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Zwischen den Golfschwüngen geplaudert

Üblicherweise ist er ein Autor von Golf Suisse: Mark Bruppacher, langjähriger Golfer, ehemaliger Präsident des Golf & Country Club Zürich, Präsident des Rules Commitee der ASG, Mitglied des R&A. Wenn er selber schreibt, beschränkt er sich auf das Regeltechnische – deshalb schien es angebracht, ihn auch einmal zum Reden zu bringen. Das geschah anlässlich eines «Friendly Game» auf den ersten neun Holes seines Clubs in Zumikon (dort zu spielen ist auch für den Artikelschreiber ein uneingeschränktes Vergnügen). Wie das Game ausging? Off the record...

Wie man zum Regelfreak wird, das ist tatsächlich eine gute Frage. Unter den Schiedsrichtern sind Besserwisser und «Polizisten» nicht gefragt, sondern vor allem solche Golfer, die fasziniert sind vom Golfspiel und in seinem Regelwerk tiefe Weisheiten finden. Meine Mutter ist Engländerin, weshalb mir der britische Sportsgeist schon mit dem Schoppen eingeträufelt worden ist. Die Philosophie hinter den Golfregeln, ihre erkennbaren Wurzeln Hunderte von Jahren zurück, die Herausforderungen für den Golfer –wir sind auf dem Golfplatz effektiv in einer eigenen Welt. Vielleicht sogar etwas weltfremd, manchmal; aber auch das ist typisch britisch.

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Ich habe als Knirps 1959 erstmals Golfschläger geschwungen; in Vulpera, und später im GCCZ, wo meine Eltern Golf spielten. Während der Schule interessierte mich aber vor allem Leichtathletik und Fussball, und erst später, als Student an der Uni Zürich, bin ich wieder mit dem Spiel in Kontakt gekommen. Auf eine mehr beiläufige

Art übrigens. Die wirkliche Begeisterung packte mich erst Begin der achtziger Jahre auf dem Golfplatz in der Lenzerheide.

Nikolaus Senn war Präsident des GC Lenzerheide; ich stürzte mich als junger Zürcher Anwalt voll ins Clubgeschehen. Dort lernte ich viel darüber, wie man einen Golfclub führt, und als späterer Captain des Clubs muss mein Interesse für die Regeln erwacht sein!

Daniel Pfister und Paul Quéru, welche damals in der Schweiz das Regelwesen in der ASG begründeten und betreuten, trugen einiges dazu bei, in mir diese Begeisterung zu wecken. Nach dem Besuch des ersten ASG Regelseminars in 1990 entsandten man sich mich kurz darauf an die R&A Referees School in St. Andrews. Seither bin ich als ASG Schiedsrichter tätig und wurde 1999 in das Rules Commitee der ASG berufen. 2001 bis zum turnusgemässen Ablauf der Amtsdauer 2005 war ich auch Mitglied des Rules Commitee des Royal & Ancient Golf Club of St.

Andrews – er hat die Funktion des Dachverbandes von Europa in spiel- und regeltechnischen Belangen. Meine persönlichen Highlights waren natürlich die Einsätze als Schiedsrichter an den Open Championship. Dieses Jahr freue ich mich auf die Aufgebote an die Junior Team World Championship in Nagoya und an die Dunhill Trophy in und um St. Andrews.

Die Tätigkeit und Bedeutung des Regelkomitees der ASG hat zugenommen, so dass es ein bisschen darunter leidet, vollständig auf Miliz-Basis funktionieren zu müssen. Wir sind fünf Mitglieder, und wir möchten eigentlich professioneller arbeiten können, enger mit der ASG koordiniert. Wir fühlen uns zuständig für alle Golfspieler der Schweiz, für alle Turniere, für alle Clubs. Immerhin haben sich ja alle Spieler und Spielerinnen gleichermassen an Regeln und Etikette zu halten. Wir bekommen denn auch zahlreiche Anfragen und müssen schauen, jedem Fall gerecht zu werden. Wir sind im Moment an unserer Kapazitätsgrenze.

Nachwuchs zu finden für das Rules Commitee und für Schiedsrichter, das ist so eine Sache. Neben der Begeisterung für die Regeln und sehr guten Kenntnissen muss ein Kandidat oder eine Kandidatin dafür auch die Zeit finden.

Häufig beginnen die Einsätze als Schiedsrichter an Wochentagen mit der Platzmarkierung. Man muss sehr flexibel sein, weshalb das ein massgeschneiderter Job für Pensionierte oder selbständig Erwerbende ist.

Nicht jeder, der in der Liste der 26 ASG-Referees und 24 Assistant-Referees figuriert, ist automatisch auch ein Kandidat für das Rules Commitee. Einmal sollte man da auch ein gewisses Führungs-Charisma haben (und in der Lage sein, unangenehme Dinge auszusprechen...). Und zum andern ist dieses Gremium ja nur sehr klein, während wir doch relativ viele Schiedsrichter benötigen, um alle Aufgaben wahrnehmen zu können.

Die Ausbildung ist ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit –und zwar die Ausbildung an der Basis, in den Clubs aber auch bei der alle zwei Jahre stattfindenden ASG RulesSchool. Wünschbar wäre, dass es in jedem Club zumindest einen Regel-Sachverständigen gibt, der Kurse leitet und Prüfungen abnimmt.

Die Swiss PGA schickt ihre Lehrlinge im Rahmen der Ausbildung auch in die ASG-Regelkurse. Sie sind verpflichtet, die diesbezügliche Prüfung der ASG abzulegen. Das will aber nicht automatisch heissen, dass die Pros in den Clubs bereits Regelexperten sind, und ihr Interesse für Regelund Etikettenfragen kann nicht tel-quel vorausgesetzt werden. Hier wird nun eine engere Zusammenarbeiten mit der Swiss PGA angestrebt, mit einem Rules-Day Ende Mai im Swiss PGA National in Wylihof statt.

In den Clubturnieren muss ebenfalls alles regelkonform zu- und hergehen. Ich weiss natürlich, was da abgeht, was erzählt wird, und wie das mit der Regeltreue mancherorts steht. Zum Beispiel müssen auch bei einem Clubturnier die Abschläge und Fahnenpositionen korrekt gesteckt werden. Doch die Zusammenhänge sind komplex. Zuständig wäre der Vorstand mit seinen Organen; doch diese, also der Clubmanager und der Greenkeeper, sind nicht notwendigerweise Regelexperten. Und weil das Bewusstsein für den «Spirit of the Game» nicht allerorten gleich stark entwickelt ist ... kurz: auch hier gibt es Handlungsbedarf. Das «Bescheissen» im Turniergolf nimmt zu; das ist mein Eindruck. Am gravierendsten sind die Änderungen von

Zahlen auf der Scorekarte nach dem Unterschreiben. Eine neue Spielergeneration, vor allem im Clubgolf, ist total auf das Siegen fixiert; «golf is a game of gentleman and all about friendship, fresh air and exercise». Dazu trägt bei, dass es in unseren Clubs viel zu viele Turniere gibt, und dass viel zu viele und zu wertvolle Preise verteilt werden. Das ist im britischen Golf anders. Einmal werden viel weniger solche Turniere angeboten, und zweitens gibt es oftmals keinen Gabentisch. Wenn ich an die peinlichen Szenen denke, wo noch der x-te einen Preis bekommt, aber natürlich gar nicht mehr anwesend ist, und schliesslich hat die Turnierleitung die grösste Mühe, die Preise überhaupt los zu werden! Ginge es wieder mehr um das Erlebnis des Spielens und nicht so absolut um das Gewinnen und das «Abholen» von Preisen, würde auch der Druck, unbedingt Erfolg zu haben, abnehmen. Und es ist auch nicht erstaunlich, dass Geschäftserfolg und Spirit of the Game schön öfters auseinandergefallen sind.

Eine qualitativ gute, konsequente Ausbildung der Neugolfer in den Clubs könnte da auch Gegensteuer geben . Mir fällt auf, dass diese regeltechnisch in neuen Clubs, den Golf Academies der Migros und in der ASGI besser ist als in manchen anderen Clubs; dass demgegenüber aber in den traditionellen Clubs die Spielkultur und die Etikette besser vermittelt werden. Es wäre drum wünschbar, wenn Neugolfer viel häufiger mit Clubspielern gemischt würden, sowohl in Turnieren als auch im freien Spiel.

Ich liebe das Golfspiel, obschon ich es nicht mehr auf dem Niveau meines besten Handicaps – das war 1994 eine 6 –beherrsche. Heute spiele ich Handicap 11; aber eigentlich sollte man das Handicap nicht allzu wichtig nehmen. Ursprünglich war Golf sehr einfach; wer mit weniger Schlägen im Loch war, hatte gewonnen. Es wäre gut, wenn wieder mehr von diesem ganz einfachen Ursprungskonzept auch im Clubgolf zu sehen wäre. Strokeplay brutto. Aber das sind vielleicht Träume eines Idealisten?

■ Das Gespräch mit Mark Bruppacher führte Urs Bretscher

Hindernisse aller Art – Wasser, Böschungen, Bunker, Bäume – verteidigen das Green und kommen für den Schwierigkeitsgrad des Holes und des Platzes in die Berechnung (Hole 7 in Zumikon).

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