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Das grosse Geschäft Wiederentdeckung einer Ressource Stimmt! Die Demokratie sind wir – eine Systemkritik

Rennen im Hamsterrad: Ökonom Binswanger zu Wachstum und Wettbewerb

Nr. 257 | 26. August bis 8. September 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


Macht stark.

www.strassenmagazin.ch â?˜ www.strassensport.ch â?˜ Spendenkonto PC 12-551455-3 Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, Tel. 061 564 90 90, Fax 061 564 90 99


Titelbild: iStockphoto

Editorial Millionäre und Mittellose BILD: ZVG

Rechtzeitig auf den Wahlherbst haben Schweizer Politikwissenschaftler in einer Studie einmal mehr festgestellt, wie einzigartig unser System doch ist. Auch Journalisten grosser Tageszeitungen stimmen in das Loblied auf das «Schweizer Erfolgsmodell» ein und besingen Föderalismus, direkte Demokratie und Konkordanzregierung. Bundeshaus-Journalist Christof Moser ist es dagegen gar nicht nach patriotischen Gesängen zumute. In seinem Essay für Surprise deckt er Defizite auf, die drohen, unsere Demokratie zu untergraben und auszuhöhlen. «Schweine wählen SVP» las ich kürzlich erstaunt auf einem grossen Plakat vor dem Berner Bahnhof. Bei näherem Hinsehen entpuppte sich der Spruch als Ergebnis einer kleinen Retusche am original SVP-Plakat, die aus Schweizern Schweine machte – FLORIAN BLUMER was der Urheber wohl seinerseits der SVP vorwirft. Moser beklagt unter anderem REDAKTOR den wachsenden Einfluss millionenschwerer Plakatkampagnen und fordert wieder mehr Debatten auf Augenhöhe mit den Stimmberechtigten. Im beschriebenen Fall spielte jemand aus dem «Volk» den SVP-Mächtigen einen Streich und drehte damit den Spiess um. Ebenso dran glauben musste ein Zürcher SP-Kandidat, dessen Plakatspruch «Thomas Hardegger – bereit für den Ständerat» durch das Abkleben der letzten zwei Buchstaben ins Humoristische verkehrt wurde. Zugegeben, über den Stil liesse sich in beiden Fällen gut streiten – die Beispiele zeigen aber, dass sogar über Plakatkampagnen ein Einmischen in den politischen Dialog möglich ist, auch für Mittellose. Wie die meisten Stimmberechtigten sind auch die Teilnehmer der Fussball-WM keine Millionäre. Das heisst, der Strassenfussball-WM. Diese findet vom 21. bis zum 28. August in Paris statt, Surprise stellt die Schweizer Nationalmannschaft. Unsere Helden von Paris – zu Helden macht sie bereits, dass sie es auf ihren hindernisreichen Lebenswegen dahin geschafft haben – können Sie in dieser und der nächsten Ausgabe in Form von Fussballbildchen sammeln. Was sich Defense-Spieler Marco Zanni von der WM erhofft und wie er ins Team kam, lesen Sie in diesem Heft für einmal anstelle des Verkäuferporträts. Hitzfelds Truppe muss man für die EM 2012 ja praktisch abschreiben. Unser Strassen-Nationalteam sei hingegen so stark wie nie, hörte man aus dem Trainingslager munkeln. Schauen Sie auf www.strassensport.ch nach, wie sich unser Team geschlagen hat – Sie finden dort Videos zu allen Spielen. Einen ausführlichen Bericht über das WM-Abenteuer 2011 lesen Sie dann im nächsten Heft. Wir wünschen Ihnen Seh- und Lesevergnügen Herzlich Florian Blumer

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 257/11

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10 Wirtschaft Wachstum ins Unglück BILD: ANDREA GANZ

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Inhalt Editorial Mit und ohne Millionen Basteln für eine bessere Welt Fussball-WM-Bildchen! Aufgelesen Kopflose Hühner Zugerichtet Rache ist sauer Leserbriefe Lob und Tadel Porträt Tierliebe statt SBB-Durchsagen Le mot noir Grabreden Hip-Hop Jugendkultur wird erwachsen Kulturtipps Midlife-Crisis Ausgehtipps Maverick ist zurück Spielerporträt Sport statt Drogen Projekt Surplus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

Der Ökonom Mathias Binswanger nennt die Dinge beim Namen: Mit unserem bedingungslosen Glauben an Wachstum und Wettbewerb befänden wir uns in einer Tretmühle, die uns erwiesenermassen nicht mehr Glück bringen wird. Dafür seien die SpitalPatienten zum Portfolio degradiert worden, das optimiert werden müsse, und die Bauern würden nach und nach verschwinden.

13 Abwasser Wertvolles Gut BILD: LUC-FRANÇOIS GEORGI

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In der Abwasserreinigung Kloten/Opfikon werden die Abwässer von rund 60 000 Menschen gereinigt. Die Ausscheidungen, die sich hier täglich sammeln, werden den meisten als nicht besonders wertvoll erscheinen. Weit gefehlt! Durch ein neues Verfahren werden aus Faulwasser kostbare Rohstoffe zurückgewonnen. Auch aufschlussreiche Informationen lassen sich aus unseren Extremen herauslesen.

BILD: ZVG

16 Politik Demokratie unter Druck Undurchsichtige Geldströme, Millionen-Kampagnen statt Bürger-Debatten und ungleich lange Spiesse unter den politischen Kräften schwächen unsere Demokratie. Der parteiübergreifende «Club Helvétique» warnt angesichts der Häufung rechtsstaatlich bedenklicher Initiativen vor einer «unschweizerischen Demokratieverluderung.» Sollen wir zurück zur Landsgemeinde?

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ILLUSTRATION: SIMON DREYFUS | WOMM

Stefan Erni

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David Möller

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1. Laden Sie auf www.strassensport.ch den Surprise-

2. Schneiden Sie die Bildchen aus und kleben sie mit

Strassensport-Sammelbogen herunter und drucken

Papierleim an bezeichneter Stelle ein.

Sie ihn farbig aus. 3. Kaufen Sie auf jeden Fall auch das nächste Surprise, wenn Sie keine unschönen freien Stellen auf Ihrem Nationalmannschaftsposter haben wollen. Sie werden so den Bogen vollbekommen, garantiert – ohne sich ärgern zu müssen, schon wieder nur Doppelte gekauft zu haben und ohne mühsames Tauschen auf Schulhöfen.

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Reza Amiri

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Pascal Fust

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Basteln für eine bessere Welt Uns ist klar, wie hart die Zeiten für Panini-Fans in diesem Profifussball-WM-losen Sommer sind. Noch dazu wird es wohl auch nächsten Sommer, auf die EM in Polen und der Ukraine hin, keine Schweizer zu sammeln geben. Hier also exklusiv für Surprise-Leser: Die offiziellen Fussballbildchen des Schweizer Teams zur Strassenfussball-WM vom 21. bis zum 28. August 2011 in Paris! SURPRISE 257/11

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Unfähige Bundeswehr Hannover. Der ehemalige Soldat Achim Wohlgethan packt aus: Die Bundeswehr-Führungsebene in Afghanistan kenne sich mit Panzerschlachten aus, verstehe aber nichts von asymmetrischem Krieg und Terrorismus. Dazu seien die Soldaten mit untauglichem Material im Einsatz. Warum er dies alles ausplaudern dürfe? Der Offizier, bei dem er die Schweigepflicht hätte unterschreiben müssen, so Wohlgethan, sei an seinem Entlassungstag nicht da gewesen.

Arbeitsverbot für Asylbewerber Graz. In Österreich müssen Asylsuchende, die in der Zeitungszustellung arbeiten, um ihren Job fürchten. Sie dürften nur selbstständige Tätigkeiten ausführen, der Verwaltungsgerichtshof hat nun aber in verschiedenen Fällen entschieden, dass Zeitungszusteller «arbeitnehmerähnlich» seien. Dies bringt auch Zustellerfirmen wie Redmail in Bedrängnis, denn «für den harten Job in den frühen Morgenstunden» sei es fast unmöglich, Österreicher zu finden, so Redmail-Anwalt Metzl.

Herzhaftes Hühnerschlachten Stuttgart. Die aktuelle Ausgabe des «trottwar» schrieben Absolventen einer Journalismusschule. Hanni Heinrich verfasste einen Erfahrungsbericht aus der Biohof-HühnerSchlachterei: «Herzhaft» müsse sie zuschlagen, habe ihr der Schlachter gesagt, und das tat sie dann auch. Ihre Knie hätten gezittert, und: «Eine gelbe, warme Flüssigkeit strömt über meine Finger, ich atme schneller und knirsche mit meinen Backenzähnen. Ich greife in das warme Tier und ziehe die Gedärme heraus.» Hanni verzichte seither auf «Hähnchen to go».

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Zugerichtet Die Rache der Frau W. Die Angeklagte erscheint in einem flotten Sommerkleid. Gelb, orange, rot geblümt. Sie ist 47 Jahre alt, das blonde Haar tipptopp frisiert. Vor der Verhandlung hatte sie noch einen Termin beim Coiffeur. Es geht um einen Nachbarschaftsstreit. Dorothea W.* soll bei mehreren Firmen Waren unter dem Namen ihrer ehemaligen Nachbarin Frau Meier bestellt und ihr nach Hause geliefert haben lassen. Sie gibt sich selbstsicher. Sie sei das nicht gewesen. Fertigschluss. Sie hoffe, dass die unselige Geschichte endlich ein Ende nehme. Ihren Anfang nahm sie im Spital. Dort lernten sich die beiden Frauen bei ihrer Arbeit als Krankenschwestern kennen. Sie wurden Freundinnen und später Nachbarinnen. Frau Meier hatte Dorothea W. eine Wohnung in ihrem Block vermittelt, wo die Meiers die Hauswartung machten. Man habe sich gut verstanden, mal zusammen ein Gläschen getrunken. Frau Meier habe auch öfter mal Frau W.s Tochter gehütet, wenn sie auf Nachtwache war. Wie es zum Zerwürfnis kam, erzählt Dorothea W. so: Sie hätte bezeugen sollen, dass ein Handwerker beim Parkieren das Auto der Meiers beschädigt habe. Sie habe aber den Unfall gar nicht gesehen und sich deshalb geweigert. Da habe ihr Frau Meier gedroht: «Das wird dir noch leid tun.» Darauf habe Frau Meier erst auf der gemeinsamen Arbeitsstelle über sie gelästert, dann seien nach und nach Dinge verschwunden, sagt Frau W., und am Auto sei ihr rundherum der Lack verkratzt worden. Schliesslich sei sie gezügelt, um aus der Schusslinie zu kommen.

Von ihrem neuen Zuhause aus soll sie dann aber zurückgeschossen haben. Oder wie es die Anklageschrift formuliert: Waren im Namen ihrer Ex-Nachbarin bestellt, ihre Unterschrift gefälscht und Telefonmissbrauch betrieben haben. So forderte sie Angebote von Versicherungsmaklern, Kreditinstitutionen und Schönheitschirurgen an die meiersche Adresse. Dazu tags und nachts Anrufe von Männern, die sich angeblich mit Frau Meier treffen wollten. Herrn Meier hätten auch Prostituierte angerufen. Schliesslich habe ein Beerdigungsinstitut einen Kostenvoranschlag geschickt. Da sei Frau Meier der Laden runter. Krank geworden sei sie, als auch noch Pornokram vom Versandhandel ins Haus kam. Das löste bei ihr einen solchen Stress aus, dass sie innert zwei Monaten zwölf Kilo abnahm. Das stehe der Frau Meier aber gut, findet Frau W. Und überhaupt sei das eine gewöhnliche Diät gewesen und kein Stress. Sie komme am neuen Ort mit allen Nachbarn super gut aus. Auch das Verhältnis zu den Arbeitskollegen: Alles super. Sie brauche sich nichts vorwerfen zu lassen. Das graphologische Gutachten sowie mehrere Zeugenaussagen lassen jedoch keine Zweifel daran, dass Dorothea W. all diese Angebote an die Adresse ihrer ehemaligen Nachbarin bestellt hat. Der Richter verurteilt sie zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Frau W. verzieht keine Miene und geht hinaus. Jetzt gibt es erst mal Zvieri. Sie setzt sich auf die besonnte Bank vor dem Bezirksgericht und holt ein «Vogelnäschtli» aus ihrer Handtasche. *Persönliche Angaben geändert. ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 257/11


Leserbriefe «Aus Sicht der vielen Menschen, die sich das nicht leisten können, ist das ‹Recht auf Luxus› ein Hohn.»

Traumwelten Mena Kost hat meine Ferienlektüre mit ihrer wunderbaren Versammlung von tollen Texten und unterschiedlichsten Autorinnen und Autoren massgeblich geprägt. Ich habe mich auf die Suche nach markanten letzten Sätzen gemacht und siehe da: «Für meine Geschichte reicht die Länge eines Zeitungsartikels absolut», «… man warf uns alle hinaus» und «… gehe ich mit gutem Beispiel voran und höre hier nun auf» – das sind doch überzeugende Einladungen, sich wieder mit der eigenen Ferienund Alltagswelt zu beschäftigen! Neben dem herrlich schräg erzählten «Blaue Liebe»-Krimi und dem alltagsklugen Essay über «Stil und Moral» bleiben mir auch einige skurrile Texte in Erinnerung, in denen immer wieder neue Bilder und Geschichten angefangen werden, die sich gar nicht ganz enträtseln lassen. Christian Vontobel, Basel Ewig so Köstlich, diese Geschichten in den letzten beiden Ausgaben. Das reinste Lesevergnügen. Könnte es doch ewig so weitergehen. Gerhard Cornu, Felben-Wellhausen Nr. 255: Im Südsudan «Das Recht auf Luxus» Unseliges Plakat Ich bin schon seit Jahren Leserin ihrer tollen Zeitung. Ich zähle nicht zu den aktiven Leserbriefschreiberlingen. Doch mancher Gedanke bewegt und bestätigt mich, und dass ich nicht so falsch liege, konnte ich in Ihrem «Mit scharf!» sehen. Wir haben hier unsere Postautohaltestelle, die ich ab und an benutze, auch dort hängt dieses unselige Plakat. Ich ha-

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch

be mich auch gefragt, wer solche Ideen entwickelt. Wo steht eigentlich «das Recht auf Luxus» verbrieft? In der heutigen Zeit und aus Sicht der vielen Menschen, die sich das nicht leisten können, ein Hohn. Ich anerkenne ja, dass es für den Verkauf von Autos Werbung braucht, auch ist nicht zu verschweigen, dass in der lieben Schweiz auch viele Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom Auto abhängen. Aber könnte man die Werbewirtschaft nicht regeln? In Grossbritannien mussten Kosmetikfirmen ihre Plakate, die zu stark retuschierte Models zeigten, aus dem Verkehr ziehen. Ihnen, lieber Herr Blumer, ein Riesenkompliment zur kritischen Wortmeldung. Ich finde es super, dass es noch Menschen gibt, die sich so etwas öffentlich zu kritisieren trauen. Das bestätigt mir: Wir leben nicht in einer Diktatur mit Pressezensur. D. und E. Knopf, Birmensdorf «Übermotorisiert und unterbelichtet» Lärm Zum Artikel von Reto Aschwanden: Sie haben etwas Wichtiges vergessen: Motorroller stinken und machen Lärm, viel mehr als Autos! Elisabeth Konrad, Bern «Cervelat-Promis zum Anbeissen» Tierleichen Die Kunst symbolisiere mit der Darstellung von Würsten das pralle Leben genauso wie Tod und Zerfall, schreibt Surprise über die Ausstellung «Alles Wurscht oder was?» im Historischen Museum von Luzern. Und übergeht dabei die Tatsache, dass dieses «pralle Leben», genannt Wurst, von Rindern und Schweinen abstammt, die ihr kurzes Leben auf engstem Raum in oft dunklen Ställen fristen mussten, dann brutal getötet und zerstückelt wurden. Millionen dieser Lebens- und Todessymbole wurden 2010 in der Schweiz vertilgt – wie viele Tiere dafür vom Leben in den Tod befördert wurden, weiss ich nicht. Ist ja auch wurscht, nicht wahr? Hauptsache, es gibt Künstler, die mit solchen Tierleichen Kunstwerke konzipieren. «Auschwitz fängt da an, wo einer im Schlachthof steht und denkt, es seien ja nur Tiere», sagte der Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno. Ein Zitat zum Zubeissen … Lislott Pfaff, Liestal

BILD: ZVG

Nr. 253 und 254: Lesenummern Geschenk für Leseratten Es ist mir immer eine Freude, Surprise zu lesen. Die Artikel sind vom Besten. Nun die Kurzgeschichten! Als Leseratte waren sie mir ein Geschenk. Immer Dank für Ihre Arbeit, den Sinn, den Sie diesem Magazin geben, für die Hilfe an viele. Marianne Erni-Stiner, per E-Mail

Starverkäufer Fiqi Ibrahim Ali Lislott Pfaff aus Liestal nominiert Fiqi Ibrahim Ali als Starverkäufer: «Er steht geduldig vor dem Eingang des Coop-Einkaufszentrums in Liestal, bei jedem Wetter, und lächelt freundlich. Ob ich ihm ein Heft abkaufe oder nicht, er bleibt immer gleich freundlich, grüsst mich und hofft auf nächste Kunden. Lächelnd nimmt er die sechs Franken entgegen, bedankt sich und wartet, bis sich wieder jemand für seine Zeitschrift interessiert. Ich möchte Fiqi Ibrahim Ali als Starverkäufer vorschlagen, weil er so geduldig, so freundlich und so dankbar ist.» (Fiqi Ibrahim Ali möchte lieber nicht aufs Bild.)

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Porträt Allgegenwärtig in der Bahnhofshalle Noch für sechs Jahre wird es ihre Stimme sein, die wir hören, wenn am Bahnhof oder im Zug Informationen über Lautsprecher durchgegeben werden. Isabelle Augustin hat aber unterdessen ihr Leben auf den Kopf gestellt und eine Aufgabe gefunden, die sie mit Leidenschaft erfüllt: Der Einsatz für Tiere. VON MANUELA DONATI (TEXT) UND LUCIAN HUNZIKER (BILD)

Der Moment, als sie ihre eigene Stimme zum ersten Mal über den Lautsprecher hörte, ist Isabelle Augustin noch gut in Erinnerung. In der Oltener Bahnhofshalle war das. «Bin ich das jetzt?», habe sie sich damals gefragt. Dass sich Augustin beim Zugfahren immer mal wieder selbst hört, daran hat sie sich mittlerweile gewöhnt. Von Freunden und Bekannten wird sie jedoch noch regelmässig auf ihre Durchsagen angesprochen. In der Öffentlichkeit, auf Schweizerdeutsch, bleibt ihre Stimme hingegen unerkannt: «Dass mich jemand direkt an der Stimme erkannt hat, ist noch nie vorgekommen», sagt Augustin, deren Basler Dialekt im Hochdeutsch der Lautsprecherbotschaften nicht durchdringt. Fast ein Jahr lang stand Isabelle Augustin 2006 im Tonstudio, um die Durchsagen für das Deutschschweizer Bahngebiet aufzunehmen. Jedes Wort musste einzeln gesprochen werden – eine langwierige Prozedur. Heute sei ihr Alltag ein ganz anderer, erzählt Augustin beim Gespräch in einem Café im malerischen Allschwiler Dorfkern, habe nichts mehr mit Tonstudios oder Theaterbühnen zu tun. Nicht weit von hier, in einem alten Bauernhaus in der kleinen Gemeinde Schönenbuch, wohnt sie zusammen mit ihrem Partner Vicente und den drei Hunden Joshi, Camma und Tao. «Hätte mir früher jemand gesagt, dass ich einmal in einer Landgemeinde wie Schönenbuch wohnen würde – never, hätte ich geantwortet», meint Augustin lachend. Das «Früher» bezieht sich auf die Zeit, als sie noch bei verschiedenen Schweizer Theatern und als Sprecherin bei Fernsehsendungen wie «10vor10» oder «Tagesschau» arbeitete und in den grossen Schweizer Städten zu Hause war. «Mein Leben ist unterteilt in zwei Teile», erklärt sie rückblickend. Deutliche Trennlinie: Eine Weltreise. 2003 wollte Isabelle Augustin «raus aus den sterilen Situationen in Aufnahmestudios». «Ich wollte selbst machen und wirken», sagt sie und fügt an: «Ausserdem bin ich ein ungeduldiger Mensch, nicht gemacht für die Routine.» So kündigte die damals 39-Jährige Job und Wohnung und reiste zusammen mit Partner Vicente in einem Jahr einmal um den Globus. Sie wollte «raus in den Dschungel», sagt sie. Also mieden die beiden grosse Städte und verbrachten stattdessen viel Zeit in Auffangstationen für Wildtiere. Sie fütterten und pflegten in Freiwilligenarbeit Affen, Papageien, Schlangen und kleine Wildkatzen in Ecuador, Thailand und Vietnam. Der intensive und nahe Kontakt mit den Tieren hinterliess bei Isabelle Augustin einen bleibenden Eindruck. Wieder zurück in der Schweiz war ihr endgültig klar, dass sie eine Veränderung brauchte. Augustin machte zwar noch einige Sprechjobs – wie den bei der SBB –, absolvierte aber die Ausbildung zur Erwachsenenbildnerin und begann, sich im Tierschutz zu engagieren. Zuerst setzte sie sich beim «Verein für Schweinefreunde» für Nutztiere ein und klärte mit dem «GrunzMobil», einer Mischung aus Kino und VW-Bus, an Standaktio-

nen und in Schulen über die Missstände in der Nutztierhaltung und der Fleischproduktion auf. Dann wurde ihr klar: «Ich will mehr im direkten Kontakt mit Tieren sein.» Als ersten Schritt brachte sie die beiden Windhunde Camma und Tao aus Spanien in die Schweiz und gab dem blinden Mini-Boarder-Collie Joshi ein Zuhause. 2010 begann sie, sich in einem Tierheim im benachbarten französischen Mulhouse zu engagieren. Um für dessen Hunde und Katzen ein neues Zuhause zu finden, hat sie den Verein «Pfotenteam» mitgegründet. Fast jeden Samstag verbringt Augustin zusammen mit anderen Helfern des siebenköpfigen Teams im Tierheim und geht mit den Hunden spazieren. Regelmässige Putzaktionen, der Kontakt zu potenziellen neuen Herrchen und Frauchen sowie viel Organisatorisches gehören ebenfalls zum ehrenamtlichen Engagement. «Wahnsinnig viele Tiere werden abgegeben oder ausgesetzt», sagt Isabelle Augustin, «es ist deprimierend. Doch wenn man sich einsetzt, kann man auch etwas Gutes schaffen.» Und mit ihrem Engagement für den Tierschutz tut Isabelle Augustin nicht nur den herrenlosen Hunden und Katzen etwas Gutes, sondern auch sich selbst: «Die Arbeit mit Tieren ist sehr erfüllend», sagt sie. Hauptberuflich unterrichtet sie heute Deutsch für Fremdsprachige in Basel und Allschwil, und das sehr gerne. «Doch nach dem Unterrichten bin ich jeweils müde. Gehe ich danach mit meinen Hunden nach draussen, bin ich wieder voller Energie.» Noch bis 2017 ist Isabelle Augustin die Stimme der SBB. Bis dann kann es passieren, dass sie eine Zugdurchsage an den ersten Teil ihres Lebens erinnert. Doch Isabelle Augustin vermisst das Rampenlicht des Theaters und ihre Sprech-Jobs nicht. «Ich habe abgeschlossen damit. Ich habe mich verändert», sagt sie bestimmt. Und: «Tierschutz ist genau mein Ding.» Isabelle Augustin hat dabei noch eine weitere Leidenschaft entdeckt: Die Zoopharmakognosie, die Lehre von der Selbstme-

Augustin klärte mit dem «GrunzMobil» über die Missstände in der Nutztierhaltung und der Fleischproduktion auf.

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dikation bei Tieren. Seit eineinhalb Jahren reist sie deshalb regelmässig nach England und besucht dort Seminare. Mit ihrem Wissen konnte sie einen verängstigten, bissigen Hund auch schon mal mit ätherischen Ölen besänftigen. Und haben ihre eigenen Hunde kleine Verletzungen, behandelt sie diese nicht mit Antibiotika, sondern mit Heilerde oder Ölen. Der umtriebigen Frau wird es in nächster Zeit bestimmt nicht langweilig. Zudem hat die 47-Jährige noch einen Traum, den es zu realisieren gilt: Sie würde gerne ein kleines Tierschutzzentrum eröffnen, einen Begegnungsort, den Tierfreunde und Fachleute zum Netzwerken nutzen könnten und in dem sie Zoopharmakognosie praktizieren würde. Ein Projekt, so scheint es, das sicherlich kein Luftschloss bleiben wird – gemessen an der Entschlossenheit und Begeisterung, mit der Augustin davon erzählt. ■

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Wirtschaft Das Märchen vom Wettbewerb Warnung! Die folgenden Aussagen des Volkswirtschaftsprofessors Mathias Binswanger gefährden das Wirtschaftswachstum. Aber sie könnten Ihr Glück fördern. VON STEFAN MICHEL (TEXT) UND ANDREA GANZ (BILD)

Herr Binswanger, Sie vertreten in Ihrem Buch «Die Tretmühlen des Glücks» eine skeptische Sicht auf das Wirtschaftswachstum … Unser Wohlstand ist so gross wie noch nie, doch die Zufriedenheit stagniert. Das zeigen Untersuchungen. Trotzdem glauben die meisten, dass es ihnen noch besser ginge, wenn sie noch mehr besässen. So geraten sie in eine Tretmühle.

lassen, gäbe es bald keine Grundlagenforschung mehr, weil die niemand direkt nachfragt. Also inszeniert man einen Wettbewerb. In der Wissenschaft geht es heute darum, möglichst viel zu publizieren und möglichst viele durch Drittmittel finanzierte Projekte durchzuführen. Das führt dazu, dass es immer mehr Publikationen und Projekte gibt, die aber immer belangloser werden. Man konzentriert sich auf das, was gemessen wird. Der Inhalt spielt keine Rolle mehr. Sinnlose Wettbewerbe breiten sich seit den Achtzigerjahren auch in anderen Bereichen aus, zum Beispiel im Gesundheitswesen.

Ist es nicht eine Gefahr für die Wirtschaft, wenn immer mehr Können Sie das erklären? Leute merken, dass sie gar nicht mehr Materielles brauchen, um Gesundheitsversorgung soll allen zur Verfügung stehen. Würde man sie glücklich zu sein? dem Markt überlassen, wäre das nicht mehr gewährleistet. Aber wenn Das ist eine riesige Gefahr. Darum hält die Wirtschaft die Tretmühlen permanent am Laufen. Zum Beispiel indem sie Gütern einen Statuscharakter gibt. In der «Alles, was sich schon im Ausland nicht bewährt hat, wird Schweiz haben alle ein Auto, die eins wollen. mit besonderem Fleiss auch in der Schweiz umgesetzt.» Würden sie es lediglich alle paar Jahre ersetzen, dann wäre im Automarkt kein Wachstum da kein Markt ist, dann kann es nicht effizient sein, denken einige und mehr möglich. Weil das Auto aber ein Statussymbol ist und die Leute eiinszenieren deshalb einen Wettbewerb. nen besseren Wagen fahren wollen als die anderen, ist der Markt noch nicht gesättigt. Was sind die Folgen? Früher verdiente ein Spital umso mehr, je länger es einen Patienten bei Wie gelingt es Ihnen selber, nicht nach mehr zu streben? sich behielt. Die Fallpauschalen, die in der Schweiz ab nächstem Jahr An der Universität ist man sicher nicht dem gleichen Druck ausgesetzt, gelten, bewirken, dass ein Spital einen Patienten möglichst kurz behalwie wenn ich in einer Bank arbeiten würde. Ich bin zufrieden, solange ten und möglichst viel aus ihm herausholen will. Dabei blendet man ich machen kann, was mich interessiert. Materiellen Wohlstand anzuaus, dass die Kosten einfach verlagert werden. Auf den ambulanten Behäufen, beglückt mich hingegen nicht besonders. reich, auf die Rehabilitation und auf weitere Institutionen, die die Kranken von den Spitälern übernehmen. «Tretmühlen des Glücks» ist ein Lebenshilfebuch. Ist das eine Nachbarschaft, in der Sie sich wohlfühlen? War das Gesundheitswesen effizienter, bevor man versuchte, Das wurde vom Verlag so positioniert. Ich kann damit auch einige Dindie Effizienz zu steigern? ge richtigstellen, die in den anderen Lebenshilfebüchern nicht besproIm grossen Ganzen wahrscheinlich schon. Früher war der Zweck, die chen werden. Glück ist zu individuell, als dass man Menschen sagen Kranken zu heilen und die Kosten nicht aus dem Ruder laufen zu laskönnte, was sie tun müssten, um glücklich zu werden. Umgekehrt kann sen. Inzwischen ist das finanzielle Ergebnis das Wichtigste. Die Patienman aufzeigen, welche Tendenzen es einem systematisch erschweren, ten sind zu einem Portfolio geworden, das man optimieren muss. ein glückliches Leben zu führen. Sind Sie mit solchen Themen unter Ökonomen ein Querulant? Nicht unbedingt. Die Glücksökonomie gewinnt auch in der Wirtschaftswissenschaft an Stellenwert. Viele Ökonomen haben jedoch mit der Realität nicht viel am Hut. Die bleiben in ihrer Wissenschaftswelt. Ihr neuestes Buch trägt den Titel «Sinnlose Wettbewerbe – Warum wir immer mehr Unsinn produzieren». Was ist ein sinnloser Wettbewerb? Ein sinnloser Wettbewerb findet dort statt, wo kein Markt ist und man versucht, durch einen künstlichen Wettbewerb Effizienz herzuzaubern. Ein gutes Beispiel ist die Wissenschaft. Würde man sie dem Markt über-

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Woher kommt dieses Missverständnis der Effizienz? Das begann in den Achtzigerjahren mit den Regierungen Reagan und Thatcher, die möglichst viel Markt und möglichst wenig Staat wollten. Weil dann zu viel nicht mehr funktionierte, forderte man den effizienten Staat. Den propagierten besonders Blair und Schröder. Und alles, was sich schon im Ausland nicht bewährt hat, wird verspätet und mit besonderem Fleiss auch in der Schweiz umgesetzt. Warum übernimmt man etwas, das nicht funktioniert? Dahinter steckt auch ein starkes Interesse von Beratungsbüros und Instituten, die auf die Einführung von solchen künstlichen WettbewerbssySURPRISE 257/11


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stemen spezialisiert sind. Zudem stehen Politiker, die für das Gesundheitswesen verantwortlich sind, unter einem starken Legitimationsdruck. Sie geben sehr viel Geld aus und müssen beweisen, dass dieses Geld etwas bewirkt. Dazu brauchen sie Zahlen. Auch der Freihandel, sagen Sie, hat in der Landwirtschaft nicht den Effekt, den man sich wünscht – nämlich tiefere Preise für die Konsumenten und höheren Absatz für die Produzenten. Weshalb? Es sieht zwar zunächst aus, als ob die Konsumenten die Gewinner wären, wenn die Preise sinken. Da sie in der Schweiz aber trotz hoher Preise einen relativ kleinen Teil des Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben, ist das nicht allein ausschlaggebend. Vielen Kunden liegt auch daran, dass die Nahrungsmittel aus ihrer Umgebung kommen, dass man Einfluss nehmen kann auf die Produktionsbedingungen. Sind Sie ein Gegner des Freihandels? In den meisten Bereichen ist Freihandel absolut sinnvoll. Aber die Landwirtschaft passt da nicht hinein. Ihr Hauptproduktionsfaktor ist der Boden. Die Industrie oder die Dienstleistungsbranche können ihren Hauptproduktionsfaktor, das Kapital, erweitern. Der Boden, den man bebauen kann, ist irgendwann bebaut. Wachstum ist dann nur durch höhere Produktivität zu erreichen. Sie führt dazu, dass die Preise sinken. Dadurch sinkt das Einkommen, und die weniger produktiven Bauern scheiden aus. Der Rest versucht, noch produktiver zu werden, mit dem Resultat, dass sich das Ganze wiederholt. Dies ist die landwirtschaftliche Tretmühle, die so weitergeht, bis die meisten Bauern verschwunden sind. Sie sind ein wettbewerbs- und wachstumskritischer Ökonom? Nein. Ich bin weder gegen Wettbewerb noch gegen Wachstum. Aber nicht für Wettbewerb und Wachstum um jeden Preis. Das Wachstum

zum Beispiel hat einen Wohlstand ermöglicht, wie wir ihn noch nie hatten. Wie sich in der Finanzkrise gezeigt hat, kann man ein hohes Wachstum aber nur aufrechterhalten, wenn man von Zeit zu Zeit unvernünftig investiert. Mit einem etwas gemächlicheren Wachstum würden wir wahrscheinlich besser leben. Wenn Sie das Schweizer Wirtschaftssystem anschauen – woran sollten wir festhalten, was sollten wir ändern? Grundsätzlich hat die Schweiz ein sehr gutes System. Viele Sachen gibt man in der Schweiz auf, weil man das Gefühl hat, man könne nicht mithalten mit dem Ausland und müsse sich auch danach ausrichten. Die Schweiz hat ein sehr gutes System in der Bildung: Relativ wenig Studenten und eine gut ausgebaute Berufslehre. Doch wir sind drauf und dran, das zugunsten eines Systems aufzugeben, das sich schon im Ausland nicht bewährt hat. ■ Sinnlose Wettbewerbe – Warum wir immer mehr Unsinn produzieren, Herder 2010. Die Tretmühlen des Glücks – Wir haben immer mehr und werden nicht glücklicher. Was können wir tun? Herder 2009.

Zur Person: Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St.Gallen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Makroökonomie, Finanzmarkttheorie, Umweltökonomie sowie in der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Glück und Einkommen. Er publiziert wissenschaftliche Bücher und Artikel in Fachzeitschriften, nach eigenem Bekunden interessiert es ihn aber mehr, «für die interessierte Öffentlichkeit» zu schreiben.

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Abwasser Das Geschäft mit dem Geschäft In unseren Ausscheidungen steckt weit mehr, als wir vermuten. Wir wagten einen tiefen Blick in die WC-Schüssel – und darüber hinaus. VON MONIKA BETTSCHEN (TEXT) UND LUC-FRANÇOIS GEORGI (BILDER)

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Per Luftstrippungs-Verfahren vom Abwasser …

… zum wertvollen Flüssigdünger Ammoniumsulfat (linke Flasche).

risches Testareal erinnert. Hinter den hohen Absperrungen wird intensiv Urin und Fäkalien als flüssiges Gold – dieser Gedanke ist gewöhgearbeitet und geforscht. Die Fachleute der Eidgenössischen Anstalt für nungsbedürftig. Schon von klein auf lernen wir, dass das, was beim Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) Toilettengang hinten herauskommt, «gruusig» ist. Unser verkrampftes verfolgen zwei Ziele: Die Senkung des hohen Energieverbrauchs bei der Verhältnis zu Exkrementen und zu den Problemen rund um deren EntAbwasserreinigung und die Produktion eines Düngers aus Abwasser. sorgung entstand jedoch erst Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals wandelte sich als Folge neuer medizinischer Erkenntnisse über Durchfallseuchen wie Typhus «Die Zusammensetzung der Feststoffe und der Mikrooder Cholera das Hygieneverständnis: Ausscheidungen wurden als gefährliche Krankverunreinigungen geben genau Auskunft darüber, was heitsherde erkannt. Vor allem in den Städten konsumiert wurde.» mit ihrer hohen Bevölkerungsdichte galt es fortan als unfein, seine Notdurft in der ÖfDenn das, was wir jeden Tag die Toilette hinunterspülen, ist nicht einfentlichkeit zu verrichten. In dieser Zeit wurde auch die flächendeckfach nur Abfall, sondern eine wertvolle Quelle für Phosphor und Stickende Wasserversorgung der Haushalte vorangetrieben. «Doch dieses stoff. Beide Stoffe sind bei der Herstellung von Düngemitteln unverSystem konnte nur in Verbindung mit einer adäquaten Entsorgungszichtbar. «Die Phosphorressourcen der Erde werden knapp und dürften technik funktionieren, der Schwemmkanalisation, wie wir sie heute in etwa 100 Jahren vollständig erschöpft sein», schätzt Marc Böhler, kennen», erklärt der Historiker Martin Illi, der in Zürich historische Verfahrenstechniker bei der Eawag. Daher habe man hier neue und Führungen zum Thema Abwasser leitet. «Diese Entwicklung ebnete der nachhaltige Quellen erschlossen: Faulwasser und Urin. Toilette mit Wasserspülung den Weg in Europas Badezimmer.» Heute scheint ein Leben ohne Wasserklosett undenkbar. Überdenken muss Henker als Putzpersonal der Mensch aber wohl schon bald die Entsorgung seiner HinterlassenIn den europäischen Städten war es vom Mittelalter bis weit ins 19. schaften. Jahrhundert hinein üblich, Fäkalien und Abfälle in schmalen Schächten Ein süsslicher, etwas strenger Geruch schwebt über dem 28 000 Quazwischen den Häusern, den sogenannten Ehgräben, zu entsorgen. Diedratmeter grossen Gelände der Abwasserreinigungsanlage (ARA) Klose Rinnen wurden des Nachts von Henkern und anderen Aussenseitern ten/Opfikon, wo die Abwässer von rund 60 000 Menschen gereinigt der Gesellschaft gereinigt, Goldgrübler, Heimlichkeitsfeger oder auch werden. Die Kanalisationen der beiden Gemeinden sowie die des FlugNachtkärrner wurden diese Outlaws genannt. Die eingesammelten Exhafens Zürich Kloten führen an diesen Ort, der mit den Gitterzäunen Das neigt sich dem Abend am zu: Hauptstrasse Mundri, Südsudan kremente verkauften sie an die umliegende Landwirtschaft. Aus dem undDorfleben der Überwachungskamera Eingangstorinein wenig an ein militä-

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Abtransport der stinkenden und begehrten Fracht entstand ein blühendes Gewerbe, dem erst der Bau der Kanalisation in den Städten ab dem 19. Jahrhundert ein Ende setzte. Seither haben sich die Anforderungen an die Abwasserreinigung verändert. Seit 2005 ist das Ausbringen von Gülle aus Klärschlamm in der Schweiz verboten. Um die Nährstoffe aus Urin und Fäkalien trotzdem nutzen zu können, wurden neue Verfahren entwickelt, um diese in der ARA zu recyceln. «Eine Idee war, den Stickstoff des Faulwassers nicht zu Luftstickstoff zu vernichten, sondern diesen in Form eines Flüssigdüngers in die Landwirtschaft zurückzuführen», so Böhler. Plötzlich hätten sich Geschäftsfelder für diesen nachhaltigen Dünger aus Faulwasser und Urin aufgetan. Die ARA sei nicht länger ein Ort, an dem Rohstoffe nur herausgefiltert und vernichtet werden müssten, sondern sie könne neu ein wertvolles Produkt bereitstellen. Anders gesagt: flüssiges Gold aus brauner Brühe. Seit diesem Frühling kommt in der ARA Kloten/Opfikon deshalb eine neue Technik zur Anwendung, die sogenannte Luftstrippung. In drei mächtigen, zehn Meter hohen Reaktoren, Kolonnen genannt, wird aus Stickstoff in einem mehrstufigen Prozess ein gefragter Flüssigdünger hergestellt: Ammoniumsulfat. «So schliesst sich der Nährstoffkreislauf nahezu vollständig. Die damit produzierten Nahrungsmittel gelangen über den Handel zum Menschen und über dessen Ausscheidung wieder zurück zur Kläranlage», erläutert Marc Böhler, der dieses neue Projekt leitet.

Seit 2005 ist das Ausbringen von Gülle aus Klärschlamm verboten.

Verräterische Ausscheidungen Die Schweiz betreibt einen grossen Aufwand in der Abwasserreinigung. Und auch die Privathaushalte investieren ins stille Örtchen. Die Sanitärbranche und die Grossverteiler verzeichnen beeindruckende Verkaufszahlen. Die Geberit Gruppe, bekannt für ihre Dusch-WCs und eine der Leaderinnen im Sanitärmarkt, erwirtschaftete 2010 einen Umsatz von 2,1 Milliarden Franken, wovon 13,6 Prozent auf den Schweizer Markt entfielen. Das WC ist heute nicht mehr nur Mittel zum Zweck, SURPRISE 257/11

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Chemikalien in den Fäkalien Parallel zur Stickstoffrückgewinnung läuft auch ein Test, bei dem im Eawag-Gebäude abgetrennter und gesammelter Urin aufbereitet und ebenfalls zu Düngemittel verarbeitet wird. Urin ist aufgrund des hohen Nährstoffgehaltes Gift für die Gewässer. Gelangt er unkontrolliert in Flüsse und Seen, verursachen die darin enthaltenen Stoffe ein verstärktes Algenwachstum. «Im schlimmsten Fall können dadurch ganze Wasserzonen regelrecht ersticken», erklärt Böhler. Würde der Urin bereits in der Toilette direkt von den Fäkalien getrennt und unverdünnt gesammelt, könnte man die Kläranlagen stark entlasten. Für Bergregionen, Ballungszentren und Entwicklungsländer ohne Schwemmkanalisation wäre dies eine sinnvolle Alternative. «Man muss sich bewusst sein, dass das Wasser der WC-Spülung die Nährstoffe in den Ausscheidungen verdünnt. Dies wieder rückgängig zu machen, verbraucht viel Energie.» Daher sei es ein wichtiger Ansatz, zum Beispiel den Urin dezentral zu sammeln, ohne dass dabei unnötig Wasser verbraucht werden müsste. Im Eawag-Gebäude wird der Urin in sogenannten No-Mix-WCs bereits in der Schüssel von den Fäkalien separiert. Marc Böhler nennt weitere Herausforderungen der Abwässerklärung: «Ein aktuelles Thema ist zum Beispiel das Bestreben der Schweiz, auch sogenannte Spurenstoffe, etwa aus Medikamenten, Haushaltschemikalien oder Pestiziden, aus dem Abwasser zu entfernen.» Der Bundesrat wurde durch die Annahme einer entsprechenden Motion im März 2011 beauftragt, eine schweizweite, möglichst verursachergerechte Finanzierungslösung für die Aufrüstung von rund 100 der 700 zentralen Abwasserreinigungsanlagen auszuarbeiten. Dabei geht es um Investitionskosten von rund 1,2 Milliarden Franken. «Das Wasserschloss Schweiz trägt als Ursprungsort vieler Flüsse auch dem Ausland gegenüber eine grosse Verantwortung», sagt Böhler.

sondern Teil eines vom Wellness-Gedanken geprägten Lebensstils. «Die Ansprüche an Architektur und Ausstattung sind gewachsen, auch beim WC», stellt Roger Bühler, Produktmanager bei der im Baufachhandel tätigen Firmengruppe SABAG fest. Unter anderem zeigten grosszügiger bemessene WCs den gestiegenen Stellenwert der Toilette. Auch die «Accessoires» fürs Örtchen sind dick im Geschäft: Schweizerinnen und Schweizer verbrauchen pro Kopf und Jahr 21 Kilogramm WC-Papier und bescherten dem heimischen Detailhandel in den letzten zwölf Monaten damit einen Umsatz von 184,5 Millionen Franken. Auch Artikel wie Lufterfrischer sind gefragt: Coop erwirtschaftet damit jährlich 20 Millionen Franken. Verkaufszahlen für Toilettenartikel verraten viel über unser Konsumverhalten. Noch mehr verraten unsere Ausscheidungen selbst: «Jedes Einzugsgebiet einer ARA produziert ein unverwechselbares Abwasser», sagt Marc Böhler, «die Zusammensetzung der Feststoffe, die im Rechen hängen bleiben, und der Mikroverunreinigungen aus Kosmetika, Pestiziden oder Medikamenten geben genau Auskunft darüber, was, wann und in welchen Mengen in einem Gebiet konsumiert wurde». Ob Migros mit der Cumuluskarte, Coop mit der Supercard oder die Datensammler von Facebook: Den Grossfirmen sind Informationen über unser Konsumverhalten Millionen wert. Wer weiss, ob sie sich nicht bald auch für die – vermeintliche – Endstation unseres Konsums interessieren werden. Und damit auch noch die darin steckende Information eines Tages zu Gold wird. ■

Die wundersame Wirkung von Ammoniumsulfat – gepriesen auf einer alten französischen Postkarte.

Zwei Mal um die Erde 700 zentrale Kläranlagen und über 3400 Kleinkläranlagen sind hierzulande für die Abwasserreinigung zuständig. Dabei fallen jedes Jahr Kosten in der Höhe von über zwei Milliarden Franken an. Die Kanalisationsleitungen der Schweiz messen heute zusammen rund 90 000 Kilometer, aneinandergereiht liesse sich damit die Erde am Äquator mehr als zwei Mal umrunden. Das Schweizer Kanalisationssystem zählt damit zu den besten der Welt. Doch es hat seine Kehrseite: Der Klärvorgang verbraucht sehr viel Energie und Wasser. Pro Einwohner und Tag werden in der Schweiz 162 Liter Wasser verbraucht, wovon 47,7 Liter auf die Toilettenspülung entfallen. Weltweit leben 2,6 Milliarden Menschen ohne Zugang zu sanitären Anlagen.

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Als man noch von Angesicht zu Angesicht debattierte: Ausschnitt aus dem Ständerats-Wandbild einer Landsgemeinde im 18. Jahrhundert.

Politik Unsere defekte Demokratie Die Lobgesänge auf die direkte Demokratie übertönen die Stimmen, die warnen, das Schweizer System sei nicht perfekt, sondern im Gegenteil: defekt. Im laufenden Wahlkampf zeigen sich die demokratiegefährdenden Defizite einmal mehr. VON CHRISTOF MOSER

Demokratie ist mehr, als mit dem Kugelschreiber ein Kreuzchen zu machen: Demokratie lebt nicht vom Entscheid, sondern von der Debatte. So lässt sich die Grundhaltung umschreiben, die sechs junge Zürcher dazu motivierte, in der Stadt Zürich eine Landsgemeinde zu organisieren. «Hochverehrte, liebe Mitlandsleute», schallte es am Nachmittag des letzten Nationalfeiertags von der Gemüsebrücke in der Zürcher Innenstadt. Dann legten die rund 300 Anwesenden los: Die Veganer-Fraktion forderte ein Verbot der Nutztierhaltung, die Utopisten eine verbindliche Verpflichtung für Schweizer Unternehmen, weltweit die Menschenrechte einzuhalten, die Zürich-fixierten die Installation von Pingpong-Tischen in einem Park im Stadtkreis 4. Es folgten Reden,

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Gegenreden, Abstimmungen, Auszählungen. Und ja, man war geneigt zu fragen: Ist diese urchigste Form der Demokratie, vom Land in die Stadt transferiert, womöglich die bessere Demokratie? Progressive Landsgemeinden Die original Landsgemeinden haben sich in den letzten Jahren zu progressiven Impulsgebern gemausert, so zum Beispiel im Kanton Glarus, wo mittels Handzeichen sowohl Gemeindefusionen wie auch dem Stimmrechtsalter 16 zugestimmt worden ist. Auch an der Zürcher Version liessen sich positive Aspekte beobachten: direkte Auseinandersetzungen statt Parolennachbetereien, die Kraft der besseren Argumente statt Beeinflussungsversuche durch Millionen-Kampagnen. Ihren Traum von einer besseren Demokratie erledigte die Stadt-Lands-

gemeinde allerdings gleich selbst: Ausgerechnet die Forderung nach dem «Bürgerrecht für alle» schaffte es nicht über erste Diskussionen hinaus und verhedderte sich in einer Debatte darüber, dass zuerst einen Zeitungsartikel verstehen muss, wer an demokratischen Prozessen partizipieren will. Die überwiegend linken Kreise, die sich am Experiment der Zürcher Landsgemeinde beteiligten, stolperten über die rechtsbürgerliche Verkehrung, dass demokratische Mitbestimmung eine Exklusivität ist, die man sich erst verdienen muss. Tatsache ist: Nicht unbedarfte Demokraten sind eine Gefahr für die Demokratie, sondern deren demokratischer Ausschluss von der Demokratie. In gewissen Quartieren im ausländerreichen Kanton Basel-Stadt kann gerade mal noch ein Drittel der Bevölkerung an der Urne mitbestimmen, der Rest ist unter 18 oder als AuslänSURPRISE 257/11


der nicht stimmberechtigt. Die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt, Graubünden, Jura, Waadt, Genf und Freiburg erlauben inzwischen zwar die Einführung des Ausländerstimmrechts auf kommunaler Ebene, in der Deutschschweiz machen jedoch gerade mal 21 Gemeinden davon Gebrauch. Der Kanton Neuenburg kennt das Ausländerstimmrecht auf Gemeindeebene bereits seit 1849, seit 2001 auch kantonal. Darüber hinaus geht es auch in der Schweiz geborenen Ausländern wie den Frauen vor 1971: Paradoxerweise steht ihnen, um partizipieren zu können, die direkte Demokratie im Weg. Und es waren die Kantone mit Landsgemeinden, dem Sinnbild der direkten Demokratie, die sich besonders schwertaten mit mitbestimmenden Frauen: 1990 war ein Machtwort des Bundesgerichts nötig, um im Kanton Appenzell Ausserrhoden das in der Schweizer Verfassung verankerte Frauenstimmrecht auch auf kantonaler Ebene durchzusetzen. «Unschweizerische Demokratieverluderung» Der Fall Appenzell ist denn auch ein staatspolitisches Lehrstück von beunruhigender Aktualität: Es zeigt, dass das Volk eben nicht immer recht hat und Volksentscheide deshalb rechtsstaatlichen Kriterien und Verfassungsgrundsätzen unterliegen. Wer daran rüttelt, rüttelt an der Demokratie. Und schon sind wir mittendrin im gefährlichsten aller Defekte der schweizerischen Demokratie: Während die EU mit der Einführung von Referenden eine Verschweizerung der bislang eher dürftigen Partizipationsmöglichkeiten ihrer Bürger anstrebt, sägt in der Schweiz ausgerechnet die SVP an unserem direktdemokratischen Modell. Die stärkste politische Kraft im Land, deren Vertreter sich gerne als Gralshüter der Demokratie gebärden, schert sich einen Deut um das zwingende Völkerrecht. Sie lanciert in einer Art Polit-Mobbing Initiative um Initiative, die sich gegen rechtsstaatliche Prinzipien richten und kombiniert dies mit jener Haltung, mit der die äusserste Rechte in den USA diesen Sommer die Demokratie an den Rand des Zusammenbruchs manövriert hat: Kompromisslosigkeit. «Wir geben euch alles, was ihr wollt», sagt ein am Schulden-Streit verzweifelnder US-Präsident Obama in einer Zeitungskarikatur zu den Republikanern. Diese erwidern: «Das ist inakzeptabel.» Ein ähnliches Spiel treibt die SVP mit der angenommenen AusschaffungsInitiative, die sie in ihrer radikalsten Form umgesetzt haben will, obwohl die Partei im Abstimmungskampf signalisierte, kompromissbereit zu sein. Bereits hat die SVP eine weitere Initiative lanciert, die Ausschaffungskriterien in der Verfassung festschreiben will. Sie wird sich damit einmal mehr als einzig wahre Vertreterin des Volkes aufspielen. SURPRISE 257/11

Der Volksrechtsabsolutismus der SVP fällt in der obrigkeitsskeptischen Schweiz auf fruchtbaren Boden, und so ist es kein Wunder, dass sich die anderen Parteien schwertun, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Der «Club Helvétique», eine Vereinigung aus Politikern, ehemaligen Bundesrichtern und Staatsrechtlern, zeigte sich nach dem Ja zur Ausschaffungsinitiative «höchst besorgt» über die «unschweizerische Demokratieverluderung» und rief Bürgerinnen und Bürger dazu auf, «sich in ihren Parteien, Kirchen und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen zu engagieren,

fen wird dieses demokratiepolitische Defizit ebenso sichtbar. Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse wirft regelmässig über zehn Millionen Franken auf, um die Stimmbürger mit Plakatkampagnen zu beeinflussen – so viel wie niemand sonst. Die Demokratieforschung geht zwar davon aus, dass Volksentscheide nicht gekauft werden können, doch der Politikwissenschaftler Hanspeter Kriesi warnt, dass dies nicht heisse, dass millionenteure Kampagnen keinen Einfluss hätten. «Bei knappen Mehrheiten kann der eigentlich geringe Effekt matchentschei-

Die SVP wirft mehr Geld in die Wahlschlacht als alle anderen Parteien zusammen. damit die Schweizer Demokratie nicht weiter zu Schaden kommt». Sinnvoll wäre die Schaffung eines Verfassungsgerichts, das über die rechtsstaatliche Zulässigkeit von Initiativen entscheidet, «damit nicht Recht werden kann, was zutiefst widerrechtlich ist», wie die NZZ kürzlich formulierte. Doch in der staatspolitischen Kommission streiten sich die Mitteparteien und die Linken seit geraumer Zeit ergebnislos über die Frage, ob Initiativen von einem Gericht auf ihre Vereinbarkeit mit dem zwingenden Völkerrecht geprüft werden sollen. Auch Justizministerin Simonetta Sommarugas Vorschlag, dass eine Kommission bereits vor der Unterschriftensammlung klären soll, ob ein Volksbegehren für ungültig erklärt werden muss, ist höchst umstritten. Die SVP bezeichnet dieses Ansinnen als «Volksbevormundung» und hat dagegen bereits präventiv das Referendum angekündigt. Ungleich lange Spiesse Die SVP profitiert denn auch am meisten von einem weiteren Demokratie-Defekt, der im laufenden Wahlkampf einmal mehr augenscheinlich wird: die intransparente Finanzierung der Parteien. «SVP mit hundert Mal grösserem Budget als die Grünen», titelte «20-Minuten» kürzlich und rechnete vor, dass die Volkspartei geschätzte 18 Millionen Franken in den Wahlkampf investiert, während die grüne Partei über Geldmittel von gerade mal 180 000 Franken verfügt. Auch die SP kommt mit 1,5 Millionen Franken Wahlkampf-Budget bei Weitem nicht an die SVP heran, ebenso wenig wie FDP und CVP, die nach eigenen Angaben zwei bis drei Millionen einsetzen können. Summa summarum wirft die SVP mehr Geld in die Schlacht als alle anderen Parteien zusammen. Das äussert sich auch diesen Herbst in der SVP-Dominanz an den Plakatwänden und auf den Anzeigenseiten der Zeitungen. Allerdings sind die ungleich langen Spiesse keineswegs nur in Wahlkampfphasen ein Problem und betreffen auch nicht nur die SVP. In Abstimmungskämp-

dend sein», so Kriesi. Weniger diplomatisch drückt sich der frühere SP-Nationalrat, Preisüberwacher und heutige Publizist Rudolf Strahm aus. Er bezeichnet es als eine «staatspolitische Grundsatzfrage», wie weit zugelassen werden soll, «dass sich das Krebsgeschwür des Lobbyings und Sponsorings in die Demokratie hineinfrisst». Trotz «demokratischer Mechanismen» habe die Schweiz besonders in der Banken-Politik «die Züge einer Oligarchie». Und Oligarchie heisse: «Herrschaft von wenigen aus Eigennutz und ohne demokratische Legitimation». Mitmachen! Leben wir in einer Schein-Demokratie? Im Wissen um die Geldsummen, die im Versteckten in das politische System sickern und damit Abhängigkeiten schaffen, erhält dieser Begriff eine doppelte Bedeutung. Wer aus nächster Nähe beobachtet hat, dass die UBS der CVP kurz vor der ständerätlichen Abstimmung über einen Lohndeckel für Bankmanager 150 000 Franken zukommen liess und in der Folge entscheidende CVP-Parlamentarier gegen die Vorlage stimmen sah, kann beim besten Willen nicht mehr vorbehaltlos sagen, in einer funktionierenden Demokratie zu leben. Und erkennt: Das patriotische Lobgehudel auf die perfekte schweizerische Demokratie und die selbstgefällige Zufriedenheit, ja wohl mehr Demokratie zu haben als alle anderen auf der Welt, ist geradezu demokratiegefährdend. Die Frage ist bloss: was nun? Es bleibt als Option einzig der Appell: Wer die demokratische Freiheit liebt, darf das demokratische Engagement nicht scheuen. Die Initiatoren der Zürcher Stadt-Landsgemeinde sind auf dem richtigen Weg. Auch diese Form direktester Demokratie mag ihre Schwächen haben. Das Austesten neuer Formen der Bürger-Partizipation, ausserhalb korrumpierter Strukturen, ist aber ein Gebot der Stunde und kann nur von ganz unten kommen. Die Demokratie sind wir. ■

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Jarkko Schäublin und Judith Eckinger: Eishockey und Variété.

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Paarleben Die Leidenschaft der Gegensätze Der Eishockey-Spieler und die Varieté-Tänzerin, die südafrikanische Chefin eines Putzinstituts und der US-amerikanische Angestellte, der senegalesische Künstler und die um zwölf Jahre ältere Schweizer Poetin. Kann das gut gehen? Ja, es kann. Weil sich Gegensätze anziehen? Nicht unbedingt. Wenn man ihnen zuhört, so liegt eher die gegensätzliche Weisheit nahe: Gleich und gleich gesellt sich gern. VON ELISABETH WIEDERKEHR (TEXT) UND LUCIAN HUNZIKER (BILDER)

«Ganz selten habe ich das Hockey verflucht» Judith Eckinger und Jarkko Schäublin unterscheiden sich vor allem in beruflicher Hinsicht. Sie ist Klavierbauerin und seit drei Jahren Varieté-Artistin, er war Profi-Eishockeyspieler und ist nun auf dem besten Weg, Wirtschaftsprüfer zu werden. Er: «Acht Jahre sind wir nun schon zusammen und seit sechs Jahren wohnen wir in der gleichen Wohnung, aber so etwas wie einen regelmässigen gemeinsamen Alltag hatten wir praktisch nie. Ich muss immer ein bisschen schmunzeln, wenn ich etwa am Samstagmorgen beim Einkaufen Paare antreffe, die gemeinsam beraten, was sie kochen wollen.» Sie: «Ich freue mich aber gerade auf solches riesig. Einkaufen, eine runde um den Häuserblock drehen, Kaffee trinken und vielleicht sogar mal längere Ferien. Das wird allerdings frühestens im November der Fall sein. Dann ist die Saison im Broadway-Varieté zu Ende und Jarkko steht erstmals keine Eishockeysaison bevor. Als wir zusammenkamen, sagte er mir gleich, was es bedeutet, mit einem Profi-Hockeyspieler liiert zu sein. Das schreckte mich schon ein wenig ab. Kapiert, was es wirklich bedeutet, habe ich aber erst, als die Liebe solch praktischen Fragen ihr Gewicht weggenommen hatte. Mit der Zeit habe ich dann gelernt, die sturmfreien Abende und Wochenenden für mich zu nutzen und zu geniessen. Natürlich war ich auch viel im Stadion. Während vier Jahren habe ich jedes Heimspiel der jeweiligen Mannschaft gesehen, in der Jarkko damals gespielt hat.» Er: «Die verschiedenen beruflichen Welten gehören einfach zu uns – das Thema begleitet uns von Anfang an. Ein normales Studentenleben oder dergleichen kannte ich nie. Das Hockey stand seit ich klein bin im Zentrum, und mein Wirtschaftsstudium habe ich vor allem in der Zwischensaison vorangetrieben. Wenn man so will, habe ich immer schon mein eigenes Ding gedreht. Bei Judith ist das nicht wirklich anders.» SURPRISE 257/11

Sie: «Ja, nach meiner Lehre als Klavierbauerin habe ich ein paar Monate in einer Werkstatt in Holland gearbeitet, dann begann ich in der Schweiz neben der Arbeit in der Werkstatt und meinen Tae-Bo-Stunden im Service zu arbeiten – natürlich waren da die Wochenenden und Abende auch von mir aus angeknabbert. Ganz selten habe ich das Hockey aber trotzdem verflucht. Es war der Guru, stach alles andere aus, so habe ich es zumindest manchmal empfunden. Solange ich aber gesehen habe, dass Jarkko damit glücklich war, stand ich voll dahinter. Gegen Ende seiner Karriere war das nicht mehr so, und da fiel es mir schon schwer, mein Bedürfnis nach mehr Gemeinsamkeit zurückzustecken.» Er: «Das war mir schon bewusst, doch daran ändern konnte und wollte ich damals nichts.» Sie: «Heute, wo ich beruflich selber sehr eingebunden bin, fühle ich mich zuweilen auch ziemlich machtlos. Ich würde manchmal einfach gerne ins Auto steigen, kurz zu Hause vorbeischauen und Jarkko in die Arme schliessen. Aber das ist Tabu. Er arbeitet ja voll und schreibt an den Abenden noch seine Diplomarbeit. Zudem: Er ist nicht der Typ für derlei romantische Aktionen! Noch nicht.» Er: «Ich habe den Kopf allermeist dort, wo ich gerade bin. Das bedeutet nicht, dass ich Judith vergesse oder keine Sehnsucht kenne. Aber ich mache die Dinge – vor allem schwierige – tendenziell gerne mit mir selbst aus. Aber was zählen wir da alles für Schwierigkeiten auf? Im Grunde bin ich ganz zufrieden. Ich finde, wir haben es gut und sind auch ziemlich gewachsen, weil wir nicht symbiotisch aneinanderkleben konnten. Das lag einfach nicht drin.» Sie: «Und das ist prima so.»

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Linda und Steven Thomas: Chefin und Angestellter.

«Linda lernte ich beim Toilettenputzen kennen» Bei Linda und Steven Thomas war es ein relativ kleiner Unterschied, der den beiden einiges abrang. Sie ist fünf Jahre älter als er und war bereits Mutter von zwei Kindern, als sie – zuerst heimlich – ein Paar wurden. Er: «Sympathisch waren wir uns gleich – doch es dauerte seine Zeit, bis wir auch für andere sichtbar zusammenkamen. Da waren schon einige Hürden.» Sie: «Unser Altersunterschied von gut fünf Jahren mag nicht allzu gross sein, doch ich hatte zwei Kinder, war dazu einige Zeit noch Stevens Chefin und wir hatten viele gemeinsame Bekannte. Ich wollte Steven auf keinen Fall zu etwas drängen, selbst aber auch nicht den Ruf haben, mit meinen Angestellten Verhältnisse anzufangen. Deshalb war die erste Zeit unserer Beziehung sehr diskret, wir trafen uns meist nur am Wochenende.» Er: «Für mich war damals vieles offen. Ich konnte kein Wort Deutsch sprechen, und Geld hatte ich auch keines. Ursprünglich bin ich als Tourist aus den USA ans Goetheanum gekommen, dann blieb ich und arbeitete als Bühnenhelfer bei der Faust-Produktion. Danach wollte ich in Dornach eine Ausbildung machen, und um diese zu finanzieren, begann ich zu putzen. Linda lernte ich gewissermassen beim Toilettenputzen kennen.» Sie: «Nach drei Jahren entschieden wir, mindestens ein Jahr unter einem Dach zu leben und dann Bilanz zu ziehen. Die fiel klar positiv aus – trotz einigen schwierigen Momenten, vor allem mit den pubertierenden Kindern.» Er: «Was uns besonders half, war die gemeinsame Sprache, da Linda aus Südafrika kommt. Zusammen sprachen wir natürlich von Anfang an Englisch. Doch Lindas Kinder klinkten sich erst nach ungefähr

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einem Jahr ein, als Lindas Neffe bei uns wohnte. Die gemeinsame Arbeit spielte bei uns aber sicherlich auch eine zentrale Rolle. Schon bald wurde ich zu Lindas Assistent und prägte das von ihr 1988 gegründete Institut für biologisches Putzen wesentlich mit. Ich spezialisierte mich auf die Instandhaltung von Holzböden. Die Firma lief gut und ermöglichte mir ein Malstudium in Dornach. Daneben putzte ich sehr viel – das war ein wunderbarer Ausgleich, obwohl ich nie damit gerechnet hatte, einmal in diesem Bereich tätig zu sein. Vor einiger Zeit haben wir die Firma aufgelöst. Heute leite ich den Betriebsdienst am Goetheanum, der anthroposophischen Ausbildungs- und Tagungsstätte in Dornach, und bin Wochenendmaler.» Sie: «Ein sehr guter! Steven ist einfach zu bescheiden.» Er: «Da musst du aber auch noch von dir erzählen. Linda geht einer sehr spannenden Tätigkeit nach. Sie reist viel – besonders gerne durch mein Heimatland, die USA.» Sie: «1993 begann ich zum Thema Putzen Vorträge zu halten und Workshops anzubieten. Putzen ist eine Urtätigkeit, in ihr verbinden wir uns mit den Dingen, pflegen und gestalten unsere Umgebung. Ich habe meine langjährigen Erfahrungen und Forschungen auch aufgeschrieben. Dieses Jahr ist mein Buch mit dem Titel ‹Putzen?!› erschienen und seitdem kann ich mich vor lauter Anfragen kaum mehr wehren. Theoretisch könnten wir jetzt auch woanders leben, meine Kinder sind fast ausgeflogen. Uns ist aber bewusst geworden, dass das, was uns zusammenhält, hier ist – es ist das, was wir gemeinsam geschaffen und aufgebaut haben.»

Linda Thomas: Putzen!? Von der lästigen Notwendigkeit zu einer Liebeserklärung an die Gegenwart, Verlag am Goetheanum 2011. SURPRISE 257/11


Alioune Dieng und Sylvia Frey Werlen: Kunst, Gespräche und ein einfaches Leben.

«Badou wurde früher Grossvater als ich Grossmutter» Sylvia Frey Werlen und Alioune Dieng, genannt Badou, trennen nicht nur zwölf Jahre, sondern ein ganzer Kontinent. Die Künstler – er ein Mann der Farbe, sie eine Frau des Wortes – können etwas besonders gut: Streiten. Er: «Viele lassen sich von der Farbe der Haut oder der Haare irreführen und meinen, wir seien sehr unterschiedlich. Das ist nicht so. Zum Beispiel sind wir beide schon Grosseltern.» Sie: «Badou wurde schon früher Grossvater als ich Grossmutter. Da hat uns der Altersunterschied einen kleinen Streich gespielt. Im Senegal ist ein Mann, der mit einer älteren Frau verheiratet ist, nichts Aussergewöhnliches. Das war bei Mohammed, dem Propheten, auch so.» Er: «Aber wir wurden ja nach Dingen gefragt, die nicht einfach sind. Spannungen gibt es durch die Art, wie wir uns organisieren. Sylvia plant mindestens eine Woche im Voraus, und ich bin sehr spontan.» Sie: «Schwierig war für mich vor allem zu Beginn unserer Ehe, wenn ich gekocht hatte und Badou irgendwann kam. Das machte mich sauer. Badou hat mir beigebracht, sehr direkt auf den Tisch zu legen, was für mich schwierig ist. Dann sagt auch er, wie es für ihn ist. Oft übertreiben wir beide eine Sache noch, bis wir selbst lachen müssen. Uns ist beiden klar, dass unsere Beziehung nur eine Chance hat, wenn wir gut miteinander streiten können.» Er: «Heute haben wir einen Wochenplan am Kühlschrank, und oft machen wir am Morgen so was wie ein Erinnerungstraining. Dann sage ich Sylvia, was ich vorhabe, und sie sagt mir, was sie zu tun hat und was wir schon abgemacht haben. Seither klappt die Organisation eigentlich ganz gut.» SURPRISE 257/11

Sie: «St. Exupéry hat gesagt: Wichtig ist in der Liebe nicht, sich in die Augen zu schauen, sondern in die gleiche Richtung zu blicken. Das macht, dass wir in den letzten acht Jahren immer wieder den Weg miteinander gefunden haben.» Er: «Wir sind in der gleichen Lebensphase, haben herausgefunden, was uns wichtig ist: Ein einfaches Leben mit Menschen, die uns lieb sind, unsere Kunst, das Gespräch miteinander, das Lachen und das Interesse an fremden Welten.» Sie: «Die Expo hat mich auf eine Idee gebracht. Dort konnte man für zwei Wochen heiraten. Wir haben zuerst für ein Jahr geheiratet, danach für fünf weitere und dann für eine unbegrenzte Anzahl Jahre … Da wir beide schon etwas Angst hatten vor unserem Schritt, hat uns das geholfen.» Er: «Ich wurde als Künstler hierher eingeladen für eine Ausstellung im Jura. Da habe ich Sylvia kennen gelernt. Ich habe mich entschieden, mit ihr in der Schweiz zu leben und mich als Künstler weiterzuentwickeln.» Sie: «Ausstellungen von Badou kombinieren wir oft mit Lesungen von mir – etwa mit Texten aus meinem Gedichtband ‹Wie Ingwer bist du›, in dem ich über unseren gemeinsamen Weg geschrieben habe. Das findet bei vielen ganz unterschiedlichen Menschen Anklang. Eine Kostprobe: ‹Jetzt: Sie will nicht / was er will / er will nicht / was sie will / Und jetzt? / Jetzt fängt es an / das mit dem Lieben› ‹Vermutungen: Wirst du schwarz / wenn er dich küsst? / fragt die Kleine / Oder wird er weiss / wenn sie ihn im Arm hält? / Man weiss es nicht›.» ■ www.badou-peintre.ch www.karpfenverlag.ch

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BILD: ANDREA GANZ

Le mot noir Ein grosser Kämpfer Kürzlich auf einem Friedhof am Zürichsee. «Können wir diese vielen Beerdigungen nicht langsam zusammenlegen?», nörgelt Tante Catherine und lässt sich auf einen Grabstein fallen. «When the shit comes down …», stöpsle ich neben ihr Freilandrosen auf ein Gesteck. «Vier Beerdigungen in sechs Monaten, richtig?» Aber Tante Catherine ist nicht zum Rechnen zumute. «Warum musst du das jetzt in letzter Minute machen?» «Mein Vater wollte ja nicht sagen, dass er stirbt!» «Er war eben ein Optimist!» «Bei einer Überlebenschance von drei Prozent?» «Okay, dann ein ziemlich harter Kämpfer!» «Du könntest doch eine Grabrede halten?», versucht Catherine, die Wogen zu glätten. «Heisst das, ihr seid alle in den Ferien und keiner von euch ist vorbereitet?», maule ich zurück. «Ich war k.o., und wenn dein Cousin Erwan deutsch reden muss, übersetzt er nur

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Mist.» «Die Todesanzeige war also von ihm?» «Vierzehn Uhr statt vier Uhr. Dafür handelt er jetzt mit dem Priester ein bisschen was aus.» «Doch keine Prozente?» «Er ist in der Gemüsebranche!», ist Catherine eingeschnappt. «Und wenn deine Stiefmutter eine Rede hält, dann sicher über ihren Urlaub auf Mauritius. Also?» «Taschenmesser!», befehle ich und stecke weiter Rosen. «Wir können auch die Rede vom letzten Mal nehmen. Oder die von Oncle Louis!» «Das war doch die vom letzten Mal», werfe ich ein. «Okay, aber daran erinnert sich keiner mehr. Und Louis und dein Vater hatten ungefähr die gleiche Grösse!» «Wir beenden jetzt das Thema, d’accord?», werde ich langsam sauer. «Bon, lass dir ruhig Zeit, wir haben ja noch zehn Minuten», gräbt Catherine angefressen in der Tasche. «Arbeiten und nebenbei diese Dingsrosen da reinrammen!» Aber Catherine wedelt schon mit einem Stift. «Oncle Paul sagt übrigens, er kann nicht kommen.» «Er hängt doch sonst an jedem Shrimp-Buffet rum!» «Wenn er jetzt in Frankreich das Rudertraining unterbricht, sei die Saison gelaufen. Und er will, dass das in deiner Rede ist!» «Oncle Paul ist 103», überlege ich. «Wir behalten das für seine Rede!» «Und deine Cousine Géraldine fände es gut, wenn du die Katastrophe in Somalia einflechten könntest. Sie sagt, bei Louis’ Beerdigung kam das zu wenig raus.» «Irgendwelche be-

sonderen Wünsche?», knurre ich. «Keine Ahnung, ich war nie da.» «Kann sie es simsen? Bevor sie wieder schmollt?» «Du kannst natürlich auch was reinschreiben!», muntert Catherine mich auf. «Gut, dann sage ich: Il était un grand amour!» «Und ein bisschen was über seinen Optimismus?» Ich gebe auf. «Grosser Kämpfer, okay?» «Ja, und gnadenlos hart!» «Wir nehmen ‹grosser Kämpfer› », bremse ich. «Und unbedingt kompliziert!», wirft Catherine weiter ein. «Wir nehmen, ähm, aufwendig im Unterhalt?» «Klingt das nicht wie ein Auto?» «Okay, dann eben anspruchsvoll!» «Schwierig! Das hätte ihm gefallen!» «Du hast recht», stecke ich traurig die letzte Rose ein. «Keine Ahnung, wo ich mit all meiner Energie jetzt hin soll.» Aber Catherine hört gar nicht hin. «Da fehlt noch irgend so ein Band. Eine Rosette!» «Wir dekorieren hier kein Rennpferd», knurre ich. «Du sagtest ‹Kämpfer›. Und jetzt gehen wir und sehen nach, was von dem Priester übrig ist!» «Ich sag es ja ungern», geht Catherine neben mir davon. «Aber du bist so schwierig wie dein Vater.»

DELIA LENOIR LENOIR@HAPPYSHRIMP.CH ILLUSTRATION: IRENE MEIER (IRENEMEI@GMX.CH) SURPRISE 257/11


Hip Hop Wohlstandsverwahrloste Strassenkids 1991 wurde der Basler Black Tiger noch dafür belächelt, dass er auf Schweizerdeutsch rappte. Heute grüsst Hitparaden-Rapper Bligg vom Titelblatt der «Schweizer Illustrierten» – und eine neue Generation ernsthafter Schweizer Hip-Hop-Künstler steht am Start. Teil acht der Surprise-Serie über Subkulturen.

Schweizer Rap ist auf dem besten Weg, seinen Platz als ernst zu nehmende Musikrichtung zu zementieren. Es sind nicht nur Routiniers wie der Berner Baze oder Semantik aus Zürich, welche im vergangenen Jahr überragende Alben veröffentlicht haben. Zuversicht verbreiten auch «neue» Namen wie Steff la Cheffe, Kack Norris, Kush Karisma oder Tommy Vercetti – wobei letzterer obenaus schwingt mit seinem Debüt «Seiltänzer», das an der Slangnacht 2010 mit einem Award für das beste Album ausgezeichnet wurde. Der Berner beweist beispielhaft, was es braucht, um im übersättigten, von Hypes getriebenen «Rapgame» zu bestehen: Können, Eigenständigkeit, Ausdauer, gute Konzerte und ein eingespieltes Team im Rücken. Entgegen kommt dem vielseitigen Vercetti auch, dass Rap heute wesentlich unverkrampfter und undogmatischer daherkommt als vor einigen Jahren. Die Grabenkämpfe zwischen den Anhängern sozialkritischen Raps, von einigen als «Blüemli-» oder «Studentenrap» verachtet, und denen des Gangster-affinen Strassenraps sind weitgehend überwunden, die Grenzen verwischt. So auch bei Tommy Vercetti und Semantik, dem Solothurner Manillio oder dem St. Galler CBN. Von den einen werden sie für ihre unverschämt freche Fresse bewundert, von den anderen für ihre tiefgehenden, kritischen Texte. Viele Rapper vereinen inzwischen beide Elemente: Die Aggressivität und die dicken Eier des Strassenraps sowie die Verspieltheit und Cleverness des sogenannten Conscious Rap. Und die Soundunterlagen sind sowieso so vielfältig wie selten zuvor: Reime werden über brachiale Rock-Beats gespittet, über wummernde Elektro-Bretter und über filigrane Piano-Balladen oder natürlich über den klassischen Bumm-Tschak-Beat mit knisterndem Vinyl-Sample. Rap entwickelte sich in den über 30 Jahren seit seiner Geburtsstunde in der New Yorker South Bronx zu einer der kommerziell erfolgreichsten Musikrichtungen – auch in der Schweiz, wo er vor mehr als 20 Jahren in seiner lokalen Ausprägung für Aufsehen sorgte: Als der Basler Black Tiger 1991 als Gastrapper auf dem Song «Murder By Dialect» von P-27 als einer der allerersten dem Hörer schweizerdeutsche Reime um die Ohren schmetterte, belächelte so mancher die in seinen Augen peinliche Adaption dieser US-Mode. 2011 sind es nun die Schweizer Rapper, die lächeln: Die Goldesel des Genres grinsen uns von der Spitze der Albumcharts oder vom Titelblatt der «Schweizer Illustrierten» (Bligg) entgegen. Oder sie machen gleichzeitig Werbung für Klimaschutz und Kleinwagen (Stress). Ja, wir begegnen ihnen sogar in James-Bond-Filmen (Carlos Leal von Sens Unik). Welch ein Kontrast zu den 90er-Jahren, als die meisten Rapper den kommerziellen Erfolg scheuten wie der Teufel das Weihwasser: «Sell-out» SURPRISE 257/11

BILD: TIM LÜDIN

VON JOËL GERNET

Dämmerung des Mundart-Rap: Black Tiger aus Basel.

hiess die Angst vor dem Ausverkauf einer spriessenden Subkultur und deren Seele. Heute brüsten sich Rapper mit den Verkaufszahlen ihrer CDs – sofern sie überhaupt noch materielle Tonträger herstellen. Denn im Zeitalter schrumpfender CD-Verkäufe, Plattenlabels und Produktionsbudgets erreicht man die Hörer auch als HipHopper am besten übers Internet: Heiss rotierende YouTube-Clips, schlagkräftige Facebook-Gruppen und vermehrt auch Twitter ersetzen aufwändige und teure Promo-Aktionen. Alben, EPs, Mixtapes und Exklusiv-Tracks werden zum Download angepriesen – meist gratis. Aus dem rebellischen, revolutionären «CNN für Schwarze» ist ein Web 2.0-Sprachrohr für Rapper jeglicher Couleur geworden – vom sozial benachteiligten Ghettokid bis hin zum wohlstandsverwahrlosten weissen Rap-Nerd. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass Mundartrap eines Tages den Status des Berner Rock erreicht. Die beiden Hauptstadt-Rapper Greis und Baze kokettieren jedenfalls bereits heute gekonnt mit Musik und Attitüde von Titanen wie Endo Anaconda, Stephan Eicher oder Kuno Lauener. Und selbst wenn Schweizer Rap eines Tages wieder komplett aus dem Mainstream verschwinden würde (was viele Protagonisten gar nicht so schlimm fänden), bliebe noch immer eine Kultur, die mit ihrer Geschichte und Bandbreite – neben Rap und DJing gehören auch die Disziplinen Graffiti und Breakdance zum Hip Hop – ihresgleichen sucht. ■ Joël Gernet ist Rapper bei der Basler HipHop-Gruppe Brandhärd, Moderator der HipHop-Sendung «Bounce» auf DRS Virus und Online-Journalist.

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BILD: FRANK EGLE

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Kulturtipps

Das Walross lässt für die Eskimos Blumen spriessen.

Tango, Marokko und die Frage nach dem Wie, Wohin und Ob.

Buch Das Land, wo die Melonen blühn

Theater Auf grosser Fahrt

In Heiri Strubs wieder aufgelegtem Kinderbuch gerät ein gutmütiges Walross in haarsträubende Abenteuer.

«Tango in Tanger» heisst der aktuelle Produktionsstreich der Basler TheaterFalle. Ein Stück über Beziehungen vor der Midlife-Crisis, vor allem aber eine Roadmovie-Inszenierung, die sämtliche Zuschauersinne anspricht.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

Alles beginnt mit einer Wette. Melonen, behauptet der rechthaberische Professor, wachsen nicht am Nordpol. Doch, widerspricht der hemdsärmelige Gärtner, mit der richtigen Pflege gedeiht jede Pflanze, egal wo. Um das zu beweisen und den Millionenpreis zu gewinnen, reist er mit Veilchen- und Melonensamen zum Nordpol, baut dort ein Treibhaus, in dem Blumen und Früchte bestens gedeihen. Selbst als ein neugieriges Walross in das Treibhaus fällt, ist es ein Segen. Denn das Walross, das Veilchenduft und Melonen liebt, wird dem Gärtner zum Helfer und treuen Freund. Doch dies ist erst der Anfang einer abenteuerlichen Geschichte. Denn als das Walross das Land sucht, wo die Melonen blühn, geht es mehr als einmal in die Irre, landet schliesslich in der Stadt des Gärtners, fällt in die Hände von Gangstern, wird von Mäusen gerettet und und und … Am Ende kehren Walross und Gärtner mitsamt dem Professor glücklich vereint an den Nordpol zurück und beglücken die Eskimos mit frischen Südfrüchten. Geschrieben und illustriert hat diesen fabulierfreudigen Bilderreigen der Maler, Grafiker und Illustrator Heiri Strub bereits 1951. Und so abenteuerlich wie dieses Kinderbuch liest sich auch das Leben des 1916 in Riehen geborenen Künstlers und späteren Mitbegründers der Partei der Arbeit PdA. In den 50er-Jahren von der Bundespolizei bespitzelt und angeschwärzt, wandert er 1957 für 14 Jahre in die DDR aus. Selbst «Das Walross und die Veilchen» wurde verdächtigt, geheime politische Botschaften zu verbreiten. Obwohl das Buch nach seinem Erscheinen viel gelobt wurde, traute sich kaum eine Buchhandlung, es ins Sortiment aufzunehmen. Doch zum Glück erfährt es jetzt durch seine Neuauflage eine späte Ehrung. Der Text wurde vom Autor spürbar überarbeitet – ein Wort etwa wie «super» ist der neuen Zeit geschuldet. Doch das tut den Sprachspielen und der feinen Ironie keinen Abbruch. Und schon gar nicht den wunderbaren Bildern, die Strub direkt auf die Zinkplatten gezeichnet und mit Linolschnitten aufwendig koloriert hatte. In diesen Illustrationen zeigt sich sein grafisches Können, das mit grosser Ernsthaftigkeit spielerische Leichtigkeit erschafft. Die Freude daran ist altersunabhängig.

VON MICHAEL GASSER

Die neueste Produktion der Basler TheaterFalle nimmt mit. Nicht zuletzt an verschiedenste Locations. In «Tango in Tanger», einem «RoadmovieTheater», begleitet das Publikum zwei Liebespaare, die im Leben unterwegs sind. Man streift durch ihre Wohnungen, schaut ihnen beim Packen über die Schulter und hört sie zanken. Womit schon klar wäre: Es geht um Beziehungen, um das Wohin, das Wie, das Ob. Und ums Tanzen. Der Tango ist die grosse Aufführungsklammer. Er lässt das Quartett in Richtung Marokko und Tanz-Workshop aufbrechen. Doch natürlich hegen die Protagonisten auch tiefer liegende Motive: Die noch junge Liaison zwischen Angel, dem altgedienten Tangolehrer, und Alexa, der facebookvernarrten Eventmanagerin, sucht nach Festigung, während die langjährige Liebschaft zwischen dem Architekturprofessor Oliver und der Innenarchitektin Marina neuen Sinnes und Feuers bedarf, dringend. Ein Zwischenhalt auf einem französischen Campingplatz lässt die vorhandenen Spannungen rasch nach oben schwappen, doch noch entzündet sich alles am südamerikanischen Tanz, seinem Zweck und seiner Erotik. «Frauen sehnen sich beim Tango nach männlicher Führung», prustet Oliver machomässig raus. Bloss um alsbald seiner Dame gehorsam in den Wohnwagen zu folgen. Am Reiseziel bricht dann endgültig alles auf. Aber nicht alles auseinander. Während die Dialoge etwas häufig an TV-Beziehungskisten wie «Friends» oder «Sex In The City» erinnern und durchaus kantiger hätten ausfallen dürfen, imponiert «Tango in Tanger» durch seine augenschmausige Inszenierung. Mit viel Detailliebe – wie einem sorgsam gestreuten Strand, etlichen Reise-Filmen, aller Gattung Sounds oder einem marokkanischen Plätscherbrunnen – sorgen die Macher dafür, dass man sich eher als leicht voyeuristischer Begleiter denn als Zuschauer fühlt. Die zwischendurch offerierten ländergerechten Häppchen tun das ihrige dazu. «Tango in Tanger», mit Rula Badeen, Sabine Fehr, Sebastian Fischer, Udo Zwilling; Regie: Roland Suter. Aufführungen bis 1. Oktober, jeweils Mi bis Fr, 19 Uhr. Aufführungsstart bei der Margarethen-Garage, Basel. www.theaterfalle.ch

Heiri Strub: Das Walross und die Veilchen. Atlantis 2011. CHF 26.80.

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Aussenseiter der Gesellschaft – mit Blick für die Wünsche der Normalbürger.

DVD Gekaufte Gefühle Manu und Jakob nisten sich im Leben anderer ein und schleichen sich in ihre Gefühlswelten. Im spiessigen Alltag, in dem Verluste verschüttet und Leidenschaften unausgelebt bleiben, bieten sie eine besondere Dienstleistung an. VON DIANA FREI

Frau Katz ist alt und allein, und Martin (Sylvester Groth) und Claudia (Corinna Kirchhoff) haben ihren erwachsenen Sohn verloren. Sie alle leben ihr Leben mit emotionalen Leerstellen. Ein junges Paar hat sich darauf spezialisiert, diese zu füllen. Manu (Maja Schöne) und Jakob (Robert Stadlober, «Sonnenallee», «Crazy») geben der alten Frau das Gefühl stürmischer Leidenschaft zurück, indem sie sie beim Sex auf dem Teppichvorleger zusehen lassen, und Jakob ersetzt Martin den verlorenen Sohn, indem er im gutbürgerlichen Haushalt einzieht. Manu und Jakob nisten sich in fremden Haushalten ein, um zu helfen. Um den Emotionen ihrer «Kunden» Raum zu geben, um Lebensträume und verlorene Freuden wieder aufflackern zu lassen – und um Geld zu verdienen, Essen und einen Schlafplatz zu bekommen. Denn das junge Paar ist obdachlos, und, je nach Sichtweise, arbeitslos oder eben freischaffend: Sie sind professionelle Parasiten. Wenn sie nicht bei den Kunden sind, hausen sie im Wald. Doch ihre subversive Überlebenstaktik beginnt ihnen zu entgleiten, als Martin sich emotional zunehmend auf seine Wahlverwandten einlässt. Es fallen Formulierungen wie bei einer Liebesaffäre, die plötzlich ernster wird als beabsichtigt. Jakob bindet sich mit Haut und Haaren an die neue Wunschfamilie und sagt: «Diesmal ist es anders.» Er verstösst gegen die Abmachung mit Manu, gegen «das, was wir wollten», gegen das gemeinsame Lebenskonzept. Die Grenzen zwischen Altenpflege, natürlicher menschlicher Nähe und gekauften Emotionen – Prostitution –verwischen. «Zarte Parasiten» erforscht in ruhigen, ungeschönten Bildern menschliche Gefühle und Instinkte. Eine Obdachlosenstory als soziologisches Experiment und als alternatives Lebensmodell im Laborversuch. Die Regisseure Christian Becker und Oliver Schwabe zeigten ihr gemeinsames Debut «Egoshooter» 2004 am Filmfestival Locarno. «Zarte Parasiten» ist ihre zweite gemeinsame Arbeit – ebenfalls ein Festivalfilm, der in Deutschland im Kino lief, in der Schweiz aber nur auf DVD erschien.

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Philip Maloney, Privatdetektiv

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VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Balcart AG, Carton Ideen Lösungen, Therwil

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KIBAG Bauleistungen

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responsAbility, Zürich

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Odd Fellows, St. Gallen

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Coop

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach

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Velo-Oase Bestgen, Baar

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Schweiz. Tropen- und Public Health-Institut, BS

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Augusta-Raurica-Loge Druidenorden Basel

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Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

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Stellenwerk AG, Zürich

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www.bauernschlau.ch, Hof, Web, Kultur

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Axpo Holding AG, Zürich

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AnyWeb AG, Zürich

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Niederer, Kraft & Frey, Zürich

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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

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Knackeboul Entertainment, Bern

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Locher Schwittay Gebäudetechnik GmbH, Basel

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Responsability Social Investments AG, Zürich

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Lions Club Zürich-Seefeld

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

«Zarte Parasiten» (Deutschland 2009), 89 Min., Deutsch; englische und italienische Untertitel. Extras: nicht verwendete Szenen, Interviews mit Cast und Crew, ein Tag beim Dreh, exklusive Musiktracks. 23.90 CHF www.zarteparasiten.de SURPRISE 257/11

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BILD: ZVG BILD: 2011 DIETER ROTH ESTATE

Ausgehtipps

Ein Herz für den Krieg: Maverick und Co. in Bern.

Bern Schöner kriegen

Hoppe, hoppe Reiter in der Kunst: Plakat zur Ausstellung «D.R. Originale», Hamburger Kunstverein 1974.

Aarau Ich als Vogelfutter Dieter Roth war ein Wahnsinniger. Unbändiger. Er war Aktions-, Objekt- und überhaupt: Universalkünstler. Er hat gemalt, gezeichnet, gefilmt, fotografiert, gesammelt, Möbel, Plastiken und Installationen entworfen. Und er hat mit ungewöhnlichen Materialien gearbeitet. Als Eat-Art fertigte er Schimmel- und Schokoladeobjekte an, die er von Motten zerfressen liess. Dementsprechend knabberte er auch immer wieder am Topos des Selbstbildnisses. Roths vielfältig entstandenen «Selbsten» nimmt sich nun das Aargauer Kunsthaus an. Die Ausstellung beginnt bei seinen Schokoladenbüsten aus den frühen 60er Jahren, die er als «Vogelfutterbüsten» dem Verfall ausgesetzt hat. Und sie mündet im grossen Panoptikum der 128-teiligen Videoinstallation «Solo Szenen», mit denen er die eigene Person ins Zentrum stellt und sie gleichzeitig mit allen Mitteln dekonstruiert. Die Ausstellung stellt mit dem Selbstbildnis ein Thema zur Diskussion, das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts für viele Künstler fraglich geworden ist und das nur mit dezidierten Stellungnahmen wie jenen von Dieter Roth überhaupt weiterentwickelt werden konnte. (dif)

«You took my breath away...». Wenn Sie diese Zeile im Herz nicht unberührt lässt und in ihrem Kopf automatisch «dadadaaa, dadadaaaaa» dazu erklingt, sind Sie hier richtig. Die freie Theatergruppe Konsortium&Konsorten bringt im schönen Tojo-Theater den Kampfflieger-Helden-Schmachtfilm «Top Gun» («Sie fürchten weder Tod noch Teufel») direkt aus der Mitte der 80er-Jahre auf die zeitgenössische Bühne. «Da Maverick immer der Kleinste in der Schule war, will er allen zeigen, dass er der Beste ist und den Grössten hat.» So bringt es die Truppe in der Ankündigung auf den Punkt. Es sei also davor gewarnt oder zu Ihrer Erleichterung darauf hingewiesen, je nachdem, dass dieser Abend nicht ganz ironiefrei ablaufen wird. Er steht ja auch unter dem netten Motto: Der Krieg ist schön. (fer)

Den sollten Sie nicht essen.

Basel Pilze finden Wer Pilze nicht nur suchen, sondern auch finden und zudem sicher sein will, dass der Ausflug zu Hause am Esstisch kein böses Ende nimmt, der kann sich, rechtzeitig zur Pilzsaison, vom Basler Pilzkontrolleur Peter Kaupp beraten lassen. Entweder an einem Gratisvortrag im Schmiedenhof oder direkt auf einer Exkursion auf die Chrischona. Der Ausflug ist nicht ganz billig, aber für Bezüger von Krankenkassen-Vergünstigung und Sozialhilfe gibt es Rabatt. (fer) Vortrag Pilzkunde, Di 6. September, 19.30 Uhr, GGG-Stadtbibliothek, Schmiedenhof 10, Basel. Pilzexkursion auf die Chrischona, Fr 16., Sa 17. und Sa 24. September, 90 CHF. www.gsuenderbasel.ch

«Der Krieg ist schön». Do 8. bis Sa 10. September, 20.30 Uhr, So 11. September 19 Uhr, Tojo Theater, Reitschule Bern.

Anzeige:

«Dieter Roth: Selbste», noch bis zum 6. November, Di bis So, 10 bis 17 Uhr (Do bis 20 Uhr), Aargauer Kunsthaus, Aarau.

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BILD: SUZANE BRUN

Orgiastische Maschinerie: Gilbert Peyres «Cupidon».

Da wird das Vreneli vom Guggisberg auf den Balkan versetzt: Molotow Brass Orkestar.

Basel Nun tanzen alle Puppen

Luzern Raus auf die Gasse

Figurentheater, das ist nicht nur Chaschperlitheater fürs Publikum unter 100 cm. Sondern eine Gattung mit eigener künstlerischer Sprache, die auch gewichtige Themen verhandeln kann. Zum Beispiel Macht und Ohnmacht auf Kafkas Schloss, das als boshaftes «Mensch ärgere dich nicht»-Spiel in einem Spielzeugdorf daherkommt. Beim Poeten und Plastiker Gilbert Peyre wiederum entfaltet sich vor dem Mensch-MaschineDiskurs eine elektromechanische Skulpturen-Orgie. Ferner gibt es ein Robotermusical, in dem sich ein paar Freaks mit Roboterband von der skrupellosen Sängerin Roswita nicht unterkriegen lassen. Und in «Glittra der Engel» schliesslich spielen zwei schrullige Damen mit ihrem grandios perfektionierten Miniaturtheater die berührende Geschichte von Martin und seinem arg beanspruchten Schutzengel. Eigentlicher Auftakt des Festivals ist der Film «Micmacs à tire-larigot» des französischen Regisseurs Jean-Pierre Jeunet, der ebenfalls die Handschrift des «Elektromecanomaniaks» Gilbert Peyre trägt. Kurz: «Mensch und Maschine» ist einer der Schwerpunkte des diesjährigen Festivals. Was nicht etwa heisst, dass das Figurentheater eine akademische Veranstaltung ist – im Gegenteil. Sonst gäbe es wohl kein PianoCocktail, das mit klappriger Musik an einen Rausch im Morgengrauen erinnert. Das Klavier verfügt über einen Trichter und verschiedene Flaschen mit Alkohol und fungiert als Bar: Zu jedem Drink gibt’s bestimmte Musik, und so kann man sich durch das ganze Klangprogramm saufen. Alkoholfreies gibt es aber dennoch für das jüngste Publikum: Da wäre der «Zirkus Muks», der grösste kleine Zirkus der Welt, und die «Die Geschichte vom Wunder-Apfel». Hier formt die Solospielerin die Figuren kurzerhand aus rohen Lehmklumpen, um mit ihnen die Geschichte vom Wunder-Apfel zu erzählen. Die Gruppen und Einzelkünstler aus acht Ländern bieten ein Programm mit Hang zum Absurden und Skurrilen. Denn das Figurentheater bewegt sich an der Grenze zwischen bildender und darstellender Kunst – und neigt damit zu lustvollen Grenzüberschreitungen wie kaum eine andere Gattung. (dif)

Das Lucerne Festival beweist heuer zum dritten Mal seine Street Credibility mit dem Strassenmusikfestival 2011. Wer nach viel Klassik den Schlaf nicht mehr findet, kann sich die Nacht auf den Gassen um die Ohren schlagen. Da gibt es vom Ska, der von klassisch ausgebildeten Musikern gespielt wird, bis zum A-cappella-Gesang aus dem französischen Languedoc so ziemlich alles. Der Sentitreff wird dabei fünf Abende lang zum Treffpunkt, der Nachtschwärmer anziehen will. (dif)

Figurentheaterfestival Basel,

Strassenmusikfestival 2011, noch bis So, 28. August, 18 bis 22 Uhr. Danach Programm im Sentitreff, Baselstrasse 21, Luzern www.sentitreff.ch, www.lucernefestival.ch

Anzeige:

Freiwillige gesucht Die Stiftung Terre des hommes Kinderhilfe ist die führende, international tätige Kinderhilfsorganisation der Schweiz. Mit Nothilfeaktionen und langfristigen Projekten in über 30 Ländern unterstützt sie Kinder und ihre Familien in den Bereichen Gesundheit und Kinderrechte. 26 Freiwilligengruppen tragen schweizweit mit verschiedensten Aktionen zur Mittelbeschaffung bei. Zur Verstärkung unserer Freiwilligengruppe beider Basel suchen wir neue Mitglieder, die selbständig, kreativ und mit Herz in unserem Team Verantwortung übernehmen möchten.

31. August bis 12. September, verschiedene Spielorte in Basel und Riehen, Festivaltreffpunkt Restaurant Sonatina, Theaterstrasse 7, Basel. Näheres zum Programm unter www.figurentheaterfestival.ch

Sind Sie aktiv, kontaktfreudig und bereit, einen Teil ihrer freien Zeit zu verschenken? Haben Sie Grundkenntnisse im Umgang mit dem PC? Dann freuen wir uns auf Ihren Anruf oder Ihre Mail. Freiwilligengruppe beider Basel 061 971 37 42 freiwilligengruppe.beiderbasel@tdh.ch, www.tdh.ch

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Spielerporträt «Im Trainingslager vergesse ich sogar das Methadon» Marco Zanni (21), Rechtsaussen-Verteidiger wie sein berühmter Cousin Reto, war in die Drogen abgestürzt. Heute hofft er, mit der Surprise-Nationalmannschaft an der Strassenfussball-WM in Paris einen Titel zu holen. Seine Geschichte und seine Erwartungen heute für einmal an Stelle des Verkäuferporträts.

«Zwei Sekunden vor Abpfiff haute mich Günthi um. So endete mein erstes Strassensport-Turnier, die Schweizer Meisterschaft im HB Zürich im Juni 2010. Wir hatten es mit dem AC Gassechuchi Luzern bis in den Final geschafft. Damals schied ich verletzt aus, jetzt spiele ich gemeinsam mit Günthi in der Nationalmannschaft – nur eine lustige Anekdote aus dem Trainingslager hier in Giswil. Bei den Schweizer Meisterschaften nahm ich noch Drogen, alles was Pulver ist. Gefixt habe ich zum Glück nie, sonst gab es keine Grenze. In der Gassechuchi Luzern konnte ich den Stoff in Sicherheit konsumieren. Dort wurde ich dann angefragt, ob ich verwandt sei mit dem Profifussballer Reto Zanni und ob ich selber auch spiele. Er ist mein Cousin und meine Lieblingsposition ist ebenso rechts hinten in der Verteidigung. Ich hatte sogar Chancen auf eine ähnliche Fussballerkarriere, spielte als Junior in der U-15 des FC Luzern. Im Probetraining zur U-17Auswahl verletzte ich mich leider und kam dann in die Regionalauswahl Team Nidwalden. 2008 stellten wir die beste Abwehr und erhielten in der ganzen Saison nur sechs Gegentore! Nach der Regionalmeisterschaft ging es dann los mit Kiffen, Koksen und Heroin. Denn zur gleichen Zeit bin ich nach heftigen Streitereien bei meiner Familie ausgezogen. Ich wollte zeigen, dass ich mit 18 auf eigenen Beinen stehen kann. Im neuen Umfeld haben jedoch alle Drogen konsumiert und so ging es mit mir bergab. Ich dröhnte mich zu. Wohl auch, um zu vergessen, welche Scheisse ich gebaut hatte. Zwei Wochen nach der Strassensport-Schweizer-Meisterschaft war aber Schluss. Ich hatte keinen Job mehr, Schulden, Stress und war abgemagert bis auf die Knochen. Ich erinnere mich noch genau: Ein Donnerstag, ich sass vollgeladen im Bus und hatte Paranoia, alle starrten mich an. Daheim betrachtete ich mein Spiegelbild und mir wurde klar: Wenn ich jetzt nicht aufhöre, schaffe ich das nie und ende doch an der Nadel. Am Freitag rief ich die Suchtberatung an, am Sonntag warf ich meine Heroin-Pfeife in den Vierwaldstättersee, und am Montag startete ich das Methadon-Programm. Seither nehme ich nichts anderes mehr. Beim AC Gassechuchi spiele ich trotzdem weiter. Anfangs schämte ich mich etwas dafür, in so einer Mannschaft zu spielen. Jetzt stehe ich voll dahinter. Das ist mein Team, die Coaches haben mich wieder zum Fussball zurückgeholt! Beim ersten Surprise-Turnier merkte ich, dass mir das wichtiger ist und mehr gibt als die Drogen. Strassenfussball kannte ich davor gar nicht. Jetzt gefällt es mir eigentlich besser als Grossfeldfussball. Das Spiel geht ab. Du kannst in 14 Minuten mehr zeigen als in 90 und musst mit dem Kopf jede Sekunde dabei sein. Ausserdem ist es technisch anspruchsvoller und man wechselt ständig zwischen Defensive und Offensive. Am besten gefällt mir aber, dass das Team wichtiger ist als das Gewinnen. Klar gebe ich alles und nehme es ernst, aber man kann auch mal lachen.

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BILD: OLIVIER JOLIAT

AUFGEZEICHNET VON OLIVIER JOLIAT

Wie hier in Giswil. Das Training ist zwar hart, aber ich gewöhne mich daran und wir haben viel Spass zusammen, obwohl wir vom Alter wie von der Herkunft her komplett unterschiedlich sind. Hier im Lager vergesse ich teils gar meine Methadon-Ration. Die habe ich seit Therapieanfang schon recht reduziert, ganz ohne geht es aber noch nicht. Damit lasse ich mir Zeit, bis ich wirklich bereit bin. Für den Homeless World Cup sind wir als Team aber definitiv bereit! Vielleicht werden wir nicht Weltmeister, aber es gibt beim Homeless World Cup noch andere Titel zu holen – das ist mein Ziel mit der Nationalmannschaft. Was mir Fussball bedeutet, weiss auch mein Chef bei den Verkehrsbetrieben Zürich, wo ich seit Januar im Fahrzeugservice arbeite. Er hat mir für den Homeless World Cup frei gegeben. Ich muss nur gute Bilder und Resultate heimbringen. Die will auch mein Cousin Reto sehen. Meine Familie verfolgt die Spiele vielleicht sogar im Internet. Ich bin froh, hat mich meine Mutter wieder aufgenommen, obwohl ich sie belogen, betrogen und beklaut habe. Ich war ein miserabler Sohn. Aber wir haben wieder eine Vertrauensbasis. Ich wohne nun in Stans im selben Haus, in dem meine Mutter arbeitet, aber es ist meine Wohnung. Endlich stehe ich wirklich auf eigenen Beinen.» ■ Videos zu allen Spielen des Homeless World Cup 2011 vom 21. bis zum 28. August in Paris sind zu finden auf www.strassensport.ch SURPRISE 257/11


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich

Wolfgang Kreibich Basel

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Programm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Programmteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Fatima Keranovic Baselland

René Senn Zürich

Jela Veraguth, Zürich Wolfgang Kreibich, Basel Kurt Brügger, Basel Anja Uehlinger, Baden

Peter Hässig, Basel Tatjana Georgievska, Basel Peter Gamma, Basel René Senn, Zürich

Ausserdem im Programm SurPlus: Marika Jonuzi, Basel Fatima Keranovic, Baselland Bob Ekoevi Koulekpato, Basel Jovanka Rogger, Zürich

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

Vorname, Name

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1 Monat: 500 Franken

257/11 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 257/11

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

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Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel www.strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Geschäftsführung Paola Gallo, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@strassenmagazin.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden, Florian Blumer (Nummernverantwortlicher), Diana Frei redaktion@strassenmagazin.ch Ständige Mitarbeit Alexander Jungo (Korrektorat), Delia Lenoir, Irene Meier, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Monika Bettschen, Manuela Donati, Andrea Ganz, Michael Gasser, Luc-François Georgi, Joël Gernet, Lucian Hunziker, Olivier Joliat, Stefan Michel, Christof Moser, Elisabeth Wiederkehr Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 15 000, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 61 Theres Burgdorfer, t.burgdorfer@strassenmagazin.ch

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27 Zoë Kamermans, Patrick Würmli, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@strassenmagazin.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@strassenmagazin.ch Strassensport T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99 Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller l.biert@strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch Trägerverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Peter Aebersold Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

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Endlich wieder Sommer! Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und von A bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschiedenfarbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

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Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.– rot blau schwarz

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Surprise Rucksäcke (32 x 40 cm); CHF 89.– schwarz rot

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