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Sportlerin zuerst
Golf ist Männersache, behaupten die Schotten; und aus historischer Warte hatten es die Frauen in Grossbritannien im Sport generell schwer. Davon ist bei einer wie Felicitas Caviezel nichts mehr übrig. Im Gegenteil: oft ist sie es, die den Männern den Tarif durchgibt. «Durch und durch Sportlerin, aber auch etwas altmodisch», sagt sie von sich selber. Plattform für ein längeres
Gespräch mit «Fe» über Golf und die Welt war der erste Tag des Ladies Swiss Open in Losone, unter spezieller Beobachtung der gegenwärtig besten Schweizer Spielerin, Nora Angehr n, und einer unserer besten Amateurinnen, Stefanie Noser.
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Zusammen mit dem St. Galler Christian Grand wurde Felicitas Caviezel Mitglied des ASG-Vorstandes; dieser gab nach sechs Jahren Präsidentschaft sein Amt an Mario Zürrer ab, der 2004 leider im Amt verstarb. Mit Martin Kessler erlebt sie also schon den dritten Präsidenten – «den Sportlichsten», was kein Wunder ist. Martin Kessler war zuerst Mitglied und später Captain der Nationalmannschaft.
Das war Fe Caviezel auch; bevor sie Vorstandsmitglied wurde, war sie Captain der Juniorinnen und der Girls und gleichzeitig auch Mitglied des Championship Comitees der European Golf Association. Ein Sesselkleber und «Verbandsheini» also? «Alles andere! Aber ich lebe und kämpfe für den Sport und meine sportlichen Ideale. Wenn ich einmal merke, dass ich nichts mehr bewegen kann, dann werde ich schnell weg sein!»
Und bewegen, das wird sie noch einiges. Sie steht der Kommission für Information und Marketing vor, was der Geschäftsfrau auf den Leib geschneidert scheint; sie führt eine Modeboutique im schicken Suvretta House in St. Moritz (und ist übrigens Mitglied des Golf Club Engadin). Doch ihre Erfolge als Geschäftsfrau haben sie den Blick fürs Wesentliche nicht verlieren lassen: «Mir geht das Spiel, der Sport, der Wettkampf über alles. Heute ist Golf, dieses schöne Spiel, bereits so eng mit dem Business verknüpft, dass wir alles tun müssen, um seinen Geist und seinen Charakter zu bewahren. Man kann nicht alles dem Umsatz opfern.»
Das ist rasch gesagt. Jeder Golfclub spielt auf einem Golfplatz, der in vielen Fällen einer Betreibergesellschaft gehört. Die Golfer können vieles, aber nicht immer alles selber bestimmen, und schweizerisches Gesellschaftsrecht verlangt, dass Ende Jahr schwarze Zahlen geschrieben werden – sonst lauern Probleme. Also muss auch das Geschäftliche stimmen. «Das ist ganz klar – das muss man mir nicht erklären. Aber ich sehe und erlebe heute Dinge auf den Golfplätzen, die mit der Etikette, mit den überlieferten Traditionen wenig zu tun haben. Ja, sogar den gesunden Menschenverstand vermisst man manchmal.»
Was ist denn die vornehmste Aufgabe der ASG? «Wir müssen den Golfsport fördern. Das tönt ziemlich banal, aber die Betonung liegt auf dem Sport. Das Schöne am Golfspiel ist ja gerade, dass es nahezu jedem, der will, unabhängig von seinem Alter die Chance gibt, sich zu verbessern und persönliche sportliche Höchstleistungen zu erzielen.» Natürlich weiss nicht nur Fe Caviezel, sondern der ganze ASG-Vorstand, dass die meisten Mitglieder der ASGClubs eher die soziale Komponente anstreben; das «friendly Game» oder vielleicht das Clubturnier. «Das ist ja auch gut so. Auf dieser Basis ist es aber wichtig, dass aus den Clubs immer wieder gute Turniergolfer in die Regional- und Nationalkader drängen. Das bringt die besten Förderungsimpulse, und es ist im übrigen auch im Interesse der Clubs, guten Nachwuchs zu haben, weil das ja bekanntlich die Clubmitglieder von morgen sind.»
Was also kommunizieren?
Nicht nur das Golfspiel, sondern die ganze westliche Gesellschaft unterliegt einem rascher und rascher werdenden Wandel. In diesem gesellschaftlichen Umwälzungsprozess etwas so traditionalistisches wie das Golfspiel zu propagieren, das ist eine anspruchsvolle Sache. Vielleicht ist die Generation von Fe Caviezel, zu welcher auch der GolfSuisse-Redaktor gehört, im Gegensatz zu der heutigen Jugend mit dem Privileg ausgestattet, in einer Zeit jung gewesen zu sein, wo Sportverein und Pfadfinder die einzigen Freizeitangebote waren. Fraglos, dass die damaligen «Kids» ganz automatisch zu schlanken, austrainierten und leistungsorientierten Wettkämpfern heranwuchsen. «Eigentlich habe ich nicht die besten Voraussetzungen für das Golfspiel. Bei mir muss alles immer zack-zack gehen; Geduld war nie mein herausragendster Charakterzug. Das hilft mir beim Führen meiner Mitarbeiter – ich packe an, gehe voran. Auf dem Golfplatz ist man besser etwas zurückhaltender!»
Aber was heisst das jetzt für den nationalen Golfverband, der sich in einem oftmals beinahe chaotischen Umfeld behaupten muss? «Auch hier bin ich überzeugt, dass man besser zuerst überlegt, bevor man schiesst. Auf der andern Seite scheint die Zeit gekommen, die Diskussion über die Herausforderungen der golfsportlichen Gegenwart anzunehmen. Oder noch besser: die ASG muss diese Diskussion leiten, ist sie doch der wichtigste und stärkste Player. Zusammen mit der Swiss PGA – wir bei der ASG sind für den Sport, also für das Turnierwesen zuständig, die PGA dagegen dafür, dass unsere Golfer und Golferinnen ordentlich schwingen und Freude am Spiel haben!» Eine Partnerschaft zwischen den beiden Grossen also? «Natürlich, das war mir immer wichtig. Neuerdings ist ein dritter, wichtiger Player hinzugekommen – die ASGI, welche das Auffangbecken für diejenigen Golfer ist, die aus irgendwelchen, aber achtenswerten Gründen nicht Clubmitglied werden wollen oder können.»
Natürlich, meint die im Haifischteich des Oberengadiner Detailhandels gestählte Geschäftsfrau, sollte die Leaderrolle der ASG begleitet werden von einem Marketing, einer Kommunikation, welche nach dem Motto «Gutes tun und darüber reden» dafür sorgt, dass der Verband als das wahrgenommen und respektiert wird, was er ist – als das Kompetenzzentrum Nummer Eins im Schweizer Golfsport.
Ist das nicht ein viel zu hoher Anspruch für eine Milizorganisation mit einer einzigen Geschäftsstelle in der
Schweiz? «Ich führe mein Geschäft nach bestem Wissen und Gewissen, und genau gleich nehme ich auch meine Aufgaben als Vorstandsmitglied war. Da bin ich allerdings limitiert, weil das ja eine ehrenamtliche Nebenbeschäftigung ist. Aber wenn ich in meinem Geschäft erfolgreich sein will, muss ich meine Strukturen so gestalten, dass diese den Aufgaben gewachsen sind. Zudem will ich da ja nicht nur mitschwimmen, sondern die beste sein. Mit der gleichen Philosophie sollten wir auch bei der ASG zupacken!»
Die Berge prägen den Menschen
Hört man aus solchen An- und Einsichten schon wieder den Wettkampf-Freak heraus? Fe Caviezel ist nicht nur Golfspielern, sondern hat auch das Patent der Bündner Skischule und ist häufig auf Touren in den Engadiner Bergen unterwegs. Auf den wirklichen Höhenwanderungen lernt man, sich auch im übertragenen Sinne mit hohen Zielen anzufreunden. «Mein Vater hat mir das vorgemacht. Er hat als 54-Jähriger erst mit Golf angefangen, hat innert kürzester Zeit ein einstelliges Handicap gehabt und im Alter von 70 Jahren zum ersten Mal sein Alter gespielt. Jetzt ist er 90, und wahrscheinlich spielt er sein Alter noch immer.» Wenn man dann noch weiss, dass der Bruder von Felicitas Caviezel Markus Frank heisst ... langjährige Teamstütze der Nationalmannschaft und einer der besten Amateurgolfer der Schweiz aller Zeiten, dann wundert man sich bei Fe eigentlich über nichts mehr. Sie selber übrigens hat zwar kein einstelliges Handicap, kann aber ihr 16 problemlos halten, obschon die Golfsaison im Engadin nicht viel länger als vier Monate dauert...
■ Mit Felicitas Caviezel in Losone unterwegs: Urs Bretscher

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