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Tabakentwöhnung

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Endokarditis

Endokarditis

Isabella Sudano

Tabakkonsum ist nicht nur mit einem häufigen Auftreten von Krebs und Gefässkrankheiten (Myokardinfarkt, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Schlaganfall und Demenz, Impotenz u.a.m.) assoziiert, sondern kann zu nichtbösartigen Atemwegskrankheiten (COPD = Chronic Obstructive Pumonary Disease), Infekten, Osteoporose, Zahn und Zahnfleischerkrankungen sowie Beeinträchtigung des Geschmacks, Geruchs und des Sehsinns führen. Zudem altern Personen, die Tabakwaren konsumieren, schneller und haben eine verminderte Leistungsfähigkeit im Vergleich zu Gleichaltrigen.

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Auswirkungen eines Rauchstopps Übersicht

Zeit Verbesserung 20 Minuten Blutdruck sinkt auf Wert vor der letzten Zigarette. Temperatur von Haut und Händen steigt auf Normalwert. 12 Stunden Das giftige Kohlenmonoxid ist abgeatmet und erreicht die gleichen Werte wie bei einem Nichtraucher. 2 Tage Der Geruchs- und Geschmackssinn verfeinern sich wieder. Ab 2 Wochen Herzinfarktrisiko beginnt zu sinken, die Lungenfunktionen erholt sich. 9 Monate Weniger Infektionen. Raucherhusten und Kurzatmigkeit nehmen ab. Die Leistungsfähigkeit steigt an. 1 Jahr Das Risiko für eine koronare Herzerkrankung ist nur noch halb so hoch wie bei einem Raucher. Die Zahnfleischentzündungen sind weitgehend abgeheilt. 2 Jahre Das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sinkt auf das Niveau von Nichtrauchern. 5 Jahre Das Schlaganfallrisiko beginnt auf das Niveau eines Nichtrauchers zu sinken. Das Risiko, an einem Lungenkrebs zu sterben ist noch halb so gross wie bei einem Raucher. 10 Jahre Das Risiko für Mundhöhlenkrebs, Kehlkopfkrebs, Speiseröhrenkrebs, Blasenkrebs, Gebärmutterhalskrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs ist wesentlich geringer als bei Rauchern. 15 Jahre Das Herzinfarkt- und das Schlaganfallrisiko sinkt auf das Niveau eines Nichtrauchers. 20 Jahre Das Lungenkrebsrisiko ist etwa gleich gross wie bei Nichtrauchern.

Das Rauchen, aber auch der Konsum von rauchlosen Tabakwaren, ist also eng mit einer reduzierten Lebenserwartung sowie mit einer Verminderung der Lebensqualität verbunden und gefährdet zudem auch die Personen in der nahen Umgebung (Passivrauchen). Ein Tabakentwöhnung bringt viele Vorteile.

(Tabelle 1, www.at-schweiz.ch, www.frei-von-tabak.ch)

Begleitung bei der Tabakentwöhnung

Die internationalen Richtlinien1 fassen die Begleitung für Tabakentwöhnung zusammen als «die 5 A zur Kurzberatung»: 7 ASK (Befragen): Jeder Patient sollte über seinen Tabakgebrauch befragt werden. Zudem kann auch die Abhängigkeit durch den Fagerström Test evaluiert werden (Tabelle 2; siehe

Therapie als Unterstützung für Tabakentwöhnung). 7 ADVISE (Beraten): Bei jeder Gelegenheit sollte betont werden, dass Aufhören des Tabakkonsums das Beste ist, dass man für seine Gesundheit machen kann. 7 ASSESS (Beurteilen): Der Wille sowie die Motivation der/des

Patienten(in) zum Aufhören des Tabakkonsums soll evaluiert werden. 7 ASSIST (Unterstützen): Unabhängig von der Motivation der/des

Patienten(in) sollt der betreuende Arzt Hilfe (spezifische Beratung, Medikamenten) leisten.

Falls ein Patient(in) bereit ist zum Aufhören sollte der behandelnde Arzt konkrete Tipps geben, Medikamente vorschlagen und mit dem Patienten(in) das Rauchstoppdatum festlegen.

Ist der PatientIn unsicher oder ambivalent sollen man seine

Motivation stärken. 7 ARRANGE (Arrangieren): Folgekonsultation oder Telefonkontakt in den ersten Wochen nach dem Rauchstopp, idealerweise wöchentlich, dann monatlich.

1 Clinical Practice Guideline Treating Tobacco Use and Dependence 2008 Update Panel,

Liaisons, and Staff. A clinical practice guideline for treating tobacco use and dependence: 2008 update. A U.S. Public Health Service report. American Journal of Preventive

Medicine 2008;35:158–176

Therapie als Unterstützung für Tabakentwöhnung

7 Nikotinhaltige Therapie (Nicotine Replacement Therapy; NRT)

Die Hauptwirkung der NRT besteht in der Unterstützung des Patienten bei der Unterdrückung des Suchtverlangens in den ersten

Monaten. Die meisten Patienten wenden zu niedrige Dosen über einen zu kurzen Zeitraum an. Die Dosis sollte so hoch sein, dass die Symptome des Suchtverlangens weitgehend unterdrückt werden. Die meisten Patienten benötigen über 3–4 Wochen die volle Dosis, anschliessend kann die Dosis langsam über mehrere

Wochen gesenkt werden.

Dosierung: Häufig ist es sinnvoll, zwei verschiedene NRT zu kombinieren: Ein Pflaster, das den Hauptteil des Tages abdeckt, sowie ein kurzwirksames NRT (Kaugummi, Lutschtabletten, sublinguale Tabletten, Inhaler), wenn das Suchtverlangen tagsüber besonders stark wird. 7 Vareniclin (Champix®)

Vareniclin ist ein partieller NikotinrezeptorAgonist, welcher für die Raucherentwöhnung entwickelt wurde.

Dosierung: Eine Woche vor dem RauchstoppTermin werden 3 Tage lang 0.5 mg, dann 4 Tage lang 0.5 mg zweimal täglich angewendet. Ab dem Tag des Rauchstopps wird die Dosis erhöht auf 1 mg zweimal täglich über 12 Wochen.

Bei Patienten mit leichter (geschätzte KreatininClearance >50 ml/min und ≤80 ml/min) bis mittelschwerer (geschätzte KreatininClearance ≥30ml/min und ≤50 ml/min) Niereninsuffizienz oder eingeschränkter Leberfunktion ist keine Dosisanpassung notwendig.

Bei Patienten mit schwerer (geschätzte KreatininClearance <30 ml/min) Niereninsuffizienz beträgt die empfohlene Dosis 1 mg einmal täglich. Die Dosierung sollte während den ersten drei

Tagen 0,5 mg einmal täglich betragen und dann auf 1 mg einmal täglich erhöht werden.

Unerwünschte Wirkungen: Übelkeit, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, abnormale Träume.

CAVE bei Patienten mit Major Depression, Suizidgedanken und suizidalem Verhalten.

7 Bupropion (Zyban®)

Bupropion ist ein zentral wirksames Medikament, welches das

Suchtverlangen lindert durch Hemmung der Dopamin und

Noradrenalinwiederaufnahme.

Dosierung: Die Behandlung wird 2 Wochen vor dem Rauchstopp

Termin eingeleitet. Die Anwendung beginnt mit einer Tablette täglich (150 mg) über eine Woche und wird anschliessend mit einer Dosierung von 2×150 mg täglich fortgesetzt. Die Behandlung dauert 7 Wochen.

Unerwünschte Wirkungen: Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen,

Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen.

Gegenanzeigen: Krampfanfälle, Major Depression, MAO

HemmerEinnahme, bipolare Störung, Bulimie oder Anorexia nervosa. Die Resultate der EAGLES Studie (Anthenelli RM et al, Lancet 2016 387: 2507–2520) zeigten, dass Varenicline, Bupropion und Nikotinhaltige Medikamente im Vergleich zu Placebo bei psychiatrischen Patienten nicht mit einem erhöhten Risiko für neuropsychiatrische Nebenwirkungen verbunden waren.

Champix® (Vareniclin) und Zyban® (Bupropion) sind kassenzulässig

Kassenzulässig für Patienten mit einem Rauchverhalten, das die Kriterien eines Abhängigkeitssyndroms nach der DSM Version IV1 oder ICD102 erfüllt und bei welchem zusätzlich ein Schweregrad vorliegt, der eines der folgenden Kriterien erfüllt: 7 Bestehen einer Folgekrankheit des Rauchens oder 7 Bestehen einer Abhängigkeit, bei welcher der FagerströmTest (siehe unten) einen Score von 6 oder mehr ergibt. 7 Für Patienten ab 18 Jahren, die zu einem Rauchstopp mit

Zyban®/Champix® motiviert sind und Beratung und Unterstützung durch eine medizinische Fachperson erhalten.

Pro 18 Monate wird eine einmalige Therapie von 12 Wochen (Champix) oder 7 Wochen (Zyban) vergütet.

1 Sass H et al, Diagnostisches und Statistisches Manual Psychiater Störungen.

Textrevision-DSM-IV-TR. Hagrefe, Göttingen 2003 2 Dilling et al, International Klassifikation Psychiater Störungen. ICD-10 Kapitel V(F)

Klinisch-diagnostische Leitlinee. Verlag Huber, Hogrefe AG, Bern 2011

NRT, Vareniclin und Bupropion sind nicht getestet bei Schwangerschaft oder bei einen Alter <18 Jahren Auswertung der Nikotin-Abhängigkeit (Fagerström-Test)

Frage Wann nach dem Aufstehen rauchen Sie Ihre erste Zigarette? Wahlmöglichkeit Bewertung innerhalb von 5 Min. 3 6 bis 30 Min. 2 31 bis 60 Min. 1 nach 60 Min. 0

Finden Sie es schwierig, an Orten, wo das Rauchen verboten ist (z.B. Kirche, Bücherei, Kino usw.), das Rauchen zu unterlassen? Auf welche Zigarette würden Sie nicht verzichten wollen? ja nein 1 0

die erste am Morgen 1 andere 0

Wieviele Zigaretten rauchen Sie im allgemeinen pro Tag? bis 10 11 bis 20 0 1

Rauchen Sie am Morgen im allgemeinen mehr als am Rest des Tages? Kommt es vor, dass Sie rauchen, wenn Sie krank sind und tagsüber im Bett bleiben müssen? 21 bis 30 2 31 und mehr 3 ja nein 1 0

ja nein 1 0

Ihre Punkteanzahl

0–2 Punkte stellt keine/bzw. sehr geringe Nikotinabhängigkeit dar; 3–4 Punkte: geringe Nikotinabhängigkeit; 5–10 Punkte: mittlere bis hohe Nikotinabhängigkeit.

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