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Der Schaffhauser Zipfel
Der Schaffhauser Zipfel ragt aus der Schweiz nach Deutschland hinein – wenn man die Landkarte betrachtet, bekommt man diesen Eindruck. Die nördlichsten Schweizer müssen zum Golfspiel in den Süden oder ins nahe Ausland. Ennet der Grenze allerdings geniessen sie Golfplätze, die es verdienen, von der restlichen Schweiz viel besser wahrgenommen zu werden. Kleinode, die einen Ausflug in jedem Fall rechtfertigen!
Obere Alp, das ist alles andere als eine Alp im schweizerischen Sinne. Das leicht wellige, offene Gelände auf dem Hochplateau westlich von Schaffhausen, auf welchem der Golfplatz liegt, befindet sich auf fast 800 Metern Höhe und bietet bei guter Fernsicht sogar die Schneegipfel der Alpen als Kulisse. Ortschaften «stören» das Golfspiel hier genauso wenig wie Verkehrsachsen, Industriegebiete oder Bauvorhaben. Man ist draussen in der freien Natur, und man spielt Golf auf einem der besseren Golfplätze Mitteleuropas.
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18 grosszügig ausgelegte Holes werden angeboten, dazu ein NeunlochPlatz, der ein exzellentes Trainingsterrain abgibt; sei es für ambitionierte Spieler, die hier ihr Eisenspiel verbessern möchten, sei es für Platzreifespieler, die hier frei spielen können, um sich aufs Handicap vorzubereiten. Als Platzarchitekt des 1989 eröffneten Parcours zeichnete der Deutsche Karl Grohs (der unter anderem auch in
Markgräflerland Kandern mitgearbeitet hatte). Sein Entwurf besteht aus einer harmonischen Abfolge von Spielbahnen, sehr abwechslungsreich, mit einer Vielzahl von verschiedenen Aufgaben, welche sich dem Spieler stellen. Die Driving-Zonen der Holes sind breit und fair, aber manchmal auch trickreich angelegt oder gar mit Bunkern oder Bäumen verteidigt und nicht immer vollständig übersichtlich – der eine oder andere Abschlag testet auch das Vertrauen des Spielers in sei- nen Schwung! Zusammen mit der ausgezeichneten Platzpflege ergibt sich so ein Spielvergnügen der herausragenden Art – mit Klee oder Unkraut muss sich der Gast nicht herumschlagen, und die Greens sind schnell und balltreu, wenn es das Klima erlaubt. Das hohe Rough befindet sich in fairer Distanz zum Fairway, und das Layout ist so, dass ein guter Schlag auch seine Belohnung findet. Die Greens sind ausreichend gross, allerdings von zahlreichen Bunkern verteidigt und an einigen Stellen nicht allzu weit von dichtem Gebüsch flankiert, so dass die Präzision nicht zu kurz kommt.
Ferien auf der Alp?
Jahr noch ein bisschen attraktiver werden. Direkt neben dem Clubhaus befindet sich nämlich ein Hotel im Bau, das rund 40 Zimmer und eine Wellnesszone offerieren wird, so dass aus dem Golfplatz ein veritables Golfresort werden dürfte – direkt aus dem Zimmer auf den ersten Abschlag!
Ein Hotel hat der GC Rheinblick nicht zu bieten hat – bloss einen Gasthof im nahen Dorf, und auch der Rhein ist von hier aus nicht zu sehen.
Dafür sieht man die Landesgrenze zur Schweiz; denn man befindet sich auch hier in Deutschland, aber vom 14. Abschlag aus würde ein mittelmässiger Pitch – 30, 40 Meter – ausreichen, um den Ball in die Schweiz zu befördern. Doch das wäre out und kontraproduktiv; Rheinblick liegt in einer richtigen kleinen Ausbuchtung der Landesgrenze, nahe der Strasse Eglisau – Schaffhausen, der direkten Route von Zürich über Kloten an die Munotstadt.
Hans Spengler sen. war Präsident im Golfclub Niederbüren, bevor er Initiant des heutigen Golfclubs Rheinblick und später dessen Präsident wurde. 1988 wurde das Terrain gefunden und die meisten Verhandlungen geführt. In der Gemeindehalle in Lottstetten fand im Mai 1989 die erste, von über 400 Interessenten besuchte Orientierungsversammlung über den Golfclub in Nack statt. Ein Artikel im Tages-Anzeiger über diese Versammlung löste ein überwältigendes Echo aus – bis Juli meldeten sich über 1000 Interessenten. Am 12. Juli 1990 konnte dank einer Spezialbewilligung die Driving Range in Betrieb genommen werden. Als historisches Datum geht der 13. August 1992 in die Annalen des Golfclub Rheinblick ein. Punkt 10.00 Uhr begab sich der erste Flight aufs Tee: die Löcher 1 bis 9 und damit der Golfplatz Rheinblick waren offiziell eröffnet. Im Mai 1993 folgten die zweiten 9 Löcher. Im Frühjahr 1994 konnte das Clubhaus den Mitgliedern übergeben werden, und runde sechs Jahre nach seinem allerersten Kontakt mit der Gemeinde Lottstetten war die golferische Vision von Hans Spengler Wirklichkeit geworden.
Die Anreise ist unkompliziert und überschaubar; den Rhein überquert man bei Waldshut oder Eglisau, oder man kommt von Schaffhausen her. Die Altstadt von Schaffhausen ist denn wohl auch eine der wenigen Sehenswürdigkeiten in der Region – neben Wanderwegen oder der einen oder anderen Schlucht. Doch man begibt sich ja zum Golfspielen auf die Obere Alp; und das dürfte nächstes Schloss Goldenberg
A propos: als der GC Rheinblick kurz nach seiner Eröffnung bereits über 900 Mitgliedert hatte, wandte sich Hans Spengler neuen Aufgaben zu – er war auch der Mitinitiant von Schloss Goldenberg!
Rheinblick ist kein reiner Privatclub, sondern der Platz ist sehr offen für Gastspieler, und ein Besuch hier ist auch lohnend. Auf einem echten Championship Course, mit einem spürbaren Unterschied zwischen den gelben/roten und den weissen/blauen Abschlägen, tritt jeder Spieler zu einem wirklichen Test an.


Nicht nur eine gewisse Länge, sondern an vielen Stellen auch eine richtige Platzierung des Abschlags ist notwendig, um anschliessend die Fahne anspielen zu können. Die GreenKomplexe sind attraktiv gestaltet, mit vielen kniffligen Lagen und Varianten von Fahnenpositionen, so dass ein gutes Score hier konzentriert erarbeitet werden muss.
Ein guter Ballstriker wird hier einen Challenge und auch ein Erfolgserlebnis finden. Die Holes verlaufen mehrheitlich horizontal, an einigen Stellen aber ist ein Schlag mit ziemlichem Höhenunterschied gefragt. Auch weniger versierte Spieler werden hier
Spass finden, sofern sie sich auf die Schwierigkeiten richtig einstellen und nicht einfach hemmungslos drauf halten. Rheinblick, das ist ein «Thinker’s Course», mit einer ausgezeichneten Practice Aera übrigens.
Schloss auf dem Weinberg
Nicht viel bekannter als Obere Alp oder Rheinblick dürfte bei vielen Schweizer Golfspielern Schloss Goldenberg sein, obschon es im Inland liegt. 1997 wurde auf dem Rossknecht-Design erstmals Golf gespielt; die Nähe zu den Zentren Zürich und


Winterthur hatte für ein rasches Füllen der Mitgliederlisten gesorgt. Schloss Goldenberg ist zwar als Club für Mitglieder konzipiert; allerdings ist man hier Gästen gegenüber von allem Anfang an offen gewesen und will das im nächsten Jahr noch ausgeprägter pflegen (beispielsweise soll der Aufpreis für ASGI-Spieler wegfallen).
Das Schloss gibt es tatsächlich: es ist das Zentrum eines ehemaligen Gutsbetriebes mit Obst und Wein als hauptsächlichen Schwerpunkten. Das Schloss mit gewissen Anbauten ist nicht ins Golfgeschehen integriert, das ehemalige Betriebsgebäude indessen schon. Es ist die frühere Orangerie des Ökonomiegebäudes von Schloss Goldenberg. 2000 wurde es als Clubhaus eingeweiht; mit seinen imposanten, hohen Gewölben, mit einem sehenswerten Garderobenteil und mit einem gepflegten Restaurant (gutes Preis-Leistungs-Verhältnis!) ist das Clubhaus alleine beinahe schon eine Reise wert.
Das – eine Reise wert – ist auch der Golfplatz, der zwar eine gewisse körperliche Anstrengung verlangt, der aber mit seinem Routing und seinen verschiedenen, teilweise wirklich spannenden Holes viel Spass macht. Zudem ist er immer in exzellentem

Zustand, weil man sich das in diesem Club zur Philosophie gemacht hat; der Spieler puttet hier also zum Beispiel auf nahezu tour-tauglichen Greens und marschiert auf kurzgeschnittenen, harten Fairways, die das Prädikat «wie Teppiche» wirklich verdienen.
Wer sich für das Marschieren ausserstande fühlt, dem überlässt man gerne und ohne grosse Formalitäten einen Cart. Die vier technisch interessantesten Holes hat man zudem jetzt mit einer Art Shuttleservice etwas leichter zu bewältigen gemacht: auf Nummer
10 liegt das Green rund 30 Meter tiefer als der Abschlag, und diese Höhendifferenz muss bis zum 13. Green wieder wettgemacht werden. Hier stehen Carts, mit welchen man diese vier Holes fahrenderweise überbrücken kann; denn nach den vier Holes kommt man nahe dem 10. Abschlag vorbei und parkt den Cart ganz einfach wieder.
A propos Fahren: Schloss Goldenberg liegt einige Kilometer nördlich von Winterthur an der Autobahn nach Schaffhausen, direkt nach der Ortschaft Henggart und oberhalb des kleinen Dorfes Dorf (sic!)…
■ Urs Bretscher