Surprise Strassenmagazin 257/11

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Alioune Dieng und Sylvia Frey Werlen: Kunst, Gespräche und ein einfaches Leben.

«Badou wurde früher Grossvater als ich Grossmutter» Sylvia Frey Werlen und Alioune Dieng, genannt Badou, trennen nicht nur zwölf Jahre, sondern ein ganzer Kontinent. Die Künstler – er ein Mann der Farbe, sie eine Frau des Wortes – können etwas besonders gut: Streiten. Er: «Viele lassen sich von der Farbe der Haut oder der Haare irreführen und meinen, wir seien sehr unterschiedlich. Das ist nicht so. Zum Beispiel sind wir beide schon Grosseltern.» Sie: «Badou wurde schon früher Grossvater als ich Grossmutter. Da hat uns der Altersunterschied einen kleinen Streich gespielt. Im Senegal ist ein Mann, der mit einer älteren Frau verheiratet ist, nichts Aussergewöhnliches. Das war bei Mohammed, dem Propheten, auch so.» Er: «Aber wir wurden ja nach Dingen gefragt, die nicht einfach sind. Spannungen gibt es durch die Art, wie wir uns organisieren. Sylvia plant mindestens eine Woche im Voraus, und ich bin sehr spontan.» Sie: «Schwierig war für mich vor allem zu Beginn unserer Ehe, wenn ich gekocht hatte und Badou irgendwann kam. Das machte mich sauer. Badou hat mir beigebracht, sehr direkt auf den Tisch zu legen, was für mich schwierig ist. Dann sagt auch er, wie es für ihn ist. Oft übertreiben wir beide eine Sache noch, bis wir selbst lachen müssen. Uns ist beiden klar, dass unsere Beziehung nur eine Chance hat, wenn wir gut miteinander streiten können.» Er: «Heute haben wir einen Wochenplan am Kühlschrank, und oft machen wir am Morgen so was wie ein Erinnerungstraining. Dann sage ich Sylvia, was ich vorhabe, und sie sagt mir, was sie zu tun hat und was wir schon abgemacht haben. Seither klappt die Organisation eigentlich ganz gut.» SURPRISE 257/11

Sie: «St. Exupéry hat gesagt: Wichtig ist in der Liebe nicht, sich in die Augen zu schauen, sondern in die gleiche Richtung zu blicken. Das macht, dass wir in den letzten acht Jahren immer wieder den Weg miteinander gefunden haben.» Er: «Wir sind in der gleichen Lebensphase, haben herausgefunden, was uns wichtig ist: Ein einfaches Leben mit Menschen, die uns lieb sind, unsere Kunst, das Gespräch miteinander, das Lachen und das Interesse an fremden Welten.» Sie: «Die Expo hat mich auf eine Idee gebracht. Dort konnte man für zwei Wochen heiraten. Wir haben zuerst für ein Jahr geheiratet, danach für fünf weitere und dann für eine unbegrenzte Anzahl Jahre … Da wir beide schon etwas Angst hatten vor unserem Schritt, hat uns das geholfen.» Er: «Ich wurde als Künstler hierher eingeladen für eine Ausstellung im Jura. Da habe ich Sylvia kennen gelernt. Ich habe mich entschieden, mit ihr in der Schweiz zu leben und mich als Künstler weiterzuentwickeln.» Sie: «Ausstellungen von Badou kombinieren wir oft mit Lesungen von mir – etwa mit Texten aus meinem Gedichtband ‹Wie Ingwer bist du›, in dem ich über unseren gemeinsamen Weg geschrieben habe. Das findet bei vielen ganz unterschiedlichen Menschen Anklang. Eine Kostprobe: ‹Jetzt: Sie will nicht / was er will / er will nicht / was sie will / Und jetzt? / Jetzt fängt es an / das mit dem Lieben› ‹Vermutungen: Wirst du schwarz / wenn er dich küsst? / fragt die Kleine / Oder wird er weiss / wenn sie ihn im Arm hält? / Man weiss es nicht›.» ■ www.badou-peintre.ch www.karpfenverlag.ch

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