Resümee: vom danna zum Touristen Porters vom Ideal des freien Wettbewerbs geprägtes Modell der fünf Kräfte trifft nur bedingt auf den Pilgermarkt in der frühen Edo Zeit zu. Den wirtschaftlichen Erfolg verdankten die onshi zunächst in erster Linie institutionellen und historischen Umständen: Zur Festigung der Autorität suchte das bakufu seine Vormachtstellung gegenüber dem tennô zu demonstrieren und sich im Volksglauben zu legitimieren. Die traditionell mit dem japanischen Kaiserhof assoziierten „Schreine von Ise“ wurden für dieses Narrativ vereinnahmt und auch instrumentalisiert, um den politischen Einfluss des Buddhismus zu beschneiden. Tempel in Ise und im ganzen Land unterlagen zunehmend Einschränkungen und der Überwachung, bis zum Entzug von Land und Privilegien z.B. nach Bränden. Die Staatsgewalt schaltete „leidige Konkurrenz“ zugunsten von Ise und der Schrein-onshi aus. Mit ihren Vernetzungen zu den daimyo, zu den Kaufleuten und Handwerkern in den urbanen Zentren, sowie zu den Bauern in den Dörfern des Landes, entwickelten die onshi das Pilgergeschäft durch die Ise-kô und das shidan seido. Die am Ise Schrein durchgeführten Zeremonien, wie das kanname-sai und das sengû fanden in Präsenz des tennô und Gesandter der daimyo unter der Schirmherrschaft und nach den Wünschen des bakufu statt: tennô, Hofstaat und die Gesandten der daimyo waren nunmehr Statisten. Andererseits war die Gewährung definierter sozialer Frei- und Spielräume im Rahmen eines Staatskults - das vermeintlich religiöse Pilgern nach Ise (und Nikkô) – Teil des politischen Kalküls der Tokugawa und seiner neu-konfuzianistischen Berater. Dabei verstand man es, primär die eigene Macht zu sichern und unternehmerische Interessen zu stützen. Die Stabilität der feudalen Ordnung war von sekundärem Belang: Das bakufu überdauerte die wirtschaftlichen Umbrüche des 18. Jhd. – Aufstieg eines informierten und finanzkräftigen Bürgertums, Verarmung des Ritterstands und der Kleinbauern, eine wachsende Schar an besitzlosen Arbeitskräften, Tagelöhnern und Singles – bis zur externen Intervention. Es bedurfte einiger Ambivalenz gegenüber der Aufrichtigkeit der Reisenden, deren „Wall- und Heilfahrten“ zunehmend touristische Züge annahmen, aber durch die tegata dem bakufu auch Einnahmen bescherten. Die danna verweilten gerne, ihren finanziellen Mitteln gemäß, in Uji-Yamada, nicht unähnlich einer modernen Kur-, Erlebnis- und steuerfreien Shopping-Destination. Ise bediente eine überwiegend männliche Klientel, der in Furuichi und in Uji entsprechendes Entertainment von weitgehend mittellosen Dienstleistern geboten wurde. Das Beispiel von Ise zeigt, wie die „legitimierte Wallfahrt“ für das Einkommen einer lokalen Bevölkerung unverzichtbar und diese vom marktwirtschaftlichem Wettbewerb geprägt und abhängig wurde. Effizienz und Produktivität wuchsen durch Arbeitsteilung, die Monetarisierung der Gesellschaft und technische Innovationen. Populärliteratur, Reiseführer und die farbigen Holzschnitte waren zugleich ein neuer Wirtschaftszweig, förderten die Standardisierung eines werbewirksamen Ise Narrativs und ermöglichten einem Bürgertum mit Zeit zur Muße unabhängiges Reisen zu Bildungs- und Vergnügungszwecken. Die kommerzielle Erhältlichkeit zunehmend genauer Karten und Panoramen vermittelten der Bevölkerung ein räumliches und wirtschaftliches Verständnis ihres Landes und formten eine nationale Identität. Mit dem Anbruch der Epoche der Industrialisierung und der Eisenbahn lud ein vermessenes und bildlich erfasstes Dai-Nippon ein, erschlossen zu werden. Aus danna waren Touristen geworden. 15