Sudetendeutsche Zeitung 7. Juni 2024 Ausgabe 23 Pay

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100. Geburtstag: Erinnerung an Oskar Böse (Seite 3)

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Jahrgang 76 | Folge 23 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 7. Juni 2024

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„Europa darf kein Elitenprojekt sein“

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Auf den 50. Paneuropa-Tagen hat Alt-Bundespräsident Joachim Gauck appelliert, in der Gefahr stärker zusammenzurücken, „weil wir sonst Errungenschaften wie Völkerverständigung, Frieden, Freiheit, Rechtssicherheit und Menschenrechte verlieren würden“.

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Alt-Bundespräsident Joachim Gauck wurde von Bernd Posselt, Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, und Bundesgeschäftsführer Johannes Kijas (links) ausgezeichnet. Foto: Dagmar Jessat

Ano ruft Sondersitzung ein

Abgeordnete streiten über Migration Bevor am heutigen Freitag in Tschechien die Europawahl beginnt, hat die Oppositionspartei Ano des früheren Premierministers Andrej Babiš am Donnerstag eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses zum Migrationspakt der Europäischen Union durchgesetzt.

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ach einem knappen Jahrzehnt zäher Verhandlungen hatte der Rat der Europäischen Union, also die Vertretung der 27 Mitgliedsstaaten, Mitte Mai eine grundlegende Reform der Asylverfahren in der EU beschlossen. Die tschechische Regierung von Premierminister Petr Fiala hatte sich bei der Abstimmung enthalten und dies damit begründet, daß der Migrationspakt zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber nicht weitgehend genug sei. Das aus zehn Gesetzen bestehende Maßnahmenpaket soll vor allem die Zahlen der Neuankömmlinge senken, Asylverfahren beschleunigen und an die europäischen Außengrenzen verlagern. So sollen Migranten aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent in Lagern an der EU-Außengrenze bis zu zwölf Wochen festgehalten werden, um den Asylantrag zu prüfen und im negativen Fall die Antragsteller ohne ein weiteres Verfahren in ihre jeweiligen Heimatländer zurückzuschicken. Trotz des verschärften Verfahrens ist die Flüchtlingspolitik in Tschechien weiterhin eines der dominierenden Themen im derzeitigen EU-Wahlkampf. Seine Partei lehne den Migrationspakt ab, erklärte der AnoEuropaabgeordnete Jaroslav Bžoch: „Ich kritisiere, daß wir im Pakt keine strengeren Regeln haben, wie wir die Grenzen schützen und keine strengeren Regeln für die Rückführungspolitik.“ Man werde, so heißt es im Ano-Wahlprogramm zur Europawahl „nicht zulassen, daß die Tschechische Republik den Weg Westeuropas gehe, wo in vielen Städten No-Go-Zonen entstanden sind, in denen die Menschen Angst haben, nachts auf die Straße zu gehen, und Frauen mit Gewalt bedroht werden“.

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Alt-Bundespräsident Joachim Gauck

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n seiner Festrede lobte Gauck dabei das nachhaltige Engagement der Paneuropa-Union, deren Präsident in Deutschland der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und langjährige Europaabgeordnete Bernd Posselt ist: „Europa darf kein Eli-

tenprojekt sein, sondern braucht die Verankerung in der Zivilgesellschaft, für die Sie kämpfen“, so Gauck. Zu den politischen Mandatsträgern, die an den Paneuropa-Tagen in der Kemptener Residenz und auf Schloß Zeil teilnahmen, gehörten Bayerns Europaminister Eric Beißwenger, CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek, MdEP Markus Ferber, MdEP Norbert Lins, MdB Mechthilde Wittmann, MdB Sebastian Roloff, der tschechische Ex-Vizeminister Jan Sechter, und MdL Joachim Konrad. Bericht Seite 5

Erstmals war mit Prag die Hauptstadt eines ehemaligen Ostblockstaates Gastgeber des Außenminister-Treffens

„Macht den Unterschied“ – Nato-Chef lobt Tschechiens Munitionsinitiative „Rußland muß begreifen, daß es die Lage nicht aussitzen kann“, hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf dem informellen Treffen der Nato-Außenminister am vergangenen Freitag in Prag gefordert und eine mehrjährige Finanzzusage der Nato-Länder für die Ukraine angemahnt, und zwar „solange es notwendig ist“.

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um ersten Mal hat ein NatoAußenministertreffen in der Hauptstadt eines ehemaligen Ostblockstaates stattgefunden. Im Rahmen der ersten Osterweiterung war Tschechien gemeinsam mit Polen und Ungarn vor 25 Jahren am 12. März 1999 dem nordatlantischen Verteidigungsbündnis beigetreten. Bei dem Treffen in Prag wurde der NatoGipfel vorbereitet, der im Juli in Washington stattfindet. Sowohl Stoltenberg als auch US-Außenminister Antony Blinken, der direkt von einem Staatsbesuch aus der Republik Moldau nach Prag gereist war, lobten Tschechien als „zuverlässigen und geschätzten Partner der Nato“. Insbesondere die tschechische Munitionsinitiative, die Staatspräsident Petr Pavel auf der Münchner Sicherheitskonferenz gestartet hatte (Sudetendeutsche Zeitung berichtete) sei, so Blinken, für die Ukraine „essentiell wichtig“. Es sei ein „außergewöhnliches Engagement, das Tschechien bei der Unterstützung der Ukraine in dieser Notsituation zeige“, lobte der US-Außenminister. Mittlerweile ist es der tschechischen Regierung gelungen, weltweit aus unterschiedlichen Militärbeständen 800 000 Artilleriegranaten zu kaufen und die Finanzierung mit Nato-Partnern, darunter auch Deutschland, sicherzustellen. Premierminister Petr Fiala erklärte dazu, daß sich bereits 15 Länder an der Munitionsinitiative beteiligen und insgesamt 1,6 Milliarden Euro bereitgestellt haben. Fiala: „Die Ukrainer können in den nächsten Tagen mit den ersten Munitionslieferungen rechnen, und wir gehen davon

Informelles Treffen der Nato-Außenminister in Prag (von links): David Cameron (Großbritannien), Antony Blinken (USA), Mircea Geoană (stellvertretender Nato-Generalsekretär), Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Jan Lipavský (Tschechien) und Generalleutnant Andrew M. Rohling (stellvertretender Vorsitzender des Nato-Militärausschusses; der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Generalleutnant Janusz Adamczak, leitete zeitgleich die 21st IMS-EUMS Directors General Conference in Brüssel mit Spitzenmilitärs der Nato und der EU). Fotos: Nato

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Tschechiens Premierminister Petr Fiala auf dem Weg zur Pressekonferenz. aus, daß ab Juni monatlich Zehntausende von Artilleriegranaten an die Ukraine geliefert werden.“ Stoltenberg: „Diese Munition ist von großer Wichtigkeit und macht wirklich den Unterschied.

Daß es schon bald die erste Munitionslieferung geben wird, ist eine sehr gute Nachricht.“ Auch bei der Frage, ob die Ukraine westliche Waffen einsetzen dürfe, um russische Truppen

auf russischem Staatsgebiet auszuschalten, zeigte Tschechien klare Kante. „Die Ukraine muß in der Lage sein, gegen die barbarische Invasion Rußlands zu kämpfen. Und das auch auf russischem Territorium“, betonte Außenminister Jan Lipavský mit Verweis auf das in der UN-Charta verankerte Selbstverteidigungsrecht. Mittlerweile hat auch die Bundesregierung ihren Kurs geändert und zugestimmt, daß Waffensysteme aus Deutschland auch für Ziele in Rußland eingesetzt werden dürfen. Premierminister Petr Fiala unterstrich bei dem Treffen, daß die Tschechische Republik „sich ihrer Verpflichtung gegenüber dem Nordatlantischen Bündnis und der kollektiven Verteidigung sehr bewußt“ sei. „In diesem Jahr haben wir unsere Verpflichtung, zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für die Verteidigung auszugeben, zum ersten Mal seit 2005 erfüllt“, sagte Fiala und kündigte an, daß seine Regierung diese Nato-Klausel auch in den kommenden Jahren einhalten werde. Der tschechische Regierungschef forderte gleichzeitig ein

stärkeres Engagement der Europäer in der Nato: „Die Tschechische Republik unterstützt alle Maßnahmen, die den europäischen Pfeiler des Nordatlantischen Bündnisses stärken und die euro-atlantische Verbindung ausbauen.“ Bereits am Donnerstag hatte Staatspräsident Petr Pavel Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg empfangen. Pavel, der von 2015 bis 2018 als erster General eines ehemaligen Ostblockstaates Vorsitzender des Nato-Militärausschusses war, zeichnete den Norweger, dessen Amtszeit am 1. Oktober endet, für dessen Verdienste zur Stärkung der Demokratie mit dem TomášGarrigue-Masaryk-Staatsorden dritter Klasse aus. „Das vergangene Vierteljahrhundert war für die Tschechische Republik zweifellos eine Zeit der Sicherheit, Prosperität und Freiheit. Unsere Nato-Mitgliedschaft hat daran einen grundlegenden Anteil. Und aus eigener Erfahrung kann ich hinzufügen, daß an diesem Erfolg auch Sie, Herr Stoltenberg, einen persönlichen Anteil tragen“, so Pavel in seiner Laudatio. Torsten Fricke


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