Sudetendeutsche Zeitung 18. Oktober 2024 Ausgabe 42 Pay

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Präsident Pavel: „Der Drang nach Freiheit läßt sich nicht aufhalten“ (S. 2)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

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Jahrgang 76 | Folge 42 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 18. Oktober 2024

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Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter bei den Marienbader Gesprächen

Staatssekretärin würdigt Brückenbauer Menschliche Beziehungen seien auch in der Politik die Grundlage für alles weitere, hat Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin des Innern und für Heimat, auf den Marienbader Gesprächen erklärt und damit die Sudetendeutschen als Brückenbauer und Motor in der deutsch-tschechischen Beziehungen gewürdigt.

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Bei den Marienbader Gesprächen: Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter mit den Sudetendeutschen Hans Knapek (links) und Steffen Hörtler. Fotos: Michael Zirpel/Ulrich Miksch

ie SPD-Politikerin erklärte, durch die Osterweiterung vor zwanzig Jahren habe die Europäische Union als Ganzes viel gewonnen. „Die EU-Mitgliedschaft Tschechiens ist die Ba-

sis der deutsch-tschechischen Beziehungen“, sagte Schwarzelühr-Sutter und führte aus, daß dies damit auch für die sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen gelte. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Hans Knapek, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk, moderiert wurde, ging es auch konkret um das Thema Vertreibung und den Umgang Tschechiens mit den Verbrechen an den Sudetendeutschen. Als Vertreter aus der tschechischen Politik sagte der Abgeordnete Šimon Heller: „Die Tradition des Landes wur-

de durch die Vertreibung unterbrochen. Wir sehen heute noch die Tragödie. Das Thema ist lebendig, aber auch mit Angst behaftet.“ „Unrecht muß als Unrecht ausgesprochen werden“, stellte dazu der bayerische Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl (Freie Wähler) fest. Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Landesobmann Bayern, erinnerte daran, daß die Deutsch-Tschechische Erklärung als Grundlage der Nachbarschaftsbeziehungen aus dem Jahr 1997 stammte. Seine rhe-

torische Frage: „Ist es nicht Zeit, für eine neue DeutschTschechische Erklärung?“ Die Marienbader Gespräche des Generalsekretärin Christa Naaß Sudetendeutschen Rates, die zum zehnten Mal von Generalsekretärin Christa Naaß geleitet wurden, standen in diesem Jahr unter dem Motto „Deutschtschechischer Grenzraum – gemeinsamer Entfaltungsraum für Mensch und Natur“. Mehr auf Seite 3

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endeutscheSoZeitung will Tschechien zur führenden HEIMATAUSGABEN IN DIESER ZEITUNG

Regierung von Premierminister Petr Fiala verabschiedet Strategiepaket „Czech Republic to the Top 10“

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Mitteilungsblatt für den früheren Gerichtsbezirk Zuckmantel im Altvatergebirge

Internet-Konzern

Seznam.cz geht nicht an die Börse Der Gründer und alleinige Eigentümer des Internetkonzerns Seznam.cz, Ivo Lukačovič, will mit seinem Unternehmen doch nicht an die Börse gehen. Dies hat der 50jährige Milliardär in einem Beitrag auf der Plattform Patreon mitgeteilt.

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m selben Portal hatte Lukačovič im August einen Artikel veröffentlicht, in dem er über einen Börsengang spekulierte. In Frage käme, so der Firmengründer damals, fünf Prozent der Seznam-Aktien an den Wertpapiermärkten zu veräußern. Im nun veröffentlichten Beitrag schreibt Lukačovič, der mögliche Börsengang sei der „dümmste Einfall“ seines Lebens gewesen. Seznam.cz ist der größte tschechische Internetkonzern. Das Unternehmen betreibt eine Suchmaschine, einen Kartendienst, ein Nachrichtenportal und weitere Plattformen. Laut Forbes ist Lukačovič mit einem Vermögen von 1,3 Milliarden US-Doller der elftreichste Tscheche.

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Tschechien soll in den nächsten Jahren zu den zehn wohlhabendsten Volkswirtschaften der Europäischen Union aufsteigen, so lautet das ambitionierte Ziel der neuen Wirtschaftsstrategie, die das Regierungskabinett von Premierminister Petr Fiala in der vergangenen Woche unter dem Titel „Czech Republic to the Top 10“ verabschiedet hat. Derzeit belegt Tschechien beim sogenannten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Kaufkraftstandards in der Europäischen Union Platz 15. Deutschland, einst die wirtschaftliche Vorzeigenation in der EU, liegt zwei Plätze hinter Österreich mittlerweile nur auf Rang 7.

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as Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist das Maß für den Erfolg einer Volkswirtschaft. Es ist definiert als Summe aller neu geschaffenen Waren und Dienstleistungen, abzüglich des Wertes aller dabei als Vorleistungen verbrauchten Güter und Dienstleistungen. Um die Wirtschaftskraft international auch von bevölkerungsreichen mit kleinen Staaten vergleichbar zu machen, erfolgt zum einen die Pro-Kopf-Umrechnung, zum anderen werden unterschiedliche Lebenshaltungskosten herausgerechnet, da es beispielweise beim Lebensstandard eine große Rolle spielt, ob man als Bürger den gleichen Euro-Betrag in einer günstigen oder hochpreisigen Region zur Verfügung hat. Dabei wird der Durchschnitt aller 27 EU-Staaten als Indexwert von 100 definiert.

Das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Kaufkraftstandards in Europa hat Luxemburg mit einem Wert von 239. Es folgen Irland (211) und die NichtEU-Staaten Norwegen (173), Schweiz (154) und Island (134). Während Österreich mit 123 und Deutschland mit 115 über dem EU-Durchschnitt liegen, beträgt der Indexwert für Tschechien derzeit nur 91. Am Ende der Tabelle befinden sich übrigens die Nicht-EU-Staaten Montenegro (52), Serbien (46), Nordmazedonien (41), Albanien (35) sowie Bosnien und Herzegowina (35). Das jetzt von der tschechischen Regierung verabschiedete Strategiepaket sei, so Premierminister Petr Fiala, „eine Antwort auf die Herausforderungen, mit denen die tschechische Wirtschaft derzeit konfrontiert ist“, und enthalte „eine Reihe von Maßnahmen zur Erreichung eines höheren langfristigen und nachhaltigen Wachstums der tschechischen Wirtschaft auf der Grundlage von Wettbewerbsfähigkeit und hoher Wertschöpfung“. Insgesamt umfaßt das Strategiepaket mehr als 150 Maßnahmen. „Wir werden uns insbesondere auf die Entwicklung moderner Industrien mit hoher Wertschöpfung konzentrieren, wie zum Beispiel moderne Halbleiter oder saubere Mobilität“, erklärt der neue Industrie- und Handelsminister Lukáš Vlček, dessen Ressort für die Umsetzung zuständig ist. Neben dem Ausbau der Atom-

Premierminister Petr Fiala begrüßt seinen neuen Industrie- und Handelsminister Lukáš Vlček, der für die Umsetzung der Wirtschaftsstrategie „Czech Republic to the Top 10“ verantwortlich ist. Fotos: Vláda ČR kraft als sichere Grundlastquelle mit neuen Reaktorblöcken an den Standorten Dukowan und Temelin sowie der Entwicklung kleiner Reaktoren für die regionale Versorgung setzt Prag auf Biotechnologie, Pharmazeutika und Verteidigungstechnik. Als Schlüssel gilt dabei die eigene Produktion von Microchips. Ziel sei es, die Größe des Halbleitersektors in der Tschechischen Republik bis 2029 zu verdreifachen. In der Regierungserklärung

heißt es dazu: „Derzeit beschäftigt der Sektor in der Tschechischen Republik rund 3250 Menschen und erwirtschaftet einen Umsatz von 34,25 Milliarden CZK. Mit der geplanten Verdreifachung der Halbleiterproduktion wird die Tschechische Republik einen Beitrag zur Verpflichtung der EU leisten, die Produktion von High-End-Halbleitern in der Europäischen Union bis 2030 auf zwanzig Prozent des Wertes der weltweiten Pro-

duktion zu steigern.“ Tschechien setze dabei auch auf die Zusammenarbeit mit taiwanesischen Partnern, die an der Realisierung einer künftigen Chipfabrik in Sachsen beteiligt sein werden, so Vlček: „Wir arbeiten daran, daß ein möglichst großer Teil der Lieferkette in der Tschechischen Republik angesiedelt wird.“ Im Rahmen der Halbleiterstrategie wird ein nationales Kompetenzzentrum aufgebaut, daß bereits im ersten Halbjahr 2025 in Betrieb geht. Und noch in diesem Jahr wird bei CzechInvest eine Arbeitsgruppe damit beginnen, ausländische Investoren anzusprechen und Tschechien als Produktionsstandort für MicroChip-Standort anzubieten. Im Dezember wird zudem der erste öffentliche Wettbewerb ausgeschrieben, der sich mit der Anwendung von Künstlicher Intelligenz auf Geschäftsprozesse befaßt. Das Ministerium unterstützt auch die Einführung von 5G-Netzen, insbesondere in Industriegebieten und Verkehrsinfrastrukturen. So werden beispielsweise in der Region Pilsen autonome Verkehrssysteme getestet, die das 5G-Netz nutzen, und in der Region Karlsbad sind ähnliche Investitionen geplant. Damit nicht genug. „Außerdem können wir im Bereich der Elektromobilität dank dieser Investitionen die gesamte Lieferkette aufbauen, von der Herstellung der Batterien bis zur Endmontage der Fahrzeuge“, kündigt Minister Vlček an. Torsten Fricke

Vor allem Bewohner der Altstadt waren gegen die allnächtlichen Ruhestörungen auf die Barrikaden gegangen

Prag verbietet organisierte Kneipentouren Organisierte Pub Crawls, also das „Kriechen“ zu später Stunde von Kneipe zu Kneipe, werden in Prag verboten, hat der Stadtrat am Montag entschieden.

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er Grund sind die zunehmenden Beschwerden vor allem von Anwohnern in der Altstadt über die allnächtlichen Ru-

hestörungen durch alkoholisierte Gruppen. Wie schnell die Promillepegel steigen, zeigt das Angebot einer Agentur im Internet. Dort kostet die Tour 30 Euro, und in der ersten Kneipe sind zwei Stunden lang Bier, Wein, Vodka und andere alkoholische Getränke unter dem Motto „All you can

drink“ im Preis inbegriffen. In den weiteren Pubs gibt es dann jeweils einen Begrüßungsschaps auf Kosten des Hauses. Durch eine Änderung der Handelsordnung werden nun alle Dienstleistungen im Gehen, zu denen Pub Crawls gezählt werden, untersagt. Ausgenommen sind klassische Touristenführun-

gen für Gruppen oder Einzelpersonen zwischen 6 Uhr und 22 Uhr. Die Verordnung soll Ende Oktober in Kraft treten. Die Pub Crawls sind ein Ausfluß des Übertourismus, unter dem auch Prag leidet. Mittlerweile drängeln sich mehr Touristen durch die Altstadt und über die Karlsbrücke zur Burg als vor

Corona. Experten warnen bereits vor einem baldigen Kippunkt. So leiden die Einheimischen immer stärker unter Airbnb und anderen Ferienwohnungsvermittlern im Internet, die zur Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt werden. Auch hier plant die Regierung weitere Gegenmaßnahmen.


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