Bruchsal. Sein Auftrag war, im Bistum ein geordnetes Medizinalwesen aufzubauen. Man war dem damaligen Zeitgeist entsprechend der Ansicht, dass eine medizinisch gut versorgte Bevölkerung auch für die Volkswirtschaft von großem Nutzen sein könnte. Der 27-jährige Frank teilte auch diese Meinung seines neuen Arbeitgebers und daher kam ihm der Wunsch des Kirchenfürsten sehr gelegen. Hatte er selbst doch auch schon während seines Studiums feststellen müssen, dass die medizinische Wissenschaft in jener Zeit durch verschiedene Weltan-

Foto: Stadtarchiv Bruchsal

Johann Peter Frank

Foto: Stadtarchiv Bruchsal

Gedenktafel für Johann Peter Frank im Innenhof des Bruchsaler Finanzamtes.

schauungen, Zersplitterung und Systemlosigkeit gekennzeichnet war. Neben seiner Tätigkeit als Amtsphysikus und Leibarzt des Fürstbischofs war Frank daher auch auf anderen medizinischen Gebieten aktiv. So legte er einen Arzneigarten an, um die Wund­ ärzte über die Bedeutung und die Wirkung der Heilkräuter unterrichten zu können. Die Schaffung einer Hebammenschule und eines anatomischen Museums geht ebenfalls auf seine Initiative zurück. Nicht zuletzt fiel in seine Bruchsaler Zeit auch die Gründung der heute noch bestehenden Fürst-Stirum-Klinik. Weiten Kreisen bekannt wurde Johann Peter Frank jedoch durch seine wissenschaftlich-schriftstellerische Tätigkeit. In Bruchsal begann er mit dem Verfassen seines mehrbändigen Werkes „System einer vollständigen medicinischen Polizey“, und insgesamt drei Bände dieser außerordentlichen Faktensammlung sind in diesen Jahren erschienen. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine umfangreiche Sammlung medizinischen Quellenmaterials, das er mit den Erkenntnissen seiner Zeit und eigenen Erfahrungen verband. Foto: Wikipedia

m 24. April 2021 jährte sich der Todestag des Arztes Johann Peter Frank zum 200. Mal. Medizinhistorisch betrachtet gilt er nicht nur als Begründer der Hygiene als Wissenschaft, sondern auch als „Erfinder“ des öffentlichen Gesundheitswesens. Dessen Bedeutung und die damit einhergehende finanzielle, technische und personelle Ausstattung ist gerade in Corona-Zeiten vermehrt in den Mittelpunkt politischer und gesellschaftlicher Diskussionen gerückt. Nicht umsonst wurde Johann Peter Frank von Meyers Enzyklopädischem Lexikon als „einer der hervorragendsten Ärzte seiner Zeit“ bezeichnet. Grund genug, an dieser Stelle an den weitsichtigen Arzt und Gesundheitspolitiker zu erinnern, zumal er auch viele Jahre im Südwesten Deutschlands gewirkt hat. Geboren wurde Johann Peter Frank am 19. März 1745 im unweit von Pirmasens gelegenen pfälzischen Rodalben. Hier und bei einem bereits verheirateten älteren Bruder in der Nähe von Landau verbrachte er seine Kindheit. Nach der Schulzeit, die ihn auch zu den Piaristen nach Rastatt führte, studierte er in Metz und Pontà-Mousson zunächst Philosophie, später dann in Heidelberg und Straßburg Medizin. Über interessante Details und Begebenheiten aus jener Zeit an der Universität berichtet er in seiner 1801 fertiggestellten Autobio-

Die 1777 gegründete Fürst-Stirum-­ Klinik in Bruchsal (um 1920)


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Ärzteblatt Baden-Württemberg 06-2021 by Ärzteblatt Baden-Württemberg - Issuu