

Zwölf
Leben
Wie NAS MODE Perspektiven schenkt
Bea Petri
Melanie Duchene
Zwölf Leben
Wie NAS MODE Perspektiven schenkt
Bea Petri
«Für die Frauen Afrikas, deren Mut und Stärke ich bewundere.»
Bea Petri
Impressum
Alle Angaben in diesem Buch wurden von der Autorin nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und von ihr und vom Verlag mit Sorgfalt geprüft. Inhaltliche Fehler sind dennoch nicht auszuschliessen. Daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autorin noch Verlag übernehmen Verantwortung für etwaige Unstimmigkeiten.
Alle Rechte vorbehalten, einschliesslich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe.
© 2025 Weber Verlag AG, 3645 Thun/Gwatt
Weber Verlag AG
Idee und Texte: Bea Petri Website: www.beapetri.ch
Verlagsleitung: Annette Weber-Hadorn
Projektleitung: Madeleine Hadorn
Fotos: Melanie Duchene
Gestaltung und Satz: Anna Portmann
Lektorat: Alexandra Widmer
Korrektorat: Laura Spielmann
Der Weber Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2025 unterstützt.
ISBN 978-3-03818-792-9 www.weberverlag.ch mail@weberverlag.ch
Auslieferung EU Brockhaus Commission GmbH
Postfach 1220
D-70803 Kornwestheim info@brocom.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort Bea Petri
Gedanken von Safi Ouattara Diallo
Eindrücke unserer Fotografin Melanie Duchene

Vorwort Bea Petri
Danke!
An den Anfang gehört mein grosser Dank an zwei Personen, die mein Buchprojekt massgeblich begleitet und mitgestaltet haben. Der erste gilt meiner Fotografin Melanie Duchene. Sie hat mich schon mehrmals nach Burkina Faso begleitet und dabei einen ganz besonderen Blick sowie ein feines Gespür für die Menschen und den Alltag in diesem afrikanischen Land entwickelt. Ihre Bilder sprechen für sich und geben den Aussagen der portraitierten Frauen, unseren wertvollen Angeboten und meiner wunderbaren Schule – aber auch dem Leben unter der Sonne des Sahels – eine starke Dimension.
Mein zweiter Dank gilt meinem Ehemann Thomas Feurer, der mit dem Land und der Situation vertraut ist und meine intensiven Interviews sowie ausführlichen Reisenotizen zu authentischen Berichten und Geschichten überarbeitete.
Nein, ich mache keine Charity!
Durch meinen Beruf als Maskenbildnerin und meine Neugier auf fremde Kulturen habe ich viel von der Welt gesehen – Interessantes und vor allem auch viel Schönes. Doch 2008 wurde ich mit einer Realität konfrontiert, die mich einfach nur erschütterte. Armut, Elend und Hoffnungslosigkeit begegneten mir in Burkina Faso, Westafrika. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich das Land nur von einem kurzen Aufenthalt. Mein damaliger Besuch in Ouagadougou war nämlich nur als Zwischenstopp gedacht, bevor ich für einen Filmdreh mit dem Schauspieler Mathias Gnädinger nach Togo weiterreiste – und ich schwor mir damals, nie wieder zurückzukehren.
Doch mein Leben hatte andere Pläne. So wurde ich im Jahr 2008 gebeten, in Ouagadougou professionelles kosmetisches und maskenbildnerisches Know-how zu vermitteln – und ich sagte zu, ohne zu wissen, was mich erwarten würde. Diese Entscheidung und das, was folgte, haben mein Leben grundlegend verändert. Zum ersten Mal begegnete ich so vielen eindrücklichen Menschen, deren Geschichten mich zutiefst bewegten. Ich sah unvorstellbares Leid, hervorgerufen durch Armut, Krankheiten, Ungerechtigkeit, Aberglauben, Misshandlungen, Hunger, Unfälle und Tod. Und ich sah die Tränen und die Verzweiflung der Betroffenen. Gleichzeitig traf ich jedoch auch auf eine unbändige Lebensfreude, Dankbarkeit, Wissbegierde, Tanz und Schönheit – vor allem bei jungen Frauen, aber auch bei einigen Männern, die mir ans Herz gewachsen sind. Ihnen wollte ich helfen und meine volle Kraft widmen, damit sie ein besseres Leben führen können. Darüber hinaus prägte eine ganz besondere Begegnung mein weiteres Handeln. Mit Safi Ouattara Diallo traf ich eine moderne, offene und gebildete junge Frau aus Burkina Faso. Und so unterschiedlich wir auch waren – sie mit afrikanischen Wurzeln, ich blond und privilegiert aufgewachsen in der Schweiz –, zwischen uns entstand sofort eine tiefe Verbundenheit. Mir war deshalb schnell klar, dass
ich all diese Menschen nach meiner Rückkehr nicht im Stich lassen würde. Ich konnte und wollte die bewegende Zeit in Burkina Faso nicht einfach vergessen – das war der Beginn meines Engagements für das Projekt und den Förderverein Nas Mode.
Es ist mir in den folgenden Jahren gelungen, die Ausbildungsstätte Nas Mode völlig neu aufzubauen, und ich werde mich weiterhin mit vollem Einsatz für diese fantastische Schule engagieren, denn sie kann sich – wie jede Schule auch bei uns – nicht selbst tragen. Für mich ist es eine moralische Verpflichtung und eine Herzensangelegenheit, den wunderbaren Menschen in diesem Land mit einer guten Ausbildung ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Im vollen Bewusstsein, dass diese so wertvolle und wichtige Arbeit noch lange nicht abgeschlossen ist, sehe ich es als meine Verantwortung, mich dort so lange zu engagieren, wie es mir möglich ist.
Woher ich die Kraft für mein Engagement nehme, möchte ich mit diesem Buch zeigen. Elf Frauen und ein Mann erzählen darin ihre Geschichten. Zwölfmal ein «Vorher und Nachher» – nicht im kosmetischen Sinn, sondern im echten Leben. Zwölf Schicksale, die sich mit unserer Hilfe zum Positiven gewandt haben. Was wir zusammen erreicht haben, ist grossartig. Jede Person, die Teil unseres Projekts ist, kann stolz auf das Erreichte sein!
«La vie est un combat.»
Bea Petri
Video










Gedanken von Safi Ouattara Diallo
Mein Lebensweg
Auch ich möchte einen kurzen Einblick in mein Leben geben – von meiner Kindheit bis zu «Nas Mode» – und erzählen, wie es zur Zusammenarbeit mit Bea kam. 1970 wurde ich in Dori im Nordosten von Burkina Faso geboren. Meine Eltern gründeten eine grosse Familie mit zehn Kindern, von denen ich als Sechstes zur Welt kam. Wir lebten in bescheidenen, aber geordneten Verhältnissen – mein Vater war Tierarzt und meine Mutter kümmerte sich als Hausfrau um die grosse Kinderschar. Doch leider klopfte 1983 ein grosses Unglück an unsere Haustür, denn mein Vater starb an Krebs und drei Jahre später verlor ich auch meine ältere Schwester. Damit musste sich meine arbeitslose Mutter mit neun schulpflichtigen Kindern allein dem Leben stellen. Zum Glück hatte sie einen jüngeren Bruder namens Nas, der im französischen Sarcelles, einem Vorort von Paris, lebte und arbeitete. Er war bereit, seine Schwester und ihre Familie finanziell zu unterstützen. Trotz dieser wertvollen Hilfe lebten wir unter prekären Bedingungen, weshalb ich nach meinem letzten Highschool-Jahr Onkel Nas bat, mir ein Fernstudium in Modedesign zu finanzieren. Mode war meine Leidenschaft und ich wollte sie zu meinem Beruf machen. Nas war einverstanden und so belegte ich einen professionellen Fernkurs an einer internationalen Schule in Rouen, Frankreich.
Berufliches und familiäres Glück
Fast zur gleichen Zeit lernte ich einen attraktiven und intelligenten jungen Mann namens Lassina Ouattara kennen. Wir verliebten uns, heirateten 1992 und bekamen mit Youssef (*1993) und Hafiz (*1998) zwei aufgeweckte Söhne. Im Jahr 2010 kam unsere Adoptivtochter Mafeenay dazu, die das Familienglück abrundete. Mein Mann war ein begabter Architekt und da er seine Arbeit auch als Zeichenkunst verstand, war er für mich ein ausgezeichneter Lehrer. Er hat mir bei meinem
anspruchsvollen Unterricht sehr geholfen und ich habe meine Ausbildung zur Modedesignerin auch dank ihm erfolgreich abschliessen können.
Leider verloren wir im Januar 2000 unseren geliebten Onkel und Mentor Nas, der mich massgeblich gefördert hat und mir die ersten Schritte ins Berufsleben ermöglichte. Dank ihm und der Unterstützung meines Mannes konnte ich 2001 ein professionelles Ausbildungszentrum für Schneiderei und Modedesign gründen und nannte es zu Ehren meines Onkels «Nas Mode». Gestartet sind wir mit zehn Tretnähmaschinen und unser Team bestand aus meiner Freundin Marguerite und mir. Bereits im folgenden Jahr erhielt ich von der chinesischen Botschaft in Burkina Faso eine Unterstützung von 4500 Franken, mit der ich unsere Fähigkeiten weiter stärken und verbessern konnte.
Eine Begegnung, die mein Leben veränderte Nas Mode war erfolgreich und wir durften auch Aufträge für Filmproduktionen übernehmen. Neben den von uns geschneiderten Kostümen waren auch immer Kosmetik und Maskenbild ein wichtiges Thema – dort fehlte uns aber noch das Knowhow, um das anbieten zu können. Deshalb nahm ich im Jahr 2008 Kontakt mit der Schweizer Hilfsorganisation «Swisscontact» auf, die sich in Burkina in der Berufsausbildung engagiert. Meine Anfrage nach einer Kosmetik-Expertin wurde positiv beantwortet und brachte mich mit Bea Petri zusammen – eine Begegnung, die mein Leben verändern sollte. Bea kam noch im selben Jahr zu Nas Mode, um uns professionelles Know-how in den Bereichen Kosmetik und Maskenbild beizubringen. Sie war eine sehr schöne Frau in den Fünfzigern mit einem strahlenden Lächeln und einer sanften, vertrauensvollen Stimme. Aber ich hatte eine grosse Sorge, denn gemäss unserer Vereinbarung hatte ich die Verpflichtung, das Material für die Schulung selbst bereitzustellen. Nur reichten meine finanziellen
Mittel dafür nicht aus. Zu meiner grossen Überraschung hatte Bea Petri einen riesigen Koffer voller Kosmetikprodukte dabei, was für sie völlig selbstverständlich war und mich überglücklich machte. Und es ist genau diese Grosszügigkeit und diese Sorgfalt, die Bea für uns auch in den folgenden Jahren so einmalig und wertvoll machte. Nas Mode wurde mit und dank ihr sowie ihren Gönnerinnen und Gönnern zum grössten privaten beruflichen Ausbildungszentrum in Burkina Faso und geniesst in ganz Westafrika einen hervorragenden Ruf. Die Schule beschäftigt zurzeit rund siebzig Mitarbeitende und bildet etwa dreihundert Auszubildende in den Berufen Schneiderin, Coiffeuse, Kosmetikerin und Gärtnerin aus.
Nas Mode als Vorbild und Erfolgsmodell
Dank Beas Schweizerischem «Förderverein Nas Mode» konnten gegen 2000 junge Menschen aus sehr armen Familien eine Ausbildung machen und die meisten von ihnen üben ihren Beruf entweder als Angestellte oder dank eines Mikrokredits des Fördervereins als selbstständige Kleinstunternehmerinnen aus. Dank Bea und ihrem Förderverein Nas Mode wurde aber auch das kleine, baufällige Berufsbildungszentrum von Nas Mode in einen grossen modernen Komplex auf einem 5000 m² grossen Gelände umgewandelt – das Zentrum steht heute wie eine grüne und soziale Oase in der Landschaft. Dazu gehören zwölf Klassenzimmer, eine Kantine mit Küche, ein Internat für vierzig junge Frauen, ein Kinderhort, ein Büroanbau sowie Hygieneeinrichtungen mit WCs und Duschen. Zur Infrastruktur zählen ausserdem zwei Schulbusse, eine Solaranlage und seit 2023 unser zwei Hektare grosser Biogarten «Fredys Bio-Jardin», der uns frisches Gemüse und Obst liefert. Beas Förderverein
Nas Mode hat unser Leben in jeder Hinsicht zum Positiven verändert und wir können nicht genug für alles danken, was sie mit ihren Gönnerinnen und Gönnern für uns getan hat.
Leider gab es neben all diesen Höhepunkten auch traurige Momente in meinem Leben, die ich dank Nas Mode und meiner innigen Freundschaft zu Bea verkraften konnte. Am einschneidendsten war, dass ich 2021 meinen geliebten Ehemann und Familienvater Lassina nach kurzer Krankheit verloren habe. Er war nicht nur mein Mann, sondern auch mein Berater und Beschützer und vor allem ist er der geniale Architekt und Erbauer unserer grandiosen Schule. Ich sehe in ihr sein Vermächtnis, das er uns allen hinterlassen hat. Der Verlust meines Mannes war sehr schwer für mich, aber ich versuche, das Leben mit viel Widerstandskraft und grossem Gottvertrauen zu meistern.
«Que Dieu nous bénisse.»
Safi Ouattara Diallo
