Leseprobe aus Der Wal aus dem Prater Publikation 2025-0909

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Der Wal aus dem Prater

Eine Attraktion des Gasthauses „Zum Walfisch“, entworfen von Maria Benke

Objekte aus dem Wien Museum

Die Geschichte des Gasthauses „Zum Walfisch“ bis 1945 S. 8

Wolfgang Böhm

Der Walfisch S. 24

Die Walmutter S. 28

Die Walentscheidung S. 46

Die Walwerkstatt S. 64

Die Walrettung S. 78

Die Walheimat S. 94

Der Wal in der Halle des Wien Museums

Ein Stück Wiener Nachkriegsgeschichte

Der Praterwal ist das größte und mit Sicherheit meistfotografierte Objekt in der Dauerausstellung des Wien Museums. Seine spektakuläre Rettung, seine Restaurierung und Einbringung in das neue Museum sorgten für großes Aufsehen. Dieser Band bietet neue Perspektiven auf das tonnenschwere „Maskottchen“.

Zur Einführung erzählt Kuratorin Ursula Storch die jahrhundertealte Geschichte der Pratergastwirtschaft „Zum Walfisch“ bis zu deren Zerstörung in den letzten Kriegstagen 1945. Mit dem Wiederaufbau kam die Praterwal-Skulptur ins Spiel, die von der jungen Architektin Maria Benke entworfen wurde. Die Entstehung und die „Karriere“ des Objekts verknüpft der Autor und Journalist Wolfgang Böhm im Hauptteil des Buches mit der Biografie der Architektin – die seine Mutter war: ein ebenso akribisch recherchierter wie persönlicher Zugang zum Praterwal.

Bierdeckel aus dem Gasthaus „Zum Walfisch“, um 1955

Die Geschichte des Gasthauses „Zum

Walfisch“ bis 1945

Der Prater, der Jahrhunderte hindurch kaiserliches Jagdgebiet gewesen war, wurde infolge eines Avertissements Josephs II. vom 7. April 1766 für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich gemacht. Von nun an sollten alle Wienerinnen und Wiener zu jeder Tages- und Jahreszeit die Möglichkeit haben, dort „frey spatzieren zu gehen, zu reiten, und zu fahren, und zwar nicht nur in der Hauptallee, sondern auch in den Seitenalleen, Wiesen und Plätzen“.1 Außerdem war es ab diesem Zeitpunkt gestattet, „sich daselbst mit Ballonschlagen, Kegelscheiben und anderen erlaubten Unterhaltungen eigenen Gefallens zu divertiren“.2 Die kaiserliche Entscheidung hatte rasch weitreichende Folgen: Bereits eine Woche später wurde angefragt, ob auch der Verkauf von „Thee, Coffee, gefrohrnen“ 3 in diesem für die Wiener Bevölkerung neu geöffneten Naherholungsgebiet gestattet wäre. Dies wurde schon am 19. April im Wienerischen Diarium bestätigt.4 Zudem

1 Wienerisches Diarium, 9.4.1766, S. 8. 2 Ebd. 3 Zit. nach: Hans Pemmer, Ninni Lackner: Der

Wiener Prater einst und jetzt, Leipzig/Wien 1935, S. 11. 4 Wienerisches Diarium, 19.4.1766, S. 8.

Maria Benke (Entwurf)

Alois Robert Mucnjak­Hochland (Ausführung)

Walfisch des Gasthauses „Zum Walfisch“ im Prater

1951 Holz, Kupferblech

315 × 992 × 267 cm

ca. 1.700 kg

Abb. S. 22/23 Das Gasthaus in den 1990er Jahren

Abb. S. 26/27 Der Walfisch, 1999

Der Walfisch

Wale sind soziale Säugetiere. Ähnlich wie sozial agierende Menschen kommunizieren sie miteinander, entwickeln Kompetenzen und Verhaltensstrategien, um die Herausforderungen des Zusammenlebens zu meistern.1

1 Vgl. Kieran C. R. Fox, Michael Muthukrishna und Susanne Shultz: The social and cultural roots of whale and dolphin brains, in: Nature Ecology & Evolution 1 (2017), S. 1699.

Die Walmutter

Maria Benke (Böhm) war eine junge, 25-jährige Architektin, als sie 1950 den Walfisch für den Prater gestaltete. Ein Porträt mit persönlichen Erinnerungen an meine Mutter.

„Ein Wal ist kein Fisch, er ist ein Säugetier.“ Das mussten wir, ihre drei Kinder, wissen. Es war ihr wichtig. Doch warum ihr das wichtig war, ahnten wir lange nicht. Unsere Mutter, Maria Benke (verh. Böhm), gestaltete 1950 den „Walfisch“, eine Kupferskulptur, die von 1951 bis 2013 über dem Eingang des Pratergasthofs „Zum Walfisch“ thronte. Als Architektin liebte sie die Exaktheit, es mag sie also irritiert haben, dass dieser Name verfälschend war. Wobei das nach dem Krieg neu errichtete Praterlokal schon lange zuvor diesen Namen getragen hatte. Die Wiener Bevölkerung hatte diese zoologische Ungenauigkeit längst akzeptiert und in ihren Sprachgebrauch übernommen – den Wal im Prater nannten sie ebenso „Walfisch“ wie jene Gasse in der Wiener Innenstadt, die aufgrund des Hausschilds „Zum Walfisch“ den Namen „Walfischgasse“ erhielt.

Abb. S. 28

Maria Benke bei der Arbeit in der Redaktion der Zeitschrift „Der Aufbau“, um 1956

Maria Benke wurde als Maria Schembera am 10. August 1925 in Wien geboren. Ihr Vater Johann Schembera war Gürtler und Innenarchitekt. Gürtler

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