07_08_natuerlich_Juli_August_vorschau

Page 1


Natürlich schön Wie nachhaltige Körperpflege ein Erfolg wird.

Körpergeruch

Nicht jeder Geruch ist ein Gestank.

Ambulantisierung

Wie funktioniert dieser medizinische Trend?

Baden wie die Römer

Die luxuriöse Badekultur unserer Vorfahren.

Körperpflege

Ganz natürlich

Die magensaftresistente Kapsel löst sich gezielt im Darm.

Gaspan® – bei Blähungen, Druck- und Völlegefühl in der Bauchgegend mit leichten Krämpfen.

9 Hilft bei Verdauungsbeschwerden

9 Pflanzlich aus Pfefferminz- und Kümmelöl

9 Rezeptfrei

Dies ist ein zugelassenes Arzneimittel.

Lesen Sie die Packungsbeilage.

Körperpflege –ein heisses Eisen

Liebe Leserin, lieber Leser

Es ist Sommer. Das ist schön. Aber im Sommer schwitzen wir auch mehr. Und unsere Körper sind ja im Grunde wahre Bioreaktoren, die aspirieren und halt auch transpirieren. Frischer Schweiss an und für sich riecht noch angenehm. Zersetzter weniger …

Das Angebot an Pflegeprodukten ist riesig. Geld ist in diesem Markt definitiv zu verdienen. Doch nicht alles, was verkauft wird, ist auch sinnvoll. Zum einen aus Sicht der Umwelt: Viele synthetische Körperpflegeprodukte enthalten Nanopartikel und Mikroverunreinigungen. Die Kläranlagen tun sich schwer, diese wieder einigermassen aus dem Wasser zu fischen.

Dann aber sind zu viele und die falschen Produkte auch ungesund. Der natürliche Säuremantel der Haut sollte nicht zu sehr strapaziert werden. Grundlage jeder Pflege ist Wasser. Und was es eventuell noch zusätzlich braucht, darauf gehen wir in diesem Heft ein.

Früher war übrigens nicht alles besser. Meine Mutter wuchs in einem Bergdorf auf, in dem zu Zeiten ihrer Kindheit viele Familien kein Badezimmer hatten. Ihre Grosseltern, also meine Urgrosseltern, hatten es sich vor über 100 Jahre zur Aufgabe gemacht, ihre Nachbaren vom Nutzen des Badens zu überzeugen. Sie liessen diese sogar in ihrer eigenen Badewanne baden. Um 1920 war dies die einzige weit und breit und sogar mit einem Badeofen mit Holz beheizt.

Eine der Nachbarinnen, die ich als kleines Kind noch kennenlernte, nahm das Angebot an und wusch sich die Haare. Es sollte aber bei dem einen Mal bleiben. Denn ihr vorher zwar fettiges, dafür anschmiegsames Haar liess sich gewaschen nicht mehr gut hochbinden.

Nun gut: Natürlich bietet Ihnen diese Ausgabe noch viel mehr. So nehmen wir uns namentlich dem spannenden Thema der Ambulantisierung an. Und erklären, wie dieser Trend die Medizin verändern wird. Und schliesslich rechtzeitig zur Bundesfeier gehen wir der Frage nach, ob Feuerwerk verboten werden sollte. Nun viel Spass beim Lesen!

Tibetische Rezepturen aus der Schweiz. Natürlich! VERDAUUNG

Dies ist ein zugelassenes Arzneimittel. Bitte lesen Sie die Packungsbeilage.

Hilft bei Venenbeschwerden

- pfl anzliches Arzneimittel mit Pinienrindenextrakt - bei venösen Stauungen und Krampfadern - bei Schwellungen und Schweregefühl in den Beinen - stärkt und schützt die Blutgefässe

SCHWERPUNKT

6 Natürliche Körperpflege

Wie man sich im riesigen Angebot zurechtfinden kann.

12 Körpergeruch - Fluch oder Segen?

Warum wir riechen und manchmal auch stinken.

18 Baden wie vor 2000 Jahren

Baden war früher viel mehr als nur Körperpflege.

GESUNDHEIT

28 Ambulant vor stationär Wie funktioniert der Trend zur Ambulantisierung?

KOLUMNE

42 Sabine Hurni über … … das Unterwegssein mit Stift und Papier.

Das Basische Duschgel

erfrischende Pflege für anspruchsvolle Haut

ätherische Öle Kampfer

FOKUSTHEMA

48 Sexualität

Liebe lässt sich nicht machen, doch wie entsteht sie?

HEILPFLANZEN

58 Echtes Herzgespann

Eine wenig bekannte Heilpflanze mit viel Kraft.

NATUR UND FREIZEIT

64 Hallo Garten, was steht an?

Im Garten spriessts, doch was ist jetzt zu tun?

68 Biotope der Behaglichkeit

Wo ich diese Biotope finden kann.

Service

3 Editorial / 32 Gesunder Geist / 34 Gesunder Körper / 38 Kurz gefasst / 41 neu und gut, hin und weg / 44 Beratung / 47 Liebesschule / 78 Ihre Seite / 80 Rätsel / 81 Vorschau / 82 Anderswelt

3 frei von Parabenen 3 frei von Paraffinen 3 ohne synthetische Farb- und Duftstoffe BasenSchauer steht mit seiner Alkalität und seinen kostbaren Inhaltsstoffen für eine vitalisierende und harmonisierende Pflege anspruchsvoller Haut.

Erleben Sie jeden Tag aufs Neue die belebend-basische Faszination samtweich gepflegter Haut. Auch ideal zur Regeneration nach dem Sport.

Jetzt einkaufen und erleben: www.jentschura-shop.ch

Jentschura (Schweiz) AG · 8806 Bäch/SZ

Körpergeruch: Fluch oder Segen?

Der Körpergeruch ändert sich im Laufe des Lebens ständig. Verantwortlich dafür sind verschiedene Hormone und Schweissdrüsen, die in verschiedenen Formen auf der Haut angesiedelt sind. Sie sorgen nicht nur für die Kühlung und Entgiftung, sondern spielen auch eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung und Kommunikation.

Yvonne Rossel, Illustration: Sonja Berger

In unserer Haut sind rund 2 Millionen Schweissdrüsen angesiedelt. Der grösste Teil, die sogenannten ekkrinen Drüsen, geben neutralen, geruchlosen Schweiss ab. Dieser besteht zu über 99 Prozent aus Wasser und zu etwa 1 Prozent aus Mineralstoffen sowie Stoffwechselprodukten. Der kleinere Teil sind apokrine Schweissdrüsen, auch Duftdrüsen genannt. Diese werden erst ab der Pubertät aktiv und befinden sich in den Achselhöhlen, in der Gegend der Brustwarzen und der Genitalien. Deren Sekret setzt sich aus Duftstoffen, Fettsäuren, schwefelhaltigen Verbindungen und Eiweissen zusammen.

Das Sekret wird unter Einwirkung von verschiedenen Hautbakterien zu unterschiedlichen Ausdünstungen umgewandelt. Diese verursachen den typischen unangenehmen Geruch nach Butter- oder Essigsäure. Der Geruch wird in der Nase, genauer gesagt im Nasen-

Gefühle und Erinnerungen sind untrennbar miteinander verbunden.

höhlendach bewusst oder unbewusst wahrgenommen, das mit Riechzellen versehen ist. Von dort aus werden die Duftstoffe per 1. Hirnnerv (Nervus Olfactoris) ins Hirn weitergeleitet. Diese Informationen wirken im Gehirn direkt auf das limbische System ein, auch «Riechhirn» genannt. Dieses Hirnteil ist verantwortlich für das emotionale Verhalten und spielt eine bedeutende Rolle für unser Erinnerungsvermögen. Gerüche, Gefühle und Erinnerungen sind deshalb untrennbar miteinander verbunden. Wer hat nicht schon erlebt, dass gewisse Orte oder gewisse Düfte von Nahrungsmittel Kindheitserinnerungen wecken.

Die Evolution hat die Fähigkeit des Geruchssinns als Warnsystem genutzt: Menschen konnten durch den Geruch von Stresshormonen Gefahr erkennen und entsprechend reagieren, um Fluchtwege zu finden. Bereits seit jeher nimmt unser Riechhirn auch verschiedene Sexuallockstoffe, sogenannte Pheromone wahr, die uns bei der Partnerwahl unterstützen. Die Partnerwahl sollte für die Fortpflanzung Sinn machen und zwei passende Genträger zusammenbringen. Es wird vermutet, dass die Einnahme der Pille die Ausschüttung dieser Pheromone beeinflussen kann. Daher stellt sich die Frage, ob es vielleicht sinnvoller wäre, während der Partnersuche auf die Pille zu verzichten.

«

Der Schweiss transportiert

Giftstoffe der Niere

und der Leber aus dem Körper. »

Schwitzen ist gesund

Unsere Schweiss-Produktion macht aus folgenden Gründen Sinn: Der Schweiss transportiert Giftstoffe der Niere und der Leber aus dem Körper. Falls die Entgiftungsorgane überlastet sind, springen die Schweissdrüsen der Haut ein. Mittels Verdunstung auf der Haut wird eine gleichmässige Kühlung erreicht. Der Schweiss sorgt für eine ausgeglichene Feuchtigkeit auf der Haut, unserem grössten Organ. Er ist am Aufbau einer Säuren-Schutzbarriere gegen unerwünschte Eindringlinge beteiligt. Ohne starke körperliche Aktivität verliert der Mensch nur ca. ein bis zwei Deziliter Schweiss pro Tag. Bewegt er sich mehr oder kommt ein heisser Tag dazu, kann der Stoffwechsel in Extremsituationen, bei Stress, Erregung und Ängsten bis zu 15 Liter am Tag produzieren. Achten Sie bei Hitze oder übermässiger Bewegung darauf, dass der Körper mit genügend Mineralien, Kochsalz und Wasser versorgt wird.

Verschiedene Hormone regulieren je nach emotionalem Zustand die Abgabe und die Menge des Schweisses. Wenn diese Produktion ein zu hohes Mass erreicht, kann das gesundheitlich belastend werden. Durchnässte Kleidung, insbesondere unter den Armen oder am Rücken, ist sehr unangenehm. Ein Beispiel dafür sind Beschwerden in den Wechseljahren, wenn Frau in der Nacht schweissgebadet aufwacht oder tagsüber mehrere Wallungen über sich ergehen lassen muss. Das Schwitzen ist in diesem Fall jedoch eine natürliche Entgiftungsaktion: Weil die Menstruation ausbleibt, sucht sich der Körper neue Wege, um Hitze und Abfallstoffe auszuleiten.

Ausdünstung durch die Ernährungsweise Verschiedene Lebens- und Genussmittel können den Körperduft ebenfalls beeinflussen. Setzen Sie Ihr Augenmerk insbesondere auf Knoblauch, Zwiebeln, scharfe Gewürze, Kaffee und Alkohol. Es sind alles Stoffe, die den Stoffwechsel zur Entgiftung anregen. Wer aus gesundheitlichen Gründen Knoblauch konsumieren will, kann den schwarzen Knoblauch anwenden. Es handelt sich um dieselbe Knolle. Im Gegensatz zur frischen Variante wurde sie einige Wochen in einem Wärmeschrank fermentiert. Eine schwarze Knolle ist wahrhaftig ein besonderes, süsses Geschmackserlebnis! Wer schwarzen Knoblauch konsumiert, entwickelt keinen starken Körpergeruch, die kreislaufstärkende, blutgefässreinigende und antibakterielle Wirkung bleibt aber bestehen.

Ein Deodorant wirkt gegen die Zersetzung von Bakterien und hat sich in unsere tägliche Körperpflege integriert. Problematisch sind aus der Sicht der Alternativmedizin vor allem jene Deodorants, die Inhaltsstoffe aus Aluminiumverbindungen enthalten. Die Idee dieser Wirkstoffe ist, die Poren der Schweissdrüsen zu schliessen. Werden diese verschlossen, muss sich der Schweiss auf Umwegen und mit grossem Aufwand einen anderen Ausgang suchen. Plötzlich entwickelt sich übermässiger Fussschweiss oder verschiedene andere Organe werden belastet.

«
Werden die Poren verschlossen, muss sich der Schweiss auf Umwegen und mit grossem Aufwand einen anderen Ausgang suchen. »

Tipps

rund um das

Schwitzen

1. Lösen Sie das gewünschte ätherische Öl, geeignet sind zum Beispiel Lavendel, Minze, Thymian, Zitronenschale, Nanaminze, Teebaum, Zeder, Zypresse, Sandelholz oder Patchouli, tropfenweise mit etwas Milch in einem Liter warmen Wasser auf und verwenden Sie es als Waschung.

2. Als besonders trocknende Pflanze weist der Salbei den Schweiss in seine Schranken. Er wird als ätherisches Öl äusserlich als Zusatz in Deodorants verwendet oder innerlich als Tee, Tablette oder Tinktur. Salbei ist eine Pflanze mit vielen Gerbstoffen, die adstringierend wirken. Sie bewirkt, dass sich die Schweissdrüsen zusammenziehen.

3. Riecht der Schweiss übermässig nach Säure, bewährt sich ein selbstgemischtes Deo aus Basenbadpulver oder Natron. Im Internet sind viele verschiedene Rezepte beschrieben.

4. Vermeiden Sie das Tragen von synthetischer Kleidung auf der Haut, tragen Sie stattdessen Funktionswäsche mit einem Wollanteil.

5. Trinken Sie genügend Flüssigkeit. Achten Sie auf eine basische Ernährung (wenig Fleisch, viel Gemüse, etwas Obst, Hülsenfrüchte, keine Instant-Lebensmittel) und wenden Sie ein Säure-Basen-Präparat an. Es entsäuert den ganzen Körper inklusive Haut und Bindegewebe. In Drogerien oder Apotheken existieren diverse Formen wie Tabletten, Pulver oder Bäder.

6. Trinken Sie kurmässig über zwei Wochen jeden Tag einen Liter Stoffwechseltee, der Brennnessel, Birkenblätter und Löwenzahn enthält. Mit diesen Massnahmen können Sie die Säuren ausleiten und allfällige Giftstoffe loswerden.

Für Haut und Haar –natürlich, wunderbar!

Weg von Chemie, hin zur Natur – klingt einfacher, als es ist. Wer Naturkosmetik kaufen will, hat einiges zu beachten: verschiedene Labels, verschiedene Vorschriften, Green Washing – Ariana Baechler erklärt die Grundlagen.

Rebekka Affolter

Schnell am Morgen die Haare mit Shampoo waschen, Gesichtscreme und Body Lotion auftragen, Deo unter die Achseln und los geht der Tag. Die heutige Körperpflege kommt mit zahlreichen Produkten – die nicht immer gut für uns sind. Herkömmliche Kosmetik – heisst hergestellt aus hauptsächlich synthetischen Inhaltsstoffen – macht unsere Haut zwar sanft und geschmeidig, aber zu welchem Preis?

Produkte wie Cremen unterbinden oft unsere natürlichen Schutzmechanismen. Sie bilden eine Schicht auf unserer Haut, verschliessen unsere Poren – und enthalten teilweise Stoffe, die krebserregend sein können. Die Alternative: Naturkosmetik. «Im Gegensatz zu konventionellen Produkten beeinträchtigt sie die natürlichen Funktionen der Haut nicht», erklärt Ariana Baechler, Schulleiterin der Schweizer Naturkosmetikschule Academia Balance. Die in den natürlich hergestellten Pflegemitteln enthaltenen Fettsäuren bilden keine abdichtende Schicht, sondern bauen sich in unsere Haut ein.

Achtung, Stolperfalle!

Beim Kauf gibt es allerdings einiges zu beachten. Der erste wichtige Punkt: Naturkosmetik ist nicht gleich natürliche Kosmetik. «Der Begriff ist nicht geschützt –was oft auch zu Green Washing der Produkte führt.» Jeder kann in synthetische Kosmetik zwei Tropfen ätherische Öle tröpfeln und das Ergebnis «natürlich» nennen. Wer sich nicht auskennt und sicher gehen will, dass auch wirklich natürliche Pflege im Einkaufskorb landet, muss einen Schritt weiter gehen – hin zu kontrollierten oder zertifizierten Marken. Am einfachsten ist, zunächst den grossen, verlässlichen Labels zu folgen. «Sie stellen sicher, dass die Grundstandards erfüllt sind», erklärt Baechler. Aber auch hier gibt es einiges zu wissen – von den verschiedenen Vorschriften bis zu den verschiedenen Abstufungen. «Ein regelrechter Label-Dschungel», schmunzelt die 48-Jährige.

Eine erste Hilfe

Im Grunde haben alle Labels meistens zwei Abstufungen: Das Basis-Label und das Bio-Label. Letzteres zertifiziert das Produkt nicht nur als Natur-, sondern als Bio-Kosmetik. Heisst: Ein bestimmter Anteil der Rohstoffe stammt aus biologischem Anbau. Beim Thema Wasser ist ebenfalls Vorsicht geboten: «Produkte, die viel Wasser enthalten, können das Bio-Label teilweise nicht erhalten, auch wenn sie allen anderen Anforderungen entsprechen.» Der Grund: Wasser –und Mineralien – werden nicht als Bio-Rohstoffe angesehen, da sie nicht angebaut werden können, sondern direkt aus der Natur kommen. Muss man auch erstmal mal wissen.

Keine Tierversuche, dafür Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen

Zurück zum Basis-Label. Je nach Label gelten andere Bedingungen. Bei allen garantiert: das TierversuchsVerbot. «Deswegen findet man Tierschutz-Labels wie PETA nur selten auf Naturkosmetik», erklärt Baechler – wäre doppelt gemoppelt. Weiter gilt: Rohstoffe stammen aus der Natur, heisst sie sind «stets pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Ursprungs». Heisst konkret: Ätherische Öle, Hydrolate und Pflanzenextrakte sind oft wichtige Inhaltsstoffe.

Der Kauf ohne Label

Nur weil ein Produkt kein Label hat, heisst es nicht, dass es keine Naturkosmetik ist. «Labels kosten Geld und kommen mit vielen Vorschriften», erklärt Baechler. Nicht nur müssen die Inhaltsstoffe stimmen, auch Produktionsprozesse, Verpackung, Transport, und Entsorgung folgt je nachdem strengen Regeln. «Nicht alle können oder wollen alle Anforderungen erfüllen – oder aber kleine Betriebe können sich die Labels gar nicht leisten.» Ohne Label muss man sich mit der Liste der Inhaltsstoffe auseinandersetzen – «wobei das eine Sprache ist, die man erst einmal verstehen muss». Als

Das Angebot an Naturkosmetik ist in den letzten Jahren qualitativ und quantitativ stark gewachsen.

erste Anlaufstelle können Apps helfen: Ein kurzer Scan zeigt das Wichtigste auf einen Blick. Wer sich kein Label leisten kann oder will, verzichtet darauf oder arbeitet mit eigenen Logos. Baechler warnt: «Jede Firma kann ihre eigenen Logos aufdrucken, die nicht von einer externen Stelle kontrolliert werden.». Bei einer Recherche sollte man also immer hinterfragen, was genau ein Label oder Logo aussagt – und wer es kontrolliert. An diesem Punkt ein weiterer Tipp: Gute Beratung hilft. Wer sich nicht auskennt, sollte bei einem Erst-Kauf entsprechende Fachpersonen aufsuchen. «Nicht zuletzt dafür bilden wir zukünftige Naturkosmetiker*innen aus», so die Schulleiterin.

Das Sortiment

Wie steht es eigentlich um das Angebot in der Naturkosmetik? «Inzwischen ist sie der herkömmlichen Kosmetik beinahe ebenbürtig – in den letzten 20 Jahren hat sich einiges getan.» Ganz mithalten können natürliche Produkte in gewissen Bereichen (noch) nicht. Vor allem in der Vielfalt sind sie teilweise eingeschränkt. «Naturkosmetik übernimmt die Wirkstoffe, die Farben und die Düfte der Natur – nicht mehr und nicht weniger.» Die Forschung und Entwicklung läuft aber auch in der Naturkosmetik auf Hochtouren.

Für Baechler macht aber genau das die Faszination aus: «Ich finde sehr spannend, was man alles mit wenig Rohstoffen, allein mit der Natur erreichen kann.» Die Begeisterung dafür kommt nicht von ungefähr: «Ich bin mitten in den Bündner Bergen aufgewachsen – für mich hat die Natur grosse Bedeutung. Im Grunde finden wir dort alles, was wir brauchen.»

Die Anwendung

Und letzten Endes nimmt ein kleineres Sortiment einem die Qual der Wahl. Wer sich für ein Produkt entscheiden konnte, wird bei der Anwendung schnell die Unterschiede zwischen Natur- und herkömmlicher Kosmetik bemerken. «Von den natürlichen Produkten braucht man meist viel kleinere Mengen», sagt Baechler. Entsprechend kommen sie in kleineren Verpackungen daher – immerhin sind sie auch weniger lang haltbar als synthetische Produkte. «Sie werden so verpackt, dass sie innerhalb der Ablaufzeit – meist drei bis sechs Monate nach dem Öffnen – verbraucht werden können.»

Und hier enden auch schon die Unterschiede zur konventionellen Kosmetik. Ansonsten ändert sich beim Gebrauch nichts: Schnell am Morgen die Haare mit Shampoo waschen, Gesichtscreme und Body Lotion auftragen, Deo unter die Achseln und los geht der Tag. •

« Naturkosmetik unterstützt die Haut, statt sie zu überdecken –und setzt ganz auf die Kraft der Natur.

Hämorrhoiden?

Die pflanzliche Alternative

3 Hemmt die Entzündung

3 Stillt die Schmerzen

3 Lindert den Juckreiz

Erhältlich in Ihrer Apotheke oder Drogerie. hametum.ch

Die sind zugelassene Arzneimittel. Lesen Sie die Packungsbeilage.

Schwabe Pharma AG, Küssnacht am Rigi

Mit Hamamelis

Sollen Feuerwerke verboten werden?

Die Feuerwerksinitiative ist eine eidgenössische Volksinitiative, die ein Verbot von lärmerzeugendem Feuerwerk für den privaten Gebrauch fordert. Ausnahmen sollen nur mit kantonaler Bewilligung möglich sein. Ziel ist es, Menschen, Tiere und die Umwelt besser zu schützen. Der Bundesrat lehnt sie ab und verweist auf bestehende kantonale Regelungen. Wir haben bei beiden Lagern nachgefragt. Lesen Sie mehr über die Argumente beider Lager im Pro und Kontra.

FÜR EINE EINSCHRÄNKUNG

VON FEUERWERK

Ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung ist mit der aktuellen Situation unzufrieden. Der Unmut in der Bevölkerung ist gut nachvollziehbar: Bereits Tage vor und nach den offiziellen Feiertagen knallt es in der Nacht. Dadurch geraten Tiere in Panik, Menschen leiden unter dem Lärm, und auch unsere Umwelt wird belastet.

Eine repräsentative Bevölkerungsbefragung des Sozialforschungsinstituts gfs.bern zeigt, dass mehr als zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer der Initiative für eine Einschränkung von Feuerwerk zustimmen würden – und zwar über alle politischen Lager hinweg. Ausschlaggebend für ihre befürwortende Haltung ist vor allem die Lärmbelästigung von Menschen und Tieren, aber auch ökologische Aspekte wie die Umweltverschmutzung spielen eine zentrale Rolle. Zwar sehen sich rund drei Viertel der Umfrageteilnehmenden gerne Feuerwerk an, kaufen selbst aber nie Feuerwerkskörper. Von denjenigen, die Feuerwerk kaufen, beschränkt sich die Mehrheit auf lautlose Feuerwerkskörper.

Die Initiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk» trifft den Nerv der Zeit, indem künftig der Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, eingeschränkt werden. Davon ausgenommen wären insbesondere Tischfeuerwerke, Wunderkerzen, bengalische Feuer, römische Lichter, Vul-

kane – sofern diese keine speziellen Lärmeffekte erzeugen – sowie Fackeln, Feuershows, Höhenfeuer, Laser- und andere Lichtshows. Feuerwerkskörper, die mehr als einen vernachlässigbaren Lärmpegel erzeugen, sollen nur im Rahmen von bewilligten Feuerwerken an bedeutenden öffentlichen Anlässen gezündet werden.

Die Initiative setzt auf eine ausgewogene Lösung, die die Bedürfnisse aller berücksichtigt: Der Schutz von Menschen und Tieren vor übermässigem Lärm sowie die Reduktion von Umweltbelastungen – gleichzeitig sollen begeisterte Zuschauerinnen und Zuschauer sich weiterhin an den bunten Feuerwerken erfreuen können.

Eine Lösung, die Rücksicht nimmt – und damit eine Win-win-Situation für alle schafft.

Dominik del Castillo ist Verhaltensbiologe und arbeitet seit 5 Jahren bei VIER PFOTEN Schweiz. VIER PFOTEN ist neben der Stiftung für das Tier im Recht, dem STS – Schweizer Tierschutz und der Fondation Franz Weber eine der Trägerorganisationen der Initiative für eine Einschränkung von Feuerwerk.

Kontra

Als Feuerwerksbranche werden wir alles dafür tun, dass die Feuerwerksverbotsinitiative vor dem Volk scheitert. Letztlich sind es nur zwei Tage im Jahr, an denen Feuerwerk ohne Bewilligung möglich ist: Am 1. August und an Silvester. Feuerwerk gehört zu diesen Feiertagen, wie das Amen in der Kirche. Vor diesem Hintergrund wäre ein Verbot von Feuerwerk eine völlig unverhältnismässige Einschränkung.

Dies in der Bundesverfassung zu verbieten, ist unverhältnismässig und auch nicht verfassungswürdig. Bereits jetzt heute ist das Abbrennen von Feuerwerk ausserhalb des 1. August und des Silvesters nur mit einer Bewilligung erlaubt. Dies kann z. B. in der Lärmschutzverordnung der Gemeinde so geregelt werden. Es braucht keine neuen Gesetze. Die Gemeinden verfügen bereits über die nötigen Werkzeuge und Kompetenzen und einzelne Gemeinden kennen heute schon ein Feuerwerksverbot. Die Initiative ist unnötig.

Nicht alle Leute haben Freude an Feuerwerk. Für mich ist es jedoch eine Frage der gesellschaftlichen Toleranz. Die Initiative kommt weitgehend aus «Hundekreisen». Es gibt auch sehr viele Leute, die sich beispielsweise Tag für Tag über Hundegebell ärgern – und das nicht nur zwei Tage im Jahr sondern an 365 Tagen. Deshalb verlangt niemand ein Hundeverbot. Es gibt sehr viele Menschen, die Freude haben an Feuerwerk und vor allem

auch die notwendige Toleranz, dies an zwei Tagen im Jahr zu erlauben. Sonst muss man in unserer Gesellschaft bald alles verbieten. Auch das Kulturgut Feuerwerk sowie viele Traditionen würden einem Verbot zum Opfer fallen. Auch wir verurteilen es, wenn schon Tage vor dem 1. August oder Silvester Feuerwerkskörper gezündet werden. Genauso, wie wenn nachts der Nachbar mit dem Schlagzeug übt. Oder wenn Raser oder Autoposer in der Nacht laut dröhnend durch die Ortschaft fahren. Auch die Feuerwerksbranche selbst möchte nicht, dass täglich rund um die Uhr Feuerwerkskörper mit Knall gezündet werden.

Für die Entfaltung eines Buketts am Himmel braucht es jedoch einen gewissen Knall (sogenannter Zerleger), damit die leuchtenden Sterne brennend auseinanderfliegen. Die meisten Menschen regen sich jedoch über sogenannte Böller auf. Böller sind Feuerwerkskörper, die am Boden sehr laut knallen. Diese sind in der Schweiz verboten und werden sehr oft illegal aus dem Ausland eingeführt. In der Schweiz dürfen nur Produkte knallen, die zuerst in die Höhe fliegen.

Urs Corradini ist Präsident der Schweizerischen Koordinationsstelle Feuerwerk, dem Branchenverband der Schweizer Feuerwerker. Als gemeinsame Stimme der schweizerischen Feuerwerkindustrie stellt die SKF als Fachstelle für Pyrotechnika die Verbindung zu den Behörden bei Bund, Kantonen und Gemeinden her.

Kurz gefasst

TIERE

Mit bird-song.ch die Vogelstimmen spielerisch lernen

Jetzt pfeift und singt es wieder überall. Doch welcher Vogel tönt da aus dem Gebüsch? Pünktlich zum Frühlingsanfang präsentiert BirdLife die stark überarbeitete und erweiterte Lernplattform birdsong.ch. Mit einer Fülle von Übungen kann man die Gesänge und Rufe auf spielerische Art und Weise kennenlernen. Die Vogelstimmen können einzeln, im Chor oder in einem Lebensraum wie der Siedlung geübt werden. Die Website birdsong.ch ist für Einsteigerinnen und Einsteiger, aber auch für Fortgeschrittene geeignet. Je nach Niveau werden andere Übungen und Inhalte angezeigt. Zu über 200 Vogelarten der Schweiz gibt es ein Porträt mit den typischen Gesängen und Rufen inklusive der wichtigsten Infos zur Lebensweise. Regelmässig werden aktuelle Stimmen-Rätsel und spannende Beiträge zum Vogelgesang aufgeschaltet. ska

PFLEGEINITIATIVE

Botschaft zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Der Bundesrat will die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern und damit die Pflege als wichtigen Pfeiler der Gesundheitsversorgung stärken. Er hat dazu ein neues Bundesgesetz erarbeitet, das mit Regelungen in zehn Bereichen die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert. Er will damit die Zahl der frühzeitigen Berufsaustritte reduzieren. Mit einer Änderung des Gesundheitsberufegesetzes will der Bundesrat zudem die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten für Pflegefachpersonen verbessern. An seiner Sitzung vom 21. Mai 2025 hat er beide Gesetzesvorlagen zuhanden des Parlaments verabschiedet, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Damit soll die zweite Etappe der Initiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)» umgesetzt werden. Die erste Etappe zur Förderung der Ausbildung ist bereits Mitte 2024 in Kraft getreten. ska

TRANSFORMATIONS- UND SELBSTCOACHING-KARTEN

«Ich helfe mir selbst, wer sonst.»

Die Karten verbinden moderne Wissenschaft, Kommunikationspsychologie und bewusstes Sein auf einzigartige Weise. Sie sind ein klares, wirkungsvolles Arbeitswerkzeug für zu Hause – entstanden aus der REMEMBER-Methode – das dich daran erinnert, wer du in Wahrheit bist.

Sie unterstützen dich dabei, die Schichten zu durchdringen, die dich von deiner ursprünglichen Klarheit, Leichtigkeit und Kraft trennen. Dabei führen sie dich nicht zu etwas Neuem, sondern zurück zu dem, was immer da war: zu dir.

Nicht um etwas zu verändern, sondern um wieder mit dem in Kontakt zu kommen, was nie verletzt war – nur überlagert.

Anwendungsbereiche:

– Rückverbindung mit der inneren Ruhe

– Auflösen von emotionalen Blockaden

– Bewusstes Erkennen von Mustern und Glaubenssätzen

– Stärkung von Selbstkontakt und innerer Klarheit

– Selbstverantwortung statt Selbstoptimierung

– Innere Stabilität in herausfordernden Situationen

– Reaktivierung von Kreativität und Handlungskraft

– Rückverbindung mit dem, was dich lebendig macht

Jede Karte führt dich – über eine gezielte Abfolge von Impulsen – sanft vom Denken ins Spüren. Aus dem Kopf zurück in den Körper. In Resonanz mit deinem Nervensystem und den gespeicherten Informationen auf Zellebene.

So erinnerst du dich Schritt für Schritt an das, was immer da war: Dich.

Ergänzend zu den Karten stehen themenspezifische Tools zur Verfügung, die die Anwendung weiter vertiefen und die Transformation noch einfacher machen.

www.susanne-scherzinger.ch

Publireportage

Faszination

Vogelbeobachtungsreisen

Vogelbeobachtungsreisen bieten eine einzigartige Möglichkeit, die Natur auf besondere Weise zu erleben. Wer einmal mit dem Fernglas in der Hand im Morgengrauen einen seltenen Vogel beobachtet, spürt sofort die Magie dieses Hobbys. Die Vielfalt an Farben, Stimmen und Verhaltensweisen der Vögel ist faszinierend – vom majestätischen Seeadler bis zum winzigen Kolibri. Jede Region bietet ihre eigenen Höhepunkte, sei es die artenreiche Küste Spaniens, die Regenwälder Costa Ricas oder die Zugvögel über der vielfältigen Landschaft Ungarns. Der Reiz solcher Reisen liegt nicht nur in den Beobachtungen selbst, sondern auch in der entschleunigten Art des Reisens. Man bewegt sich achtsam, im Einklang mit der Natur. Dabei lernt man viel über Ökosysteme, Umweltund Artenschutz. Erfahrene Guides führen die Gruppen und teilen ihr Wissen.

Ein weiterer Vorteil: Vogelbeobachtung fördert Geduld, Achtsamkeit und Konzentration – ein wohltuender Ausgleich zum hektischen Alltag. Gleichzeitig reist man in kleinen Gruppen und trifft Gleichgesinnte, was den Erfahrungsaustausch bereichert. Ob Anfänger oder passionierter Birder – Vogelbeobachtungsreisen sind ein unvergessliches Erlebnis für alle Naturfreunde.

Ungarns Herbstvogelzug

Der Kiskunság-Nationalpark bietet eine abwechslungsreiche Landschaft aus Steppen, Feuchtgebieten und Salzseen, in der man Grosstrappen, Rohrweihen und zahlreiche Watvögel beobachten kann. Die Zemplén-Berge sind bekannt für Spechte, Greifvögel und Singvögel. Der Hortobágy-Nationalpark, ist ein Paradies für Zugvögel – hier rasten im Herbst zehntausende Kraniche, dazu gibt es eine grosse Vielfalt an Enten, Reihern und Limikolen.

Reisedaten: 22.09. – 01.10.2025 | 10 Tage ab CHF 2950.–

Unsere Spezialisten beraten Sie gerne: www.arcatour.ch | Tel. +41 41 418 65 80 arcatour@arcatour.ch

© 2018 Artush Shutterstock

Sabine Hurni

über

… das Unterwegssein mit Stift und Papier

Schreiben Sie? Also ich meine so richtig, von Hand mit Stift auf Papier? Es gibt unzählige Flächen, die wir beschreiben können, so zum Beispiel Postkarten, Tagebücher, Briefpapier, Karten, Einkaufszettel, Notizblöcke und vieles mehr. Wer schreibt, ist nie ganz allein, sondern ist verbunden mit der Person, an die sich die Zeilen richten, mit sich selbst, wenn die eigenen Gefühle zu Papier gebracht werden oder mit einer Fantasiewelt, wenn auf dem Papier Geschichten entstehen.

Wenn wir über das Licht schreiben, das durch die Blätter schimmert, sind wir mit der Natur verbunden und wenn ich am Meer sitze und über die nicht enden wollende Weite schreibe, bin ich vermutlich mit dem ganzen Universum verbunden. Wir sind beim Schreiben in bester Begleitung mit den eigenen Gedanken, der Haptik des Papiers, dem Stift, der leicht kratzend über die Fläche gleitet und der Hand, die sich emsig über das Blatt bewegt.

Beim Schreiben von Hand sind laut dem deutschen Schreibmotorikinstitut zwölf Hirnareale aktiv und mehr als 30 Muskeln und 17 Gelenke spielen, zusammen. Verarbeite ich einen Text von Hand, legt das Gehirn eine motorische Gedächtnisspur an, dank der sich die Merkfähigkeit steigert. Es lohnt sich also, sich beim Durcharbeiten eines Textes Notizen von Hand zu machen. Der Vorteil des Schreibens von Hand ist, dass sich immer ein Stift und ein Blatt findet. Es ist flexibel, an keinerlei Technik gebunden, direkt und intuitiv. Wer

seine Notizen handschriftlich macht, strukturiert seine Gedanken, fördert die eigene Kreativität und bringt seine Visionen aufs Papier. Oder anders gesagt: Das Schreiben von Hand hilft beim Denken.

Ich bin eine passionierte Von-Hand-Schreiberin. Notizbuch und Stift sind bei mir immer mit dabei. Ich schreibe im Café, im Zug, zu Hause, in der Natur und immer, wenn mir ein bisschen langweilig ist. Ist niemand da, mit dem ich mich unterhalten kann, greife ich zu Stift und Buch und die Welt lacht. «Jetzt haben Sie einfach so, ohne zu überlegen und ohne Unterbruch mehrere Seiten ihres Heftes gefüllt», staunte kürzlich ein Mann, der mich beim Schreiben in einem Café beobachtet hat. Was er nicht wissen konnte, war, dass ich mir beim Schreiben feste Zeiten vorgebe, in denen ich die Hand in Bewegung halte. Manchmal muss ich einen Satz mehrmals schreiben, bis mir ein neuer Gedanke oder ein neuer Aspekt des Themas einfällt.

Diese Methode des intuitiven Schreibens hilft, wertfrei alles von sich zu geben, was durch den Stift herausfliessen will. In dieser festgelegten Schreibzeit, meistens sind es 10 bis 30 Minuten oder dreimal 10 Minuten, schreibt man ohne Unterbruch, streicht nichts, überlegt nicht zu viel, kümmert sich weder um Rechtschreibung und Grammatik und lässt sich vollkommen gehen. Natalie Goldberg, eine der führenden Stimmen im Bereich des kreativen Schreibens, propagiert diese Art des Schreibtrainings zum Verdauen des Alltäglichen, zum Entdecken von neuen Gedanken und als Nähr-

boden für die eigene Kreativität. Sie können auf diese Weise die Natur schreibend betrachten, sich selbst näherkommen oder Ihre Fantasie mit sich durchgehen lassen, indem Sie über das Leben eines Menschen schreiben, der in Ihrer Nähe nichtsahnend an einem Tisch seinen Cappuccino trinkt – oder vormittags ein Glas Prosecco. Diese Geschichte würde bei mir zum Beispiel so anfangen: «Theodora setzte sich an einen schönen Tisch am Fenster und bestellte ein Glas Prosecco. Es war 11 Uhr und Theodora …».

Wenn Sie jetzt hoffentlich etwas häufiger im Liegestuhl sitzen oder sich am Ufer eines Gewässers entspannen, möchte ich Ihnen ans Herz legen: Schreiben Sie! Ein handgeschriebener Text, den man einfach so unter einem Baum sitzend verfasst, könnte zum Beispiel mit dem Satz beginnen: «Ich weiss noch, wie …» oder «Ich erinnere mich …». Wenn Sie sich hingegen ärgern oder ein Gespräch verarbeiten, dann eignet sich der Einstieg: «Was ich eigentlich sagen wollte, ist …». Lassen Sie Ihre Augen schweifen, dort wo sie hängen bleiben, darüber schreiben Sie während einer Zeitspanne, die Sie selbst festlegen. Ideal sind anfangs 15 Minuten –und ein bisschen mehr. Sie werden staunen, welch grosser Schatz an Worten, Geschichten und Ideen in Ihnen schlummern! Wichtig ist das TUN, das Resultat kann gut sein, muss aber nicht.

Oder schreiben Sie mal wieder eine Karte oder einen Brief! Wir haben es uns zur Gewohnheit gemacht, Geburtstagswünsche per SMS oder gar per Mail zu übermitteln. Das ist zwar praktisch und schnell, doch es ist einfach nicht dasselbe, wie wenn eine farbenfrohe Karte im Briefkasten liegt. Ein persönlicher Gruss, von Hand geschrieben, vermittelt Echtheit wie auch Nähe und ist immer ein Grund zur Freude.•

Sabine Hurni arbeitet als Naturheilpraktikerin und Lebensberaterin in Baden, wo sie auch Ayurveda-Kochkurse, Lu Jong- und Meditationskurse anbietet.

Beratung

NÄHRSTOFFE

FÜR DAS HÜFTGELENK

Ich habe Hüftgelenkprobleme. Ist Glukosaminhydrochlorid dem Glukosaminsulfat vorzuziehen? Ist das vegetarische Glukosamin genau so wirksam wie das tierische? Welche Omega-3 würden Sie empfehlen? M. B., Orzens

Gelenkarthrose ist eine Degeneration der Knorpelsubstanz in den Gelenken. Sehr häufig sind das Hüft- oder das Kniegelenk betroffen, weil diese Gelenke einfach sehr stark beansprucht werden. Beim Säugling ist der Gelenkknorpel weich wie ein Kissen, weil jede Zelle prall gefüllt ist mit Wasser. Das ändert sich mit zunehmendem Alter. Der Knorpel wird trockener, er schabt sich ab, die Knorpelzellen gehen zugrunde und irgendwann reibt sich Knochen auf Knochen, was äusserst schmerzhaft ist.

Knorpelaufbau- oder Knorpelschutzpräparate sind hilfreich, um die, noch vorhandene Knorpelsubstanz aufzupolstern. Die Zuckereiweisse (Glykosaminoglykane) haben die Fähigkeit, sehr viel Wasser an sich zu binden. Sie erhöhen die Elastizität des Knochengewebes und versorgen die Gelenke mit visköser Gelenkschmiere. Das ist vergleichbar mit einem kleinen Kissen, das man zwischen die Gelenke legt: Der Druck vermindert sich. Es gibt auf dem Markt unzählige Knorpelschutzpräparate.

Einige auf der Basis von Grünlippmuschelextrakt, andere mit veganem Chondroitin und Glukosamin. Am besten testen Sie das Produkt, das Sie am meisten anspricht. Neben den Glukosaminen sind auch Vitamin C, Vitamin E, Kupfer, Mangan, Zink, Selen, Kalzium,

Vitamin D und Vitamin K wichtige Knorpelnahrung. Sorgen Sie dafür, dass diese Nährstoffe in Ihrer Nahrung gut vertreten sind – wenn nötig mit entsprechenden Nahrungsergänzungen.

Bei den Omega-3-Fettsäuren würde ich Ihnen ein Fischöl-Präparat empfehlen. Fischöl wirkt effizienter gegen Entzündungen als das Leinöl. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass es mehr Sinn macht, den Lachs ein bis zweimal pro Woche zum Mittagessen zu geniessen, als hochdosiertes Fischöl einzunehmen, das die Leber verarbeiten muss. Verzichten Sie auf Schweinefleisch, weil dieses Entzündungen fördert. Fahren Sie hingegen die ballaststoffreiche Pflanzennahrung hoch, indem Sie Vollkornprodukte geniessen, die Speisen mit Weizenkleie oder Kokosraspel ballaststoffreicher machen und im Allgemeinen sehr viel Wasser und ungesüssten Tee trinken. Massieren Sie die Hüfte täglich mit einer wärmenden Salbe ein. Ideal, wenn auch sehr stinkend, ist das Murmeltierfett, ein Tigerbalsam oder eine Pferdesalbe. Durch die Arbeit mit den Muskeln wird die Durchblutung verstärkt. Denn nur wenn das Blut auch in den Knorpel gelangt, kann dieser ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden.

«
Ein gesunder Knorpel braucht Bewegung und Nährstoffe.

HEISSHUNGER NACH KARDAMOM

Vor einigen Monaten habe ich zufälligerweise die Samen von Kardamomkapseln probiert. Ich fand sie derart lecker, dass ich gleich mehrere gegessen habe. Seither esse ich täglich mit Hochgenuss die Samen von etwa 20 Kardamomkapseln. Muss ich aufpassen wegen einer allfälligen Überdosierung?

R. S., St.Gallen

Ihr Körper scheint zurzeit ein grosses Bedürfnis nach milder Wärme zu haben. Kardamom regt die Verdauung sanft an, gleicht die fünf Elemente im Körper aus, bindet ein Zuviel an Magensäure, hat einen süssen und scharfen Geschmack und lindert Refluxerkrankungen, Blähungen und schleimige Erkältungskrankheiten. Wie es scheint, benötigt Ihr Körper das Gewürz aus dem einen oder anderen Grund! Aus westlicher Sicht hat das ätherische Öl in den Kardamomsamen eine wachstumshemmende Wirkung auf Bakterien und Pilze. Zudem steigert es die Magen- und Gallensaftsekretion.

Die therapeutische Dosis beträgt täglich zwei Teelöffel im Mörser zerstossene Samen. Man kann sie mit kochendem Wasser überbrühen und als Tee trinken, oder eben wie Sie, kauen. Das Kauen ersetzt sogar das Mörsern. Mit 20 Kapseln haben Sie vermutlich etwas mehr als zwei Teelöffel pro Tag. Trotzdem würde ich mir keine Sorgen machen. Wie mit so vielen exzessiv gelebten Gelüsten, wird auch dieser irgendwann abklingen oder durch eine neue kulinarische Entdeckung abgelöst werden. Hören Sie gut auf Ihren Körper und berücksichtigen Sie seine Signale. Er wird Ihnen melden, wenn Sie mit dem Kardamom etwas reduzieren sollten.

Achten Sie unbedingt auf die Qualität der Kardamomsamen. Kaufen Sie ein Produkt aus der Drogerie oder aus dem Reformhaus. Die Heilkräuter werden dort nach bestimmten Richtlinien kontrolliert und zugelassen. Gerade weil Sie das Gewürz roh und in grösseren Mengen essen, sollten die Pestizidrückstände auf ein Minimum reduziert sein.

Kardamom können Sie auch zum Kochen verwenden. Ich gebe immer zwei ganze Kapseln Kardamom, zusammen mit einem Sternanis und zwei Nelken in den Reis. Eine Messerspitze Kardamom kann die säuernde Wirkung von Kaffee mildern und als Zugabe in der Milch mac ht er das schwer verdaubare Getränk bekömmlicher.

GESUNDHEITSTIPP

Kühlender Sommerdrink

Die sommerliche Hitze lässt uns träge werden. Umso wichtiger sind kühlende Massnahmen, um den Kreislauf zu schonen und den Körper vor Feuchtigkeitsverlust zu schützen. Die Kugel Glace und das eisgekühlte Getränk erfrischen zwar die Kehle – besser für die Unterstützung des Körpers sind jedoch lauwarme oder zimmerwarme Kräuterauszüge.

Besser lauwarm statt eiskalt: Eiskalte Getränke lösen im Körper Stress aus. Sie führen dazu, dass sich die Blutgefässe im Magen zusammenziehen und beeinträchtigen so die Verdauungskraft. Zudem muss der Körper enorm viel Energie aufbringen, um das eiskalte Getränk auf Körpertemperatur zu erwärmen. Besser ist es, wenn wir den Stoffwechsel und die Schweissproduktion mit lauwarmen Getränken unterstützen, denn schlussendlich ist es der Schweiss, der den Körper vor Überhitzung schützt – nicht das Erfrischungsgetränk.

Sommerlicher Drink: Erhitzen Sie einen viertel Liter Wasser, bis es lauwarm ist, aber noch nicht kocht. Geben Sie 2 bis 3 frische Minzblätter und 1 TL Fenchelsamen hinzu, lassen Sie den Tee fünf Minuten ziehen, entfernen Sie die Blättchen und geben Sie 1 EL Limettensaft in den Tee. Trinken Sie diesen Auszug zimmerwarm oder lauwarm.

3 Tipps für den Sommer

• Stehen Sie um 6 Uhr morgens auf und machen Sie einen Spaziergang an der frischen Morgenluft. Die frühen Morgenstunden haben einen kühlenden und beruhigenden Einfluss auf uns.

• Vermeiden Sie anstrengende, schweisstreibende Aktivitäten.

• Massieren Sie sich VOR dem Duschen von Kopf bis Fuss mit nativem Kokosöl ein. Das Kokosöl hat einen kühlenden Effekt auf den Körper.

Erfüllung zwischen Dauerreiz und Dauerfrust

Wir Menschen sind sexuelle Wesen – und das wäre eigentlich die natürlichste und schönste Sache der Welt, wären da nicht all die masslos überzogenen Vorstellungen davon, was guter und was richtiger Sex sei, wie oft man es tun und was man dabei auch noch fühlen müsse. Sich von diesen Narrativen zu verabschieden und seine eigenen, ganz persönlichen sexuellen Bedürfnisse zu entdecken, ist nicht einfach – aber möglich und letztlich auch zutiefst erfüllend.

Kellenberger

Achtung Triggerwarnung! Im nachfolgenden Text geht es um Sex, aber nicht um den Sex, den Sie sich jetzt gerade in Ihrem Kopf vorstellen. Es geht um Intimität, um Nähe, um Zuwendung, um Vertrauen, um Geben und Nehmen und um gemeinsames Vergnügen. Selbstverständlich hat bei alle dem auch vögeln, ficken und bumsen seinen Platz, auf gar keinen Fall aber das beschönigende «Liebe machen», denn Liebe lässt sich nicht machen. Sie entsteht ganz alleine durch – wie eingangs erwähnt – Intimität, Nähe, Zuwendung, Vertrauen, Geben und Nehmen und gemeinsamem Vergnügen. Kreis geschlossen. Nein, halt, noch nicht ganz, diesem Kreis muss als ganz spezielle Würze nämlich auch noch die Individualität beigefügt werden, denn jeder Mensch empfindet und dosiert die zu erfüllendem Sex gehören Zutaten auf seine ganz eigene Art und Weise. Manche mögen`s heiss, andere bevorzugen es lauwarm, und manchmal möchte man von allem ein Bisschen oder überhaupt nichts davon – und das ist völlig normal.

Zerrissen zwischen Ideal und Wirklichkeit

Nun ist es in unserer Welt leider gar nicht so einfach herauszufinden, welche Art von Sex einem wirklich gefällt, und welche der unendlich vielen Spielarten wirklich dem eigenen Wesen entsprechen. Auf der einen Seite ist Sexualität überall um uns herum und prägt unsere Wahrnehmung. Ob in Werbespots für Autos, in Influencer-Postings, in der Popkultur, auf Pornoplattformen und selbst in Familienfilmen – auf der einen Seite wird uns Sex als etwas verkauft, das mit Besitz, Prestige, Eroberung, Leistung und Macht zu tun hat, auf der anderen Seite soll er uns Romantik, Glück und einen Zustand von ständigem Begehren und ewig währender Liebe und Treue bescheren. Unsere Vorstellung von Sex

«
Liebe lässt sich nicht machen. Sie entsteht ganz alleine. »

ist derart mit Erwartungen überfrachtet und so völlig zwischen Ideal und gelebter Wirklichkeit zerrissen, dass einem vor lauter Überforderung die Lust daran vergehen kann.

Wenn so viele Erwartungen den Blick auf das verstellen, was tatsächlich ist, wundert es nicht, dass Paartherapeutinnen und -therapeuten von einem deutlichen Anstieg der Unlust in festen Partnerschaften berichten. Gerade in langfristigen Beziehungen ist das zu beobachten, und Studien belegen das auch. Fast die Hälfte aller Paare erlebt Phasen, in denen einer oder auch beide Partner kaum noch sexuelles Verlangen empfinden. Eindrücklich gezeigt hat das die im März dieses Jahres stattgefundene Beratungsaktion der TV-Sendung «Puls» auf SRF. Dutzende Menschen haben sich dort über ihre Probleme mit der Sexualität ausgetauscht. Im Chatverlauf der Sendung schrieb zum Beispiel ein Mann über die verloren gegangene Lust in seiner Beziehung: «Früher war da Spannung, ein Blick hat gereicht. Heute ist alles leise geworden – und ich weiss nicht, wie ich das

ändern soll.» Und eine Frau schrieb in Bezug auf den Frust im Bett: «Ich liebe meinen Mann, aber ich finde keine Sprache für das, was mir wirklich fehlt.»

Wenn uns die Worte fehlen

Die beiden Stimmen fassen gut zusammen, was vielen Frauen und Männer im Verlauf ihres Älterwerdens und in langen Beziehungen passiert: «es» fühlt sich irgendwie nicht mehr richtig an, aber um sagen zu können, wie «es» sich denn anfühlen sollte, fehlen den Betroffenen die Worte. «Die ältere Generation hat zwar die sexuelle Revolution erlebt und vielleicht sogar gelebt», sagt die Sexualtherapeutin Esther Elisabeth Schütz, «aber sie hat nicht gelernt, über ihre echten, persönlichen sexuellen Wünsche und Bedürfnisse zu reden.»

Mit dieser Sprachlosigkeit ist Schütz, die 1998 in Uster das Institut für Sexualpädagogik und Sexualtherapie ISP gegründet hat, seit Anbeginn ihrer Tätigkeit konfrontiert. In vielen Beziehungen sei es schon schwierig genug, über weniger herausfordernde Themen als Sex zu reden, sagt sie. Und so sei es nicht weiter erstaunlich, dass es vielen Menschen sehr schwer falle, «sich dem Partner oder der Partnerin zuzumuten, indem wir uns über unsere Gefühle und intime Wünsche austauschen.» Aus Angst, das Gegenüber zu verletzen oder sich selbst blosszustellen, kämen wir schnell an die Grenzen des gerade noch Sagbaren. Aber genau hier, meint Schütz, würde nicht nur eine vertrauensvolle Vertiefung der Beziehung geschehen, sondern auch ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse, Ängste und Sorgen des Partners. Eine Sexualtherapie könnte hier entscheidende Impulse zur Erneuerung der gemeinsam gelebten Intimität beisteuern.

Guter Sex will geplant sein

Sprachlosigkeit ist also einer der Stolpersteine, an denen ein erfüllendes Sexualleben scheitern kann, ein anderer sind die Vorurteile gegenüber der «geplanten» Sexualität. «Wir sind doch schon genug verplant», würden Paare bei diesem Vorschlag regelmässig einwenden, sagt Esther Elisabeth Schütz. «Aber es geht hier nicht darum, eine Agenda abzuspulen, sondern in der Hektik des Alltag bewusst einen Raum für gemeinsam ver-

« Viele Menschen sehnen sich einfach nur nach Körperkontakt.

brachte Zeit zu schaffen, in dem sich Intimität und gegenseitiges Begehren entwickeln kann.» Wohlverstanden: kann, nicht muss. Denn wer «ergebnisorientiert» diesen Raum betritt, vergibt sich die Chance, dass daraus auch etwas ganz anderes entstehen kann, wie zum Beispiel ein wohltuendes, zärtliches und liebevolles Zusammensein.

«In vielen Beziehungen geht es vielleicht gar nicht in erster Linie um fehlenden Sex, sondern um das verloren gegangene Gefühl der Vertrautheit und der Geborgenheit», sagt dazu die in Liestal und Basel tätige Achtsamkeitslehrerin und Lomi Bodywork Practitioner Lioba Schneemann. Ob in Einzelberatungen oder in den Massagesessions – sie erfährt immer wieder, dass sich viele Menschen einfach nur nach Körperkontakt sehnen, und bietet deshalb auch achtsames Berühren an. «Die meisten geniessen diese Möglichkeit, ohne eine bestimmte Absicht gehalten und gestreichelt zu werden, und dabei so angenommen werden, wie sie im Moment gerade sind. Sie erfahren dabei, dass sie nichts dafür tun und keine Erwartungen erfüllen müssen.» Vielen kämen dabei die Tränen, andere würden einfach ganz still und ruhig, könnten entspannen und durchatmen. «Diese Menschen, Frauen wie Männer, wollen kein psychotherapeutisches Umfeld, sondern einfach nur berührt werden», sagt Schneemann. Sich so zu spüren und angenommen zu fühlen, sei für einige von ihnen

Berührungen sind für sexuelle Erfüllung wichtiger als wildes Begehren und laute Orgasmen.

vielleicht auch ein erster Schritt, um sich zu Hause dem Partner oder der Partnerin sexuell wieder öffnen zu können.

Dieses Bedürfnis nach echter, warmer Berührung kommt bei vielen Menschen oftmals lange vor dem Wunsch nach eigentlichem Sex. «Sich selbst in seiner Bedürftigkeit erfahren, ist zentral für eine befriedigende Sexualität», sagt Marcel Ruchti, der die Tantra-Schule «Herz & Sinne» in Thun gegründet hat (siehe Interview Seite 53). In Tantra-Kursen wird deshalb grosser Wert darauf gelegt, dass die Teilnehmenden erst ihre eigenen Wünsche und Grenzen ausloten, bevor die eigentliche Paararbeit beginnt. Und die besteht nicht nur aus gegenseitigen Berührungsübungen, sondern eben auch im gegenseitigen Austausch über das, was man beim intimen Zusammensein zulassen kann – und was nicht. «Ein Paar besteht aus zwei Menschen», sagt Ruchti. «Und wo zwei Menschen sind, gibt es zwei unterschiedliche Vorstellungen von Sexualität. In unseren Kursen helfen wir diesen Menschen, einen erfüllenden Konsens zu finden.»

Geheimnisse steigern das

Begehren

Es gibt viele Wege, um die zementierten Vorstellungen hinter sich lassen zu können, wie Sex und Beziehung zu sein hätten. «Eine dieser Vorstellungen, die es im Interesse einer guten Partnerschaft auch loszulassen gilt, ist

zum Beispiel jene der ständigen Nähe, des Alles-miteinander-Teilens und gegenseitiger, völliger Transparenz», sagt der deutsche Paarberater und Buchautor Michael Mary. Aus seiner Sicht entsteht Intimität und Sexualität nicht durch maximale Offenheit, sondern durch das Wissen, dass das Gegenüber das Recht auf Geheimnisse hat, die respektiert, aber nicht vollständig ergründet werden müssen. Dieses Spannungsfeld zwischen Nähe und Distanz, zwischen Wissen und nicht Wissen, sei der eigentliche Raum für erotische Begegnungen, denn «Begehren richtet sich immer auf das, was sich einem entzieht», sagt er.

In diesem Zusammenhang plädiert Mary sogar für ein neues Verständnis von Untreue, was bei den meisten Paaren nicht nur ein äusserst heikles, sondern auch ein virulentes Thema ist. In seinen Büchern beschreibt er Nebenbeziehungen bewusst nicht als Brüche, sondern als Ausdruck einer Suche nach Lebendigkeit, Autonomie und Spiegelung, welche die Kernbeziehung stärken könne. Paarbeziehungen bräuchten nicht mehr Kontrolle, sondern den vertrauensvollen Dialog. Nicht das gemeinsame Bett zähle, sondern die gemeinsame Sprache für das, was in diesem Bett fehle.» Marys Rat lautet deshalb: «Nur wenn wir uns erlauben, auch verletzlich und unberechenbar zu sein, kann Intimität entstehen, die über langweilige Routine und lusttötende Erwartungen hinausgeht.»

Der Löwenschwanz

beruhigt das Herz

Das Herzgespann ist eine wenig bekannte Heilpflanze, die uns in stressigen Lebensphasen unterstützen kann.

Yves Scherer

Unser kleines Kind ist weinend aufgewacht. Vielleicht hat es schlecht geträumt. Ich nehme den Kleinen auf den Arm, gehe aus dem Haus und setze mich auf die Steinbank im Garten. Mein Sohn beobachtet die Hummeln, die um die blühenden Pflanzen herumsumsen. Meine Aufmerksamkeit gilt mehr den Pflanzen. Jede hat ihre eigene Gestalt. Manche sind gedrungen und breiten sich über den Boden aus, andere recken sich der Sonne entgegen oder winden sich an Sträuchern empor.

Inmitten des üppigen Kräutergartens steht aufrecht wie eine Kerze das Herzgespann. Auf mich strahlt diese Pflanze etwas Tugendhaftes aus. Bei ihrem Anblick kommen mir Werte wie Einfachheit, Klarheit und Verlässlichkeit in den Sinn. Wie schön, dass eine Pflanze solche Gedanken auslösen kann! Einen Moment geniesse ich noch die frühmorgendliche Stille des Gartens, dann kehre ich mit einem zufriedenen Kind auf dem Arm ins Haus zurück. Das Echte Herzgespann gehört zur Pflanzenfamilie der Lippenblütler (Lamiaceae). Der vierkantige Stängel – ein Erkennungsmerkmal der Lippenblütler – ist bei dieser Art stark ausgeprägt. Die Blätter sind handförmig in drei bis sieben Spalten geteilt. Sie sind kreuzgegenständig am Stängel

Variable Blattform: das Blatt in der Mitte von der Unterseite, die beiden seitlichen Blätter von der Oberseite gesehen.

angeordnet und fühlen sich auffallend weich an. Von Juni bis September erscheinen die rosafarbenen Blüten, die als Scheinquirle in den Blattachseln stehen. Die Pflanze ist mehrjährig und kann über einen Meter hoch werden. In der Schweiz und Deutschland ist die Art teilweise stark gefährdet. Sie sollte deshalb nicht aus Wildbeständen gesammelt werden. Die gute Nachricht: das Herzgespann lässt sich leicht im Garten kultivieren.

«
Die Abstände zwischen den Blättern folgen einem Rhythmus, der so gleichmässig ist wie der Puls des Herzens. »

Blühender Trieb des Herzgespanns.

Die Symbolkraft der Pflanzensignatur

Eine alte Methode der pflanzenheilkundlichen Forschung ist die Signaturenlehre. Sie besagt, dass sich die Heilwirkung einer Pflanze in ihrer Erscheinungsform zeigen kann. Betrachten wir die Gestalt des Herzgespanns, fallen einige arttypische Merkmale auf, die mit ihrer Verwendung als Heilmittel für das Herz in Verbindung gebracht werden können. Die Regelmässigkeit der Blattanordnung am Pflanzenstängel ist sehr präzise. Die Abstände zwischen den Blättern folgen einem Rhythmus, der so gleichmässig ist wie der Puls des Herzens. Die hellrosa gefärbten, behaarten Lippenblüten stehen dicht an dicht über den oberen Teil des Stängels verteilt und bilden eine lückenlose, vertikale Säule. Auf den Unterlippen der Blüten sind Saftmale zu erkennen, die wie Blutspritzer aussehen. Auffallend sind auch die ausgeprägten Blattadern, die man vor allem auf der Blattunterseite gut sehen kann. Insgesamt erinnert mich die Erscheinung des blühenden Herzgespanns an den Blutstrom, der vom regelmässig pulsierenden Herzen bewegt wird.

Der aus dem Mittelalter stammende Begriff «Gespann» bedeutet «Krampf». Das Herzgespann war dem Namen nach indiziert bei «Herzkrämpfen». In die moderne Terminologie übersetzt sind damit wohl unklare Brustschmerzen gemeint. Als Herzgespann wurde in früheren Zeiten aber auch die durch Angst verursachte krampfhafte Anspannung des Magens bezeichnet.

Der botanische Name Leonurus cardiaca bedeutet «Löwenschwanz für das Herz». Er bezieht sich auf die buschige Form des Krautes, die einem Löwenschwanz ähneln soll.

Ein Heilmittel für die Frauen und das angespannte Herz Ähnlich wie die Melisse (Melissa officinalis) wurde das Herzgespann früher als Heilmittel für die Frauen verwendet. Der englische Kräuterarzt Nicholas Culpeper (1616–1654) verordnete das «Mutterkraut» gegen die Melancholie und als Tonikum für das Herz. Culpeper schrieb, das Kraut mache das Herz stark und fröhlich und es beruhige die Gebärmutter.

Heute wird das Herzgespann vor allem bei Herz-, Kreislauf- und Gefässerkrankungen angewendet. Die Pflanze zeigt positive Effekte bei verschiedenen nervösen Herzbeschwerden. Die Droge wirkt leicht blutdrucksenkend und erhöht den Blutfluss in den Herzkranzgefässen. Damit verbessert sie die Sauerstoffversorgung des Herzens. Durch eine leichte Verlangsamung der Schlagfrequenz und Stabilisierung des Herzrhythmus’ wird das Herz entlastet. Verschiedene Studien belegen, dass Herzgespann-Anwendungen zudem eine beruhigende und angstlösende Wirkung haben. Moderne frauenheilkundliche Indikationen sind typische Wechseljahrbeschwerden wie Hitzewallungen, Angstzustände und nervöse Unruhe.

Die flauschigen Lippenblüten mit purpurroten Saftmalen.

In der Erfahrungsheilkunde wird die Droge eingesetzt bei unklaren Brustschmerzen, Herzklopfen, Angstzuständen, erhöhtem Blutdruck, Herzrhythmusstörungen, Hyperthyreose, Asthma bronchiale, Verdauungsbeschwerden und Wechseljahrbeschwerden. Selbstverständlich muss bei Verdacht auf eine koronare Erkrankung immer erst eine ärztliche Diagnose gestellt werden.

Die im Herzgespann nachgewiesenen Wirkstoffe sind glykosidisch gebundene Iridoide, Bitterstoffe, Flavonoide, Di- und Triterpene, Betaine, Gerbstoffe, Cholin, Chlorogen-, Kaffee- und Rosmarinsäuren und geringe Mengen ätherisches Öl. Arzneilich verwendet wird das blühende Kraut (herba cum flos).

Mit dem Herzgespann hat uns die Natur ein weiteres Heilmittel geschenkt, das wir zur Gesundheitsvorsorge nutzen können. Kräuter, die das Herz entlasten, sind besonders wertvoll, denn die koronaren Gefässerkrankungen sind in westlichen Industrienationen die häufigste Todesursache. Es sind aber nicht nur die Wirkstoffe der Pflanzen, die unserer Gesundheit zugutekommen. Nehmen wir uns hin und wieder etwas Zeit, in Ruhe der Natur zu begegnen, erkennen wir, dass Pflanzen uns vieles lehren können. Was ich an jenem Morgen im Garten sowohl beim Herzgespann wie auch bei meinem kleinen Sohn beobachten konnte, ist die Fähigkeit, ganz im Moment zu verweilen. In Ruhe die Natur geniessen und dabei im Hier und Jetzt zu sein tut dem Herzen gut!

Lavendel: Naturmedizin mit Gourmet-Potenzial

Lavendel ist ein wahres Multitalent der Naturheilkunde. Besonders der Echte Lavendel wirkt lindernd bei Kopfschmerzen, Migräne und Menstruationsbeschwerden.

Die desinfizierende Wirkung von Lavendel wurde bereits in den 1910er-Jahren genutzt. Zudem unterstützt er die Heilung bei Verbrennungen, Ekzemen und rheumatischen Beschwerden. Lavendel findet sich in Salben, Ölen und Badezusätzen.

Auch in der Küche erlebt Lavendel ein Comeback: Die aromatischen Blüten veredeln Salate, Desserts und Saucen. Kandiert oder in Essig eingelegt, setzen sie duftende, kulinarische Akzente. Probieren Sie den Lavendel in Ihrer Küche aus!

Kräuterbutter mit Lavendel

Zutaten für 6 Personen

• 2 EL Olivenöl

• 1 Knoblauchzehe

• 1 EL Petersilie, gehackt

• 1 EL Rosmarin, gehackt

• 1 EL Thymian, gehackt

• 1 EL frischer Lavendel, ganz fein gehackt

• 150 g Butter, gewürfelt, Zimmertemperatur

• 1 EL Aceto Balsamico

• 1/2 TL Salz

• Pfeffer aus der Mühle

Jetzt ausprobieren!

Zubereitung unter: egk.ch/ lavendel#rezept

Biotope der Behaglichkeit

Sie sind selten geworden, aber es gibt sie: Jene Orte, an denen die Seele plötzlich sinnbildlich entspannt die Schultern senkt. Orte, an denen ein altehrwürdiger Baum das Gemüt mehr hebt als ein Podcast-Potpourri zur Selbstfindung. Warum sich in der Natur das Blatt zum Guten wendet.

Daniela Dambach

Die Natur – sie tut etwas mit den Menschen: sie macht sie einen Span glücklicher, mindestens. Besonders dort, wo sie sich noch nicht hat zähmen lassen. Die Wissenschaft kann messen, was Spaziergänger*innen seit Jahrhunderten spüren: Der Aufenthalt in naturbelassenen Gefilden senkt den Cortisolspiegel ebenso wie den Blutdruck, stärkt das Immunsystem und fördert die Kreativität. Schon wenige Minuten draussen oder mit Sicht ins Grüne sollen ausreichen, um diese positiven Effekte herbeizuführen. Um die Gründe, warum dem so sei, ranken sich Theorie so dicht wie Efeu um Eichenstämme.

Die «Aufmerksamkeits-Erholungs-Theorie» (kurz: ART, englisch: «Attention Restoration Theory») etwa definiert vier Kriterien für erholsame Erlebnisse: Die Umgebung lässt lauschige Weite zu, übt eine Faszination aus, der Alltag liegt fern und sie stillt das situative Bedürfnis nach Ruhe oder Aussicht. Überdies beschäftigt sich eine eigene Sparte der Psychologie damit, was Landschaft mit Leib und Laune macht: die Umwelt-

psychologie. Im akademischen Kleid auch «Environmental Psychology» genannt, erforscht diese das Wechselspiel zwischen Mensch und Umwelt. Es geht darum, wie räumliche, architektonische oder natürliche Umgebungen das Verhalten, die Emotionen und die Gesundheit beeinflussen.

Einatmen erlaubt, eingreifen nicht

Doch nun von der Theorie mitten in die Tannen: Wo sind sie zu finden, die Stückchen Natur, die noch als «Urwald» durchgehen – jene, die nie gerodet, nie geplant, nie aufgeräumt wurden? Überwachsene Böden, die lebendige Archive der Artenvielfalt sind, Stämme, die alt sind wie Stammbäume und Wipfel, die wie Wolkenkratzer in den heiteren Himmel schiessen, sind heute rar gesät. Doch einst war Europa ein Kontinent der Gewächse: Vor rund 6000 Jahren waren etwa 80 bis 90 % der Fläche bewaldet – eine grüne Decke von Portugal bis zum Ural. Heute sind laut WWF weniger als 1 % dieser «Urwälder» erhalten geblieben. Letzte ursprüngliche Rückzugsräume, wo nicht der Förster, sondern der Specht das Sagen hat, erstrecken sich

etwa über die Karpaten in Polen, Rumänien, der Ukraine und der Slowakei. Hier wurzeln bis zu 63 Meter hohe Buchen und seltene Tiere wie Bartgeier und Braunbären finden Unterschlupf. Es gibt UNESCOWeltnaturerbestätten, die noch «echte Urwälder» beherbergen, wie in Deutschland der Nationalpark Hainich in Thüringen oder den Nationalpark Kellerwald-Edersee in Hessen sowie in Österreich der grösste Urwaldrest des Alpenbogens im «Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal» oder der «Rauriser Urwald» im Salzburgerland mit seinen Moortümpeln, alten Spitzfichten, umgefallenen Bäumen und Lichtungen. Weitere blätterreiche Beispiele für sich selbst überlassene Natur in Deutschland sind das «Urwaldgebiet» Mittelsteighütte im Bayerischen Wald oder die 109 ausgewiesenen Bannwälder auf insgesamt 6800 Hektaren, die sich frei von Eingriffen ungestört zu den «Urwäldern von Morgen» entwickeln sollen.

Sanfte Stimulanz in der Schweiz

In der Schweiz ist solch wilder Wuchs noch seltener: Der Fichtenurwald Scatlè bei Brigels im Kanton Graubünden ist einer der letzten seiner Art. Das Gebiet ist nur schwer zugänglich und steht seit über hundert Jahren unter Schutz.

Für die «Aufmerksamkeitsregeneration» muss man gewiss nicht das Dickicht durchforsten: Allein ein Fleckchen Ursprünglichkeit, wo es knarzt und nichts konstruiert wurde, kann die Stimmung heben. Nicht durch Animation, sondern durch Abwesenheit von

allem Überflüssigen. Die Büsche urteilen nicht, der Bach murmelt keine Anweisungen, und der Wind wirbelt ohne Leistungsdruck – ein rauschender, raschelnder Reminder, dass der Mensch Teil der Natur ist, und nicht deren Manager. Verschiedene Studien legen nahe, dass sich die positiven gesundheitlichen Effekte bereits entfalten, wenn man sich zwei Stunden pro Woche bzw. rund 20 Minuten täglich in der Natur aufhält – keine Esoterik, sondern Biochemie in grasgrünem Gewand.

Gut, dass es für kürzeres Auftanken auch in der Schweiz solche «Gesundheitszentren ohne Wartezimmer» gibt wie beispielsweise den vor über 7000 Jahren entstandene Bödmerenwald im Kanton Schwyz oder den Walliser Pfynwald zwischen Sierre und Leuk, einer der grössten zusammenhängenden Föhrenwälder der Alpen. Unweit davon befindet sich auch das Walliser Naturschutzgebiet Derborence, mit einem harzigen Herzen aus Urwald voller bis zu 44 Meter hoher, 450 Jahre alter Tannen.

Gleichenorts schillert ein weiterer stiller Verbündeter des inneren Gleichgewichts: Der «Lac de Derborence» ist einer der jüngsten natürlich entstandenen Schweizer Bergseen. Allein der Anblick von Wasserflächen senkt das Stresslevel, so die Umweltpsychologie. Die Natur hält sanfte Stimulanzien bereit, die für Behaglichkeit sorgen, ohne Beipackzettel – oder höchstens mit dem Hinweis: «Für positive Nebenwirkungen fragen Sie den Baum Ihres Vertrauens.» •

Zu seiner eigenen «Natur» finden: Der Bayerische Wald ist der älteste Nationalpark Deutschlands.

Niemand entkommt der Zeit

Markus Kellenberger

Die Zeit ist, da erzähle ich Ihnen bestimmt nichts Neues, ein seltsames Wesen. Man kann sie weder sehen noch hören oder riechen. Nur anhand eines vorgerückten Zeigers, einer neuen Falte im Gesicht oder eines seit kurzem verdächtig knackenden Gelenks stellen wir fest, dass sie da gewesen sein muss. Die Zeit ist nämlich sehr scheu. Kaum ist sie da, ist sie auch schon wieder fort. Kein Wunder also, dass man sie manchmal anhalten möchte, um mehr von ihr zu haben. Haben Sie schon mal die Zeit angehalten? Ich habe es versucht, und vielleicht hätte es sogar geklappt, wenn ich mich im letzten Moment nicht anders entschieden hätte.

Und das kam so: Um mir den Erdbeermond, anzuschauen, der im Juni für Schlagzeilen gesorgt hatte, machte ich einen Mitternachtsspaziergang über einen abgelegenen Feldweg mit freier Sicht auf den Horizont, denn dort schwebte er ganz rund. Das Licht, das er über die Landschaft streute, war gespenstisch rot. Nichts warf in diesem unheimlichen Schein einen Schatten, auch ich nicht. Als ich das feststellte, überkam mich ein metaphysisches Gruseln. Verwundert blieb ich stehen und blickte auf den schattenlosen Weg zurück, den ich gegangen war. Dort liegt meine Vergangenheit, dachte ich und drehte den Kopf, um auf den Weg zu schauen, den ich noch gehen musste. Und dort ist meine Zukunft. Ich senkte den Blick, sah meine Füsse, die fest auf dem Boden standen, und dachte: Dann ist das wohl meine Gegenwart.

In diesem Moment war ich mir sicher: Wenn ich jetzt stehen bleibe und mich nicht mehr vom Fleck rühre –dann hält die Zeit für mich an, und ich wäre still und starr wie diese Pantomimen, die sich in Touristenorten hinstellen und sich erst wieder bewegen, wenn alle von ihnen ein Foto geschossen haben. Ich aber würde hier stehen und stehen und stehen, und weil das wunderlich wäre, kämen die Leute von weit her, um mich anzustarren. Kinder würden ihre Eltern fragen, «was ist mit diesem Mann», und die Eltern würden antworten, «das ist der Mann, der für sich die Zeit angehalten hat».

Aus aller Welt kämen deshalb auch berühmte Quantenphysiker und Raumzeit-Forscher, um mich zu studieren. Aber irgendwann würden sie alle die Köpfe schütteln und sagen, «da kann man nichts machen, der steht jetzt hier für immer und ewig». Weil ewig sehr lange dauert, kämen mit den Jahren immer weniger Leute, um mich zu betrachten, denn irgendwo auf der Welt gäbe es bald interessantere Dinge zu sehen, als einen Mann, der die Zeit angehalten hatte, und nichts weiter tat, als einfach reglos auf einem Feldweg zu stehen. Nur die Vögel kämen noch regelmässig vorbei, um auf meinem Kopf zu nisten, und das täten sie bis ans Ende der Zeit.

Mit einem kalten Schaudern tauchte ich aus meinem Gedanken wieder auf – und schaffte es gerade noch einen Schritt zu machen, und mich wieder in den Fluss der Zeit einzuklinken. Als ich in dieser Erdbeervollmondnacht endlich wieder in meinem Bett lag, viel mir ein Satz ein, den ich mal gelesen und nie vergessen habe: «Die Zeit ist das Feuer, in dem wir verbrennen.» Nun gut, dachte ich, das ist mir lieber, als für immer und ewig auf einem Feldweg zu stehen. Denn wenn mich die Zeit schon verbrennt und ich das nicht ändern kann, dann will ich das tun wie die fröhlich flackernden Flammen eines Lagerfeuers, an dem sich alle Menschen, die ich liebe, immer wieder wärmen können.

Markus Kellenberger ist Autor und Journalist. In der Kolumne «Anderswelt» betrachtet er Alltägliches – nicht nur – aus schamanischer Sicht, und an seinen «Feuerabenden» im Tipi begleitet er Menschen auf der Reise ins Innere. markuskellenberger.ch

IMPRESSUM

45. Jahrgang 2025, ISSN 2234-9103

Erscheint 10-mal jährlich

Verbreitete Auflage: 18 113 Exemplare (WEMF/KS beglaubigt 2024)

Kontakt

mail@natuerlich-online.ch, www.natuerlich-online.ch

Redaktion, Herausgeber und Verlag

Weber Verlag AG , Gwattstrasse 144, CH-3645 Thun Tel. +41 33 336 55 55, leserbrief@natuerlich-online.ch www.weberverlag.ch

Verlegerin

Annette Weber-Hadorn a.weber@weberverlag.ch

Verlagsleiter Zeitschriften Dyami Häfliger d.haefliger@weberverlag.ch

Chefredaktor

Samuel Krähenbühl, s.kraehenbuehl@weberverlag.ch

Leser*innenberatung

Sabine Hurni, s.hurni@weberverlag.ch

Weitere Autor*innen

Laura Columberg, Yvonne Rossel, Rebekka Affolter, Fabrice Müller, Markus Kellenberger, Blanca Bürgisser, Sabine Hurni, Leila Dregger, Yves Scherer, Irène Nager, Daniela Dambach, Andreas Mathyer, Tina W. Engler

Grafik/Layout

Shana Hirschi, Nina Ruosch, Aline Veugel

Copyright Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung durch den Verlag. Für unverlangte Einsendungen wird jegliche Haftung abgelehnt.

Anzeigenleitung

Thomas Kolbeck, Tel. +41 79 269 73 21 t.kolbeck@weberverlag.ch

Anzeigenadministration/Marketing

Blanca Bürgisser, Tel. +41 33 334 50 14 b.buergisser@weberverlag.ch

Mediadaten unter www.natuerlich-online.ch/werbung

Aboverwaltung abo@weberverlag.ch, Tel. +41 33 334 50 44

Druck

AVD Goldach

Bildnachweise

Dr. Hauschka:11

Sonja Berger: 11-16

lavera: 17

Augusta Raurica: 18-21

Edelweissplantage :26

Elke Hegemann: 34

ChiroSuisse: 35

Andrea Abegglen: 42

Yves Scherer: 59

Irène Nager: 64-67

MarTiem Fotografie: 74-75

Andreas Dumke: 75 rosenalp: 76-77

Sarah Rappo: 78

ABONNIEREN

Einzelverkaufspreis Fr. 11.90

Abonnement 1 Jahr Fr. 98.–Abonnement 2 Jahre Fr. 179.–

Preise inkl. MwSt. www.natuerlich-online.ch/abo

Vorschau

Unser Blut

Unser Blut ist unglaublich vielseitig. Wir zeigen auf, was das Blut alles kann.

Bluthochdruck

Eine Volkskrankheit – und was wir mit natürlichen Mitteln dagegen machen können.

Craniosacral-Therapie

Wie funktioniert sie? Was bringt sie? Ein Selbstversuch.

Fokusthema Demenz.

«natürlich» 09/25 erscheint am Donnerstag, 28. August 2025

Kontakt /Aboservice: Telefon 033 334 50 44 oder abo@weberverlag.ch, www.natuerlich-online.ch

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.