MENSCHEN
«Manchmal sieht es hinter der Bühne ziemlich chaotisch aus» Am 13. Juli feiern die «Thunerseespiele» mit «Io senza te» Premiere. Die Thunerin Olivia Sieber zeichnet erstmals verantwortlich für das Maskenbild. In ihrem Beruf vereinen sich Kunst, Kreativität, Handwerk und Seelsorge. So nahe wie sie kommt den Stars niemand. Olivia Sieber, wie lange benötigen sie am Morgen vor dem Spiegel? (lacht) Überhaupt nicht lange. Ich gehe auch ungeschminkt aus dem Haus. Es ist ein Klischee, dass Menschen in Schönheits berufen sehr aufgetakelt sind. Was macht denn eine Maskenbildnerin genau? Ich bin im Kreativ-Team gemein sam mit der Kostümbildnerin für das Er scheinungsbild aller Protagonistinnen verantwortlich. Dabei erschaffen wir ganzheitliche Werke. Die Herangehens weise ist je nach Sparte – Film, Fernsehen oder Theater – sehr unterschiedlich. Im Theater erschaffen wir massgeschnei
«Es geht nicht nur um Schminke und Frisur.» 6
ThunMagazin | 3/22
dert auf die Darsteller vieles selbst in Handarbeit, von Schaumteilen für plasti sche Veränderungen am Körper bis hin zu Haarteilen und Perücken. Sie lernten zuerst Coiffeuse. Wurden Ihnen die Alltagsfrisuren zu langweilig? Ich war sehr ambitioniert und suchte früh weitere Herausforderungen mit Meister schaften und Preisfrisieren. Die Masken bildnerei faszinierte mich, weil sie Kunst, Kreativität, Handwerk und den Kontakt mit Menschen vereint. Sie kommen den Menschen sehr nahe. Ja, «in der Maske» bewegen wir uns kon stant in ihrem ganz persönlichen Raum. Das ist eine Herausforderung und be darf eines hohen Masses an Empathie, Offenheit, Feingefühl und Diskretion. Wir erleben die Personen in verschiedenen Gemütszuständen und sehr privat. Wenn sie auf meinem Stuhl sitzen, geht es oft
nicht nur um Schminke und Frisur. Man lernt, Menschen einzuschätzen und indi viduell auf sie einzugehen. Sind Sie manchmal auch eine Art Seelsorgerin? Ja, immer. Die Bühnenstars sollen sich bei uns zuhause fühlen. Bei mir auf dem Stuhl wird alles besprochen, auch das eine oder andere Geheimnis … Und? … Die würde ich nie ausplaudern. Verschwiegenheit ist Ehrensache und eine Frage des Respekts. Eine professio nelle Haltung ist sehr wichtig. Was war das Aufregendste, was Sie bisher als Maskenbildnerin machen konnten? Es ist jedes Mal aufs Neue span nend und unberechenbar. Das Schönste ist, dass man mit den interessantesten Persönlichkeiten an den aussergewöhn lichsten Orten zu den unvorhersehbars ten Bedingungen arbeiten kann.