Surprise Nr. 465

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Strassenmagazin Nr. 465 13. Dez. 2019 bis 2. Jan. 2020

CHF 6.–

davon gehen CHF 3.– an die Verkaufenden

Festtage

Schöne Bescherung Wie unsere Sehnsüchte zur käuflichen Ware werden Seite 20

Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass


Zauberhafte Festtage. Wir wĂźnschen Ihnen bezaubernde Festtage und viele magische Momente im neuen Jahr. swisscom.ch/clash


TITELBILD: MICHAEL KÜHNI

Editorial

Gekauftes Glück «Finden Sie das Glück in den kleinen Din­ gen.» Solche Sätze sind im Advent oft zu lesen, und an sich ist ja auch nichts falsch daran. Es fällt bloss auf, dass sie in den letzten Jahren immer inflationärer gebraucht werden. Wir haben das Buch «Das Glücks­ diktat» der Soziologin Eva Illouz und des Psychologieprofessors Edgar Cabanas gele­ sen und die Welt des Weihnachts­ shoppings danach mit anderen Augen angeschaut. Lesen Sie ab Seite 20. Es gibt auch ein Glück, das den einen gross­ zügig mit auf den Weg gegeben wird, den anderen weniger: eine glückliche Kindheit. Weihnachten gilt als Familienfest, und deshalb haben wir Surprise-Verkaufende nach ihren Kindheitserinnerungen an Weih­ nachten befragt. Wie die Feier ablief und wie man miteinander umging: Das erzählt etwas über die Beziehungen in einer Fami­ lie – über die schönen und die schwierigen. Musste man sich einschränken, materiell oder emotional? War man etwas wert in der Familie?

Anfang Dezember hielt Caritas Schweiz fest, dass in unserem Land im Durchschnitt in jeder Schulklasse mindestens ein Kind sitzt, das in Armut aufwächst. Hinter den Kindheitserinnerungen unserer Protagonis­ ten steht auch das Wissen, dass sich Ar­ mut von einer Generation zur nächsten quasi vererbt. Denn in der Kindheit wird oft der Rahmen für das ganze weitere Leben abgesteckt. Die Schilderungen in unserem Heft sind aber nicht durchwegs Armutsge­ schichten. Zwischen den Zeilen erzählen sie auch viel über das Konzept Familie in der Schweiz. Ab Seite 8. Ein Fest ist eine Pause vom Alltag, sagen Kulturwissenschaftler. Deshalb haben wir innegehalten und uns umgeschaut. Im Untersuchungsgefängnis wie im Shop­ ping-Center. Wir haben Weihnachts­ dekorationen gesucht und gefragt: Warum wird an einem Ort, der kein Zuhause ist, häusliche Heimeligkeit eingerichet? Ab Seite 14. DIANA FREI

Redaktorin

4 Aufgelesen 5 Vor Gericht

Ein Stück Völker­ verständigung 6 Challenge League

Wie im amerikanischen Film 7 Auf Reisen

Trondheim, Norwegen 8 Kindheit

«Ich erinnere mich»

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14 Stadtraum

Besinnlichkeit am Durchgangsort

20 Konsum

Materialisierte Sehnsüchte 24 Theater

«Man kann Kinder nicht vor der Realität wegsperren» 25 Buch

Der heilige Gral der Spiritisten 25 Die Schweiz schreibt

Mit einer einzigen Stimme

26 Veranstaltungen 27 Tour de Suisse

Pörtner in Davos 28 SurPlus Positive Firmen 29 Wir alle sind Surprise Impressum Surprise abonnieren 30 Surprise-Porträt

«Mein Lebens­prinzip ist die Freude»

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Aufgelesen

News aus den 100 Strassenzeitungen und -magazinen in 35 Ländern, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Zeit der guten Wünsche Was würdet ihr eurem 25-jährigen Ich sagen wollen? Zu den Festtagen schreiben Verkaufende aus dem Internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen einen Brief in die eigene Vergangenheit.

«Meinen 25. Geburtstag hatte ich im Jahr 1967. Mir ging es damals nicht so gut. Ich hatte an der Universität Volleyball gespielt. Als die Teams von neun auf sechs Spieler verkleinert wurden, sagte man mir: ‹Wir brauchen keine Winzlinge.› Es war ein schrecklicher Schock, eine Weile brachte ich nichts mehr zustande. Ich kann zwar die 77 vertanen Jahre meines Lebens nicht noch einmal leben, aber ich kann etwas an die 25-Jährigen von heute weitergeben: Lasst euch niemals entmutigen.» Toshihiko Sakata, 77, The Big Issue Japan

«Mit 25 hast du deine Gitarre genommen und bist in ein Flugzeug nach Seattle gestiegen. In den USA, so hattest du gehofft, würde deine Musiker­ karriere Fahrt aufnehmen. Drogenerfahrungen hattest du schon, und gemeinsam mit deinem Freund hast du schnell herausgefunden, dass Heroin in Seattle so dick wie Teer ist und – boom! Du warst abhängig. Ich würde dir sagen: Sei nicht so selbstsicher.» Kjetil Johnsen, 53, Asfalt, Stavanger, Norwegen

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«Ich werde erst in sieben Jahren 25. Deshalb würde ich einen Brief in die Zukunft schreiben. An mein Baby, das bei meiner Schwiegermutter in Rumänien ist. Ich würde meiner Tochter sagen, dass ich hierher gezogen bin, um ihr Möglichkeiten zu eröffnen und dass ich für sie arbeite. Hätte ich in Rumänien Geld verdienen können, wäre ich nicht gegangen.» Anglia, 18, Iso Numero, Finnland Surprise 465/19


ILLUSTRATION: PRISKA WENGER

FOTOS: ZVG

Vor Gericht

Ein Stück Völker­ verständigung

«Heirate, gründe eine Familie und bau ein Haus. Vergiss nicht, auf deine Eltern aufzupassen. Beschäftige dich mit Gott, das kann dir dabei helfen, bessere Entscheidungen zu treffen.» Nicolae, 38, Big Issue North, Grossbritannien

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Immer schön, wenn vor Schranken Welten aufeinandertreffen. Kürzlich am Obergericht Zürich ein redlich bemühter Richter und ein eloquenter Beschuldigter. Der seit elf Jahren in der Schweiz lebende Somali soll das Sozialamt um 4500 Franken betrogen haben. Eines von vielen Missverständnissen, sagt er. Die Kulturen seien so verschieden, die Normen so anders. Bei der Ankunft in der Schweiz erstaunte den heute 40-Jährigen, was die Leute alles auf die Strasse stellen. Zum Mitnehmen! Mit einem Kollegen begann er, die Sachen einzusammeln. Um Geld für Arme in die Heimat zu schicken. Der Erlös ging auf das Konto des Beschuldigten – fand aber nie den Weg zu den Notleidenden. Weil er selbst in Not geriet, zahlte der Beschuldigte davon private Rechnungen. Ihm falle auf, sagt der Richter: «Wie so viele, die zu uns kommen, haben Sie am 1. Januar Geburtstag.» Der Beschuldigte erklärt: «Das schreibt man immer so auf, wenn man nur das Geburtsjahr kennt.» Weiter will der Richter wissen, warum er einen Arabisch-Dolmetscher verlangt habe, nicht Somali oder Aramäisch. Er habe sein Land mit 14 verlassen. Der Richter: «Weshalb sind Sie nach Somalia zurückgekehrt, in den Bürgerkrieg?» Ausgeschafft worden, sagt der Beschuldigte. Er hatte keine Arbeitsbewilligung. Zusammen ackern sie des Somaliers langen Weg in die Schweiz durch. Kenia, Äthiopien, Sudan, Libyen, Malta und Italien. Hier

hat er Status F, vorläufig aufgenommen. Sein Asylgesuch war abgelehnt worden, weil er zuvor eines in Malta gestellt hatte. Seit einem Jahr fährt der Beschuldigte Taxi für 2000 Franken monatlich. Den Richter verwundert, dass das dem Somali nicht nur zum Leben reicht. Dieser meint: Er arbeite sechs Tage die Woche, lebe allein, nehme keine Drogen. Und wenn jemand Hilfe brauche, helfe er. «Aber Sie bräuchten doch selbst Hilfe», ruft der Richter und rät ihm, Ergänzungsleistungen zu beantragen. Vor der Selbständigkeit war der Beschuldigte in staatlichen Einsatzprogrammen beschäftigt, abhängig vom Sozialamt. Das «Spendenkonto» hatte er nie gemeldet. Er habe das Geld ja nicht als seines betrachtet, sagt er. Bestätigt aber auch, es für sich gebraucht zu haben. Spätestens dann, sagt der Richter, hätte er es melden müssen. Etwas anderes beschäftigt ihn aber mehr: «Wenn Sie mit Kleinhandel Geld verdienen, müssen Sie es erst für sich brauchen, sonst unterstützt das Sozialamt indirekt Somalia. Sehen Sie das nicht?» Er habe damals ein Wirrwarr gehabt im Kopf gehabt, sagt der Beschuldigte. Sehr schweizerisch dann der juristische Rat des Richters: «Sie hätten besser einen Verein gegründet.» Im Urteil lässt das Obergericht durchblicken, was es von der Anzeige des Sozialamts hält: überrissen. Man hätte es auch bei einer Rückforderung belassen können. Auch sei der Deliktsbetrag zu hoch bemessen. Nun, da das Verfahren im Gang sei, habe man kaum Spielraum. Bei einem einzelnen Bezug hätte man sagen können: Er hat kurz überbrückt. Doch weil sich die Bezüge über eine gewisse Zeit hinzogen, müsse das Gericht von Vorsatz ausgehen: schuldig.

Y VONNE KUNZ  ist Gerichtsreporterin

in Zürich 5


Challenge League

Wie im amerikanischen Film In Hollywood-Filmen habe ich das erste Mal gesehen, wie wichtig Weihnachtsgeschenke sind, vor allem in westlichen Ländern wie Amerika. Als Kinder haben wir uns oft gefragt, was ist bloss drin in diesen grossen Geschenken? In der Gesellschaft, in der ich aufgewachsen bin, haben wir eine andere Wahrnehmung vom Schenken allgemein, auch an Weihnachten. Es wird nur selten etwas zu Weihnachten geschenkt. Angestachelt von den Filmen wollten wir Kinder plötzlich ebenfalls Geschenke und erwarteten auch, dass der Weihnachtsmann vorbeikäme. Und er kam tatsächlich: Anstatt aber jedem von uns einzeln Geschenke nach Hause zu bringen, ist der Weihnachtsmann in Absprache mit unseren Lehrkräften in unsere Grundschulklasse gekommen und hat uns Süssigkeiten geschenkt. Als Erwachsene dann haben meine Freunde und ich uns manchmal etwas geschenkt – beispielsweise Bücher – und vor allem Weihnachtskarten mit guten Wünschen ausgetauscht.

die Flucht treibt. Ich möchte mich da nicht hineinziehen lassen. Ich mag Weihnachten.

«Was machst du an Weihnachten?», fragt mich eine Freundin in der Schweiz, als ich sie in ihrer WG besuche.

Das ist einige Jahre her. Damals hörte ich zum ersten Mal von einem Adventskalender, und die Idee gefiel mir. Inzwischen ist er auch ein Teil meiner Weihnachtszeit. Irgendwann bekam ich selbst meinen ersten Adventskalender geschenkt, darin war Merci-Schokolade. Meinen zweiten habe ich mit ein paar Arbeitskollegen vorbereitet. Das war in einem Asylheim, wo mehrere Jugendliche untergebracht waren. Ich habe sehr gern dran gearbeitet, auch weil es Spass gemacht hat, erst die kleinen Geschenke mit den Namen der Jugendlichen einzupacken und dann zu sehen, wie sie sich morgens beim Auspacken über die Geschenke gefreut haben.

«Winter ist nicht meine liebste Jahreszeit», erklärt sie. «Ich mag zwar, wenn es schneit, aber ich mag nicht, wenn es kalt ist. Das Wetter ist so grau. Es wird immer dunkler und dunkler. Tagesüber sitze ich drinnen am Arbeiten oder Lernen und bei Feierabend ist es schon dunkel. So ist auch die Stimmung. Darum hängen dort all diese verpackten Sachen, die ich mit meiner WG-Mitbewohnerin gemacht habe. Für jeden Dezembertag ein Päckchen. Die kleinen Geschenke haben wir beide abwechselnd füreinander gemacht. Wichtig ist nicht so sehr, was drin ist, sondern die Freude, die sie jeden Tag in diese graue Zeit bringen.»

«Aber dort feiert man nicht Weihnachten, oder doch?» – «Nein, genau darum gehe ich dorthin.»

«Tja, was eigentlich?», frage ich mich selber laut. «Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung», antworte ich. «Und du?» «Ich gehe nach Marokko.» «Marokko?!» Ich frage mich, ob ich richtig gehört habe. «Ja, Marokko.» «Aber dort feiert man nicht Weihnachten, oder doch?» «Nein, genau darum gehe ich dorthin.» «Aber wieso willst du weg von hier? Deine Familie ist doch hier, oder hat du sonst noch jemand dort?» «Nein, ich habe niemanden dort, und eben darum gehe ich dorthin.» «Ist das nicht paradox?», frage ich ungläubig. «Ich mache das schon lange so. Weihnachten sollte eine Zeit sein, um etwas zu entspannen, aber im Gegenteil: Man muss Geschenke kaufen unter Zeitdruck, die ganze Familie treffen, Verwandte besuchen, immense gesellschaftliche Erwartungen. Und dann startet man nach all diesen Feiern und der hektischen Zeit das neue Jahr mit Geldsorgen.» Ich hätte nicht gedacht, dass Weihnachten für manche Menschen so viel Druck bedeutet, dass es sie sogar in 6

Ich schaue an ihre Wand, an der viele schön verpackte kleine Säckchen hängen. Meine Freundin fängt meinen fragenden Blick auf.

SEMHAR NEGASH  ist Anthropologin in Bern. Sie beobachtet sich selbst dabei, wie es ist, ein Teil der Schweizer Gesellschaft zu sein. Und andere, wie sie darauf reagieren.

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ILLUSTRATION: SARAH WEISHAUPT

Trondheim eines der grössten Artille­ riegeschütze Norwegens, das vom Schlacht­schiff Gneisenau stammte. Und mitten im Hafen liegt Dora I, eine alte U-Boot-Basis. Sie wurde umgebaut und wird heute als Bowlingbahn benutzt.

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Wo man Weihnachten feiert An Weihnachten geht man in die Nidaros-Kathedrale. Sie stammt aus der Wikingerzeit und wurde vor mehr als tausend Jahren erbaut. Zu jener Zeit wurde Norwegen von Olaf dem Heiligen mit Gewalt christianisiert. Sein Motto lautete: «Entweder wirst du Christ oder du wirst geköpft!» Von da an wurden die Wikinger getauft. Damals war Trondheim die Hauptstadt Norwegens und hiess «Nidaros».

5 Auf Reisen

Trondheim, Norwegen Unsere Reiseleitung: Odd Erling stammt aus Trondheim. Er verkauft seit sechs Jahren das Strassen­ magazin Sorgenfri. Dieses Jahr wurde er zu einer lokalen Berühmtheit, nach­ dem er mit einem Lied über Trondheim in einem Musikvideo aufgetreten war.

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Warum ich gerne in Trondheim lebe Wir Norweger wirken vielleicht etwas distanziert, aber im Allgemeinen sind wir sehr gastfreundliche Menschen. Das spürt man, wenn man in Trondheim zu Besuch ist. Die Stadt ist sehr schön, sie ist von Natur umgeben. Spaziert man dem Ufer des Flusses Nidelva entlang, kommt man in prächtige Wälder, die bis zur Stadtgrenze reichen. Dort leben auch Elche. Manchmal kommen sie in die Surprise 465/19

Nähe der Stadt, letztes Jahr war einer plötzlich im Zentrum. Die Polizei musste ihn vertreiben, immerhin wiegen Elche bis zu 700 Kilogramm und können gefährlich werden.

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Wo man essen kann Viele Norweger mögen Gerichte mit Lachs oder Karibu, also Rentier­ fleisch. Unser Nationalgericht besteht aus Fleischkuchen, Kartoffeln, Erbsenpüree und brauner Sauce – das ist ausgezeichnet! Vor allem in grossen Hotels wie dem Radisson gibt es erstklassige Restaurants. Mein persönlicher Favorit ist aber ein kleines italienisches Restaurant im Zen­ trum von Trondheim nahe der Frauen­ kirche, das Ristorantino.

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Die besten Orte für einen Besuch Es gibt hier viele Denkmäler aus dem Zweiten Weltkrieg, als die Deutschen Norwegen besetzten. Zum Beispiel befindet sich ausserhalb von

Wie man den Winter überlebt Im Winter kann es leicht minus 20 Grad werden, manchmal sogar minus 30 Grad. Dann musst du dich warm anziehen, sonst läufst du Gefahr zu er­ frieren. Die Kälte kann schmerzhaft sein, vor allem, wenn du auf der Strasse stehen musst wie ich beim Verkauf des Strassen­ magazins. Im Winter habe ich weniger Kunden, die Menschen laufen an einem vorbei. Es gibt ein Sprichwort: «Det fins ikke dårlig vær, bare dårlige klær», was so viel bedeutet wie: «Schlechtes Wetter gibt es nicht, es gibt nur falsche Kleidung.»

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Meine Lieblingsjahreszeit Als ich jung war, war es der Winter, jetzt aber mag ich den Sommer lieber. Als Kind baute ich gerne Schnee­ männer und Höhlen. Damals gab es viel mehr Schnee. In den Achtzigerjahren, als ich jung war, hatten wir an Weih­nachten immer mindestens einen Meter Schnee. Heute ist das anders, man kann in Norwegen die Folgen der globalen Erwär­ mung besonders gut sehen. Kampagnenvideo mit Odd Erling: youtube.com/watch?v=_8bpU_MvnW4 Interview von Steven MacKenzie Gatemagasinet Sorgenfri, Prinsens gate 55, 7011 Trondheim, Norwegen Mit freundlicher Genehmigung von INSP.ngo / The Big Issue UK bigissue.com @BigIssue

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«Ich erinnere mich» Kindheit Die ersten Lebensjahre

sind prägend. Wir haben SurpriseVerkaufende nach ihren frühen Erinnerungen an Weihnachten gefragt. Die Kindheit ist die Zeit der verdichteten Eindrücke. Als Kind kann man in eine Kerze schauen, Licht und Wärme spüren, meinen, die ganze Welt sei in diesem Flackern enthalten und dabei die Realität um einen herum vergessen. Die Wahrnehmung kann sich auf einen einzigen, erfüllenden Moment konzentrieren. Wie man den Finger in das flüssige Wachs einer Kerze tunkt und auf der Haut trocknen lässt. Nur das. Und trotzdem vermag dieses heisse Wachs auf dem Finger in der Erinnerung später den ganzen Abend zusammenfassen. Als Kind kann man absolut fokussieren und anderes ausblenden, genauso aber kleinste Erschütterungen der eigenen Welt registrieren und fürchten, dass alles zusammenbricht. Man kann sich in einem Moment aufgehoben fühlen und im nächsten fallengelassen, verloren im Zuviel der Erwachsenenwelt. Als Kind ist das Erleben dicht, und die Emotionen sind überwältigend. Erinnerungen aus der Kindheit sind manchmal gestochen scharf, ein anderes Mal verblichen, aber immer so etwas wie ein Abdruck des damaligen Empfindens. Man trägt sie als Erwachsener mit sich, diese Bruchstücke der Vergangenheit, die Fragmente früherer Seelenlandschaften. Wieso die einen Bilder, Gerüche, Melodien, Erlebnisse hängenbleiben und andere nicht, weiss man selbst meist nicht. Vielleicht liegt es daran, dass es besonders starke Eindrücke waren. Oder daran, dass dieser einzelne Moment auf den Punkt bringt, was zum Beispiel eine Familie als Ganzes prägte. Oder am Gefühl, dass alles für einmal auch ganz anders sein konnte. Wir haben Verkäufer und Stadtführerinnen bei Surprise gefragt, wie sie ihre Weihnachtsfeste in Erinnerung haben, die 30, 40, 50 Jahre zurückliegen. Es erzählen Menschen davon, die später in die Armut oder in die Sucht rutschten. Der Grund dafür muss nicht zwingend in der Kindheit liegen. Aber die Geschichten stellen doch die Frage in den Raum, wie weit die Prägung etwas mit dem späteren Leben und Erleben zu tun hat. Und was die Erinnerungen auf jeden Fall leisten: Sie sind eine minimalste Bestandesaufnahme davon, wie Familienleben in der Schweiz zwischen 1950 DIANA FREI und 1980 aussehen konnten. 8

«Ich muss sagen, sie haben uns nicht schlecht behandelt.»

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FOTO: CORINNE FUTTERLIEB

Aschi Aebersold (62) verkauft seit 14 Jahren Surprise in Burgdorf.

«Wenn ich an Weihnachten in meiner Kindheit denke, kommt mir zuallererst in den Sinn, dass es immer Schnee hatte, richtig viel Schnee. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich ab der zweiten Klasse in der Nähe von Tramelan im Berner Jura lebte. Vorher wohnte ich mit meiner Familie in Ostermundigen. Mein Vater war ein Büezer, der immer viel Weissen trank, jähzornig war und meine Mutter und uns fünf Kinder schlug. Nachdem er sich das Leben genommen hatte, wurden wir alle fremdplatziert, ein Bruder und zwei Schwestern kamen in verschiedene Heime in der Region Bern, der andere Bruder und ich in eine sehr religiöse Bauernfamilie im Jura. Für die Bauernleute waren wir eher Knechte als Pflegekinder. Wir wohnten in einer ungeheizten Kammer und mussten vor und nach der Schule im Stall oder sonstwo auf dem Hof helfen. Schön fand ich, dass ich den Bauern vor Weihnachten jeweils in den Wald begleiten durfte, um den Tannenbaum zu fällen, den die Frau dann schmückte. Beschenkt wurden wir nicht gross, es gab etwa ein Paar Socken oder neue Unterwäsche, dazu einen Lebkuchen, auf dem vier Fünfliber klebten. Ich muss sagen, sie haben uns nicht schlecht behandelt. Aber es tat schon weh zu spüren, dass es sie immer reute, wenn es darum ging, Geld für uns auszugeben. Nach Weihnachten durften wir und die anderen Geschwister meistens bis zum Bärzelistag, also bis zum 2. Januar, heim zur Mutter. Vom Geld, das sie als Putzfrau Surprise 465/19

im Bundeshaus verdiente, kaufte sie uns Spielsachen. Einmal habe ich einen tollen Goalie-Dress bekommen. Ich war ganz begeistert, doch im Jura wollten die Bauernleute nicht, dass ich ihn trage. Die waren, glaube ich, in einer christlichen Sekte und fanden, dieses Fussballzeug sei ‹Sünde›. Als Kind wollte ich gar nichts vom christlichen Glauben wissen, weil uns die Bauern jahrelang jeden Sonntag zwangen, den Gottesdienst zu besuchen. Erst sehr viel später habe ich zu Gott und zum Glauben gefunden und lebe ihn komplett anders als das Bauernpaar im Jura. Ich rede direkt mit Gott und bitte ihn um das, was ich gerade nötig habe, zum Beispiel um Gelassenheit oder dass ich vergeben kann. Weihnachten – und somit die Geburt von Jesus – ist für mich zwar von grosser Bedeutung, aber Themen wie Hoffnung, Vergebung und Nächstenliebe sollte man das ganze Jahr über nicht vergessen. So ist beispielsweise ein Mittagessen, das die methodistische Kirche in Burgdorf einmal pro Woche für drei Franken anbietet, für mich auch eine Art Weihnachten. Schön und sehr wichtig ist mir hingegen das Weihnachtsessen mit der Familie. Meine Frau und ich und alle Geschwister mit ihren Familien treffen sich bei meiner Schwester, die zusammen mit unserer mittlerweile 92-jährigen Mutter zusammenwohnt, und wir essen gemeinsam etwas Feines. Manchmal singen wir Weihnachtslieder, auch wenn es ein bisschen ‹abverheit› tönt. Meine Mutter und meine Schwester wohnen in Bern-Bethlehem – das passt perfekt zu Weihnachten.» Aufgezeichnet von ISABEL MOSIMANN

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«In meiner Kindheit lebten wir nicht im Überfluss. Wir hatten aber immer genug. Das mit den Geldproblemen kam später. Mein grösstes Weihnachtsgeschenk erhielt ich, als ich elf Jahre alt war. Vor dem Fest war ich mit meinen Eltern ins Warenhaus gegangen, um verschiedene Velos anzuschauen. Ich durfte sogar draufsitzen und sie ausprobieren. Als es dann aber so

«Und da stand es, mein erstes eigenes Velo.»

weit war, entdeckte ich kein Geschenk unter dem Baum, das so gross war wie ein Fahrrad. Ich stieg sogar hinunter in den Keller und schaute nach. Doch da war kein Velo. Nachdem alles vorbei war, fragte mich mein Vater, ob ich zufrieden sei. Ich war ehrlich und sagte: ‹Ich hätte schon gerne ein Velo bekommen.› Mein Vater entschuldigte sich, es sei finanziell nicht drin gelegen. Erst dann schickte er mich auf den Balkon, um nachzuschauen. Und da stand es, mein erstes eigenes Velo. Das war schon sehr speziell. Denn wenn ich sonst etwas Grösseres wollte, hiess es: ‹Mach was dafür.› Als ich mir mit vierzehn Jahren ein Töffli wünschte, ging ich auf den Bau und arbeitete für den Vater eines Schulkollegen, der Dachdecker war. Momol, ich hatte eine glückliche Kindheit. Als Nachzügler der Familie war ich gut behütet. Meine Geschwister sind acht und sechs Jahre älter. Zu Weihnachten hörten wir jeweils ein paar Lieder von der Schallplatte, sangen gemeinsam, packten Geschenke aus und assen dann ein Fondue Bourguignonne oder Chinoise. Diese Tradition führten wir auch noch fort, als alle längst ausgezogen waren, bis zum Tod der Eltern. Ich lebe von etwa 2000 Franken pro Monat. Viel ist das nicht, aber ich habe immer bescheiden gelebt, darum geht das. Ich habe Schulden seit einem Töffunfall in der Dominikanischen Republik im Jahr 2004. Nach einer Lehre als Koch, einigen Jahren beim Globus und bei der Securitas hatte ich mich mit Reinigungen und Umzügen selbständig gemacht. Da ich zum Zeitpunkt des Unfalls nicht versichert war, geriet ich in die Schuldenfalle. Ich bin froh, wenn Weihnachten vorbei ist. Seit meiner Zeit als Securitas, wo ich viel in der Nacht arbeitete, bin ich es zwar gewohnt, allein zu sein. Das ist auch während der Festtage kein Problem für mich. Aber den Stress, die Hektik auf den Stras­ sen und diese Geldmacherei in den Läden halte ich fast nicht aus. Dafür ist es für den Surprise-Verkauf eine ganz gute Zeit. Das grösste Geschenk wurde mir sowieso schon gemacht. Bald werde ich erstmals seit vielen Jahren schuldenfrei sein. Eine gute Bekannte schenkte mir vor Kurzem nämlich 10 000 Franken. Das war zwar kein Weihnachts-, sondern ein Geburtstagsgeschenk. Aber es fühlte sich an wie beides in einem.»

FOTOS: GABI VOGT

Peter Conrath (55) ist Surprise Stadtführer, verkauft das Strassenmagazin und betreibt einen Würstlistand bei der Schmiede Wiedikon.

Aufgezeichnet von ANDRES EBERHARD 10

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«Mit Geschenken kann ich nicht reden.»

Richi Zünd (65) ist seit Kurzem offiziell pensioniert. Das Surprise Magazin verkauft er nach wie vor an seinem Stammplatz in Zürich Wollishofen.

«In der Weihnachtszeit waren früher jeweils die Grosseltern aus Basel zu Besuch. An Heiligabend gingen wir immer in die Kirche. Damals sassen die Männer rechts, die Frauen links. Mein Grossvater war wie ich katholisch, meine Grossmutter war reformiert. Diese Kombination war damals sehr ungewöhnlich. Ich kann mich gut erinnern, wie sie sagte: ‹Der da oben ist für alle der Gleiche.› Wenn jeweils meine Grosseltern herkamen, war das eine speziell schöne Zeit. Sie blieben immer bis Neujahr. Meine Grossmutter brachte vier bis fünf Linzertorten sowie selbergemachte Konfitüre mit. Zum Frühstück durften wir Kinder Ovomaltine trinken. Am Weihnachtstag assen wir mittags Schüfeli, Kalbsbrust oder Plätzli, am Abend gab’s eine kalte Platte mit Kartoffelsalat. Im Estrich lagerte Salami und Sulz, im Keller holten wir Kartoffeln und Äpfel. Als Geschenke bekamen wir Kinder selbstSurprise 465/19

gestrickte Pullover, Spielsachen oder Bücher. Wir waren vier Kinder, wir lebten damals schon in einer Mietwohnung in Zürich-Wollishofen, ich habe mein ganzes Leben hier verbracht. Mein Vater hatte ein kleines Taxiunternehmen, das Geld aus dem Taxiunternehmen reichte für das Nötigste. Ich machte eine Lehre als Automechaniker und arbeitete 26 Jahre lang bei den Verkehrsbetrieben Zürich, ehe ich wegen einer Krankheit arbeitsunfähig wurde und eine IV bekam. Die Religion ist bis heute wichtig für mich. Die katholische Kirche in Wollishofen ist noch dieselbe wie damals, nur haben sie drinnen umgebaut, sodass das Publikum in einem Halbmond rund um den Hochaltar sitzt – Männer und Frauen gemischt. Besonders mag ich den ruhigen kleinen Nebenraum mit Kapelle, wo ich ungestört mit meinen Gedanken bin. Sonntags besuche ich regelmässig den Gottesdienst. Fast aus jeder Predigt nehme ich etwas mit, das ich fürs Leben gebrauchen kann. Auch dieses Jahr gehe ich Heiligabend in die Kirc­he. Ausser, wenn es mir körperlich nicht gut geht. Für diesen Fall gibt es zum Glück die Gottesdienste am TV. Am Weihnachtstag treffe ich mich dann mit der Verwandtschaft, wir essen Schüfeli und Hörnlisalat und sitzen zusammen. Diese gute Atmosphäre schätze ich sehr. Ich freue mich auch immer, wenn nach Weihnachten mein Sohn vorbeikommt und wir Zeit zusammen verbringen. Wir schenken uns höchstens etwas Kleines, eine schöne Kerze oder so. Zuhause habe ich ja alles, was ich brauche. Ausserdem kann ich mit Geschenken ja nicht reden.» Aufgezeichnet von ANDRES EBERHARD

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«Als Kinder mussten wir an Weihnachten am Nachmittag bis etwa 18 Uhr schlafen gehen. Unsere Eltern haben unterdessen den Weihnachtsbaum geschmückt und die Geschenke eingepackt. Es war eine Riesennervosität, wir waren fünf Kinder. Wir sangen und spielten Weihnachtslieder. Meine Schwester beherrschte Melodika und ich Flöte und Akkordeon. Beim Musizieren blühte ich auf. So haben wir die Geburt von Jesus gefeiert. Das war ein Highlight. Auf die Geschenke haben wir uns gefreut. Einmal nähte mir die Mutter ein Eiskunstlaufkleid. Ich war sportlich sehr begabt, aber uns fehlte das Geld, dass ich hätte Stunden nehmen können. Also habe ich viel selber geübt. Es gefiel mir, dass ich ein paar Sprünge beherrschte. Meine älteste Schwester und ich haben dieselben Eltern, die anderen drei sind Halbgeschwister. Wir waren sieben Leute, aber wir waren alle Einzelgänger. Vor allem ich hatte keinen Bezug zu meinen Geschwistern, weil die Mutter mich als Letzte wieder in die Familie zurückholte. Als ich zur Welt kam, war meine Mutter neunzehn. Die Kinder sind aus Liebe entstanden, aber mein Vater und meine Mutter wurden damals von ihren Familien verstossen. Sie waren beide Fäschtchnölle und hatten ein Alkoholproblem. Es gab damals noch keine Mutter-Kind-Häuser, und so liessen mich meine Eltern nach der Geburt im Spital. Man setzte mich als Übungsbaby für werdende Mütter ein, zum Schöppele und Wickeln. Mein Vater hat sich umgebracht, als ich einjährig war. Ich kam in eine Pflegefamilie. Die Pflegeeltern haben mich geliebt. Sie wollten mich adoptieren, aber meine Mutter hat mich nicht hergegeben. In der Pflegefamilie haben wir gesungen und gebetet am Abend, die Familie war evangelisch-reformiert, ich fühlte mich geborgen. Wieder zuhause bei meiner leiblichen Mutter und meinem Stiefvater, hatten wir einen regelrechten Religionskrieg. Sie lebten zum Schein einen Katholizismus. Ich durfte nicht mehr von Jesus reden, musste aber in die Kirche gehen. Der Stiefvater hat mich regelmässig sexuell missbraucht, bis ich dreizehn war. Da liess sich meine Mutter scheiden. Wenn du erst mit fünf oder sechs in deine Familie kommst, kannst du dich nicht mehr entfalten. Die Zeit des Kennen12

lernens, die Beziehung fehlt. Als ich älter war, kaufte ich der Mutter von meinem Lehrgeld meistens eine gute Seife. Ob ich meinem Stiefvater etwas schenkte, weiss ich nicht mehr. Das Weihnachtsfest war gestellt, wir mussten einfach funktionieren. Trotzdem war Weihnachten für mich immer eine schöne Zeit, überall die Kerzen und Lichter. Weihnachten war eine Abwechslung. Eine Pause von allem, was diese Familie sonst ausmachte.»

FOTO (LINKS): ELENI KOUGIONIS FOTO (RECHTS): CORINNE FUTTERLIEB

Lilian Senn (62) hatte eine erfolgreiche Berufskarriere und wurde nach einem Burn-out obdachlos. Sie ist Surprise Stadtführerin in Basel.

Aufgezeichnet von DIANA FREI

«Wir waren alle Einzelgänger.» Surprise 465/19


Michel Jäggi (47) arbeitet ab Januar 2020 als Surprise Stadtführer in Bern und erzählt dabei aus seinem Leben mit der Heroinsucht.

«Viele Erinnerungen an die Weihnachtsfeiern in meiner Kindheit habe ich nicht. Ich weiss, dass ich immer beim Tannenbaum-Schmücken half. Nach dem Essen bekamen mein Bruder und ich Geschenke. Materiell versuchten die Eltern immer, uns alles zu geben, was wir uns wünschten. Um mich besser zu erinnern, habe ich alte Fotos angeschaut. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich anfangs, als ich jünger war, immer lächelnd vor dem Weihnachtsbaum posierte, und später schaute ich nur noch ernst in die Kamera. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass wir, als ich ungefähr elf war, innert weniger Monate zweimal umzogen. Wegen der Arbeit meines Vaters zogen wir ins solothurnische Welschenrohr. Dort auf dem Land, in der Natur, hat es mir sehr gut gefallen. Es hatte einen Steinbruch, in dem man Fossilien suchen konnte. Auch in der Schule war ich viel besser als vorher. Leider klappte es mit Vaters Job nicht, und wir gingen zurück nach Regensdorf im Kanton Zürich. Was wir Kinder wollten, spielte keine Rolle. In der siebten Klasse rauchte ich zum ersten Mal Hasch und merkte, dass ich mich danach viel selbstsicherer fühlte und mich endlich getraute, dem Vater zu widersprechen. Mit ihm verband mich nie viel mehr als Formel-1-Rennen schauen. Abends sass er meist auf dem Sofa, sah fern und schlief ein, wenn er zu viel getrunken hatte. Mit vierzehn schnupfte ich das erste Mal Heroin. Durch Zufall erfuhr ich später, dass der Vater, mit dem ich aufgewachsen war, mein Stiefvater war und mein Bruder mein Halbbruder. Meine Mutter hatte es mir schon lange sagen wollen, doch wegen meiner labilen Verfassung hatte sie es immer wieder hinausgeschoben. Ich war erleichtert, als ich endlich erfuhr, was ich schon lange geahnt hatte. Meiner Mutter bin ich nicht böse, dass sie es mir nicht früher gesagt hat – es waren andere Zeiten. Wir haben heute ein super Verhältnis und sehen uns auch irgendwann um Weihnachten herum. Ich glaube, unser Weihnachtsabend in der teilbetreuten WG in Schüpfen wird ganz gemütlich. Ich bin da nicht allein, es hat Tiere, ist auf dem Land, ähnlich wie in Welschenrohr – das gefällt mir.» Aufgezeichnet von ISABEL MOSIMANN Surprise 465/19

«Als ich jünger war, posierte ich lächelnd vor dem Weihnachtsbaum.»

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Besinnlichkeit am Durchgangsort Stadtraum Gefängnis, Shopping-Center, Hotel sind

Zwischenstationen im Leben. Aber auch hier richten die Menschen eine Art Festlichkeit ein. AUFGEZEICHNET VON  SARA WINTER SAYILIR    FOTOS  KLAUS PETRUS

Für manche ist es die Stammbeiz, für andere der Arbeitsplatz, die Kirche oder der Chatroom, ganz bestimmt aber sind es für die meisten von uns die eigenen vier Wände: unser Zuhause. Ein Ort, an dem man sich wohl fühlt, sicher und geborgen, an dem man Zeit verbringt, mit seiner Familie, mit sich selbst – ein Ort, an den man gekommen ist, um zu bleiben. Und dann gibt es noch diese anderen Orte, die immer mehr werden in einer Gesellschaft, die jeden Tag schneller wird, komplexer und unbeständiger. Wir hetzen von hier nach dort, dazwischen liegen Autobahnraststätten, Bahnhöfe, Metrostationen und Flughäfen, wir halten kurz inne in Hotels, strömen für ein paar Stunden in gigantische Supermärkte oder Freizeitparks, wir surfen von Website zu Website. Kaum angekommen an diesen Orten, sind wir schon wieder weg. Der französische Anthropologe Marc Augé nennt sie «Nicht-Orte». Ihr Merkmal ist das Provisorische und Flüchtige, das Unverbindliche auch und das Ano­nyme. An Nicht-Orten sind wir stets nur Durchreisende in bestimmten Funktionen: Konsumenten, Passagiere, User. Oder Geflohene, Verlorene und Verurteilte, denn Augé zählt zu den Nicht-Orten auch Asylzentren, soziale Einrichtungen und Gefängnisse. Wir haben solche «Orte des Ortlosen» pünktlich zum 1. Advent aufgesucht: eine Autobahnraststätte, einen Bahnhof, ein Gefängnis, eine Anlaufstelle für Süchtige, ein Einkaufscenter, ein Männerhaus und eine Hotelkette. Und wir haben uns gefragt: Wie macht man diese Orte zu so etwas wie einem Zuhause auf Zeit? KL AUS PETRUS

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«Der Gast soll sich bei uns zuhause fühlen. Er soll die Zeit hier nicht nur als Übernachtung in einem Hotel empfinden, sondern sich rundherum wohlfühlen. Unsere Weihnachtsdekoration ist schlicht gehalten, in Pastellfarben und Silber. Nicht alle Menschen mögen Weihnachten, daher soll die Dekoration auf keinen Fall aufdringlich sein. Wir versuchen, in dieser eher hektischen Zeit noch ein wenig freundlicher und aufmerksamer zu sein als sowieso.» K ATHRIN KUEHNI, Betriebsleiterin Autobahnhotel Grauholz


«Für den Detailhandel ist die Weihnachtszeit umsatzmässig eine der wichtigsten Zeiten des Jahres. Deshalb versuchen wir, die Menschen mit einer stimmungsvollen Dekoration für den Weihnachtseinkauf zu begeistern.» ANDREA BAUER, Mediensprecherin Genossenschaft Migros Aare


«Wenn man in der Hotellerie gross wird, ist saisonale Dekoration für einen unverzichtbar. Weihnachten ist ganz fest in der westlichen Kultur verankert, wenn auch stark kommerzialisiert. Für die Dekoration bedeutet dies: Nicht zu viel, nicht zu wenig, gern mehrere Jahre brauchbar. Den eigentlichen Geist der Weihnacht, Innehalten, Stille und Besinnlichkeit, kann man in unseren Räumlichkeiten nicht rüberbringen. Gerade die Lounge ist ein Wartebereich. Besinnlichkeit widerspräche dem Dienstleistungsgedanken.» MAT THIAS BEYELER, General Manager Messe Bern (Novotel, Ibis)

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«Bei uns muss man immer genau hinschauen: Wen haben wir gerade im Haus? Ist ihnen Weihnachten wichtig? Je nachdem kann Weihnachten auch heikel sein. Wenn die Familie frisch zerbrochen ist, wollen sie vielleicht nicht an Familienfeste erinnert werden. Ich sammle Zweige und Tannenzapfen im Wald und lege vielleicht ein paar Süssigkeiten dazu. Bodenständig ist es bei uns.» SIEGLINDE KLIEMEN, Leiterin Männerhaus Zwüschehalt Bern

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«Ab dem 1. Advent werden auf den neun Stationen des Untersuchungsgefängnisses Basel-Stadt Tannenbäume mit Christkugeln und Lichterketten aufgestellt. Das ist bei uns so Tradition, obwohl viele Insassen keine Schweizerinnen und Schweizer sind und einige auch anderen religiösen Glaubensrichtungen angehören. Das Christliche steht bei uns weniger im Vordergrund. Es geht mehr um Menschlichkeit und um die Anerkennung der schwierigen Umstände, in denen sich die Insassen befinden. Und um Abwechslung. Das Leben hier ist ja sonst sehr monoton.» CHRISTIAN KREIDLER, Leiter des Untersuchungsgefängnisses Basel-Stadt

«Nicht nur in der Adventszeit, sondern während des ganzen Jahres möchten wir unseren Kundinnen und Kunden ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Zentral dabei ist die Aufenthaltsqualität in Bahnhöfen als Ort der Begegnung mit vielen emotionalen Momenten.» SABINE BAUMGARTNER, Mediensprecherin SBB AG

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«An unseren Standorten schmücken wir traditionell mit mindestens einem Besucher oder einer Besucherin den Baum. Wir nutzen solche Feste auch dafür, den Menschen hier ein Gefühl für Zeit zurückzugeben. Durch die Sucht verlieren viele den Blick für das, was um sie herum vorgeht. Wenn man dann in Erinnerung rufen kann: Es ist übrigens Weihnachten, dann kehrt ein wenig Zeitgefühl zurück.» HORST BÜHLMANN, Leiter Kontakt- und Anlaufstellen Suchthilfe Region Basel



Materialisierte Sehnsüchte Konsum Weihnachten ist die Inszenierung einer besseren Welt. Das gehört zum Wesen eines Fests. Der Zwang zum Glück dagegen nicht. TEXT  DIANA FREI ILLUSTRATION  MICHAEL KÜHNI

Ein Fest, eine Feier bedeutet erst einmal eine Pause vom Alltag. Eine Zäsur, ein Innehalten. Man geht einen Moment lang auf Distanz zu seinem Leben, und so beschreibt der Kulturhistoriker Michael Maurer das Fest als «Entlastung vom Alltag», die eine therapeutische Funktion habe. Allerdings zerfliessen die Grenzen zwischen Alltag und Fest zunehmend, wie Kulturwissenschaftler feststellen. Seit der Moderne gebe es zunehmend weder den gesunden Alltag noch das Fest. Das Warenhaus etwa sei ein Ort des permanenten Fests, hielt der Soziologe Wolfgang Lipp fest: Hier kann man immer alles haben. 24/7 statt einmal im Jahr. Wir leben in einer Zeit der materiellen und zeitlichen Gleichförmigkeit. Spätestens seit Erfindung der Glühbirne unterscheidet man nicht mal mehr zwischen Tag und Nacht. Und auch für den erhabenen Musikgenuss braucht es längst kein Orchester mehr, es reicht eine High-End-Anlage. Was bleibt, ist die Sehnsucht nach der Pause – nach der Pause von der ständigen Erreichbarkeit, vom Leistungsdruck und der medialen Überforderung: Das alles zusammen nennt man Stress, und dem will man ab und zu entkommen. Menschen sehnen sich grundsätzlich auch danach, dass das Leben einen Sinn ergibt. Sie sehnen sich nach Erfüllung, Liebe und Anerkennung. Dinge, die man nicht kaufen kann. Trotzdem glauben sie diese kaufen zu können, denn der Konsum (also zuerst einmal die Werbung) bedient genau diese Sehnsüchte. Produkte werden gekoppelt mit Zeit haben, mit innerem Frieden, mit intakten Beziehungen, mit Vereinfachung. Duftkerzen. Wellness-Week­ end. Yogamatte. Fertigpasta, die dir «Zeit fürs Leben» gibt.

Der Ratgeber «Simplify your life – Einfacher und glücklicher leben». Bei Tchibo gibt es Buddha-Statuen zu kaufen, bei Dr. Oetker heisst es: «Back deine Liebsten glücklich». Im Schaufenster des Kosmetikherstellers Rituals ist in etlichen Varianten vom Glück die Rede. «Bringen Sie Ihre Liebe, Dankbarkeit und Ihr Mitgefühl zum Ausdruck und öffnen Sie dem Glück die Tür.» Es hört sich an, als ginge es dabei um das Erreichen kosmischer Vollkommenheit, aber im Grunde werden hier einfach Duftöle verkauft. Oft stehen Facetten des menschlichen Daseins im Zentrum, die rituellen oder spirituellen bis transzendentalen Charakter haben. Genau die Felder also, die die Religion abdeckt. Oder zumindest die Tradition – in der Begehung

Es hört sich an, als ginge es um das Erreichen kosmischer Vollkommenheit. Dabei werden einfach nur Duftöle verkauft.

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des Fests. Denn das ist ja sein kulturhistorischer Sinn: Pause vom Alltag. Die Konsumwelt deckt also genau die Bedürfnisse und Werte ab, die das religiöse Fest traditionellerweise auffing. Oder umgekehrt: Der Feiernde versucht seine Sehnsüchte nicht mehr in der Kirche und im Beisammensein zu lindern, sondern im Shopping-Center. 21


Dabei soll es Martin Luther gewesen sein, der die Geschenke zu Weihnachten überhaupt propagiert hat. Seine Motive waren lustigerweise auch marketingtechnische: Er wollte das Interesse der Kinder auf das Fest der Geburt Christi lenken. Zuvor fand die Bescherung für die Kinder am Nikolaustag statt. Die Politik der Glücksratgeber Heute lassen sich an den Geschenkideen für Weihnachten neben spirituellen auch profanere Bedürfnisse ablesen: die Sehnsucht nach Erotik, nach Luxus, nach Sicherheit – das jedenfalls erzählen einem die Dessous für die Dame und die Uhren und Kaschmirpullis für den Herrn, wenn man beim Online-Shopping die Rubrik «Geschenke» anklickt. Dazu gehört in etlichen Werbespots ein heimelig eingerichtetes Interieur – nicht zu bescheiden, am liebsten ein Einfamilienhaus. Die kollektive Vorstellung von Weihnachten ist ein Fest für glückliche Gutverdiener. Sie ist an einen gewissen sozioökonomischen Status gebunden. Die alleinerziehende Mutter, die Gassenküchenbesucher, einsame Singles – sie kommen nicht vor in diesem genormten Familienglück. Das Glück hat in der Konsumwelt aber nicht nur im Advent, sondern ganzjährig Hochkonjunktur. In ihrem Buch «Das Glücksdiktat» erklären die Soziologin Eva

Illouz und der Psychologieprofessor Edgar Cabanas, wieso das Glück so allgegenwärtig geworden ist. Sie machen die wesentliche Ursache in der sogenannten Positiven Psychologie aus. Diese wurde seit den 1990er-Jahren vom US-amerikanischen Psychologen Martin Seligman propagiert und stellt bestimmte Kernqualitäten und Charakterstärken des Menschen in den Mittelpunkt, die sich optimieren lassen und so zur persönlichen Zufriedenheit führen. Die Positive Psychologie steht in der Kritik, weil sie den Menschen verändern will statt strukturelle Probleme zu lösen hilft. Ihre Ansätze wurden in der Unter­ nehmenspraxis in Modellen der Mitarbeiterführung und -motivation übernommen. Für die Wirtschaft ist die Mit­arbeiterzufriedenheit letztlich deshalb interessant, weil sie die Leistungsfähigkeit ankurbelt und so zum ökonomischen Wachstum beiträgt. Illouz und Cabanas benennen die Verstrickungen mit Wirtschaft und Politik. «Nach dem wirtschaftlichen Einbruch von 2008 glaubten immer mehr Länder, sie müssten auf die Glücksindikatoren von Psychologen und Ökonomen zurückgreifen, um herauszufinden, ob es der Bevölkerung trotz anhaltender Verschlechterung der objektiven Indizes für Lebensqualität und Gleichheit noch gutging» schreiben sie. «Wenn die Leute behaupteten, glücklich zu sein, musste man sich keine Sorgen machen. War denn nicht das Glück der Mehr-

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heit das wahre und letzte Ziel der Politik?» Die Glücksindizes gewannen sowohl in Grossbritannien als auch Frankreich politischen Einfluss auf die Stadt­entwicklung und die Arbeitslosigkeit. Und zwar grundsätzlich entlang der Überzeugung der Vertreter der Positiven Psychologie: Es soll sich jeder selber so weit zu optimieren versuchen, dass er glücklich wird. Das ist, was die meisten Ratgeber propagieren und was einer konservativen Regierung am liebsten ist. Jeder ist selber für sein Glück verantwortlich. Wenn jemand unglücklich ist, soll er sich Glücksratgeber und Duftöle kaufen. Engel verteilen Parfum-Müsterli Was wäre, wenn andere Werte als das Glück an Weihnachten gekoppelt wären? Zum Beispiel die Freiheit. Klassischerweise stehen dafür Zigaretten und Autos. Käme nun einer auf die Idee, Schokoladekugeln mit Freiheit in Verbindung zu bringen, dann sähen wir in den Lindt-Werbespots vielleicht ein Rudel Männer mit Dreitagebart, das am Heiligabend einen Selbsterfahrungstrip im Wald macht. Sie sängen «Stille Nacht» ins Dunkel hinein und tränken Glühwein am Feuer. Weihnachten ist das, was inszeniert wird. Zur Adventszeit begegnen wir den Engeln nun also im Shopping-Center. Sie verkünden nicht die frohe Botschaft, sondern verteilen Parfüm-Müsterli. Der Religions- und Kulturwissenschaftler Jan Assmann unterscheidet das Fest in seinem Buch «Das kulturelle Gedächtnis» gegenüber dem Alltag unter anderem auch damit, dass Inszenierung und Verausgabung eine zentrale Rolle spielen. Die Konsumwelt macht gerne dasselbe: Sie inszeniert eine andere Wirklichkeit. Auch die Opulenz des Festes wurde nicht von Möbel Pfister erfunden, aber ausgiebig bedient. Online findet man Tischgedecke mit golddurchwirkten, drapierten Stoffen und Christbaumkugeln, dass man sich in einem Ausstattungsfilm über den Hof von Sonnenkönig Louis XIV wähnt. Kelche stehen auf dem Tisch, Maulbeer- und Tannenzweige liegen aus, alles steht für den Mehrgänger bereit. Opulenz und Überfluss regieren, im Hintergrund sind ein paar Holzscheite gestapelt: Etwas Skihüttenromantik ist auch noch beigemischt. Bei Vedia, Gradmesser für den Zeitgeist und den Geschmack des europäischen Durchschnitts, findet man «Mutter und Baby Eisbär» als LED-Lampe. Auch bei Weltbild und Interio besteht Weihnachten aus viel künstlicher Natur. «Deko Pilz», «Deko Hirschkopf» und Eiszapfengirlande. Es besteht offensichtlich auch eine Sehnsucht nach Ursprünglichkeit. Nicht in Form von Tannenzweiglein aus dem Garten, sondern arktische Kälte wünscht man sich herbei. Erzählungen aus dem hohen Norden, Jägergeschichten. Auch die Natur wird zur anderen Welt, in die man sich wünscht. Spätestens dann, wenn man sich sogar die Natur ins Haus holt, wird die gute Stube zur Opernbühne. Das hat ja grundsätzlich Tradition; auch

ein Baum und Kerzen – also offenes Feuer – in geschlossenen Räumen sind bereits Inszenierungen über den Alltag hinaus. Im Land der LED-Einhörner Lang habe ich mir bei Vedia die «Weisse Weide» mit 400 LED Lampen angeschaut, weil ich dachte, mit ihrem magischen Glitzern könnte ich meinen Kindern vielleicht zu glücklichen Weihnachtserinnerungen verhelfen (leider ist sie aber nur für draussen). Die weisse Weide ist Teil einer grossen Erzählung: derjenigen von weissen Weihnachten, die mehr mit einem Gefühl zu tun haben als mit dem meteorologischen Niederschlag. Auch bei Interio liest man: «Märchenhafte weisse Weihnachten – Weihnachtswelt Fairy Tale». Im Dezember wird im FantasyJargon formuliert, es werden damit ganze Themenwelten aufgebaut. Winter Wonderworld, ein Winterzauber. Beleuchtetes Einhorn, 450 LED: «Ein feenhafter Anblick!»

Die Konsumwelt deckt genau die Bedürfnisse und Werte ab, die das religiöse Fest traditionellerweise auffing.

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Jan Assmann schreibt: «Im Fest erinnert sich der Mensch seiner Zugehörigkeit zu einem umfassenden ‹Ganzen›, das den Charakter sowohl des Sozialen als auch des Heiligen hat.» Dazu gehört die räumliche Inszenierung. Früher waren das Lieder und Kerzen. Heute sind es 450 LEDs. Die weisse Weide ist vielleicht geschmacklos und kitschig. Aber sie bietet eine Bühne, die immer noch Eigeninterpretation zulässt. Sie ist die Krücke, mit der man sich ins Land der Einhörner imaginieren darf. Das ist weit unverdächtiger als die Nötigung zum Normglück mit Lingerie und Kaschmirpullis und «Back deine Liebsten glücklich». Denn Glück ist nicht Norm, sondern subjektive Empfindung. Glück ist, sich den Üetliberg anzuschauen und je nach Tageszeit die unterschiedlichen Schattierungen von Weiss wahrzunehmen. Das hat mir kürzlich unser Surprise-Verkäufer am Zürcher Bellevue erklärt, der viele Stunden lang Zeit dafür hat, wenn er an seinem Standplatz steht. Glück ist, wie man die Welt wahrnimmt. Eva Illouz sagt übrigens, die Glücksökonomen hätten gern ein messbares Glück, damit es wirtschaftlich nutzbar wird. Also müssen sie es quantifizierbar machen. Sie müssen es zu einer normierten, objektiven Grösse machen – und dann einem genau diese aufschwatzen. Gemäss Eva Illouz könnte man also sagen: Erobert euch das subjektive Glück zurück. Man kann es daheim am Küchentisch oder allein im Wald finden. Und vielleicht muss man an Weihnachten auch nicht glücklich sein, sondern einfach froh um die Pause vom Alltag. 23


FOTOS: FLAVIO KARRER

«Man kann Kinder nicht vor der Realität wegsperren» Theater Der Film- und Theaterregisseur Dominik Locher inszeniert mit «Kids of no Nation – K.O.N.N.»

sein erstes Kinder- und Jugendstück. Es steckt viel Hoffnung auf die nächste Generation darin. INTERVIEW  MONIKA BETTSCHEN

Theater Neumarkt in der Zürcher Altstadt, zehn Tage vor der Premiere. Während das Bühnenbild im Theaterraum langsam Form annimmt, erzählt der Theater- und Filmregisseur Dominik Locher («Tempo Girl», «Goliath»), inwiefern sein Kinderund Jugendstück den aktuellen Zustand der Welt reflektiert. Lochers Figuren kämpfen oft gegen innere Dämonen wie Angst oder Ungewissheit. «Kids of no Nation – K.O.N.N» schafft nun äussere Bedrohungen, denen sich zwei Kinder mit viel Kampfgeist entgegenstellen. Herr Locher, die Welt von 2049 liegt in Trümmern. Ein globaler Klimakrieg, Wasserknappheit und eine giftige Druckwelle haben viele Menschen und die Vegetation dahingerafft. Teile der Stadt Zürich, in der die Handlung spielt, liegen nach einem Dammbruch unter Wasser. Wieso zeichnen Sie in einem Stück für ein junges Publikum ein so düsteres Bild? Dominik Locher: Ob wir es wollen oder nicht: Kinder sind überall Bildern von den Problemen auf dieser Welt ausgesetzt. Man kann sie nicht vor der Realität wegsperren. Deshalb werden Themen wie Krieg, Verlust oder Umweltzerstörung beim Namen genannt. Die beiden Hauptfiguren Vaju und Mikka sehnen sich nach einer friedlichen Welt und sind bereit, sich dafür mit vereinten Kräften einzusetzen. Das Stück ist 24

zu Beginn durchaus eine Dystopie, bewegt sich aber durch die Freundschaft der beiden Kinder einem utopischen Ende entgegen, in dem sich die Welt wieder erholen kann. «Kids of no Nation» ist eine Escape Story, die bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen die Vorstellungskraft und den Glauben an das Gute befeuern möchte. Die Geschichte ist eine Mischung aus Science-Fiction und Märchen, aber viel mehr noch eine direkte Reaktion auf den heutigen Zustand der Welt? Absolut. Die Folgen des Klimawandels sind spürbar, und in vielen Ländern herrscht Krieg. Tatsachen, die junge Menschen schon früh mitbekommen – und nicht länger hinnehmen möchten, wie auch die Protestbewegung «Fridays for Future» zeigt. Die junge Generation schafft sich Räume und öffnet neue Denkräume. In unserem Theaterstück sind es die «Kids of no Nation», die einen solchen Denkraum öffnen. Sie sehen Hoffnung für den Planeten Erde. Ja, unbedingt! Es ist eben eine Frage des Umdenkens. Als ich jünger war, nahm ich nach Berlin oder London wie selbstverständlich ein Flugzeug. Heute schaue ich, welche Züge dorthin fahren. Durch die Proteste der Jugend entsteht ein Bewusstsein für das eigene Verhalten und dessen Konsequenzen.

Welche Rolle spielte es, dass Sie selber Kinder haben? Blickt man als Elternteil automatisch sorgenvoller in die Zukunft? Ich weiss nicht, ob dieser Einfluss so gross war. Ich hoffe, ich hatte schon bevor ich Vater wurde etwas in meinem Wesen, das dafür sorgte, dass ich mich nicht nur um mich selbst drehte. Als Vater bekamen Themen wie der Erhalt einer lebenswerten Zukunft jedoch nochmals eine ganz neue Dringlichkeit. Welche Werte vermitteln Sie Ihren Kindern, damit es gar nicht erst so weit kommt wie in Ihrem Stück? Meiner Frau Lisa (Filmregisseurin Lisa Brühlmann, Anm. d. Red.) und mir sind Werte wie selbständiges Denken oder Teilen sehr wichtig. Und vor allem viel Liebe und Vertrauen. Der Schlüssel zu einer besseren Welt liegt in «Kids of no Nation» in einer Gemeinschaft, die sich nicht über Merkmale wie Nationalität definiert. Diesen Schlüssel wollen wir auch in unserer Familie weitergeben.

Dominik Locher: «Kids of no Nation – K.O.N.N.», Theaterstück, ab 9 Jahren, Sa, 28. bis Mo, 30. Dezember und Fr/Sa, 3./4. Januar, jeweils 18 Uhr, mit Alireza Bayram und Nellie Hächler, Theater Neumarkt, Neumarkt 5, Zürich. theaterneumarkt.ch Surprise 465/19


ILLUSTRATION: TILL LAUER

Der heilige Gral der Spiritisten Buch Der Roman «Die Nebelkrähe» führt auf

eine detektivische Spurensuche durch die Spiritisten-Zirkel im London der 1920er-Jahre.

BILD: ZVG

In Oscar Wildes Erzählung «Das Gespenst von Canterville» trifft der hemdsärmelige amerikanische Materialismus, der allem Übernatürlichen mit nüchterner Sachlichkeit begegnet, auf den romantischen Glauben an das Übernatürliche im England des 19. Jahrhunderts. Der Roman «Die Nebelkrähe» von Alexander Pechmann liest sich wie eine Spielart dieses Clash of Cultures. Das ist wohl kein Zufall, wird doch (der tote!) Oscar Wilde schon früh im Plot zu einem Dreh- und Angelpunkt des mysteriösen Geschehens, das im London der 1920er-Jahre spielt. Mysteriös ist der Roman schon vom ersten Absatz an. Eine unbekannte Stimme aus dem Nichts reisst den Protagonisten Peter Vane mit einem geflüsterten «Lily?» aus dem Schlaf. Eine Kinderstimme, die eigentlich nichts zu tun hat mit seinen peinigenden Erinnerungen an die Schrecken des Ersten Weltkriegs. Dennoch gibt es da eine mögliche, vage Verbindung mit dem verschollenen Kriegskameraden Finley. Und mit einer geheimnisvollen Fotografie, die ihm Finley – dessen Geist ihn wie ein Schatten verfolgt – überlassen hat, die Abbildung eines drei- bis vierjährigen Mädchens. Lily? Vane ist Mathematiker, sein Leben von Zahlen bestimmt. Kein Wunder also, dass er allem Spuk mit Skepsis und Logik begegnet. Dennoch sucht er schliesslich Hilfe bei einer Spiritistin. Doch er

kommt vom Regen in die Traufe. Der Kontakt mit dem Jenseits gelingt wider Erwarten. Bei spiritistischen Sitzungen meldet sich niemand Geringerer als Oscar Wilde, mal schwülstig, mal ironisch, mal bedrohlich, wie ein kranker Wurm, der denen, die ihn rufen, ins Gehirn kriechen möchte. Doch ist diese Kommunikation echt? Vielleicht sogar der heilige Gral der Spiritisten, die sogenannte weisse Krähe, der Beweis für die Existenz des Übernatürlichen? Oder doch nur ein (noch) nicht durchschauter Trick? Vane hat das Gefühl, in ein Spinnennetz aus Lug und Trug zu geraten. Doch sein Wissensdurst ist übermächtig. Also macht er sich mit Oscar Wildes Nichte, der schönen Dolly, auf eine detektivische Spurensuche, bunt bestückt mit einer Opium rauchenden Prinzessin, einem chinesischen Drogenbaron, Büchernarren und Geistersehern. Und allmählich setzt sich diese «verwirrend vielseitige Affäre» wie ein Puzzle zusammen, das den Protagonisten bis weit in seine Vergangenheit führt. Das alles ist nüchtern, nicht reisserisch erzählt. Dennoch hält der Roman, der auf wahren Begebenheiten und Personen basiert, die Spannung bis zum Schluss aufrecht. Und überlässt es dabei dem Leser, ob das Übernatürliche tatsächlich existiert – oder doch nur ein Hirngespinst CHRISTOPHER ZIMMER ist.

Alexander Pechmann: «Die Nebelkrähe» Roman, Steidl 2019, CHF 27.90

Mit einer einzigen Stimme Die Schweiz schreibt Das Westschweizer

Kollektiv AJAR fordert unsere Vorstellungen von der Autorenschaft heraus. Üblicherweise haben kreative Texte einen einzigen Urheber. Nicht so bei der Association de jeunes auteur-e-s- AJAR aus der Romandie: Das Kollektiv experimentiert seit seiner Gründung 2012 mit den Möglichkeiten des gemeinschaftlichen Schreibens. «Kollektiv zu schreiben bedeutet, dass wir unsere Projekte so demokratisch wie möglich und statt hierarchisch horizontal strukturiert angehen. Und wir finden, dass viele Dinge in der Kunst gemeinsam mehr Spass machen. So auch das Schreiben», sagt AJAR, im Gespräch mit Surprise vertreten durch die Autoren Arthur Brügger und Matthieu Ruf. Aktuell zählt die Literaturinitiative 23 Mitglieder aus der Romandie. Das prominenteste Beispiel für ihr gemeinschaftliches Schreiben ist der Roman «Unter diesen Linden» aus dem Jahr 2017. Es ist die Autobiografie der fiktiven Schriftstellerin Esther Montandon, um die es nach dem Tod ihres Kindes 1960 still wurde. Nur noch Tagebuchfragmente erzählen von der Zeit nach diesem Verlust. Die Autobiografin spricht mit einer einzigen Stimme, was bemerkenswert ist, da sie von achtzehn Autorinnen und Autoren erschaffen worden ist. Achtzehn Herangehensweisen verschmolzen zu einem Gesamtwerk. Die Frage, wer denn nun Urheberin oder Urheber der Geschichte ist, wird dadurch hinfällig. AJAR ist Autor und die Mitglieder sind gleichwertige Mitwirkende, die ihre Beiträge zum Buch mittels kollektiver Dropbox beigesteuert haben. Die so entstandene Kunstfigur Montandon wirkt gleichzeitig geheimnisvoll und überraschend greifbar. «Neben dem kollektiven Schreiben engagieren wir uns dafür, Literatur so weit wie möglich über deren traditionellen Rahmen – Bücher oder Bibliotheken – hinaus zu verbreiten», sagt AJAR. Literatur werde dafür immer wieder gegenüber anderen Kunstformen geöffnet. So zum Beispiel dieses Jahr, wo AJAR anlässlich der Einweihung des neuen Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne mit einem Videokünstler zusammengearbeitet hat. Auch steht AJAR regelmässig mit La Comédie Musicale (CMI) auf der Bühne und kooperiert mit den Sofalesungen (Surprise Nr. 463/19) in der Deutschschweiz. MONIK A BET TSCHEN Das Autorinnen- und Autorenkollektiv AJAR schreibt Texte und veranstaltet unter anderem szenische Lesungen und Schreibateliers. collectif-ajar.com

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BILD(1): ANDREAS WIESMANN, BILD(2): ALESSIA CONIDI, BILD(3): AARON FLINT JAMISON, FOTO: KUNST HALLE SANKT GALLEN, SEBASTIAN SCHAUB

Veranstaltungen Bern «face of berne», Ausstellung, bis Mo, 30. Dezember, jeweils eine Stunde vor Vor­stellungsbeginn im Theater geöffnet, Kulturlokal ONO, Kramgasse 6. onobern.ch

Andreas Wiesmann ist ein politisch engagierter Künstler, seine grossformatigen Porträts von Menschen mit Migrationsgeschichte sind in Bern auch von Aktionen im öffentlichem Raum her bekannt. Mit der Kettensäge schafft er Porträts und Gruppenbilder und arbeitet so mit grobem Werkzeug umso menschlichere Gesichter heraus. Wiesmann will mit seinem Werk einen Kontrapunkt zur Angstmacherei und Abschottung setzen und sich als Künstler für mehr Toleranz, Solidarität und Offenheit engagieren. Seit 2013 arbeitet er vorwiegend an der ungewöhnlichen Porträtserie. Im Sinn eines Statements sind seine Holzschnitte und Drucke in Schaukästen oder unter den Berner Lauben immer wieder zu sehen, zuletzt setzte er sie 2016 als Aktion gegen die Durchsetzungsinitiative ein. DIF

Basel «Regionale 20 – Avatare, Doppelgänger und allegorische Landschaften», Ausstellung, bis So, 29. Dezember, Mi bis So 12 bis 18 Uhr; gratis Mi bis Fr 12 bis 13 Uhr und jeden 1. Sonntag im Monat, Haus der elektronischen Künste HeK, Freilager-Platz 9, Münchenstein/ Basel. hek.ch

Vom Doppelgängermotiv waren Schriftsteller wie E. T. A. Hoffmann und Komponisten wie Franz Schubert im 19. Jahrhundert fasziniert. Der Doppelgänger war eine fantas26

tische Figur, der oftmals als ungute Vorahnung auftrat und etwas Unheimliches an sich hatte. Nun hat er im 21. Jahrhundert eine ganz neue Aktualität bekommen: Die virtuelle Welt ermöglicht uns sogar multiple digitale Identitäten. Wir verdoppeln uns zu einem SocialMedia-Ich und schaffen Avatare in Videogames. Der Mensch steht an der Schwelle zwischen technologischem Eskapismus und der Vorstellung einer posthumanen Existenz. Die zwölf Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung gehen der Frage nach, was das alles mit unserer Identität macht. DIF

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St. Gallen Aaron Flint Jamison: «Opportunity Zones», bis So, 5. Januar, Di bis Fr 12 bis 18 Uhr, Sa/So 11 bis 17 Uhr, Heiligabend, Weihnachtstag und Silvester/ Neujahr geschlossen, Kunst Halle Sankt Gallen, Davidstrasse 40. kunsthallesanktgallen.ch

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Die Opportunity Zone (OZ) ist eine Besonderheit des amerikanischen Steuergesetzes, die Steuervorteile für bestimmte Investitionen in wirtschaftlich schwierigen Gegenden ermöglich und damit Anreize für Entwicklungsinvestitionen schafft. Aaron Flint Jamison geht als Künstler in seiner Arbeit gerne strukturellen Fragen nach, und so wollte er wissen: Was passiert hinter den Kulissen solcher Bestimmungen? Es geht in der Einzelausstellung um Fragen nach der Verantwortung von Individuen, öffentlichen Institutionen, Regierungen und Unternehmen. Jamisons Arbeiten sind Forschungen über das Funktionieren von Systemen – dazu hat er sogar ein eigenes Institut (Yale Union) und ein Magazin gegründet (Veneer). DIF

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Rolex braucht, dem kann geholfen wer­ den. Die Arbeit ist wohl nicht besonders spannend in diesen Tagen, aber im­ merhin ein Ganzjahresjob. Um die vielen Gäste zu bewirten und zu bespassen, braucht es eine Menge Personal. Auch diese Menschen müssen untergebracht werden, auch diese Unterkünfte stehen zurzeit leer. Ferien sind keine. Oder doch: Betriebsferien. Die Schilder und Zettel mit den entsprechenden Daten sind allgegenwärtig. Ende November wird wieder Leben einkehren. Das Business Center, das Kirchner Museum, das Steigen­ berger Hotel. Sie werden summen vor Geschäftigkeit.

Tour de Suisse

Pörtner in Davos Surprise-Standorte: Migrolino und Spar (Davos Dorf), Coop (Davos Platz), Migros Guggach, Einwohnerinnen und Einwohner: 10 899 Sozialhilfequote in Prozent: 1,4 Anteil ausländische Bevölkerung in Prozent: 30,4 Anzahl Gästebetten: 14 000

Saison ist nicht. Oder doch: Zwischen­ saison. Definiere ausgestorben: ein Win­ tersportort Ende Oktober, bei Nebel und Nieselregen, zur Mittagszeit. Davos ist ein Ort, der von den Gästen lebt. Davon zeugen die unzähligen Hotels aus den verschiedenen Epochen, von der Mittelklasse an aufwärts. Hier verschnör­ kelte Eleganz, dort funktionale Klot­­­­­­­­zigkeit, dazwischen heimelige Behäbig­ keit. Die kalten Betten sind heute besonders kalt. Die Reichen und Mächti­ gen, die Schö­nen und Berühmten, sie sind nicht hier. Nicht einmal der gehobene Mittelstand, der sich eine Wohnung geleistet hat, als es noch bezahlbar war, ist hier. In den Schaufenstern der Bars hängen die Plakate von der Saisonschluss-Sause. In einem Restaurant stehen die Gläser Surprise 465/19

und die Servietten auf den Tischen, als würden die Gäste nächstens eintreffen. Der Eindruck, der sich aufdrängt, ist der einer Geisterstadt. Auch wegen der Hauptstrasse, die sich von einem Ende des Ortes zum andern zieht, an der die Bars, die Restaurants, die Läden und Sportgeschäfte liegen. Nur dass sie nicht staubig ist, sondern nass. Und ver­ lassen. Fast niemand ist unterwegs, ein paar Autos, ein Velo, fast keine Fuss­ gänger. Gut haben es die Figuren, die in einem künstlichen Teich stehen. Sie tragen alle orangefarbene Regenschirme. Sogar das Sportgeschäft mit der grossen «Open»-Tafel ist geschlossen. Die Stellung halten die Bäckereien und die Grossverteiler. Offen haben auch der Laden für die schicken Recylingtaschen aus Zürich und der Uhrenladen. Wer eine

«Gott ist treu», steht auf dem Plakat vor einer kleinen Kirche. «Gravur con amur», verheisst das Geschäft für Tierbedarf. Bei der Baustelle für ein neues Luxus Hotel Resort ist ein Faksimile des im Februar ergangenen Bundesgerichtsurteils an­ geschlagen. Etwa dreissig A4-Seiten. Die Einsprachen wurden abgelehnt. Es kann gebaut werden. Das Ende eines langen, bit­teren Zwists, wie es scheint. Als Teil einer Adresse wird der «Zauberberg» er­ wähnt, nach dem Roman von Thomas Mann, der Davos als Luftkurort noch welt­ berühmter machte. Die Luft- und Hö­ henkuren sind inzwischen entzaubert. Wobei sechs Stunden täglich auf dem Balkon liegen gewiss eine wohltuende Wirkung entfaltet. Ausser bei solchem Wetter. Bei der hohen Sportangebots- und Bardichte ist zu ver­ muten, dass die heutigen Gäste nicht viel herumliegen, sondern jede Minute nut­ zen, um etwas zu erleben, etwas zu tun, etwas zu feiern. Dann wird es hoch zu und her gehen auf der ausgestorben­en Hauptstrasse, brechend voll wird es sein, das letzte Bett ausgebucht. Dann sind Ferien. Dann ist Saison.

STEPHAN PÖRTNER  Der Zürcher Schriftsteller Stephan Pörtner besucht Surprise-Verkaufsorte und erzählt, wie es dort so ist.

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Die 25 positiven Firmen Unsere Vision ist eine solidarische und vielfältige Gesellschaft. Und wir suchen Mitstreiterinnen, um dies gemeinsam zu verwirklichen. Übernehmen Sie als Firma soziale Verantwortung. Unsere positiven Firmen haben dies bereits getan, indem sie Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Mit diesem Betrag unterstützen Sie Menschen in prekären Lebenssituationen dabei auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit. Die Spielregeln: 25 Firmen oder Institutionen werden in jeder Ausgabe des Surprise Strassenmagazins sowie auf unserer Webseite aufgelistet. Kommt ein neuer Spender hinzu, fällt jenes Unternehmen heraus, das am längsten dabei ist. 01

DD4U GmbH, IT Projektierung und Beratung

02

Gemeinnützige Frauen Aarau

03

Cantienica AG, Zürich

04

Hervorragend AG, Bern

05

Beratungsgesellschaft f. die 2. Säule AG, Basel

06

Beat Vogel, Fundraising-Datenbanken, Zürich

07

Echtzeit Verlag, Basel

08

Waldburger Bauführungen, Brugg

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Rhi Bühne Eglisau

10

Scherrer & Partner GmbH, Basel

11

Philanthropische Gesellschaft Union Basel

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Mitarbeitende Forbo Siegling CH, Wallbach

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TopPharm Apotheke Paradeplatz

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Hausarztpraxis Tannenhof, Tann-Rüti

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RLC Architekten AG, Winterthur

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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

17

LIVEG Immobilien GmbH, Adliswil

18

VXL, gestaltung und werbung, Binningen

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Zürich

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Brother (Schweiz) AG, Dättwil

21

Kaiser Software GmbH, Bern

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Fischer + Partner Immobilien AG, Otelfingen

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Velo-Oase, Erwin Bestgen, Baar

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Physiopraxis M. Spring/S. Zeugin, Basel

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Maya-Recordings, Oberstammheim

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende ab 500 Franken sind Sie dabei. Spendenkonto: PC 12-551455-3 IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3 Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma und Ihr gewünschter Namenseintrag Sie erhalten von uns eine Bestätigung. Kontakt: Nicole Huwyler Team Marketing, Fundraising & Kommunikation T +41 61 564 90 50 I marketing@surprise.ngo

SURPLUS – DAS NOTWENDIGE EXTRA Das Programm

Wie viele Surprise-Hefte müssten Sie verkaufen, um davon in Würde leben zu können? Hätten Sie die Kraft?

Wussten Sie, dass einige unserer Verkaufenden fast ausschliesslich vom Heftverkauf leben und keine Sozialleistungen vom Staat beziehen? Das fordert sehr viel Kraft, Selbstvertrauen sowie konstantes Engagement. Und es verdient besondere Förderung. Mit dem Begleitprogramm SurPlus bieten wir ausgewählten Verkaufenden zusätzliche Unterstützung. Sie sind mit Krankentaggeld und Ferien sozial abgesichert und erhalten ein Nahverkehrsabonnement. Bei Problemen im Alltag begleiten wir sie intensiv.

Eine von vielen Geschichten Der Weg in die Armut führte für Daniel Stutz über die Sucht. Als Jugendlicher rutschte der heute 44-Jährige in die Spielsucht und später in den Konsum harter Drogen. Dank einer Therapie schaffte er vor 7 Jahren den Ausstieg. Geblieben ist dem Zürcher Surprise-Verkäufer und -Stadtführer ein Schuldenberg. «Den Weg aus der Sucht habe ich hinter mir, der Weg aus der Armut liegt noch vor mir», beschreibt Daniel seine Situation. SurPlus gibt ihm dabei Rückenwind: «Es ermöglicht mir hin und wieder Ferien. Ausserdem bedeutet es, auch einmal krank sein zu dürfen – ohne gleich Angst haben zu müssen, die Miete oder Krankenkasse nicht zahlen zu können.»

Die ganze Geschichte lesen Sie unter: surprise.ngo/surplus

Unterstützen Sie das SurPlus-Programm mit einer nachhaltigen Spende Derzeit unterstützt Surprise 15 Verkaufende des Strassenmagazins mit dem SurPlus-Programm. Ihre Geschichten stellen wir Ihnen hier abwechselnd vor. Mit einer Spende von 6000 Franken ermöglichen Sie einer Person, ein Jahr lang am SurPlusProgramm teilzunehmen.

Unterstützungsmöglichkeiten: · 1 Jahr: 6000 Franken · ½ Jahr: 3000 Franken · ¼ Jahr: 1500 Franken · 1 Monat: 500 Franken · oder mit einem Beitrag Ihrer Wahl.

Spendenkonto: PC 12-551455-3 IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3 | Vermerk: SurPlus Oder Einzahlungsschein bestellen: T +41 61 564 90 90 info@surprise.ngo | surprise.ngo/spenden Herzlichen Dank!


Wir alle sind Surprise #462: Einmal im Monat

#463: Auf Reisen – Seoul

Stadtrundgang Zürich

«Geschichten, die sonst verborgen bleiben»

«Sauer aufgestossen»

«Liebenswürdigkeit und Wärme»

Der Artikel war sehr lehrreich und spannend zu lesen. Besonders die Bilder der beiden während der ganzen Begegnung haben uns fasziniert. Wir finden es toll, dass Surprise solche Bilder zeigt und über Geschichten schreibt, die sonst verborgen bleiben, weil die Gesellschaft so etwas nicht hören will. Weiter so!

Ich lese das Surprise regelmässig und gerne. Heute ist mir aber Ihr Reisetipp auf S. 7 sauer aufgestossen. Ist es wirklich nötig, angesichts einer dramatischen Klimakrise Ferien in Seoul, Korea zu pushen, nur um möglichst trendig zu sein? Es gibt auch in der Schweiz und im nahen Ausland tolle Ferienorte, die man in wenigen Stunden mit dem Zug erreichen kann.

Ein schönes und sehr interessantes Surprise: Gratuliere!

Ich bin immer noch sehr beeindruckt davon, mit wie viel Offenheit und Liebenswürdigkeit Stadtführerin Sandra Brühlmann uns von ihrem Leben und den schrecklichen Jahren auf der Strasse erzählt hat. Bestimmt ist es für sie nicht einfach, all die Orte, die für sie nur Elend und Not be­deuteten, immer wieder zu besuchen. Ich bin sehr berührt, dass Frau Brühlmann nach einer solchen Kindheit und anschliessenden Erwach­senenzeit es geschafft hat, auf Menschen zuzugehen, sich an einem Baby, das ebenfalls auf der Tour dabei war, zu freuen und es ver­mag, so viel Liebenswürdigkeit und Wärme auszustrahlen. Ich habe grosse Achtung vor Sandra Brühlmann und danke ihr nochmals ganz herzlich.

C. LÜSCHER,  ohne Ort

A . ALTENBURGER,  ohne Ort

R. A . MEIER,  Zürich

#463: Weggesperrt

«Gratuliere»

L . GRIFFIN, A . RINDER & L . SCHMIDT,

Bremgarten bei Bern

Impressum Herausgeber Surprise, Münzgasse 16 CH-4051 Basel Geschäftsstelle Basel T +41 61 564 90 90 Mo–Fr 9–12 Uhr info@surprise.ngo, surprise.ngo Regionalstelle Zürich Kanzleistrasse 107, 8004 Zürich T  +41 44 242 72 11 M+41 79 636 46 12 Regionalstelle Bern Scheibenstrasse 41, 3014 Bern T  +41 31 332 53 93 M+41 79 389 78 02 Soziale Stadtrundgänge Basel: T +41 61 564 90 40 rundgangbs@surprise.ngo Bern: T +41 31 558 53 91 rundgangbe@surprise.ngo Zürich: T +41 44 242 72 14 rundgangzh@surprise.ngo Anzeigenverkauf Stefan Hostettler, 1to1 Media T  +41 61 564 90 90 M+41 76 325 10 60 anzeigen@surprise.ngo Redaktion
 Verantwortlich für diese Ausgabe: Diana Frei (dif) Klaus Petrus (kp), Sara Winter Sayilir (win) Reporter: Andres Eberhard (eba), Simon Jäggi (sim) T +41 61 564 90 70 F +41 61 564 90 99
 redaktion@strassenmagazin.ch leserbriefe@strassenmagazin.ch

Surprise 465/19

Ständige Mitarbeit
 Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Monika Bettschen, Rahel Nicole Eisenring, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz, Isabel Mosimann, Fatima Moumouni, Semhar Negash, Stephan Pörtner, Sarah Weishaupt, Priska Wenger, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Corinne Futterlieb, Dina Hungerbühler, Eleni Kougionis, Michael Kühni, Gabi Vogt Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise, nur mit Geneh­ migung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird jede Haftung abgelehnt. Gestaltung und Bildredaktion Bodara GmbH, Büro für Gebrauchsgrafik Druck  AVD Goldach Papier  Holmen TRND 2.0, 70 g/m2, FSC®, ISO 14001, PEFC, EU Ecolabel, Reach Auflage  58 000 Abonnemente  CHF 189, 25 Ex./Jahr Helfen macht Freude, spenden Sie jetzt. Spendenkonto:
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Ich möchte Surprise abonnieren 25 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.–) Verpackung und Versand bieten Strassen­verkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen Gönner-Abo für CHF 260.– Geschenkabonnement für: Vorname, Name Strasse PLZ, Ort

Rechnungsadresse: Vorname, Name Strasse PLZ, Ort Telefon E-Mail Datum, Unterschrift 465/19

Bitte heraustrennen und schicken an: Surprise, Münzgasse 16, CH-4051 Basel, info@surprise.ngo

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FOTO: BODARA

Surprise-Porträt

«Mein Lebens­prinzip ist die Freude» «Wenn die Schwalben über die Dächer ziehen, Wenn sie der Liebe nicht mehr entfliehen, Dann werde ich wieder an dich denken ... Das ist die Zeitenwende, dann ist der Frost zu Ende ...» «Das ist einer der Liedertexte, die ich geschrieben habe. Man­ che würden mich einen Romantiker nennen. Besonders an kalten Tagen ist das Liedersingen eine gute Ablenkung. Die selbstgeschriebenen Liedertexte sind meistens Reime, wie in den alten französischen Chansons. Oft gibt es auch Überset­ zungen in meinen Liedern, entweder vom Deutschen ins Französische oder umgekehrt. Hier schlägt sich wohl meine zweisprachige Kindheit nieder. Geboren bin ich in Strassburg und aufgewachsen in Bonn. Im Alter von zehn Jahren kam ich mit meiner Familie in die Schweiz. Mein Vater war Mathematikprofessor und hat an ver­ schiedenen Universitäten gelehrt. Ich selbst studierte an der Universität Zürich Jura. Danach habe ich kurze Zeit bei einem Professor als Assistent und später bei Versicherungen gear­ beitet. Nach dem Studium wurde mir meine Angstneurose ver­ mehrt zum Problem, und so musste ich diese Stellen aufgeben. Ich begann ein zweites Studium, Kunstgeschichte. Die künstle­ rische Ader habe ich von meiner Mutter geerbt. Obwohl ich viel schreibe, male und gerne über Kunst diskutierte, brach ich das Studium ab. Es war wohl eine Sinnfrage, die mich dazu bewogen hat: Darf man ein Zweitstudium einfach nur so aus Spass absolvieren? Ich begann, mit geistig Behinderten zu arbeiten. Von diesen Menschen kann man viel lernen. So haben die meisten keine Angst vor sozialen Kontakten und Nähe. Ich wiederum fand soziale Kontakte nicht immer ganz einfach. Im Alter von dreizehn Jahren wollte ich mir deswegen das erste Mal das Leben nehmen. Ich wurde in der Schule gehänselt, hatte keine Freunde. Einmal stellten mich meine Mitschüler und Mitschülerinnen mitsamt Kleidern unter die Dusche. Das war nur eine von vielen Demütigungen. Mit den Lehrern hatte ich es zum Glück besser. Vielleicht gebe ich deshalb auch gerne Deutschunterricht. Das Lehrersein scheint tief in unserer Familie zu stecken. Jedoch habe ich im Vergleich zu meinem Vater, der sich so richtig auf ein Thema konzentrieren kann, sehr unterschiedliche Interessen. Er würde das wahrscheinlich ‹verzettelt› nennen. Ich hingegen wollte mich schon immer auf verschiedene Äste wagen und unterschiedliche Berufe und Berufungen auspro­ bieren. Neben meiner Arbeit mit ‹Nichtbehinderten› habe ich lange in einem Hotel gearbeitet und als Privatlehrer Deutsch­ stunden gegeben. Deutsch ist eine faszinierende Sprache. Sie ist wie ein Baukasten. Man kann fast nach Belieben Wörter zusammensetzen. Das ist beim Französischen nicht möglich. 30

Nicolas François André Gabriel, 55, verkauft Surprise an der Urania­strasse in Zürich. Er diskutiert mit den Menschen gern über Kunst.

Der Heftverkauf ist eine Konstante in meinem Leben. Als ich aus der Wohnung meiner Frau in Biel nach Zürich zog, brauchte ich eine schnelle, unbürokratische Arbeit. Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre beim RAV gemeldet. Nun arbeite ich seit über fünfzehn Jahren bei Surprise. Nebenbei engagiere mich als Freiwilligenhelfer im Pflegezentrum Entlisberg. Diese Arbeiten sind zwar körperlich anstrengend, aber sie geben mir viel zurück. Die alten Leute brachten mir beispielsweise neue Volkslieder bei, die ich nun beim Surprise-Verkauf leise vor mich hinsinge. Mit einigen meiner Kunden und Kundinnen kann ich über Literatur und Kunst diskutieren. So kombiniere ich beim Verkaufen mehrere meiner Leidenschaften. Mein grösstes Lebensprinzip ist Freude, und wenn man mich nett fragt, dann trage ich sogar ein selbstgeschriebenes Ständchen über ‹Freude› vor: «Wenn ich eines Tages die Liebe erfunden habe, Dann ist es, um dir Freude zu bereiten! Und wenn die Liebe eines Tages nicht mehr existiert, Dann haben wir gelebt ... Moi, si un jour j’ai inventé l’amour, c’est pour te faire plaisir! Et si un jour, l’amour n’exist’ra plus, Au moins, on aura vécu …»

Aufgezeichnet von DINA HUNGERBÜHLER Surprise 465/19


Kultur Kultur

Solidaritätsgeste Solidaritätsgeste

STRASSENSTRASSENCHOR CHOR

CAFÉ CAFÉ SURPRISE SURPRISE

Lebensfreude Lebensfreude Entlastung Entlastung Sozialwerke Sozialwerke

BEGLEITUNG BEGLEITUNG UND UND BERATUNG BERATUNG

Unterstützung Unterstützung

Job Job

STRASSENSTRASSENMAGAZIN MAGAZIN Information Information

SURPRISE SURPRISE WIRKT WIRKT

ZugehörigkeitsZugehörigkeitsgefühl gefühl EntwicklungsEntwicklungsmöglichkeiten möglichkeiten

STRASSENSTRASSENFUSSBALL FUSSBALL

Expertenrolle Expertenrolle

SOZIALE SOZIALE STADTRUNDSTADTRUNDGÄNGE GÄNGE PerspektivenPerspektivenwechsel wechsel

Surprise unterstützt seit 1998 sozial benachteiligte Menschen in der Schweiz. Unser Angebot wirkt in doppelter Hinsicht – auf den armutsbetroffenen Menschen und auf die Gesellschaft. Wir arbeiten nicht gewinnorientiert, uns ohne staatliche sind aufHinsicht Spenden Fördergelder angewiesen. Spenden auch Sie. Surprise unterstützt seit 1998 sozial benachteiligte Menschenfinanzieren in der Schweiz. Unser Angebot Gelder wirkt inund doppelter – und auf den armutsbetroffenen Menschen surprise.ngo/spenden | Spendenkonto: PC gewinnorientiert, 12-551455-3 | IBAN CH11 0900 0000 1455 3Gelder und sind auf Spenden und Fördergelder angewiesen. Spenden auch Sie. und auf die Gesellschaft. Wir arbeiten nicht finanzieren uns ohne1255 staatliche surprise.ngo/spenden | Spendenkonto: PC 12-551455-3 | IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3

GESCHICHTEN GESCHICHTENVOM VOMFALLEN FALLEN UND UNDAUFSTEHEN AUFSTEHEN Kaufen KaufenSie Siejetzt jetztdas dasBuch Buch«Standort «StandortStrasse Strasse––Menschen MenschenininNot Notnehmen nehmen das dasHeft Heftinindie dieHand» Hand»und undunterstützen unterstützenSie Sieeinen einenVerkäufer Verkäuferoder odereine eine Verkäuferin Verkäuferinmit mit1010CHF. CHF. «Standort «Standort Strasse» Strasse» erzählt erzählt mitmit den den Lebensgeschichten Lebensgeschichten von von zwanzig zwanzig Menschen, Menschen, wie wie ununterschiedlich terschiedlich diedie Gründe Gründe fürfür den den sozialen sozialen Abstieg Abstieg sind sind – und – und wie wie gross gross diedie SchwierigSchwierigkeiten, keiten, wieder wieder aufauf diedie Beine Beine zuzu kommen. kommen. Porträts Porträts aus aus früheren früheren Ausgaben Ausgaben des des Surprise Surprise Strassenmagazins Strassenmagazins ergänzen ergänzen diedie Texte. Texte. Der Der Blick Blick aufauf Vergangenheit Vergangenheit und und Gegenwart Gegenwart zeigt zeigt selbstbewusste selbstbewusste Menschen, Menschen, diedie es es geschafft geschafft haben, haben, trotz trotz sozialer sozialer und und wirtschaftliwirtschaftlicher cher Not Not neue neue Wege Wege zuzu gehen gehen und und einein Leben Leben abseits abseits staatlicher staatlicher Hilfe Hilfe aufzubauen. aufzubauen. Surprise Surprise hathat siesie mitmit einer einer Bandbreite Bandbreite anan Angeboten Angeboten dabei dabei unterstützt: unterstützt: Der Der Verkauf Verkauf des des Strassenmagazins Strassenmagazins gehört gehört ebenso ebenso dazu dazu wie wie derder Strassenfussball, Strassenfussball, derder Strassenchor, Strassenchor, diedie Sozialen Sozialen Stadtrundgänge Stadtrundgänge und und eine eine umfassende umfassende Beratung Beratung und und Begleitung. Begleitung. 156156 Seiten, Seiten, 3030 farbige farbige Abbildungen, Abbildungen, gebunden, gebunden, CHF CHF 4040 inkl. inkl. Versand, Versand, ISBN ISBN 978-3-85616-679-3 978-3-85616-679-3 Bestellen Bestellen beibei Verkaufenden Verkaufenden oder oder unter: unter: surprise.ngo/shop surprise.ngo/shop Weitere Weitere Informationen Informationen T +41 T +41 6161 564 564 9090 9090 | info@surprise.ngo | info@surprise.ngo | surprise.ngo | surprise.ngo | Facebook: | Facebook: Surprise Surprise NGO NGO

Erlebnis Erlebnis


Vorstellung – die Mutter aller Dinge Um den Wünschen und Vorstellungen ihrer Kunden gerecht zu werden, fertigt Reseda ihre Möbel erst auf Bestellung – in ihren eigenen Produktionen in Winterthur und Spreitenbach. reseda.ch


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