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Wechsel vor zehn Jahren
Der Entscheid, auf das in Europa neu eingeführte Course Rating System zu wechseln, ist in der ASG vor zehn Jahren gefallen. Als erste Massnahme wurden damals jene Funktionäre zum «Umlernen» abdelegiert, welche sich anschliessend mit der Einführung auch auf den schweizerischen Golfplätzen zu beschäftigen hatten.
Der Autor dieses Artikels ist Paul Quéru, bis im Januar 2006 Mitglied des ASGVorstandes und Präsident der Technischen Kommission. Er arbeitete massgeblich an der Einführung des Course Rating System in der Schweiz mit. Neuer Präsident der Technischen Kommission ist Jean Pierre Mommer.
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Wie war das damals – um zu verstehen, wie wichtig die Einführung des neuen Systems war, muss man sich die Verhältnisse der Achtziger und der frühen Neunziger Jahre vor Augen führen. Die Mehrheit der Golfer, alles Clubmitglieder, spielte im Prinzip fast nur auf dem eigenen Golfplatz, was es für die Clubs relativ einfach machte, die Handicaps der Mitglieder korrekt zu verwalten. Heute, wie wir wissen, ist der «Turnier-Tourismus» weit verbreitet. Als sich diese Entwicklung abzuzeichnen begann, war auch schnell klar, dass die Scores auf den unterschiedlich schwierigen Golfplätze nicht tel-quel miteinander verglichen werden konnten. Konkret: Mitglieder eines Clubs mit einem schweren Platz hatten ein zu hohes Handicap, was es ihnen erlaubte, auf einfacheren Plätzen alle Preise abzuräumen.
Bereits 1900 – da war es die britische Ladies Golf Union –bestand dieser Bedarf: die Ladies definierten das Par. Viel später erwies sich dieses als zu wenig präzis: 1980 wurde in ganz Europa das Standard Scratch System (SSS) eingeführt, welches in Grossbritannien bereits 1920 angewendet wurde.
Das Par eines Holes stützt sich ausschliesslich auf dessen Länge und berücksichtigt die Schwierigkeit nicht. Dazu besteht zwischen den Bandbreiten der Längen, welche das
Par zuordnen (s. Kasten), und der Gesamtlänge eines Platzes ebenfalls kein Zusammenhang. Als Ergebnis dieser Tatsache kann ein klassisches Par-72-Layout (10 Par 4, je vier Par 5 und Par 3) rein rechnerisch zwischen 4000 und 7800 Metern messen!
Das hat SSS verbessert, indem es nach der Gesamtlänge das Zuschlagen oder Subtrahieren von Strokes erlaubte; in einer allerdings bloss rudimentären Art.
Das Course Rating System wurde 1980 in den USA eingeführt; es hat zum Ziel, jedes Handicap auf jeden beliebigen anderen Golfplatz «übertragbar» zu machen. Der Schwierigkeitsgrad eines Golfplatzes wird mit gemessenen, also objektiven Parametern ermittelt, und zwar sowohl für den Null-Handicapper (Scratch Player) als auch für die mittlere Könnensstufe (Bogey Player). Letztere sind im übrigen genau diejenigen Spieler, für welche diese Übertragbarkeit des Handicaps am wichtigsten ist.
Das Course Rating
Bei der Einstufung eines Golfplatzes wird Loch für Loch vermessen, und zwar aus der Optik des Scratch-Spielers und aus derjenigen des Bogey-Spielers; jeweils männlich und weiblich. Das macht also vier verschiedene Da- tensätze. Es müssen gemittelte Bedingungen (Platzunterhalt) während der Turniersaison abgewartet werden, in Bezug auf Breite der Fairways, Schnitthöhen der Roughs und Geschwindigkeit der Greens. Werden genau diese Verhältnisse nicht angetroffen, müssen sie nach den Angaben des Clubmanagements und des Captains angenommen werden. Auch sich aus den herrschenden Umgebungsbedingungen (wie die Häufigkeit des Mähens des Rough) ergebende Faktoren sind zu berücksichtigen.
So sind es vor allem die beiden Bereiche «effektive Spiellänge» und «kumulierter Schwierigkeitsgrad», welche eine Rolle spielen.
• Effektive Spiellänge: die gemessenen Längen der Holes werden ergänzt durch Höhenunterschiede, Höhe über Meer des Platzes, vorherrschende Windrichtung, Bodenverhältnisse, Hindernisse und Doglegs. So ergibt sich für jedes Loch eine effektive Länge; sie macht in der Schlussberechnung des Ratings etwa 95% aus.
• Schwierigkeitsgrad: zuerst werden auf jedem Loch die Landezonen der Drives und – bei Par 5 – des zweiten Schlags festgelegt. Im Bereich dieser Landezonen werden anschliessend Kriterien wie die Wellen auf der Rasenoberfläche (Stand beim nächsten Schlag), die Breite des Fairways, der Zustand des benachbarten Rouhgs, Lage und Tiefe der Bunker, Out of Bounds, Wasserhindernisse, von Bäumen und Büschen und so weiter erhoben.
Ebenfalls in Betracht werden gezogen: Distanzen zum Überwinden von Wasserhindernissen, Schwierigkeit von Annäherungsschlägen, Grösse und Umgebung der Greens wie Bunker, Wasser, Neigungen, Rough oder auch die Länge des zu spielenden Schlags.
Auf den Greens spielen eine Rolle das typische Tempo, die Ondulierungen, die Neigungen, Plateaus und so weiter. Ebenfalls bewertet werden müssen die psychologischen Schwierigkeiten des Spielens eines Schlags.
Jedes einzelne dieser Kriterien wird mit einem Faktor zwischen 0 (heisst: betreffendes Kriterium existiert nicht) und 10 (heisst: extrem schwierig) eingestuft.
• Das System ordnet nun jeder einzelnen Kategorie von Schwierigkeiten je nach Spielertyp einen Koeffizienten zu; zum Beispiel haben Bäume und Bunker für einen Bogey Player einen höheren Koeffizienten als für den Scratch
Das Par eines Holes
Das Par einer Spielbahn wird vom Architekten eines Platzes beziehungsweise vom Golfclub, der den Platz betreibt, definiert. Die European Golf Association hat allerdings Richtlinien erlassen, welche bloss in Fällen extremer Höhenunterschiede oder kurviger Fairways (Dogleg) abgeändert werden.
Par 3Herren bis 225 m



Damen bis 200 m
Par 4Herren 200 bis 450 m
Damen 180 bis 390 m
Par 5Herren über 400 m
Damen über 360 m
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Scratch Player, Bogey Player
Ein Scratch Player ist ein Spieler, der in der Lage ist, auf irgend einem homologierten Golfplatz mit einem Playing Handicap von 0 zu spielen.
Innerhalb des Systems wird er mit einer Drivelänge von 225 Metern (Damen: 190 m), einer Carry-Länge von 200 m (170 m) und einer maximalen Streuung von 36 m (30 m) angenommen. 430 m lange Holes (360 m) kann er (sie) mit zwei Schlägen erreichen. Diese Masse sind wichtig für die Bewertung der Schwierigkeit von Hindernissen (die ja nicht ins Spiel kommen, wenn sie am falschen Ort angelegt sind).
Ein Bogey Player ist ein Spieler, der mit einem Playing Handicap von 20 (Damen: 24) auf einem Golfplatz mit mittlerem Schwierigkeitsgrad (Slope Rating von 113) spielen kann.

Der Bogey Player macht Abschläge von durchschnittlich 180 m (135 m), carry 160 m (120 m) und streut höchstens 30 m (20 m). Er (sie) ist fähig, ein Loch von 330 m Länge (250 m) mit zwei Schlägen zu erreichen.
Wird das Par noch gebraucht?
Im geltenden Course Rating System hat das ursprüngliche Par seine Bedeutung zur Berechnung von Handicaps verloren. Allerdings werden alle Handicaps ja im Stableford-System berechnet, welches sich auf das Par eines Loches und seinen Schwierigkeitsgrad stützt, um Schläge zuzuteilen.
Pros haben keine Handicaps, sondern spielen immer im Platzstandard, dem Par eben. Deshalb ist es praktisch anzugeben, der Leader eines Turniers liege 4 unter Par (-4) – da kann man sich mehr drunter vorstellen, als wenn hören würde, Tiger Woods liege mit 234 Schlägen in Führung.
Das Par wird der wichtigste Indikator für den Charakter eines Holes bleiben.
Dank der Bandbreite bei den Längen der drei verschiedenen Typen von Holes ist es möglich, durch das Versetzen der Abschläge auf die unterschiedlichen äusseren Bedingungen (Temperaturen, Wind, Regen, Bodenverhältnisse) zu reagieren, um den Schwierigkeitsgrad des betreffenden Lochs etwa gleich zu behalten. Effektiv ist das nicht nur «möglich», sondern es sollte fairerweise durch das Clubmanagement und die Turnierleitungen systematisch gemacht werden...
Player, weil sich der bessere Spieler etwa aus einem Bunker besser zu befreien weiss als der High-Handicapper. Für jeden der vier Abschläge (weiss, gelb, blau, rot) wird nun die Berechnung des Scratch Course Rating und des Bogey Course Rating separat durchgeführt. Als Ergebnis der eher komplizierten Operation ergeben sich die jeweiligen Ratings mit der entsprechenden Anzahl Schläge, welche ein konkretes Handicap zugesprochen erhält, abzulesen in der berühmten vierfarbigen Tabelle.
Bezüglich der Berechnungen erhält man am Schluss die beiden Werte «Course Rating» (für den Scratch Player) und «Slope Rating» (für den Bogey Player); letzteres ist proportional zur Differenz zwischen dem Bogey Course Rating und dem Scratch Course Rating.
Das Slope Rating
Im Zentrum der neuen Methode stand immer das Slope Rating, welches es nun erlaubte, ein individuelles Handicap auf irgend einen anderen (vermessenen) Golfplatz anzupassen, unabhängig dessen Schwierigkeitsgrad. Das illustrieren Beispiele:
• Auf einem Platz mit einem Course Rating (CR) von 70 und einem Bogey Course Rating (BCR) von 90 besteht eine gleich hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein 0-Handicapper sein Handicap spielt wie ein 20-Handicapper. Zahlenmässig ausgedrückt bedeutet das, dass das Slope Rating (SR) 113 beträgt – eine Funktion der Berechnungsformel. Diese bestens bekannte Zahl von 113 bedeutet nun aber nicht, dass es sich um einen Golfplatz von mittlerem Schwierigkeitsgrad handelt, sondern dass das Course Rating sowohl für einen Scratch Player als auch für einen Bogey Player passt.
• Auf einem anderen Golfplatz (CR ebenfalls 70) beträgt das BCR 94; der Platz spielt sich also wesentlich schwieriger. Der Bogey Player «darf» vier Schläge mehr machen, um genau sein Handicap zu spielen. Für diesen Platz ergibt die Berechnung des Slope Rating einen Wert von 136.

• Auf einem dritten Golfplatz mit dem identischen Course Rating von 70 ergibt der Schwierigkeitsgrad für den Bogey Player (BCR) 87. Damit dieser hier genau sein Handicap spielt, darf er ein Score von 17 über Par notieren. Das SR berechnet sich hier mit 96.
Die drei Beispiele zeigen, dass ein Slope Rating, welches den Mittelwert von 113 übersteigt, bedeutet, dass man sich auf einem Platz befindet, wo der Bogey Player etwas schwierigere Verhältnisse antrifft als die exakte Differenz seines Handicaps zum Course Rating. Ein Wert unterhalb von 113 bedeutet das Gegenteil: es fällt ihm etwas leichter, die Differenz zum CR zu spielen. Der Wert 113 an sich aber ist ein Koeffizient, welcher keine direkte Aussage hat.