Swiss Wedding Sommer 2021

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Planung

IM NAMEN DES GESETZES Er ist nicht romantisch, aber in gewissen Situationen notwendig: Der Ehevertrag. Der Fachmann erklärt, worauf Sie achten müssen.

«Grundsätzlich geht es bei einem ­ hevertrag immer um die Vermögens­ E regelung», erklärt Notar Lukas Germann aus ­Frutigen. In seinem Arbeitsalltag betreffe das in der Regel Paare, die schon lange verheiratet seien und gemeinsam ein gewisses Vermögen erwirtschaftet hätten. «Trotzdem gibt es auch Fälle, in denen vertragliche Regelungen bereits beim Eingehen der Ehe Sinn machen. Es ist beispielsweise ein Thema, wenn einer der Partner bereits vor der Hochzeit verschuldet ist. Damit der andere Partner nicht damit belastet wird, bietet sich hier die Gütertrennung bei der Heirat an.»

Lukas Germann ist Notar und berät in ­seinem ­A rbeitsalltag ­häufig Paare in Bezug auf den Ehevertrag.

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Auch selbständig Erwerbende sollten sich vor der Hochzeit beraten lassen. «Wenn beispielsweise jemand ein eigenes Geschäft besitzt, sind diverse Überlegungen angebracht: z. B. dient der Betrieb für das Familieneinkommen? Wollen beide Ehegatten im Geschäft mitarbeiten? Wie ist die Nachfolge bzw. der allgemeine Fortbestand geregelt, wenn etwas passiert?», erklärt Lukas Germann. WER ERBT ? Ein Ehevertrag sollte dann diskutiert werden, wenn einer oder beide Partner verwitwet oder geschieden sind und Kinder haben. «Das kann ein Grund für einen Ehevertrag sein. In solchen Fällen gibt es häufig viel zu abzuwägen, damit die Kinder aus erster und zweiter Ehe gleich behandelt werden. Haupterbe ist nach Gesetz der überlebende Ehegatte. Dieser ist dann aber bei seinem Todesfall nicht Elternteil aller Kinder, womit das Haupterbe später nur an die Kinder aus zweiter Ehe bzw. dieses überlebenden Ehegatten fällt.»

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Paare, ob mit oder ohne Kinder, streben zur Ab­ sicherung bei einem Todesfall des einen von ihnen praktisch immer eine gegenseitige Begünstigung an. Eine beliebte Kombination ist dann ein Eheund Erbvertrag mit einem ergänzenden Vorsorgeauftrag. Je nach Situation kann auf die eine oder andere Vereinbarung verzichtet werden. Mit dem neuen Erbrecht, das ab 1. Januar 2023 in Kraft ­treten wird, erhalten die erbrechtlich verfügenden Ehepaare mehr Regelungsfreiheiten. Namentlich werden die Pflichtteile der Eltern ganz aufgehoben und die der Nachkommen auf die Hälfte reduziert. Für kinderlose Paare wird eine unanfechtbare und uneingeschränkte Begünstigung des Ehepartners für den eigenen Todesfall viel einfacher; dies jedoch eher in einem Erbvertrag anstatt einem Ehevertrag. Dennoch wird der Ehevertrag vor allem bei Paaren mit (gemeinsamen oder nicht-gemeinsamen) Kindern seinen Stellenwert behalten, da die Vermögenszuteilungen im Eherecht (unter Ehegatten) vor dem Erbrecht (Ehegatten gegenüber Kindern) erfolgen. Um alle gesetzlichen Möglichkeiten gegenüber Kindern nutzen zu können, wird es weiterhin den Ehevertrag brauchen.

UNVORHERSEHBARES Es sei aber ein Irrglaube, dass mit einem Ehevertrag allen Eventualitäten vorge­beugt werden könne. «Paare haben oft das Gefühl, dass sie damit in Falle einer Scheidung besser dastehen würden. Man kann nicht alles schon vorab in einem Vertrag regeln», betont der Notar. Vieles mit teilweise weitreichenden Folgen passiert unbewusst und ohne Planung auf eine allfällige Trennung (z. B. Aufgabenteilung innerhalb der Familie) und manchmal sogar mit nur beschränkter eigener Einflussmöglichkeit (z. B. Kündigung und notwendiger Stellenwechsel). Wer vor der Hochzeit Zweifel oder Fragen habe, tue aber gut daran, sich bei einer Fachperson beraten zu ­l assen. «Es ist wichtig, das Thema vor der Heirat anzusprechen und zu klären.


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