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dIe 3. klaSSe Zu beSuCh

beI haNdWerkSbetrIebeN IN uNd uM WIeN

voN SabINe trIereNberg (SIe durfte dIe MeISteN auSflüge begleIteN)

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Die dritte Klasse in einer Waldorfschule ist wohl etwas ganz Besonderes: Der Weg in die Welt wird in vielen Bereichen sichtbar. Die Besuche alter Handwerksbetriebe sind ein ganz wesentliches Beispiel dafür.

Die dritte Klasse mit ihrer engagierten Lehrerin Frau Rumetshofer hatte in diesem Frühling besonders viel Glück.

Danke auch an die 4. Klasse, die mit uns ihre guten Erfahrungen und Adressen geteilt hat. Viele Menschen öffneten für uns ihre Werkstätten, und wir durften reich beschenkt zurück in die Klasse kommen.

Unsere „Schatztruhen“ füllten sich zunächst mit einem Schneidebrett und einem selbst gebogenen Stahl-Ring aus der Tischlerund Schlosserwerkstatt WerK von Katja und Werner Nussbaumer (einem ehemaligen Schüler unserer Schule), und auch Hobelspäne aus der Schlafstätte des Pumuckl durften wir mitnehmen. Ein selbst mit Stoff überzogener Knopf (es gibt noch alte, händisch zu bedienende Knopfmaschinen) aus der Tapeziererwerkstatt Kohlmaier kam an diesem Tag ebenfalls dazu.

Der Geigenbaumeister Cai von Stietencron beschenkte uns mit Klängen seiner selbstgebauten Instrumente in der wunderschönen Werkstatt im Heiligenkreuzerhof. Sandsteine und Marmor durften wir aus der Dombauhütte im Stephansdom mitnehmen, wo wir tatsächlich selbst Hand anlegen konnten.

Unsere Schatzkiste füllte sich weiter mit Rosshaaren, einem Geschenk der traditionellen Herrnmaßschneiderei Kastner & Dronia (in einem handgenähten Herrenanzug wird ein Vlies aus Rosshaar eingearbeitet, damit der Anzug seine Form behält und die Elastizität nicht verliert), sowie mit Seidenstoffresten aus der wunderbaren CoutureWerkstatt in der Hietzinger Altgasse.

Herr Moser, der nette Goldschmied am Maurer Hauptplatz 11, hat für und mit der Klasse einen Anhänger und einen Ring angefertigt – der Ring wandert jetzt bei den Zeugnissprüchen von Hand zu Hand, von Finger zu Finger. Arte Aurelia, die Vergolderwerkstatt im vierten Bezirk, zauberte Gold-, Silber- und Kupferblättchen in unsere Schatzkiste.

Traditionellerweise hat auch diese dritte Klasse den Köhler be- sucht: Um eine große Erfahrung reicher kamen die Kinder mit einem großen Sack Kohle nach Hause, zu groß für die Schatztruhe. Nicht nur für die Buben gab es einen spannenden Besuch in der Messerschmiede Nagl in Hietzing. Jetzt wissen wir, wo man seine Messer und Scheren schleifen lassen und neue, handgefertigte Messer kaufen kann.

In die Schatzkiste kamen weiters kleine Geschenke vom Puppendoktor aus der Innenstadt; die kleinen Büchlein und Malplatten verkürzten netterweise die U-Bahnfahrten erheblich. Wir durften außerdem in die Welt von Landtmann’s feiner Patisserie eintauchen. In der Führung inkludiert war nicht nur eine Torte für unser Geburtstagskind, sondern natürlich auch herrliche Kostproben für uns alle. Der Weg durch das Kühlhaus war fast so spannend wie eine Geisterbahnfahrt im Prater.

Von der Hutmanufaktur Mühlbauer durften wir schönen Filz für diverse Hüte zukünftiger Handpuppen in unsere Schatztruhe legen. Diese wunderschöne und alte Werkstatt hat uns alle besonders fasziniert, und die heißen Öfen haben uns ganz schön ins Schwitzen gebracht. Und wenn man schon am Schwedenplatz umsteigen muss, dann liegt ein Besuch im Eissalon am Schwedenplatz sehr nahe. Auch dort durften wir netterweise einen Blick in die Eisproduktion werfen, die „Schokoladepipeline“ bewundern und selbstverständlich auch köstliches Eis essen.

Der Besuch beim altehrwürdigen k. u. k. Hof-Schuhmacher Rudolf

Scheer & Söhne war ein Erlebnis für sich – die traditionsreiche Werkstatt hat uns in eine andere Welt gezaubert. In den Räumlichkeiten oberhalb des Geschäfts wird gearbeitet wie vor 150 Jahren. Klavierbaumeister Bernhard Balas spielte in seiner großen Werkstatt voller Klaviere auf seinen historischen Instrumenten für uns.

In den kommenden Wochen werden wir neben der Hausbauepoche noch folgende HandwerkerInnen besuchen:

Die Buchbinderin Ira Laber ist unserer Schule schon seit einigen Jahren sehr zugetan; auch diesmal wird jedes Kind mit einem selbst gebundenen Buch nach Hause gehen dürfen. Den krönenden Abschluss werden der Imker Doogie Spät und der Pecher Robert Rendl machen, und im Herbst, passend zum geernteten Korn, wird die Klasse noch eine Bäckerei besuchen.

Was für eine schöne Zeit – so viele Erlebnisse und Erfahrungen. Die Hinterhöfe dieser Stadt sind voller handwerklicher Überraschungen… Schade, dass die 3. Klasse jetzt bald vorbei ist.

Ein Schüler meinte: „Ich möchte nur mehr Ausflüge machen, das ist so schön“; die Antwort eines anderen Schülers folgte: „Ja, dann haben wir ganz viele Erfahrungen von der Welt.“

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