Surprise Nr. 437

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Strassenmagazin Nr. 437 2. bis 15. November 2018

CHF 6.–

davon gehen CHF 3.– an die Verkaufenden

Kosovo

Stillstand Wie die politische Vergangenheit der wirtschaftlichen Zukunft im Weg steht Seite 14

Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass


Kultur

Solidaritätsgeste

STRASSENCHOR

CAFÉ SURPRISE

Lebensfreude

Entlastung Sozialwerke

BEGLEITUNG UND BERATUNG

Unterstützung

Job

STRASSENMAGAZIN Information

Zugehörigkeitsgefühl Entwicklungsmöglichkeiten

STRASSENFUSSBALL

Erlebnis

Expertenrolle

SOZIALE STADTRUNDGÄNGE Perspektivenwechsel

SURPRISE WIRKT Surprise unterstützt seit 1998 sozial benachteiligte Menschen in der Schweiz. Unser Angebot wirkt in doppelter Hinsicht – auf den armutsbetroffenen Menschen und auf die Gesellschaft. Wir arbeiten nicht gewinnorientiert, finanzieren uns ohne staatliche Gelder und sind auf Spenden und Fördergelder angewiesen. Spenden auch Sie. surprise.ngo/spenden | Spendenkonto: PC 12-551455-3 | IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3

GESCHICHTEN VOM FALLEN UND AUFSTEHEN Kaufen Sie jetzt das Buch «Standort Strasse – Menschen in Not nehmen das Heft in die Hand» und unterstützen Sie einen Verkäufer oder eine Verkäuferin mit 10 CHF. «Standort Strasse» erzählt mit den Lebensgeschichten von zwanzig Menschen, wie unterschiedlich die Gründe für den sozialen Abstieg sind – und wie gross die Schwierigkeiten, wieder auf die Beine zu kommen. Porträts aus früheren Ausgaben des Surprise Strassenmagazins ergänzen die Texte. Der Blick auf Vergangenheit und Gegenwart zeigt selbstbewusste Menschen, die es geschafft haben, trotz sozialer und wirtschaftlicher Not neue Wege zu gehen und ein Leben abseits staatlicher Hilfe aufzubauen. Surprise hat sie mit einer Bandbreite an Angeboten dabei unterstützt: Der Verkauf des Strassenmagazins gehört ebenso dazu wie der Strassenfussball, der Strassenchor, die Sozialen Stadtrundgänge und eine umfassende Beratung und Begleitung. 156 Seiten, 30 farbige Abbildungen, gebunden, CHF 40 inkl. Versand, ISBN 978-3-85616-679-3 Bestellen bei Verkaufenden oder unter: surprise.ngo/shop

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Weitere Informationen T +41 61 564 90 90 | info@surprise.ngo | surprise.ngo | Facebook: Surprise NGO

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TITELBILD: MARCO FRAUCHIGER

Editorial

Koso-wieso? Warum macht das Schweizer Strassenmagazin einen Schwerpunkt zu Kosovo? Was hat das mit den Themen zu tun, für die Surprise steht: Obdachlosigkeit, Ausgrenzung, Armut in der Schweiz? Die kurze Antwort lautet: nichts. Die lange: sehr viel. Denn um zu verstehen, was hier bei uns passiert, muss man auch sehen, was an anderen Orten der Welt vor sich geht. Rund 200 000 albanischstämmige Menschen leben in der Schweiz, viele von ihnen aus Kosovo. Sie verliessen ihre Heimat in den Sechziger- und Siebzigerjahren auf der Suche nach Arbeit. Sie flohen vor den Kriegen in den Neunzigerjahren. Und sie kommen noch heute, als aussichtslos Asylsuchende, als Arbeiterinnen, als Familiennachzug. Sie prägen die real existierende Schweiz weit über den Fussball hinaus. Und sie prägen auch ihre alte Heimat, aus der sie oder ihre Vorfahren einst auswanderten. Rund 759 Millionen Euro

4 Aufgelesen

12 Altersarmut

6 Vor Gericht

Kein Platz für Träume

Gelegenheit macht Dealer? 7 All Inclusive

Wer schützt hier wen? 8 Bargeld

hat die Diaspora letztes Jahr nach Kosovo geschickt, mehr als 20 Prozent davon aus der Schweiz. Doch wie nachhaltig ist das? Diese Frage stellt sich ein junger kosovarischer Bürgermeister, dessen Weg in die Zukunft ihn auch nach Zürich-Altstetten führt (Seite 20). Kosovos Wirtschaft ist in desolatem Zustand. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Aussicht auf Veränderung minimal. Noch immer wandern viele Menschen aus. Öffnet, wie man oft hört, die Wirtschaft wirklich die Tür zum politischen Fortschritt? Im Fall des Skigebietes von Brezovica, dessen Pisten und Lifte einst als Kronjuwelen Kosovos bezeichnet wurden, ist es genau umgekehrt: Ohne eine politische Lösung im Konflikt mit Serbien liegt das Potenzial dort brach (Seite 14). Wie so oft in der Region steht dort die Vergangenheit der AMIR ALI Zukunft im Weg. Redaktor

24 Musik

Ein Vorbild zieht Zwischenbilanz

26 Agglo-Blues

Die Profihasser 27 Veranstaltungen

14 Kosovo

Wem gehören die Kronjuwelen?

28 SurPlus Positive Firmen 29 Wir alle sind Surprise Impressum Surprise abonnieren

22 Film

Die Insel des harten Realismus

Zukunft ohne Münz 30 Surprise-Porträt 25 Film

«Die Stimmung war genial»

Treuer Freund mit Hundeblick

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Aufgelesen News aus den 100 Strassenzeitungen und -magazinen in 34 Ländern, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

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Nicht ganz sauber? Alle zwei Wochen findet in Washington D.C. ein Katz-und-Maus-Spiel statt: Polizei, Gesundheitsbehörden, Tiefbauamt und Reinigungsfirmen räumen Camps von Obdachlosen, die dort in Zelten, Autos oder Wohnwagen leben. Angekündigt werden die «Cleanups» mittels Aushängen, auf denen aufgrund der Regelmässigkeit nur noch das Datum geändert wird. Die Stadt argumentiert mit Hygiene, die Betroffenen halten es für Schikane. «Ich bin erschöpft», sagt eine. «Und nun verpasse ich auch noch einen ganzen Arbeitstag, weil ich hier aufpassen muss, dass sie meine Sachen nicht wegschmeissen.» STREET SENSE, WASHINGTON DC

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1 Am Abend vor einem «Cleanup». 2 «Eine akute Gesundheits- und Sicherheitsmassnahme», sagt die Stadt. 3 Günstiger Wohnraum ist in Washington Mangelware. 4 Auch viele ältere Menschen leben seit Jahren auf der Strasse. BILDER: RODNEY CHOICE

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BILDER: ZARA KING, @ZARAKPRODUCTIONS (FB)

Ausgetrocknet «Wir haben kaum noch Futter und verlieren unser Vieh. Es verhungert einfach.» Die 16-jährige Zara King hält mit der Kamera fest, was die anhaltende Dürre im australischen Bundesstaat New South Wales auf der Farm ihrer Familie anrichtet. 120 Tiere haben die Kings bereits verloren, von 500 eingelagerten Ballen Heu sind nur noch 7 übrig, um die verbleibenden Tiere zu versorgen. Auch die Menschen leiden: Um zu duschen oder Wäsche zu waschen, muss die Familie weite Strecken bis in die nächste Stadt fahren. 99 Prozent von New South Wales, in dem auch die Fünf-Millionen-Stadt Sydney liegt, ist von der Dürre betroffen. «Mein Vater sagt, so schlimm hat er es noch nie erlebt.»

BIG ISSUE AUSTRALIA, MELBOURNE

Je reicher, desto mehr

Zu wenig Pflege

Je wohlhabender Haushalte in Deutschland sind, desto mehr Ressourcen verbrauchen sie und desto stärker belasten sie die Umwelt, so der Schluss einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung. Der sogenannten Materialfussabdruck, das Gesamtgewicht aller verbrauchten Rohstoffe, lag 2008 für den deutschen Durchschnitts-Haushalts bei 26,99 Tonnen. Die 25 Prozent höchsten Haushaltseinkommen verbrauchten 49,29 Tonnen, das ärmste Viertel nur 16,15 Tonnen. Reiche geben etwa für Autos und Flugreisen deutlich mehr aus als Arme.

13 Patienten gleichzeitig muss eine Pflegekraft in einem deutschen Krankenhaus versorgen. Die Schweiz schneidet mit 7,9 im Vergleich deutlich besser ab, verfehlt jedoch ebenfalls knapp die internationalen Vorgaben, wie eine Studie der deutschen Hans-Böckler-Stiftung belegt. International werde ein Patientenschlüssel von 1 zu 4 bis 1 zu 7 empfohlen. Dieser «mindert das Risiko von Infektionen, Thrombosen und Todesfällen durch zu spät erkannte Komplikationen», so der Wissenschaftler und Krankenhausexperte Michael Simon. Seinen Berechnungen zufolge fehlen in deutschen Kliniken mindestens 100 000 Fachkräfte. Auf den derzeit existierenden 370 000 Vollzeitstellen für Pflegekräfte arbeitet etwa die Hälfte der Beschäftigten in Teilzeit, gut 80 Prozent sind Frauen.

HEMPELS, KIEL

HINZ & KUNZT, HAMBURG

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ILLUSTRATION: PRISKA WENGER

Diverse Sterne «Indigene sind Geschichtenerzähler, unsere Historie, unsere Traditionen, unsere Namen und unsere Kulturen sind alle verbal weitergegeben worden», sagt der kanadische Filmemacher Steve Sxwithul’txw (Aussprache wie engl. Sweethult). Daraus ergebe sich eine natürliche Verbindung zum Filmemachen als einer modernen Form des Erzählens. Obwohl es weltweit eine reiche indigene Filmszene gebe, werde diese viel zu wenig beachtet. Auf dem berühmten Hollywood Walk of Fame ist nur ein einziger Stern einem Indigenen gewidmet – von insgesamt über 2600. Deshalb plant Sxwithul’txw nun einen eigenen, indigenen Walk of Fame in Kanada. Bis er das nötige Geld und die Bewilligungen für das Projekt zusammen hat, vergeht jedoch noch etwas Zeit: Der erste Stern wird frühestens 2020 gelegt.

HINZ & KUNZT, HAMBURG

Grundlos befristet

Im deutschen Bundesland Niedersachsen haben laut einer Erhebung 8 Prozent der Angestellten einen befristeten Arbeitsvertrag. Das sind insgesamt 284 500 Personen. Die Zahl ist über die Jahre kontinuierlich gestiegen: 1996 waren 3,4 Prozent oder 122 000 Menschen befristet angestellt, 2002 waren es 151 000, sechs Jahre später bereits 229 000. Heute erfolgt fast jede zweite Neuanstellung befristet. Am stärksten betroffen sind die Gastronomie, Reinigungs- und Sicherheitsdienste sowie – besonders pikant – die Branche Erziehung und Hochschulen. Für 56 Prozent der Befristungen gibt es laut Studie keinen ersichtlichen Grund.

ASPHALT, HANNOVER

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Vor Gericht

Gelegenheit macht Dealer? Ein schweizerisch-serbischer Doppelbürger soll 2,1 Kilogramm Kokain gekauft, gestreckt und in seinem Taxi an Fahrgäste weiterverkauft haben. Ein Fall also wie eine weisse Sportsocke: billiger im Dutzend und ätzend in seiner Klischeehaftigkeit. Die totale rechtsstaatliche Routine. Kaum eröffnet, bleibt der Prozess jedoch an einer Detailfrage des Strafverteidigers hängen: Die Anklage stütze sich weitgehend auf Erkenntnisse aus einer technischen Überwachung, bei der die mutmasslichen Lieferanten des Beschuldigten abgehört wurden. Dafür sei die Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht zwingend – eine solche finde sich aber nicht bei den Akten, die Beweise seien somit nicht verwertbar. Die Gerichtsvorsitzende unterbricht zur Klärung der Frage die Verhandlung. Während der Pause erklärt der Staatsanwalt, der Beschuldigte sei ein Zufallsfund im Rahmen der Polizeiaktion «URA» gegen balkanstämmige Tatverdächtige im Drogenhandel. Wenig später verkündet die Richterin, man habe die Anordnung für die Überwachung gefunden, alles in Ordnung. Der Beschuldigte selbst hat mit der Überwachung kein Problem: «Nutzen Sie die Daten!» Dann werde klar, dass die Grossdealer nur seine Nachbarn gewesen seien. Aber, sagt die Richterin, er habe doch gestanden, mehrfach Kokain gekauft zu haben. Schon, aber einen guten Teil davon selbst konsumiert und mit dem Rest ein kleines Zusatzgeschäft gemacht. Das Bild

des organisierten Bandenkriminellen sei falsch, so der Beschuldigte. Der Staatsanwalt erinnert daran, dass dieser schon 2012 bei einer Grossfahndung ins Visier der Behörden geraten sei. Damals reichten die Beweise nicht, doch nun gebe es keine Zweifel: Der Taxifahrer habe intensiv gedealt. Einziges Motiv: Geld. Wie viel, sei schwer zu sagen – 40 000 Franken pro Kilo? Ein grosser Fisch im internationalen Drogenhandel sei er aber auch nicht, räumt der Staatsanwalt ein und fordert viereinhalb Jahre Gefängnis. In einem pflichtet der Verteidiger dem Staatsanwalt bei: Mit den 47 Gramm Kokain, das die Polizei im WC-Spülkasten seines Mandanten gefunden habe, sei die Schwelle von 18 Gramm zum schweren Fall überschritten. Doch ein Profi sei der Beschuldigte trotzdem nicht. Das Koks habe dem Taxifahrer geholfen, während einer schwierigen Zeit klarzukommen. Der Sohn war schwer krank. Empfindliche Umsatzeinbussen wegen des neuen privaten Fahrdienstes Uber machten ihm finanziell zu schaffen. Als Fahrgäste bei nächtlichen Fahrten an die Langstrasse immer wieder nach Drogen fragten, habe der Beschuldigte die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Mehr nicht. 14 Monate bedingt, so der Verteidiger, reichten als Strafe. Im seinem Urteil hält das Gericht zunächst fest, die Abhörprotokolle gäben wenig her. Sie blieben in jeder Hinsicht vage. Zwar habe der Beschuldigte das Gericht nicht überzeugen können, ein harmloser Gelegenheitsdealer zu sein. Aber etwas anderes könne ihm nicht rechtsgenügend nachgewiesen werden. Die Richterin verhängt 15 Monate bedingt mit zwei Jahren Probezeit und wünscht dem Beschuldigten ein deliktfreies Leben. Y VONNE KUNZ ist Gerichtsreporterin in Zürich.

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ILLUSTRATION: RAHEL NICOLE EISENRING

stellen. So auch 2007 vor der Volksabstimmung über die 5. IV-Revision, die neben verbesserten Eingliederungsmassnahmen auch massive Leistungskürzungen vorsah und in der erstmals festgehalten wurde, dass für die Missbrauchsbekämpfung «Spezialisten» beigezogen werden könnten. Damals schrieb Beat Kappeler in der NZZ: «Die revidierte Invalidenversicherung wird zu einer Quelle der Lebensfreude für die Betroffenen und der Glaubwürdigkeit der Institution selbst.»

All Inclusive

Wer schützt hier wen? Als vergangenen März im Parlament über das neue Observationsgesetz debattiert wurde, fragte die Thurgauer SVP-Nationalrätin Verena Herzog: «Kollegin Schenker, denken Sie nicht auch, dass Invalide sogar dankbar sind, wenn IV-Betrüger entdeckt werden?» Die Basler SP-Nationalrätin Silvia Schenker antwortete daraufhin: «Ich habe mit sehr vielen Betroffenen gesprochen. Ich kann Ihnen versichern: Bezügerinnen und Bezüger von Invalidenrenten sind nicht dankbar dafür, dass man ihnen Privatdetektive auf den Hals jagt.» Trotzdem bedienen sich die Befürworter des Observationsgesetzes im Abstimmungskampf immer wieder dieses Narratives. So sagte beispielsweise die CVP-Nationalrätin Ruth Humbel kürzlich in einem Interview: «Eine konsequente Ahndung von Missbrauch schützt vor Generalverdacht und Stigmatisierung.» Welch ein Irrtum: Bereits seit 2008 werden Observationen durchgeführt, notabene ohne genügende rechtliche Grundlage. Dies hat IV-Bezüger und -Bezügerinnen in keiner Weise vor Stigmatisierung geschützt. Im Gegenteil: Während der letzten zehn Jahre herrschte Surprise 437/18

nicht nur an Stammtischen und in Kommentarspalten, sondern auch bei Gesetzgebungsprozessen im Parlament (in dem Ruth Humbel selbst sitzt) zum Thema IV ein Tonfall, als ob über Schwerverbrecherinnen und -verbrecher gesprochen würde – und nicht über Menschen, die Unterstützung benötigen. Observationen sind ein notwendiges Übel. Jedoch ist es perfide, eine unausgegorene und rechtsstaatlich problematische Gesetzesvorlage, welche die Grundrechte der Überwachten verletzt, als etwas hinzustellen, wofür die Betroffenen sogar noch dankbar sein müssten. Sogar die NZZ – der man nun wahrlich nicht vorwerfen kann, sie stehe auf der Seite der «Sozialschmarotzer» – sprach sich kürzlich gegen das Gesetz aus: Es sei schlicht unsorgfältig ausgearbeitet und darum abzulehnen. Dies ist bemerkenswert. Sonst wird von wirtschaftsnaher Seite bei Belangen, die Menschen mit Behinderungen in negativer Weise betreffen, meist der eingangs erwähnte Rhetorikkniff angewendet, die Dinge in Orwellscher Art als «Wohltat» für die Behinderten darzu-

Auch als die bald darauffolgende 6. IVRevision erneut massive Sparmassnahmen vorsah und die Behindertenverbände mit dem Referendum drohten, sagte der damalige Direktor des Arbeitgeberverbandes Thomas Daum in einem Interview: «Das Referendum gefährdet die Sanierung der Invalidenversicherung insgesamt. Diejenigen, die bereits jetzt eine Totalopposition ankündigen, müssen sich fragen, wie sie den Behinderten gegenüber auftreten würden, wenn die IV gegen die Wand gefahren würde.» Daum lenkte damit geschickt davon ab, dass die Sparrunde einseitig bei den Behinderten ansetzte, während die Arbeitgeberbeiträge seit vielen Jahren nicht erhöht worden waren. Wenn Politikerinnen und Verbände, die sich vorher noch nie für Menschen mit Behinderungen eingesetzt haben, ganz plötzlich ihr Herz für diese entdecken, kann man sicher sein, dass es ihnen zuallerletzt um das Wohl der Behinderten geht. Auch die NZZ kümmern bei ihrer aktuellen Position nicht etwa die Betroffenen, sondern die Gesetzgebung, die ihr zu weit geht. Man hat wohl sehr genau verstanden: Wenn ein so weitreichendes Gesetz gegen «Sozialschmarotzer» durchkommt, steht als nächstes auch die Privatsphäre der «Steueroptimierer» auf dem Spiel.

MARIE BAUMANN dokumentiert unter ivinfo.wordpress.com seit 2009 das politische Geschehen rund um die Invalidenversicherung.

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Bye-bye, Bargeld Bargeld Münzen und Noten verlieren im Alltag an Bedeutung.

Wo führt das hin? Und welche Konsequenzen hat das für Surprise-Verkaufende und andere Menschen in prekären Verhältnissen? TEXT STEFAN MICHEL

«Macht sechs Franken neunzig, bitte!» Die Karte gezückt, am Lesegerät vorbeigewischt, und während man sie ins Portemonnaie zurücksteckt, erscheint «Bezahlung ok» auf dem Bildschirm. Vorbei die Zeiten, als in der Schlange kollektives Seufzen ausbrach, weil der Kunde an der Kasse zuerst die richtige Karte finden und sich dann an den Code erinnern musste. Es ist eher schon umgekehrt: Wenn der Senior im Kleingeld zu wühlen beginnt, vollführen die Ungeduldigen hinter ihm theatralisch Lockerungsübungen. Ein kritischer Punkt ist erreicht: Elektronisch bezahlen geht schneller als in bar. Sind die Tage des Bargelds gezählt? Norbert Häring ist sich zumindest sicher, dass genau dies das Ziel von Banken und Regierungen ist. Der deutsche Ökonom und Wirtschaftsjournalist hat ein Buch mit dem Titel «Die Abschaffung des Bargelds und ihre Folgen» geschrieben. Die Grossbanken, einige Regierungen und internationale Organisationen arbeiteten weltweit daran, die Bargeldnutzung einzuschränken, ist seine zentrale These. Tatsächlich haben beispielsweise viele Euro-Staaten eine Obergrenze von wenigen tausend Euro für Bartransaktionen (Griechenland sogar nur 500 Euro). Und dies, obwohl in der Eurozone Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel gilt und jeder, der etwas verkauft, verpflichtet ist, Euromünzen und Scheine anzunehmen. Edelsteine, Immobilien und Autos Als Grund dafür geben die Regierungen den Kampf gegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und andere kriminelle Geschäfte an. Das sei vorgeschoben, ist Häring überzeugt. Tatsächlich gehe es Regierungen darum, sämtliche Zahlungen registrieren zu können, was bei elektronischen Transaktionen der Fall ist. Die Banken wiederum seien darauf aus, dass der gesamte Zahlungsverkehr über ihr System läuft, dass kein Geld die Hand wechselt, ohne dass sie die Kontrolle darüber haben. «Der Weg in die totale Kontrolle», lautet folgerichtig der Untertitel des 2016 erschienenen Buches. Können die Menschen nur noch elektronisch auf ihr Vermögen zugreifen, können die Betreiber des Systems, also die Banken, diesen Zugriff jederzeit sperren. Oder sie können Gebühren auf Transaktionen erheben. Für die Regierungen hätte die Abschaffung des Bargelds den Vorteil, dass es keine Möglichkeit mehr gäbe, Negativzinsen auszuweichen, indem man sein Vermögen in bar aufbewahrt. In der Schweiz gibt es keine Obergrenze für Barzahlungen. Dafür wurde die Schweiz von der Financial Action Task Force (FATF) kritisiert. In dieser internationalen Organisation erarbeiten die 37 Mitgliedsregierungen (darunter jene der Schweiz) Regeln gegen die Geldwäscherei. Der Bundesrat empfahl deshalb ein Verbot von Barzahlung bei Beträgen über 100 000 Franken, womit er im Parlament auf entschiedenen Widerstand stiess. Etliche Politiker stellten sich auf den Standpunkt, man müsse die Freiheit Surprise 437/18

ILLUSTRATIONEN OPAK.CC

haben, ein Auto, teuren Schmuck oder auch ein Haus bar zu bezahlen. Am Ende erliess das Parlament einzig eine Sorgfaltspflicht für jene, die Beträge von 100 000 Franken und mehr in bar annehmen. Das kommt im Handel mit Uhren, Schmuck, Edelsteinen, Immobilien, Antiquitäten und Autos durchaus vor, wie der NZZ-Wirtschaftsjournalist Hansueli Schöchli in Erfahrung brachte. Gefragt ist Bargeld in der Schweiz und anderswo aber auch, um Geld ausserhalb des Bankensystems aufzubewahren. Wie eine Grafik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zeigt, schoss die Nachfrage nach Frankenscheinen immer dann in die Höhe, wenn die Investoren unsicher wurden: 2008, 2011 und 2012. Der erste Zeitpunkt war der Beginn der weltweiten Finanzkrise, an den beiden weiteren führte die Schuldenkrise im Euroraum zu Verunsicherung an den Finanzmärkten, interpretierte Fritz Zurbrügg, Direktionsmitglied der SNB, in einem Referat. Ein Interesse an möglichst wenig Barzahlungen haben hingegen die grossen Detailhändler. Denn Bargeld muss gezählt, gesichert und transportiert werden, während elektronische Zahlungen praktisch vollautomatisch in die Geschäftsbücher übertragen werden. Die Grossen machen es ihrer Kundschaft deshalb immer einfacher, mit Karte oder App zu bezahlen. Dagegen akzeptieren viele kleine Geschäfte Kartenzahlungen erst ab einem Mindestbetrag. Auf Anfrage betonen Migros, Coop und der Kioskbetreiber Valora aber, ihren Kunden die freie Wahl zu lassen, wie sie bezahlen wollen. Innenpolitisch unantastbar Dass die SNB auf die Abschaffung des Bargelds in der Schweiz hinarbeite, stellte Zurbrügg im oben erwähnten Referat in Abrede. Der Wirtschaftspublizist Christoph Pfluger aber ist skeptisch. «Die SNB führte 2016 in London eine Konferenz mit anderen Banken und Organisationen durch, die weltweit die Bargeldabschaffung vorantreiben. Journalisten waren zur Konferenz nicht zugelassen.» Pfluger ist Verleger des Magazins Zeitpunkt und hat ein Buch mit dem Titel «Das nächste Geld» geschrieben, in dem er das geltende Geldsystem kritisiert, namentlich die Geldschöpfung durch Kredit gebende Geschäftsbanken. «Ich behaupte nicht, dass die Nationalbank das Bargeld abschaffen will. Aber die SNB beteiligt sich an internationalen Bemühungen, die Bargeldverwendung einzuschränken, die früher oder später in ein Verbot münden werden», verdeutlicht er seinen Standpunkt. Klar ist: Wer etwas am Status des Schweizer Frankens in Münzen und Scheinen ändern will, muss das Bundesgesetz über die Währung und die Zahlungsmittel ändern, dessen Artikel 3, Absatz 2 festlegt: «Schweizerische Banknoten müssen von jeder Person unbeschränkt an Zahlung genommen werden.» Die politischen Diskussionen der letzten Jahre zum Thema Bargeld zeigen, dass 9


die Aufhebung dieses Grundsatzes von links bis rechts abgelehnt würde. Die Freiheit, Bargeld zu nutzen, scheint zumindest innenpolitisch vorerst unantastbar. Doch Pfluger legt den Finger auf einen wunden Punkt: «Wenn im Euro-Raum das Bargeld abgeschafft wird, würde die Schweiz zu einem Hafen für unerwünschte, das heisst auch kriminelle, Bargeldgeschäfte.» Der Bundesrat könnte sich gezwungen sehen, per Notrecht Massnahmen zu ergreifen, die den Gebrauch des Bargelds einschränken. «Bargeld ist Freiheit»: Das findet nicht nur Ökonom und Buchautor Norbert Häring, sondern auch Redaktoren und Kommentarschreiber von der bürgerlichen NZZ bis zur liberalen Süddeutschen Zeitung. Die AfD und das Magazin Schweizerzeit argumentieren damit gleich wie der liberale Thinktank Avenir Suisse. Gemeint ist, dass nur Bargeld die finanzielle Privatsphäre wahrt und das freie Verfügen über das eigene Geld garantiert. Ein Bankkonto kann gesperrt werden, die Scheine unter der Matratze nicht. Doch diese Freiheit scheint den Schweizerinnen und Schweizern nicht heilig zu sein. Der «Swiss Payment Monitor 2018» der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und der Universität St. Gallen hat unter mehr als 1000 Studienteilnehmenden zwischen 18 und 65 Jahren ermittelt: Rund vier von fünf 10

Bilder aus China zeigen neuerdings Bettelnde, die ein Papier mit einem QR-Code auf sich tragen.

Franken, die Schweizerinnen und Schweizer insgesamt ausgeben, bezahlen sie bargeldlos. Bezahl-Apps wie Samsung Pay, Apple Pay oder Twint werden nur für etwa ein Prozent der Gesamtausgaben benutzt. Die Zahlungsmittel der Wahl sind Debit- und Kreditkarte sowie Online-Überweisungen. Surprise 437/18


Zahlenmässig werden zwar die meisten Transaktionen in bar ausgeführt, jedoch nur für tiefe Beträge bis 20 Franken. Am gesamten Geldumsatz einer Person – Miete und Versicherungsprämien, aber auch Zahlungen von grösseren Beträgen in Geschäften – machten Barzahlungen nur 20 Prozent aus. «Immerhin 36 Prozent sind es, wenn man nur jene Zahlungsvorgänge betrachtet, die unterwegs, in Geschäften, Restaurants oder ähnlichem getätigt werden», erklärt Tobias Trütsch, Zahlungsexperte der Universität St. Gallen. 1990 habe der Anteil der Barzahlungen unterwegs noch 90 Prozent betragen. Selbst wenn das Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel bleibt, wäre es also denkbar, dass immer weniger es auch nutzen. «Entscheidend ist, dass man die Wahl hat», argumentiert Pfluger, der angibt, auch selber immer wieder mit Karte oder online zu bezahlen. «Das Geld begann sich zu stapeln!» Im Norden Europas proben ein paar Länder die Abschaffung des Bargelds: In Schweden, Norwegen und Dänemark ist es an immer mehr Orten nicht mehr möglich, bar zu bezahlen. Dazu genügte es, die Pflicht zur Annahme von Bargeld aufzuheben. Seit nicht mehr alle Banken Bargeld annehmen, tun dies auch immer weniger Geschäfte. So werden Münzen und Scheine immer unattraktiver, denn man läuft Gefahr, sie weder ausgeben noch in elektronisches Bankguthaben umwandeln zu können. Das hat Folgen, einerseits für Menschen, die sich mit dem elektronischen Zahlungsverkehr und den dazugehörigen Geräten schwertun, etwa ältere Leute. Und anderseits für jene, die kein Bankkonto besitzen – sei es, weil sie zu arm sind, keinen festen Wohnsitz oder keinen legalen Aufenthaltsstatus haben. Bargeld, speziell Kleingeld, ist das Zahlungsmittel der Gasse. Bettelnden steckt man Münzen zu, das Klimpern des Geldbeutels gehört zum Strassenzeitungsverkauf. Nicht so in den drei genannten nordeuropäischen Ländern. In Schweden etwa bezahlt man das Strassenmagazin Faktum mit Swish, der dort dominierenden Bezahl-App. Um damit Geld überweisen und empfangen zu können, benötigt man ein Smartphone und ein Bankkonto, das mit der App verknüpft wird. Ein paar Berührungen des Smartphone-Bildschirms, und der Betrag wird der Käuferin abgebucht und dem Verkäufer gutgeschrieben. In Norwegen weist die Strassenzeitungsverkäuferin ihre Kontonummer vor, der Kunde scannt diese mit seinem Mobiltelefon und überweist die Summe. Die Empfängerin selber braucht weder Smartphone noch Bankkonto. Im Büro des Trondheimer Magazins Sorgenfri können sich die Verkaufenden ihre Einkünfte bar auszahlen lassen, wenn sie dies wünschen. Allerdings stehen sie dann wieder vor dem Problem, mit dem Bargeld an vielen Orten entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen bezahlen zu können. Ist das die Zukunft der Schweizer Strassenzeitungsverkäufer? Hans Rhyner aus Zürich hofft, dass er das nicht mehr erleben muss. «Ich schätze es, das Geld auf die Hand zu erhalten. Dann schaue ich dem Kunden in die Augen und bedanke mich. Mit dem Handy oder einem Kreditkartengerät ist das Bezahlen völlig unpersönlich», findet er. Auch selber bezahlt Rhyner ausschliesslich bar, Rechnungen begleicht er am Postschalter. Grund dafür ist der Überblick über seine finanzielle Lage: «So weiss ich, wie viel Geld ich habe, ob ich sparen muss oder sogar etwas übrigbleibt – der Überschuss kommt dann auf das Sparkonto.» Surprise 437/18

Dass Bargeld die Übersicht über die eigenen Finanzen erleichtert, ist keine neue Erkenntnis. Jonas, der in Wirklichkeit anders heisst, gut ausgebildet und durchschnittlich verdienend, hatte früher Mühe, sein Budget einzuhalten: «200 Franken am Automaten ziehen und weiterfeiern – so habe ich das jahrelang gemacht. Am nächsten Morgen war dann nur noch der Kater übrig.» Ständig habe er irgendwo Schulden gehabt. Bevor es dramatisch wurde, fasste er zusammen mit seiner Lebenspartnerin einen Entschluss: Sie wollten nur noch bar bezahlen. Fortan hoben sie nach jedem Zahltag ihren Lohn komplett ab, verstauten das Bargeld zuhause und nahmen sich die Scheine, die sie gerade brauchten. Sämtliche Überweisungen tätigten sie am Postschalter. «Das ist extrem mühsam und man sieht genau, wie viel Geld da eigentlich weggeht», beschreibt er. Doch der Effekt war frappant. Jonas hörte nicht nur auf, sein Konto zu überziehen: «Das Geld begann sich zu stapeln! Nach einem halben Jahr hatten wir in der Wohnung über 20 000 Franken angespart», präzisiert er. «Da fragten wir uns dann, wie sicher das Geld dort noch ist.» Weil sich inzwischen ihre Miet- und Lebenssituation verändert hat, müssen Jonas und seine Freundin wieder vermehrt elektronisch bezahlen. Doch für ihn steht fest: «Sobald es organisatorisch geht, will ich zurück zur reinen Barzahlung.» Herbert Engeler, auch er Surprise-Verkäufer in Zürich, sieht die Entwicklung gelassen. «Es spielt doch keine Rolle, in welcher Form die Hefte bezahlt werden.» Im Gespräch merkt man ihm an, dass er nicht immer von der Hand in den Mund gelebt hat und sich in der Welt des Geldes durchaus auskennt. Seinen finanziellen Tiefpunkt erlebte er bargeldlos: «Als ich nur noch eine Briefmarke in der Hosentasche hatte, begriff ich, dass ich etwas ändern musste.» Er begann, Surprise zu verkaufen. Das Bargeld half auch ihm, sein Budget im Griff zu bekommen: «Zuerst lebte ich von 300 Franken im Monat, dann wurden es 500, dann noch etwas mehr», beschreibt er seine finanzielle Wende zum Besseren. Inzwischen bezieht er AHV. «Der Surprise-Verkauf ermöglicht mir, auf Ergänzungsleistungen zu verzichten.» Schöne neue Bettlerwelt Ob Bargeld oder elektronisches Geld spielt keine Rolle, wenn man keines hat, könnte man unken. In Wahrheit ist gerade das «lästige» Kleingeld für die Menschen am Fuss der Einkommenspyramide ihr Einkommen. Doch auch dieses ist ersetzbar. Bilder aus China zeigen neuerdings Bettelnde, die ein Papier mit einem QR-Code auf sich tragen. Diesen halten sie den Almosengebern hin, welche ihn mit ihrem Smartphone scannen und einen kleinen Betrag auf das Konto überweisen, das mit dem Code verknüpft ist. Hinter dem Code stecken aber weder bettelnde Programmierer noch Technologie-affine Wohltäter, sondern Unternehmen, die auf diese Weise Nutzerdaten und Telefonnummern sammeln. Sie entlöhnen die Mittellosen dafür, dass sie Zahlungskräftige dazu bringen, mit der Spende gleich auch ihre Telefonnummer anzugeben. Bei gewissen Bettelnden muss nicht einmal etwas bezahlt werden – es reicht, mit dem Scannen des Codes seine Telefonnummer zu übermitteln. Die Datensammler erhalten für jede Telefonnummer ein paar Rappen. Skandinavien und China zeigen: Auch wenn das Bargeld und damit das Kleingeld verschwinden sollte, gibt es Wege, auf denen ein kleiner finanzieller Überschuss bei den Mittellosen landet. Sie können sich den Luxus der finanziellen Privatsphäre nicht leisten. 11


Die arme alte Frau Altersarmut Mehr als ein Drittel der Armutsbetroffenen in der Schweiz sind Seniorinnen

und Senioren. Die Geschichte einer Unsichtbaren, die für viele steht. TEXT UND FOTO KLAUS PETRUS

«Manchmal sage ich, ich sei verwitwet und meine Rente reiche nicht, aber meistens spiele ich die Verwirrte, die Alte, die Dumme, dann haben die Leute Mitleid mit mir und geben mir Geld.» Lotti, die ihren bürgerlichen Namen nicht nennen möchte, sitzt in einem Restaurant im Untergeschoss des Berner Bahnhofs und nippt an einem Milchkaffee, den sie sich manchmal gönnt, wenn sie in die Stadt fährt und Passanten anbettelt. Sie ist 1,65 Meter klein, hat kurze, graumelierte Haare, ein kantiges Gesicht wie von einem knorrigen Männlein, sie trägt braune Hosen zum grauen Mantel und sie schlurft. Ansonsten ist Lotti, 68 und wohnhaft in Bümpliz, unsichtbar. 12

Lotti ist arm. Mit ihr sind 1,18 Millionen Menschen in der Schweiz von Armut betroffen, das ist fast jeder achte Einwohner. Davon sind mehr als ein Drittel Senioren. Sie können nicht von der Rente leben, sondern sind auf Ergänzungsleistungen angewiesen – oder wären. Denn viele der Betroffenen wollen sie gar nicht beanspruchen, zu gross ist die Scham, die Angst, als Schmarotzer gesehen zu werden. Lotti bezieht Ergänzungsleistungen, aber auch sie will auf keinen Fall als Schmarotzerin dastehen. «Solange es geht, mache ich den Leuten etwas vor, und wenn das nicht klappt, dann verstecke ich mich.» Einladungen nimmt sie keine mehr an, sie hat

die Ausreden längst parat: den Sohn im Aargauischen besuchen, ein Arzttermin, mit den Enkeln in den Tierpark, zum Coiffeur, Nachbars Katze hüten. Alles erfunden, denn wer eingeladen wird, muss irgendwann selber einladen. Aber dazu fehlt Lotti das Geld. Und ein Zuhause, das sich zeigen lässt. Nicht ihre 1,5-Zimmer-Wohnung in der Sozialsiedlung, die eng und lärmig ist. Lotti geht auch nie ins Kino oder an ein Konzert, sie trifft sich nicht mit anderen Senioren zu Tratsch, Klatsch und Kuchen und fährt mit dem Zug, nur wenn es sein muss. Lotti war nicht immer arm. Aufgewachsen ist sie in Thun, dort geht sie zur Schule («ich war die Zweitbeste»), arbeitet bei der Surprise 437/18


«Du kannst an nichts anderes denken, rechnest den ganzen Tag»: Lotti, 68, geht zweimal die Woche betteln.

russschwarzes Loch. «Davon habe ich mich bis heute nicht erholt.» Gottlob, sagt Lotti, habe sie dann doch noch eine Arbeit gefunden, als Verkäuferin bei einem der Grossen, geschuftet habe sie für einen Hungerlohn, aber immerhin. «Ich habe nie zu den Ärmsten der Armen gehört», sagt Lotti trotzig.

Post, volle Stelle, gutes Gehalt. Schon bald lernt sie den Schreinermeister Toni kennen, die beiden heiraten, mit 23 ist Lotti zum ersten Mal schwanger, insgesamt werden es drei Kinder, zwei Söhne, eine Tochter. Als der Jüngste in die Primarschule kommt, beginnt Lotti wieder zu arbeiten, in Teilzeit, zuerst in einem Büro, später im Verkauf, das fühlt sich gut an. Dann macht sich Toni, der Schreiner, mit einer anderen auf und davon und Lotti – gerade 40 geworden – steht mit den Kindern alleine da. «Dann wurde es richtig hart, ich musste rund um die Uhr arbeiten, auf einen grünen Zweig kam ich trotzdem nie.» Ein paar Jahre später plagt sie eine Diskushernie, sie beisst die Zähne zusammen und geht eine Weile krumm, dann muss sie sich operieren lassen, kann wochenlang nicht arbeiten. Mit den Schmerzen kommen die Existenzängste, zuerst schleichend, später im Galopp. Aber Lotti rappelt sich auf, es reicht für fast nichts, aber es reicht. An ihrem 55. Geburtstag gibt sie für Familie und Kinder am Thunersee ein Fest, es ist ein froher Tag, doch plötzlich reisst sie, wie aus dem Nichts, eine Depression in ein Surprise 437/18

Kein Platz für Träume Schaut man sich Statistiken an oder Studien von Pro Senectute, passt Lottis Leben ins Raster. Die meisten, die von Altersarmut betroffen sind, waren nicht immer arm, aber immer wieder. Irgendwann geraten sie in eine Spirale und kommen nicht mehr heraus, dann heisst es, sich in einem Leben am Rande des Existenzminimums einzurichten. Besonders verwundbar sind Frauen, auch das zeigen die Studien. Wie im Fall von Lotti sind es vor allem jene, die wegen der Familie gar nicht arbeiten konnten oder über Jahre nur Teilzeitjobs hatten. Die in jedem Fall aber für viel weniger Geld schuften mussten als ihre Männer – wenn sie denn nicht, wie Lotti, alleinerziehende Mütter waren. All das wirkt sich auf die Rente aus und verschärft nicht nur die rein ökonomische Armut, sondern auch die vielen, subjektiv gefühlten Entbehrungen – gerade in der Schweiz, die gemessen am Bruttosozialprodukt eines der weltweit reichsten Länder ist. Je reicher ein Land ist, desto tiefer kann der Fall sein, nicht bloss ins finanzielle, sondern vor allem auch ins soziale Loch. Lotti meint, man könne sich mit wenig Geld einigermassen einrichten. «Wenn du nur nicht die ganze Zeit daran denken müsstest.» Zum Beispiel, wie viel man einsparen kann, wenn man ein halbes Kilo Budget-Zwieback für 1,65 Franken kauft statt das Markenprodukt mit 250 Gramm für 3,20. Sechs Himbeer-Joghurts aus der Billiglinie für insgesamt 2,40 Franken statt ein echt fruchtiges für 75 Rappen. Oder

eine Packung Cervelats zum Aktionspreis von 3,95, damit mal wieder Wurst auf dem Teller ist. «Du kannst an nichts anderes mehr denken, schaust nur noch auf Preisschilder, Aktionen, und rechnest den ganzen Tag auf und ab.» Was die Statistiken auch zeigen: Lotti ist, aufs Ganze gesehen, nicht die Regel. Der Mehrheit der Schweizer Rentnerinnen und Rentner geht es so komfortabel wie keinen anderen Senioren weltweit. Im Schnitt sind sie vermögender als Leute im Erwerbsalter; Studien zufolge verfügt jedes siebte Rentnerpaar in der Schweiz über ein Nettovermögen von einer Million Franken aufwärts. Und sie sind glücklich, erfüllt und zuversichtlich, das jedenfalls sagen sie in Umfragen. Ganz offensichtlich ist finanzielle Sicherheit die Basis, um auch im Alter noch mit Unbeschwertheit Pläne zu schmieden, Ziele zu verfolgen und das eigene Leben noch einmal in die Hand zu nehmen. Im Gegensatz dazu sind Menschen mit existenziellen Ängsten weit weniger in der Lage, mit Krisen selbstbestimmt umzugehen. Wenn Alltagssorgen alles überschatten, wenn die Angst zur ständigen Begleiterin wird, dann bleibt kein Platz mehr für Träume und auch keine Kraft, um Neues in Angriff zu nehmen. «Ich hatte manchmal ein gutes Leben», sagt Lotti, und man muss sich zu ihr hinüberbeugen, so leise und gepresst ist ihr Stimme. «Aber ich habe kein gutes Alter.» In einer Gesellschaft, die Autonomie und Selbstverwirklichung über alles stellt, fühlt sich die alte Frau verloren. Sie, die immer überlegen muss, was sie morgen nicht haben kann, weil sie heute dieses kauft statt jenes. Die immer von der Gunst anderer abhängig ist. Und für alles betteln muss. Die sich deswegen oft wertlos vorkommt und überflüssig, die manchmal sehr traurig ist und fast immer müde und die sagt: «Arm sein kann so anstrengend sein. Arm sein raubt dir alle Energie.» 13


Warten auf das Wintermärchen Kosovo Die Lifte, die Strasse, die Hotels: Alles zerfällt in Kosovos einstigem Vorzeige-Skigebiet. Die Frage, die alles lähmt: Wem gehört Brezovica? TEXT ANDRES EBERHARD

FOTOS MARCO FRAUCHIGER

SERBIEN

MONTENEGRO KOSOVO

Brezovica

ALBANIEN MAZEDONIEN

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Surprise 437/18


zeigt sich ein tristes Bild: Sieben der neun alten Ski- und Sessellifte sind kaputt, die Überreste lagern in Form von Schrott und eingestürzten Seilen an den Hängen. Auf grünen Wiesen türmt sich der Abfall.

Vor sich hin rostende Kronjuwelen: Liftanlage in Brezovica.

Manchmal ist es noch fast wie früher, hier in Brezovica, dem grössten Skigebiet Kosovos: Wenn viel Schnee liegt, wenn die Sonne scheint und das Wochenende ansteht, dann kommen die Gäste zu Hunderten angereist, in Bussen aus Prishtina oder Prizren, für fünf Euro pro Person. Sie beleben Skipisten, Restaurants und Hotels, und das Weiss auf den Dächern der beleuchteten Chalets sorgt abends für eine Kulisse wie in einem Wintermärchen. Wegen Tagen wie diesen gelten die Lifte und Pisten rund um Brezovica noch heute als die Kronjuwelen Kosovos, mit dem Potenzial, die marode Wirtschaft des jungen Landes in Schwung zu bringen. Das SharrPlanina-Gebirge, das die südliche Grenze Kosovos zu Mazedonien bildet, eignet sich perfekt zum Skifahren. Die Hänge sind nicht zu steil und nicht zu felsig. Die Winde, die sich über dem Ort treffen, sorgen für viel Schnee, und weil es ein Schattenhang ist, bleibt er lange liegen, manchmal bis im Mai. Doch wenn der Schnee schmilzt, zeigt das Skigebiet sein wahres Gesicht. Und das erinnert eher an einen Albtraum als an ein Wintermärchen. Um zu den Anlagen zu kommen, zweigt man unten im Dorf nach links ab und folgt einer acht Kilometer langen, stark ansteigenden und mit Schlaglöchern gespickten Strasse hinauf ins Skigebiet. Oben auf 1700 Metern Surprise 437/18

Wohnungslose statt Touristen Die Szenerie rund um die Talstation wird geprägt vom Hotel Molika, einem monströsen Bau aus der sozialistischen Zeit. Statt Touristen finden hier in der Nebensaison Wohnungslose einen Platz zum Schlafen. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als die dreckigen und rissigen Kachelwände, die zerborstenen Scheiben und den Gestank nach Urin hinzunehmen, der sich über die Jahre im Innern breit gemacht hat. Es gäbe viel zu reparieren hier. Doch zehn Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung Kosovos dämmert das Skigebiet von Brezovica, einst das zweitgrösste auf dem Balkan und Ersatzort für die Olympischen Spiele 1984 in Sarajevo, in einer Art Wachkoma vor sich hin. In der Zwischenzeit geht alles kaputt, weil niemand investiert. Damit endlich einmal jemand die Strassen flickt, die Lifte ersetzt, die Hotels aufmöbelt, müsste man sich erst einig sein, wem das hier alles gehört. Denn Serbien hat die Republik Kosovo nach wie vor nicht anerkannt und betrachtet das Land als eigene Provinz, das Skigebiet entsprechend als sein Eigentum. Erschwerend kommt hinzu, dass der Skiort in einer serbischen Enklave liegt, die sich grösstenteils selbst verwaltet. Gemeindeangestellte erhalten ihr Geld genauso aus Belgrad wie Arbeitslose. Den Espresso im Ort bezahlt man nicht in Euro, sondern in serbischen Dinar. Für die Reparatur der Anlagen ist die serbische Staatsfirma zuständig, welche sie einst gebaut hat. Anders gesagt: Das Schicksal des Skiorts wird mehrheitlich von den Mächtigen in Belgrad bestimmt – und die haben kein Interesse daran, Kosovos Wirtschaft auf die Beine zu helfen. Ein Mann namens Frankie wird uns als Ortsführer empfohlen. Das sei nicht sein richtiger Name, aber das spiele keine Rolle, eröffnet dieser zur Begrüssung. Ausserdem: kein Interview, keine Fotos. Frankie ist gross, mit breiten Schultern, graue Bartstoppeln lassen ihn un-

Wenn Gäste kommen, dann aus Prishtina und Prizren.

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Die Serben in Kosovo stehen unter Druck – aus Belgrad.

Kein Interview, keine Fotos: Ortsführer Frankie.

gepflegt erscheinen. Er trägt einen schwarzen Kapuzenpullover, auf dem vorne und hinten in grossen weissen Lettern «Security» steht. Frankie hält den Wagen vor einem grossen Hotel, in dem zu jugoslawischen Zeiten Skitouristen unterkamen. Heute wohnen hier Serben, die während der Kriege in den Neunzigerjahren in die serbische Enklave flohen. Frankie marschiert durch die Gänge und klopft an die Türen wie ein Polizist. Öffnet jemand, wechselt er ein paar ernste Worte mit den Bewohnern, das Ganze scheint ihm keinen Spass zu machen. Den Bewohnern auch nicht, sie schicken uns fort. Das Schweigen der Serben Nicht nur Frankie, auch andere Serben im Ort wollen nichts sagen, zumindest nicht offiziell. Ein Mann namens Bojan, der vor einem Jahr ein Hotel im Ort eröffnet hat, ist zunächst hocherfreut über unseren Besuch und schlägt vor, eine Rundfahrt zu machen, sein Onkel wohne in einem nahen Dorf, den könne man besuchen. Sein Enthusiasmus ist aber schnell verflogen, als wir uns als Journalisten zu erkennen geben. Plötzlich hat er keine Zeit mehr. Das Schweigen der Serben im Ort ist so befremdlich, dass wir stutzig werden. Und merken, wie brisant die politische Lage ist: Kurz zuvor hatten die Präsidenten Serbiens und Kosovos einen Gebietsaustausch vorgeschlagen. Während der hauptsächlich von Serben bewohnte Nordkosovo an Serbien ginge, erhielte Kosovo die hauptsächlich von Albanern bewohnte südserbische Region Presevo. 16

Feiern ja, reden lieber nicht: Hotelbesitzer Bojan (2. v. r.)

Auf den ersten Blick klingt der Vorschlag gut. Denn wenn Belgrad im Zuge der Einigung Kosovo als Staat anerkennt, würde das für Serbien den Weg in Richtung EU freimachen. Kosovo wiederum wäre endlich aus der politischen und wirtschaftlichen Blockade befreit, die sich im Skigebiet von Brezovica manifestiert. Doch der Grenzabtausch birgt Gefahren. «Was passiert mit den Serben im Süden des Kosovo?», fragt etwa Miodrag Milićević, Direktor der NGO Aktiv, die sich für ein besseres Zusammenleben zwischen der albanischen und serbischen Bevölkerung einsetzt. Eine Grenzverschiebung entlang ethnischer Linien laufe dem Ziel zuwider, das die Surprise 437/18


In der Hoffnung auf Gäste aus dem Ausland brach in Brezovica ein Bauboom los.

3000 neue Jobs sollten entstehen: Hotelneubau in Brezovica.

410 Millionen Franken wollten französische Investoren aufbringen.

internationalen Organisationen in Kosovo seit Jahren verfolgen: der Integration von Serben und anderen Minderheiten im Land. Serben, die in Enklaven wie Brezovica leben, könnten die angestrebte Grenzänderung also nur auf eine Art verstehen, so Milićević: «Als Aufforderung, den Kosovo zu verlassen.» Es ist daher naheliegend, dass Frankie, Bojan und alle anderen Serben in Brezovica den Grenzabtausch keine gute Idee finden. Offen sagen können sie das jedoch nicht. Denn ihre Regierung, deren Einfluss bis in die serbischen Exklaven in Kosovo reicht, duldet keine Opposition. Wer etwas Falsches sagt, muss wirtschaftliche Nachteile beSurprise 437/18

fürchten. Georg Häsler, der seit dem Krieg vor 20 Jahren für das Schweizer Fernsehen aus Kosovo berichtet, schreibt, dass sich die politische Situation der Serben in Kosovo verändert habe, seit Aleksandar Vučić im Mai 2017 serbischer Präsident wurde. «Sie sind unter Druck. Nicht von ihren albanischen Nachbarn, sondern von Belgrad.» «Die guten Zeiten sind zu lange her» Schliesslich hat Frankie doch noch Erfolg, ein Bewohner des ehemaligen Hotels öffnet sein winziges Zimmer. Der Kühlschrank, ein Schrank und viel Ramsch lagern draussen vor der Tür. Drinnen läuft der Fernseher, eine 17


350 serbische Flüchtlinge leben in den alten Hotels von Brezovica.

Sogar Staatschef Tito hatte in der Gegend einst eine Ferienresidenz. serbische Militärparade. Der Mann will nicht fotografiert werden, hält aber stolz ein über 40-jähriges Foto in die Kamera, das ihn als jungen Marinesoldaten in Kroatien zeigt. Er ist einer von rund 900 Serben, die nach den Kriegen in den Neunzigerjahren in die serbische Enklave geflüchtet sind. Rund 350 von ihnen leben heute in den Hotels von Brezovica. Sie hatten damals, wie auch Angehörige anderer ethnischer Minderheiten, aufgrund drohender Repressionen ihre Häuser verlassen müssen. «Viel Positives gibt es hier nicht zu sehen», sagt Frankie zum Abschied, und es klingt wie eine Bilanz. «Die guten Zeiten sind zu lange her.» Und doch ist die Hoffnung nie ganz verschwunden. Vor einigen Jahren schmiedete die Regierung in Prishtina unter Mithilfe der EU einen Plan: An den Hängen nebenan sollte ein riesiges neues Skigebiet entstehen – an einem Ort, wo die Serben nicht mitreden können. 23 neue Lifte, 100 Kilometer Pisten und drei neue Bergdörfer mit 7000 Betten sollten Touristen aus dem Ausland zum günstigen Winterurlaub im Kosovo bewegen. 3000 neue Jobs, 410 Millionen Euro Baukosten: Es sollte die grösste Einzelinvestition im Kosovo seit dem Krieg werden. 18

«Viel Positives gibt es hier nicht zu sehen», lautet Frankies Bilanz.

Der Plan schien zunächst aufzugehen, eine auf Wintertourismus spezialisierte Investorengruppe aus Frankreich wollte das Geld aufbringen. Die guten Neuigkeiten sprachen sich schnell herum in Brezovica. Während oben auf 1700 Metern weiterhin alles vor sich hinrostet, hat sich das Dorf 800 Höhenmeter weiter unten in den letzten Jahren in eine einzige grosse Baustelle verwandelt. Geht man am Dorfausgang bergwärts, sieht man, wie auf beiden Seiten der Strasse ganze Siedlungen mit Holzchalets hochgezogen werden. Vor allem Privatleute bauen hier Ferienhäuser, Hotels oder Restaurants – in der Hoffnung, dass schon bald Gäste aus dem Ausland kommen statt der Wochenendtouristen aus Prishtina oder Prizren, die ihr eigenes Essen mitbringen und kaum mehr ausgeben, als das Skilift-Billet kostet. 10 000 Euro für die Baubewilligung Yrtyt Hasani, 36, ist einer jener privaten Bauherren, die auf den Wandel hoffen. Vor drei Jahren hat er das Restaurant und Hotel «Qafa Resort» eröffnet. Direkt an der Strasse gelegen, grenzt es auf der Rückseite an Wald und einen Bergbach. Auf der geräumigen Terrasse sitzt man mitten Surprise 437/18


«Wir müssen um sechs Uhr aufstehen und arbeiten, wie in der Schweiz.» YRT Y T HASANI

Als Yrtyt Hasani sein Resort baute, sah es noch gut aus mit den Plänen für das neue Skigebiet.

in der Natur, die Motoren der Baumaschinen, das Bohren und Hämmern rundherum hört man aber auch hier. Hasani hält sein achtmonatiges Baby auf dem Arm. Er zeigt auf eine nahe Baumgruppe, in der die Umrisse eines Daches zu erkennen sind. «Dort drüben hatte Tito früher eine Ferienresidenz», sagt er. Hasani, der in Portugal studiert hat, an der Universität Prishtina Marketing-Vorlesungen hält und neben dem Resort einen Gas- und Ölbetrieb in der Nachbargemeinde führt, hat keine Hemmungen, seine Meinung zu sagen. Als Albaner hat er von den Mächtigen in Belgrad nichts zu befürchten. Für ihn ist klar: «Serbien ist Betreiber, Kosovo Besitzer der Anlagen.» Was man nun endlich brauche, seien Investitionen, es sei Aufgabe des kosovarischen Staates, dafür die Türen zu öffnen. Damit es aufwärtsgehe mit dem Skigebiet, brauche es aber nicht nur Geld, sondern auch eine andere Kultur: «Wir müssen um sechs Uhr aufstehen und arbeiten, wie in der Schweiz.» Als Hasani 2015 hier baute, sah es noch gut aus mit den Plänen für das neue Skigebiet. Doch mittlerweile sind die designierten Investoren aus Frankreich wieder abgesprungen – sie erhielten für ihre Pläne keine BankgaranSurprise 437/18

tie. Gut möglich, dass es nicht allein die politischen Unsicherheiten waren, die dem Vorhaben im Weg standen. Denn es gibt ein weiteres grosses Problem, welches die kosovarische Wirtschaft lähmt: die Korruption. Beim Sich-Umhören erfährt man schnell, dass es ein kleines Extra kostet, um an den Hängen von Brezovica ein Haus zu bauen. Viele können sogar exakt beziffern, wie viel die Verantwortlichen der serbischen Kommune für die Baubewilligung erwarten: 10 000 Euro. Der Gebietsabtausch und die erhoffte Lösung der politischen Blockade sind vertagt. Serbiens Präsident Vučić hat sich mittlerweile aus den Gesprächen mit seinen kosovarischen Amtskollegen Hashim Thaçi zurückgezogen. Zumindest einen positiven Effekt aber hatten die Bemühungen um das Skigebiet von Brezovica in den letzten Jahren: Gemäss Hotelbesitzer Hasani sind es nämlich «zu 95 Prozent» Kosovo-Albaner, die derzeit im Dorf bauen. Das hat zur Folge, dass die einst praktisch nur von Serben bewohnte Enklave durchmischt wird, zumindest während der Saison. Das bietet für Serben und Albaner eine Chance, nicht nur nebeneinander, sondern auch wieder miteinander zu leben. 19


Mission Versöhnung Kosovo Bürgermeister Quendron Kastrati wirbt

als einer der Ersten in Kosovo für ein besseres Zusammenleben zwischen Albanern und Serben.

SERBIEN

MONTENEGRO

Kamenica KOSOVO

ALBANIEN MAZEDONIEN

An einem dieser warmen Herbsttage Ende September checkte Quendron Kastrati, Bürgermeister der kosovarischen Kleinstadt Kamenica, in einem Hotel in Zürich-Altstetten ein. Zu seinem ersten Besuch in der Schweiz hatte er seinen Stabschef, sechs weitere Funktionäre sowie eine beträchtliche Anzahl Koffer mitgebracht. Seine Mission: die Abwärtsspirale stoppen, in der sich die 30 000-Einwohner-Stadt im Osten Kosovos befindet – fehlende Jobs, hohe Arbeitslosigkeit, Abwanderung. Überzeugt, das entscheidende Mosaikstück für die Lösung dieser Probleme in der Schweiz zu finden, sagte er in der Hotel-Lobby: «Es wird nicht mein letzter Besuch sein. Wir wollen Beziehungen aufbauen, das braucht Zeit.» Dann fuhr die Delegation in einem Kleinbus des kosovarischen Konsulats in Richtung Innenstadt davon. Der 30-Jährige Kastrati, ein Telekommunikations-Ingenieur, der mit leiser, monotoner Stimme spricht, ist seit letztem Herbst Bürgermeister von Kamenica, einer abgelegenen Kleinstadt in den Hügeln nahe der Grenze zu Serbien, deren Häuser hauptsächlich entlang einer einzigen langen, asphaltierten Strasse gebaut sind. Kurz nachdem er das Amt angetreten hatte, erlangte Kastrati in Kosovo nationale Bekanntheit, weil er ankündigte, dass er aus Kamenica ein Vorbild machen wolle für ein neues, besseres Zusammenleben zwischen Albanern, Serben und Roma. «Schliesslich haben wir alle im Alltag dieselben Probleme und Bedürfnisse», so Kastrati. Und die sind ganz konkret: In Kamenica haben zwei von drei Einwohnern keinen Job, wegen der fehlenden Perspektiven verlassen viele die Stadt. Die Bevölkerungszahl hat sich seit der Jahrtausendwende halbiert. Und auch die Zukunft läuft Kamenica davon: Die Anzahl der Schüler sank allein in den letzten zehn Jahren von rund 8000 auf 4000. Die Schweizer Connection Als 1998 der Krieg ausbrach, verliessen 240 000 Angehörige von Minderheiten Kosovo, mussten flüchten oder wurden vertrieben. Jene, die geblieben sind, leben meist abgeschot20

«Die Leute schicken viel Geld nach Kosovo, aber alles wird nur für den Konsum verwendet»: Bürgermeister Kastrati in Zürich-Altstetten.

tet von der albanischen Mehrheit in eigenen Quartieren, Dörfern oder selbstverwalteten Gemeinden. Vor allem das Verhältnis zwischen Albanern und Serben – der grössten Minderheit im Land – ist angespannt. Denn auch zehn Jahre nach Kosovos Unabhängigkeitserklärung anerkennt Serbien seine ehemalige Teilregion nicht als Staat. Entsprechend bemerkenswert ist es, wenn ein Politiker an Integration appelliert, statt mit nationalistischem Pathos Stimmung zu machen. Bemerkenswert sind Kastratis Bemühungen aber auch wegen seiner eigener Geschichte: Sein Vater war während des Kriegs Kämpfer der paramilitärischen kosovoalbanischen UCK und starb durch serbische Kugeln. «Mein Vater kämpfte nicht gegen die Serben», sagt der Sohn heute, «er kämpfte für die Freiheit.» Es steht also einiges auf dem Spiel, und mit der Reise nach Zürich spielt Kastrati seinen vielleicht einzigen Trumpf aus: Er appelliert an die Heimatgefühle jener, die einst aus Kamenica ausgewandert sind und es im Ausland zu relativem Wohlstand gebracht haben. Und die leben mehrheitlich in der Schweiz: Rund 20 000 ehemalige Einwohner von Kamenica sind heute im Grossraum Zürich zuhause. «Diese Leute schicken viel Geld nach Kosovo, Surprise 437/18


aber alles wird nur für den Konsum verwendet», sagt Kastrati. Einerseits unterstütze die Diaspora die Familienangehörigen in Kamenica. Andererseits verbringe sie dort jeweils die Sommerferien. Besser wäre es, die Diaspora würde das Geld investieren: «Das bringt den Geldgebern nicht nur eine Rendite, sondern ihre Heimat auch wirtschaftlich voran.» Dass sich Kastratis Auslandreisen langfristig auszahlen könnten, lassen Zahlen der Schweizer Botschaft in Kosovo erahnen. Demnach erhält jeder fünfte kosovarische Haushalt Geld aus dem Ausland, jeder zehnte lebt hauptsächlich davon. Kosovaren aus aller Welt schickten 2017 gesamthaft 759 Millionen Euro ins Land, die etwa 15 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausmachen. Mehr als ein Fünftel des überwiesenen Geldes stammt aus der Schweiz. Wenn man wie Kastrati davon ausgeht, dass sich investiertes Geld in Form von Jobs, Gewinnen und Steuern vervielfacht, könnten die Rücküberweisungen tatsächlich ein entscheidender Faktor werden, um die kosovarische Wirtschaft anzukurbeln – zumindest auf lokaler Ebene. Bei einem Treffen in einem kahlen Büro im Stadthaus von Kamenica – einem eben erst eröffneten grauen Betonbau mit riesiger Glasfront, mit 1,2 Millionen Euro von der EU finanziert – will Kastrati beweisen, dass es ihm ernst ist mit den Plänen, die ethnischen Minderheiten zu integrieren. Er weist darauf hin, dass er einen serbischen Politiker zu seinem Vize ernannt habe, obwohl die Serben nur fünf Prozent der Bevölkerung ausmachen. Ausserdem habe er dafür gesorgt, dass in der Verwaltung sowie in behördennahen Organisationen Serben und Roma in zentralen Funktionen vertreten sind. Als Aushängeschild des Wandels wolle er eine gemeinsame Schule für Serben, Albaner und Roma bauen. Bisher stehen in Kamenica zwei getrennte Schulgebäude: eines für Albaner, eines für Serben. «Nicht mehr Ethnien sollten in Zukunft räumlich voneinander getrennt sein, sondern Schulklassen nach Bildungsstufe.» Begegnung ist das Wichtigste Um den Austausch zu fördern, plant Kastrati weiter einen Fonds für alle, welche die jeweils andere Sprache erlernen möchten. Denn während ältere Kosovoalbaner aus den Zeiten Jugoslawiens noch Serbokroatisch sprechen, können sich gerade die Jungen in Kosovo heute kaum noch miteinander verständigen. Der Bildungsfonds soll aber auch andere Zwecke erfüllen, beispielsweise ärmeren Kindern bessere Bildungschancen ermöglichen. Davon könnten etwa die Roma profitieren, die ärmste Gesellschaftsschicht in Kosovo. Kastrati denkt gross, anfangen muss er allerdings klein. Denn die albanischen und serbischen Kinder werden nach unterschiedlichen Lehrplänen unterrichtet – eine politische Vorgabe aus der Hauptstadt, die der Lokalpolitiker nicht ändern kann. Zwar lassen sich die Klassen deswegen nicht ohne Weiteres zusammenführen. Doch wolle er erreichen, dass die Kinder einige Lektionen gemeinsam besuchen, zum Beispiel Sport oder IT. «Das Wichtigste ist, dass sich die Kinder überhaupt begegnen, in Lektionen oder in den Pausen», sagt Kastrati. Surprise 437/18

Der Bürgermeister lädt auf einen Espresso in ein nahes Café ein. Zu Fuss legt er die paar hundert Meter entlang der Hauptstrasse zurück, an welchem sich das wenige Gewerbe befindet, das die Stadt zu bieten hat: Coiffeur, Supermarkt, Handwerker, Fitnessstudio. Im Schaufenster eines Kleiderladens hängt ein Fussballtrikot des aus Kosovo stammenden Schweizer Nationalspielers Granit Xhaka. Auf dem kurzen Spaziergang wird der Bürgermeister mehrfach gegrüsst. Zu Fuss zur Arbeit zu gehen gehöre für ihn dazu, sagt der schüchtern wirkende Jungpolitiker. «Damit die Menschen merken, dass ich keiner bin, der nur im teuren Jeep durch die Strassen braust.» Er selber fährt einen Skoda. Diesen braucht er vor allem für die Fahrten ins rund eineinhalb Stunden entfernte Prishtina. In der Hauptstadt hatte Kastrati, der in einem Dorf nahe Kamenica aufgewachsen ist, bis zu seiner Wahl gelebt und gearbeitet – zuletzt als Abgeordneter im nationalen Parlament. Sein Mandat dort gab er nach der Wahl zum Bürgermeister ab. Im Café räumt Kastrati ein, dass der neue Schulcampus, den er bauen möchte, noch auf unsicheren Beinen steht. Dafür fehle der Stadt das Geld. Deswegen hofft der Bürgermeister auf internationale Unterstützung. Briefe an die EU, die UNO sowie an verschiedene Botschaften blieben bislang allerdings ohne positive Antwort. «Manche zweifeln wohl daran, dass wir es wirklich ernst meinen», sagt er und deutet damit die oft undurchsichtigen, manchmal korrupten Geschäfte anderer kosovarischer Behörden an. «Das tun wir aber, und wir geben nicht auf.» Selbst wenn seine Ziele integer sind, dürfte Kastrati ein rauer Wind entgegenwehen. Nicht nur von jenen, die vom Status quo profitieren, auch im eigenen politischen Lager sind viele skeptisch. Als Bürgermeister von Kamenica gewählt wurde Kastrati nämlich für die grösste Oppositionspartei Vetëvendosje («Selbstbestimmung»). Diese verkörpert vor allem für junge Kosovaren die Hoffnung, dass sich endlich etwas zum Guten ändert in Kosovo. Doch wenige Monate nach der Wahl zum Bürgermeister im Dezember 2017 verliess Kastrati gemeinsam mit anderen hochrangigen Politikern Vetëvendosje und gründete eine neue Partei: die Sozialdemokraten. Entsprechend unbeliebt hat sich Kastrati bei Teilen seiner Basis gemacht. «Er hat uns betrogen», wie es ein frustrierter Wähler aus Prishtina ausdrückt. Es liegt nun an Quendron Kastrati, erst einmal das Vertrauen seiner Anhänger zurückzugewinnen, um ihnen dann neue Hoffnung zu geben. Er hat – bis zu den nächsten Wahlen – noch drei Jahre Zeit.

Eine gemeinsame Schule für Serben und Albaner – in Kosovo ist das eine kleine Revolution.

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Unentrinnbare Herkunft Film Die Internationalen Kurzfilmtage Winterthur richten

ihren zentralen Fokus dieses Jahr auf das britische Filmschaffen und dessen knallharten Sozialrealismus. TEXT MONIKA BETTSCHEN

Nachwirkungen des Thatcherismus: Szene aus Andrea Arnolds Oscar-prämiertem Kurzfilm «Wasp».

Ausgerechnet an der Shakespeare Road nimmt das Leben der alleinerziehenden vierfachen Mutter Zoë eine dramatische Wende: Ihr Ex-Freund Dave fährt mit dem Auto vorbei, als sie gerade mit ihren Sprösslingen die Strasse entlanggeht. Sie verleugnet ihre Mutterschaft und sagt ihm, sie passe auf die Kinder einer Freundin auf. Prompt ergibt sich ein Date mit dem Ex, das erste für Zoë seit Jahren. Sie will sich von ihrer besten Seite zeigen und für einen Abend ihre prekäre finanzielle Situation vergessen, die sich etwa darin zeigt, dass sie ihren Kindern ausser einer angebrochenen Packung Zucker nichts zu essen geben 22

kann. Spätestens als die mit ihrer Mutterschaft heillos überforderte junge Frau den Schnuller für Baby Kai hineintunkt, um es damit ruhig zu stellen, möchte man wegschauen. Trotzdem verfolgt man weiter, wie das Schicksal in Andrea Arnolds Oscar-prämiertem Kurzfilm «Wasp» aus dem Jahr 2003 seinen Lauf nimmt. Wie sich Zoë mit Dave im Pub vergnügt, während ihre Kleinen im Hinterhof darauf warten, dass ihre Mutter ihnen heimlich ein Päckchen Chips oder ein Glas Cola nach draussen bringt. Wie sie ihnen einschärft, sie auf keinen Fall zu stören, ausser in einem Notfall – der dann auch prompt eintritt.

Filme wie «Wasp» sind kennzeichnend für den Sozialrealismus, der viele britische Kurzfilme prägt. Neben Andrea Arnold gehört auch der Regisseur Mike Leigh in diese Sparte. In seinem Kurzfilm «The Short and Curlies», der 1987 für einen Award der British Academy of Film and Television Arts nominiert war, kann sich ein Mann nur über Witze und Humor ausdrücken. In seinem Spielfilm «Naked» aus dem Jahr 1993 liess Leigh seinen gescheiterten Protagonisten Johnny in der Nacht durch die Stadt irren, wofür David Thewlis als bester Darsteller und er selbst für die beste Regie in Cannes ausgezeichnet wurden. Arnold und Surprise 437/18


BILDER: ZVG

Leigh sind zwei prominente Vertreter einer Filmtradition, welche die drängenden Themen einer unter den Nachwirkungen des Thatcherismus ächzenden Gesellschaft künstlerisch verarbeitet. Exzentrische Selbstreflexion Die Strömung des Free Cinema bereitete ab den Fünfzigerjahren den Nährboden für Geschichten, die vor allem das Leben der Arbeiterklasse darstellen. «Dies als Gegenbewegung zu den Nachkriegsfilmen, die von jungen Filmschaffenden als zu realitätsfern bemängelt wurden», sagt John Canciani, Kurator des Programms «This Is Britain» an den diesjährigen Internationalen Kurzfilmtagen in Winterthur. «Als ab Ende der Siebzigerjahre die Ära Thatcher anbrach, verschärften sich durch die Privatisierungen bestehende soziale Probleme», so Canciani, der selbst zur Hälfte schottische Wurzeln hat. Eine kritische Haltung gegenüber der Upper Class und der Wille zur Revolution seien in der britischen Kultur tief verankert. «Wenn ein Missstand thematisiert wird, dann geradeheraus und konsequent, was diverse Strömungen und Subkulturen begünstigt hat, zum Beispiel den Punk.» Wenn man die Merkmale des britischen Films benennt, muss man die prägende Rolle der Musik mit einbeziehen. «Seit den Beatles gehört Musik zur englischen Populärkultur. Musikvideos sind ein zentraler Bestandteil dieses Kulturguts, und das beeinflusst auch das Filmschaffen. Man denke nur an ‹Trainspotting› von Danny Boyle aus dem Jahr 1996, der nicht zuletzt dank dem Soundtrack Kultstatus erlangt hat.» Unvergessen ist auch der Videoclip «Bitter Sweet Symphony» der englischen Band The Verve, in dem Sänger Richard Ashcroft die Unentrinnbarkeit des Alltags besingt und damit irgendwie auch gleich den inoffiziellen Soundtrack für diese enorme Fülle an Filmen liefert, die bis heute im Stil des Sozialrealismus erzählt werden. Abgesehen vom hohen Stellenwert der Musik gibt es noch mehr Gründe, warum britische Filme mit zu den originellsten und erfolgreichsten überhaupt gehören. «Das Land hat eine reiche Geschichte, die viel Erzählpotenzial hergibt. Und es liegt ein bisschen in der Natur der Briten, sich intensiv mit sich selber auseinanderzusetzen, was sich manchmal in einer gewissen Exzentrik äussert», sagt John Canciani. Diese Mischung aus sozialen Themen, komödiantischen Momenten und dem viel Surprise 437/18

Strapaziöse Kochvorführung: «Tell me the Story Of all These Things».

Wohn-Aktivistin Dora Boatemah in «Street 66».

Weibliche Identitäten: «We Need New Names».

zitierten britischen Humor haben bei der Entstehung des klassischen britischen Comedy-Dramas Pate gestanden. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Wertschätzung, die das Filmschaffen auf der Insel geniesst. «Die jungen Filmemacher profitieren von vielen Vorbildern, guten Ausbildungsmöglichkeiten und einem Umfeld, das ihre Projekte auch unterstützt. Der TV-Sender Channel 4 zum Beispiel fördert gezielt Kurz- und Langfilme. Unter dem Einfluss des Brexit wird diese Filmtradition weitergehen, denn wir haben heute eine ähnlich unsichere Ausgangslage wie unter Margaret Thatcher», so Canciani.

Der Schwerpunkt «This Is Britain» besteht aus neun Programmpunkten. Einer davon ist «The Female Gaze» mit Filmen, die den weiblichen Blick sowie postkoloniale Themen abdecken und so dem Stichwort der «Diversität» entsprechen, das in der Filmindustrie weltweit an Relevanz gewinnt. Denn wie schon zu Shakespeares Zeiten gilt auch heute: Gute Bühnen- und damit auch Filmkunst erneuert sich von unten nach oben. Internationale Kurzfilmtage Winterthur, 6. bis 11. November Programm und Infos unter www.kurzfilmtage.ch

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BILD: NICOLE NODLAND

«Ich glaube nicht, dass Musik eine Regierung stürzen kann»: Paul Weller.

Mit ergrauter Mod-Frisur Musik Alles begann mit dem dringlichen Power-Pop von The Jam. Zu seinem 60. Geburtstag zieht Paul Weller nun mit einem akustischen Album eine Zwischenbilanz. TEXT HANSPETER KÜNZLER

Wir sitzen in einem Strassencafé in Soho, geniessen die frische Luft und rauchen (er) beziehungsweise schlürfen Kaffee (ich). Kein Autogrammjäger stürmt auf ihn zu. Niemand starrt ihn an – und wenn, dann eher wegen einer inzwischen ergrauten, stilechten Mod-Frisur, die geradewegs aus einem Lambretta-Katalog im Jahr 1965 herausgeschnitten sein könnte. Seine 14 Soloalben haben ihm sechs Platin- und vier Goldauszeichnungen eingetragen. Nur drei sind nicht auf den obersten beiden Plätzen der britischen Hitparade gelandet. Allein schon wegen seiner ersten Band, The Jam, geniesst Paul Weller Legendenstatus. Der Grund für das Treffen ist – natürlich – ein neues Album. Es heisst «True Meanings», und es ist eines seiner schönsten. Nach den kühnen, in alle möglichen Richtungen ausfransenden letzten Werken präsentiert er sich hier in einem stillen Gewand. Akustikgitarre und altersgereifte Stimme stehen zuvorderst. Es kommen ein paar quirlige E-Gitarrenriffs oder ein dezentes Pianoklimpern dazu, Hannah Peel steuert filigrane Streicherarrangements bei. 24

Als Gäste tauchen gar die grossen Folkies Martin Carthy (Gitarre) und Danny Thompson (Bass) auf. Die Texte schneiden entsprechend nachdenklich stimmende Themen an: Sie handeln von der Versöhnung mit der Vergänglichkeit («Bowie»), vom Missbrauch religiöser («Books») und politischer Dogmen («Old Castles»). In Grossbritannien herrscht derzeit das politische Chaos. Der Brexit steht an, aber nicht einmal bei der regierenden Conservative Party, den Tories, ist man sich einig, welche Form dieser annehmen soll. Die Positionen werden täglich extremer und unflexibler, der Graben zwischen den Lagern tiefer. «True Meanings» spielt da und dort auf politische Entwicklungen an, ergeht sich indes nie in Slogans oder gar Lehrtexten. «Ich glaube nicht, dass Musik eine Regierung stürzen kann», sagt Weller. «Aber ich bin überzeugt, dass Musik das Denken erhellen kann. Dass Musik die Kraft hat, einem Menschen eine neue Perspektive zu zeigen.» Seine eigene Welt sei von Grund auf von der Musik geprägt worden. Durch die Beatles und all die anderen Bands, mit denen er aufgewachsen sei, habe Surprise 437/18


BILD: ZVG

Der zornige Ton der britischen Jugend Paul Weller war 16 Jahre alt, als die Punks auf den Plan traten und sich einen Spass daraus machten, das Establishment zu verunsichern. Sowas interessierte ihn herzlich wenig. Schon seit zwei Jahren hatte er seine eigene Band, und diese richtete sich ganz nach den Beatles, The Who, The Small Faces und anderen Sixties-Kombos. Daran konnte auch eine kleine Modewelle in der nahen und doch so fernen Metropole nichts ändern. Weller stammt ursprünglich nicht aus London, sondern aus der Satellitenstadt Woking. Auch von der Kleidung her passte Weller nicht zum Zeitgeist. Statt zerfetzten T-Shirts und Hosen mit Fesseln trug er die detailperfekte Kluft der Mods. Die Mods waren einst eine Jugendbewegung aus der Working Class gewesen, die Wert auf fein geschnittene Hosen, Pullover, Sakkos und Frisuren legte. Zur Musik musste man vor allem auch tanzen können, sie musste Witz und Schwung haben – und zum Konzert (sowie zur Schlägerei mit den Rockern) fuhr man mit der Vespa. Michelangelo Antonionis Sixties-Film «Blow Up» beschreibt das chice Ende des Mod-Spektrums, «Quadrophenia» von The Who die ruppigere Seite. Weller und seiner Band The Jam sprach diese Philosophie aus der Seele. Zusammen mit The Clash bestimmten The Jam ein paar Jahre lang den zornigen politischen Ton der britischen Jugend. Hit folgte auf Hit – dann, im Sommer 1982, teilte Weller seinen Bandkollegen völlig überraschend das Ende der Band mit. Unter dem eigenartig behördlich klingenden Namen Style Council kredenzte er fortan jazzig und soulig angehauchte Songs, die eine Brücke zurück in die rauchigen Soho-Jazz-Cafés der Fünfzigerjahre schlugen. In diese Zeit fällt auch die Gründung von Red Wedge, einer Vereinigung von Musikern, die sich zum Ziel setzte, jungen Menschen für die nächsten britischen Parlamentswahlen (und möglichst gegen die herrschende konservative Partei) zu mobilisieren. Weller war mit Abstand das prominenteste Mitglied. Als später eine junge Generation die britische Popgeschichte der Sixties wiederentdeckte und mit Oasis, Blur und Pulp die «Britpop»-Welle über die Insel hereinbrach, galt Weller gemeinhin als Vorbild. Als einer, der es verstand, aus der Tradition Impulse für das musikalische Hier und Jetzt zu gewinnen.

Treuer Freund mit Hundeblick Film In «Dogman» kämpft ein Ladenbesitzer aus dem italienischen Nirgendwo um Anerkennung und gerät wider Willen auf die schiefe Bahn. «Mich mag hier jeder. Das ist mir wichtig», seufzt Marcello (Marcello Fonte) und bringt sein Dilemma damit auf den Punkt. Der ebenso liebenswürdige wie schmächtige Besitzer eines Hundesalons kann es wunderbar mit Tieren, sucht jedoch vor allem bei den Menschen Anerkennung. Etwa bei seiner Tochter Alida, der er immer wieder von gemeinsamen Ferien vorträumt. Möglichst weit weg von der süditalienischen Tristezza seines Dorfes, das zwar in der Nähe des Meeres liegt, aber von der Aussenwelt vergessen scheint. Marcello hat hängende Schultern und Augen, die sagen: Habt mich lieb, bitte. Um es sich ja mit niemandem zu verscherzen, dealt er sogar mit Kokain. Nicht zuletzt, um die Freundschaft von Simoncino zu gewinnen, einem unberechenbaren Schläger. Unter dessen Einfluss rutscht der unbeholfene Marcello zusehends in die Kriminalität ab. Erst als ihm Simoncino die Schlüssel zum Hundesalon abfordert, um in der Nacht von dort aus den Schmuckladen nebenan auszurauben, begehrt Marcello auf. Aber nicht für lange, denn sein falscher Kumpel droht unverhohlen mit Gewalt. Vor zehn Jahren hat sich Regisseur Matteo Garrone mit seinem Film «Gomorra» dem Innenleben der neapolitanischen Mafia gewidmet – es war die Verfilmung von Roberto Savianos Buch «Gomorrha. Reise in das Reich der Camorra». Mit «Dogman» taucht er jetzt in den suburbanen Mikrokosmos seines Heimatlandes ein und zeigt auf, wie leicht sich Menschen bisweilen von ihren Träumen verführen lassen. Und das nicht aufgrund von Gier oder Boshaftigkeit, sondern weil sie nach minimalem Glück streben. Letztlich entpuppt sich «Dogman» als ebenso sentimentale wie grausame Geschichte mit tragikomischen Elementen, die sich als Parabel über die desolate Lage des heutigen Italien lesen lässt. Besonders überzeugt die schauspielerische Leistung von Marcello Fonte. Er erhielt in Cannes den diesjährigen Preis als MICHAEL GASSER bester Hauptdarsteller.

FOTO: ZVG

sich das Leben für ihn erst aufgetan. «Klar gefällt mir die heutige Situation nicht», sagt er. «Aber sie widert mich nicht mehr an als die Situation vor 40 Jahren oder vor 15 Jahren. Neuer Tag, gleiche Scheisse. Aber ich glaube, dass der Wind sich dreht. Die Tage der Tories sind gezählt. Leute wie Theresa May, Boris Johnson und Jacob ReesMogg kommen daher wie Menschen aus einer anderen Ära. Sie sind ein Anachronismus und werden abtreten.»

Paul Weller: «True Meanings» (Parlophone /Warner Bros) Matteo Garrone: «Dogman», Italien/Frankreich 2018, 102 Min. Mit Marcello Fonte, Edoardo Pesce, Alida Baldari Calabria u. a. Läuft zurzeit im Kino.

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ILLUSTRATION: SARAH WEISHAUPT

Agglo-Blues

Folge 20

Die Profihasser Was bisher geschah: Die Spur im Fall des ermordeten Reto Schwander führt Vera Brandstetter vom Hinterzimmer eines Bordells in die finsteren Ecken des Internets. Brandstetter kannte die Auseinandersetzungen, die auf Facebook losbrachen, wenn es um Themen wie Flüchtlinge, Islam oder Israel ging. Da brodelte es jeweils gewaltig, brachen Unzufriedenheit, Bitterkeit und Hass hervor, obwohl die Leute sich sonst doch solche Mühe gaben, ihr Leben als aufregend, erfüllt und unbeschwert zu präsentieren. Während auf Facebook die Amateure hassten, waren im «Forum der wehrhaften Eidgenossen» die Profis am Werk. Sie fühlten sich fast allen anderen Menschen überlegen, anderen Nationalitäten und Rassen sowieso, aber auch der Masse der Schweizer, dem sogenannten Mainstream. Gleichzeitig waren sie überzeugt, ständig hintergangen, betrogen und bedroht zu werden. Sie hatten kein Mitleid, hielten sich aber selber für Opfer. Sie pochten auf Eigenverantwortung und konnten selbst nie etwas dafür. Die meisten Beiträge waren in einer Sprache abgefasst, die auf mittlere oder höhere Bildung schliessen liess. Die Teilnehmer zitierten aktuelle Thesen und Bücher, schrieben Dinge wie: «Ich als Anwalt, als Uni-Professor, als Lehrer … sehe bei meiner täglichen Arbeit … dürfte das öffentlich ja nie sagen.» Es herrschte eine seltsame Mischung aus Morgenluftwittern, Heraufbeschwören einer bevorstehenden Umwälzung, bei der sie obenaufschwingen würden, und apokalyptischen Visionen, in denen die Untermenschen mithilfe der linksgrünen Weltverschwörung alles in den Abgrund reissen würden. Vereinzelt waren auch Frauen dabei, die über schlechte Erfahrungen mit Ausländern berichteten. Sie fühlten sich von Feministinnen und der politischen Korrektheit diskriminiert und pochten auf die traditionelle Mutterrolle, die sie unter Beschuss sahen. Frauen waren aber auch das Ziel der heftigsten Attacken. Eine These im Forum lautete, dass Politikerinnen links der SVP allesamt so hässlich waren, dass sie keinen Mann abbekamen. Darum waren sie frustrierte Emanzen geworden und wollten junge Asylanten ins Land holen, um mit ihnen ins Bett zu gehen. Wenn junge Frauen kämen, wären sie nämlich total dagegen. 26

Trotz der allseits konstatierten Liebe zur Natur, zum Echten und Währschaften, fanden gerade jene Frauen am meisten Anklang, die sich der Segnungen der kosmetischen Industrie und der plastischen Chirurgie bedienten, wie etwa Melania Trump. Dass ihre Gesichter keine Gefühlsregungen mehr ausdrücken konnten, wurde wohl als angenehmer Nebeneffekt empfunden, dachte Brandstetter. Es herrschte Einigkeit darüber, dass schöne, gut – will heissen: sexy – gekleidete Frauen politisch rechts standen, unansehnliche, in Fetzen herumlaufende hingegen links. Ein Problem war allerdings, dass die schönen Schweizerinnen arrogant und unnahbar waren. Die Forumsteilnehmer beklagten sich bitter, keine Chance zu haben, sich gar nicht zu trauen, solche Frauen anzusprechen. Taten sie es doch, fingen sie offenbar einen Korb ein, und das machte sie wütend. Andere akzeptierten es zähneknirschend, denn nach ihrem Verständnis bekam der Mann mit dem meisten Geld die schönste Frau. Darum waren viele mit Ausländerinnen zusammen. Im Vergleich mit den Durchschnittsmännern in Osteuropa oder Südostasien waren sie wohlhabend und konnten den Frauen ein angenehmes Leben bieten. Die einzige Frau, die nicht nach ihrem Äusseren beurteilt wurde, war die Tochter des Chefideologen, die selbstbewusst, willensstark, machthungrig und rücksichtslos war und sich nicht mit der Mutterrolle begnügte. Weil von höherer Geburt, durfte sie das. Der Respekt, den die Patrioten vor den Frauen als Mütter und Ehepartnerinnen zu haben vorgaben, hielt sie nicht davon ab, explizite Vergewaltigungsfantasien zu hegen und diese detailliert zu beschreiben. Brandstetter kannte das. Hatte ähnliches gehört, wenn sie sich mit Männern anlegte und ihnen beibrachte, dass ihr Wort nicht Gesetz war, nicht einmal in den eigenen vier Wänden. Manche waren dumm genug gewesen, ihr schriftlich zu drohen, und waren vor Gericht gelandet. Dort wurden sie ganz klein und weinerlich, wollten alles nicht so gemeint haben, versuchten das Ganze als Spass oder einmaligen Ausrutscher abzutun. Wahre Helden eben.

STEPHAN PÖRTNER schreibt und lebt in Zürich. Alle bisher erschienenen Folgen des Fortsetzungskrimis gibt es zum Nachlesen und -hören unter www.surprise.ngo/krimi

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BILD(1): DIE KÜNSTLERIN UND STAMPA, BASEL, BILD(2): THOMAS KARSTEN, TOMAS HOUDA, BILD(3+4): ZVG

Veranstaltungen

St. Gallen «Indoor Life» und «Eine Sandsammlung», Ausstellungen, bis So, 2. Dezember, Di bis Fr 12 bis 18 Uhr, Sa, So 11 bis 17 Uhr, Kunst Halle Sankt Gallen, Davidstrasse 40. www.kunsthallesanktgallen.ch

EGMR-Richterin Helen Keller und der Historiker Georg Kreis an diesem Abend. Unentschlossene finden hier Gesprächspartner zum Diskutieren und können Antworten auf letzte Fragen vor der Abstimmung am 25. November bekommen. WIN

Zürich «Zahltag», Erlebnistag, Mi, 14. November, Kulturpark, Pfingstweidstrasse 16, Zürich, Eintritt frei. youngcaritas.ch/zahltag

Die St. Gallerin Valentina Stieger und der gebürtige Sizilianer Renato Leotta, beide in ihren Dreissigern, fassen ihre Weltwahrnehmung in skulpturale Formen. Sie das Drinnen, er das Draussen. Stiegers Installationen erinnern an Möbel und sind doch keine. Filigrane Metallgestelle legen sich durch den Ausstellungsraum. Es sind Installationen, die ihr kleines Spiel mit dem Betrachter spielen, denn sie haben eine gewisse Ähnlichkeit mit den typischen Abschrankungen vor Kunstwerken, die man aus dem Museum kennt. Leotta holt derweil den sizilianischen Sand nach St. Gallen. Er hat in seiner Heimat das Meer und den Strand besucht und ihn mitgebracht, als skulpturales Archiv von Spuren im Sand. Es trägt uns in ein Bild von Meerwasser, vulkaDIF nischem Sand und dem Licht der Glühwürmchen.

Bern «Auf der Suche nach dem Wunderbaren & Selten nur», Büchertaufe, So, 18. November, 11 Uhr, Zentrum Paul Klee, Monument im Fruchtland 3, Bern. zpk.ch

Konstantin Wecker ist nicht nur einer der bekanntesten deutschen Liedermacher, sondern vor allem ein engagierter Zeitgenosse. Kaum jemand hat während der letzten 40 Jahre in seinen Texten konsequenter gegen Gewalt in allen Formen angeschrieben. Nun hat er ein Buch herausgebracht: «Auf der Suche nach dem Wunderbaren – Poesie ist Widerstand». Auch der Berner Schriftsteller Peter Fahr schafft Werke, die an den Zuständen rüt-

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Am 14. November ist Zahltag. Das ist ein Erlebnistag, an dem sich Familien, Jugendliche, Fachpersonen und andere Interessierte lustvoll und ohne Scheuklappen den Themen Geld, Konsum und Armut widmen können. Organisiert ist der Zahltag von youngCaritas Zürich, der Schuldenprävention Stadt Zürich und Pro Juventute. Surprise ist mit einem Stand von 14 bis 17 Uhr mit dabei. Der Vormittag ist Schulklassen vorbehalten, danach wird die Veranstaltung fürs breite Publikum geöffnet. Um 14 Uhr hält Joanna Herzig von der Schuldenprävention das Referat «Umgang mit Geld in der Familie:

teln. In fast 30 Jahren ist Lyrik entstanden, die einmal laut herausposaunt und Akzente setzt, das andere Mal leicht antippt und ins Schwingen bringt. Die Gedichte sind nun in einem Sammelband neu erschienen: «Selten nur – Die Gedichte». Wecker und Fahr sind befreundet und feiern zusammen Buchvernissage in Bern. Mit Lesung und moDIF deriertem Gespräch.

Basel «Europatour 2018 – Die AntiMenschenrechtsinitiative und ihre Folgen», Di, 6. November, 19.30 Uhr, Gundeldinger Casino, Tellplatz 6. www.sbi-nein.ch Auch wir bei Surprise sind überzeugt davon, dass nur ein intakter Menschenrechtsschutz und ein starker Rechtsstaat mit unabhängigen Gerichten die Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie sind. Inwiefern eine Annahme der sogenannten Selbstbestimmungsinitiative diesen Mindeststandard an Schutz untergraben würde, erörtern SP-Nationalrat Eric Nussbaumer, die Schweizer

Jugendlohn», um 15 Uhr folgt mit «Arm oder reich in der Schweiz: Welche Rolle spielt Geld in den Lebenswelten von Kindern?» ein Beitrag von Dozentinnen der PH Zürich. Kinder bilden sich unterdessen an einer Kinderbuchlesung weiter («Geld zu verkaufen!») oder gehen in die Gelddruckerei. DIF

Zürich «Ladysmith Black Mombazo», Konzert, Mi, 7. November, 20 Uhr, Kirche Neumünster, Neumünsterallee 21. www.allblues.ch

Der mehrstimmige Gesang kam mit den europäischen Kolonialisten und Missionaren ins südliche Afrika. Auch die Gesangstraditionen der Zulu sind mit der schwierigen Geschichte Südafrikas eng verwoben. Entstanden als Versuch, die eigene Identität zu bewahren, begannen die Männer zu singen. Die mehrfachen Grammy-Gewinner Ladysmith Black Mombazo haben diese fast überirdisch harmonischen Gesänge in ihrer eigenen Weise über vier Jahrzehnte hinweg perfektioniert. Weltweite Berühmtheit erlangten die Sänger durch ihre Beteiligung an Paul Simons «Graceland»-Album, das 1986 mit dem vorherrschenden Kulturboykott gegen das Apartheid-Regime brach. WIN

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IND 0.– S AB 50 ABEI! SIE D

Die 25 positiven Firmen Unsere Vision ist eine solidarische und vielfältige Gesellschaft. Und wir suchen Mitstreiterinnen, um dies gemeinsam zu verwirklichen. Übernehmen Sie als Firma soziale Verantwortung. Unsere positiven Firmen haben dies bereits getan, indem sie Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Mit diesem Betrag unterstützen Sie Menschen in prekären Lebenssituationen dabei auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit. Die Spielregeln: 25 Firmen oder Institutionen werden in jeder Ausgabe des Surprise Strassenmagazins sowie auf unserer Webseite aufgelistet. Kommt ein neuer Spender hinzu, fällt jenes Unternehmen heraus, das am längsten dabei ist. 01

Burckhardt & Partner AG, Basel

02

freigutpartners IP Law Firm, Zürich

03

Hervorragend AG, Bern

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Praxis Colibri, Murten

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Sublevaris GmbH, Brigitte Sacchi, Birsfelden

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SBB Angebotsgestaltung Langstrasse, Zürich

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Stoll Immobilientreuhand AG, Winterthur

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Anyweb AG, Zürich

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Leadership LP3 AG, Biel

10

Echtzeit Verlag, Basel

11

Maya-Recordings, Oberstammheim

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Gemeinnütziger Frauenverein, Nidau

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

14

Madlen Blösch, GELD & SO, Basel

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Velo-Oase, Erwin Bestgen, Baar

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Lotte’s Fussstube, Winterthur

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Cantienica AG, Zürich

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Zürich

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Brother (Schweiz) AG, Dättwil

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Coop Genossenschaft, Basel

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Fischer + Partner Immobilien AG, Otelfingen

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Proitera betriebliche Sozialberatung, Basel

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Praxis PD Dr. med. Uwe Ebeling, Bern

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VXL gestaltung und werbung AG, Binningen

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende ab 500 Franken sind Sie dabei. Spendenkonto: PC 12-551455-3 IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3 Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma und Ihr gewünschter Namenseintrag Sie erhalten von uns eine Bestätigung. Kontakt: Nicole Huwyler Team Marketing, Fundraising & Kommunikation T +41 61 564 90 50 I marketing@surprise.ngo

SURPLUS – DAS NOTWENDIGE EXTRA Das Programm

Wie viele Surprise-Hefte müssten Sie verkaufen, um davon in Würde leben zu können? Hätten Sie die Kraft?

Wussten Sie, dass einige unserer Verkaufenden fast ausschliesslich vom Heftverkauf leben und keine Sozialleistungen vom Staat beziehen? Das fordert sehr viel Kraft, Selbstvertrauen sowie konstantes Engagement. Und es verdient besondere Förderung. Mit dem Begleitprogramm SurPlus bieten wir ausgewählten Verkaufenden zusätzliche Unterstützung. Sie sind mit Krankentaggeld und Ferien sozial abgesichert und erhalten ein Nahverkehrsabonnement. Bei Problemen im Alltag begleiten wir sie intensiv.

Eine von vielen Geschichten Der Weg in die Armut führte für Daniel Stutz über die Sucht. Als Jugendlicher rutschte der heute 44-Jährige in die Spielsucht und später in den Konsum harter Drogen. Dank einer Therapie schaffte er vor 7 Jahren den Ausstieg. Geblieben ist dem Zürcher Surprise-Verkäufer und -Stadtführer ein Schuldenberg. «Den Weg aus der Sucht habe ich hinter mir, der Weg aus der Armut liegt noch vor mir», beschreibt Daniel seine Situation. SurPlus gibt ihm dabei Rückenwind: «Es ermöglicht mir hin und wieder Ferien. Ausserdem bedeutet es, auch einmal krank sein zu dürfen – ohne gleich Angst haben zu müssen, die Miete oder Krankenkasse nicht zahlen zu können.»

Die ganze Geschichte lesen Sie unter: surprise.ngo/surplus

Unterstützen Sie das SurPlus-Programm mit einer nachhaltigen Spende Derzeit unterstützt Surprise 14 Verkaufende des Strassenmagazins mit dem SurPlus-Programm. Ihre Geschichten stellen wir Ihnen hier abwechselnd vor. Mit einer Spende von 6000 Franken ermöglichen Sie einer Person, ein Jahr lang am SurPlusProgramm teilzunehmen.

Unterstützungsmöglichkeiten: · 1 Jahr: 6000 Franken · ½ Jahr: 3000 Franken · ¼ Jahr: 1500 Franken · 1 Monat: 500 Franken · oder mit einem Beitrag Ihrer Wahl.

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Wir alle sind Surprise

#434: Expertin

Stadtrundgang Zürich

«Die Augen nicht mehr verschliessen»

«Einen Weg zeigen» Ein grossartiges Heft über grossartige Frauen! Diese Biografien und Berichte sollten alle Richterinnen und Richter lesen und verinnerlichen. Dies gilt auch für alle Personen, die sich am Schreibtisch oder in der Praxis mit Frauenarmut, Gewalt an Frauen und den Auswirkungen auf ihre Kinder befassen. Dieses Heft kann Juristen und Politikern die Augen öffnen für Mechanismen, die Elend verursachen und einen Weg zeigen, gegen diese vorzugehen.

Ich bin beeindruckt von der Kraft, welche die Frauen trotz widrigster Umstände immer wieder aufbrachten, um ihre Situation zu verbessern. Herzlichen Dank allen Porträtierten für ihre Offenheit und den Journalistinnen für die sorgfältige Berichterstattung.

Hans Peter Meier hat es verstanden, uns Frauen – die wir zum grossen Teil nicht mehr die Jüngsten sind und glaubten, die Stadt zu kennen – viel Neues und Interessantes zu vermitteln. Es ist beeindruckend, wie viele Initiativen es gibt, um das Leben derer etwas zu erleichtern, die nicht auf der Sonnenseite stehen. Und wie viele Möglichkeiten, sich selbst zu engagieren. Wer dachte, sie würde eigentlich auch gerne etwas tun, weiss nun, wo überall sie etwas tun kann. Es ist zudem beeindruckend, wie viel Elend in unserer wunderschönen Stadt herrscht und wie man diesem Elend auf Schritt und Tritt begegnen kann, wenn man sich interessiert. Und interessieren werden sich nun alle Teilnehmerinnen, da sie sprachlos den Ausführungen von Hans Peter zugehört haben und nun Augen und Ohren nicht mehr verschliessen können resp. wollen.

E. LÜSCHER, Staufen

Kaufmännischen Verbands Zürich

I. WANNER, Baden

#434: Expertin

«Stehauf-Frauen»

E. VON TOBEL, Frauennetz des

Impressum Herausgeber Surprise, Münzgasse 16 CH-4051 Basel Geschäftsstelle Basel T +41 61 564 90 90 Mo–Fr 9–12 Uhr info@surprise.ngo, surprise.ngo Regionalstelle Zürich Kanzleistrasse 107, 8004 Zürich T  +41 44 242 72 11 M+41 79 636 46 12 Regionalstelle Bern Scheibenstrasse 41, 3014 Bern T  +41 31 332 53 93 M+41 79 389 78 02 Soziale Stadtrundgänge Basel: T +41 61 564 90 40 rundgangbs@surprise.ngo Bern: T +41 31 558 53 91 rundgangbe@surprise.ngo Zürich: T +41 44 242 72 14 rundgangzh@surprise.ngo Anzeigenverkauf Stefan Hostettler, 1to1 Media T  +41 61 564 90 90 M+41 76 325 10 60 anzeigen@surprise.ngo Redaktion Verantwortlich für diese Ausgabe: Amir Ali (ami) Sara Winter Sayilir (win), Diana Frei (dif) Reporter: Andres Eberhard (eba), Simon Jäggi (sim) T +41 61 564 90 70 F +41 61 564 90 99 redaktion@strassenmagazin.ch leserbriefe@strassenmagazin.ch

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Ständige Mitarbeit Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Marie Baumann, Florian Burkhardt, Rahel Nicole Eisenring, Georg Gindely, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz, Isabel Mosimann, Fatima Moumouni, Stephan Pörtner, Isabella Seemann, Sarah Weishaupt, Priska Wenger, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Monika Bettschen, Marco Frauchiger, Michael Gasser, Ruben Hollinger, Hanspeter Künzler, Stefan Michel, opak.cc, Klaus Petrus Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird jede Haftung abgelehnt. Gestaltung und Bildredaktion Bodara GmbH, Büro für Gebrauchsgrafik Druck AVD Goldach Papier Holmen TRND 2.0, 70 g/m2, FSC®, ISO 14001, PEFC, EU Ecolabel, Reach

Ich möchte Surprise abonnieren 25 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.–) Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen Gönner-Abo für CHF 260.– Geschenkabonnement für: Vorname, Name

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FOTO: RUBEN HOLLINGER

Surprise-Porträt

«Die Stimmung war genial» «Der Höhepunkt der Strassenfussball-WM in Oslo war das Spiel gegen Italien. Unser Gegner war stark, sehr stark, aber wir Schweizer hielten dagegen, und am Schluss gewannen wir 2:0. Ich schoss beide Tore. Ich weiss noch, wie glücklich ich war. Ich bin immer glücklich, wenn ich ein Tor schiesse. Ich habe schon als Kind in Eritrea in jeder freien Minute mit Freunden Fussball gespielt. Ich liebe es, mich mit dem Ball am Fuss zu bewegen, zu dribbeln und Pässe zu spielen. Am liebsten mag ich die Brasilianer: Neymar, Coutinho, Casemiro. Es ist ein Vergnügen, ihnen zuzuschauen. Ich war richtig traurig, als sie diesen Sommer an der Fussball-WM ausgeschieden sind. In Eritrea habe ich nach dem Abschluss der Schule als Maler gearbeitet. Daneben spielte ich Fussball in einer guten Mannschaft und träumte von einer Karriere als Profi-Fussballer. Als die Armee mich einziehen wollte, bin ich geflüchtet. Vor vier Jahren kam ich in die Schweiz. Im Asylbewerberheim langweilte ich mich zu Tode. Ich durfte nicht arbeiten, nicht zur Schule gehen und schlief die meiste Zeit. Bis mir ein Kollege erzählte, dass er freiwillig beim ökumenischen Seelsorgedienst für Asylsuchende OESA in Basel tätig sei und dort Kaffeetreffs und eine Kleiderbörse für Flüchtlinge mitorganisiere. Ich begleitete ihn und begann mitzuhelfen. Die Atmosphäre war gut, und ich lernte viele Eritreer, Afghanen und andere Geflüchtete kennen. Wir begannen, in der Freizeit Fussball zu spielen, ein bunt gemischtes Team. Irgendwann kam unsere Betreuerin auf die Idee, uns als Mannschaft für die Surprise Strassenfussball Liga anzumelden. Seither sind wir dabei. Wir trainieren einmal pro Woche zusammen in Pratteln, unsere Mannschaft heisst schlicht und einfach OESA Basel. Der Fussball tut mir gut. Er hält mich fit, und ich komme mit vielen Menschen in Kontakt und fühle mich integriert. Natürlich gibt es auch ab und zu einmal Streit im Team. Wenn wir verloren haben, kann es giftig werden. Aber das gehört dazu, und es dauert meistens nicht lange, bis sich alle wieder vertragen. Wenn wir gewinnen, herrscht sowieso Frieden überall. Der Höhepunkt für mich war, dass ich letztes Jahr ein Aufgebot für die Surprise Nationalmannschaft bekam und am Homeless World Cup in Oslo teilnehmen 30

Matiows Gebray, 25, spielt mit seinem Team in der Surprise Strassenfussball Liga. Vor einem Jahr nahm er am Homeless World Cup in Oslo teil.

konnte, der Strassenfussball-Weltmeisterschaft. Die Stimmung in der Mannschaft war genial, die Atmosphäre unglaublich, und es war wunderschön, so viele Menschen aus aller Welt kennenzulernen. Das Grösste aber, das waren schon meine zwei Tore gegen Italien. Die haben einen Ehrenplatz in meiner Erinnerung. Dieses Jahr findet der Homeless World Cup vom 13. bis 18. November in Mexico-City statt. Ich drücke der Schweizer Nationalmannschaft und ihrem Coach David Möller die Daumen und bin auch ein bisschen neidisch. Ich wäre gerne nochmals dabei, aber man darf nur einmal im Leben an der Strassenfussball-WM teilnehmen. Mittlerweile habe ich ein Praktikum in einem Malerbetrieb begonnen. Die Arbeit gefällt mir sehr, und ich bin auf der Suche nach einer Lehrstelle. Fussball spiele ich weiterhin, bei OESA und in einem rein eritreischen Team aus Basel. Wir haben unsere eigene Liga und treffen uns jeweils am Samstag zu Spielen mit eritreischen Mannschaften aus anderen Kantonen. Und manchmal träume ich noch von einer Karriere als Profi-Fussballer. Ich weiss selbst, dass das ziemlich unrealistisch ist, ich bin ja bereits 25. Aber wer weiss, vielleicht tut sich plötzlich noch eine Türe auf. Träumen darf man ja.» Aufgezeichnet von GEORG GINDELY

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Weitere Informationen: surprise.ngo/cafesurprise 32

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