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Langjährige Präsidenten der Gründerzeit

Diese Angaben stützen sich auf die noch vorhandenen Dokumente und mündliche Zeugnisse, welche für die vier Persönlichkeiten ganz verschieden sind.

Joseph Debrunner (1890 – 1980) darf als Gründer der Vereinigung bezeichnet werden. In der reichen Vereinskorrespondenz wird er als «Prokurist der Eidgenössischen Bank» angesprochen. Auf Umwegen ging diese Bank schliesslich in der heutigen UBS auf. Die KonzernarchivAG suchte vergeblich nach seinen Spuren. Er war in der Wängenerzeit Junggeselle, verheirate sich erst fast 60-jährig und zog etwa 1946 nach Wittenbach. In Wängi bewohnte er mit seinen beiden ledigen Schwestern eine grosse Liegenschaft im Kalkbühl (ehemalige Wirtschaft «Zum Kalkbühl»). Die Vereinsakten sind überreich an Debrunner’schen Spuren. An der Generalversammlung vom 28. Oktober 1948 wird er als zurücktretender Präsident von Ernst Wiesmann folgendermassen gewürdigt: «Mit der Gründung der NVG spielte sich etwas Eigenartiges ab: Eine grosse Aufgabe fand ihren Mann und der Mann seine Aufgabe. Im Grütried arbeitete er mehr als alle Vorstandsmitglieder zusammen. Das Schutzgebiet war Frau und Kind des Junggesellen, der er damals zum Glück noch war(!)»

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Debrunner war überzeugter Ornithologe, der sich aber nicht auf die Feldarbeit beschränkte, sondern auch mit Begeisterung Öffentlichkeitsarbeit leistete. Seine pathetisch anmutende Sprache – vor allem aus den Bettelbriefen und Jahresberichten bekannt – sind Zeitzeugnisse. So schreibt er zum Tode zweier Mitglieder und Förderer: «Dr. med. vet. Schönenberger und Staatsförster Knecht waren treue Mitkämpfer, welche in der Vollkraft ihrer Mannesjahre ins Grab gesunken sind und trauernde Witwen und Kinder hinterlassen haben» oder ganz anders. . . «den Zaunkönig beobachteten wir lange auf einer Rottanne sitzend, wo er seinen Gesang nur so in den prachtvollen Maimorgen schmetterte..» oder dann als Aufruf an die Ornithologen vor der NVG-Gründung: «Liebe Freunde des Vogelschutzes! Helfen Sie beim Aufbau unseres Heimatwerkes für die kommende Generation – ALLES FÜR DEN VOGELSCHUTZ!»

Joseph Debrunner (CR)

Ein Schreiben Joseph Debrunners an die Mitglieder

Heute klingt seine Sprache reichlich schwülstig, muss damals aber angekommen sein, denn seinen unzähligen Bettelbriefen in die ganze Schweiz war ein grosser Erfolg beschieden.

Dass diese etwas aufdringliche Art nicht nur Freunde fand, zeigte sich an den zum Teil heftigen und gehässigen Reaktionen in kantonalen Gremien. Auch folgende Begebenheit kann aufzeigen, dass es sich beim Präsidenten um eine Persönlichkeit handelte, welcher Ethik und Idealismus wichtiger waren als juristische Klarheit. Anlässlich der Gründungsversammlung stellte er sich gegen die Ausformulierung von Vereinsstatuten, weil «solche der hohen Gesinnung und idealistischen Arbeit der Mitglieder abträglich sein würden». Seiner Opposition zum Trotz wurden die Statuten in der Rekordzeit von zwei Monaten geschaffen.

Nach 14-jähriger aufopfernder Tätigkeit, welche ihn wohl oft bis an die Grenzen forderte, schien er amtsmüde geworden zu sein, heiratete, zog von Wängi weg und legte sein Amt nieder. Zum Ehrenpräsidenten wurde er anlässlich des 25-jährigen Bestehens der NVG 1961 ernannt. Zwischen 1970 und seinem Tode 1980 war er gelegentlich ein gern gesehener Gast der Jahresversammlungen.

Ernst Wiesmann (OMW)

Ernst Wiesmann (1905 – 1964) ist wohl eine der markantesten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts in Wängi. Folgende Institutionen gehen auf ihn zurück oder wurden durch ihn entscheidend gefördert: Verkehrs- und Verschönerungsverein (VVW), Verein für Kulturförderung (heute «Wängi und Kultur» W.U.K.), Volksbibliothek , Ortsmuseum und eben die NVG.

Der Begriff «Umweltschutz» war zu seiner Zeit noch nicht gebräuchlich, die Erhaltung einer intakten Umwelt war ihm an der Zeitschwelle zur mechanisierten Landwirtschaft ein Anliegen. Der Anthroposophie nahestehend, war er ebenfalls an der ästhetischen Erziehung interessiert. Sein Temperament und sein intellektuelles Niveau in Wort und Schrift überforderten gelegentlich seine Zeitgenossen in Schule und Gemeinde. Bis kurz vor seinem Tode war er Präsident der NVG.

Johann Hasler (1900 – 1983) Wann immer man auf die persönliche Vergangenheit zu sprechen kam, betonte er seine Herkunft aus bescheidenen Verhältnissen. Wegen dem frühen Tod seiner Mutter wurde er bereits im Schulalter Verdingbub. In der Weberei Wängi arbeitete er sich durch charakterliche Integrität, zähen Fleiss und persönliche Weiterbildung in eine führende Position auf. Er wurde Schulpräsident in einer Zeit, als dieses Amt eher Pfarrherren oder Ärzten anvertraut wurde. In Pension nahm er sich – seinem Vorbild Ernst Wiesmann entsprechend – der Kulturpflege, dem VVW und vor allem dem Grütried an. Hunderte von Stunden verbrachte er hier als Reservatspfleger; der Vereinskasse verrechnete er lediglich die Hälfte der Unfallversicherungsprämie! Hie und da liess er sich von einer Schulklasse bei mühsameren Arbeiten helfen. Den Rat von Fachleuten nahm er gerne an, da er keine Möglichkeit hatte, sich ins komplexe biologische Fachwissen einzuarbeiten. Für ihn war der Dienst in den dörflichen Institutionen nicht nur Pflicht, sondern er liebte diesen! Er war, wie dies eine alte Ausdrucksweise sagt, in gutem Sinne leutselig.

Edwin Herzog ( 1919 – 2004) Als junger Primarlehrer folgte er seinem Vater in der Schule Tuttwil, wechselte dann nach Wängi, wo er mit einem kurzen Unterbruch ein Leben lang blieb.

Die lebende Natur war ihm in seinem Unterricht ein zentrales Anliegen, und heute noch erinnern sich Ehemalige gerne an seine Naturkundestunden. Als NVG- Präsident führte er seine Aufgabe praktisch aber auch administrativ sorgfältig aus. Für den Umweltschutz – zu seiner Zeit bereits ein Modewort geworden – trat er auch mit Voten in Gemeindeversammlungen ein, leider aber glich er dem Rufer in der Wüste. So lange es seine Gesundheit zuliess, half er auch bei den Unterhaltsarbeiten im Grüt eifrig mit. Langjährige Präsidenten der Gründerzeit 15

Johann Hasler (PC)

Edwin Herzog

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