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Thurgauer Nachwuchsfussball
Im Sommer 1989 startete der Thurgauer Fussballverband und das Kantonale Sportamt gemeinsam das Projekt «Thurgauer Nachwuchsfussball». Dieses entstand mit der Absicht, dem Juniorenfussball im Kanton Thurgau neue Impulse zu verleihen.
Sinnvolle Freizeitbeschäftigung
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Man war überzeugt davon: «Jeder Jugendliche, der dem Sport den Rücken kehrt, bedeutet eine Niederlage für den Trainer, den Verein und die Gesellschaft.» Die Initianten waren überzeugt davon, dass der Fussball als Volkssport für möglichst viele Jugendliche eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung sei, dies nach dem Motto: «Alle sind gegen Drogen - wir sind für eine sinnvolle Freizeit.» Überzeugt davon, dass die Fussballvereine eine Gemeinschaft sein sollten, in der sich die jungen Fussballer wohlfühlen, war man gewillt, einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Jugendprobleme wie Drogen, Alkohol usw. zu leisten. Neue Impulse im Breitensport erwartete man durch eine verbesserte Ausbildung und durch Informationen seitens Trainer, Funktionären und Bevölkerung.

Als weitere Devise galt: «Jeder Junior, der nicht gut und vollständig ausgebildet wird, vermindert die Qualität unseres Fussballs.» Ziel war es, wieder attraktiver Fussball zu spielen und dazu brauchte es technisch bessere Spieler mit
Aktivitäten in der ersten NachwuchsförderungsSaison 1989/90

Diplom Start Nachwuchsförderung 1989 mehr Spielverständnis und -witz. Ein verbessertes Training mit den talentierten Junioren sollte zusammen mit einer intensiven Trainerweiterbildung zu einer besseren Qualität der jungen Fussballer beitragen.
Auf finanziell gesunden Füssen
1989 erteilten die Präsidenten der Thurgauer Fussballvereine anlässlich ihrer Delegiertenversammlung grünes Licht für den Start des Nachwuchsprojektes, das bald einmal über die Region hinaus an Bedeutung gewann. Entscheidend zum geglückten Start des Projektes beigetragen hat der damalige Präsident des Thurgauer Fussballverbandes, Hans Braun. Tausende von Mädchen und Knaben durften seither von den verschiedenen Aktivitäten des Projekts profitieren. Der damalige Leiter des Sportamtes Thurgau, Ernstpeter Huber, war massgebend am guten Gelingen des Projekts beteiligt. Sein Amt unterstützte das Projekt mit Dienstleistungen sowie im Rahmen der finanziellen und administrativen Möglichkeiten von Jugend und Sport. Auch dank der SportToto-Beiträgen des Kantons stand die Nachwuchsförderung auf gesunden finanziellen Beinen. Als Projektleiter stellte sich der Frauenfelder Markus Frei zur Verfügung. Der Instruktor des Schweizer Fussballverbandes, ehemaliger Spieler des FC Diessenhofen (Zweite Liga), des FC Frauenfeld (Erste Liga/Nationalliga B) und Trainer beim FC Frauenfeld,
FC Zürich, FC St. Gallen (NLA) und verschiedener nationaler und regionaler Junioren-Auswahlmannschaften, war mit seinen grossen sportlichen Erfahrungen geradezu prädestiniert für diese Aufgabe. Diese beinhaltete die Organisation, Koordination und Durchführung aller Aktivitäten mit Hilfe der damals 15 qualifizierten Trainern. Zur intensiven Förderung trugen die stärkeren Mit- und Gegenspieler bei. Bei den Junioren A gab es einen Stützpunkt, bei den Junioren B zwei und bei den Junioren C drei Stützpunkte.
Verlängerung des Sponsorenvertrages der TKB anlässlich der Präsidentenkonferenz am 14. März 1995


Nach dem Aufstieg des BTeams in die InterB Junioren durfte der TFV ab der Saison 1996/97 ein U16 Team Thurgau in der Nationalen Meisterschaft stellen.
Das Projekt bildete von Anfang an einen lebendigen Organismus, der schrittweise den Junioren und den Vereinen angepasst wurde und drei wichtige Aktivitäten umfasste. Bei der Trainerweiterbildung ergänzte man das offizielle Weiterbildungsprogramm des Schweizerischen Fussballverbandes durch zusätzliche Kurse für Trainer, Betreuer und Funktionäre. Zudem erfolgte das Einrichten einer Videothek und einer Bibliothek mit einer Sammlung wichtiger Videokassetten und einer interessanten Literatur. Diese gewährleistete den Trainern, ausbildungsmässig auf dem Laufenden zu bleiben, dies, ohne sich in grosse Unkosten

Erstes ATeam Thurgau: Thurgauer Fussballverband lanciert ATeam in der U18Schweizermeisterschaft in der Saison 1998/99.
stürzen zu müssen. Als Ergänzung zu den Vereinstrainings absolvierten rund 100 gute und willige Junioren an zentralen Orten im Rahmen von Stützpunkt-Trainings einmal wöchentlich ein zusätzliches Training unter der Leitung von qualifizierten Trainern. Aus den besten Junioren des Kantons bildete man kantonale Auswahlmannschaften der Junioren C und B und während einigen Jahren auch der Junioren A. Durch diese Möglichkeit bot sich den jungen Fussballern die Chance, sich mit gegnerischen Spielern aus dem In- und Ausland zu messen. Die Auswahlteams beteiligten sich am Kantone-Cup des Ostschweizer Fussballver-

CTeam Kreuzlingen/Regio See im Trainingslager in Bellinzona, April 1998
bandes, an nationalen und internationalen Turnieren und an verschiedenen Freundschaftsspielen. Für viele Thurgauer Junioren, die mit ihren Vereinsmannschaften in den unteren Leistungsklassen spielen, war die Kantonalauswahl die einzige Möglichkeit, sich mit stärkeren Gegnern messen zu können und diese Erfahrung förderte ihre Entwicklung massgebend.
Enge Zusammenarbeit mit den Vereinen
Mit Beginn der Saison 1994/95 bilden 18 der talentiertesten B-Junioren des Kantons eine Mannschaft, welche sich an der regionalen Meisterschaft beteiligt. Während den Frühlings- und Herbstferien gelangen für die Junioren D einwöchige Ferienkurse zur Durchführung, dies in verschiedenen Regionen des Kantons.

TKBJuniorentag 2005 auf dem Sportplatz «Meinenägger» in Berg am 11. September 2005
Voraussetzung für eine reibungslose Abwicklung der Aktivitäten ist ein enger Kontakt mit den Vereinen, den Junioren-Obmännern und den Trainern. Zum Saisonabschluss und als Höhepunkt findet der TKB-Juniorentag statt. An diesem Anlass messen sich Kinder- und Juniorenfussballer. Das halbjährlich erscheinende Informationsblatt «Insider» orientiert Junioren, Trainer, Vereine und Gönner über die verschiedenen Aktivitäten. Es erscheint in einer Auflage von 1000 Exemplaren. Um die zahlreichen Aufgaben unter der Leitung von Junioren-Obmann Jonny Fischbacher bewältigen zu können, entschliesst man sich zur Gründung ei-

Patrick Küng, Paul Merz (Präsident TFV) und Martin Briner (TKB) am TKBJuniorentag vom 9. September 2007 in Tobel, anlässlich des Jubiläums «5 Jahre TST».
nes 30-köpfigen Coaching-Teams. Ein dabei geschaffener Baum symbolisiert die Lebendigkeit und Entwicklung des Projektes.
Sport-Toto-Beiträge und Thurgauer Kantonalbank
Insgesamt entstehen Jahresausgaben von 120 000 Franken. Diese ergeben sich im Zusammenhang mit der 50-Prozent-Anstellung des Projektleiters und der Kosten für die 16 nebenamtlichen Auswahl- und Stütz-
punkttrainer und den zahlreichen Aktivitäten. Die Kosten können zur Hauptsache gedeckt werden durch die Sport-Toto-Beiträge des Kantons und durch die Thurgauer Kantonalbank, welche das Projekt von Beginn an als Haupt-Sponsor unterstützt. Als Co-Sponsoren und Ausrüster sind seit 1993 die Metzgerei Bachmann, Matzingen, und die Firma Adidas bereit, das Projekt ebenfalls finanziell zu unterstützen und nebst weiteren Beiträgen des Thurgauer Fussballverbandes, der Junioren und der Vereine darf das Projekt auf die Unterstützung einer Gönnervereinigung zählen. «Der Baum des Projektes soll auch in Zukunft weiterwachsen und periodisch sollen in den verschiedenen Bereichen Schwerpunkte gesetzt werden», wünscht sich der Ausbildungsverantwortliche Markus Frei. Im Fokus steht für die Zukunft die Begabtenförderung, ist man doch bestrebt, den begabtesten Junioren die bestmögliche Ausbildung zukommen zu lassen, damit sie nicht schon frühzeitig von den Nationalliga-Clubs abgeworben werden. Der Ausbildner hält fest: «Eine optimale menschliche, berufliche und fussballtechnische Ausbildung in der näheren Umgebung und im gewohnten Umfeld erachten wir für junge Spieler als vorteilhafter als anstrengende Reisen.»
Laubscher-Cup zum Jubiläum
Auch die jungen Fussballer will man im Rahmen der Feierlichkeiten «75 Jahre Thurgauer Fussballverband» vom 9. September 1995 in Bischofszell integrieren. Allerdings ist ein solches Turnier mit den E-Junioren mit grösseren Kosten verbunden. In der Person von Möbelfabrikant Hans Laubscher aus Wängi gelingt es, einen Sponsor zu finden und es wird Realität, dass die Junioren E-Mannschaften am 9. September um den Laubscher-Cup spielen. Der Geldgeber zeigt sich überzeugt davon, dass das grösste Kapital und die Existenz der Thurgauer Fussballvereine und des Verbandes in den Junioren-Abteilungen liegen. «Die Freizeitbeschäftigung Fussballspielen ist eine attraktive, sinnvolle und daher echte Prävention gegen das heutige Drogenelend», davon ist Hans Laubscher überzeugt. Dass dies für ihn nicht nur leere Worte sind beweist der leidenschaftliche Fussballer aus Wängi auch als Supporter des Nachwuchsprojektes und mit der Bereitschaft, das Patronat der gesamten Junioren-Jubiläums-Veranstaltung zu übernehmen. Auch Imbiss und Getränk übernimmt der grosszügige Spender aus dem Hinterthurgau und bis zum kleinsten Fussballer hinunter dürfen alle Beteiligten eine Erinnerungs-Medaille und die besten Mannschaften einen Sieger-Pokal mit nach Hause nehmen, dies alles dank der Grosszügigkeit von Hans Laubscher.
Startschuss für Fussballschule
Zwölf Jahre später und mit Beginn der Saison 2002/03, lancierte der Thurgauer Fussballverband zusammen mit der Schule Bürglen das Projekt «Thurgauer Fussballschule». Diese startete am 12. August mit ihrem offiziellen Schul- und Trainingstag mit 19 talentierten jungen Fussballern.
Der Schule Bürglen gelang es damit, den Fussballsport an ihrer Schule nicht nur zu ermöglichen, sondern diesen durch hoch flexible Strukturen zu unterstützen. Seit 2010 steht der Sportschule ein eigener Fitnessraum und ein Kunstrasen zur Verfügung. So kann täglich mehrmals im unmittelbaren Umfeld der Schule trainiert werden. Davon profitieren die jungen Fussballerinnen und Fussballer, die unter der Leitung von ausgewiesenen Trainern in unterschiedlichen Gruppen trainieren. Dieser Ausbildungsteil wird durch zwei Mannschafttrainings in den FE-12, FE-13 und FE-14 Teams komplettiert. Im Zentrum der Ausbildung steht nicht das Mannschaftsresultat, sondern der individuelle Fortschritt jedes einzelnen Talents. Diese Individualisierung setzt sich im Bereich der schulischen Ausbildung weiter fort. Fussballer, welche den Sprung in eine U15 Mannschaft beim FC St. Gallen oder FC Wil schaffen, können während ihrer Sekundarschulzeit an der Schule verbleiben und profitieren weiterhin von den Tagestrainings. Am Abend gehen diese dann in die Mannschaftstrainings ihres Clubs.
Auch für Einzelsportler ist der Besuch der Thurgauer Sport-Tagesschule möglich. Sportler aus Tennis, Eiskunstlaufen und MountainBike profitierten oder profitieren von den flexiblen Strukturen der Schule. Zusammen mit dem jeweiligen Verband gewährleisten die Eltern, dass mindestens zehn Stunden pro Woche trainiert wird. Durch das Abstimmen der Trainingspläne verpassen auch diese Sportler keine relevanten Fächer bzw. haben keinen Bedarf, Verpasstes in sogenannten Förderstunden nachzuholen.

Hanspeter Schlittler, erster Cheftrainer TST und Ehrenmitglied bei einem Spiel im Jahr 2008

Das Team Thurgau in der Vorbereitungssaison 2001/02
Das Schulmodell als Erfolgsfaktor
Alle Schülerinnen und Schüler haben ihren eigenen Arbeitsplatz an der Schule. Die Schüler/-innen und Lehrpersonen arbeiten gemeinsam in drei Lernlandschaften und werden dort von ihren Lehrpersonen betreut wie auch in ihren Lernprozessen individuell begleitet. Die Schüler tragen Eigenverantwortung in der Erledigung ihrer Aufträge. Sie setzen sich mit ihrem Lernen auseinander und bearbeiten selbständige Projekte. Sie tragen aber auch Mitverantwortung für Ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Die Schule optimiert das Lernen, indem dieses nicht nur vom Lehrer gesteuert wird. Selbstverständlich bleibt sie mitverantwortlich für die Lerninhalte. Zusätzlich

Erstes Team Thurgau U15 Start TST und Nationale Juniorenmeisterschaft 2002/03
werden der Beratung und Betreuung mehr Gewicht beigemessen als bisher. Diese Grundsätze gelten sowohl für die schulische als auch für die fussballerische Ausbildung der Jugendlichen. Diese Art von Schule braucht Gemeinschaftsräume und gemeinsame Zeit. Aus diesem Grund wurden Wände aus dem bestehenden Schulhaus entfernt. So werden gross gestaltete Lernumgebungen (Lernlandschaften) geschaffen, die es ermöglichen, dass jede Schülerin und jeder Schüler über einen eigenen Arbeitsplatz verfügt. Weiter wurde durch die Definition von Teamzeiten für Lehrpersonen und Schüler/-innen gemeinsame Zeit für kooperatives Lernen geschaffen.

Die Laufschule ist ein wichtiger Bestandteil des Trainings. Ehrenmitglied Markus Stark in seinen Element. Sommer 2006

7. Juni 2009 Langjährige gute Seele Kurt Aeby mit Spieler Marcel Krause bei einem Meisterschaftsspiel gegen Sopraceneri Locarno im Tessin.
Teil des FutureChampsOstschweiz
Die Ostschweiz rückte näher zusammen und heute ist die Thurgauer Sport-Tagesschule Teil des FutureChampsOstschweiz. Sie steht gemeinsam ein für die Förderung unserer talentierten Fussballerinnen und Fussballer. Dafür braucht es ein Ausbildungskonzept für die ganze Region und eine Philosophie, die Wert auf eine gute schulische wie fussballerische Ausbildung legt. In regionalen Sport-Tagesschulen werden talentierte Spieler gefördert. Sie profitieren von einer koordinierten Ausbildung unter der Leitung des FCO (FutureChampsOstschweiz). Die betreffenden Schulen ermöglichen zusätzliche Trainingseinheiten, in welchen die Jugendlichen fussballerisch gefördert werden. Die geeignetsten Fussballer eines Jahrgangs werden in einem Ausbildungszentrum zusammengezogen. In diesem werden sie sowohl schulisch als auch fussballerisch intensiv gefördert. Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Sport ist institutionell so organisiert, dass die Ausbildung ein Ganzes bildet.

Von 2008 bis 2012 ist Hanspeter Meier Ausbildungsverantwortlicher.