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177 Seiten rund 1700 Golfclubs

Welche Driver dürfen in welchen Turnieren eingesetzt werden, und welche nicht? Zu dieser Frage herrscht einige Verwirrung; sie war auch schon Gegenstand von Publikationen in diesen Spalten, und deshalb ist es erfreulich, dass seitens der Weltbehörde für die Regeln jetzt eine Klärung stattgefunden hat. Allerdings: der «recreational golfer», wie der Clubspieler in St. Andrews genannt wird, ist davon zur Zeit weder betroffen noch dadurch bevor- oder benachteiligt.
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Um die ganze Geschichte etwas verständlicher zu machen, ist es angebracht, einen ganz kurzen Abriss über die Geschichte der Driver und den Trampolineffekt zu geben. Alles begann eigentlich mit dem ersten Big Bertha von Ely Callaway; der findige Kalifornier hatte es geschafft, aus den Jahrzehnten von Holzdrivern und der ersten Metalldriver, die alle in etwa gleich gross, gleich langweilig und gleich leistungsfähig waren, in die Neuzeit der Bomber aufzubrechen, indem er den Schlägerkopf massiv grösser machte. Dazu mussten metallurgische Spezialtricks ausbaldowert werden, über die heute alle anderen Hersteller auch verfügen.
Plötzlich waren Driver die ganz heisse Story; die Clubheads wuchsen weiter und weiter, bis die USGA vor drei Jahren eine maximale Grenze von 460 Kubikzentimetern Volumen festsetzte (die damaligen Holzdriver hatten ein Volumen von etwa 190 ccm).
Die dünner und dünner ausgewalzten Werkstücke aus Stahl oder Titanium waren schwierig zu verarbeiten; man experimentierte mit den Legierungen, und irgend ein Tüftler fand dann her- aus, dass gewisse Legierungen elastisch waren, den Ball also aktiv «wegspickten». Der Trampolineffekt war geboren, und er wurde sofort zu einem Marketing-Gag. Selbstverständlich wurde er von Anfang an massiv überschätzt. 2001 publizierte Taylor Made eine Studie, die belegte, dass ein Driver mit einem solchen Clubface, der mit über 100 Meilen pro Stunde Clubhead-Speed den Ball perfekt trifft, einen rund 4 Yards längeren Ballflug zur Folge hatte als das gleiche Modell mit einer konventionellen, also starren Schlagfläche. Diese Erkenntnisse gelten grundsätzlich heute noch immer. Obschon also wirklich nicht viel an Länge herauszuholen war, stürzten sich nicht nur die Marketing-Strategen, sondern auch die Techno-Freaks der USGA unter ihrem damaligen Boss Frank Thomas auf das Thema. Der «Coefficient of Restitution», der COR, wurde definiert; und es wurde eine Messanlage für ihn zusammengebastelt. Sie bestand aus einer Vorrichtung, welche einen genormten Golfball per Kanone auf den festgeschraubten Driverkopf, der zu beur- teilen war, schoss und dann mass, wie schnell er zurückspickte. Übertraf der Wert den Koeffizienten 0,86, war der Driver illegal – bei diesem System bestand ein theoretischer Höchstwert von 1,0, was bedeutet hätte, dass der Ball 100% der Auftreffenergie des Drivers ausgenützt hätte.
Vom COR zum CT
Der Hauptmangel dieses Systems war die Unmöglichkeit, die Messanlage zu transportieren, um den Pros auf der Tour, die zumeist mit Prototypen abschlagen, auf die Finger zu schauen. Deshalb wurde in den Forschungsabteilungen des R&A und der USGA vor zwei Jahren der COR durch die CT ersetzt; die «Characteristic Time» nämlich. Diese Zeit wird gemessen; es ist die Dauer des Kontakts eines geeichten Pendels, das man auf den ebenfalls fixierten Driverkopf prallen lässt. Von dort spickt es wieder weg. Berührt es das Clubface des Drivers länger als 257 Microsekunden, dann ist der Driver zu «hot» und daher nicht «conforming» – also nicht legal. Das ist die heutige Situation. Vorteil: die Messanlage ist transportabel und kann jedes beliebige Exemplar messen, nicht bloss ein der USGA eingereichtes Exemplar.
Dieser Rechtslage hat sich der R&A (Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews), der ausserhalb der USA, Mexiko und Kanada für alle anderen Länder zuständig ist, angeschlossen.
Driver-Liste publiziert
Der R&A hat nun kürzlich und erstmals eine Liste aller konformen Driver veröffentlicht (natürlich alles in Koordination mit der USGA). Alle auf dieser Liste aufgeführten Driver entsprechen bereits heute den Regeln, welche ab 1. Januar 2008 gelten werden. Zahlreiche Hersteller haben in den letzten Jahren auch Driver verkauft, welche eine nicht legale CT haben; diese Driver werden während der Übergangsphase noch toleriert. Allerdings nicht in allen Turnieren. Pros und «highly skilled amateurs» müssen bereits heute mit konformem Material spielen. In der Schweiz gilt in allen Turnieren der Swiss PGA und der ASG das, was der Verband auf seiner eigenen Website unter «Conforming Drivers – ASG Policy» festgehalten hat. Dort kann auch nachgelesen werden, in welchen Turnieren welche Driver gespielt werden dürfen. Clubturniere dagegen kennen bis Ende 2007 keine Einschränkungen; man darf also auch allzu scharfe Driver spielen.
Die aktuelle Liste auf www.randa.org wurde von den Verbänden, den Tours und den Herstellern gemeinsam erarbeitet. Sie umfasst auf 177 Seiten rund 1700 Schläger; alle vor 1999 hergestellten Driver gelten a priori als konform und werden deshalb nicht erwähnt.
Die Liste wird jede Woche von R&A und USGA aktualisiert. Daneben publiziert der R&A auch eine Liste von Drivern, die ab 2008 nicht mehr wettkampfmässig eingesetzt werden dürfen.
Ab 1. Januar 2006 dürfen alle Turnierveranstalter zudem in den «Conditions of play» einen Passus aufnehmen, dass alle in diesem Turnier verwendeten Driver in der «List of Conforming Driver Heads» der
R&A figurieren müssen. Besser ist es jedoch, bereits in der Ausschreibung zum Turnier diese Bedingungen bekanntzugeben!
Abschliessend scheint die Feststellung am Platz, dass im Bestreben, die Abschläge nicht immer länger und länger werden zu lassen, nicht nur die Driver, sondern auch die Bälle im Zentrum der Diskussion stehen. Bekanntlich ergeben erst korrekt aufeinander abgestimmte Kombinationen von Clubheads und Ballmodellen diese extremen Distanzen. An Vorschlägen, die Vorschriften für die Bälle zu modifizieren, um die Weiten im Griff zu behalten, fehlt es nicht; es ist damit zu rechnen, dass schon in naher Zukunft neue Informationen auftauchen und uns das Thema noch weiter beschäftigen wird.
Der Text der Publikation des R&A kann im übrigen auf der Website der ASG (www.asg.ch) in seinem vollem Umfang nachgelesen werden; gleich wie die für alle Turniere in der Schweiz geltenden Ausführungsbestimmungen.
■ Urs Bretscher
Ausblick auf das ASGI-Programm 2006