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Olympisches & Trendiges

Der Generalsekretär der ASG führt nicht nur die Geschäftsstelle und damit auch das Nervenzentrum des Golfverbandes seit 30 Jahren, sondern er ist selber ein langjähriger und ausgezeichneter Spieler. Während er sich üblicherweise vor allem zu Verbandsbelangen äussert, haben wir ihn für einmal gebeten, frei von der Leber weg zu den aktuellen Trends im Sport «Golf» zu reden.

100 weitere Golfplätze wird es in der Schweiz nie geben; das Abschätzen der zukünftigen Entwicklung in diesem Bereich ist sehr schwierig, weil der Boden bei uns halt viel knapper ist als zum Beispiel in unseren Nachbarländern. Es gibt heute viel weniger neue Projekte als vor 15 Jahren, und diese dürften vor allem im Bereich der grossen Zentren und in Tourismus-Stationen realisiert werden. Übrigens glaube ich, dass der Tourismus und seine Organisationen das Golfspiel als Sommersport viel zu wenig thematisieren – Ausnahmen sind da eigentlich nur das Engadin und Crans-Montana. Wenn ich da an Länder wie Österreich, Portugal oder Spanien denke…

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In den USA oder auch in Schweden sind die Mitgliederzahlen der Clubs und des Verbandes leicht rückläufig, was ebenfalls mit der schon angesprochenen gesellschaftlichen Dynamik zusammenhängt. Bei uns haben wir ein solches Phänomen bisher nicht beobachten können, und ich glaube persönlich eigentlich auch nicht, dass es so weit kommen wird. Unsere Gesellschaft ist anders strukturiert als die amerikanische, und wir haben pro Kopf auch viel weniger Golfplatz zu bieten, weshalb ich eine solche Umkehr des Trends als unwahrscheinlich ansehe. Aber es gibt schon Gefahren: Funsportarten sind bei den heutigen Jugendlichen sehr beliebt und haben das Potenzial, etablierte Wettkampfsportarten zu verdrängen.

Den Golfboom gibt es noch, aber vielleicht nicht mehr als «Boom», sondern als leichte Steigerungsrate. Wir haben in der Schweiz nach wie vor ein leichtes Wachstum, die Zahl der lizenzierten Clubmitglieder ist immer noch im Steigen begriffen, und das gleiche gilt auch für die ASGI und für die Inhaber einer Migros-Golf-Card.

Die Jungen werden heute vom Golfspiel mit Sicherheit auch angesprochen, aber die Dynamik in der Gesellschaft macht es ihnen häufig schwierig, sich schon in jungen Jahren für eine Mitgliedschaft festzulegen. Sie wollen ihre berufliche Flexibilität behalten, oder sie haben mit dem Aufbau einer Familie begonnen und wollen sich alle Optionen für einen Wohnortswechsel offen behalten. Das verlangt von den Clubs ebenfalls Kreativität und Flexibilität, um sich den veränderten gesellschaftlichen Realitäten anzupassen.

Golf im Olympiaprogramm wäre deshalb ein enormer Schritt, hätte gewaltige Auswirkungen, weil die Olympischen Spiele weltweit die allerbeste Plattform des Sports sind, und weil Golf so auch einen starken Impuls als Wettkampfsport bekäme. Die kleinen Nationen, Länder also, die bisher bloss über ein paar Plätze und eine Handvoll Turniergolfer verfügen, würden davon wohl am meisten profitieren.

Clubmitglieder als eine Truppe von Freunden, die jederzeit auch bereit sind, im Club Verantwortung zu übernehmen – dieses Bild hat sich gewandelt. Das war so in der «guten alten Zeit». Heute läuft alles viel businessmässiger ab; die Mitglieder sind eher Kunden, Konsumenten, und sie erwarten von einem Golfclub auch eine vordefinierte Anzahl von Leistungen. Man bezahlt einen abgemachten Betrag und hat dafür Anrecht auf zu erbringende Leistungen.

Golf ist eine umweltfreundliche Sache, diese Erkenntnis ist heute viel weiter verbreitet als noch vor 20 Jahren. Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung ist gewachsen. Dazu hat einerseits Lobbyarbeit beigetragen, welche auch von der ASG geleistet worden ist. Europaweit hat der R&A viele Antworten gegeben; sie sind in der Dokumentation «Best Practices» nachzulesen, die auf der ASG-Website aufgerufen werden kann.

Das langsame Spiel ist eine Seuche, das ist auch meine Meinung. Sicher hängt das mit einer gewissen Spielkultur zusammen, die sich genauso geändert hat wie das Verhalten vieler Menschen generell. Aber es spielt noch ein anderer Punkt hinein: heute ist das höchste Handicap, das man in der Schweiz haben kann, 36. Das war aber nicht immer so. Vor 50 Jahren war das 18, später wurde es auf 24 angehoben. Erst seit den 80er Jahren ist es 36. Das heisst nichts anderes, als dass viele Spielerinnen und Spieler heute pro Runde mehr Schläge machen als damals, und deshalb dauert eine Runde schon nur aus diesem Grund länger. Umso mehr sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, das Spiel zu beschleunigen!

Die sogenannte Etikette ist eigentlich nicht viel mehr als eine gute Kinderstube. Man muss also da nichts auswendig lernen – Rücksichtnahme, Kollegialität, Respekt oder gesunden Menschenverstand haben wir doch eigentlich alle. Aber man kann ja auch in der Wirtschaft mehr und mehr beobachten, wie die Leute egoistisch handeln, weniger auf andere schauen und oftmals «über Leichen gehen». Das sind gerade nicht die Grundwerte, welche das Golfspiel bestimmen, und wir sollten alles tun, es davor zu beschützen.

■ Urs Bretscher

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