
4 minute read
Locker aus dem Green-Bunker
Jeder Clubgolfer hat ihn schon unzählige Male selber ausgestossen und von Spielpartnern vernommen: der halb unterdrückte Angstschrei, der den Ball begleitet, wenn er unausweichlich dem Bunker zusteuert. Dabei ist die Furcht vor diesem Hindernis weitgehend unbegründet, denn mit der richtigen Technik und entsprechenden Vertrauen gestalten sich Bunkerschläge einfacher als etwa solche aus tiefem Rough – was die Spitzenspieler als Könner des Faches Mal für Mal unter Beweis stellen.
Damit die oft gehörte Kommentare von Clubspielern – «Ich war dreimal in einem Green-Bunker und habe diese Löcher dann prompt gestrichen!» – verstummen, verrät Mario Caligari in dieser Folge von «My Game» seine Rezeptur für erfolgreiches Bunkerspiel. Dazu gehört das Verständnis für die Funktionsweise des Bounce des Wedges, das Prinzip des Eingrabens der Füsse im Sand vor dem Schlag, die Standposition und die Schlägerkopfgeschwindigkeit als entscheidende Faktoren für die Länge des Bunkerschlages oder eine erfolgversprechenden Befreiung aus dem Hindernis in einer Abwärts- oder Aufwärts-Lage. Als Voraussetzung für erfolgreiches Bunkerspiel gilt in jedem Fall, dass der Schlag mit Beschleunigung durch den Ball erfolgt. Man muss bis zum Finish hin so genannt «durchziehen» Jedes Zögern im Schwung oder der Versuch, den Ball aus dem Bunker «löffeln» zu wollen, führen zum Scheitern und damit zu den ominösen gestrichenen Löchern.
Advertisement
Der Bounce
Die Unterseite des Schlägerkopfes ist nicht gerade, sondern hat eine Art Buckel, den Bounce. Besonders bei den Wed- ges sind der Winkel und die Breite dieser Schräge ausgeprägt. Der Grund dazu besteht darin, dass sich ein Schlägerkopf mit viel Bounce weniger schnell in den Boden eingräbt, sondern dank der Wulstform in Richtung Ball gleitet. Auf hartem Untergrund kann sich das nachteilig auswirken, da der Bounce bewirkt, dass der Schlägerkopf abprallt und der Ball dadurch getoppt wird. Daher verwenden die Professionals auf hartem Untergrund wie etwa Links-Plätzen Wedges mit weniger Bounce. Umgekehrt bietet der Bounce bei weichem Untergrund die erwähnten Vorteile, die besonders auch im Sand zum Tragen kommen, denn der Bounce ermöglicht es, ohne dass der Schläger sich sofort eingräbt, den Sand so zu bewegen, dass dessen Druck den Ball in die gewünschte Bewegung versetzt. Mario Caligari verwendet als Bild dazu dasjenige von der Herstellung von Butterröllchen: Das Messer schiebt die sich vom Block abrollende Butter vor sich her.
Im Green-Bunker trifft nicht die Schlagfläche auf den Ball, sondern der durch den Druck des Schlägers gegen diesen gepresste Sand bewegt den Ball. Damit sich der Wedge nicht eingräbt, sondern vielmehr durch den Sand gleiten kann, verfügt der Schlägerkopf an der Unterseite über einen abgeschrägten Wulst, den Bounce.
Eingraben
Das Eingraben der Füsse im Sand hat zwei Gründe: Erstens will man nicht den Ball treffen, sondern Sand gegen den
Ein gelungener Bunkerschlag setzt einen den Schlägerkopf beschleunigenden Impact voraus. Das heisst, der Schläger wird unter Verlagerung des Körpergewichts «durchgezogen» bis zum Finish. Die Hüfte, die nach dem Impact mitdreht, gibt das Tempo an.
Mario Caligari ist eine Institution für das Golf in Bad Ragaz. Er war bereits als Caddie auf dem Platz, und seit 35 Jahren ist er als Golflehrer tätig. Von seiner Erfahrung, seinem Wissen und seinem Engagement für das Spiel profitierte auch die ASG, in deren Organisation er als Regionalcoach wirkte.
Je offener der Stand, desto kürzer die Flugbahn (violet)
Stand (Füsse und Hüfte) parallel zur Schwungebene (gelb)
Ziellinie: Schlägerkopf und Schulterlinie sind parallel zum Ziel ausgerichtet (rot)
Schwungebene parallel zum Stand (der Schwung erfolgt ohne Körperrotation beim Aufschwung) (gelb)
Ball bewegen, was leichter fällt, wenn man unter dem Sandniveau steht. Zweitens ermöglicht das Eingraben, die Beschaffenheit des Sandes zu fühlen. Ist der Sand etwa weich, soll der Schläger nicht zu tief in diesen eindringen. Zudem ist mehr Tempo gefordert. Ist nur spärlich Sand vorhanden oder ist er hart oder nass, so gilt es, langsamer zu schwingen. Es muss aber immer ein Durchschwung erfolgen, denn sonst besteht die Gefahr, dass man den Ball toppt, weil der Schläger auf der harten Unterlage aufspringt.


Der Stand
Wie man den Stand einnimmt entscheidet über die Richtung und Distanz des Bunkerschlages. Grundsätzlich sind die Schulterlinie und der Schlägerkopf auf das Ziel ausgerichtet. Je nach der geforderten Distanz steht man mit den Füssen und der Hüftlinie square oder mehr oder weniger offen. Der Schwung erfolgt parallel zum Stand mit wenig Körperrotation beim Aufschwung, aber mit Verlagerung des Körpergewichts beim Durchschwung. Der Ball befindet sich rechts von der Mitte und das Gewicht ist gleichmässig auf beide Beine verteilt. Das heisst, man schwingt nicht nach aussen – wie es oft praktiziert wird – sondern parallel zum Stand. Das hat zur Folge, dass der Ball, je offener der Stand ist, stärker geschnitten wird und deshalb eine kürzere Distanz zurücklegt. Demnach lässt sich die Länge der Bunkerschläge durch den Stand regulieren: Den längsten Schlag erreicht man mit einem Stand parallel zur Ziellinie, je offener der Stand, je weniger weit fliegt der Ball. Ist die Unterlage geneigt, sollte die Ausrichtung des Körpers bei Abwärtsneigung parallel zur Neigung erfolgen, das Körpergewicht ruht vermehrt auf dem vorderen Fuss. Dadurch entsteht eine steilere Schwungebene, damit der Schlägerkopf nicht die Bunkerkante berührt. Erfolgt der Schlag aufwärts, muss der Körper gerade über dem Ball ausgerichtet sein. In dieser Lage besteht die Gefahr, dass man statt zu schwingen sich zum «löffeln» verleiten lässt. Doch auch bei Lagen in der Neigung gilt das Grundprinzip: durchziehen!
Im Spiegelei
Liegt der Ball so im Sand eingegraben, dass man vom gefürchteten Spiegelei spricht, bricht bei vielen Clubspielern Panik aus. Das rettende Bild, das Mario Caligari für solche Fälle bereithält, lautet: Vergrössere das Loch – und zwar unter dem Ball! Das erreicht man durch einen leicht geöffneten Stand, der Ball liegt mehr rechts und das Gewicht ruht hauptsächlich auf dem linken Fuss. Dadurch entsteht ein steilerer Schwung was den Bounce neutralisiert. Damit gräbt sich der Schläger vermehrt in den Sand ein und erzeugt so stärkeren Gegendruck. Daraus resultiert ein in der Länge schwierig zu kontrollierender Schlag. Doch die Hauptsache ist in der Regel erfüllt: der Ball konnte aus dem Hindernis befreit werden.

Der Stand bestimmt die Schlaglänge: Je offener der Stand (Fuss- und Hüftlinie), desto mehr schneidet der Schlägerkopf von aussen in den Sand. Der Ball wird dadurch entsprechend weniger vorwärts beschleunigt. Die Ziellinie, nach der der Schlägerkopf und die Schultern ausgerichtet sind, bleibt immer identisch.
Das Rezept für ein gutes Bunkerspiel mutet relativ einfach an, doch – die Tourspieler haben es dem Beobachter in Crans-Montana wieder aufs Neue bewiesen – ohne einige Übung bleibt die Theorie ein Papiertiger. Und bis man bei einem Schlag in den Bunker ohne aus Angst aufzustöhnen locker feststellen kann: «Besser aus dem Sand als aus dem Rough», muss man schon einige Trainingssessionen im Bunker verbracht haben.
Bunkerschlag in der Aufwärtsneigung (Uplie): Der Körper ist gerade über dem Ball, der Schlag entspricht dem, wie er im Flachen ausgeführt wird (Bild links). Das Körpergewicht muss unbedingt links bleiben, denn in dieser Lage ist die Versuchung, den Ball «löffeln» zu wollen, besonders gross (rechts).
Bunkerschlag in der Abwärtsneigung (Downlie): Der Körper ist parallel zur Neigung ausgerichtet. Der Schlag muss in dieser Lage steiler erfolgen, das Körpergewicht sollte hier unbedingt links bleiben, denn der Schläger würde sonst beim Schwung in der aufsteigenden Schräge anstossen (Bild links). Ohne Anpassung an die Neigung des Bunkers lässt sich kaum ein korrekter Schwung ausführen, ein Fehlschlag wird die Folge sein (rechts).
