KUNSTMUSEUM
Mit Bauchgefühl und Beharrlichkeit Die neue Einzelausstellung «Stralau» im Kunstmuseum Thun zeigt einen umfassenden Einblick in das vielfältige Schaffen des Thuner Fotografen Christian Helmle. Zu sehen ist auch eine frühe Werkreihe, die von seiner Zeit als Taxifahrer in Thun erzählt. Experimentelle Fotografien aus den 80er-Jahren, Landschaftsbilder sowie Aufnahmen von architektonischen Bauten und Menschen sind bis Anfang Mai im Kunstmuseum Thun zu sehen. Es sind Werke des bekannten Thuner Fotografen Christian Helmle, Werke aus verschiedenen Jahren und Ländern. «Bereits in den 70er-Jahren interessierte ich mich für fremde Länder und
Völker. Auf Reisen nach Westafrika hatte ich erstmals eine Spiegelreflexkamera zur Verfügung, mit der ich Landschaften und Menschen fotografierte», erzählt Christian Helmle. «Früher waren mir Bilder mit Menschen wichtig. Später kamen Landschaften und fraktale Strukturen hinzu, Architekturthemen folgten.» Die Interessenfelder des Fotografen sind vielfältig. «Ein Thema kann
aus einem reinen Bauchgefühl auftauchen. Zum Beispiel war das Finden und Erforschen besonderer Orte stets eine starke Triebfeder», so Helmle.
Zeugen gescheiterter Visionen In der Serie «Weisse Elefanten» (1999 – 2005) dokumentiert er monumentale Bauten in Europa, die aufgrund politischer oder wirtschaftlicher Entwicklungen überholt oder bedeutungslos geworden sind. Manche fristen ein kaum genutztes Dasein, andere wurden bereits vor der Fertigstellung ihrer ursprünglichen Funktion beraubt. So wirken die Bauwerke, die oftmals als Zeugen gescheiterter Visionen in Erscheinung treten, wie surreale Fremdkörper, die ihren Sinn und ihren Bezug zur Umgebung verloren haben. Helmle kreiert oft ganze Werkserien wie diese, in denen er sich künstlerisch mit bestimmten Themen auseinandersetzt. «Ich habe gelernt, mir für Projekte Zeit zu nehmen», erklärt der Künstler, «es braucht Beharrlichkeit. So können sich Dinge entwickeln und verdichten.» Täxelen in Thun Geduld brauchte Christian Helmle auch zu Beginn seiner Karriere. «Mein Brot verdiente ich in der Anfangszeit als Taxifahrer und Fotojournalist», erläutert der Thuner Künstler, der von 1977 bis 1980 die Fotoklasse an der Ecole d’arts appliqués in Vevey absolvierte und seit
Bild links: Christian Helmle ist seit 1982 als freischaffender Fotograf tätig . Bild rechte Seite ganz rechts: «Ernst-Reuter-Platz» (Berlin, 2019) ist Teil der Werkserie «Stadtmensch».
Bild rechte Seite oben: Das frühe Werk «Taxi», 1981, zeigt Helmle als Taxifahrer in Thun mit den Valentini-Schwestern. Bild rechte Seite unten: Das Werk «Stralau» aus dem Jahr 2005 gibt der Ausstellung den Namen. 22
ThunMagazin | 1/22