Sudetendeutsche Zeitung 17. Mai 2024 Ausgabe 20

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Sudetendeutsche Zeitung

der

Petr

Ministerpräsidentin

Einig beim Thema Migration

Tschechiens Premierminister Petr Fiala hat am Montag Rom besucht. Wichtigstes Thema bei seinem Treffen mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war die illegale Einwanderung.

Man sei sich einig, daß die Lösung des Problems der illegalen Migration über die Grenzen der EU hinausgehen müsse, kommentierte Fiala das Treffen und sagte: „Wir wollen uns daher stärker auf die Zusammenarbeit mit sicheren Drittstaaten konzentrieren, strategische Partnerschaften mit Ländern schließen, aus denen oder durch die Migranten zu uns kommen, oder uns auf die Einrichtung von Rückführungszentren konzentrieren. Ein Beispiel für eine solche Partnerschaft ist die Zusammenarbeit zwischen Italien und Albanien. Ich denke, das ist ein Modell, das ausprobiert werden sollte. Es könnte eine der Möglichkeiten sein, die illegale Migration zu bekämpfen.“

Weitere Themen waren eine stärke Zusammenarbeit in der Verteidigung und der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen.

Unter dem Motto „Sudetendeutsche und Tschechen – miteinander für Europa“ steht der 74. Sudetendeutsche Tag, der vom heutigen Freitag bis Pfingstsonntag stattfindet. Hauptveranstaltungsort ist die Messe Augsburg.

Neben den Höhepunkten, wie der Verleihung der Sudetendeutschen Kulturpreise am Freitag und des Karls-Preises der Sudetendeutschen Landsmannschaft am Samstag sowie dem HEIMAT!abend am Samstagabend sowie der Hauptkundgebung am Pfingstsonntag stehen zahlreiche weitere Veran-

2024 IN AUGSBURG Sudetendeutsche und Tschechen –miteinander für Europa

staltungen auf dem Programm (Sudetendeutsche Zeitung berichtete in der vorherigen Ausgabe). Ein weiterer Anziehungspunkt sind das Böhmische Dorffest sowie die Informationsstände, die am Pfingstsamstag und Pfingstsonntag zwischen 8.00 und 18.00 Uhr geöffnet sind. Auf der letzten Seite finden Sie in dieser Ausgabe einen ausführlichen Hallenplan. Das Festprogramm ist in deutscher und tschechischer Sprache auf der Webseite www.sudeten.de abrufbar.

Mit 69 km/h von München nach Prag

Die 439 Kilometer von Straßburg nach Paris bewältigt der TGV in 1:46 Stunden. Wer dagegen von München nach Prag will, braucht mehr Geduld als zu Zeiten von Kaiser Franz Joseph – für 410 Bahn-Kilometer im besten Fall 5:55 Stunden, was einem Schneckentempo von 69 km/h entspricht.

Wenn es nicht gut läuft, was auf der eingleisigen Strecke München–Prag und den Grenzkontrollen eher die Regel als die Ausnahme ist, kann es auch mal länger dauern. So wie am vergangenen Freitag in Schwandorf, als ein überbesetzter Zug eine Stunde im Bahnhof stand, bis die Bundespolizei anrückte und hundert Fahrgäste, die zur EishockeyWM oder zum Ramstein-Konzert fahren wollten, aus dem Zug holte. „Ich kann die Reden über eine Verbesserung dieser wichtigen Verbindung im Herzen Europas nicht mehr hören. Den Worten müssen endlich Taten folgen“, kommentierte Bernd Posselt den Polizeieinsatz. Es könne nicht sein, so der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, „daß wegen der niedrigen Frequenz auf dieser Strecke in den Waggons eine sicherheitsgefährdende Überfüllung herrscht, weil in Prag eine Veranstaltung stattfindet“. Der langjährige Münchner Europaabgeordnete kritisiert bereits seit Jahren die Vernachlässigung der Eisenbahnverbindungen zwischen Bayern und der Tschechischen Republik: „So wie es seinerzeit ein ‚Verkehrsprojekt Deutsche Einheit‘ gab, brauchen wir 35 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs endlich ein ‚Verkehrsprojekt Europäische Einheit‘.“ Daß man im Zug zwischen München und Prag nur im Schneckentempo vorankommt,

Jeder zweite Zug zwischen München und Prag hat mittlerweile massive Verspätung, unter anderem wegen der einspurigen Strecke und der Grenzkontrollen. Fotos: Mediaservice Novotny

liege, so Posselt, „an Schienen, die im 19. Jahrhundert hochmodern waren, aber heute nicht den Standards entsprechen, und am miserablen Zugmaterial des Eisenbahnunternehmens Alex, das zu den schlechtesten in ganz Europa gehört“.

Dabei ist das Problem seit Jahrzehnten bekannt und wird

immer wieder von deutschen und tschechischen Politikern auf die Agenda gesetzt. Bislang ohne große Ergebnisse – vor allem auf deutscher Seite.

„Der Freistaat Bayern, der Freistaat Sachsen und die Tschechische Republik liegen im Herzen Europas – aber die grenzüberschreitenden Schienenver-

In Sachsen und in Tschechien sind die Strecken bereits elektri ziert (rot), in Bayern kommt dagegen weiterhin die Diesellok (gelb) zum Einsatz. Orange: Die geplante Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Dresden und Prag. Gra k: Stadt Bayreuth

bindungen werden dem derzeit nicht gerecht. Noch immer ist keine bayerischtschechische Bahnstrecke elektrifiziert“, beschreibt das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bauen und Verkehr selbst die Lage und sieht aber die Bundesregierung in Berlin in der Verantwortung.

„Es ist ein Armutszeugnis im zusammenwachsenden Europa, daß der Bund hier seit rund drei Jahren einfach nichts macht. Auf tschechischer Seite ist die Strecke fast bis zur Grenze elektrifiziert. Der Bund muß endlich nachziehen“, wettert Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter nach einem Treffen mit seinem tschechischen Amtskollegen Martin Kupka in Karlsbad. Schnell realisieren ließe sich, so Bernreiter, vor allem der Ausbau der sogenannten FrankenSachsen-Magistrale, also der Bahnstrecke von Nürnberg über Marktredwitz bis Hof beziehungsweise Schirnding an der Grenze zu Tschechien. Die schlechten Verkehrs-

verbindungen zwischen Bayern und Böhmen waren auch Thema eines Vieraugengesprächs, zu dem Minister Bernreiter den SL-Landesobmann Steffen Hörtler eingeladen hatte. „Die bayerisch-tschechische Zusammenarbeit hat ein großes Potential. Eine bessere Verkehrsinfrastruktur würde auch dazu beitragen, die strukturschwache Grenzregion zu beleben. Das Thema muß in Prag, Berlin und München höchste Priorität haben“, so Hörtler. Wie peinlich das Thema Schnecken-Bahn für den Standort Deutschland mittlerweile ist, machte Verkehrsminister Martin Kupka am Ausbau der Verbindung zwischen Pilsen und Böhmisch Kubitzen respektive Furth im Wald deutlich: „Da sind wir bedeutend weiter als die deutsche Seite. Wir haben eine Genehmigung für die Flächennutzung, arbeiten an den Baugenehmigungen und der Doppelvergleisung der Strecke, mit der wir im kommenden Jahr beginnen wollen. Das sind konkrete Dinge, nicht nur Versprechen“, sagte Kupka. Noch deutlicher ist der Unterschied auf der Verbindung zwischen Eger und Nürnberg. Auf tschechischer Seite ist die Strekke bis zur Grenze elektrifiziert und damit fernverkehrstauglich. In Bayern geht‘s dann nur per Diesellok weiter.

Einziger Lichtblick ist die geplante Hochgeschwindigkeitsstrecke von Dresden nach Prag, die die Fahrtzeit auf rund eine Stunde verkürzt. Wermutstropfen: Die Trasse führt durchs Erzgebirge, und mit dem Bau des 30 Kilometer langen Tunnels zwischen Dresden und Heidenau kann wegen der langen Genehmigungsverfahren frühestens 2032 begonnen

werden. Für die reine Bauzeit werden dann noch einmal zwölf Jahre veranschlagt... Torsten Fricke
VOLKSBOTE HEIMATBOTE Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft Reicenberger Zeitung Brünn erinnert an Schriftsteller Milan Kudera (Seite 5) Postvertriebsstück Deutsche Post AG Entgelt bezahlt Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH Hochstraße 8 D-81669 München eMail zeitung@sudeten.de B 6543 Jahrgang 76 | Folge 20 | 2,80 EUR 75 CZK | München, 17. Mai 2024 HEIMATAUSGABEN IN DIESER ZEITUNG Sudetendeutsche Zeitung VOLKSBOTE HEIMATBOTE Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft Reicenberger Zeitung Zeitung VOLKSBOTE Heimatbrief
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Sudetendeutsche Zeitung VOLKSBOTE HEIMATBOTE Neudeker Heimatbrief Mitteilungsblatt für den früheren Gerichtsbezirk Zuckmantel im Altvatergebirge ❯ Volksgruppensprecher
Schnecken-Bahn als Dauerärgernis:
❯ 74.
Das große Fest 74. SUDETENDEUTSCHER TAG 17. BIS 19.MAI
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Bernd Posselt: „Worten müssen endlich Taten folgen“ – Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter: „Es ist ein Armutszeugnis“
Sudetendeutscher Tag in der Messe Augsburg
Einer der Höhepunkt des 74. Sudetendeutschen Tags ist der HEIMAT!abend mit Musik und Tanz am Samstagabend ab 19.00 Uhr in Halle 5 der Messe Augsburg. Foto: Torsten Fricke ❯ Petr Fiala in Rom Premierminister Fiala mit italienischen Giorgia Meloni. Foto: Vláda ČR Landesobmann Ste en Hörtler, Verkehrsminister Christian Bernreiter.

Martin Kastler gehört zu den ältesten und treuesten Freunden des Prager Sudetendeutschen Büros. Mit Büroleiter

Peter Barton verbindet ihn einiges in seiner Laufbahn: Beide waren Angestellte der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung (Barton 1991 bis 2002), sind aktive Mitglieder der katholischen Kirche (Barton als Mitglied der Marianischen Kongregation von P. Rupert Mayer in München, Kastler in der Ackermann-Gemeinde) und natürlich spielt ihre bayerische Heimat eine große Rolle in ihrem Leben.

Am 15. April übernahm Kastler als Leiter die Bayerische Repräsentanz in Prag. Davor, im April 2002, wurde Barton Leiter des Prager Sudetendeutschen Büros. Bei seinem Besuch in der

Kleinseitner Thomasgasse sprach Kastler als oberster Vertreter des Freistaats Bayern mit Barton über seine Aufgaben in diesem und im nächsten Jahr für diese beiden erfolgreichen Institutionen, die in der Tschechischen Republik inzwischen fest verbunden sind. Das nächste Treffen von Barton und Kastler findet natürlich am 74. Sudetendeutschen Tag in Augsburg statt, und sie rechnen mit regelmäßigen gegenseitigen Besuchen, um die enge Verbindung Bayerns mit dem vierten Stamm noch mehr zu vertiefen. Was wir den aufmerksamen Lesern der Sudetendeutsche Zeitung schon heute versprechen können: Sie werden zu den Ersten gehören, die von den gemeinsamen Projekten dieser Einrichtungen erfahren werden.

❯ Zweites Erinnerungscafé des Heimatmuseums Freudenthal/Altvater in Memmingen

Gemeinsames Erinnern, um die Zukunft zu gestalten

Bereits zum zweiten Mal hat das Erinnerungscafé des Memminger Heimatkreises Freudenthal/ Altvater stattgefunden, diesmal im Grimmelhaus. Bereits jetzt kann man feststellen, daß sich die Veranstaltungsserie offensichtlich etabliert hat. Darüber freuten sich die Museumsbeauftragte des Heimatkreises, Daniela Seidel, und die Kulturwissenschaftlerin und Trauerbegleiterin Svenja Gropper, die erneut sehr interessierte und diskutierfreudige Teilnehmer –darunter auch Vertreter der Erlebnisgeneration – begrüßen durften.

Das Konzept der beiden Veranstalterinnen ging auch diesmal auf. Zum Einstieg in die Auseinandersetzung mit der Erinnerungskultur der Heimatvertriebenen aus dem ehemaligen Sudetenland las Svenja Gropper Passagen aus dem Buch „Erinnerungen“ der 1914 in Freudenthal geborenen und von dort vertriebenen Autorin Grete Just-Baudisch.

In ihrem Buch erzählt diese mit einem Hauch von Wehmut von „Reisen in die alte Heimat“. Mit Eindrücken, die sie selbst bei ihren Reisen in die Heimat ihrer Vorfahren gesammelt hatte, ergänzte Daniela Seidel diese Erinnerungen. Ihre Familie wurde nach dem Krieg aus dem Sudetenland vertrieben und faßte Fuß in Nordhessen. Aus Seidels Forschungseifer ist längst Berufung geworden, wie die Gründung ihrer „Ahnenwerkstatt“ belegt. Die beiden Frauen arbeiteten in ihren Vorträgen das Typische der Reisen heraus, wobei sich bald herausstellte, daß es – nur zeitversetzt – zahlreiche Parallelen, aber auch andere Wahrnehmungen gab. Während Just-Baudisch das Leben im Sudetenland über drei Jahrzehnte hinweg noch persönlich erlebt hatte, spürte Seidel bei mehreren Besuchen den Schilderungen ihrer Großmutter nach. Während Just-Baudisch bei ihren Reisen ansehen mußte, wie herun-

Auch das zweite Erinnerungscafé des Memminger Heimatkreis Freudenthal/Altvater fand eine positive Resonanz. Nach den einführenden Worten von Daniela Seidel

und

Gropper (vorne, links) entspann sich eine rege Diskussion mit den Teilnehmern.

tergekommen das einst blühende und hoch entwickelte Land ihrer Kindheit und Jugend unter der neuen Herrschaft war, so berichtete Seidel über durchaus positive Eindrücke, die sie gesammelt hatte. Vieles war hergerichtet worden, manches konnte sie auch wiederentdecken. Etwa das große Betonkreuz, das die Urgroßeltern 1921 zur Erinnerung an den im Ersten Weltkrieg gefallenen Sohn auf ihrem Grundstück errichten ließen. Daniela Seidel fand es in einem Graben liegend, wo es die Jahrzehnte unbeachtet überdauert hatte. Sie berichtete auch davon, daß das Haus ihrer Großeltern renoviert wurde und nun als Ferienhaus der neuen Eigentümer genutzt wird, während Just-Baudisch feststellen mußte, daß in ihrem Elternhaus Zuzügler „einquartiert“ wurden. Beiden Besucherinnen begegneten die Einheimischen zunächst mit Skepsis. Schnell wurden Vorhänge zugezogen, um das Hausinnere vor neugierigen Blicken zu verbergen. Auch als Daniela Seidel mit Onkel Günther ein nahegelegenes Waldstück mit Metalldetektoren ab-

suchte, um vielleicht doch den Familienschatz, eine Milchkanne voller Münzen, zu finden, wurde das Geschehen mit Argwohn beobachtet. Der Schatz, so wurde gemunkelt, sollte in diesem Wäldchen versteckt worden sein. Er entpuppte sich schließlich als simpler Hammer, den offensichtlich jemand im Wald vergessen hatte.

Nach der behutsamen Einführung entspann sich eine rege Diskussion. Vieles konnten die Teilnehmer des Erinnerungscafés bestätigen, manches konnten sie in einem etwas anderen Licht darstellen und sogar die eine oder andere offene Frage ließ sich klären. Die jungen Tschechen, so war zu hören, seien sehr an der Vergangenheit und auch an dem Thema Flucht und Vertreibung interessiert. Seidel: „Sie wollen wissen, was war.“ Man war sich einig, daß das Geschehene nicht aus den Geschichtsbüchern sowohl in Tschechien als auch in Deutschland verschwinden dürfe. Die Gruppe war sich einig, daß man den Austausch mit Tschechien fördern müsse. Für Seidel ist es „ein Alptraum, wenn Erinnerungsstücke

❯ Adersbacher Felsen

Auch im vergangenen Jahr waren die Adersbacher Felsen (Foto) im Kreis Königgrätz das meistbesuchte Naturziel der Tschechischen Republik, hat das staatliche Tourismusbüro CzechTourism gemeldet.

Demnach stieg die Besucherzahl im Vergleich zu 2022 um 22 Prozent auf 488 000.

verloren gehen, aus Platzgründen oder weil man damit nichts anzufangen weiß, gedankenlos entsorgt werden. „Alles ist wichtig“, sagt sie, „wir haben genug Platz in unserem Museum“. Aber nicht nur der Verlust der Erinnerungsgegenstände tut weh, auch der Verlust von Erinnerungen in den Köpfen der Verstorbenen, die die damaligen Ereignisse entweder selbst erlebt oder von Zeitzeugen gehört haben, schmerzt.

Sie habe sich oft gefragt, so Seidel, „was wäre, wenn …?“. Wenn sich alles ganz anders entwickelt hätte. Nur dann, wenn man aus der Geschichte lerne, könne man Lehren für die Zukunft ziehen: „Wir können die Zeit nicht zurückdrehen, aber wir können aus der Geschichte lernen und versuchen es besser zu machen.“ Auch und gerade dafür müsse man die Erinnerung wachhalten. Es stimme sie schon sehr nachdenklich, daß heute Krieg plötzlich wieder ein genauso konkretes Thema sei wie das Schreckgespenst einer Bedrohung durch Rußland. Wie damals, vor 80 Jahren. Klaus D. Treude

PRAGER SPITZEN

Prag für Rutte als Nato-Chef

Tschechien unterstützt die Kandidatur von Mark Rutte, Noch-Ministerpräsident der Niederlande, für den Posten des Nato-Generalsekretärs, hat Außenminister Jan Lipavský (Piraten) in einem Interview mit der Tageszeitung Blesk erklärt. Der derzeitige Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gibt seinen Posten zum 1. Oktober auf. Neben dem 57-jährigen Rutte bewirbt sich auch der rumänische Präsident Klaus Werner Iohannis, Träger des Sudetendeutschen Karls-Preises, für das Amt. Deutlich mehr

Übernachtungen

In den Hotels und Pensionen sowie auf den Campingplätzen in Tschechien haben im ersten Quartal dieses Jahres 4,1 Millionen Touristen übernachtet, das sind 9,9 Prozent mehr als im selben Zeitraum 2023. Sowohl die Zahl der ausländischen als auch der inländischen Gäste nahm zu. Bei einheimischen Gästen lag das Plus bei 2,2 Prozent, bei ausländischen bei 1,9 Prozent. Von Januar bis März verbrachten Touristen insgesamt 10,6 Millionen Nächte in Beherbergungsbetrieben, 7,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies geht aus den neuesten Daten des tschechischen Statistikamtes (ČSÚ) hervor. Demnach wächst der Tourismus in Tschechien seit dem zweiten Quartal 2021 kontinuierlich.

Sorge vor Wahl-Beeinflussung

Mehr als ein Drittel der Einwohner der Visegrád-Gruppe (V4) blickt mit Sorge auf Versuche ausländischer Staaten, die Europawahl am 7. und 8. Juni zu beeinflussen. Wie aus einer Umfrage des Central European Digital Media Observatory (CEDMO) hervorgeht, befürchten die Menschen in Tschechien, Polen und Ungarn eine Einflußnahme Rußlands. Den Bürgern der Slowakei bereitet wiederum der Einfluß der Europäischen Union größere Sorge. Korruption in der Politik beschäftigt die Menschen in allen vier Visegrád-Staaten, die Tschechen sind im Vergleich je-

doch zufriedener mit dem Funktionieren der Demokratie. Ein Viertel der tschechischen Bevölkerung vertraut demnach den Institutionen der Europäischen Union. Das Vertrauen in die einheimischen Institutionen ist im Durchschnitt jedoch deutlich geringer. Eine negative Einstellung zur Europäischen Union haben in Tschechien zudem 37 Prozent.

Höhere Umsätze im Einzelhandel

Die Umsätze im tschechischen Einzelhandel lagen im März um 6,1 Prozent höher als noch ein Jahr zuvor und sind damit im vierten Monat in Folge gestiegen, hat das tschechische Statistikamt (ČSÚ) mitgeteilt. Die Absätze seien in allen wichtigen Produktgruppen gewachsen. Bei den Lebensmitteln gab es im Jahresvergleich ein Plus von vier Prozent, bei allen anderen Waren sogar von 7,7 Prozent. Bei den Kraftstoffen lagen die Umsätze um 6,7 Prozent höher als noch im März 2023.

Tschechien erhöht

Verteidigungsetat

Tschechien hat im vergangenen Jahr 1,37 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes (BIP) in die Verteidigung investiert, hat Verteidigungsministerin Jana Černochová (ODS) erklärt. Die Ausgaben lagen demnach bei rund 101 Milliarden Kronen (4 Milliarden Euro), was rund zehn Milliarden Kronen (402 Millionen Euro) weniger waren, als ursprünglich angenommen. 2024 sollen die Verteidigungsausgaben Černochová zufolge bei um die zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen.

Braunbär am Stadtrand von Zlin

Die Einwohner der Region Zlin in Ostmähren werden zur Vorsicht gemahnt, nachdem ein Jogger am Stadtrand einen Braunbär gesichtet hatte. Experten bestätigten anschließend an Hand von Spuren die Beobachtung. Die Polizei warnt, bei Spaziergängen Gebiete mit dichter Vegetation zu meiden und Hunde an der Leine zu führen. Der Bär könne bis zu 200 Kilogramm schwer werden.

Sudetendeutsche Zeitung

ISSN 0491-4546

Auf Platz zwei der Touristenmagneten folgt der Kahlberg, der höchste Gipfel der MährischSchlesischen Beskiden, dessen Besucherzahl sich mit 320 000 seit 2022 nahezu verdoppelt hat. Auf dem dritten Platz folgt die Wanderwegkreuzung Drei Quellen in der Böhmischen Schweiz, die von rund 300 000 Menschen besucht wurde. Foto: CzechTourism

Erscheint wöchentlich freitags Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

AKTUELL · MEINUNG Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17.5.2024 2 Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.
(vorne, rechts) Svenja Foto: Klaus D. Treude
UNSEREM PRAGER BÜRO
AUS
Touristenmagnet

Nachwuchs im Prager Zoo: Jane Goodall tauft „Gaia“

Es ist das zweite Gorilla-Baby, das in diesem Jahr im Prager Zoo geboren wurde. Und es hat eine weltberühmte Taufpatin –Jane Goodall.

Die 90jährige Primatenforscherin und Naturschützerin

taufte das Baby, das das 30jährige Gorilla-Weibchen Kijivu am 12. April zur Welt bebracht hatte, auf den Namen Gaia. „Ich habe den Namen Gaia für das kleine Gorillaweibchen aus zwei Gründen gewählt. Der erste Grund ist seine Bedeutung, denn

Präsident Petr Pavel beim Abschreiten der Ehrenformation. Foto: Tomáš Fongus/ Pražský hrad

❯ Weltkriegs-Gedenken

Mahnung

zum

Frieden

An verschiedenen Orten in Tschechien ist am 8. Mai des 79. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges gedacht worden. Die wichtigste Gedenkveranstaltung mit Beteiligung der höchsten Vertreter des Staates fand am Nationaldenkmal auf dem Veitsberg in Prag statt. Dort legten Politiker sowie Vertreter der Kirchen Kränze und Blumen am Grab des unbekannten Soldaten nieder.

Staatspräsident Petr Pavel sagte in seiner Rede, Rußland sei zum Aggressor geworden und habe in Europa einen Krieg entfesselt, der in seiner Zerstörungskraft dem Zweiten Weltkrieg in nichts nachstehe. Der Präsident zeigte sich stolz darauf, daß Tschechien in seiner Unterstützung für die Ukraine nicht nachgelassen hat. Die Verteidiger des Landes verdienten Respekt und jede Hilfe, sagte er. Das Staatsoberhaupt unterstrich die Bedeutung der Nato-Mitgliedschaft Tschechiens, die seiner Meinung nach die höchsten Sicherheitsgarantien in der Geschichte erreicht hat.

Auch Premierminister Petr Fiala verwies darauf, daß in der Nähe Tschechiens ein brutaler Kriegskonflikt herrsche. Dieser könne nur beendet werden, wenn der Aggressor gestoppt werde, so der Regierungschef. Präsident Petr Pavel beförderte anschließend auf der Prager Burg 13 Soldaten, Polizisten und Feuerwehrleute. Unter anderem wurde der Leiter des Inlands-Nachrichtendienstes (BIS), Michal Koudelka, zum Generalmajor ernannt.

Gaia ist die griechische Göttin der Erde, manchmal auch des Planeten Erde selbst. Gorillas und wir sind Teil des Lebens auf diesem Planeten, und wir müssen alles tun, damit das auch so bleibt. Der zweite Grund ist eine junge Schimpansin namens Gaia, die im Gombe-Stream-Nationalpark lebt. Sie ist nun das letzte Tier einer Familie, die auf die allererste Gruppe zurückgeht, die ich in den 1960er Jahren in Tansania studiert und kennengelernt habe. Jetzt hat sie ihre Namensvetterin in Prag“, erklärte die Patin.

Bereits am 2. Januar hatte das zehnjährige FlachlandgorillaWeibchen „Duni“ ihr erstes Baby zur Welt gebracht, das „Mobi“ getauft wurde. In beiden Fällen ist Gorilla-Männchen „Kisumu“ der Vater.

Miroslav Bobek, Direktor des Prag Zoos, freute sich über die prominente Patin: „Jane ist eine Pionierin der Primatologie, und ihre bahnbrechenden Forschungen, die sich über mehr als 60 Jahre erstrecken, haben es uns ermöglicht, Tiere als faszinieren-

de Wesen mit einer Reihe von Emotionen zu sehen. Jane reist heute um die Welt, um das Bewußtsein für den Naturschutz zu

schärfen und Menschen auf allen Kontinenten zu inspirieren. Die Tatsache, daß sie Zeit gefunden hat, den Zoo Prag zu besuchen, ist eine große Ehre für uns und die beste Anerkennung für unsere harte Arbeit mit bedrohten Arten, die ich mir vorstellen kann.“

Bayerischer Rundfunk: Thementag zu Flucht und Vertreibung angeregt

„Unser Bayerischer Rundfunk versucht nicht nur seine im Rundfunkgesetz festgeschriebenen Aufgaben als öffentlichrechtliche Anstalt gewissenhaft zu erfüllen, sondern stellt sich in vielfältiger Weise auch einem kritischen Dialog mit den Gebührenzahlern und den im Sendegebiet gesellschaftspolitisch relevanten Verbänden und Einrichtungen“, hat BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer ein vom ihm angeregtes, fast dreistündiges Treffen der Landesvorsitzenden der Landsmannschaften und des BdVLandesvorstandes mit BR-Verantwortlichen kommentiert.

Im Nachklang zu dem im Münchener Funkhaus stattgefundenen Treffen bescheinigte BR-Intendantin Dr. Katja Wildermuth dem BdV, daß es der Delegation auf ebenso sympathische wie überzeugende Weise gelungen sei darzulegen, „mit welchen vielfältigen Problemen und Herausforderungen sich die Landsmannschaften in Bayern konfrontiert sehen“. Gleich zu Beginn dankte BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer, der den BdV auch im Rundfunkrat vertritt, Bettina Busch und Elke Deininger aus dem Team der Intendantin für die Vorbereitung des Treffens. Nach einem herzlichen Willkommensgruß von Intendantin Dr. Katja Wildermuth hatten die BdV-Gäste dann ausreichend Zeit, ihre Beobachtungen und Anregungen vorzutragen. Lob gab es dabei für den BR für seine Berichterstattung von den Sudetendeutschen Tagen, frühere einschlägige Produktionen und dessen Berichterstattung zur BdV-Petition für die Wiederaufnahme der staatlichen Förderung der Ukrainischen Freien Universität in München. Mehr Widerhall wünschte man sich dagegen für die vorbildliche Minderheitenförderung in Rumänien und Ungarn, die Einbeziehung der Donauschwaben in die Restitution durch Serbien, die schwierige Lage der deutschen Schulen in Oberschlesi-

Konstruktiver Dialog zwischen BdV und BR (von links): Georg Hodolitsch, Landesvorsitzender der Deutschen aus Ungarn, Landesgeschäftsführerin Stefanie Sander-Sawatzki, Herta Daniel, Ehrenvorsitzende der Siebenbürger Sachsen, BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer, Bernhard Fackelmann, stellvertretender BdV-Landesvorsitzender, Ramona Sobotta, stellvertretende Landesvorsitzende der Banater Schwaben, Gertje Anton, Landesvorsitzende der Deutsch-Baltischen Landsmannschaft, Dr. Alfred Lange, Landesvorsitzender des Bundes der Danziger, Dr. Gotthard Schneider, Landesvorsitzender der Schlesier, Werner Kloos, Landesvorsitzender der Siebenbürger Sachsen, Paul Hansel, BdV-Bezirksvorsitzender Oberbayern, Gerhard Ruß, BdV-Bezirksvorsitzender Mittelfranken, Andreas Jäckel, MdL und BdV-Bezirksvorsitzender Schwaben, BR-Intendantin Dr. Katja Wildermuth mit den BR-Kollegen Bettina Busch, Stefan Wittich und Werner Reuß. Foto: Susanne Marb/BdV

en und die Benachteiligung der Spät- und Aussiedler bei den Berechnungen ihrer Altersrenten. Nachdenklichkeit löste bei den BR-Verantwortlichen der von verschiedenen Sprechern eingebrachte Vorschlag aus, der Ereignisse von Flucht und Vertreibung der Deutschen aus dem Osten in den Jahren 2025 beziehungsweise 2026 im Rahmen eines „BRThementages“ zu gedenken. Da jeder vierte Einwohner Bayerns Wurzeln in den ehemaligen Ostprovinzen beziehungsweise Siedlungs-gebieten habe, dürf-

te ein solcher Tag auf großes Interesse stoßen. Dabei könne man selbstverständlich auch die Brükke zu den schrecklichen Vertreibungsvorgängen der Gegenwart schla-gen. Mit Sorge beobachten die Vertriebenenvertreter, daß in der Gesellschaft weitgehend das Bewußtsein verloren gehe, daß die rund 15 Millionen Heimatvertriebenen am Ende des Zweiten Weltkriegs die Hauptlast für die vorangegangenen Verbrechen des Nationalsozialismus tragen mußten. Sie, so der Landesvorsitzende der Landsmann-

schaft Schlesien, Dr. Gotthard Schneider, hatten das Pech, geographisch im Osten zu wohnen. Daß man die Argumente und Anregungen der Vertreter der Heimatvertriebenen sowie Spätund Aussiedler nicht nur geschäftsmäßig und höflich entgegennahm, zeigte sich auch daran, daß nach der Zusammenkunft zwei BR-Schreiben an den BdV folgten. So übersandte der Leiter der Hauptabteilung Intendanz, Stefan Wittich, Listen mit Ansprechpartnern für den BdV und die Landesvorsitzenden in den

❯ Sondersendung am P ngstsonntag BR berichtet über 74. Sudetendeutschen Tag

In einer Sondersendung berichtet das Bayerische Fernsehen am Pfingstsonntag von 23.15 Uhr bis 23.30 Uhr über den 74. Sudetendeutschen Tag in Augsburg.

Für die Redaktion zuständig ist – wie im vergangenen Jahr – Jürgen Schleifer. Der TV-Beitrag wird auch in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks abrufbar sein, und zwar unter www. ardmediathek.de

Korrespondentenbüros und den Fachredaktionen des BR. Nach Ansicht des BdV-Medienrats Paul Hansel sei allen dabei bewußt, daß man die genannten Ansprechpartner nur für herausgehobene Themen und landesweit bedeutsame Veranstaltungen in Anspruch nehmen werde. Künftig werde sich aber niemand mehr leichtfertig über mangelndes Interesse des BR beklagen können. Der Bayerische Rundfunk könne nur über das „Ob und Ausmaß der Berichterstattung“ entscheiden, wenn man ihn entsprechend vorher in Kenntnis setzte, so Hansel. Der Leiter des Programmbereichs „Wissen und Bildung“, Werner Reuß, legte den BdVVerantwortlichen ans Herz, interessante Produktionen, die nach wie vor in der Audio- wie der Mediathek vorgehalten werden, ihren Mitgliedern zu empfehlen. Unter anderem handelt es sich dabei um die vierteilige TV-Dokumentation „Kinder der Flucht“, die Podcast-Reihe „Kinder der Flucht: Frauen erzählen“, die TV-Dokumentation „Verschleppt: Das Schicksal der zivilen deutschen Zwangsarbeiter“ und den Podcast „radioWissen: Das Massaker von Aussig“. Susanne Marb

3 ❯ Gorilla-Baby kam am 12. April zur Welt
AKTUELL Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17.5.2024
Das Gorilla-Weibchen „Gaia“ kam am 12. April im Prager Zoo zur Welt. Fotos: Petr Hamerník/Zoo Praha
❯ Dreistündiger
den
Die weltberühmte Primatenforscherin Jane Goodall und Miroslav Bobek, Direktor des Prager Zoos, freuen sich über den Gorilla-Nachwuchs.
Meinungsaustausch mit dem Bund der Vertriebenen und
Landsmannschaften
BR-Reporter Johannes Reichert interviewt Volksgruppensprecher Bernd Posselt auf dem Sudetendeutschen Tag in Regensburg. Foto:
Torsten Fricke

■ Freitag, 17. bis Pfingstsonntag, 19. Mai: 74. Sudetendeutscher Tag in Augsburg. Hallenplan mit den Infoständen siehe letzte Seite.

■ Sonntag, 19. Mai, Sudetendeutsches Museum: Internationaler Museumstag. 11.00 bis 11.30 Uhr: „Otfried Preußlers Erzählwelten“ – Sand-Art-Show mit der Künstlerin Nadia Ischia im Adalbert-Stifter-Saal. 14.00, 15.00, 16.00 und 17.00 Uhr: „Eine Prise Sand“ – Sand-ArtWorkshop für Kinder und Familien mit der Künstlerin Nadia Ischia in der Museumspädagogik. Anmeldung per eMail an info@ sudetendeutsches-museum.de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37. 13.00 bis 17.00 Uhr: „En plein air!“ Urban Sketching rund um das Sudetendeutsche Museum. 13.00 bis 14.00 Uhr, 14.30 bis 15.30 Uhr und 16.00 bis 17.00 Uhr: Skizzenhefte, Zeichenmaterialien und Tipps rund ums Urban Sketching mit Informations- und Materialstand und Einführung in Zeichentechniken im Adalbert-Stifter-Saal. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München.

■ Sonntag, 19. Mai, 10.00 bis 17.00 Uhr, Egerland-Museum: Internationaler Museumstag. 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr: Kunstworkshop in Kooperation mit dem JuKu-Mobil an. Eintritt und Teilnahme frei. Egerland-Museum, Fikentscherstraße 24, Marktredwitz.

■ Sonntag, 19. Mai, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Fahrt zum Sudetendeutschen Tag nach Augsburg. Abfahrt: Weilimdorf-Giebel, Ecke Giebelstraße/Krötenweg 6.00 Uhr. Zustieg: Bahnhof Stuttgart-Feuerbach 6.15 Uhr. Anmeldung bei Waltraud Illner unter Telefon (07 11) 86 32 58 oder per eMail an illner@sudeten-bw.de ■ Freitag, 24. Mai, 18.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Roth-Schwa-

bach: Maiandacht am Vertriebenengedenkstein. Im Vogelherd, Schwabach. ■ Samstag, 25. Mai, 11.30 Uhr, BdV-Landesverband Hessen: Kulturfest „Unsere Heimat Hessen“. 13.30 Uhr: Festrede Ministerpräsident Boris Rhein. 14.00 Uhr: Trachtenschau unter anderem mit dem Egerländer Volkstanzkreis. Stadthalle, Kasseler Straße, Fritzlar. ■ Montag, 27. Mai, 18.00 Uhr, Gerhart-Hauptmann-Haus: „Mein Europa und ich. Gesammelte Liebeserklärungen in Bildern und Exponaten“. Vortrag und Diskussion. Zentralbibliothek – KAP 1, Konrad-Adenauer-Platz 1, Düsseldorf.

■ Montag, 27. Mai, 19.00 Uhr, Gerhart-Hauptmann-Haus: „Manchmal wird eine Nation modern. Joseph Roth (1894–1939), die Ukraine, das Anwachsen des Rechtsextremismus und mehr“. Vortrag mit Textbeispielen zum 85. Todestag von Joseph Roth mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder. Bismarckstraße 90, Düsseldorf. ■ Freitag, 31. Mai bis Sonntag, 2. Juni, Paneuropa-Union Deutschland: „Paneuropa: Wir sind Freiheit“. 50. Paneuropa-Tage in Kempten und Zeil.

■ Freitag, 31. Mai bis Samstag, 1. Juni: 73. Deutschhauser Heimattreffen in Lichtenfels. Anmeldung bei Heimatortsbetreuerin Gerda Ott unter Telefon (07 11) 59 22 85. ■ Sonntag, 2. Juni, 11.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz): Kammerkonzert-Matinee mit dem Geigenduo Joshua Epstein/ Thomas Kaes und der Pianistin Heather Epstein. Auf dem Programm stehen Werke von Georg Friedrich Händel, Wolfgang Amadeus Mozart, Josef Suk (anläßlich seines 150. Geburtstags)

Vorankündigung:

und Bohuslav Martinů. Eintritt 15,00 Euro. Vorverkauf unter www.okticket.de Festsaal des Bezirks Oberpfalz, Ludwig-ThomaStraße 14, Regensburg.

■ Donnerstag, 6. Juni, 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Oskar Schindler – Lebemann und Lebensretter“. Eröffnung der Ausstellung im Adalbert-Stifter-Saal. Anmeldung per eMail an info@ sudetendeutsches-museum.de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37. Die Sonderausstellung in der Alfred-Kubin-Galerie läuft bis Sonntag, 27. Oktober. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München.

■ Freitag, 7., 18.00 Uhr, bis Sonntag, 9 Juni, 12.00 UhrHeimatkreis Jägerdorf: Heimatkreistreffen. Anmeldung bei Lorenz Loserth per eMail an LorenzLoserth@googlemail.com Heiligenhof, Bad Kissingen

■ Samstag, 8. Juni, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: Jahreshauptversammlung mit Vorstandswahlen. Anmeldung unter Telefon (0 21 51) 3 26 99 70 oder per eMail an werner.appl@ sudeten-kr.de Niederrheinischer Hof, Hülser Straße 398, Krefeld.

■ Samstag, 8. Juni, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: „Die Falkenauer Heimatstube in Schwandorf“. Vortrag von Gerhard Hampl. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen.

■ Samstag, 8. Juni, 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Die Retterin Valeria Valentin“. Filmvorführung im Adalbert-Stifter-Saal in Zusammenarbeit mit dem Generalkonsulat der Italienischen Republik München und dem Italienischen Kulturinstitut. Anmeldung per eMail an info@ sudetendeutsches-museum. de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37. Sudetendeutsches

25. Egerländer Gebetstag in Maria Kulm : Förderverein lädt ein!

In großer Vorfreude auf den 25. Egerländer Gebetstag am 18. August 2024:

Der Probst auf Maria Kulm, Milan Kucera (2.v.re.), und Dr. Helmut Eikam (4.v.re.), LuisAndreas Hart (5.v.re.), Claudia Königer (6.v.re.) vom Vorstand „Förderverein Wallfahrtskirche Maria Kulm e.V.“ - laden herzlich ein!

Der feierliche Festgottesdienst zum Patrozinium anlässlich des Hochfestes zu Maria Himmelfahrt beginnt um 11.00 Uhr und wird musikalisch umrahmt von der Münchenreuther Bauernkapelle. Im Anschluss auf dem Platz vor der Dientzenhofer-Basilika traditionell böhmische Feier - unter den Klängen der Münchenreuther mit Wallfahrerverköstigung!

Museum, Hochstraße 10, München.

■ Montag, 10. Juni, 19.00 bis 20.30 Uhr, Südosteuropa-Gesellschaft: „Verhältnis auf dem Prüfstand – Ungarns EU-Ratspräsidentschaft 2024“. Podiumsdiskussion mit Volksgruppensprecher Bernd Posselt, Dr. Sonja Priebus von der Europa-Universität Viadrina, Zoltán Kiszelly vom Center for Political Analysis und Prof. Dr. Gabor Polyák von der Eötvös Loránd Universität Budapest.

■ Donnerstag, 13. Juni, 14.00 Uhr, Heimatverband der Brünner, Kreisverband München: Heimatnachmittag. Gaststätte Zum alten Bezirksamt im Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München.

■ Samstag, 15. Juni, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: Monatsnachmittag mit Thomas Schembera vom Polizeirevier 8 zum Thema Enkeltrick und Telefonbetrug. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart.

■ Montag, 17. Juni, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmen als Ort der Begegnung – Teil 2: Der Frieden kommt aus Böhmen“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Donnerstag, 20. Juni, 16.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Wie schmeckt Heimat“. Veranstaltungen zum Thema Kulinarik am Tag der Heimat. 16.00 Uhr: Museumspädagoische Führung. 17.00 Uhr: Kulinarische Reise im Sudetendeutschen Museum mit Dr. Amanda Ramm. Abendausklang im Restaurant Bohemia. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München.

■ Freitag, 21. bis Montag, 24. Juni, „Meeting Brno“ in Brünn mit dem Brünner Versöhnungsmarsch am Samstag, 22. Juni. Die SL-Landesgruppen Bayern und Baden-Württemberg organisieren wieder eine mehrtägige Busfahrt. Anmeldung per Telefax an (0 89) 48 00 03 96, per eMail an Geschaeftsstelle@sudeten-by. de, oder per Post an SL Bayern, Hochstraße 8, 81669 München.

■ Sonntag, 7. Juli, 10.00 Uhr, Heimatkreis Kaaden-Duppau: Marien-Wallfahrt mit zweisprachigem Festgottesdienst. Kapellenberg, Winteritz (Vintířov).

■ Sonntag, 27. Juli, 10.00 Uhr, Bund der Deutschen in Böhmen: Heimatmesse anläßlich des Sankt-Anna-Festes mit den vertriebenen Deutschen und dortigen Tschechen. Laurentiuskirche in Luck bei Luditz.

■ Sonntag, 18. August, 11.00 Uhr, Förderverein Wallfahrtskirche Maria Kulm: 25. Egerländer Gebetstag. Wallfahrtskirche, Maria Kulm.

■ Sonntag, 1. September, 10.30 Uhr, Monsignore Herbert Hautmann, Vertriebenenseelsorger der Erzdiözese Bamberg: Vertriebenenwallfahrt. Hauptzelebrant ist Regionaldekan Holger Kruschina aus Nittenau, der 1. Vorsitzende des Sudetendeutschen Priesterwerkes. Wallfahrtsbasilika Heilige Dreifaltigkeit, Gößweinstein.

■ Freitag, 13. bis Sonntag, 15. September, Sudetendeutsche Landsmannschaft – Bundesverband: Sudetendeutscher Kongreß. Kloster Haindorf, č.p. 1, Hejnice, Tschechien.

■ Freitag, 18. Oktober, 14.00 Uhr, Heimatverband der Brünner, Kreisverband München: Heimatnachmittag. Gaststätte Zum alten Bezirksamt im HDO, Am Lilienberg 5, München.

■ Dienstag, 12. bis Freitag, 15. November, Sudetendeutsche Landsmannschaft – Bundesverband: Multiplikatorenseminar. Bildungsstätte Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen. Programm und Anmeldungsmöglichkeiten folgen.

■ Freitag, 15. bis Samstag, 16. November, Sudetendeutscher Heimatrat: Jahrestagung. Bildungsstätte Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen.

❯ Stand auf dem Sudetendeutschen Tag

In Augsburg dabei

■ Das Sudetendeutsche Museum ist auf dem Sudetendeutschen Tag am Samstag, 18. und Sonntag, 19. Mai, in der Messe Augsburg mit einem eigenen Stand vertreten. Am Samstag wird hier von 12.00 bis 16.00 Uhr ein Kinderprogramm angeboten. Die jungen Besucher des Sudetendeutschen Tages erfahren, welche Objekte im Sudetendeutschen Museum ausgestellt werden und warum. Die Kinder können außerdem ein Lieblingsobjekt aus-

wählen und danach ein eigenes Kunstwerk gestalten. Ob Musikinstrument oder Möbelstück, Gartenzwerg oder Glitzermaus – mit Ölkreiden, Filzstiften und Collagematerial, die Museumspädagogik unterstützt bei der Umsetzung. Nach dem großen Erfolg auf dem Ostermarkt im Sudetendeutschen Haus können Kinder und Enkel an einem weiteren Stand unter fachkundiger Anleitung lernen, wie Osterratschen gebastelt werden.

Kultursommercamp24

■ Donnerstag, 18. Juli bis Freitag, 2. August: Kultursommercamp24 – Deutsch-Tschechische Kinderfreizeit. Veranstaltung für Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre aus Deutschland und Tschechien Über 100 Kinder und Jugendliche aus Deutschland und Tschechien kommen jedes Jahr auf dem Heiligenhof zusammen. Sie treiben gemeinsam Sport und Spiel, basteln, singen, lernen und vertiefen ihre Sprachkenntnisse und ihr Wissen. Damit soll die Verständigung zwischen jungen Deutschen und Tschechen initiiert und verstärkt werden. Anmeldungen per eMail an info@heiligenhof.de

Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

❯ Neue Ausstellung

Deutsche in der Ukraine

■ Bis Mittwoch, 29. Mai: Ausstellung „Deutsche in der Ukraine: Geschichte und Kultur“ im Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Öffnungszeiten: werktags von 10.00 bis 20.00 Uhr.

Das Territorium der Ukraine war seit alters her ein Raum, in dem unterschiedliche Völker und Kulturen aufeinandertrafen. Seit dem 10. Jahrhundert gab es wiederholt dynastische Verbindungen mit dem deutschen Hochadel, Handelsbeziehungen und militä-

rische Bündnisse. Im 18. Jahrhundert begann die Einwanderung deutscher Bauern und Handwerker. Bäuerliche Siedlungen (Kolonien) wurden im Schwarzmeergebiet, auf der Krim, in Wolhynien, später auch in der Ostukraine gegründet. Im 20. Jahrhundert wurde das friedliche Miteinander der Völker und Ethnien durch die beiden Weltkriege, die kommunistische „Oktoberrevolution“ und die sozialistischen Umwälzungen empfindlich gestört.

VERANSTALTUNGSKALENDER Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17.5.2024 4 TERMINE
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Die Milan-Kundera-Bibliothek wurde 2023 in der Mährischen Landesbibliothek in Brünn eröffnet und beinhaltet 4000 Bände in 50 Sprachen.

� Milan-Kundera-Bibliothek in Brünn

Ein Ort für die unerträgliche Leichtigkeit des Seins

Mojmír Jeřábek, langjähriger Leiter der Abteilung für internationale Beziehungen der Stadt Brünn, Leiter des Tschechischen Zentrums in Wien und Germanist, war mit Milan Kundera seit vielen Jahren im Kontakt und unterstützte die Überführung seiner Bibliothek nach Brünn, wo Kundera am 1. April 1929 geboren wurde.

Im Rahmen des Brünner Symposiums dieses Jahres zeigte Jeřábek die erst seit April 2023 geöffnete Bibliothek im Gebäude der Mährischen Landesbibliothek und berichtete über deren Bestand und wie Kundera und Brünn verbunden waren. Woher kam die Idee, diese Bibliothek hier einzurichten? Vor sieben, acht Jahren besuchte Jeřábek die Kunderas in Paris, und das Gespräch kam darauf, was passiert, wenn sie nicht mehr da sein werden. Sie sagten, sie seien ihrem französischen Verleger Gallimard sehr dankbar und er bekäme alles. Dann schauten sie sich ihre umfängliche Bibliothek an, die nur in einem kleinen Teil aus Werken Kunderas bestand. Vieles darin hatte eigentlich für Gallimard gar keine Bedeutung. Da machte Jeřábek den Vorschlag, daß die Bibliothek doch zurück nach Brünn kommen sollte, wo für Kundera alles begonnen hatte. Die Mährische Landesbibliothek bot sich als Ort an. Der Raum wurde am 1. April 2023 offiziell eröffnet. Darin finden sich nun 4000 Bände in etwa 50 Sprachen. Zuletzt hatte Kundera 1990 seinen Roman „Die Unsterblichkeit“ auf Tschechisch geschrieben und war dann ins Französische gewechselt. Der Anlaß: Kundera war nicht zufrieden mit den Übersetzungen, vor allem ins Französische. Er wollte lieber gleich französisch schreiben, als unendlich mühsam die Übersetzungen zu korrigieren. In allen Sprachen, die er beherrschte, überwachte er die Übersetzungen. Das waren Italienisch, Russisch, Deutsch, Englisch und Französisch. Im schön ausgestalteten Raum der Bibliothek finden sich also nun seine Bücher sowie Zeichnungen, die er für Buchcover seiner Bücher entworfen hatte. Kundera war ein multitalentierter Künstler – Musiker, bildender Künstler und Schriftsteller. Neben seinen Büchern findet sich in der Bibliothek aber noch anderes Material. Zeitschriften, in denen er publizierte. Bücher und Zeitschriften über Kundera. Aber auch Bücher von Autoren, die für ihn ganz wichtig waren. Zum Beispiel François Rablais „Gargantua und Pantagruel“, ein satirisches Werk des 16. Jahrhundert, das ihn sehr beeinflußte. Die französische Literatur des 18. Jahrhunderts, die sich auch in den Regalen findet, sei stark in seinem Roman „Die Langsamkeit“ gespiegelt. Auch Franz Kafka und Robert Musil waren für ihn wichtig. Musil war sehr mit Brünn verbunden, er hatte hier studiert, weil seine Eltern in Brünn wohnten. Er zog dann weg, hat aber seine Eltern bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hier immer wieder besucht. An deren Haus in Brünn gibt es heute eine Gedenktafel. Jeřábek berichtet weiter, daß Kundera sehr auf sein Werk konzentriert war und deshalb eigentlich alles, was zur Entstehung wichtig war, verbrennen wollte. Aber Gott sei dank sei doch einiges erhalten geblieben, wie Dutzende Ordner

mit Bücherrezensionen, die die Verlage gesammelt hatten. „Es gibt Fotos, Korrespondenzen mit vielen Künstlern. Beispielsweise mit den Regisseuren Frederico Fellini und François Truffaut. Seine Literaturpreise, die er bekommen hat. Auch zum Beispiel eine Preisgabe, die Erstausgabe der ,Essais‘ von Michel de Montaigne, die sehr wertvoll ist. All das werde gegenwärtig sortiert, gescannt und digitalisiert. Alles Studienmaterial soll in Zukunft online zur Verfügung stehen“, berichtet Jeřábek.

Als die Bücher Paris verließen, Milan Kundera lebte noch, wurde dessen Ehefrau Olga gefragt, mit welchen Gefühlen sie den Transport der Bücher begleite. Sie antwortete: „Mit einer seltsamen Ruhe gemischt mit Trauergefühlen, weil hier etwas endet, damit es woanders anfangen kann. Milan kehrt auf eine Art heim, in seine Geburtsstadt Brünn.“ Milan Kundera sagte selbst noch dazu: „Bücher gehören in die Bibliothek, also ist es logisch.“

Die Milan-Kundera-Bibliothek ist ein symbolischer Ort aus der Sicht seines Lebens. Zwei Straßenbahnhaltestellen entfernt steht noch das Haus der Familie, in dem Milan Kundera aufgewachsen ist. Der Vater war ein berühmter Pianist und Komponist und spielte im Leben des Sohnes eine große Rolle. Er war Schüler von Leoš Janáček, so war Milan Kundera zumindest indirekt mit Janáček in Verbindung in seinen jungen Jahren. Kundera hat viel über Janáček publiziert und damit viel zur Kenntnis Janáčeks im Westen beigetragen. Heute gehört Janáček zumindest bei der Oper zu den meistgespielten Komponisten in der Welt.

Man findet bei Kundera aber auch eine starke jüdische Spur. Sein Klavierlehrer war ein berühmter Brünner Komponist, Pavel Haas. Er entstammte einer jüdischen Familie. Der kleine Junge Milan Kundera mußte bei seinen Klavierstunden mit Pavel Haas in die immer schlimmeren Verhältnisse eintauchen, in die die Juden nach 1939 gerieten. Er sah das große Elend der Juden bis zuletzt, bis Haas nach Theresienstadt deportiert und in Auschwitz ermordet wur-

de. Das hatte Folgen für Kundera, so berichtet Jeřábek. Nach dem Krieg heiratete er Olga Haasová, die Tochter Pavel Haas‘. Die Ehe dauerte nicht lang. Es war dennoch symbolisch. In seinen Essays kann man einen Text finden „Das Vergessen von Schönberg“. Das sei der berührendste Text über den Holocaust, den Jeřábek kenne. Der junge Kundera ging in Brünn in ein berühmtes Gymnasium. Das erste tschechische Gymnasium, gegründet schon in der Zeit der Monarchie, wo Leute wie Karel Čapek, wenn auch nur kurz, Schüler waren. Aber auch Ivan Blatný, einem Brünner Dichter, der für Kundera sehr wichtig war.

Nach der Matura begann Kundera dann in Prag an der Filmakademie zu studieren, wo er später auch als Dozent europäische Literatur lehrte. Er war damals sehr beliebt. Unter seinen Studenten waren alle diejenigen, die später die „Neue tschechoslowakische Welle“ im Film repräsentierten. Aber auch ausländische Studenten, wie die Polin Agnieszka Holland, die als Regisseurin noch heute arbeitet und im vergangenen Jahr für „Green Border“ den Spezialpreis der Jury des Filmfestivals von Venedig gewann.

Kundera dachte damals, mit der Literatur sei es aus, als Autor. Gallimard jedoch forderte Kundera auf, weiterzumachen mit seiner literarischen Arbeit. Und er publizierte 1978 „Das Buch vom Lachen und Vergessen“. Danach wurde er ausgebürgert, denn er sprach darin ziemlich offen über die Tschechoslowakei der 1970er Jahre und was er davon hielt. Beispielsweise nannte er Präsident Gustáv Husák darin den Präsidenten des Vergessens.

Der definitive Durchbruch im Westen kam dann mit der „Unerträglichen Leichtigkeit des Seins“. Das war aber auch sein Bruch mit der Filmbranche. Die Verfilmung dieses Romans gefiel ihm nicht, er war wohl nicht beteiligt worden, und so verbot er in der Folge alle Verarbeitungen seines Werkes für Film und Fernsehen weltweit. Aus seinem Essay „Un occident kidnappé“ (1983, „Die Tragödie Mitteleuropas“) habe sogar der französische Präsident Emmanuel Macron zitiert, so Jeřábek: „Kundera spricht in den 1980er Jahren darin, daß wir Tschechen nicht in den Osten gehören, wir seien als Mitteleuropäer Bestandteil immer des Westens, kulturell, kirchlich. Die Russen bemühten sich uns in den Osten zu zwingen. Mit dem Krieg in der Ukraine ist das wieder sehr aktuell geworden, deswegen werde es öfters zitiert.“

So schloß Mojmír Jeřábek seinen Exkurs über Milan Kundera und Brünn und rückte beide, den Autor wie die Stadt, in die Kernzone Europas, wo sie auch hingehören.

Ulrich Miksch

In dieser Zeit begann Kundera zu publizieren. Zuerst Gedichte, dann sein erstes Drama, parallel schrieb er Erzählungen. Der erste Roman „Der Scherz“ war für Jeřábek und seine Generation sehr wichtig, ein Wendepunkt in gewissem Sinne. „Er hatte ihn schon Ende der 1950er Jahre geschrieben, publizieren durfte er ihn erst im Jahre 1967. Es war ein riesiger Erfolg, weil er als einer der ersten die 1950er Jahre so geschildert hat, wie sie bei uns waren, also schrecklich. 1968 entstand dann ein Film nach dem Buch, das auch ein großer Erfolg wurde. Sehr bald danach begann die schreckliche Zeit der Normalisierung.“ Sylvie Richterová (nach Italien exilierte beste Kennerin von Kunderas Werk) schreibt in einem Nachwort: „Nach sieben Jahren der normalisierten, totalitären Idylle hat Milan Kundera einen Schlußpunkt gemacht. Er hat sich auf den Weg gemacht, um in Rennes (Frankreich) über europäische Literaturen zu dozieren. Die Manuskripte von zwei fertigen Romanen. („Das Leben ist anderswo.“ und „Abschiedswalzer“) hatte sein Verleger Gallimard schon früher nach Paris gebracht. Die Anfänge in Frankreich waren für das Ehepaar euphorisch, befreiend und inspirativ. Seine damalige Frau Véra beginnt französische Literatur zu studieren. Nur einmal bekommt sie eine schlechte Note für eine Arbeit, die Kundera für sie geschrieben hatte, einen Essay über Milan Kunderas Lieblingsautor Flaubert.“

Wenn in wenigen Wochen die Bürger der 27 EU-Mitgliedsstaaten wieder ihre parlamentarische Vertretung wählen, ist das Pfingstfest längst vorbei. Allerdings ist das, was wir als Christen an Pfingsten feiern, nämlich die Herabkunft des Heiligen Geistes, für die Zukunft unseres Kontinents von erheblicher Bedeutung. Es lohnt sich, einen Blick in den biblischen Bericht über das erste christliche Pfingsten in Jerusalem zu werfen. Er findet sich in der Apostelgeschichte, jenem Buch also, das im Neuen Testament den vier Evangelien unmittelbar folgt und demzufolge allein schon von seiner Stellung her besondere Beachtung verdient. In ihm sind die wichtigsten Ereignisse und Entwicklungen des jungen Christentums geschildert. Wir begegnen dabei einer Kirche im Aufbruch, die trotz manch mühsamer Suchprozesse mutig nach vorne geht, weil sie die Gewißheit hat, daß der Heilige Geist sie führt. Der Pfingstbericht der Apostelgeschichte beginnt mit der Schilderung, wie die kleine Schar der Apostel mit Maria, der Mutter Jesu, und einigen anderen Personen aus ihrem Freundeskreis zum Gebet versammelt sind. Ausdrücklich wird auf die Einmütigkeit dieser Gemeinschaft hingewiesen. Wie die Apostel damals brauchen auch wir in Europa heute Orte und Zeiten, die uns abseits aller Geschäftigkeit des Lebens, abseits aller Angst, die wir manchmal haben, ebenso wie abseits aller hitzigen Debatten in unserer Gesellschaft auf eine andere Ebene heben. Wir brauchen Orte und Zeiten des Innehaltens, der Ruhe und der Gemeinschaft, in denen wir mit uns selbst, aber auch mit Gott in Berührung kommen. Wer immer nur darauf aus ist, zu agieren oder zu reagieren, steht in Gefahr, daß ihm der Sinn seines Tuns ebenso abhanden kommt wie die Einigkeit mit anderen. Wir sollten uns deswegen in Europa das Bewußtsein bewahren, daß alle Kraft, die wir zur Bewältigung unserer Herausforderungen brauchen, von innen und von oben kommt.

Als die Apostel und ihre Gefährten nach der gemeinsamen Gebetszeit in Jerusalem die Herabkunft des Heiligen Geistes erfahren, erleben sie dieses Kommen nicht nur mit Sturm und Feuerszungen. Gewiß brauchen wir in Europa Energie, Schwung und Dynamik. Dafür stehen diese Naturphänomene. In der Apostelgeschichte wird Pfingsten aber auch als ein großer Kommunikationsvorgang beschrieben. Man nimmt einander in neuer Weise wahr, man hört einander zu, es entsteht eine neue Offenheit füreinander. Die Apostel und die zum jüdischen Schawuot-Fest versammelten Menschen unterschiedlicher Sprachen verstehen einander, und sie staunen darüber.

Wie sehr würde es uns in Europa helfen, wenn wir als Völker und Länder als gesellschaftliche, politische, kulturelle und religiöse Richtungen uns noch mehr bemühten, nicht bloß nebeneinander zu leben und nicht bloß übereinander zu reden, sondern in einen echten Dialog miteinander zu treten? Und wie sehr wäre Europa außerdem geholfen, wenn auf diesem Kontinent das Staunen über all das wieder neu entfacht würde, was uns gemeinsam in den letzten Jahrzehnten schon alles geschenkt wurde?

Dr. Martin Leitgöb CSsR Provinzial der

� Mut tut gut Pfingstliches Europa
Redemptoristen Wien-München
AKTUELL · KOLUMNE Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17.5.2024 5
Milan Kundera wurde am 1. April 1929 in Brünn geboren und verstarb am 11. Juli 2023 in seiner Wahlheimatstadt Paris. Weltweit bekannt wurde der Schriftsteller mit seinem Roman „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“. Foto: Milan-Kundera-Bibliothek Mojmír Jeřábek (rechts, sitzend) führte die Gäste durch die Bibliothek und berichtete über Milan Kundera. Fotos: Ulrich Miksch

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Am heutigen 17. Mai feiert Horst Wiedemann 90. Geburtstag. Er ist für die oberbayerische SL-Ortsgruppe Haar der Fels in der Brandung. Obwohl die Brandung viel wegschwemmt, hält er allen Stürmen stand.

Mit Recht ist er auf seine Ortsgruppe stolz und sie auf ihn. Bei Treffen, Reisen oder Feiern machte er sich nur insofern Sorgen, ob es genügend Plätze gibt. Nicht nur die Landsleute, auch viele Haarer Bürger und die dortige politische Prominenz kamen gern zu seinen exquisit geplanten Veranstaltungen. Er begeisterte seine drei Kinder und fünf Enkel für die Musik. Wenn diese mit ihren musizierenden Freunden bei seinen Weihnachtsfeiern aufspielen, ist das ein musikalisches Erlebnis der Sonderklasse.

Auf die Welt kam der Jubilar in Klostergrab im Kreis Dux. Nach der Volksschule besuchte er die Oberschule in Brüx und wechselte auf die Heimschule in Duppau. Nach der Vertreibung, die ihn über Dresden nach Delitzsch führte, setzte er den Schulbesuch in der SBZ fort. 1947 kam die Familie in die amerikanische Zone ins oberbayerische Zorneding. 1951 zog sie nach Haar im Kreis München. Es war eine reife Leistung trotz Krieg, Vertreibung, zahlreicher Schulwechsel und überfüllter, oft ungeheizter Klassenräume das Abitur in dieser Zeitspanne zu machen. Damals hatten die Leute, besonders die vertriebenen „Habenichtse“, keine Zeit, über G 8 oder G 9 jahrelang zu diskutieren, sich über Lehrer und tropfende Wasserhähne zu beschweren, sondern sie wollten lernen,

um endlich aus der Not zu kommen. Horst Wiedemann war einer von ihnen. In München studierte er Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Erdkunde. 1957 machte er das Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. Er lehrte an Schulen in München, Miesbach, Rosenheim, Coburg und Grafing, wo er 1984 Studiendirektor wurde und bis zu seiner Pensionierung 1998 ständiger Vertreter des Schulleiters war. Als leidenschaftlicher Pädagoge hatte er einen guten Ruf, was ihm heute noch seine ehemaligen Schüler bestätigen. 1984 wurde er zum Vorsitzenden des Verbandes Bayerischer Wirtschaftsphilologen gewählt; dieses Amt hatte er bis 1996 inne und wurde anschließend zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Aber auch als Schulbuchautor und Mitherausgeber eines dreibändigen Unterrichtswerks „Wirtschaft und Recht“ für die Klassen 8 bis 10 des Gymnasiums machte er sich einen Namen. Trotz all dieser zeitraubenden Tätigkeiten kam sein Privatleben nicht zu kurz. Als er 1960 seine pädagogische Karriere gefestigt hatte, heiratete er seine Helga, die ihm drei Kinder schenkte. Zu einer klassischen und musischen Familie wurden die Wiedemanns mit ihren musikalischen Kindern. Seine Frau war ihm Partnerin und Stütze, und nur schwer kamen er, seine Kinder und die Enkel über

Am 30. April starb Peter Demetz, der in Prag geborene Wissenschaftler, in Highland Park im USA-Bundesstaat New Jersey mit 102 Jahren.

N

och an seinem 100. Geburtstag war der am 21. Oktober 1922 in Prag geborene und seit 1953 in den USA lebende Germanist und Literaturwissenschaftler Peter Demetz voller Tatendrang. Er zeigte sein jüngstes 2022 im Wallstein-Verlag erschienenes Buch „Was wir wiederlesen wollen“ mit seinen literarischen Essays der Jahre 1960 bis 2010, die er vor allem für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und die „Zeit“ geschrieben hatte. Er sprach im virtuellen Raum, verbunden mit Mitstreitern, die ihm gratulierten, von einer neuen Arbeit, einer Übersetzung des von Curt Leviant 2016 in Amerika veröffentlichten Buches „Kafkas‘s Son“. Damals saß er vor dem

ihren Tod hinweg. Nur langsam normalisierte sich sein Leben wieder, und dazu verhalf ihm außer seiner Familie auch eine Jugendfreundin. Politisch ist er auch ein Urgestein in der Haarer SPD. Bereits 1972 kam er als Nachrücker in den Gemeinderat der aufstrebenden Gemeinde Haar vor den Toren Münchens. Die Haarer bestätigten ihn in diesem Mandat während der folgenden Jahre. Bei den Wahlen 2020 verpaßte er den Wiedereinzug, rückte aber 2021 in den Gemeinderat nach. Wer das politische Geschäft kennt, weiß, was es bedeutet, gerade in der Kommunalpolitik immer wieder das Vertrauen der Bürger zu gewinnen. Die Gemeinde Haar hat ihm und seinen Mitstreitern viel zu verdanken, so den Erhalt der Ortsmitte, eine seiner größten Leistungen. Bürgermeister wollte er nie werden, obwohl er die Chancen dazu gehabt hätte. Sein Wahlkampfspruch „Wenn schon göttliche Eingebung fehlt, sollte man doch wenigstens menschliche Vernunft walten lassen“ ist den Haarern heute noch in Erinnerung. An menschlicher Vernunft hat es ihm nie gefehlt, und sicher war da auch ein Schuß göttliche Eingebung dabei. Der Landsmannschaft trat er bereits 1949 in Zorneding bei. Seine Mitgliedsnummer, auf die er stolz ist, war 206/29. In Haar wurde er 1969 zum Ortsobmann

Computer an seinem Wohnort Highland Park, einer amerikanischen Kleinstadt in New Jersey, die nur etwa zehn Kilometer von den Ausläufern New Yorks entfernt liegt. Dort schlief er nun im Krankenhaus friedlich ein. Er wird mit seinen Werken und Erinnerungen, die vor allem seine böhmische Herkunft politisch und literarisch erschlossen und im Zsolnay-Verlag herauskamen, wie „Böhmische Sonne, Mährischer Mond. Essays und Erinnerungen“ (1996), „Die Flugschau von Brescia. Kafka, d’Annunzio und die Männer, die vom Himmel fielen“ (2002), „Böhmen böhmisch. Essays“ (2006 mit einem Vorwort von Karl Schwarzenberg), „Mein Prag. Erinnerun-

gewählt und 2003 zum Stellvertretenden Kreisobmann der Kreisgruppe München Stadt und Land. Beide Ämter bekleidet er heute noch. Damit ist er nicht nur ein Urgestein der Landsmannschaft, sondern auch der besagte Fels in der Brandung. Für seine Verdienste um die Vertriebenen erhielt er das Große SL-Ehrenzeichen, für sein Wirken als Kommunalpolitiker die Bayerische Kommunale Verdienstmedaille und für seine Leistungen als Pädagoge und Schulbuchautor das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Eine seiner größten Auszeichnungen erhielt er vom Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer bei der Überreichung des von den Vertriebenen gestifteten Bischofsstabes und Brustkreuzes. Der Bischof, der ebenfalls sudetendeutsche Wurzeln hat, betonte, daß er Mitglied der von Horst Wiedemann geführten SL-Ortsgruppe Haar sei. Natürlich hatte es sich die SL Haar nicht nehmen lassen, einen namhaften Beitrag zum Bischofsstab, der auch sudetendeutsche Symbole enthält, zu leisten. Man konnte Horst Wiedemann seine Freude und Rührung ansehen, und wir alle waren, bei aller Rührung, doch ein bißchen stolz auf das Haarer SLMitglied, das zum Bischof ernannt worden war. Stolz sind wir vor allem auf unser Mitglied Horst Wiedemann, dessen gesamtes Wirken ihm, aber auch uns, seiner Volksgruppe, hohes Ansehen gebracht hat. Ad multos annos: Das wünschen die Kreisgruppe München Stadt und Land sowie die Bezirksgruppe Oberbayern im Namen aller unserer Landsleute. sk/nh

gen“ (2007) und zuletzt „Diktatoren im Kino – Lenin, Mussolini, Hitler, Goebbels, Stalin“ (2019), im deutschen Sprachraum, aber auch im sudetendeutsch-tschechischen Verstehen präsent bleiben. Der Sohn eines ladinischen Vaters, dessen Familie aus Südtirol eingewandert war, und einer jüdischen Mutter, die im Holocaust ermordet wurde, überlebte die deutsche Besatzung Prags, studierte dort, promovierte 1948 und floh nach dem kommunistischen Putsch 1949 nach Bayern, wo er einer der Gründungsmitarbeiter des Radios Freies Europa wurde.

1953 wanderte er in die USA aus, erhielt 1958 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft, studierte erst an der Columbia University, dann an der Yale University, wo er nochmals promovierte und schließlich bis 1991 die SterlingProfessur für Germanistik innehatte. Als Germanistik-Professor aus Yale war er dann auch im Literarischen Quartett unter der Leitung von Marcel Reich-Ranicki einige Male zu Gast. Zwischen 1986 bis 1996 war er Teil und zeitweise auch der Vorsitzende der Jury des Ingeborg-Bachmann-Preises, gestiftet von Kärntens Landeshauptstadt Klagenfurt. Sein herausragendes Wirken für die deutsch-tschechische und auch österreichisch-tschechische Verständigung wird aber wohl seine Herausgeberschaft der 33bändigen Tschechischen Bibliothek bleiben. Sie erschien zwischen 1999 und 2007 bei der Deutschen Verlags-Anstalt Stuttgart im Verein mit Jiří Gruša, Peter Kosta, Eckhard Thiele und Hans Dieter Zimmermann. Die Vermittlung vieler im deutschen Sprachraum unbekannter Werke tschechischer Autoren durch Auswahl und Übersetzung wird wohl das nachhaltigste Ergebnis seiner bis ins hohe Alter rastlosen Produktivität sein. Ulrich Miksch

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 6
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Horst Wiedemann 90 Ein Weltbegri – ein Hochgenuß für Feinschmecker die meistgekauften ... … weil sie so gut sind! WETZEL Karlsbader Oblaten- und Wa elfabrik · Austraße 5 · 89407 Dillingen/Donau Internet: www.wetzel-oblaten.de · eMail: info@wetzel-oblaten.de KARLSBADER OBLATEN
Fels in der Brandung

� Ostdeutsches Kulturerbe und Identität

Demokratie der europäischen Mitte sowie Brücke zwischen Ost

und West

Die Verdrängung der Vertriebenen aus der Erinnerung der Deutschen setzt sich fort. Doch wohin will eine Nation, die manche nur noch als Einwanderungsgesellschaft verstehen, Zuwanderer integrieren, wenn sie selbst nicht mehr weiß, woher sie kommt? Manfred Kittel bezieht Stellung.

Ist es vorstellbar, daß das große Museum für die französische Sprache im Schloß von VillersCotterêts nahe Paris aus Unbehagen an der eigenen Nation in ein Museum der Sprache umgemodelt würde? In Deutschland ist so etwas ähnliches nicht nur möglich, es ist jüngst auch geschehen: Das Oldenburger Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) entledigte sich kurzerhand der Deutschen in seinem Namen. Mancher rieb sich ungläubig die Augen. War nicht gerade das Kulturerbe der vertriebenen Deutschen der eigentliche Seinsgrund des umbenannten Hauses?

Wem imponiert, welch klare Kante grüne Politiker gegen Putins Ukrainekrieg zeigen, fand es besonders schade, daß ein grünes Kulturstaatsministerium ausgerechnet die aggressive Geschichtspolitik Rußlands gegen seinen südwestlichen Nachbarn und die daraus folgende Aufgabenerweiterung des BKGE als Begründung für die Umbenennung ins Felde führte. Es war eine Steilvorlage für die CDU/ CSU-Opposition im Bundestag angesichts der Bedrohung auch der heimatverbliebenen deutschen Minderheit in der Ukraine durch Putins barbarischen Krieg.

Umbenennung jahrelang diskutiert

Andere öffentliche Begründungsversuche legten zumindest nahe, daß die Ukraine als eine Art Nebelkerze diente. Über eine Umbenennung war nämlich schon jahrelang diskutiert worden, nachdem das BKGE sich 2005 im Rahmen des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität transnationaler europäischer Geschichtsbetrachtung verschrieben hatte. Dabei handelt es sich um eben jenes Netzwerk, dessen Zweck auch darin bestand, ein zu vertriebenenfreundliches Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin – erfolgreich – zu verhindern. Schien in der jetzigen Konstellation die Gelegenheit gekom-

men, wie Reinhard Müller in der „FAZ“ befürchtete, sich auch noch „der Geschichte der Deutschen im Osten schleichend zu entledigen“?

Das Ganze rührt jedenfalls grundsätzlich an Fragen unserer nationalen Identität, mit der sich die Deutschen seit 1945 und trotz eines kurzen schwarz-rot-goldenen Sommermärchens 2006 bis heute so schwertun. Zur Erinne rung: Am Ende des Zweiten Welt krieges waren aus den Staatsund Siedlungsgebieten der Deutschen im östlichen Europa an die 15 Millionen Menschen vertrieben worden. Aus Heimaten, in denen ihre Vorfahren oft seit 800 Jahren gelebt hatten, die untrennbar mit Geschichte und Kultur unseres Volkes verbunden waren und es auch immer bleiben werden. Aber hat der Umgang der deutschen Gesell schaft mit diesem „ungeheuren Verlust“ im Osten (Louis Ferdi nand Helbig) der Größe der Amputation jemals Rechnung getragen? War es auch nur annähernd so, als ob 1945 – quantitativ vergleichbar – im Süden Bayern, Baden und Württemberg weggeschnitten worden wären?

republik nicht gern von komplizierten – östlichen – „Erinnerungen behelligen lassen“ (Christoph Stölzl).

War der Umgang mit Flucht und Vertreibung womöglich nur ein Unterkapitel der von Psychologen diagnostizierten „Unfähigkeit (der Deutschen), zu trauern“: wie gegenüber den Opfern

riert wurde, der deutsche Osten mit seinen „Junkern“ hätte die schlimmsten Nazis hervorgebracht. Als ob die NS-Bewegung nicht zuerst in Bayern groß geworden wäre.

Noch in den 1950er Jahren tauchte erstmals das Wort vom „Ghetto der Landsmannschaften“ auf. Es wollte sagen, daß sich das „kommunikative Gedächtnis“ der Ostvertriebenen, denen ihre Heimat besonders am Herzen lag, von dem der alteingesessenen westdeutschen Mehrheit schroff unterschied. Diese Mehrheit wurde politisch noch dadurch vergrößert, daß es die Vertriebenen nie schafften, ihrer Zahl entsprechend im Bundestag und in den Landtagen vertreten zu sein. Minderheiten in einer Demokratie haben es schwer, zumal wenn sie keinem Zeitgeist entsprechen. Der aber wehte in eine andere Richtung, nicht nur weil auch Millionen Alt-Westdeutsche als Kriegsversehrte oder Ausgebombte mit der materiellen Bewältigung der NS-Katastrophe mehr als beschäftigt waren. Sondern auch wegen der für die Bundesrepublik im Kalten Krieg überlebenswichtigen Ausrichtung gen Westen: politisch, militärisch, ökonomisch und eben auch kulturell. Glücklich darüber, daß nach 1945 wenigstens der größere Teil Deutschlands – nach langen „Sonderwegen“ vorher – endlich im Westen angekommen war, mochte sich die Gesellschaft der Bundes-

des Nationalsozialismus eben auch gegenüber den Opfern seiner Folgen? Vielleicht gibt es hier sogar einen noch weiter reichenden Kausalbezug, und die Abwendung vom verlorenen Osten war die radikalste Form der eben doch schon früh, teils eher unterbewußt auch im breiten Volk vorhandenen Ahnung, welch schwere Schuld die Deutschen mit Holocaust und NS-Besatzungsterror im Osten auf sich geladen hatten. Je stärker dann ab Ende der 1950er Jahre das „Dritte Reich“ in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit geriet, desto mehr galt die große Vertreibung ab 1945 vielen nur noch als Ergebnis ausschließlich dieser deutschen Katastrophe und letztlich als Geschehen nachgeordneter Bedeutung.

Die Tendenzen verdichteten sich noch in der Zeit der sogenannten neuen Ostpolitik, als die Vertriebenenverbände beim Schlußstrich unter die Oder-Neiße-Grenze den nationalkommunistischen Machthabern in Moskau oder Warschau weniger weit entgegenkommen wollten als damals eine gesellschaftliche Mehrheit. Obwohl mit rein friedlichen Mitteln vorbildlich demokratisch protestierend, wurden sie im medialen Hauptstrom nun oft so behandelt, als hätten sie – und nicht Linksradikale nach 1968 – ihrer Ziele wegen Pflastersteine auf Polizisten geworfen. Üble Geschichtsklitterung half dem Negativimage notfalls noch nach, indem etwa sugge-

60 Jahre Liedpatenschaft der Stadt Wetzlar

Um das Liedgut der einst deutschen Siedlungsgebiete in Osteuropa nach der Vertreibung vor der Vergessenheit zu bewahren, hat die Stadt Wetzlar im Jahre 1962 eine „Patenschaft für das Ostdeutsche Lied“ übernommen, die nunmehr über 60 Jahre besteht und weiter gepflegt wird. Informationen über den gebietlichen Umfang der Patenschaft, über die Aktivitäten und die Dienstleistungen der Patenschaftsstelle und die herausgegebenen Liederbücher können angefordert werden bei

Patenschaft der Stadt Wetzlar für das Ostdeutsche Lied

Hauser Gasse 17, 35578 Wetzlar

Telefon: 06441 99-1031, Telefax: 99-1034

E-Mail: ostdeutscheslied@wetzlar.de

Die Patenschaft umfaßt folgende Gebiete

Baltikum

Banater Schwaben

Batschka

Berlin-Mark Brandenburg

Bessarabien

Buchenland

Dobrudscha

Galizien

Gottschee

Jugoslawien Karpaten Litauen

Masuren

Niederschlesien

Oberschlesien

Ostpreußen

Pommern

Sathmar

Siebenbürgen

Slawonien

Slowakei

Sudetenland

Syrmien

Ungarn

Westpreußen

Wolhynien

Zips

Die Zeitenwende 1989/90 und die jugoslawischen Zerfallskriege mit neuen ethnischen Säuberungen brachten zwar dann vieles in Bewegung. Das Alter Ego von Günter Grass gestand 2002 in seiner Novelle „Im Krebsgang“ über den Untergang der Wilhelm Gustloff freimütig: Niemals hätte man über das Leid der Ostvertriebenen schweigen, das Thema den Rechtsgestrickten überlassen dürfen, nur weil die eigene Reue vordringlich gewesen sei. Aber wurde jetzt, lange nachdem 1990 die letzten Grenzfragen völkerrechtlich definitiv geklärt waren, endlich wahr, was SPD-Kanzlerkandidat Willy Brandt schon 1969 als Trostpflaster für die angestrebten Ostverträge verheißen hatte? Das Ziel mithin, „der ganzen Nation die kulturelle und geistige Substanz der Ostgebiete zu erhalten“, um im Inneren zu gewinnen, „was draußen verloren ging“ – einschließlich einer neuen Heimstatt für die traditionsreichen „ostdeutschen Universitäten und Kultureinrichtungen“?

Rhetorische Fragen. Denn die seit jeher kargen Geldquellen für den im Paragraphen 96 Bundesvertriebenengesetz formulierten Auftrag sprudelten fortan nicht munterer. Das ostdeutsche Kulturerbe „im Bewußtsein des gesamten deutschen Volkes und des Auslands erhalten“? Bund und Länder zusammen hatten 1968 gerade einmal sechs Millionen Mark für diese Zwecke aufgebracht, so viel wie das Auswärtige Amt allein zur Rettung des ägyptischen Tempels Abu Simbel beisteuerte, und in etwa der Jahresetat eines einzigen Großstadttheaters. Das fiel damals aber nicht so stark ins Gewicht, weil sich noch viele aus der Erlebnisgeneration der Vertriebenen ehrenamtlich kulturell engagierten. Als ihre Zahl abnahm, kam es unter Kanzler Helmut Kohl in den Jahren nach 1990 immerhin zu einer Verdoppelung der Mittel auf an die 50 Millionen Mark. Nur wurden diese Zusatzgelder infolge des legendären „Kahlschlags“ nach dem Regierungswechsel 1998 wieder weitgehend abgewickelt. Fragwürdige inhaltliche Weichenstellungen folgten. Im Bemühen, das alte Deutschtums-

Paradigma unseligen völkischen Angedenkens in der Ostforschung zu überwinden, schüttete man vielfach das Kind mit dem Bade aus. Fast nur noch interethnische, multikulturelle und transnationale Themen standen im Vordergrund, während „nationalgeschichtliche Fragestellungen“ als antiquiert galten und die Bezüge der Vertreibungsgebiete zur allgemeinen deutschen Geschichte mehr und mehr verblaßten. Und so muß heute noch immer zur verdienstvollen, nur keineswegs erschöpfenden Überblicksdarstellung von Wilhelm Matull von 1973 greifen, wer sich über die traditionsreiche Arbeiterbewegung im preußischen Osten, der Heimat eines Ferdinand Lassalle oder des großen Weimarer SPD-Ministerpräsidenten Otto Braun informieren möchte. Einen Lehrstuhl für ostpreußische Geschichte gibt es bis heute nicht. Gewiß, Ost- und Westpreußen, Pommern, Schlesien und Ostbrandenburg, die Gegenstände der Landesgeschichte Ostdeutschlands, sind nach 1945 zum größten Teil in „andere nationale Lebenszusammenhänge“ hineingeraten; komplett „aus dem historischen Lebenszusammenhang der deutschen Geschichte herausgetreten“ (Klaus Zernack) sind sie damit aber eben nicht. Und für die alte Heimat der Sudetendeutschen oder Donauschwaben gilt sinngemäß ähnliches. Die jüngste Oldenburger Metamorphose weckt zudem Erinnerungen an eine traurige Episode während der Debatte um den Wiederaufbau des Berliner Hohenzollernschlosses. Der Osteuropahistoriker Karl Schlögel hatte damals vorgeschlagen, auf einem Teil der gigantischen 16 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche ein Museum der preußischen Geschichte einzurichten. Auf vielleicht 1000 Quadratmetern wäre es natürlich auch um die östlichen Provinzen Preußens jenseits von Oder und Neiße gegangen. Man hätte etwa erfahren, daß dort 15 Prozent der damaligen deutschen Staatsbürger lebten, aber gleichzeitig, nicht zuletzt wegen der jüdischen Breslauer, ein Drittel der deutschen Nobelpreisträger. Die geringe Resonanz auf den überzeugenden Vorschlag sprach Bände. Heute erwar-

tet den Besucher im HumboldtForum stattdessen ein kosmopolitisches Sammelsurium, in dem die drei kurzen Jahrzehnte unserer Kolonialhistorie derart in den Mittelpunkt rücken, als ließen sich mit ihnen die dunklen Rätsel deutscher Geschichte lösen.

Die Folgen verweigerten Gedenkens Angesichts des Vorlaufs kann die jüngste Distanzierung vom östlichen Kulturerbe unserer Nation kaum überraschen. Einem eben in Berlin entworfenen, 43 Seiten langen „Rahmenkonzept Erinnerungskultur“ sind Flucht und Vertreibung nur wenige Zeilen wert, und auch das nur als Teil einer ja „schon immer von Mobilität und Migration geprägt[en]“ Gesellschaft. Die Geschichte unseres mühsamen, aber letztlich erfolgreichen Weges zur Demokratie wird – wen das tröstet –ebenfalls eher stiefmütterlich abgehandelt. Eine Kernfrage unserer nationalen Identität dagegen ist durchaus richtig formuliert: Wie kann deutsche Erinnerungskultur in einer Einwanderungsgesellschaft überhaupt aussehen? Antworten darauf bekommt man nur leider kaum. Denn wie soll ein stolzer, Erdogan-naher Türke in Kreuzberg zum deutschen Patrioten werden, wenn ihm nichts anderes verheißen wird, als damit Teil einer Täternation zu sein, deren Geschichte aus einer einzigen Abfolge brauner oder roter Diktaturen und weißer Kolonialverbrechen besteht? Statt wirklich alles zu erzählen, was unsere gemeinsame Heimat heute durch größte Höhen und finsterste Tiefen hindurch erst zu dem hat werden lassen, was es auch künftig sein sollte: Demokratie der europäischen Mitte sowie Brücke zwischen West und Ost.

Professor Dr. Manfred Kittel Anfang April beim BdV-Jahresempfang in Berlin. Bild: Nadira Hurnaus

n Manfred Kittel war Gründungsdirektor der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung. Unter ihm wurde sie personell und organisatorisch aufgebaut, eine Konzeption für die Dauerausstellung der Stiftung im Berliner Deutschlandhaus erarbeitet und 2012 verabschiedet. Er ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Regensburg sowie Träger des SLMenschenrechtspreises 2015.

Die Landesgruppe Bayern der Sudetendeutschen Landsmannschaft grüßt ganz herzlich alle Landsleute zum 74. Sudetendeutschen Tag in Augsburg.

Wir wünschen Ihnen, Ihren Familien und Freunden ein gesegnetes Pfingstfest und schöne Stunden im Kreise unserer stolzen Volksgruppe in der Fuggerstadt Augsburg, der wir Sudetendeutsche seit Jahrzehnten eng verbunden sind.

Steffen Hörtler Landesobmann

Eberhard Heiser

Margaretha Michel Hannelore Heller

Bernhard Moder Dr. Sigrid Ullwer-Paul Stellvertretende Landesobleute

Andreas Schmalcz

Landesgeschäftsstelle

FORUM Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 7
Zeitung 20 | 17. 5. 2024 19
Sudetendeutsche

In Kürze erscheint eine neue Biographie des Volksdichters Anton Günther aus dem Erzgebirge. Hier stellt Verleger Jürgen Tschirner das Buch vor.

Hier kommt eine Liebeserklärung an einen Mann – meine persönliche Liebeserklärung.

Alles begann vor etwa zwei Jahren mit der ehrlichen Verwunderung über unzählige Straßennamen im Erzgebirge mit einem mir bis dahin unbekannten Namen: Anton-Günther-Weg, AntonGünther-Straße, Anton-Günther-Platz. Dann gibt es ja noch das Anton-Günther-Liedersingen, ein Anton-GüntherBerghaus in Kirchberg, die Güntherruh in Weipert/Vejprty. Anton Günther? Anton Günther wird nicht nur im Erzgebirge als bodenständiger Heimatdichter, Volkssänger und Mensch verehrt. Nachdem wir uns etwas über diesen

Der Volkssänger aus Gottesgab

Mann angelesen hatten, reifte der Entschluß, über diesen besonderen Menschen eine Biografie zu machen. Dabei haben wir uns aus der geschichtlichen Perspektive genähert. Am 5. Juni 1876 kam er in Gottesgab/Boží Dar nahe der sächsischen Grenze zur Welt. Seine Schulbildung erhielt er in der Bürgerschule in Sankt Joachimsthal/Jáchymov. Er machte eine Lehre als Litograph in Buchholz. Danach war er fünf Jahre lang in seinem Beruf in Prag tätig und erfand während dieser Zeit die Liedpostkarte. Nach seiner Rückkehr ins böhmische Erzgebirge blieb er bis zu seinen Lebensende 1937 in Gottesgab. Dort schriebt er Lieder und Gedichte und führte seine Lieder auf.

Bemerkenswert und erschütternd ist, wie Anton Günther als böhmischer Deutscher mittendrin in einer Entwicklung war, die innerhalb weniger Jahre wie schleichendes Gift das Zusammenleben von Tschechen und Deutschen in Böhmen zerstörte. Viele dieser Kränkungen hat Anton Günther in seinen Texten verarbeitet, ohne einzelne Personen anzugreifen.

Am Sonntag, 2. Mai 1937, wird der Sänger des Erzgebirges zur letzten Ruhe geleitet. Rund 7000 Menschen aus Sachsen und Böhmen nehmen an diesem Nachmittag in Gottesgab von Anton Günther Abschied. Bilder aus der Biographie „Anton Günther“.

Nachdem meine Frau Kateřina Kosová und ich das Manuskript der beiden Autoren Manfred Günther und Lutz Walther mehrmals gelesen, korrigiert, ergänzt, verworfen und mit dem Enkel Anton Günther Lehmann viel gesprochen – er schreibt auch das Vorwort –, sowie mit den Städtischen Museen Annaberg-Buchholz im Aus-

tausch gestand und uns Menschen Tätowierungen mit dem Konterfei von Anton Günther gezeigt hatten, kaufte ich eine CD mit seinen Liedern und höre sie mit meinen Kindern – acht und zehn Jahre alt – auf dem Schulweg. Man kann sich der Magie und Kraft nicht entziehen. Für mich ist es nicht nur eine Biografie sondern eher ein Geschichtsbuch. Wir sind stolz darauf, am 5. Juni, dem 148. Geburtstag Günthers, einen kleinen Beitrag zur Würdigung eines großen Mannes leisten zu dürfen. Aber auch zum Todestag könnte man das Buch lesen: Denn fast genau vor 87 Jahren, am 29. April 1937, schied Anton Günther freiwillig aus dem Leben. Sein Sohn Erwin schreibt 1961 in einer kurzen Biografie über seinen Vater von der Zeit nach dem 60. Geburtstag nur einen Satz: „In den kommenden Monaten vereinsamte er mehr und mehr.“ Gerhard Heilfurth berichtet –wohl nach Gesprächen mit Erwin Günther, mit dem er 1937 zusammenarbei-

AUTORENLESUNG

tete: „Zeichen der Schwermut traten auf und setzten seine Familie, die ihn mit treuer Liebe umgab, in Sorge“. Es ist der Sturz in das Dunkel einer Krankheit – Depression. Sie kann auch körperliche Ursachen haben, die die hochkomplizierte Vernetzung der Schaltpläne der Nervenzellen stört und sich in der Folge seelisch auswirkt. Der Depressive befindet sich in einem Zustand, in dem er sich von der Gemeinschaft und den eigenen inneren Bezügen abgetrennt fühlt und gewissermaßen in einem Tunnel steckt, an dessen Ende er kein Licht mehr sieht.

Dieser Zustand war zu Zeiten Anton Günthers noch nicht als Krankheit, sondern lediglich als gedrückte, schwermütige Stimmung bekannt.

Das Licht am Ende des Tunnels zu sehen, das er so sehr zum Leben gebraucht hätte, war Anton Günther nicht mehr vergönnt. Am Donnerstag, 29. April 1937, setzte er in seinem Haus seinem Leben ein Ende. Ein paar Zeilen hat er vor seinem Tod mit weitgezogenen, unsicher gesetzten Worten noch geschrieben. Der Text dieses Abschiedsbriefs ist in der neuen Biografie dokumentiert.

Manfred Günther & Lutz Walther: „Anton Günther – Die Biographie. Freiheit zwischen Grenzen“. Verlag Tschirner & Kosova, Leipzig 2024; 312 Seiten, 39,80 Euro. (ISBN 9783-9825526-5-1)

Der an Depression Erkrankte braucht jedoch die Behandlung durch den Fachmediziner und Therapeuten, weil bei einer großen Anzahl der Erkrankten Suizidgefahr besteht. Von diesen Zusammenhängen konnten auch die Angehörigen Anton Günthers nichts wissen. Es heißt aber, daß seine Familie in Sorge war, weil „Zeichen von Schwermut“ ab der zweiten Hälfte des Jahres 1936 bei ihm auftraten. In diesen Apriltagen wanderte er von Gottesgab aus in das Tal von Weipert, wo schon der Frühling eingezogen war. Einem Freund, der ihm begegnete, sagte er: „Ich will när noch emol wos Grünes sah.“

� Schelmenstück von SL-Kulturpreisträger Bernhard Setzwein

Kafka on the Road

Bernhard Setzwein veröffentlichte vor kurzem den Roman „Kafkas Reise durch die Bucklige Welt“. Im neuen Buch des SL-Kulturpreisträgers des Jahres 2013 täuscht Kafka seinen Tod nur vor. Der Dichter ist nicht vor hundert Jahren in einem Sanatorium gestorben. Vielmehr führt er in den Nachkriegsjahren ein ruhiges Leben in Meran. Von dort begibt er sich auf eine aufregende Fahrt durch Südtirol und Österreich bis nach München. Auf seinem Trip begegnet er vielen Persönlichkeiten aus seinem Leben, vor allem Schriftstellern und Künstlern.

Alles beginnt, als Kafka in Meran zufälligerweise mit Marek Hłasko zusammentrifft, einem jungen Schriftsteller aus Polen. Der „organisiert“ kurzerhand ein Fahrzeug, einen Fiat Ollearo, und die beiden brechen auf. Ihr surrealer Roadtrip führt sie zuerst nach Graz und in die „Bucklige Welt“, eine Region im südlichen Niederösterreich, dann nach Wien und München. Nachdem sich Hłasko und Kafka einmal auf den Weg gemacht haben, lernen sie sich besser kennen: Ihre Gespräche und die gemeinsamen Erlebnisse unterwegs wecken Erinnerungen bei Kafka, zum Beispiel an die aufregende, aber kurze Beziehung zu Milena Jesenská, an seine letzte große Liebe Dora Diamant, an die eng vertraute Schwester Ottla und an das schwierige Verhältnis zu seinem Vater. Das Buch ist jedoch keineswegs ein Kammerspiel oder psychoanalytisches Zwiegespräch, sondern eher ein Roadmovie mit vielen Abenteuern, eine Nummernrevue mit vielen Stars, die

sich erst spät zu erkennen geben: Kafkas Reisebegleiter Marek gab es tatsächlich, er war ein polnischer Schriftsteller, der viel weniger bekannt wurde als sein großer Kollege, den er im Buch bald Franciszek nennt. Schon bei ihrer größeren Station, in Graz in der Steiermark, werden die beiden auch mit echten Lokalitäten konfrontiert. Sie besuchen das Ehepaar Fackler, das unter dem Grazer Schloßberg lebt, wo es sich quasi versteckt, wie zuvor viele Menschen bei Bombenangriffen. Facklers Enkelin Philomenia wird die beiden Dichter begleiten auf ihrer Entdeckungsfahrt wie in einem antiken Drama: Erst geht es in den Weiler Kaag nahe Edelsbach, wo der Bauer Franz Gsellmann über 20 Jahre lang an seiner „Weltmaschine“ gebaut hat. In der Buckligen Welt geraten sie in ein düsteres Schloß bei Krumbach, wo Kafka einigen Figuren seines Romans „Das Schloß“ begegnet. Weiter nach Wien: Dort trifft Kafka zufälligerweise H. C. Artmann, mit dem er in den „Strohkoffer“ geht, einen Künstlertreffpunkt. Von Wien geht es dann nach München, an das Kafka rührselige Erinnerungen hat. Hier kommen der reisende Dichter und der rasante Dichtstrom des Buches zur Ruhe. Kafka scheint seine Hauptsorge, kein richtiger Schriftsteller zu sein, überwunden zu haben.

Setzwein ist mit „Kafkas Reise durch die Bucklige Welt“ ein Schelmenstück gelungen. Auf der Suche nach den biographischen Bezügen und literarischen Zitaten im Roman landet der Leser zwangsläufig bei Kafkas dichterischem Werk. Susanne Habel

Bernhard Setzwein wurde 1960 in München geboren und studierte Germanistik. 1990 zog er in die Oberpfalz, er lebt heute in Waldmünchen und München. Setzwein ist Autor von Lyrikbänden, Essays, Reisefeuilletons und Romanen. Außerdem hat er Theaterstücke und Radio-Features verfaßt. Oft befassen sich seine Werke mit dem mitteleuropäischen Kulturraum. Setzwein erhielt mehrere Auszeichnungen wie den SL-Kulturpreis für Literatur 2013. Seine Werke wurden vielfach übersetzt. Mit „Kafkas Reise“ ist er derzeit selbst auf Lesereise; Termine: www.bernhardsetzwein.de/termine/

978-3-941306-64-6)

KULTUR Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 8 � Neue Biographie Anton Günthers
Anton Günther Bernhard Setzwein: „Kafkas Reise durch die Bucklige Welt“. Lichtung Verlag, Viechtach 2024; 304 Seiten, 25 Euro. (ISBN
Thomas Kreutzmann Eintritt ist frei Werner Sonne 18.05.2024 14:30 Uhr beim Sudetendeutschen Tag in der Messe Augsburg, Raum 2.11 B Am Messezentrum 5, 86159 Augsburg UND
Als weitere Gäste der Podiumsdiskussion sind eingeladen: Luděk Němec Historiker, Forscher und Autor im Fachbereich der Zeit- und Osteuropäischen Geschichte Mgr Štěpánka Šichová Verein für deutsch-tschechische Verständigung Trautenau - Riesengebirge, e V Moderation: Hartmut Koschyk Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung Verbundenheit Anzeige
PODIUMSDISKUSSION

Seit einigen Wochen können die Besucher der Staatsbibliothek zu Berlin im Haus Unter den Linden einen interessanten Blick in das „Fotoalbum der Familie Kafka“ werfen. Die Fotografien aus dem ursprünglichen Besitz der im Holocaust ermordeten drei Schwestern von Franz Kafka und der Eltern Juli und Hermann Kafka, die der Kurator der Ausstellung, HansGerd Koch, auch zu einem Buch im Wagenbach-Verlag verdichtet hat, zeigen Familienaufnahmen und zu amtlichen Zwecken erstellte Portraits von Franz Kafka, der sich nicht gern ablichten ließ und darüber viel in Briefen räsonierte.

Doch neben den teils vergrößerten Reproduktionen der zum Teil sehr kleinen Fotografien, die auch im Original gezeigt werden, präsentiert die Staatsbibliothek auf ihren Kulturwerk genannten Museumsflächen auch viele Bezüge Kafkas zu Berlin und einige Bücher mit Widmungen Kafkas – meist für seine Schwestern –, aber auch die Erstausgaben der Bücher, die von Kafka noch zu Lebzeiten erschienen. Man kann zum Beispiel den ersten veröffentlichten literari-

schen Text in den neugegründeten Prager „Herderblättern“ vom Oktober 1912 auf einem Bildschirm lesen. Hier schildert der unterzeichnende Franz Kafka eine Szene in der Wohnung der Kafkas in Prag, wo er mit seinen Schwestern und den Eltern lebt. Es ist irgendwie der Auftakt und der Beweis, wie stark die familiären Bindungen das Leben und das Schreiben des Weltautoren prägten. Wie Kafka seine Verwandten sah und einschätzte, wird in Auszügen aus seinen Tagebüchern und vor allem aus seinen Briefen zitiert und neben die betreffenden Personen in der Ausstellung platziert. Die Weltläufigkeit der ursprünglich aus der böhmischen Provinz stammenden Familie wird in vielen Facetten der gezeigten Fotografien und Postkarten deutlich. Da wird Alfred Löwy gezeigt, der Lieblingsonkel von Franz Kafka, der in Madrid lebte und öfters nach Prag auf Besuch kam, oder der Pariser Onkel Josef Löwy, den es mit seiner Frau Jeanne regelmäßig nach Prag zog. Ein Potpourri von Ansichtskarten, die die Verwandtschaft nach Prag schickte, zeugt von der Reisefreudigkeit, der in verschiedenen Teilen Europas verstreuten Familienmitglieder.

Die Heimatpflege der Sudetendeutschen veranstaltete ein Offenes Frühjahrssingen. Die Veranstaltung leiteten nach der Begüßung durch Andreas Schmalcz von der Heimatpflege im Adalbert-Stifter-Saal der Musikkenner Erich Sepp.

Nun kommt der Frühling wieder“, zitiert Andreas Schmalcz, der als Vertreter der Heimatpflegerin Christina Meinusch begrüßt, einen Liedtitel. Erich Sepp hat eine ganze Reihe von Liedern aus Bayern wie „Im Maien im Freien“ und aus den böhmisch-mährischen Regionen wie das egerländische „Unna Hoselbächa Moidla“ ausgewählt, die alle gemeinsam singend einüben. Sepp liefert wie immer viele interessante Fakten über die Liedern. Sein Wissen stamme aus vielen Quellen, so Sepp, etwa aus dem Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg und dem dort publizierten Liederlexikon. Als ehemaliger Leiter der Volksmusikabteilung des Bay-

erischen Landesvereins für Heimatpflege verfügt Sepp über ein immenses Wissen über Volksliedkultur, Musikgeschichte und Mundarten. Er kam 1944 in Landsberg am Lech zur Welt und ist mit Ingrid Sepp, einer Teschenerin aus Sudetenschlesien, verheiratet. Meist unterstützt sie ihn beim Offenen Singen, verteilt seine gut gestalteten Notenblätter mit Textstrophen und Erläuterungen über Herkunft und Erscheinungsweise. Die Singblätter gibt es jedoch immer recht spät, nach reichlicher Übung „im Trockenen“.

Denn Singleiter Erich Sepp geht vor allem immer pädagogisch und nach psychologischen Erkenntnissen vor. Zunächst lernen alle die erste Strophe eines Liedes rein nach Gehör und aus der Erinnerung, oft auch gleich mehrstimmig. Sepp deutet nur die Tonhöhen mit der Hand an oder begleitet mit seinem Akkordeon. Erst wenn eine Strophe und der Refrain auswendig gut laufen, gibt es das komplette No-

Kafkas Album

Daß auch Franz Kafka selbst, meist mit Max Brod, auf Reisen war, weiß man schon lange dank verschiedener literaturwissenschaftlicher Arbeiten der letzten Jahrzehnte. In der Ausstellung gibt es zwar kein Foto mit Brod, dafür aber ein Foto aus dem Garten von Johann Wolfgang von Goethes Gartenhaus in Weimar oder von einem Strand in Venedig mit einem Unbekannten. Berlin, in dem Kafka in den 1910er Jahren bis zum Ausbruch des Krieges mehrmals zu Gast war, spielte dann im letzten Lebensjahr eine wichtige Rolle. Kafka lebte von September 1923 bis März 1924 in Berlin. Er besuchte häufig die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, die nur wenige Straßen entfernt von der 1913 eröffneten Staatsbibliothek stand, die aber bereits seit 1872 existierte und nur aus Mitteln von Spendern und Mäzenen finanziert worden war. Er schrieb darüber in einem Brief an Robert Klopstock am 19. Dezember 1923: „Die Hochschule für jüdische Wissenschaft ist für mich ein Friedensort in dem wilden Berlin und in den wilden Gegenden des Innern. Ein gan-

zes Haus, schöne Hörsäle, große Bibliothek, Frieden, gut geheizt, wenig Schüler und alles umsonst. Freilich bin ich kein ordentlicher Hörer, bin nur in der Präparandie und dort nur bei einem Lehrer und bei diesem nur wenig, so das sich schließlich alle Pracht wieder fast verflüchtigt, aber wenn ich auch kein Schüler bin, die Schule besteht und ist schön und ist im Grunde gar nicht schön, sondern eher merkwürdig bis zum Grotesken und darüber hinaus bis zum unfaßbar Zarten (nämlich das Liberalreformerische, das Wissenschaftliche des Ganzen).“

Am Ende der Ausstellung folgt ein unscheinbarer Paukenschlag. Ein Bildschirm und drei Kopfhörer ermöglichen einen fast einstündigen „Besuch bei Kafkas Nichte“. Der Film zeigt ein Interview des Kurators Hans-Gerd Koch und des Schauspielers Hanns Zischler mit Marianne Steiner, geborene Pollak, Tochter der Valli Pollak, Franz Kafkas zweitältester Schwester. Geboren 1913, lebte sie ab 1948 wieder in London, nachdem sie sich mit ihrem Mann schon 1939 bis 1945 ins Exil dorthin gerettet hatte. Sie erzählt in Prager Deutsch

mit tschechischen und englischen Einsprengseln von der Familie Kafka. Erinnerungen an ihren Onkel, an den Großvater, die Haushaltshilfe, an die Freunde Kafkas wie Max Brod, an die Atmosphäre des Prags der ersten Republik und an die letzte Geliebte Kafkas, Dora Demandt, die sie in London nach ihrer Rückkehr Ende der 1940er Jahre wieder traf. Ihr Bericht enthält auch die Schilderung, wie Max Brod als Teil eines Zuges mit prominenten Zionisten am 15. März 1939, also am Tag des Einmarsches der Wehrmacht in Prag, mit einem Koffer voller Schuhkartons, in denen Franz Kafkas Manuskripte lagen, am WilsonBahnhof, dem heutigen Hauptbahnhof, völlig unbehelligt nach Palästina abreiste. Sie verabschiedete den Freund Kafkas und würdigt das Glück und das Verdienst Brods und die Odyssee dieser unveröffentlichten Manuskripte in den folgenden Jahren. Sie hatte entscheidenden Anteil daran, daß Kafkas Nachlaß nun in The Bodleian Libraries der University of Oxford aufgehoben wird. Ihr Erzählen knüpft an die Fähigkeit ihres Onkels zur genauen Beobachtung an. Nur aufschreiben konnte sie ihre Erlebnisse nicht. Ihre literarischen

Ansprüche genügten nicht ihren Fähigkeiten zum Schreiben. Der Film der beiden interessierten Deutschen bot ihr die Möglichkeit, doch noch einiges Wichtiges über ihre Familie loszuwerden. Die Filmautoren blieben in Kontakt mit Marianne Steiner, telefonierten noch vor der Premiere des Films im Goethe-Institut in Prag am 7. November 2000 mit ihr. Sie freute sich aus der Ferne über den Abend. Am Tag danach starb sie in London. Die Ausstellung auf den Sonderausstellungsflächen der Staatsbibliothek, wo erst Ende letzten Jahres des 100. Geburtstags Otfried Preußlers gedacht wurde, hat noch bis zum 2. Juni geöffnet. Am 3. Juni ist der Tod Franz Kafkas im Sanatorium Hoffmann im niederösterreichischen Kierling bei Klosterneuburg genau 100 Jahre her. Kafka schrieb noch am 2. Juni 1924 seinen Eltern und wünschte sich einen Besuch, der ihm eine sehr wichtige Sache sei. Dazu kam es nicht mehr. Ulrich Miksch

Bis Sonntag 2. Juni: „Das Fotoalbum der Familie Kafka“ in Berlin-Mitte, Staatsbibliothek zu Berlin, Unter den Linden 8. Dienstag bis Sonntag 10.00–18.00, Donnerstag 10.00–20.00 Uhr.

tenblatt mit allen Strophen. Von diesen Liedblättern hat Sepp inzwischen mehr als 300 gestaltet. Sie würden ein veritables Liederbuch abgegen, um so mehr, als Sepp zu jedem Lied die Herkunfts- und Überlieferungsgeschichte ergänzt, was Text und Melodie betrifft. In dieser Hinsicht bietet das „Mailied“ eine erste Überraschung. Seine Weise ist von Ludwig van Beethoven, der eingängige Text („Wie herrlich leuchtet mir die Natur! Wie glänzt die Sonne, wie lacht die Flur!“) von Johann Wolfgang von Goethe. Sepp schildert dazu auf dem Liedblatt das Treffen der beiden Berühmtheiten 1812 in Teplitz. Wiederkehrende Themen in allen Frühlingsliedern seien das Erwachen der Natur, Blüten, Vögel und eben Liebe, faßt Sepp zusammen. Vögel und Liebe spielten ebenfalls die Hauptrollen in „Es flieget ein Tauber“. Das Lied sei zuerst in der Sammlung „Volkslied der Sudetendeutschen“ (1938) aufgezeichnet worden, erläutert Sepp. Der Tauber ist natürlich auf der Suche nach der Täubin. Mit einem „Goldringl am zinnern Teller“ wird beider Liebe besiegelt, die im Nest endet. Hier wirkt der Refrain mit dem wiederholten „ei, rum dum didl dum, dum“ ähnlich narkotisierend wie der des sudetenschlesischen Liedes „Mein Schätzlein kommt von ferne“. Dabei singen nach jeder Strophe, in denen es wieder um einen Ring geht, alle „Oho, hm, hm“, ebenfalls in Wiederholung. Im Gegensatz zu diesen speziellen, ungewöhnlichen Weisen kennen alle im Publikum „Es tönen die Lieder“. Das kleine Lied im Kanon erklingen zu lassen, muß freilich erst erlernt und geübt werden. Noch weitere Lieder werden beim Singen wieder- oder neuentdeckt und klingen lange nach. Alle Gäste sind sich musikalisch einig: „Jetzt kommen die lustigen Tage“, wie man einst in Südmähren sang. Susanne Habel

KULTUR Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 9
� Gedenkausstellung in der Staatsbibliothek zu Berlin
Dr. Erich Sepp und Andreas Schmalcz, Mitarbeiter der Sudetendeutschen Heimatpflege, im Adalbert-Stifter-Saal. Automatenbild aus dem Kaufhaus Wertheim 1923. Bilder: Ulrich Miksch
� Böhmisch-Bairisches Frühjahrssingen Ringl und Vögel
Kafka mit einem Unbekannten am Lido di Venezia im September 1913. Der Gymnasiast Franz Kafka, Aufnahme aus einem Ausweis. und um 1893 mit seinen Schwestern Valli (links) und Elli. Der kleine Franz 1885 im Kleidchen Der einjährige Franz 1884. In jenem Jahr kommt Max Brod zur Welt. Kafkas „Confirmation“ beziehungsweise Bar-Mitzwa 1896. Marianne Steiner, geborene Pollak, in dem Film „Ein Besuch bei Kafkas Nichte“ aus dem Jahr 2000. Die Staatsbibiothek zu Berlin öffnet ihre Pforten für Kafka.

Das Rathaus in Röthenbach an der Pegnitz.

� SL-Ortsgruppe Rückersdorf/Mittelfranken

Röthenbach im

Mittelpunkt

Anfang Mai fand das monatliche Treffen der mittelfränkischen SL-Ortsgruppe Rückersdorf im Schidtbauernhof statt.

Obfrau Bärbel Anclam begrüßte die vielen Landsleute, Mitglieder und Gäste und hieß besonders Bürgermeister Johannes Ballas und den Röthenbacher Leonhard Herbst herzlich willkommen. Leonhard Herbst wollte sich an jenem Tag der „Ge-

Leonhard Herbst und Bärbel Anclam. Bild: Birgit Schuhmann

schichte der Stadt Röthenbach an der Pegnitz “ widmen. Aber zunächst kündigte Anclam den Tagesausflug nach Weißenburg im nächsten Monat, die Kreisfahrten im Juni nach Kaufbeuren und im September nach Cham an. Da der Schmidtbauernhof nach dem Vortrag schnell freigemacht werden mußte, gab es vorher noch Kaffee und Kuchen und für jeden eine Butterbrezel. Danach startete Herbst seinen Vortrag. Zuvor hatte er sich für die Einladung bedankt und gesagt, er freue sich, in Rückersdorf referieren zu können. Röthenbach sei rund 700 Jahre alt und erstmals 1311 erwähnt worden, begann Herbst, als Konrad von Beerbach seine Besitzungen und die Mühle am Röthenbach dem Katharinenkloster in Nürnberg vermacht habe. Röthenbach liege an dem gleichnamigen Flüßchen, das hier in die Pegnitz münde. Im Laufe der Jahrhunderte seien mehr Mühlen, Bauernhöfe, weitere Häuser, sogar ein Schlößchen und Gasthaus entstanden.

Wegen der Mühlen hätten sich auch kleine Handwerkerbetriebe angesiedelt. Seinen rasanten Aufstieg verdanke Röthenbach aber dem Unternehmer Conrad Conradty. Dieser habe ursprünglich aus einem alten Rittergeschlecht gestammt, aber den Kaufmannsberuf erlernt und 1855 zunächst in Nürnberg eine Bleistiftfabrik gegründet. 1880 und 1881 habe Conradty seinen Geschäftssitz nach Röthenbach verlegt. Er habe

Vertriebenenseelsorger feiert

Am 3. Mai wurde Monsignore Herbert Hautmann, der gebürtige Egerer und Vertriebenenseelsorger der Diözese Bamberg, 90 Jahre alt (Þ SdZ 28/2024). Das feierte er mit einem Gottesdienst in der Wallfahrtskirche zur Heiligen Dreifaltigkeit in Gößweinstein.

Dein großes Gelände in Grünthal bei Röthenbach gekauft und die neue Fabrik auf Kohlestifte für elektrische Bogenlampen umgestellt. Im Laufe der Jahre seien neue Fabrikationsmöglichkeiten an stromleitenden Kohle- und Grafiterzeugnissen dazugekommen. Da der Betrieb ständig größer geworden sei und er immer mehr Arbeiter gebraucht habe, habe er Mitarbeiter aus der Umgebung eingestellt. Für diese habe er Wohnraum gebraucht. So habe er begonnen, werkseigene Häuser mit jeweils mehreren Wohnungen zu errichten. Bis 1914 habe er 180 Häuser errichten lassen. Röthenbach sei rasant gewachsen, denn mit den Beschäftigten seien auch neue Zulieferer und Handwerker gekommen. Er habe ein Betriebskrankenhaus gebaut, das er von Schwestern aus Neuendettelsau habe führen lassen, er habe eine Krankenkasse eingerichtet, Kindergärten und Schulen gebaut. 1902 habe er das Röthenbacher Rathaus gebaut, das in einem Jahr fertig geworden sei. 1905 sei die Villa Conradty entstanden, die inmitten des Betriebsgeländes errichtet worden und heute leider nicht zugänglich sei. Das einstige Betriebskrankenhaus sei heute in privatem Besitz und beherberge ein Altenheim. 1938 habe das Unternehmerpaar Diehl aufgrund mangelnder Erweiterungsmöglichkeiten in Nürnberg eine Niederlassung in Röthenbach gegründet. Die Metallfirma sei zum größten Arbeitgeber in der Region geworden und habe zunehmend auf Kriegsausrüstung umgestellt. 1939 sei das Unternehmen zum kriegswichtigen Betrieb erklärt worden. Im Zweiten Weltkrieg seien weite Teile des Unternehmens zerstört worden. Nach dem Krieg seien Demontage und Wiederaufbau fast Hand in Hand gegangen. Diehl sei weiter ausgebaut worden und heute ein Weltkonzern. 1953 sei Röthenbach vom Bayerischen Staatsministerium zur Stadt erhoben und 1972 im Zuge der Gebietsreform mehrere Ortsteile zusätzlich eingegliedert worden, schloß Herbst. Es gab viel Applaus, und Bärbel Anclam dankte mit einem Kräuterlikör und einem Einkaufsgutschein. Außerdem dankte sie Werner Boss, der seit Jahrzehnten Dagmar Hess bei den Finanzen des Vereins unterstützt. Gabi Waade

er allerorts beliebte Geistliche war gerührt von den vielen Beweisen aufrichtiger Zuneigung. Neben Glück- und Segenswünschen von Vertretern aus Politik und Kirche beider Konfessionen kamen Geburtstagsgrüße von Pfarrangehörigen aus allen seinen Wirkungsstätten. Ihrem Vertriebenenseelsorger gratulierten auch seine Landsleute. Adolf Markus, Stellvertretender Obmann der SL-Bezirksgruppe Oberfranken und Obmann der SL-Ortsgruppe Naila, Jürgen Nowakowitz, Stellvertretender Obmann der SL-Ortsgruppe Naila, und Landsmann Horst Kaschel waren in die Kirche gekommen, um ihm die Ehrenurkunde für 55 Jahre Treue zur SL zu überreichen.

Seit 2006 ist Monsignore Hautmann als Nachfolger von Monsignore Adolf Schrenk der Vertriebenenseelsorger der Erzdiözese Bamberg und lädt seitdem zur jährlichen Vertriebenenwallfahrt ein, die heuer wieder Anfang September in Gößweinstein stattfinden wird. Hauptzelebrant wird Regionaldekan Holger Kruschina aus Nittenau, der Vorsitzende des Sudetendeutschen Priesterwerks, sein. Eines der vielen Verdienste des Ver-

triebenenseelsorgers ist, die Egerer Wallfahrt nach Marienweiher wiederbelebt zu haben. Seit 2011 pilgern Tschechen und Deutsche wieder gemeinsam in drei Tagen die 76 Kilometer lange Strecke von Eger nach Marienweiher. In der Wallfahrtsbasilika Heiligste Dreifaligkeit in Gößweinstein feierte nun der Geburtstagsjubilar mit den Franziskanerpatres Ludwig, Lazarus und Igor aus Gößweinstein sowie dem Ru-

langjähriger Sekretär Bernhard Kuhn, Bannerträger Jürgen Nowakowitz, Hautmanns Schwester Magdalene Dersch, Monsignore Herbert Hautmann und Adolf Markus mit der SL-Treueurkunde.

hestandsgeistlichen Alfred Bayer, der im selben Haus wie Monsignore Hautmann wohnt, und Wolfgang Kunze aus Weißenohe einen Dankgottesdienst, den Regionalkantor i. R. Georg Schäffner an der Orgel und Herbert Hautmanns Neffe Wolfgang Dersch mit der Posaune musikalisch umrahmten. Zu dem Kaleidoskop musikalischer Leckerbissen, die dem Jubilar und der Gemeinde geschenkt wurden, zählten „Trumpet Voluntary“ von Jeremiah Clarke, „Ave verum“ von Wolfgang Amadeus Mozart und „Lascia ch‘io pianga“ von Georg Friedrich Händel. Als Eingangslied hatte sich Hautmann das vertraute „Wohin soll ich mich wenden“ aus der Deutschen Messe von Franz Schubert gewünscht. Die Worte „Zu dir, zu dir, o Vater, komm‘ ich in Freud‘ und Leiden“ sei ein Leitgedanke, der das Leben präge, sagte der Monsignore. Pater Ludwig Mazur OFM begrüßte eingangs seinen Mitbruder. Er

� SL-Kreisgruppe Burglengenfeld-Städtedreieck/Oberpfalz

freue sich, daß dieser bei ihnen in Gößweinstein wohne, und danke für seine wertvollen Dienste. In seiner zu Herzen gehenden Ansprache reflektierte Hautmann die letzten schweren Kriegsjahre in seiner Heimat. Als Elfjähriger habe er am Schluß des Zweiten Weltkriegs die Nähe Gottes erfahren. Um die Zeit seines Geburtstages Anfang Mai 1945 sei die Bevölkerung der Stadt Eger gebeten worden, die Stadt zu verlassen oder sich sonst irgendwo in Sicherheit zu bringen. Die Familie habe bei einem Onkel im nahen Altkinsberg Unterschlupf gefunden. Ihn, den elfjährigen Herbert, hätten sie immer wieder hinausgeschickt, um Ausschau zu halten. Viele Deutsche seien auf dem Rückzug gewesen, bis schließlich ein Panzer den Berg hinaufgerollt sei. Darin habe ein dunkelhäutiger Soldat gesessen. „Das heißt, die Amerikaner waren da!“ Nun habe es viele Dankgebete gegeben, besonders an die Muttergottes von Loreto in Altkinsberg. Er habe sich mit Maria Loreto eng verbunden gefühlt, so Hautmann, weshalb er die Spenden zu seinem Geburtstag an die Wallfahrtskirche weiterleiten wolle, damit die Liebe zum christlichen Glauben lebendig bleibe. Hautmanns Worte bezeugten seine Dankbarkeit für seine Berufung zum Priester. „Daß ich im Glauben froh geblieben bin, und sogar die Gnade des Priestertums erreichte, verdanke ich dem guten Beispiel und dem Gebet vieler Christen, die in der Liebe Gottes geblieben sind. Viele davon danken auch heute mit mir“, sagte er. „Der Glaube ist letztlich ein unverdientes Geschenk, doch kann er leider auch manchmal schwach werden.“ Hautmann verwies auf die Vertrauenskrise in der Kirche durch das schlechte Beispiel führender Glaubensboten. Es stehe uns aber nicht zu, diese zu verurteilen, denn auch sie hörten die Worte Jesu: „Bleibt in meiner Liebe.“ „Wir dürfen niemanden von der Liebe ausschließen“, schloß Monsignore Herbert Hautmann. Bernhard Kuhn

Stillgeschwiegen in SBZ und DDR

Die oberpälzische SL-Kreisgruppe Burglengenfeld-Städtedreieck befaßte sich bei ihrem Treffen Ende April mit dem Thema „Vertriebene in der SBZ und DDR“.

Im russisch besetzten Teil Deutschlands waren viele Sudetendeutsche im Zuge der wilden und der sogenannten humanen Vertreibung gestrandet, so auch die drei Sudetendeutschen Edith KiesewetterGiese sowie Kreisobfrau Sigrid Ullwer-Paul und ihr Mann Josef Paul, die sich zufällig beim Jahresempfang des BdV Anfang April in Berlin kennenlernten. Außerdem stellte sich heraus, daß Edith Kiesewetter-Giese Mitgestalterin der

Ausstellung „Stillgeschwiegen! Die Vertriebenen in der SBZ und DDR“ (Ý SdZ 11/2024) war. Im östlichen Teil des geteilten Deutschlands wurden die Heimatvertriebenen als Umsiedler bezeichnet. Offizielle Vertriebenentreffen durften nicht stattfinden. Trotzdem schafften es Vertriebene, die Verbote zu umgehen, indem sie sich scheinbar zufällig in Gaststätten oder beispielsweise im Zoo in Leipzig

oder im Zoo in Halle trafen. Das Ehepaar Ullwer-Paul wurde durch die Begegnung mit Edith Kiesewetter-Giese später im Internet auch auf deren zahlreiche Buchveröffentlichungen und ihr hochinteressantes Zeitzeugengespräch als Video auf Youtube aufmerksam. Über den Inhalt dieses spannenden Videos diskutierten die Teilnehmer beim gut besuchten Heimattreffen Ende April in

Josef Paul, Dr. Edith Kiesewetter-Giese und Dr. Sigrid Ullwer-Paul beim BdV-Jahresempfang Anfang April in Berlin.

Burglengenfeld zusammen mit den Landsleuten aus Schwandorf. Die Vorführung der zweiten Folge des Videos ist für die nächste Zusammenkunft geplant.

Die Schönhengster Sing- und Spielschar ist 70 Jahre jung. Sie wurde 1954 gegründet, um die Lieder und Tänze, die Trachten und das Brauchtum aus der größten deutschen Sprachinsel im Sudetenland zu erhalten und zu pflegen. Ihre rund 70 Mitglieder wohnen über ganz Deutschland und Österreich verstreut. Da eine normale Gruppenarbeit dadurch nicht möglich ist, treffen sie sich zweimal im Jahr zu einer Arbeitswoche. Dann wird gesungen, getanzt, gebastelt und vor allem die Gemeinschaft und Freundschaft gepflegt. Denn das ist die Spielschar auch. Eine Gruppe von Familien, die sich seit Jahrzehnten trifft und deren Kinder in die Spielschar hineinwachsen. Freuen Sie sich auf ihren Auftritt im Böhmischen Dorffest am Pfingstsonntag um 12.30 Uhr beim Sudetendeutschen Tag in Augsburg.

VERBANDSNACHRICHTEN Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 10
� SL-Bezirksgruppe Oberfranken
Hautmanns

� SL-Ortsgruppe Passau Knauer zu Gast

Mit Bayerns BdV-Landesvorsitzendem Christian Knauer hatte die niederbayerische SL-Ortsgruppe Passau Anfang Mai prominenten Besuch. Ortsobfrau Helga Heller freute sich, daß sich im Gasthaus Aschenberger nicht nur SL-Mitglieder, sondern auch Gäste aus den Reihen der Siebenbürger Sachsen, der Deutschen aus Rußland und der Deutschen aus Ungarn eingefunden hatten. Traditionell mit dabei waren Gäste aus der SLOrtsgruppe Ruhstorf.

Eingangs wurde ein vom BdVLandesverband Bayern vor zwei Jahren in Auftrag gegebener Film über die Vertreibung der Deutschen im Osten vorgeführt. Er zeigt deren Ankunft in Bayern, ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung des Freistaates und ihre Brückenbauarbeit seit der Wende zu den Nachbarländern. Bei so manchem Zuseher, der zu den Zeitzeugen gehört, löste der Film schreckliche Erinnerungen an die Kindheit und Wehmut aus. Mit dem Film, der vor allem für die Arbeit in Schulen und Jugendverbänden sowie für heimatgeschichtlich interessierte Personen gedacht sei, wolle der BdV nicht nur die Erinnerung an das Schicksal der eigenen Landsleute wachhalten, sondern auch Empathie für die derzeit von Flucht und Vertreibung betroffenen Menschen auslösen, erklärte Knauer. Dies sei bei derzeit etwa 100 Millionen Flüchtlingen, die aus unterschiedlichen Gründen weltweit ihre Heimat verlassen müßten, notwendiger denn je. Die Landsmannschaften sähen es als eine Hauptaufgabe an, gegen Flucht und Vertreibung einzutreten, und forderten daher seit Jahren strafbewehrte Sanktionen für die Verantwortlichen. In einem leidenschaftlichen Appell wandte sich der frühere Landrat an die Kinder- und Enkelgenerationen der Heimatvertriebenen, die noch bestehenden Orts- und Kreisgruppen der Landsmannschaften durch ihre Mitgliedschaft zu unterstützen. Jeder vierte bayerische Bürger habe ostdeutsche Wurzeln. Diese seien vielfach prägend für deren Entwicklung und Identität. „Es wäre doch schade, wenn sich in Passau mit dem Abtreten der Erlebnisgeneration niemand mehr an die Geschichte sowie kulturellen und wirtschaftlichen Leistungen der Sudetendeutschen erinnern würde“, mahnte Knauer. Daß dies auch in der Dreiflüssestadt dringend notwendig ist, kam zuvor in den Begrüßungsworten der Obfrau Helga Heller zum Ausdruck. Einst habe man weit über 300 Mitglieder gehabt, diese Zahl sei mittlerweile auf 35 geschrumpft. Entsprechend hoch liege deren Altersdurchschnitt. „Wir freuen uns über jeden, der bei uns mitmachen und unsere Arbeit unterstützen will“, so Helga Heller. Passaus SL-Kreisobmann Peter Pontz ehrte zwei langjährige Mitglieder. So erhielten die frühere FDP-Stadträtin Ingrid Splitgerber für 55 und Ingrid Merklein für 33 Jahre Treue Dankurkunden. Susanne Marb

� Münchener Burschenschaft Sudetia

Preußler verdient Respekt

Das 27. Sudetengespräch der Münchener Burschenschaft Sudetia befaßte sich Anfang Mai mit dem aus Reichenberg stammenden Otfried Preußler. Referenten waren Anna Knechtel vom Adalbert-Stifter-Verein und Bernhard Pohl MdL von den Freien Wählern. Ein Hintergrund war das Preußler-Gymnasium im oberbayerischen Pullach, das sich umbenennen will.

Anna Knechtel berichtete über Otfried Preußlers Leben und Werk, der von den Geschichten der Großmutter Dora und des Vaters Josef, einem Heimatforscher, angeregt worden sei. Schon als Jugendlicher hätten ihn Sagen, Märchen und Abenteuergeschichten fasziniert. Nach dem Anschluß des Sudetenlands an das nationalsozialistische Deutschland 1938 sei er wie fast alle seines Alters der Hitler-Jugend beigetreten. Das abenteuerliche Leben eines Jungen-Sommerlagers, bei dessen Organisation die Nazis Anleihen bei den Pfadfindern und dem Wandervogel genommen hätten, habe ihn beeindruckt und er habe mit Enthusiasmus für das bäuerliche Leben sein Erstlingswerk „Erntelager Geyer“ geschrieben. Dies Büchlein sei 1944 in kleiner Auflage gedruckt worden, als Preußler bereits Soldat gewesen sei. Sechs Exemplare seien erhalten, zwei davon in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig. Nach den Kriegserfahrungen und fünfjähriger Gefangenschaft im sowjetischen Zwangsarbeitslager Jelabuga sei er nach Oberbayern gekommen. Er sei Lehrer geworden und habe beim Erzählen und Schreiben sein Talent, Kinder anzusprechen und ihre

Sorgen und Freuden zu teilen, entdeckt. Vordergründig wirkten seine Werke wie der „Räuber Hotzenplotz“ oder die „Kleine Hexe“ als leichte Kost für Kinder. Aber in seinem gesamten Werk reflektiere er seine Jugend in der NS-Diktatur. „Die Flucht nach Ägypten. Königlich böhmischer Teil“ erzähle den Nationalitätenkampf im Böhmen der Habsburger Monarchie und zeige Möglichkeiten zum guten Zusammenleben zweier Völker. Den Schwerpunkt legte Knechtel auf das Spätwerk „Krabat“, ein Jugendbuch. Hier beschreibe er, so Knechtel, hintergründig die Faszination durch die schwarze Magie der NS-Ideologie und wie sie überwindbar sei. Sein ganzen Leben habe er

kritisch seine Jugend in der Diktatur, aber auch Krieg, Gefangenschaft, Vertreibung und seine sudetendeutsche Heimat reflektiert.

Bernhard Pohl, Vertriebenenpolitischer Sprecher der FreienWähler-Landtags-Fraktion und Jurist, befaßte sich mit der Frage „Darf man Schulen, Straßen und ähnliches nach Preußler benennen?“. Pohl meinte, man dürfe keine öffentliche Institution nach einem Helfer oder einem festen Mitglied einer Diktatur wie Adolf Hitler, Josef Stalin, Rosa Luxemburg oder Ernst Thälmann benennen. Allerdings könne man einfache Menschen, die in einer solchen Zeit gelebt hätten, nicht

� SL-Ortsgruppe Viechtach-Ruhmannsfelden/Niederbayern

dafür anklagen, Mitläufer gewesen zu sein, zum Beispiel um sich oder andere zu schützen. Er kritisiere auch nachgeborene Generationen, die sich erlaubten, über die Generationen vor ihnen, die in einer Diktatur hätten leben müssen, wohlfeil zu urteilen. Die Entscheidung, ob öffentliche Einrichtungen nach Personen benannt würden, sei ein komplexes und sensibles Thema. Es erfordere eine differenzierte Betrachtung der historischen Kontexte und individuellen Lebenswege. Heute dächten viel zu wenige über die moralische Verantwortung gegenüber historischen Figuren und deren eigentliche Beweggründe und Entscheidungen nach. Für eine Umbenennung einer Einrichtung müßten triftige Gründe vorhanden sein, was beim Pullacher Gymnasium fehle. Bedauerlich seien die mangelnde Standfestigkeit und das politische Mitläufertum im Fall Preußler.

Pohl befaßte sich dann mit aktuellen außenpolitischen Themen wie die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Er spannte einen weiten Bogen von der NSund SED-Diktatur zu heutigen Diktaturen und Gewalttätern wie Wladimir Putin und die Hamas. Er mahnte zur Wachsamkeit gegenüber Schönrednern unfreier Regime. Die klare Unterstützung der Ukraine durch die tschechische Regierung solle Berlin ein Beispiel sein. Schließlich berichtete Knechtel, wie geschätzt heute Preußler in Tschechien sei. In seiner Heimatstadt Reichenberg werde er sehr verehrt. Dort häuften sich Preußler-Ausstellungen und -Vorträge. Friedrich Schönfelder Peter Batsch

Ausflug nach Eisenstein

Ende April unternahm die niederbayerische SL-Ortsgruppe Viechtach-Ruhmannsfelden eine Wanderung in den Böhmerwald, die mit der Waldbahn vom Bahnhof Viechtach nach Bayerisch Eisenstein begann.

Auf dem Bahnhof in Bayerisch Eisenstein überquerten wir die Gleise entlang des früheren Eiserner Vorhangs und wanderten, gesäumt von hohen Fichten und Tannen und jungen Buchen als Unterwuchs, in den Böhmerwald. Hier ist das Revier von Hirsch und Luchs. Neben dem Wanderweg fließen klare Bächlein vom Bergwald herunter, links blinkten Skipisten des Großen Arbers durch die Baumspitzen. Dann öffnete sich der Wald, und vor uns lag ein großes langgestrecktes Gebäude, die ehemalige tschechische Panzerkaserne, davor Zwinger für die Wachhunde der Grenzsoldaten. 1779 kaufte Johann Georg von Hafenbrädl aus Hurkenthal den

ausgedehnten Wald von Deffernik. Im selben Jahr ließ er ein Stück Urwald roden und baute ein geräumiges Barockschloß mit einer Kapelle. Hafenbrädl starb 1786 mit 59 Jahren. Seine Tochter Elisabeth von Hafenbrädl erbte das Gut. Beim Volk war sie beliebt, weil sie mit Spenden zum Bau der Kirche beitrug und ein Herz für die Armen hatte. Das Schloß gegenüber der Panzerkaserne wurde 1989 abgerissen. Zum Schloß und zur Glashütte führte eine Allee mit Linden, Eschen, Eichen und Bergahornbäumen, die heute mehrere hundert Jahre alt sind und noch existieren. Ein besonders schönes Exemplar steht am Eingang zum ehemaligen deutschen Friedhof, den wir als nächstes erreichten.

Harald Steiner erklärte uns den großen Friedhof am Berghang mit bekannten Persönlichkeiten aus Böhmisch Eisenstein/ Zelesna Ruda vor der Vertrei-

bung 1945. Heute werden hier die tschechischen Böhmisch Eisensteiner bestattet. Über die Bahnschienen, die wir überquerten, erreichten wir Böhmisch Eisenstein und gingen geradewärts auf die Barock-Kirche Maria Hilf vom Stern zu, die Wolfgang Heinrich von Nothaft von 1729 bis 1732 hat bauen lassen. Die Kirche überwölbt eine große, mit Schindeln bedeckte Kuppel. Später wurde ein Turm ins Dach eingefügt. Das Innere hat eine barocke Ausstattung mit Altar. Auf dem Altar steht ein Kreuz aus geschliffenem Rubinglas aus einer örtlichen Glasmanufaktur. In einem Hotel kehrten wir ein und wärmten uns auf. Anschließend gingen wir hoch zur Bahnstation, um nach Bayerisch Eisenstein zurück- und dann mit der Waldbahn über Gotteszell nach Viechtach zu fahren. Arnulf Illing dankte für‘s Mitfahren und wünschte allen einen guten Nachhauseweg. fg

sangesfreudigen

� BdV-Kreisverband Groß-Gerau/Hessen

Ende März fand die Musik- und Gesangsgruppe des hessischen BdV-Kreisverbandes Groß-Gerau zum Singnachmittag, dem Hutschen, in ihrem Stammlokal, dem Vereinsheim des Anglervereins, in den Biebesheimer Rheinauen zusammen.

Wir sind Kinder von der Eger, uns‘re Heimat liegt an ihrem Strand, es war im schönen Egerland, wo uns‘re Wiege stand.“ Wer kurz vor Ostern zu einem Spaziergang in die Biebesheimer Auenlandschaft aufgebrochen war und sich dabei dem Gelände des dortigen Anglervereins genähert hatte, dem schallten schon von weitem unter anderem solche Liedtexte entgegen. Hutzen beziehungsweise Hutschen gehen war und ist eine Tradition im Egerland, wobei sich die Bewohner eines Ortes abwechselnd in verschiedenen Wohnungen oder Stuben trafen, dort zusammen redeten, sangen, Handarbeiten machten, aßen, tranken und tanzten. Manches daraus ist bis heute noch überliefert und wird auch in den rund dreistündigen monatlichen Zusammenkünften im Biebesheimer Anglervereinsheim vorgetragen. An diesen Zusammenkünften nehmen, oft mit Leidenschaft, nicht nur Sudetendeutsche teil. Auftritte der BdV-Musik- und Gesangsgruppe in der näheren und weiteren Umgebung brach-

ten es im Laufe der Zeit fertig, daß auch andere Heimatvertriebene aus den früheren deutschen Siedlungsgebieten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa wie auch aus Schlesien, Ostpreußen oder Pommern oft auch außerhalb des Kreises Groß-Gerau daran teilnehmen. Man sagt immer, die Musik verbindet, und deshalb nehmen auch Heimatverbliebene, also echte Hessen, an diesen Musik- und Liedernachmittagen teil. Wer die zahlreichen Lieder noch nicht auswendig kann, dem wird von der Gesangsgruppe ein dickes Buch mit allen Liedern zur Verfügung gestellt. Nicht selten singen mittlerweile auch echte Hessen Egerländer Lieder mit und versuchen sich dabei auch schon mal im Egerländer Dialekt.

Neben dem Singen und dem Gedankenaustausch geht die Gruppe dabei vor allem auf die zahlreichen Bräuche aus der alten Heimat, besonders zu den zahlreichen Festen im Jahresverlauf, ein und trägt dazu bei, daß das Brauchtum dieser heimatlichen Regionen nicht in Vergessenheit gerät. Die Veranstalter freuen sich auf viele Interessierte und laden zu ihren monatlichen Treffen an jedem dritten Donnerstag um 16.00 Uhr herzlich ein.

Auskunft: Telefon (0 62 58) 74 55 oder (0 6152)

� SL-Altkreisgruppe Schlüchtern/Hessen

Die Jahreshauptversammlung der hessischen SL-Altkreisgruppe Schlüchtern fand Ende April statt.

Obmann Roland Dworschak staunte nicht schlecht bei dieser Versammlung. Im Vorfeld war klar, daß er aus gesundheitlichen Gründen das Amt des Kreisobmanns nicht weiter ausüben würde. Doch kaum waren die Wahlen zum neuen Vorstand abgeschlossen, wurde er wieder nach vorn gebeten. Die Kreisgruppe ernannte ihn zu ihrem Ehrenmitglied. Dworschak, der noch in Mähren im Sudetenland zur Welt gekommen war und sich schon lange auch in der hiesigen Kommunalpolitik einen Namen gemacht hatte, war 2006 bei der Wiedergründung der Altkreisgruppe dabei und von Anfang an Stellvertretender Kreisobmann. Nach dem Ausscheiden des bisherigen Kreisobmanns Walter Weber übernahm er dieses Amt mit der klaren Aufgabe, den Übergang zur sogenannten Bekennt-

nisgeneration vorzubereiten. Der Kreisgruppe bleibt er auch weiterhin im Vorstand treu, allerdings eben nicht mehr an der Spitze. Der sichtlich überraschte, aber auch sehr erfreute Geehrte bedankte sich herzlich und bat in seinen Dankesworten ausdrücklich darum, daß auch weiterhin der Geist der Einigkeit in der Kreisgruppe gepflegt werde. Markus Harzer

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VERBANDSNACHRICHTEN Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 11
Wir
der
sind Kinder von
Eger
Roland Dworschak
geehrt
Obmann Roland Dworschak erstattet Bericht. Bild: Manfred Gischler Die Landsleute in
Böhmisch Eisenstein mit Gästen aus Viechtach, Bad Kötzting und Straubing.
Helga Heller und Christian Knauer. Bild: Susanne Marb Die
Biebesheimer im Anglervereinsheim.
Peter Batsch, Obmann der AHS Sudetia, Bernhard Pohl MdL, Anna Knechtel und Jona Valcarel, Moderator und Student.

❯ Mathesius-Gesellschaft

Treffen in Aussig

Mitte April trafen sich Evangelische Sudetendeutsche zur diesjährigen Tagung der JohannesMathesius-Gesellschaft in der nordböhmischen Stadt Aussig.

Das Programm begann mit dem Besuch der Dauerausstellung „Unsere Deutschen“ des Collegiums Bohemicum über die Geschichte der deutschsprachigen Bevölkerung in den böhmischen Ländern, die die Historikerin und Mitbegründerin dieser Ausstellung, Kristina Kaiserová, kommentierte. Im Rahmen der anschließenden Mitgliederversammlung wurde der Vorstand in seiner Funktion bestätigt und Wittenberg als Ort der nächstjährigen Tagung beschlossen.

Dort soll 2025 eine Gedenktafel für den Lutherschüler und Reformator des nordböhmischen Raumes, Johannes Mathesius (1504–1565), enthüllt werden. Der nächste Tag galt den Vorträgen, die an der JanEvangelista-Purkyně-Universität gehalten wurden. Nach der Andacht mit Pavel Kučera stellte Jiří Riezner die Universität, die Stadt und die Region vor. Die Kirchengeschichte von Aussig und Umgebung bildete den Schwerpunkt des Vormittags. Václav Zeman widmete sich den evangelischen Gemeinden Tetschen-Bodenbach, Rosendorf, Rumburg und Warnsdorf im Zeitraum von 1781 bis 1945. Martin Zubík folgte mit dem Vortrag über die Gemeinde in Aussig und die dortige ApostelPaulus-Kirche. Helmut Süß präsentierte schließlich seine auf Archivstudien im Nürnberger Kirchenarchiv fußenden Forschungsergebnisse über die Losvon-Rom-Gemeinde Karbitz bei Aussig. Zwei Nachmittagsvorträge führten die Zuhörer nach Schlesien. Der österreichische Kirchenhistoriker Professor Karl Schwarz widmete sich dem in Teschen wirkenden Superintendenten Theodor Haase (1834–1909), Jiří Riezner der Geschichte der evangelischen Gemeinde in Hillersdorf bei Jägerndorf. Der letzte Tag begann in der Apostel-Paulus-Kirche mit einer Andacht mit Oskar Sakrausky, danach führte Martin Zubík durch die Kunstgeschichte der Kirche. Pfarrer Tomáš Jun stellte die Ortsgemeinde und ihre Aktivitäten vor. Der Besuch im Pfarrhaus der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder bildete den Abschluß der Veranstaltung, die Jiří Riezner von der JanEvangelista-Purkyně-Universität und Helmut Süß, Schatzmeister der Johannes-Mathesius-Gesellschaft, organisiert hatten.

❯ Pfadfinder aus Pilsen und Regensburg

Verbindungen (er)fahren

„Hledejme cesty. Verbindungen (er)fahren“ lautet das Motto der seit 26 Jahren meist Anfang Mai stattfindenden Pfadfinder-Radtour zwischen den Partnerstädten Pilsen und Regensburg. Diesmal fuhren mehr als 130 Deutsche und Tschechen nach einem geselligen Abend im Wenzenbacher Pfarrgarten oder einer Stadtführung in Regensburg am ersten Maiwochenende von Wenzenbach nach Pilsen.

Bei den Pfadfindern sind federführend der Pfadfinderstamm Ichthys in Pilsen und der Wenzenbacher Stamm der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) dafür verantwortlich. Seit 2023 unterstützt auch die Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg diese Aktion sowie die Pfarrei Sankt Peter in Wenzenbach mit Pfarrer Johann Babel. Stolz führt Bastian Beck, Vorsitzender des 1987 gegründeten Wenzenbacher DPSGStammes, in den Raum der Pfadfinder im Pfarrheim. Dort erinnert ein Bild an das erste Treffen der Wenzenbacher mit den Pilsener Pfadfindern Ende der 1990er Jahre. Etwa 40 Mitglieder zählt der Wenzenbacher DPSG-Stamm, der neben der traditionellen Radtour die grenzüberschreitende Pfadfinderarbeit koordiniert und schon mehrmals im Rahmen unterschiedlicher Aktionen in der Tschechischen Republik war. So pflegten einige Pfadfinder mit ihren tschechischen Partnern einen deutschen Friedhof im Nachbarland. Und tschechische Pfadfinder kommen immer wieder zu Veranstaltungen der Wenzenbacher wie zu einem Wikingerschach-Turnier. Doch wie ist es zu der inzwischen über ein Vierteljahrhundert bestehenden Veranstaltung gekommen? „Die Idee ist quasi auf meinem Küchentisch entstanden“, blickt Ortrun Herzog zurück. Die Erzieherin und Gestalttherapeutin mit Wurzeln in Böhmen zählt Radfahren zu ihren Hobbys. Sie hatte damals Kontakt zu Jan Lontschar, der

seit der Gründung 1997 zum Team von Tandem Pilsen gehörte und bis 2021 das dortige Büro von Tandem, Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch, leitete.

Da das deutsche Pendant in Regensburg sitzt, war Lontschar natürlich beruflich oft in der Dom- und Donaustadt. Eines Tages wurde er gefragt, ob man sich mit dem katholischen Pfadfinderstamm treffen könne. „Wir wollten von Anfang an die Partnerstädte Regensburg und Pilsen einbeziehen“, erläutert Herzog. Und so entwickelte sich aus einer

Gruppe von 15 Leuten und Elementen einer Radwallfahrt die Veranstaltung zur jetzigen Pfadfinderradtour. Herzog: „Inspirierend waren auch die unterschiedlichen Glaubenserfahrungen.“ Unterstützung kam über viele Jahre auch vom früheren Regensburger Bürgermeister Walter Annuß – einige Jahre fuhren die Pilsener Pfadfinder sogar bis Regensburg – sowie in Furth im Wald vom einstigen Bürgermeister Reinhold Macho. Auch der damalige Regensburger Bischof Manfred Müller stand dem Projekt positiv gegenüber.

Vergangenes Jahr war der 1. Mai an einem Montag, so konnten drei arbeitsfreie Tage –Samstag bis Montag – für die Veranstaltung veranschlagt werden: zwei Tage auf dem Rad, ein Tag Kultur und Rückfahrt per Bus nach Pilsen. Heuer trafen sich die tschechischen Pfadfinder am Freitagnachmittag in Pilsen und fuhren in Bussen oder Autos nach Wenzenbach, die Fahrräder wurden separat transportiert. Nach der Ankunft gab es gegrillte Würstl und Getränke, im großen Saal des Pfarrheims war die Unterkunft. Die Untergruppen erhielten ihre T-Shirts, da ja – je nach Leistungsvermögen – immer in Zeitabständen gestartet wurde. Eine Gruppe fuhr nach Regensburg, wo Florian Würsch, Vorstandsmitglied der Regensburger Ackermann-Gemeinde, eine tschechische Stadtführung bot. Am Samstagmorgen fiel der Startschuß für die 120 tschechischen Radler vom sechsjährigen Schüler bis zum Senior. Ab Wenzenbach fuhren auch vier Radfahrer aus diesem Ort mit, weitere sieben Oberpfälzer stießen in Furth im Wald zur Gruppe. Gewünscht hatten sich die Pilsener auch Teilnehmer aus dem Dombezirk Regensburg und darüber hinaus, wie sie in ihrer in deutscher Sprache verteilten Einladung erwähnten. Die Koordinierung der elf bayerischen Radler oblag Heidrun Meindl. „Die Verständigung erfolgt hauptsächlich auf Englisch, ansonsten mit Hand und Fuß“, erläuterte sie. Mittagspause war am Samstag in Roding, Ende der Tagesetappe in Furth im Wald. Von da ging es am Sonntagmorgen weiter, über die Grenze nach Koloveč (Mittagessen) und schließlich in Richtung Pilsen. Mit dem Abendesssen und dem Sonntagsgottesdienst in Litice, das etwa zehn Kilometer von Pilsen entfernt liegt, am Sonntagabend endete dann das diesjährige „Hledejme cesty – Verbindungen (er)fahren“.

Markus Bauer

Heidrun Meindl, Margit Nicklas und Urgestein Ortrun Herzog helfen beim Empfang der tschechischen Pfadfinder mit. Rechts die Chefs Bastian Beck von den Wenzenbacher Pfadfindern, Jan Lontschar vom Pfadfinderstamm Ichthys in Pilsen und Professor Dr. Bernhard Dick, Vorsitzender der Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg.

Pullacher

Preußler-Exegeten

Zum Artikel „Unheilige Allianz der Woken und Doofen gegen Otfried Preußler“ von Torsten Fricke (➝ SdZ 10/2024). Das Otfried-Preußler Gymnasium in Pullach möchte sich wegen einer die Hitlerjugend verherrlichenden Schrift aus der Jugendzeit des weltberühmten sudetendeutschen Autors umbenennen. Nun, genauso gut könnte man beispielsweise auf der Tilgung des manche öffentliche Einrichtungen zierenden Namens Theodor W. Adornos bestehen, hatte doch der Professor für Soziologie, gemeinsam mit Max Horkheimer, Kopf der Frankfurter Schule, vor seiner Emigration aus Deutschland 1934 in letztlich nutzloser Anbiederung an

die Nationalsozialisten in einer Musikkritik Männerchöre gelobt, die vertonte Gedichte von Hitlers Jugendführer Baldur von Schirach sangen, und zustimmend den Josef Goebbels zugeschriebenen Begriff eines „romantischen Realismus“ zitiert.

Den selbsternannten Pullacher Preußler-Exegeten und Bildungskoryphäen wird es, selbst wenn sie mit ihren albernen Umbenennungsplänen Erfolg haben sollten, ganz sicher nicht gelingen, Otfried Preußler vom literarischen Thron zu stoßen, sein Werk auf den Index zu setzen. Der Antrag fällt vielmehr auf seine Verfechter zurück, sagt er doch einiges über den desolaten Zustand ihrer geistigen und intellektuellen Verfassung aus.

Dr. Walter Kreul 82110 Germering

Teilnehmer der Ostersingwoche.

❯ Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk Überraschender

Abschied

Während der Karwoche fand die 67. Fritz-Jeßler-Ostersingwoche des Sudetendeutschen Sozial- und Bildungswerkes auf dem Heiligenhof im unterfränkischen Bad Kissingen statt.

Eigentlich war alles wie immer. Chorsingen mit Astrid JeßlerWernz, der vom Chor ernannten Heiligenhofer Chormusikdirektorin, Tanzen mit Martina Blankenstein, Orchester mit Dominik Richter für die Volksmusik und Herwig Kinzler für die Hochkultur, die Kindersingwoche mit viel Gesang, Spiel und Basteleien geleitet von Carina Jochheim. Dazu kamen Vorträge über „Schriftsteller des Deutschen Ostens“, bei denen Gisela Muschiol über Siegfried von Vegesack, Ulrike Sendelbach über Otfried Preußler und Antonia Goldhammer über die Prager Deutsche Literatur um 1900 referierten. Vor dem musikalischen Wekken um sieben Uhr früh waren die anderen Gäste mittels Handzetteln gewarnt worden. Ein von Gustav Binder geleiteter Ausflug führte zu Fuß nach Bad Kissingen und zum Sisi-Denkmal auf dem Altenberg und in ein herausragendes den Singwochenteilnehmern bis dahin unbekanntes Kissinger Café. Man nahm die erlernten Stükke auf, darunter ostdeutsche Volkslieder und Vertonungen ostdeutscher Dichter, meist von Fritz Jeßler, aber auch Madrigale aus Italien, England und Frankreich. Am letzten Abend fand eine öffentliche Aufführung vor 30 Gästen statt. Die Singwoche endete am Gründonnerstag mit der Aufführung der Kindergruppe. Und dann kam der Paukenschlag: Astrid Jeßler-Wernz gibt nach 15 Singwochen die Chorleitung ab. Sicher ist, daß es auch eine 68. Singwoche geben wird. Die Organisatoren sind bereits auf der Suche nach einer neuen Chorleitung.

❯ SL-Ortsgruppe Naila/Oberfranken

Maibaum errichtet

Zum 40. Mal errichtete die oberfränkische SL-Ortsgruppe Naila einen Maibaum im Pfarrhof der katholischen Kirche.

Wie Bezirksvize- und Ortsobmann Adolf Markus in seinem Grußwort erwähnte, solle damit die Tradition aus der Heimat Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien, die die SL 1972 in Naila eingeführt hatte, gepflegt werden. An dem rot-schwarzen SL-Maibaum sind Wappenschilder von einigen größeren Heimatkreis-Städten angebracht. Sie erinnern an die 900 Jahre alte Heimat der 3,5 Millionen Sudetendeut-

❯ Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland Neues Heimatlied

„Die Lustigen Oberfranken“ produzierten im Rahmen des Kulturprojektes „Lieder der Heimat“ der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland drei neue Lieder.

Mit Unterstützung der Bayerischen Landesbeauftragten für Aussiedler und Vertriebene, Petra Loibl MdL, und der CSULandtagsfraktion erhält die Stiftung Verbundenheit für ihr Kul-

schen mit ihrer reichhaltigen Kultur, aus der sie ab 1945 vertrieben wurden. Obmann Markus dankte den Akteuren der SL aus dem „Vertriebenendorf“ zwischen Kirche und Kettelerhaus und weiteren Freunden für das Aufrichten des Maibaumes. Er erinnerte an die SL-Volkstanzgruppe Naila, die 25 Jahre lang auch bei den Maibaumfesten Volkstänze und Volkslieder dargebracht habe. Nach dem Dank an den Hausherrn Dekan Andreas Seliger stießen alle mit einem Stamperl Altvaterlikör und einem Maibier auf ein gesegnetes friedliches Jahr an.

Die Lieder gehören zur diesjährigen Konzertreise der „Lustigen Oberfranken“. Nach dem Auftritt beim Festival der deutschen Minderheit in Polen in Breslau 2022 und der Argentinien-Tournee 2023 reist das Ensemble im Juni in die Slowakei, um beim Kultur- und Begegnungsfest der deutschen Minderheit in Kesmark aufzutreten. Hierbei besteht eine Mitreisemöglichkeit: www. stiftung-verbundenheit.de

turprojekt „Lieder der Heimat“ in diesem Jahr eine Förderung, um das historische Heimatlied der Karpatendeutschen vom Ensemble „Die Lustigen Oberfranken“ in einer zeitgemäßen Version neu zu beleben. Hierzu schrieb der Komponist und Arrangeur des Ensembles, Michael Stößl, ein Arrangement, das jetzt aufgenommen wurde. Auch das jiddische Volkslied „Tumbalaleika“ arrangierte Michael Stößl neu, und die „Lustigen Oberfranken“ spielten es ein. Damit will die Stiftung Verbundenheit zur Wertschätzung für das jüdische Volksmusikerbe und zu dessen Erhaltung beitragen. Außerdem schuf Stößl ein neues Frankenlied.

VERBANDSNACHRICHTEN Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 12
LESERBRIEFE
für Karpatendeutsche
In dem Saal, der als Unterkunft dient, hängt ein überdimensionales dreieckiges Bild der Wenzenbacher Pfadfinder. Die Tagungsteilnehmer vor der Pauluskirche in Aussig.

� Bund der Deutschen in Böhmen

Wenn der Mai beginnt

Der Monat Mai, von den Christen Marienmonat genannt, gehört beim Bund der Deutschen in Böhmen (BdDB) zu den aktivsten Monaten im Jahreslauf. Schauen wir mal hinein, wie die ersten Tage dieses mit blühenden Obstbäumen geschmückten Monats heuer aussahen.

Der 30. April gehört eigentlich auch schon zum Monat Mai, weil bei der „Hexennacht“ das Böse und Alte verbrannt wird und etwas Neues mit dem Ersten Mai kommt. Am Plachtin schmückte der Måla Richard alias Richard Šulko mit seiner Frau Irena auch einen kleinen Maibaum am Haus. Bei der Mariensäule wurden auch zwei kleine Birkenäste mit farbigem Kreppapier verziert, weil man etwas ganz Besonderes erwartete. Dann führten unsere Wege ins Dorf, wo gegenüber dem Haus von Pavel Biely auch ein Maibaum mit einem farbigen Kranz aufgestellt worden war. Pilsner Urquell wurde ausgeschenkt, sogar ungefiltert, also ein Genuß für alle Biertrinker! Kurz nach sieben Uhr abends zündeten wir das Lagerfeuer an, die Plachtiner Hexe wartete schon auf ihre Verbrennung. Nachdem die letzten Reste des „Bösen“ verbrannt worden waren, kam die Zeit zum Knacker-Braten. Zu Ehren der vielen Teilnehmer muß gesagt werden, daß der Maibaum erfolgreich bewacht war, weil er früh am Ersten Mai noch dort stand.

sein Vorsitzender Richard Šulko in Tracht und Vereinsfahne, Ladislava Pfeferová aus Kladen begleitete den Gottesdienst auf der elektronischen Orgel. Die Kir-

Die erste Andacht wurde vor der 2015 aufgestellten Mariensäule vor dem Haus Nr. 57 der Målas am Plachtin gesungen. Die tschechische Lauretanische Litanei übernahm SLKulturförderpreisträger Vojtěch Šulko, die Muttergottes-Litanei Richard Šulko. Die zweite Maiandacht wurde an der Muttergottes-Kapelle in Deutsch Neustadl gesungen. Danach ging es zu Målas, um sich mit Bier und Kaffee für den zweiten Tagesteil zu stärken. Die Heilige Messe in der SanktJakobus-Kirche zelebrierte der eine Woche zuvor zum Priester geweihte Pater Oto Medvec OMI. Pfarrer Vierhock, welcher auch am Altar mitdiente, sagte: „Bei dieser Feier spendet der neu geweihte Priester in der Regel einen besonderen Segen, den Primizsegen, von dem der Volksmund früher sagte, es lohne sich, dafür ein paar Schuhsohlen durchzulaufen.“

Sechs Priester und ein Abt

Die Wege der Gläubigen aus nah und fern führten am Ersten Mai nach Maria Stock. Die traditionelle Deutsch-tschechische Verständigungswallfahrt fand unter blauem Himmel statt. Hauptzelebrant der Messe war der Abt des Prämonstratenserklosters Tepl, Pater Zdeněk Filip Lobkowicz OPraem. Jakub Lukáš Arendáš, welcher in Prag Theologie studiert und Priester werden will, hatte zwei Prämonstratenser aus dem Kloster Strahov in Prag mitgebracht. Aus Luditz war der örtliche Pfarrer Pater Pavol Kavec CM und aus Karlsbad-Fischern Pater Romuald Štěpán Rob gekommen. Insgesamt standen neben dem Abt weitere sechs Priester am Altar in Maria Stock. Aus Würzburg war eine kleine Delegation der Ackermann-Gemeinde gekommen, die über die Jahrzehnte ihre Treue zu Maria Stock beweist. Den BdDB vertrat

che war voll, und die Kollekte ergab 4081 Kronen und 178 Euro. Nach dem Gottesdienst folgte eine Erfrischung im ehemaligen Pfarrgarten, die das Team von der „Sokolovna“ aus Theusing vorbereitet hatte. Die Krautsuppe war ausgezeichnet: nicht nur schön heiß, sondern auch ganz schön scharf. Wie der Koch sagte: „Ich kann einfach ohne Chili nicht kochen.“ Da schmeckte das Bier dann um so besser!

Maiandacht-Tournee

Für den 4. Mai organisierte der BdDB einen speziellen Tag: drei deutsch-tschechische Maiandachten, eine nach dem Gottesdienst und am Abend, dann noch der Muttertag. Aus Prag kamen für den ganzen Tag hochrangige Gäste angereist: Pfarrer Lothar Vierhock von der Deutschsprachigen Katholischen Pfarrei Prag, Martin Dzingel, Präsident der Landeversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik, und Zuzana Schreiber, Mitglied des Prager deutschen Kulturverbandes.

Zitherklang und Ehrensalut

Nach der Heiligen Messe, in der man auch wieder die zweisprachigen Litaneien gebetet hatte, führte der Weg in das Schloß Preitenstein, wo im kleinen Salon ein kleiner Muttertag vorbereitet wurde. Richard Šulko bereitete Liederblätter vor, und damit konnten die Gäste aus Prag auch ein bißchen mitsingen und die Mundart üben. Die Unterhaltung übernahmen die „Målaboum“ Richard Šulko mit Gesang und Vojtěch Šulko an der Zither. Nachdem die Prager Gäste wieder ihre Rückreise angetreten hatten, kam noch ein Mitglied aus Rakonitz zu der Versammlung dazu, welches man schon lange nicht gesehen hatte. Da war die Freude groß! Vorsitzender Richard Šulko fuhr am nächsten Tag nach Tepl. Die Stadt erinnerte mit einer Gedenkstunde an die Opfer der Todesmärsche im April 1945. Tepls Bürgermeister Karel Hermann und Pater Augustin Kováčik OPraem, Prior des Tepler Klosters, legten am Ehrengrab Kränze nieder, Šulko für seinen Verein eine Trauerblume. Bei dem Trauerakt wurden auch Ehrenschüsse abgefeuert, durchgeführt von der Memory of 97th US Army mit Petr Barchánek. Nach der Gedenkfeier versammelten sich alle auf dem Marktplatz, wo man sich nicht nur die Blaskapelle „Hasičanka“ aus Tepl anhören, sondern auch Militärtechnik aus den USA von 1945 bewundern konnte. do

Dr. Petr Rojíks Studenten im ehemaligen Tagebau Sylvester bei Falkenau.

� Graslitz und Umgebung Exkursionen

Graslitz in der Region Karlsbad beherbergte Ende April eine Gruppe Studenten, hauptsächlich von der Fakultät für Naturwissenschaften der KarlsUniversität und teilweise von der Fakultät für Architektur der Tschechischen Technischen Universität. Petr Rojík berichtet.

Seit 14 Jahren unterrichte ich das Fach Bergbau und Landschaftsrevitalisierung in Prag. Der Kurs wird von angehenden Landschaftsarchitekten, Experten auf dem Gebiet des Umweltschutzes, Biologen und Geologen besucht. Nach der Vortragsreihe in Prag verlagert sich der Schwerpunkt des Kurses traditionell auf Feldübungen und Exkursionen in die Karlsbader Region und das angrenzende Sachsen.

Heuer gelang uns dank des Verständnisses des Bürgermeisters und der Mitarbeiter der Stadtverwaltung, eine Unterkunft für die Hauptgruppe von etwa 40 Studenten in Graslitz zu organisieren. Trotz meiner Befürchtungen bezüglich der Graslitz-Premiere übertraf der Aufenthalt der Studenten alle Erwartungen. Für die gesamte Exkursion war es notwendig, mehrere Sondergenehmigungen von Behörden, Firmen und Organisationen auf beiden Seiten der Staatsgrenze zu besorgen.

Tschechien, sondern auch aus der Slowakei, der Ukraine, Rußland, Kasachstan und Usbekistan den diesjährigen Kurs besuchen. In den letzten Jahren sind auch Studierende aus Deutschland, Chile, Portugal, Kolumbien und Südkorea durch unsere Region gekommen. Die dreitägige Hauptphase führte die Studenten zunächst in das Kohlebecken von Falkenau direkt in den Bergbaubetrieb des Tagebaus Georg zur Rekultivierung der neuen Seelandschaft von Medard und in die Schluchten der Sylvester-Tagebau-Folgestätte. Der zweite Tag widmete sich der Renaturierung des einst größten Uranreviers Europas in Bad Schlema, der Sanierung von

Das Pikante an dem Treffen war, daß nicht nur Studenten aus

Bergbauschäden im Zentrum der erzgebirgischen Bergbaumetropole Schneeberg, einem neuen originellen Naturlehrpfad im Zinnrevier Eibenstock-Grün und einem Einblick in die Traditionen des Erzgebirges in Johanngeorgenstadt, einer Stadt, die während der Gegenreformation von Auswanderern aus Böhmen gegründet wurde. Der dritte Tag war der Bergbaufolgelandschaft Eibenberg

bei Graslitz, einem Gebiet von europäischer Bedeutung, gewidmet, einschließlich der Gebiete des Bergwerks Helena und der Adam-Hütte, der Renaturierung des Steinbruchs Flößberg mit der Basaltorgel von Rothau, die heuer 100 Jahre alt wird, des Steinbruchs Kernberg, einst der größte Basaltsteinbruch der Tschechoslowakei, und des Eisenerzbergwerks Josef in Hochofen. Die Bergbaulandschaften des Erzgebirges und des Erzgebirgsvorlandes sind im internationalen Vergleich einzigartig, da wir auf kleinem Raum vielfältige Ansätze zur Revitalisierung der Landschaft nach dem Bergbau finden. Darunter sind erfolgreiche und weniger erfolgreiche Fälle, konservative und kontroverse, alte, neue und moderne. So wird beispielsweise in Niederschlag im Erzgebirge Fluß- und Schwerspath so gefördert, daß mögliche zukünftige Schäden verhindert werden wie in den USA, in Schweden oder Österreich. All dies ist eine ausgezeichnete Schulung in der Praxis. Gleichzeitig lernen die Studenten die wunderschöne Landschaft des Erzgebirges kennen, in die viele von ihnen gerne zurückkehren. Und nicht zuletzt dienen solche Treffen der Verständigung junger Menschen unterschiedlicher Nationalitäten.

� Heimatlandschaft Adlergebirge Karl Mück ist Ehrenobmann

Anfang Mai wählte der Heimatverein der Adlergebirgler im Haus Sudetenland im oberbayerischen Waldkraiburg im Rahmen der diesjährigen Jahreshauptversammlung einen neuen Vorstand.

Für den verhinderten Obmann Karl Mück begrüßte sein Stellvertreter Günther Wytopil 22 Mitglieder sowie Waldkraiburgs Zweiten Bürgermeister Anton Kindermann und Museumsleiterin Elke Keiper. Bei den Neuwahlen kandidierte der bisherige Obmann Karl Mück nach 20jähriger Amtszeit nicht mehr.

Zu dessen Nachfolger wurde einstimmig Landschaftsbetreuer Günther Wytopil gewählt. Der geschäftsführende Vorstand wurde mit Schriftführerin Waltraud Castor und Geschäftsführerin Elisabeth Pischel komplettiert. Ihnen stehen Sonja Jendras, Heimatkreisbetreuerin des Friesetals, Kurt Stepke, Heimatkreis-

betreuer vom Oberen Adlergebirge, und Rudi Karger, Heimatkreisbetreuer vom Grulicher Ländchen, zur Seite. Beauftragter für die jüngere Generation wurde Felix Fischer. Einstimmig ernannten die Mitglieder Karl Mück zum Ehrenobmann. Damit wird seine 20jährige Verantwortung als Obmann und Motor des Vereins gewürdigt. In seine Amtszeit fielen unter anderem die Modifizie-

rung des Patenschaftsvertrages von 1980 mit der Stadt Waldkraiburg, die über zehn Jahre andauernde sachregistergemäße Erfassung der Archivbestände und die Errichtung des Vertreibungskreuzes auf dem Waldfriedhof in Waldkraiburg 2018. Für seine Verdienste um den Verein der Adlergebirgler und die Sudetendeutsche Volksgruppe erhielt er bereits den Ehrenbrief der Heimatlandschaft Adlergebirge sowie das Große Ehrenzeichen und die Rudolf-Lodgman-Plakette der SL. rl

HEIMAT Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 13
Bergbaulandschaften
in
Die Studenten mit Dr. Petr Rojík im Basaltsteinbruch Kernberg. Rudi Karger, Günther Wytopil, Sonja Jendras, Elisabeth Pischel, Waltraud Castor und Kurt Stepke.
Deutsch-tschechische Wallfahrtsmesse in Maria Stock, rechts Ministrant Richard Šulko der Jüngste mit Abtstab.
Ehrenobmann Karl Mück Irena Šulková schmückt die Birken an der Mariensäule. Lagerfeuer am Plachtin vertreibt das Böse. Zuzana Schreiber, Pfarrer Lothar Vierhock, Elfriede Šulko und Martin Dzingel. Bilder: Richard Šulko

Neudek Abertham

Bärringen

Neudeker Heimatbrief

für die Heimatfreunde au+ Stadt und Landkrei+ Neudek

Folge 657 · 5/2024

Frühbuß Platten Patenstadt Augsburg

Heimatkreis Neudek – Patenstadt Augsburg. Heimatkreisbetreuer: Heinrich Hegen, Pflugstraße 41, 86179 Augsburg, Telefon (08 21) XXXXXXX. Heimatmuseum Stadt und Kreis Neudek, Von-Cobres-Straße 5, 86199 Augsburg. Besichtigungstermine bei

Josef Grimm, Telefon (08 21) 6 41 42, eMail grimm-augsburg@t-online.de oder Dieter Thurnwald, Telefon (08 21) 88 05 55. Heimatgruppe „Glück auf“ Stadt und Landkreis Neudek – Vorsitzender: Heinrich Hegen. Neudeker Heimatbrief – Verantwortlich von seiten der Heimatgruppe: Dieter Thurnwald. Redaktion: Herbert Fischer, Hochstraße 8, 81669 München, Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail neudeker@sudeten.de. Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Erscheint achtmal jährlich im Abstand von etwa sechs Wochen. Jahresbezugspreis 25,00 EUR. Redaktionsschluß für die nächste Ausgabe: Mittwoch, 14. März.

Heimatkreis Neudek in der Sudetendeutschen Landsmannschaft – Patenstadt Augsburg. Heimatkreisbetreuer: Josef Grimm, Waxensteinstraße 78c, 86163 Augsburg, Telefon (08 21) 6 41 42, eMail grimm-augsburg@ t-online.de Heimatmuseum Stadt und Landkreis Neudek, von-Cobres-Straße 5, 86199 Augsburg; Besichtigungstermine bei Josef Grimm. Heimatgruppe Glück auf – Freunde des Heimatmuseums Stadt und Landkreis Neudek in Augsburg, eMail heimatgruppe-glueckauf@t-online.de, Internet www.heimatgruppe-glueckauf.de – Vorsitzender und zuständig für den Neudeker Heimatbrief: Josef Grimm. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de. Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Jahresbezugspreis 31,25 EUR. Konto für Bezugsgebühren und Spenden: Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft, Stadtsparkasse München – IBAN: DE69 7015 0000 0906 2126 00, BIC: SSKMDEMMXXX. Redaktionsschluß für Folge 658 (6/2024): Mittwoch, 19. Juni.

Sudetendeutsche aus dem böhmischen Erzgebirge schufen nach ihrer Vertreibung in Augsburg-Göggingen einen sehenswerten Ort, der bis heute ihre vielfältigen Erinnerungen an eine untergegangene Welt bewahrt. Die Kinder von damals haben sich mit den Tschechen versöhnt.

Anita Donderer ist bemerkenswert. Mit 84 Jahren macht sie sich für uns eigens auf den Weg. Wir, ein deutsch-tschechisches Ehepaar aus dem Osterzgebirge bei Freiberg auf Familienbesuch in Augsburg, sind spontan gekommen. Nur wenige Stunden hatte es gedauert, bis Anita Donderer auf unsere Anfrage per eMail antwortete. Einen Tag später zieht sie gegenüber der Pfarrkirche Sankt Georg und Michael in Augsburg-Göggingen einen Schlüssel aus ihrer Handtasche und sperrt die Tür zum Souterrain eines ehemaligen Schulgebäudes auf. Die vitale Seniorin will uns mitnehmen auf eine Reise in ihre frühe Kindheit. In der Schubertschule in Göggingen bewahren Sudetendeutsche und ihre Nachfahren aus dem böhmischen Erzgebirge auf, was ihnen nach der Vertreibung 1946 aus der Tschechoslowakei von ihrer Heimat blieb. Ein schlichtes Messingschild neben dem Eingang verweist auf das Heimatmuseum Stadt und Landkreis Neudek. Dahinter verbergen sich Schätze. Neudek ist eine Kleinstadt im Westerzgebirge nahe der sächsischen Grenze, die auf Tschechisch Nejdek heißt. Bis 1945 gehörten zum Landkreis Neudek die Städte Abertham, Bärringen, Frühbuß und Platten sowie mehrere Dutzend Dörfer, von denen heute einige nicht mehr existieren. Wer das Heimatmuseum betritt, sieht zuerst eine große Wandkarte, die die Gegend zeigt – gezeichnet von Menschen, die dort einst lebten. Eingerahmt wird die Wandkarte von Fahne und Bildergalerie des Bürgerlichen Schützenkorps Neudek aus der Zeit der Donaumonarchie. Davor steht eine alte, vollmechanische Nähmaschine, die wie vieles hier auf verschlungenen Wegen nach Bayerisch-Schwaben kam. Die Nähmaschine gehörte Anita Donderers Mutter. Das Gerät ermöglichte ihr einst in Augsburg den beruflichen Neubeginn als Schneiderin.

im Heimatmuseum.

❯ Schätze des Neudeker Heimatmuseums

Bei Anton Günther in Augsburg

Das Neudeker Heimatmuseum geht zurück auf eine heimatkundliche Sammlung, die in den 1950er Jahren entstand. Damals übernahm der noch selbständige Markt Göggingen die Patenschaft für die aus der Stadt und dem Landkreis Neudek vertriebenen Deutschböhmen. Nach der Eingemeindung von Göggingen nach Augsburg 1972 führte die Fuggerstadt diese Patenschaft weiter. Die Menschen, die die Heimatstube gründeten, waren nach Bayern ins Exil gekommen. Sie wußten, daß sie nie wieder zurückkehren würden, daß sie ihre Heimat im Erzgebirge verloren hatten. Unter ihnen herrschten Wehmut und Schmerz, aber auch Verbitterung über dieses Schicksal. Die Hei-

matstube – und das ist dort heute noch an manchen Stellen zu spüren – sollte ein Ort werden,

an dem böhmische Erzgebirgler in der Fremde zusammenfinden, Erinnerungen austauschen,

ihren erzgebirgischen Dialekt und ihr Liedgut pflegen in dem klaren Bewußtsein, daß ihre Welt untergegangen war.

Mit den Tschechen wollten sie nie wieder etwas zu tun haben.

„Wir hatten einst ein schönes Heimatland. Hier ist der Rest – es ist zerschlagen.“

Diese Worte hängen gerahmt an einer Wand der Heimatstube, daneben Portraits ihrer Schöpfer, die meisten tragen schwarze Bänder. Hier saßen sie einst auf einer Eckbank unter einem handgeschnitzten Leuchter, schauten auf den kreisrunden Fensterrahmen aus dem Peindlturm, ein echtes Relikt des Neudeker Hausberges, des 974 Meter hohen Peindlbergs, in das sie bunte Glasscheiben mit den Wap-

pen ihrer einzelnen Heimatorte eingesetzt hatten. In den Räumen dahinter wurde mit Akribie und Enthusiasmus zusammengetragen, was aus der alten Heimat zu beschaffen war. Da sind filigrane Tischdecken und Läufer, feinste Handarbeiten aus Klöppelspitze. Wie das Handwerk in der Gegend von Neudek einst ausgeübt wurde, zeigt eine komplett eingerichtete Klöppelstube mit zwei Frauen an Klöppelkissen. In Vitrinen finden sich Trachtenträgerinnen aus dem Neudeker Land ebenso wie Erzeugnisse und Werkzeug der Handschuhmacher aus Abertham oder Perlmuttknöpfe, hergestellt in Frühbuß-Sauersack. Gebrauchsgegenstände wie Fahrradklingeln mit eingeprägten Motiven aus Neudek liegen neben handgefertigtem Christbaumschmuck und Taschenuhren. Auch Anton Günther, der berühmteste Volksdichter des Erzgebirges und Erfinder der Liedpostkarte, darf natürlich nicht fehlen. Eine Büste aus Messing, angefertigt von einem Vertriebenen aus dem Dorf Hochofen bei Neudek, zeigt den Sänger aus Gottesgab. Eine Bibliothek mit vielen Büchern und Leitzordnern voller Dokumente über jeden einzelnen Ort des einstigen Landkreises Neudek bewahrt die Geschichte der Gegend. „Unsere alte Heimat in Wort und Bild“ heißt es dort, man kann in Klapprahmen voller historischer Fotografien blättern. Die meisten der Aufnahmen stammen von Rupert Fuchs aus Neuhammer. Sogar der Fotoapparat, mit dem er durchs Erzgebirge zog, ist in einer der Vitrinen zu sehen. Die Schau gibt auch Hinweise darauf, wie das Leben der vertriebenen Erzgebirgler in Bayern weiterging. Wie die Menschen, dem Wintersport traditionell verbunden, noch in den 1980er Jahren Neudeker Skimeisterschaften im Allgäu austrugen. Im größten Raum des Heimatmuseums steht in der Mitte ein Modell der Stadt Neudek, wie sie im Jahr 1945 existierte. Von Hand wurden Berg und Tal geformt, Wiesen und Wälder, das Flüßchen Rohlau sowie jedes einzelne Haus im Maßstab 1 : 3300. Wir beugen uns über den großen Glaskasten, Anita Donderer zeigt uns ihr Geburtshaus in der Karlsbader Straße 37. Es steht am Hang unter dem Kreuzberg. Bitte auf Seite 15 weiterlesen

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 14
Klöppelstube Bilder: Oliver Hach Oliver Hach, Anita Donderer und Dagmar Hach. Dagmar Hach und Anita Donderer betrachten Bilder der Heimat. Anita Donderer erklärt Dagmar Hach das Stadtmodell von Neudek.

� Abertham

Pflege der deutschen Gräber

Einem Aufruf zur Pflege der Grabstätten deutscher Vorfahren, unter anderem der Großfamilie Kolitsch, Modes, Held und Huth, folgten am ersten Maiwochenende mehr als 25 Familienmitglieder und auch Nichtangehörige. Ein Anfang ist gemacht. Die Unterstützung von der Stadt Abertham/ Abertamy, vertreten durch die Stadtverwaltung, aber auch von interessierten Bürgern war beispielgebend. Dafür möchten sich alle Angereisten und vor allem das Organisationsteam um HelmuthAnton Kolitsch herzlich bedanken. Alle hoffen, daß dies eine positive Vorlage war und es ganz viele eifrige Nachahmer geben wird.

Sicher ist, daß weitere Verschönerungsarbeiten sowie Reparatur- und Instandhaltungsleistungen an den vielen Familiengräbern notwendig werden. Alles auf einmal war für so einen kleinen Teil der Familienmitglieder nicht möglich. Darum der Aufruf an alle Interessierten nach Möglichkeiten zu suchen, diese Mängel weiterhin abzustellen. Vielfältige Initiativen sind hier in der Zukunft gefragt. Es ist auch im Interesse der tschechischen Seite, dem Verfall der Gräber deutscher Verstorbener weiter entgegenzuwirken, damit diese den Nachfahren der einzelnen Familien und der Historie erhalten bleiben.

Einen Hinweis zur Historie aus dem Jahre 1680 gibt die Grabstätte des Berggeschworenen Johann Preiß an der Friedhofsmauer, eines weitläufigen Vorfahren der Familie Kolitsch. Diese Gedenktafel ist das älteste, geschützte Denkmal der Stadt Abertham/Aberta-

my und unserer Familie. Leider ist diese aus heutiger Sicht sehr stark dem Verfall und der Witterung ausgeliefert. Auch hier besteht umfangreicher Bedarf an der Instandsetzung und Erhaltung. Am Arbeitseinsatz, hauptsächlich am Samstag, wurden die Gräber von unnötigem Bewuchs befreit und freigeschnitten, um den Zugang unfallfrei zu gewähren. Mit einem Hochdruckreiniger wurden die Grabsteine, Einfassungen und Schmuckelemente von Schmutz und Moos, das sich an allen Gräbern wie eine Decke zur Tarnung darübergelegt

getaner Arbeit gemütliches Treffen bei den Schröders in Hengstererben.

n Samstag, 29. bis Sonntag, 30. Juni, 26. Beerbreifest in Hochofen-Trinksaifen/Vysoká Pec u Nejdku-Rudné: Samstag 10.30 Uhr Gottesdienst mit Pfarrer Thaddäus Posielek, Organist Petr Rojík und Sopranistin Věra Smrzová in der Kirche Mariä Heimsuchung in Trinksaifen; 12.00 Uhr Mittagessen in Hochofen mit Bürgermeister Václav Malý; 14.00 Uhr Fahrt nach Seifen/Ryžovna mit Besuch des AntonGünther-Grabs und der Kirche in Gottesgab/Boží Dar; anschließend Besuch des Gedächtnissteins und Einkehr

im Restaurant der Brauerei in Seifen; 17.00 Uhr Rückfahrt nach Hochofen, Abendessen und kleiner deutsch-tschechischer Heimatabend mit Helmut Zettl und Franz Severa. Sonntag 10.00 Uhr Wanderung mit Roman Kloc, Václav Malý und Schwarzbeersuche ab Penzion Na Vysoká Peci, früher Justinsklause, zum Fuchswinkel/Rabenberg; 12.00 Uhr Mittagessen und Ende des Treffens. Unterkunft Hotel Malamut, früher Schwarz, Nové Hamry 18, CZ-36221 Nové Hamry, Telefon (0 04 20)7 31 47 89 10, eMail hotelmalamut@gmail.com; Ho-

� Fortsetzung von Seite 14

Bei Anton Günther in Augsburg

Gegenüber stehen die Fabrikhallen der Neudeker Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei (NWK). Hier arbeitete ihr Vater. Das Haus der Familie existiert noch heute, die Wollkämmerei in Neudek produziert jetzt für ein britisches Unternehmen. Wer heute durch Neudek geht, kann an manchen Fassaden noch Reste deutscher Aufschriften finden.

Tschechen aus Neudek schon seit vielen Jahren mit einem gemeinsamen Stand vertreten.

hatte, gereinigt. Teilweise wurden auch Einfassungen gerichtet und neu verlegt. Durch Mangel an Baumaterialien konnten diese nur lose gerichtet und zusammengefügt werden. Hier müssen vor neuen Maßnahmen zur Pflege gründlichere Planungen durchgeführt und die entsprechenden Baumaterialien besorgt werden. Diese wurden vor Ort schon registriert, und der eine oder andere hat es gedanklich bestimmt schon abgespeichert. Ein großes besonderes Dankeschön geht an Michael Schröder aus Hengstererben, der ohne großes Aufsehen sein Notstromaggregat zur Verfügung stellte und dieses den ganzen Tag vor Ort mit zum Einsatz brachte. Ein herrenloser Grabstein wurde den Familien Kolitsch und ihren Nachkommen für die Errichtung einer zentralen Gedenktafel zur Erinnerung der acht Generationen an Vorfahren vorgeschlagen. Vorab gab es eine Zusammenkunft zwischen der Bürgermeisterin Renata Mrňková und einer Abordnung der Familie Kolitsch unter Leitung von Helmuth-Anton Kolitsch, wo diese Belange besprochen und abgestimmt wurden. Damit sind eine Örtlichkeit und der Grundstein vorgegeben. Der Stein ist ein alter historischer mit erzgebirgischer Herkunft und ohne Ansprüche Dritter. Für die Umsetzung all dieser Vorhaben ist in den letzten Monaten ein Spendenkonto eingerichtet worden. Wir freuen uns über weitere Unterstützer und Unterstützerinnen für unser Anliegen. Natürlich gab es dann am Abend einen gemütlichen Ausklang bei gutem Essen und Trinken. An der Tafel wurde bestimmt die eine oder andere Variante zum Plan der Gestaltung des Gedenksteines oder einer Tafel diskutiert. Diese soll eventuell schon im Jahr 2025 zum nächsten Familientreffen eingeweiht werden.

Matthias Kolitsch

Nähere Informationen über eMail hakolitsch@gmx.de

TERMINE

tel Seifert, früher Rohm, Nové Hamry 13, CZ-36221 Nové Hamry, Telefon (0 04 20) 7 24 08 82 10, eMail info@ horskyhotelseifert.cz; Hotel Anna, Naměstí Karla IV. 486, CZ-36221 Nejdek, Telefon (0 04 20) 3 53 82 47 56, eMail info@ wellnesshotelanna.cz. Auskunft: Adolf Hochmuth, Am Schloßberg 28, 91757 Treuchtlingen, Telefon (0 91 42) 36 04, eMail adolf-hochmuth@t-online.

de n Samstag, 27. Juli, 70 Jahre Neudeker Mahnmal und 40 Jahre Heimatmuseum in Augsburg: 11.00 Uhr Feier-

Im Juni 1946 wurden Anita Donderer und ihre Familie aus Neudek vertrieben. In einem grünen Aktenordner im Heimatmuseum liegen die Transportlisten von damals. Die gebürtige Erzgebirglerin zieht das Blatt vom 14. Juni 1946 mit dem Waggon Nummer 26 heraus. Es ist eine Liste mit Dutzenden Namen, darunter der ihrer Eltern und ihr eigener: Haschberger, Anita. Alter: 7. Die Haschbergers fanden in Bayern eine neue Heimat, Anita Donderers Vater bekam als Facharbeiter Arbeit in der Augsburger Textilindustrie. Er gehörte zu den vielen Sudetendeutschen, die in Bayern nach dem Krieg ein neues Leben begannen und dem Land zu Wohlstand verhalfen.

Anita Donderer ist ein Kind von damals, eine der letzten, die die Vertreibung noch bewußt miterlebten. Anders als die Generation vor ihr hat sie ihren Frieden mit den Tschechen gemacht. Begeistert erzählt sie, wie sie kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Anfang der 1990er Jahre mit Herbert Götz einen Bus gechartert habe, wie sie in Richtung alte Heimat ins Ungewisse aufgebrochen seien und wie herzlich die Tschechen sie begrüßt und aufgenommen hätten. Sie erhielten von der Presse den Namen „Die Kinder von damals“. Zwischen dem heutigen Neudek und den Heimatvertriebenen aus Neudek gibt es heute einen regen Austausch. Die Heimatgruppe „Glück auf“, die inzwischen als Verein das Heimatmuseum in Göggingen führt, setzt auf Versöhnung. Auf dem Sudetendeutschen Tag, der heuer zu Pfingsten in Augsburg stattfindet, sind Deutsche und

Das Neudeker Heimatmuseum, so berichtet der Vereinsvorsitzende und gebürtige Aberthamer Josef Grimm, werde heute von mehr Tschechen als Deutschen besucht. Es sei ein herausragender Ort der Erinnerung, von denen es einst etliche in Bayern gegeben habe. Die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern listete in einer Broschüre im Jahr 2009 nicht weniger als 86 Heimatsammlungen der Sudeten- und Ostdeutschen auf. Doch die Erlebnisgeneration stirbt allmählich aus, Heimatstuben schließen, Sammlungen werden eingelagert, verschwin-

Trachtenkleid aus dem westlichen Teil des Kreises Neudek und handgeklöppeltes Brautkleid.

den in Depots. Um so mehr ist es den verbliebenen Heimatfreundinnen und Heimatfreunden der Region Neudek zu wünschen, daß ihr Museum auch in Zukunft Bestand hat und viele Besucherinnen und Besucher den Weg nach Göggingen finden. Dank der Unterstützung von der Stadt Augsburg sind die Voraussetzungen dafür nicht schlecht. Das Erbe der deutschböhmischen Erzgebirgler muß für nachfolgende Generationen bewahrt werden. Es ist ein wichtiger Teil der deutschen, tschechischen und europäischen Geschichte, die gerade auch in Tschechien heute mehr und mehr ins kollektive Bewußtsein zurückkehrt. Oliver Hach

Anita Donderer mit dem Torso der Statue des Christus im Kerker vom Neudeker Kreuzberg. Bilder: Oliver Hach

WIR GRATULIEREN

Folgenden treuen Beziehern des Neudeker Heimatbriefs, die im Mai Geburtstag hatten, gratulieren wir und wünschen von Herzen viele schöne Jahre in Gesundheit und Zufriedenheit:

n Neuhammer. Erika Wilch/Fleischer, Treburer Straße 13, 65451 Kelsterbach, 16. Mai 1941.

n Heimatort unbekannt. Ulrich Möckel, Am Birkenwald 8, 09468 Tannenberg, 3. Mai 1964.

stunde am Neudeker Mahnmal vor dem Gögginger Friedhof mit Grußworten, Festredner Heinz Münzenrieder, Totengedenken und der Kolping-Blaskapelle; 13.00 Uhr Empfang der Stadt Augsburg im Fürstenzimmer des Rathauses. Auskunft: Josef Grimm, Telefon (08 21) 6 41 42, eMail grimm-augsburg@tonline.de n Freitag, 30. August bis Sonntag, 1. September, SL-Altkreisgruppe Schlüchtern: Freitag Fahrt nach Neudek über Eger mit Stadtführung und Mittagessen. Samstag Rundfahrt im Norden auf

den Spuren des verschwundenen Sudetenlandes. Sonntag Rückfahrt über die Burg Seeberg und Franzensbad. Fahrtpreis pro Person voraussichtlich 200 Euro. Auskunft: Markus Harzer und Antje Hartelt, eMail markusharzer@web. de oder pressestelle-sl-hessen@web. de n Freitag, 6. bis Sonntag, 8. September, Heimatkreis Neudek: Busfahrt von Augsburg nach Neudek/ Nejdek mit Besichtigung von Karlsbad. Auskunft: eMail anitadonderer@ gmx.de

NEUDEKER HEIMATBRIEF Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 15
Bára Modes aus Abertham und Martin Kolitsch aus Prag mit Sohn Anton bei der Arbeit. Dirk Kolitsch arbeitet mit einem Hochdruckstrahler. Bilder: Heiko Hart Nach

Reicenberger Zeitung

Nordböhmi [ e Um [ au

Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Spendenaktion für Treppe

Die römisch-katholische Gemeinde in Schumburg/Krásná, ein Ortsteil von Pintschei bei Gablonz, begann dieser Tage eine Spendenaktion zur Rettung der Heiligen Treppe in der örtlichen Sankt-Josefs-Kirche. Die Restaurierung wird rund eine Million Kronen oder umgerechnet 40 000 Euro kosten.

Ich habe Pfarrer Josef Jucha versprochen, daß ich das Geld für die Reparatur besorge. Wenn die Sammlung nicht genug einbringt, muß ich den Rest aus meiner eigenen Tasche bezahlen“, sagt Organisator Jan Vokurka, ein Hersteller von Sirup und Maffersdorfer Sauerbrunnen/Vratislavická kyselka. „Unserem Unternehmen geht es gut, und ich glaube, daß Dr. Kittel über uns seine schützende Hand hält. Deswegen wollen wir auch etwas zurückgeben“, erklärt er. Seine Firma spendete 100 000 Kronen oder 4000 Euro, die Region Reichenberg wird sich mit 20 000 Euro beteiligen. Auch die Kirchengemeinden aus der Umgebung bieten kleinere Spenden an.

„In Tschechien gibt es nur zehn Heilige Treppen. In der Region Reichenberg befinden sich nur zwei davon. Neben Schumburg gibt es noch eine in dem ehemaligen Augustinerkloster in Böhmisch Leipa, das heute zu Heimatmuseum und Galerie gehört“, sagt Jan Mikulička von der Presseabteilung der Region Reichenberg. Spenden für die Rettung der

Tschechische Säfte der Firma Kitl sind auch auf dem deutschen Markt erfolgreich. „Vor zwei Jahren haben wir deutsche Etiketten gemacht. Seither hat sich unser Umsatz verdoppelt“, verrät ihr Erzeuger Jan Vokurka. „Das freut mich sehr, denn der deutsche Kunde ist anspruchsvoll.“

In Olbersdorf, Eibau oder Dresden, halt nahe der Grenze zu Tschechien, hat Kitl bereits zwei Dutzend deutsche Stammkunden. Dazu zählen große Handelsketten wie Edeka, aber auch kleine Biogeschäfte, Gaststätten oder Apotheken. „Insgesamt nehmen sie bis zu 1000 Flaschen Sirup pro Monat ab. Das Interesse nimmt bei jeder Lieferung zu, und die Resonanz ist sehr erfreulich“, sagt Jan Vokurka. Seit kurzem ist er Mitglied des Handelsverbands Sachsen und sucht einen Handelsvertreter für Sachsen. Vokurka berichtet aber auch, daß man Geschäfte in der Tschechischen Republik und in Deutschland nicht nach dem gleichen Muster machen könne. „Die Deutschen kommunizieren ganz an-

Treppe können die Stifter an das transparente Konto 266393841/0600 bei der Moneta Bank überweisen.

Historiker datieren den Bau der Sankt-Josefs-Kirche auf die Jahre 1756 bis 1760. Die Kirche hat einen kreuzförmigen Grundriß und ist nach Norden ausgerichtet. Auch das Innere der einschiffigen, rechteckigen Kirche mit Seitenkapellen mit geschliffenem Kronleuchter der örtlichen Glasmacher, mit seltener immer noch funktionsfähiger Orgel und mit Wandmalereien ist historisch wertvoll.

Ein Kleinod ist die Heilige Treppe, die die 28 Marmorstufen im Palast des Pilatus in Rom darstellt. Die Treppe wurde 1761 von Johann Josef Kittel mit Genehmigung des Erzbischöflichen Konsistoriums in Prag errichtet. Es war ein außergewöhnliches Ereignis, und bald nach der Einbringung der beglaubigten Reliquien der Heiligen aus Rom, die unter jeder Stufe aufbewahrt wurden, begannen die ersten Pilger aus nah und fern nach Schumburg zu strömen. Die Gläubigen steigen die Treppen mit den entsprechenden Gebeten begleitend auf den Knien auf.

„Dies ist ein wichtiges Denkmal unserer Region. Wir unterstützen die Restaurierungsbemühungen seit langem“, sagte Květa Vinklátová, Stellvertreterin des Hauptmanns für Kultur, Denkmalpflege und Tourismus der Region Reichenberg. Seit 2013 investierte die Region in die Sanierungsprojekte dieser Kirche mehr als 54 000 Euro. Geplant ist auch die Renovierung der Wandmalereien der Kapelle einschließlich Altar. Schumburg erreicht man leicht über Gablonz in Richtung Schwarzbrunn. Wegweiser ist der Turm der Schwarzbrunnwarte mit einem zugebauten Ausflugslokal. Von dort findet man schnell die schmale Straße zu dem barocken Kirchlein und der Kittel-Burg, wo Johann Josef Antonius Eleazar Kittel lebte und wirkte ( rechts). Petra Laurin

� Faust des Isergebirges

Johann Josef Kittel

Der volkstümlicher Arzt und Wohltäter Johann Josef Antonius Eleazar Kittel kam am 13. Februar 1704 in Schumburg im Isergebirge zur Welt. Auf Grund seiner Krankenheilungen wurde er als Faust des Isergebirges Mittelpunkt eines eigenen Sagenkreises.

Kittel stammte aus der Familie der Glashersteller Kittel in Schumburg im Isergebirge. Die einheimische Bevölkerung vermutete bei ihm übernatürliche Kräfte und suchte seine Hilfe bei Krankheiten und Beschwerden des Körpers, der Seele und des Gemüts. Den Legenden nach soll er seine Patienten in einem fliegenden Mantel in schnellem nächtlichen Ritt auf dem Pferd oder in einer Kutsche aufgesucht und sein Wissen aus Hexen- und Zauberbüchern erlernt haben. Damit er die Menschen mit Heilkräutern heilen konnte, soll er sich mit dem Teufel verbunden haben. Als berühmter Arzt beschäftigte er die Phantasie der Bevölkerung noch ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod, ehe sich deren Wissensstand durch Schulbildung besserte und der Aberglaube schwächer wurde. Seit dem 20. Jahrhundert gilt er als ein Mensch, dem es durch Fleiß, Talent, Gelehrsamkeit und die Fähigkeit, Heilmethoden aus den Erfahrungen der Vorfahren weiterzuentwikkeln, gelang, ein Leben als anerkannter Arzt und Heiler zu führen.

Johann Kittel, der mit neun Jahren eine Pestepidemie überlebte, lernte die ersten Heilmethoden bei seinem Vater Melchior Kittel. Er erhielt keine besondere Ausbildung als Schüler oder Student; er lernte als Autodidakt aus Büchern. Von der Kreisverwaltung in Jungbunzlau erhielt er das Prädikat „Attestat Incorporationis et Approbationis“, eine Berechtigung, chirurgische Eingriffe durchzuführen. Nach erfolgreicher Praxis wurde er Leibarzt bei den Grafen Desfours und erhielt ein sicheres Einkommen. Die armen Menschen in den Bergen um Gablonz behandelte er meist ohne Honorar oder gegen Naturalien. Bei Krankenbesuchen legte er zu Fuß täglich etliche Kilometer zurück. Patienten in den einsamen Winkeln der Bergtäler besuchte er auf einem Pferd, gehüllt in einen schwarzen, im Wind flatternden Mantel. Das Tragen des schwarzen Mantels wurde als Zugehörigkeit zum Orden

des Franz von Assisi gedeutet, den er oft in Turnau aufsuchte, und der sich um arme Kranke kümmerte. Kittel heiratete am 25. November 1727 in der Kirche Sankt Michael in Morchenstern Anna Maria Günther, die Tochter eines Glasschleifers aus Kukan. Anna Maria schenkte ihm zwölf Kinder. Schicksalhaft war das Jahr 1738, als er bei einem Ritt über die gefrorene Elbe einbrach, erkrankte und lange ums Überleben kämpfte. Er erreichte danach seine Fähigkeit als Heiler nicht mehr. Seine Vermögen oder eine sonstige Förderung müssen beträchtlich gewesen sein. 1752 begann auf seine Initiative der Bau der Barockkirche des heiligen Josef von Nazaret. Am 16. November 1783 verstarb er, alterskrank und erblindet, in Schumburg. Sein Grab ist nicht erhalten. Kittels Leben wurde 2007 am Originalschauplatz verfilmt. Mehrere lokale Hersteller bieten Produkte wie Kräuterlikör an und nutzen dabei den Namen Dr. Kittel. In Schumburg erhielt sich das Kittelhaus, das sich bis 2004 im Verfall befand. Das Haus beherbergte zu Kittels Lebzeiten eine Apotheke, und Personen aus der Umgebung sowie aus Wien und Prag sollen dort geheilt worden sein. Einer von ihnen war Johann Wenzel Wiesner, ein Hauslehrer aus Wien. Dieser soll auch die Kinder des Ehepaares Kittel unterrichtet haben und gilt als Gründer der Grundschule von Schumburg nach Einführung der Schulpflicht.

2006 begann eine Sanierung des Hauses durch die Gemeinde. Das Vorhaben wurde vom Ministerium für regionale Entwicklung in Prag mit drei Millionen Kronen gefördert. Die beiden obersten Stockwerke wurden größtenteils abgetragen und über dem Haus ein Schutzdach errichtet. Anläßlich der Kirchweih am 1. Mai 2010 eröffnete das Kittelmuseum im Haus Nr. 11 zwischen dem Kittelhaus und der Sankt-Josephs-Kirche. Dieses Haus war vermutlich ein zur ehemaligen Burg gehörendes Wirtschaftsgebäude. 2019 wurde ein neues Museum in Kittels Haus eröffnet.

ders. Sie halten an Traditionen fest. Sie ziehen einen persönlichen Brief, der per Post kommt, einer Mail vor. Bei uns ist es umgekehrt. Einen Brief schreibt hier niemand mehr.“ Was er an den deutschen Nachbarn schätze, sei die Zuverlässigkeit und das gegenseitige Vertrauen. „Wir sprechen viel mit unseren deutschen Kunden und sind für neue Herausforderungen offen. Wir lassen uns inspirieren und versuchen uns anzupassen.“

Die Firma Kitl wurde 2007 gegründet. Sie produziert derzeit 14 Sirupsorten in Bioqualität. Die Deutschen bevorzugten Sirup mit Ingwergeschmack aus frischem Bioingwer. „Der Ingwer kommt aus Peru, wir kaufen ihn bei einem deutschen Partner in Erfurt, die Ware holen wir in Dresden ab“, erklärt er. Das Obst werde gepreßt oder mazeriert und ent-

halte weder Zucker noch Konservierungsstoffe. In der Tschechischen Republik und der Slowakei kauften auch McDonald’s-Restaurants Kitlprodukte. „Wir haben drei Jahre gebraucht, um alle Regeln der Fast-Food-Kette zu erfüllen, es hat uns aber qualitativ einen großen Vorsprung gebracht.“

Zu Beginn seiner Karriere war Vokurka der erfolgreichste Nachwuchsmanager Tschechiens. Er war Vertreter von Nestlé, und vor ihm lag eine glänzende Laufbahn. Vor 17 Jahren stieg er allerdings aus und steckte seinen ganzen Elan in die Erneuerung einer beinahe vergessenen Tradition. Es ging um den Wunderdoktor und Naturheiler Johann Josef Antonius Eleazar Kittel (Ý oben). Er begann medizinischen Wein und Säfte zu produzieren. Vor einigen Jahren kaufte Vokurka das heruntergekommene Sauerbrunnen-Fabrikgelände an der Straßenbahnstrecke zwischen Reichenberg und Gablonz und erweckte die Produktion zu neuem Leben. Nun liefert er auch Maffersdorfer Sauerbrunn, der 1862 vom Sudetendeutschen Karl Skollaude entdeckt wurde. Es gibt drei Sorten: reines Mineralwasser sowie Mineralwasser mit Orangen- und mit Zitronengeschmack. „Unsere Herausforderung war, das beste tschechische Mineralwasser zu erzeugen“, sagt Vokurka, der 2021 als erster tschechischer Wassersommelier anerkannt wurde. Er investierte rund vier Millionen Euro in die neue Technologie. „Die ganze Förder- und Abfülltechnik aus Edelstahl stammt aus Deutschland“, bemerkt Vokurka, „an der Qualität wollen wir nicht sparen.“ Aus dem gleichen Grund und auch mit Rücksicht auf die Umwelt würden alle seine Produkte nur in Glasflaschen gefüllt. Jan Vokurka wurde 2020 als Unternehmer des Jahres in der Reichenberger Region ausgezeichnet. Für die Sanierung der Mineralwasserfabrik gewann Kitl die Auszeichnung „České stříbro“ (Tschechisches Silber). Seine Firma wächst schnell. Mittlerweile hat er fast 50 Mitarbeiter. Letztes Jahr stieg der Umsatz, auch dank der Deutschen, um rund 15 Prozent auf umgerechnet 4,72 Millionen Euro. „Und das ist nur der Anfang“, bemerkt er. Petra Laurin

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 16
Stadt und Kreis Reichenberg Kreis Deutsch Gabel Kreis Friedland Kreis Gablonz Jan Vokurka mit Sauerbrunn und Sirup. Jan Vokurka und Pfarrer Josef Jucha vor der Heiligen Treppe.
� Maffersdorf Sauerbrunn und Sirup � Schumburg
Die Kirche Sankt Joseph in Schumburg.
im Isergebirge
Das Kittelhaus in Schumburg.

� Kunnersdorf/Kreis Deutsch Gabel

Auge Gottes entdeckt und erneuert

Mehr als ein halbes Jahrhundert lang war das „Auge Gottes“ genannte bunte Fenster in der klassizistischen Kreuzerhöhungskirche in Kunnersdorf im ehemaligen Kreis Deutsch Gabel am Südhang des Lausitzer Gebirges zugemauert gewesen. Erst voriges Jahr wurde das Kunstwerk des Richard Schlein aus Zittau zufällig entdeckt und vor kurzem erneuert. Eine exakte Nachbildung fertigten Glasmacher aus Haida an.

Der sächsische Künstler Richard Schlein hatte das Original vor rund 150 Jahren geschaffen. „Wir haben festgestellt, daß gerade dieses Glasfenster für Richard Schlein ein etwas ungewöhnliches Meisterstück war“, sagte David Sobotka, Manager der Firma Pačinek-Glas in Kunnersdorf. Werke Schleins, der auch in Grottau wirkte, befinden sich an Dutzenden von Gebäuden in den Regionen Reichenberg und Gablonz.

Das rund zwei Meter hohe Fenster wurde hinter der Mauer unter der Decke im vorigen August bei der Sanierung des Altars entdeckt. Sobotka bemerkte, daß der Putz an der Wand über dem Altar ovalförmige Risse hatte. „Da bereits ein Gerüst in der Kirche stand, beschlossen wir, die Stelle zu untersuchen“, sagte er. Nach den ersten Hammerschlägen von Marcel Pačinek, Bruder

� Burgruine Trosky

des Besitzers der Glasfirma, stießen sie auf das Fenster. Vor ein paar Jahren hatte Pačinek-Glas die Kirche in ihrer Nachbarschaft in ihre Obhut genommen und in eine Kristallkirche, eine Galerie für Glaskunst umgewidmet. Sobotka hält die Entdekkung des Fensters für ein zweites Wunder in Kunnersdorf. Das erste geschah vor drei Jahren, als in der Kreuzerhöhungskirche ein rund 150 Jahre altes Gottesgrab aus Kristallglas entdeckt wurde. Es lag lange unter dem Aufgang zur Empore der Kirche verborgen. Ursprünglich hielt man es für einen alten, wertlosen Schrein. Nach Absprache mit den Denkmalpflegern benutzten die Glaser bei der Renovierung des Fensters das Original als Schablone und schufen eine originalgetreue Kopie. Zdeněk Kudláček, der Meister der Kunstglaswerkstatt aus Haida, sagte, daß die Nachbildung acht Glaser beschäftigt habe. Laut Zeitzeugen und nach dem Fund einer alten Zigarettenschachtel kann

man schätzen, daß das Farbfenster vermutlich in den 1970er Jahren von einem örtlichen Maurer zugemauert wurde. Angeblich, weil ein kleiner Junge immer wieder Steine darauf warf. „Auf diese Art hat der Pfarrer damals das Fenster eigentlich gerettet“, sagte Sobotka.

mit deutschem Reiseleiter und Besuchern zu uns kommen. Bis zum Sommer werden wir auch einen Flyer in deutscher und polnischer Sprache haben“, ergänzt Sobotka.

Die Kunnersdorfer Glasfabrik mit ihrem Kristalldom macht die kleine Gemeinde, die nur ein paar Kilometer von der Grenze entfernt liegt, seit den letzten Jahren zu einem Touristenmagneten. In dieser Zeit besuchten über 300 000 Gäste, davon mehr als 10 000 Deutsche, die Kirche. Viele kommen mit dem Fahrrad und erfrischen sich in der Werkskantine mit einem Bier. „Seit drei Jahren arbeiten wir eng mit deutschen Reisebüros zusammen, die

Neue Empore aus Stahl

Das Panorama des Böhmischen Paradieses, die Ruine der Burg Trosky, wird ausgebessert. Ab Anfang Juni wird das Denkmal wieder ohne Beschränkungen zugänglich sein.

Rund 100 000 Gäste besuchen jährlich die Burgruine. Sie ist das beliebteste Ausflugsziel in der Region Reichenberg“, bestätigte Lucie Bidlasová, Sprecherin des Nationalen Kulturerbeinstituts. „Die Sicherheit der Besucher ist uns das Wichtigste.“ Aus diesem Grund mußte die Bodenfläche des Turmes Baba, Tschechisch für altes Weib, neu gepflastert werden. Nun wird dort aus Stahl eine neue Aussichtsgalerie gebaut. Die ursprüngliche Empore aus Fichtenholz mußte entfernt werden.

Im Kristalldom sind mittlerweile mehr als 300 Glaskunstobjekte aus der Werkstatt von Jiří Pačinek zu sehen. Im Raum stehen einige riesige Plastiken, die Fensterbänke sind mit Vasen, Bechern und Schüsseln dekoriert, sorgfältig nach Farbtönen angeordnet. Ausgestellt sind auch gelbgrün funkelnde Kronjuwelen aus Uranglas, die beim Burgfest auf dem Oybin, also beim historischen Einzug des Kaisers Karl IV. mit Gefolge, ebenfalls zu sehen sein sollen. In der Kristallkirche feiert die Pfarrgemeinde auch weiterhin Gottesdienste.

Der heute bereits weltweit bekannte Glaskünstler Jiří Pačinek stammt aus Leitmeritz, seine berufliche Laufbahn begann er in Krebitz. 1994 arbeitete er in der legendären Glaskunstfabrik Ajeto Lindenau mit Künstlern, Ar-

chitekten und Designern zusammen. Seine erste Glasmanufaktur mit einem typischen Schmelzofen errichtete er daheim in Lindenau in einem alten Umgebindehaus. 2015 folgte die zweite Glasfabrik in Kunnersdorf. Das Gebäude der heutigen Glashütte Pačinek diente ursprünglich als Traktorengarage und Pferdestall. Alles war im Verfall begriffen, als der Künstler das Gelände übernahm.

Eine gute Gelegenheit zum Besuch der Firma war das Glasfest am 4. Mai, bei dem die Glashütte geöffnet hatte und ein buntes Programm auch in der Kirche stattfand. Man konnte hier nebst der Hütte auch die Schleiferei, den Laden und den magischen gläsernen Garten besuchen, der mit seiner Farbfülle und optischen Illusionen überrascht. „Aus den USA kam ein Nachkomme von Jacob Robisch, der Richter, der 1831 beim Aufbau der Kirche dabei war“, freute sich Sobotka. Beliebt bei den Touristen ist auch die Nacht der Kirchen, die heuer auf den 7. Juni fällt, oder das Sankt-WenzelsFest Ende September.

Vor dem Krieg zählte Kunnersdorf etwa 3000 Einwohner, die vor allem von der Landwirtschaft und von der Textilindustrie lebten. Nach der Vertreibung wurde sie beinahe entvölkert. Heute leben rund 600 Menschen in Kunnersdorf. Petra Laurin

Die Regionalgalerie im ehemaligen Kaiser-Franz-Josephs-Bad.

n Reichenberg. Vom Ausland angeregt, strich die Regionalgalerie Reichenberg die Eintrittspreise für den Besuch ihrer ständigen Kunstsammlungen. Die neue Maßnahme soll mehr Gäste anlocken. Heuer feiert sie zehn Jahre im renovierten ehemaligen Kaiser-Franz-JosephsBad. Anläßlich dieses Jubiläums bereitet sie ein abwechslungsreiches Ausstellungs- und Begleitprogramm für den Juni vor. Kein Eintritt ist die erste Neuheit. Saisonale Ausstellungen und pädagogische Programme werden dann gemäß Preisliste berechnet. Bislang konnte die Galerie jeden Donnerstag kostenlos besucht werden. Nun werden die Tage des freien Eintritts mit ausgewählten Feiertagen, Jubiläen oder Sonderveranstaltungen verknüpft. Petra Laurin

Reichenberger Regionalgalerie Dienstag bis Sonntag 10.00–18.00 Uhr, Donnerstag bis 20.00 Uhr.

„Projektant und Architekt haben die Empore nur mit einer Konsole gestützt“, ergänzt Pavlína Suchomelová, Kastellanin der Ruine Trosky. Die Aussicht vom Turm wird dadurch offener als bisher. Die Empore biete 134 Personen Platz. Die Renovierung wird bis Ende Mai dauern. „Da der Zugang zum zweiten Hof begrenzt ist, ist der Eintrittspreis ermäßigt“, so Bidlasová. Die Bauarbeiten kosten umgerechnet 68 000 Euro. Gleichzeitig bereiten Denkmalpfleger die Revitalisierung des gesamten Geländes vor. Petra Laurin *****

an Otto den Älteren von Bergow.

Die zwischen zwei schroffen Basaltkegeln erbaute Burg wurde 1396 als Besitz des Vinzenz von Wartenberg erstmals erwähnt. Sie trug bereits damals den Namen Trosky (Ruinen). Sie entstand in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Nach Vinzenz’ Tod 1399 fiel die Burg an den böhmischen König Wenzel IV. Dieser verkaufte die Burg und die Herrschaft

Der Hof der böhmischen Burgruine Trosky wurde neu gepflastert. Nun wird die Aussichtsplattform saniert. Die Burg liegt auf 514 Metern Höhe. Die Ruinentürme Baba sind 47 und Panna 57 Meter hoch. Bild: Archiv NPÚ

Dessen Sohn Otto der Jüngere von Bergow war ein strenger Katholik. Er konnte 1424 einer Belagerung der Hussiten widerstehen. 1428 zerstörte ein Brand die Burg bis auf den Jungfrauenturm. 1438 eroberten der Raubritter Christoph Schof von Helfenburg und sein Kumpan, der Schweizer, die Burg und nahmen Otto den Jüngeren gefangen. 1440 scheiterte der Versuch, sie aus der Burg zu vertreiben. Mit Unterstützung des Oberlausitzer Sechsstädtebundes konnte die Burg 1444 zurückerobert werden.

1452 verkaufte der Sohn Ottos, Johann von Bergow, die Burg mit zugehöriger Herrschaft an Johann Zajíc von Hasenburg auf Kost. 1469 wurde die Burg vom königlichen Feldherren Georg von Podiebrad eingenommen. Danach wechselte die Burg noch mehrfach den Besitzer, bis sie Heinrich von Schmiritz 1559 kaufte und in seine Herrschaft eingliederte. Deren Mittelpunkt lag unweit von Trosky in Schloß Groß-Skal, und so verlor die Burg ihre einstige Bedeutung; sie war fortan nur noch Wohnort der herrschaftlichen Beamten und Verwaltungszentrum. Sie blieb es auch, nachdem der Besitz der Familie von Schmiritz 1618 an Wallenstein gefallen war. Dennoch spielte Trosky im Dreißigjährigen Krieg eine militärische Rolle: 1639, 1642 und 1648 wurde sie von den Schweden eingenommen und als Festung gehalten. Das kaiserliche Heer vertrieb die schwedische Armee 1648 und setzte die Burg in Brand, bei welchem wichtige Dokumente vernichtet wurden. Während der Flucht wurden zahlreiche Gemälde, welche das Aussehen der damaligen Burg darstellen, mitgenommen. 1681 beschrieb Bohuslav Balbín Trosky bei einem Besuch als größtenteils reparabel, eine Instandsetzung unterblieb jedoch, und so wurde die Burg aufgegeben und verfiel.

Auf dem grenznahen Schloß Friedland ist einiges anders. Dort wurde der sogenannte Kastellan-Flügel saniert.

Nach zwei Jahren wird damit die komplette Erneuerung des Besichtigungsrundgangs – die Burg, das Schloß und nun auch des Kastellan-Flügel – abgeschlossen. „Die Neugestaltung der Ausstellung und ein interessantes Konzept der Führungen sind Beispiele dafür, wie man Besucher anziehen kann“, sagte Květa Vinklátová, Stellvertreterin des Hauptmanns für Kultur, Denkmalpflege und Tourismus der Region Reichenberg.

Die neue Besichtigungstour durch das Schloß erinnert an das Museum, das die Adelsfamilie Clam-Gallas als erste in den böhmischen Ländern auf dem Schloß für die Öffentlichkeit im Jahre 1801 eröffnete.

Der Kastellan-Trakt ist zur Zeit nur an den Wochenenden zugänglich und erinnert an Christian Christoph Graf Clam-Gallas und seine Frau Josephine. Die Besucher werden in die 1820er

Jahre zurückversetzt, als das Ehepaar regelmäßig aus seinem Prager Palais nach Friedland kam und den Kastellan-Flügel als eine Wohnung für sich einrichtete. „Es gibt hier neun Zimmer“, sagt Jan Mikulička von der Pressestelle der Region Reichenberg. Die aristokratische Familie unterstützte finanziell junge Künstler, darunter auch den Maler Joseph Ritter von Führich (1800–1876) aus Kratzau. Aus Dankbarkeit schenkte er ihnen einige seiner Werke, die im Schlafzimmer des Grafen zu sehen sind. Auch die Zeichnungen von Christian Christoph selbst sind an diesem Ort zu sehen. Portraits von Mitgliedern der Adelsfamilie Clam-Gallas schmücken den Festsaal. Die kleinen Besucher werden sich im KastellanTrakt über die Spielzeugsammlung freuen, die an die Kinder und Enkelkinder des Paares erinnert. Petra Laurin

Frühlingsneuheit
NOTIERT
� Schloß Friedland
KURZ
Das erneuerte „Auge Gottes“. Bild: David Sobotka Schloß Friedland von Nordost. Schloß Friedland von Nord oben.
REICHENBERGER ZEITUNG Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 17

� Teplitz-Schönau

Dux Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin –Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux –Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Harald Schwarz gibt „Der brave Soldat Schwejk“. Links das Hohnsteiner Kasperle von Harald Schwarz, rechts Václav Havlíks neues Kasperle, Schwejk und ein tschechischer Bub.

Die Heimkehr eines Puppenspielers

Ende April bekam unsere Korrespondentin Jutta Benešová von Wolfgang Schwarz, dem Kulturreferenten für die böhmischen Länder im Adalbert-Stifter-Verein (ASV), eine Einladung zu der besonderen Ausstellung „Der Hohnsteiner Kasper“ in Teplitz mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen nach längeren Jahren. Sie berichtet.

Beides freute mich sehr, zum einen das Wiedersehen mit Wolfgang Schwarz, dem ich vor Jahren Teplitz zeigen durfte, zum anderen die spannende Erwartung, was wohl der Hohnsteiner Kasper mit Teplitz zu tun hat. Und zum dritten war ich neugierig auf den neuen Ausstellungssaal im Haus Šarka direkt neben den Vogelstiegen am Schloß. In dem Haus brachte die Fürstenfamilie früher die Privatlehrer und Gouvernanten unter. Heute gehört es zum Schloßmuseum.

Die Vernissage fand Anfang Mai statt. Gleich bei meiner Ankunft konnte ich Erhard Spacek, Heimatkreisbetreuer und Vorsitzender unseres Freundeskreises Teplitz-Schönau, begrüßen. Er war eigens aus dem sächsischen Pirna zur Eröffnung der Ausstellung gekommen. Wolfgang Schwarz fand ich im Gespräch mit Markus Dorner, dem Leiter des Museums für Puppentheater-Kultur Bad Kreuznach, der die Ausstellung eröffnete, wobei Schwarz perfekt ins Tschechische

dolmetschte. Zahlreiche Gäste hatten ihre Kinder mitgebracht, denn es sollte auch eine Kostprobe des Hohnsteiner Puppentheaters gezeigt werden. Der Hohnsteiner Kasper ist berühmt. Seit 1928 war sein Schöpfer Max Jacob mit seiner Puppenbühne in Hohnstein in der Sächsischen Schweiz ansässig. Von hier aus zogen die charakteristischen Figuren mit den geschnitzten Köpfen in die Welt. Bald schon entwickelte sich das Kasperltheater von volkstümlicher Unterhaltung, die auch der Information, dem Klatsch und dem Tratsch diente, zu einer anspruchsvollen Theatergattung. 2021 nahm die Deutsche UNESCO-Kommission das traditionelle Spielprinzip des Kasperltheaters schließlich als schützenswertes Kulturgut in das Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe auf. Und schon ist sie da – die Verbindung mit Teplitz-Schönau! Der Puppenspieler Harald Schwarz – mit Wolfgang Schwarz vom ASV weder verwandt noch verschwägert –stammte aus dem Sudetenland.

Er kam am 13. April 1921 in Teplitz-Schönau zur Welt, und damit im selben Jahr wie der Hohnsteiner Kasper von Max Jacob. Schwarz lernte in der Schule ne-

daß die eine der beiden seine Verlobte gewesen sei, er habe aber die andere geheiratet. Schwarz übernahm 1945 das Hohnsteiner Puppentheater, da in unmit-

ben seiner deutschen Muttersprache auch fließend tschechisch zu sprechen und liebte Böhmen, seine Heimat, über alles. Als er als kleiner Bub die Aufführung des Hohnsteiner Puppentheaters erlebte, war er von der Unmittelbarkeit dieses improvisierten Spiels bezaubert. Es ließ ihn nicht mehr los. Nach seinem Abitur begann er eine Ausbildung an der Hohnsteiner Bühne bei Max Jacob. Dort erwarb er auch seine ersten zwei Puppen: eine volkstümliche Putzfrau und seinen ersten Kasper –Teil der jetzigen Ausstellung. Damit begann er ab 1939 selbst im Hohensteiner Stil Stücke von Max Jacob zu spielen. Bei Kriegsende gelang es ihm in letzter Minute, die Puppen aus seiner Wohnung in Teplitz-Schönau zu retten und sich mit seinen beiden Mitspielerinnen über die Grenze nach Hohnstein durchzuschlagen. Humorvoll berichtete Markus Dorner bei der Vernissage,

telbarer Nachkriegszeit der Verbleib von Max Jacob unbekannt war. Von dessen Frau Marie Jacob bekam Harald Schwarz die Erlaubnis, mit seinen Handpuppen als Hohnsteiner Nachwuchsbühne aufzutreten und Teile von Max Jacobs Fundus zu verwenden. Damit sicherte er zugleich den Lebensunterhalt der gesamten Kasperfamilie in Hohenstein. Max Jacob sollte nach seiner späteren Rückkehr in Hamburg einen neuen Standort finden. 1948 bekam die Bühne von Harald Schwarz die Möglichkeit, sich in der Stadt Essen niederzulassen und damit ihre Spieltätigkeit nach Westdeutschland zu verlegen. Gastspiele führten ihn nach Nord- und Südamerika, Afrika und in fast alle europäischen Länder. Mit seinem Stück „Der Räuber Hotzenplotz“ verband ihn eine lebenslange Freundschaft mit dem – ebenfalls sudetendeutschen – Kinderbuchautor Otfried Preußler. Harald Schwarz war äußerst musikalisch, ein erfahrener Komponist und versierter Interpret. Auch war er der letzte Hohnsteiner Bühnenleiter, der die Hohnsteiner Tradition am längsten und bis 1995 fortführte. Von 1939 bis Ende der 1960er Jahre spiel-

te er das beim breiten Publikum beliebte traditionelle oder leicht abgewandelte Hohnsteiner Kasperspiel Jacobscher Prägung. Böhmen aber blieb in seiner Erinnerung, und er suchte neue Wege. Ab den 1960er Jahren nahm er Verbindung nach Prag auf und ließ sich dort für einen geänderten und stark musicalgeprägten Spielstil völlig andere Handund Stabfiguren herstellen. Diese fertigte Václav Havlík exklusiv für Harald Schwarz an; sie zeichneten sich durch ihre Größe und Fernwirkung aus. Zu seinen erfolgreichsten Erwachseneninszenierungen dieser neuen Ära zählt die Puppentheateradaption „Der brave Soldat Schwejk“ von 1971. 1990 kehrte Harald Schwarz mit fünf bilingualen deutsch-tschechischen Gastspiel-Auftritten, unter anderem auch in Prag und Teplitz, in seine Heimat Böhmen zurück. Ich muß gestehen, daß ich mich nicht erinnern kann, eine Anzeige für diese Aufführung gesehen zu haben. Schade! Puppen- und Marionettentheater waren Teil meiner Kindheit. Für 20 Pfennig pro Kopf konnte damals unsere ganze „Straßenbande“ in der Tanzschule Gründel in Gera das Puppenspiel einer Wandertruppe besuchen. Wie waren wir begei-

stert, wenn das „Tri Tra Trallalla“ des Kaspers erklang und wir gebannt diesem Spiel folgten, wo stets das Gute siegte und der Bösewicht seine gerechte Strafe bekam. Als nun Markus Dorner selbst den Hohnsteiner Kasper mit seinem „Tri Tra Trallalla“ auftreten ließ, da leuchteten die Augen der kleinen Gäste genauso wie wohl unsere damals, und alle sangen begeistert mit. In einer Ecke des Ausstellungssaales wird auf einem Monitor das Gespräch mit Harald Schwarz von 1991 gezeigt. Er äußert hier die Hoffnung, daß auch in der Zeit des Fernsehens der Zauber des direkten Kontakts, den die Puppenspielerbühne den Zuschauern vermittelt, nicht verloren gehen möge. Als ich nun die leuchtenden Augen der Kinder bei der Aufführung sah, erfüllte mich die gleiche Hoffnung, die vor mehr als 30 Jahren Harald Schwarz geäußert hatte. Harald Schwarz starb am 11. Oktober 1995 auf einer Gastspielreise in Zwittau im historischen Schönhengstgau in Mähren.

Die Wanderausstellung „Von Teplitz in die Welt. Der Puppenspieler Harald Schwarz und der Hohnsteiner Kasper“, die bereits in Düsseldorf und Bad Kreuznach gastierte, läuft bis 30. August zu den Öffnungszeiten des Teplitzer Schloßmuseums im Haus Šarka an den Vogelstiegen. Am 2. Juni finden im RokokoSaal des Schlosses zwei Auftritte der Puppenbühne statt, eine Vormittagsvorstellung für Kinder und eine Abendvorstellung für Erwachsene. Nostalgie pur!

Heimatkreis Dux e. V. Miltenbert

Einladung zur Jahreshauptversammung am Sonntag, 16. Juni, 14.00 Uhr im Duxer Heimathaus, Duxer Straße 10, 63897 Miltenberg

Tagesordnung

1. Begrüßung und Totenehrung

2. Bericht des Vorsitzenden

3. Mitgliederbewegung

4. Vermögensverwaltung

Klaus Püchler

Klaus Püchler

Klaus Püchler

Klaus Püchler

5. Kassenprüfung Reinhard Pehnelt/Detlef Schmitt

6. Freie Anträge

Klaus Püchler

Helmut Sacher Erster Vorsitender Zweiter Vorsitzender

Ladowitz Klostergrab Bilin Teplitz-Schönau Graupen Niklasberg
18 Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 Werbung für eine Aufführung in Waldsassen und Verleihungsurkunde der AdalbertStifter-Medaille der SL an Harald Schwarz 1968.
Pavlina Boušková vom Schloßmuseum, Dr. Wolfgang Schwarz und Markus Dorner.

HEIMATBOTE

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

Bischofteinitz Ronsperg Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otter ng, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischof teinitz, Rai eisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Eine chodische Folkloregruppe begleitet die Enthüllung mit Liedern und Tänzen. An der Enthüllung beteiligt sind Christian Doleschal MdEP, Dr. Gerhard Hopp MdL, Bezirkstagspräsident Franz Löffler, der Tauser Bürgermeister Stanislav Antoš, Wolfgang Bücherl, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in München, Pilsens Regionspräsident Rudolf Špoták, Furths Bürgermeister Sandro Bauer und der tschechische Parlamentsabgeordnete Rudolf Salvetr. Bilder: Karl Reitmeier

❯ Furth im Wald

Entscheidend für ein friedliches Europa ist die Begegnung der Menschen

Bayern und Böhmen feierten Anfang Mai gemeinsam das 20. Jubiläum des EU-Beitritts der Tschechischen Republik.

Zwei Hände, die ineinander greifen, sich fest umschlingen. So wie man es macht, wenn man Großes erreicht, gemeinsam noch Großes vorhat. Bewußt wurde dieser symbolische Handschlag als Skulptur für den Gedenkstein, der gleich hinter der Grenze nahe der Hochstraße von Furth im Wald enthüllt wurde, gewählt. Soll er doch Wanderer und Radfahrer an den EU-Beitritt der Tschechischen Republik vor 20 Jahren erinnern. Aber auch daran, daß die Herausforderungen der Gegenwart nur gemeinsam über die Grenze hinweg gemeistert werden können. Das betonten mehrere ostbayerische und westböhmische Politiker im Rahmen dieses Festaktes.

Hierzu konnte der Further Bürgermeister Sandro Bauer politische Prominenz von beiden Seiten der Grenze willkommen heißen. Nur einer fehlte: Bayerns Europaminister Eric Beißwenger war kurzfristig verhindert. „Dieser Beitritt hatte für uns direkt an der Grenze maßgebliche Auswirkungen“, betonte Bauer. Für Stanislav Antoš, Bauers Amtskollege aus der tschechischen Partnerstadt Taus, war dieser Tag

vor ezwei Jahrzehnten der Höhepunkt der Bemühungen seit der Öffnung der Grenze im Jahr 1989. „Die daraus gewonnenen Vorteile sind riesig.“

Die Enthüllung des Gedenksteins begleiteten der Trompeter Anton Meindl mit der Europa-Hymne und GrenzfähnleinMusikerin Dana Schmidberger mit einem Trommelwirbel. Daß aber die offene Grenze und die vielfältigen Kooperationen nicht als Selbstverständlichkeit betrachtet werden dürfen, wurde anschließend in den Worten der beiden Geistlichen deutlich.

Heidi Fischer reichen sich die Hände am Grenzstein.

„Selig sind die Friedfertigen. Nicht die Gewalt gewinnt, sondern Gottes Barmherzigkeit“, sagte der evangelische Pfarrer Michael Rummel. Dieser Stein solle nicht nur erinnern, sondern auch Hoffnung geben in Zeiten, in denen es nicht immer leicht sei, nicht zu verzweifeln. Und auch der katholische

Pfarrer KarlHeinz Seidl sieht diesen Gedenkstein als Mahnung, daß die offene Grenze keine Selbstverständlichkeit sei und man weiter an der guten Nachbarschaft beider Völker arbeiten müsse.

Ein tschechisches Mädchen schwenkt die Europafahne.

Das unterstrich Rudolf Špotak, der Regionspräsident des Bezirks Pilsen, mit seinem Hinweis, daß dieser Festakt an einem Ort stattfinde, der vor 35 Jahren noch militärisches Sperrgebiet gewesen sei. Er zeigte sich überzeugt: „Unsere Kinder und Enkel werden es nicht erleben, daß diese Grenze nochmals geschlossen wird!“

Diese epochalen Ereignisse miterleben und mitgestalten zu dürfen, bezeichnete Franz Löffler, Chamer Landrat und Bezirkstagspräsident der Oberpfalz, als Glück. Daran müsse jedoch weiter gearbeitet werden.

„Was wir daraus gemacht haben, ist sensationell. Wir sind heute als gemeinsame Region Oberpfalz und Pilsen wirtschaftlich so stark wie Estland oder Slowenien“, betonte er. Dies sei nur gelungen, weil sich Bayern und Böhmen auf Augenhöhe begegnet seien und die Chancen genutzt hätten. Und weil es Leute wie Jan Benda oder Egid Hofmann gegeben habe und gebe – um zwei Beispiele zu nennen –, die durch ihr Engagement die Menschen beiderseits der Grenze zusammengeführt hätten.

Das Erreichte sieht Löffler als gute Basis, um die Herausforderungen in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft, Energieversorgung, Digitalisierung und auch Fachkräftemangel gemeinsam anzugehen. „Möge uns der Herrgott beschützen, daß wir auch in

Zukunft in einer friedvollen Welt unsere Heimat gemeinsam gestalten können“, so Löffler. Dem konnte Rudolf Salvetr, Abgeordneter des Tschechischen Parlaments, nur zustimmen. „Wir haben die Chance der offenen Grenze genutzt“, stellte er fest. Und was die Zukunft betrifft, zeigte er sich überzeugt: Die junge Generation werde es nie zulassen, daß diese Grenze wieder geschlossen werde. Ansonsten wäre dies hier wieder „das Ende der Welt“, wie Wolfgang Bücherl, Leiter der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in München, die Zeit vor 1989, die er als Rötzer miterlebte, nannte. Die erhofften Perspektiven, welche die EU geboten habe, hätten die Tschechische Republik beflügelt. „Wir erleben hier ein Zusammenwachsen im besten Sinne. Daß dies so bleibe, dafür seien solche Treffen wie das an diesem Tag an der bayerisch-böhmischen Grenze wichtig, betonte Bürgermeister Bauer abschließend. „Entscheidend für ein friedliches Europa ist die Begegnung der Menschen.“ Thomas Linsmeier

Die Geschichte eines untergegangenen Dorfes

Grafenried wurde 1282 im Urbarium von Niederbayern erstmals erwähnt. Seine Gründung geht auf die Zeit um 950 zurück. Es gehörte zum Pflegamt Waldmünchen. Es lag auf der Grenze zwischen Böhmen und Bayern und litt seit seiner Gründung unter den Kämpfen um diese Grenze.

Für 400 Gulden kaufte Werner 1697 für sich und alle zukünftigen Besitzer von Grafenried die Landsassenfreiheit. 1708 kam Grafenried auf Grund einer veränderten Grenzziehung zu Böhmen. Da zu Grafenried sowohl Besitzungen in der Oberpfalz als auch in Böhmen gehörten, waren seine Besitzer sowohl königlich böhmische als auch kurfürstlich oberpfälzische Landsassen. Franz Xaver Werner, Sohn von Hanuß Thomas Werner, über-

nahm 1713 den Besitz von Grafenried. Kaiser Karl VI. verlieh 1718 der Familie Werner den Reichsfreiherrnstand. Ab 1740 wurde in Grafenried auf Initiative der Familie Werner Schulunterricht erteilt. Ab 1750 bezahlte die Familie Werner einen Schloßkaplan, der ab 1753 an Sonn- und Feiertagen in der Grafenrieder Kirche die Heilige Messe feiern durfte. Franz Xaver Werner war mit Barbara Rebekka Voith von Voithenberg verheiratet. Deren Tochter Anna Katharina war mit Otto Heinrich Müller von Altammerthal und Fronhofen verheiratet. Sie verwaltete das Gut von 1764 bis zu ihrem Tod 1796. 1786 ließ Anna Katharina eine neue Kirche erbauen. In dieser Kirche befand sich das Bild der Schönen Maria von Grafenried. 1789 hatte Grafenried 24 Häuser.

Josef Freiherr Voith von Voithenberg auf Herzogau heiratete 1801 die älteste Tochter der Anna Katharina. Er übernahm Grafenried von Christof Freiherr von Wiedersperg, der das Gut als Vormund der Töchter der Anna Katharina zwischenzeitlich verwaltet hatte. 1808 wurde Grafenried Pfarrei. 1839 hatte Grafenried 31 Häuser und 305 Einwohner. Josef Reichsfreiherr Voith von Voithenberg, Sohn von Josef Freiherr Voith von Voithenberg, übernahm Grafenried 1842 und verkaufte es 1872 an den tschechischen Grafen Belcredi für 205 000 Gulden.

1874 gab es in Grafenried 78 Bauern und Häusler. Sie bildeten eine Genossenschaft. Diese Genossenschaft der Grafenrieder Bauern und Häusler kaufte 1874 Grafenried für 146 000 Gulden. Sie erwarb das Schloß, um es als Schule zu nutzen. In diese Schule gingen außer den Grafenrieder Kindern auch die Kinder von Anger, Dietlhof, Seeg und den umliegenden Einöden. 1876 teilten die Mitglieder der Genossenschaft das Gut unter sich auf. Eine Gendarmeriestation gab es in Grafenried ab 1880. 1883 wurde die Grafenrieder Freiwillige Feuerwehr gegründet.

1913 hatte Grafenried 38 Häuser und 289 Einwohner. Die Freiwillige Feuerwehr hatte 84 Mitglieder, der Land- und Forstwirtschaftliche Verein 28 und dem Gesangsverein gehörten 25 Personen an. Infolge des Zerfalls Österreich-Ungarns 1918 gehörte Grafenried zur neu gegründeten Tschechoslowakei. 1930 hatte Grafenried 41 Häuser. Seine Einwohner waren: 231 Deutsche, 14 Tschechen und zwei Ausländer. Es gab in Grafenried eine Kirche, ein Schloß, eine Brauerei und einen Friedhof. Nach der Sudetenkrise wurde Grafenried 1938 dem Deutschen Reich angegliedert. 1939 hatte Grafenried zusammen mit Anger, Seeg und Haselberg 147 Häuser und 800 Einwohner. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges gehörte es wieder zur Tschechoslowakei. 1946 wurde die deutschsprachige Bevölkerung vertrieben. Fortan lag Grafenried aufgrund seiner Grenznähe in der Sperrzone und wurde in den Bau von Grenzbefestigungsanlagen einbezogen, die Häuser wurden nach und nach abgerissen. Die Kirche zum Heiligen Georg blieb zwar noch einige Zeit erhalten, wurde jedoch 1970 abgerissen, obwohl sie unter staatlichem Denkmalschutz stand. Die Orgel wurde später in einer Scheune gefunden. 2011 begannen tschechische und deutsche Heimatforscher und Hobbyarchäologen, Grafenried auszugraben und Informationstafeln aufzustellen. Inzwischen ist Grafenried zu einer Touristenattraktion geworden. Das Tourismusbüro von Waldmünchen bietet geführte Wanderungen durch das Ausgrabungsgelände an.

❯ Grafenried – Teil II und Schluß
Veronika Němcová und
Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 19

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

� Chronik von Rojau über 1945 und 1946– Teil I

Flüchtlinge und Brandbomben

Vor wenigen Wochen starb Hermine Bender in Dillenburg. Sie stammte aus Rojau im Nachbarkreis Marienbad. Da sie wußte, daß sich Heimatkreisbetreuer Wolf-Dieter Hamperl für Akanthusaltäre interessiert, schickte sie ihm Fotos von dem Akanthusaltar der Rojauer Pfarrkirche. Dabei lagen Kopien aus der handgeschriebenen Ortschronik von Rojau, die der Heimatbote in einer Serie veröffentlicht.

Das Bauerndorf Rojau lag 4,5 Kilometer nordöstlich von Marienbad an der Straße nach Einsiedl. Es gehörte zum Altbesitz des Klosters Tepl. Tepler Chorherren betreuten auch die Pfarrei. Die Pfarrkirche war den Wetterheiligen Johannes und Paul geweiht. Der barokke Neubau der Kirche wurde 1787 unter Abt Christoph Hermann Trauttmansdorff errichtet. Das Dorf hatte 117 Hausnummern. Eingepfarrt waren nur die Leinschlagmühle und das Forsthaus in Podhorn.

Das Jahr 1945

In der zweiten Woche nach Erscheinung des Herrn wurden die Kirchenbeiträge eingehoben; es waren bestellt Montagvormittag Haus Nr. 1 bis 20, Nachmittag 21 bis 40; Dienstagvormittag Nr. 41 bis 60, Nachmittag Nr. 61 bis 80, Mittwochvormittag Nr. 81 bis 100, Nachmittag Nr. 101 bis 116. Von wenigen Nachzüglern abgesehen, die jedes Mal zu spät kommen, wurde diese Ordnung gut eingehalten. Diese Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit verdienen Anerkennung und Dank. Jene Familien unserer Pfarrei, die weder einen Gefallenen noch einen Vermißten zu beklagen haben, haben bis jetzt vom Krieg nur wenig gemerkt; bei uns sind bis jetzt noch keine Bomben gefallen, nicht einmal an Alarm haben wir zu leiden, wie dies schon im nahen Marienbad genug der Fall ist. Wir können tagsüber der Arbeit nachgehen und in der Nacht ungestört die Ruhe pflegen. Wer nicht auswärts kommt und die Verwüstungen schauen kann, die ein Fliegerangriff anrichtet, weiß vom Krieg eigentlich gar nichts. Selbst die Einschränkungen im Bezug von Lebensmitteln und anderen Bedarfsgegenständen wirken sich am Lande bei uns nicht so bitter aus wie in der Stadt. Einen kleinen Begriff von dem schrecklichen Ernst des Krieges bekamen aber alle diese, die als Flüchtlingskolonnen aus den geräumten Gebieten Schlesiens hier durchzogen und die Leute sahen, was sie mitgemacht: daheim und auf dem Wege. Im Feber bekam unser Ort dauernde Einquartierung schlesischer Evakuierter, fast durchwegs Protestanten, mit ihnen einige katholische Kölner Familien, die aus ihrer Heimat zunächst nach Osten gekommen waren und nun neuerdings haben flüchten müssen. Eine derselben, Frau Klara Störben aus Köln mit drei Kindern, fand im Pfarrhaus Aufnahme und erhielt das Zimmer der Haushälterin unten links beim Eingang. Die Haushälterin quartierte sich im Pfarrarchiv ein, das auch als Fremdenzimmer diente und darum ein Gastbett besaß. In das Flüchtlingszimmer kamen zu den sonstigen erforderlichen Einrichtungsgegenständen

noch zwei Bettgestelle vom Dachboden, die mit Strohsäcken ausgestattet wurden. Betten hatten die Flüchtlinge selber. Ein vom Schlosserpimpel Nr. 36 ausgeborgter eiserner Kochofen gab ihnen die Möglichkeit, selber zu kochen und so ihren eigenen Haushalt zu führen. Eigenartig berührt einen Folgendes: Die Aufnahme dieser Flüchtlinge erfolgte freiwillig, nicht nur nicht gezwungen, sogar ungefragt. Der Pfarrer betrachtete es als selbstverständlich, seinen Pfarrkindern auch in dieser Hinsicht voranzugehen, obwohl dies bei den wenigen Räumen des Pfarrhofs nicht gerade angenehm war. Die Gemeinde hatte den Auftrag, in Pfarrhöfe nur dann einzuquartieren, wenn dies freiwillig angeboten werde. Kaum aber war die Einquartierung erfolgt, wurde die Gemein­

desekretärin auf der Kreisbehörde in Marienbad schon befragt, ob auch der Pfarrer Flüchtlinge aufgenommen habe. Als die Unterbringungsart nachgeprüft wurde, wurde beanstandet, allerdings nicht dem Pfarrer gegenüber, sondern nur vor den Flüchtlingen selber, daß nicht mehr Raum zur Verfügung stehe und nicht mehr Flüchtlinge aufgenommen worden seien. Der Pfarrer sorgte dafür, daß dieser Beamtin durch den örtlichen Leiter der NSV, der die Flüchtlingsfürsorge übertragen war, entsprechend Aufklärung erteilt wurde.

In der Fastenzeit wurde wieder jeden Tag Gemeindegottesdient gehalten, und zwar wie im letzten Advent abwechselnd Singmesse und Rosenkranz. Die Ansprachen behandelten das Leiden Jesu. Vom Ölberg angefangen wurde Szene auf Szene in zeitlicher Reihenfolge betrachtet und für die Gegenwart ausgewertet. Der Ostersonntag sah wiederum den Herrn Prälaten Petrus Möhler, den damaligen Abt in Tepl, in unserer Mitte, der die Absicht hat, in jede Pfarrei, die dem Stift in Korporation vereinigt ist, zweimal im Jahr zu kommen. Er hielt wiederum die Frühmesse mit der Deutschen Messe von Franz Schubert als Pontifikalamt mit Predigt und reichte 176 Pfarrkindern den Leib des Herrn; er sprach auch beim Pfarrgottesamt zu den Gläubigen, mußte aber nachmittags nach Einsiedl, wo er gleich­

falls Andacht mit Predigt zugesagt hatte. Bei uns war, da eben an diesem Tag die Sommerzeit wieder eingeführt wurde, keine Nachmittagsandacht mehr, sondern Feierstunde um sieben Uhr abends. Die Kriegslage wird immer ernster, der rückläufige Autoverkehr der Wehrmacht wird immer stärker und zieht die feindlichen Flieger immer mehr in unsere Gegend. Am Freitag nach dem weißen Sonntag, am 13. April 1945, wurde unser Ort erstmals Ziel zweier großer Autos mit Porzellangeschirr, die am Ortsausgang gegen Marienbad zu standen. Der Angriff war erfolgt; die Autos wurden aber raschestens aus dem Ort hinausgebracht. Aber es war zu spät. Schon kamen die Flieger wieder, und diesmal gerieten beide Wagen in Brand. Dies war ein kleines Vorspiel zu der Tragödie des kommenden Tages. Der Pfarrer erteilte nach der Heiligen Messe den katholischen Flüchtlingskindern zusätzlichen Sonderunterricht in der Kirche, als etwa um 7.45 Uhr ein Flieger unmittelbar an der Kirche über die Dächer brauste. Der Pfarrer führte die Kinder sofort in den Turm und von da in den Luftschutzraum des Pfarrhofs. Schon wurden Rufe laut: „Beim Kutzer brennts!“ Noch im Turm hatten Pfarrer und Kinder ein Vaterunser um Gottes gnädigen Beistand gebetet. Jetzt mußte der Seelsorger sie allein lassen, um mit dem Krankenöl in der Tasche zum Brandplatz zu eilen.

Vor dem Gasthaus Kutzer Nr. 46 war über Nacht ein Benzinauto gestanden. Bürgermeister Pimpl von Nr. 12 hatte noch um 7.30 Uhr früh darauf gedrängt, daß es aus dem Ort entfernt werde, war aber zurückgewiesen worden, ja mit Erschießen bedroht worden, wenn er nicht Ruhe gebe. Um 7.45 Uhr wurde die Scheune Kutzers in Brand geschossen, neben der das Benzinauto stand. Es war noch gut, daß dieses nicht selber getroffen worden war, sonst wäre das Unglück noch größer geworden. Jetzt auf einmal war es möglich, es zu entfernen; jetzt war es rasch verschwunden.

Der Brand griff rasch weiter, und das in zwei Richtungen: entlang der Einsiedler Straße und entlang dem Weg zur Kirche. Der Straße entlang brannten die an die Scheune grenzenden nebeneinander liegenden drei Häuser Nr. 49, 48 und 47 nieder, die beiden letzten mit ihren Scheuern: Nr. 49 der Landwirtsleute Alois und Maria Neuert, Nr. 48 der Hausmeisterseheleute Alois und Maria Lang und Nr. 47 der Landwirtseheleute Franz und Agnes Schierl. Dem Kirchenweg entlang verschonte das Feuer sowohl das Gasthaus Nr. 46 sowie das Wohnhaus Nr. 45, vernichtete aber außer den beiden Scheunen zu Nr. 46 der Gastwirtseheleute Ernst und Marie Kutzer und Nr. 45 der Landwirtseheleute Engelbert und Anna Fischbach die Anwesen Nr. 44 von Franz und Maria Brandl, Nr. 43 von Englbert und Pauline Hecht und Nr. 42 von Eduard und Sophie Fischer, sämtlich bäuerliche Anwesen; bei Nr. 45, Nr. 44 und Nr. 43 auch die Scheuern, während bei Nr. 42 Stall und Scheuer im wesentlichen erhalten blieben. Von den Häusern blieben fast nur die Mauern stehen. Fortsetzung folgt

Anneliese Heuer, Helmut Wettinger, Willi Schiener und Werner Heuer am Grabstein mit einem kleinen Blumenbouquet. Irgendjemand hatte einen kleinen Strauß Vergißmeinnicht neben den Stein gelegt.

� Paulusbrunn

Gedenkstätte für toten Bruder

Bei einem Vortrag von Rainer Christoph, Leiter der ARGE Paulusbrunn, Ende Januar in Amberg berichtete Werner Heuer, daß sein Bruder 1945 in Paulusbrunn gestorben sei.

Dies ist eine der vielen Geschichten, die unter die Haut gehen. Heuers Mutter, die Großmutter und der kleine Bruder Dietmar strandeten nach der Flucht aus Schlesien Ende Februar 1945 in Paulusbrunn. Der Vater Paul war als Soldat im Krieg. In Paulusbrunn fanden die Flüchtlinge kurzzeitig eine Unterkunft bei Katharina Gradl, Hausname Küllerer Kathl, im Haus Nr. 98 im Ortsteil Schanzhäuser. Hier traf die beiden Flüchtlingsfrauen ein schrecklicher Schicksalsschlag. Der kleine Dietmar, geboren am 21. Dezember 1944 in Schlesien, starb urplötzlich in der Nacht des 2. März um vier Uhr früh in seinem Bettchen. Festgehalten ist dies in einer Sterbeurkunde des Standesbeamten von Paulusbrunn am 16. März 1945. Erstaunlich ist die Tatsache, daß am Ende des Krieges die Verwaltung noch funktionierte. Der Bub wurde auf dem östlichen Teil des Friedhofs Paulusbrunn bestattet. Ehemalige Paulusbrunner berichten, daß dort Kindergräber waren. Der nach dem Krieg

Wir erinnern im stillen Gedenken an Dietmar Heuer, geboren am 21. Dezember 1944 in Goschütz-Neudorf in Niederschlesien, gestorben am 2. März 1945 auf der Flucht mit seiner Mutter und Großmutter in Paulusbrunn, Ortsteil Schanzhäuser Nr. 98. Die Beerdigung fand im März 1945 auf diesem Friedhof statt. Mit Dankbarkeit freuen wir uns über die Ehre, für unseren Bruder 2024 eine würdige Grabstätte zu bekommen. Seine Geschwister Werner, Gisela und Hannelore.

geborene Bruder Werner hatte noch zwei Fotos vom Grab, eines mit der Begräbnisstätte, dahinter ist die steinerne Friedhofsmauer zu erkennen. Ein zweites Bild zeigt die trauernde Mutter mit vielen Blumen am Grab. Wie es zu den Fotos kam, weiß niemand in der Familie. Geschichte und Fotos gingen den heutigen „Kümmerern“ des Friedhofs zu Herzen. Dieter und Helmut Wettinger, Willi Schiener und alle anderen beschlossen spontan, dem kleinen Dietmar und seinen drei Geschwistern „das Grab wieder zu geben“. Dazu säuberten Sie einen noch erhaltenen namenlosen Grabstein. Rainer Christoph organisierte eine Grabtafel, die das ehemalige Grab und einen von den Geschwistern entworfenen Text zeigt. Alles war bestens vorbereitet, als Anneliese und Werner Heuer mit dem Schwager aus Amberg zum Friedhof kamen. Die Verantwortlichen aus Hermannsreuth hatten den Stein verhüllt. Als Willi Schiener den Grabstein enthüllte, standen allen bis hin zu den zwei Enkelkindern von Helmut Wettinger nach 79 Jahren Tränen in den Augen. So kommt es immer wieder zu Überraschungen. In den letzten drei Jahren konnten zwei neue Grabsteine und ein renovierter alter Grabstein aufgestellt werden.

TERMINE

n Sonntag, 19. Mai, 15.00 Uhr, Haid: Deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Georg Hartl aus Wernberg, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei.

n Sonntag, 19. Mai, 18.00 Uhr, Haid: Eröffnung des Musiksommers in der Dekanalkirche Sankt Nikolaus mit einem großen Chor­ und Orchesterkonzert.

n Freitag, 7. Juni, Bayerisch-tschechischer Stammtisch: 18.00 Uhr im Museumsrestaurant Brot & Zeit in Bärnau; 20.00 Uhr Cocktailabend mit Musik.

n Sonntag, 16. Juni, 15.00 Uhr, Haid: Deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Klaus Oehrlein aus

Margetshöchheim, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei.

n Sonntag, 21. Juli, 15.00 Uhr, Haid: Deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Peter Fořt aus Graslitz, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei.

n Sonntag, 18. August, 15.00 Uhr, Haid: Deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Georg Hartl aus Wernberg, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei.

n Sonntag, 7. September, 19.00 Uhr, Haid: Deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Georg Hartl aus Wernberg, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 20
Der Hochaltar in der Kirche Sankt Johannes und Paulus in Rojau.

Heimatkundliches Mitteilungsblatt für die Vertriebenen aus dem Isergebirge/Organ des Gablonzer Heimatkreises e.V. Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Ho mann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail isergebirge@sudeten.de

❯ Neugablonz im Bayerischen Rundfunk

Eine sudetendeutsche Siedlung 1957 und heute

In den Jahren 1955 bis 1961 war ein Kamerateam in ganz Bayern unterwegs und filmte auch in Neugablonz. Seitdem lagen die Aufnahmen unbeachtet im Archiv des Bayerischen Rundfunks.

Im Jahr 2021 konnte Neugablonz sein 75jähriges Jubiläum feiern. Aus diesem Anlaß fuhr der Bayerische Rundfunk

Die heutige Alte Wache war früher der Eingang zur DynamitAG, auf deren Gelände die ersten Unterkünfte für die vertriebenen Gablonzer entstanden.

Den Rüdiger-Brunnen kauften die Neugablonzer 1968 den Tschechen ab und stellten ihn vor der neuen Herz-Jesu-Kirche, deren Glocken im selben Jahr geweiht wurden. Bilder: Bayerischer Rundfunk

men zu Wort und zeigen unter anderem die Alte Wache, die der Eingang zum Gelände der DynamitAG war. Die geheime Munitions- und Sprengstoffabrik lag bis 1945 mitten im Wald versteckt und wurde schließlich von den Amerikanern gesprengt. Hier

(BR) wieder nach Neugablonz – im Gepäck die digitalisierten Aufnahmen. Für die Reihe „Zwischen Spessart und Karwendel“ gingen die Autoren den Fragen nach, wie sich der Ort entwikkelt hat und was aus den vertriebenen Familien geworden ist, die dort eine neue Heimat gefunden haben. Entstanden ist der Film „Abendläuten – damals und heute in Neugablonz“, der die historischen Aufnahmen mit Kommentaren und aktuellem Bildmaterial ergänzt. So wurde mit einem Aufruf in der Allgäuer Zeitung nach Grundschülern der damaligen Zeit gesucht. Zwei von ihnen kommen in den neuen Aufnah-

Bild: https://www.jonsdorf.de/service/region/kloster-st-marienthal-in-ostritz/

■ Polaun. Wir gratulieren allen Polaunern, die im Juni geboren sind, auf das Allerherzlichste zum Geburtstag. Hans Pfeifer Ortsbetreuer

■ Labau-Pintschei. Die Ortsgemeinschaft gratuliert im Juni zum 95. Geburtstag am 26. Maria Tomesch/Dworatschek in München; 82. Geburtstag am 17. Rolf Seiboth in Nürnberg; 81. Geburtstag am 8. Barry H. Lockton in Clovis (CA/USA) und am 18. Erich Robert Lang in Herrhof; 78. Geburtstag am 4. Franz Seiboth in München; 74. Geburtstag am 2. Leonhard Rampp in Pforzen; 64. Geburtstag am 28. Esra Piwernetz in München; 50. Geburtstag am 13. Her-

mann Heiss in Pforzen; 48. Geburtstag zum 23. Michael Theileis in Lamerdingen. Hans Theileis Ortsbetreuer

■ Dalleschitz. Die Ortsgemeinschaft gratuliert am 12. Juni Wolfgang Wabersich in Kaufbeuren-Neugablonz zum 87. Geburtstag. Hans Theileis

■ Albrechtsdorf. Im Juni gratulieren wir zum 79. Geburtstag am 21. Helga Görner/Krammetbauer; 92. Geburtstag am 24. Horst Babel in Kronberg; 84. Geburtstag am 28. Monika Zimmermann/Mewald; 92. Geburtstag am 30. Herta Brückner.

■ Grünwald: Im Juni gratulieren wir zum

fanden 1946 die vertriebenen Sudetendeutschen Unterkunft.

Im Isergebirgs-Museum trifft das Filmteam Archivar Thomas Schönhoff, der auf einen filmischen Fehler hinweist: Die Glokkenklänge, die zu Beginn des Films zu hören sind, können nicht von der gezeigten HerzJesu-Kirche stammen, da diese 1961 noch gar keine Glocken hatte. Und im Haus der Gablon-

Es gibt fast keine Branche, die nicht aus der Gablonzer Industrie bedient wird.

zer Industrie erklärt der Historiker Manfred Heerdegen, daß es Neugablonz einzig und allein wegen der Gablonzer Industrie gibt.

Der knapp 15minütige Film ist in der ARD-Mediathek abrufbar.

TERMINE

■ Sonntag, 4. bis Donnerstag, 8. August, Gablonz: Busfahrt nach Gablonz und ins Isergebirge. Unterkunft in Gablonz, Ausflüge nach Kloster Ostritz (Bild) und Oybin. Abfahrt: Neugablonz, Zustiege an der Strecke möglich.

Auskunft: Thomas Schönhoff, Telefon (0 83 41) 6 54 86, eMail tomgablonz69@gmail.com

83. Geburtstag am 26. Christa Petrasek/Tippelt zu Hause in Grünwald.

■ Gränzendorf. Im Juni gratulieren wir zum 82. Geburtstag am 19. Brigitte Klier/Klamt in Neugablonz;

Mitglieder umfassenden Facebook-Gruppe

Meine UrUrUr-Großeltern, Josef Zimmermann und Agnes Schuster, sind im Jahr 1889 auf dem Segelschiff Baltimore von Wiesenthal im Isergebirge, das damals noch keinen Bahnanschluß hatte, nach Brasilien/Rio Grande do Sul/ Novo Petropolis/ mit sieben von zwölf Kindern ausgewandert. Sie folgten der Schwester Josefs, Julia Zimmermann Wolf.

Eine Tochter, Rosa, kam zurück ins Isergebirge, weshalb unser Familienzweig existiert (Gablonz, Jaegergasse 28, Schlossermeister Hugo sen./jun. Stejskal).

In Brasilien existieren ungefähr 1200 Nachkommen, bisher konnten etwa 600 gefunden werden, dazu Fotos aus dem Isergebirge und Egerland, die bisher unbekannt waren. Darauf konnten wir Personen visualisieren, deren Aussehen bisher unbekannt war, zum Beispiel Ernst Zimmermann, der Suizid beging nach der Windhose in Wiesenthal und der damit einhergegangenen Zerstörung seines Hauses.

Die von Rosa und Ge-

schwistern aus dem Isergebirge nach Brasilien gesendeten Fotos und das in Briefen genannte Buch suche ich noch.

92. Geburtstag am 5. Gerlinde Hüttmann/Tschep in München.

■ Gablonz. Im Juni gratulieren wir zum 97. Geburtstag am 4. Hilde Endler/Rösler (Josef-PfeifferStraße 6) in Kaufbeuren;

96. Geburtstag am 30. Günter Skopan (Talstraße) in Neugablonz; 82. Geburtstag am 30. Erich Peukert in Harsuben; 85. Geburtstag am 29. Horst Kubat (Lerchenfeldstraße) und am 12. Erika Staffen/Strinzel (Berggasse 42).

■ Johannesberg. Im Juni gratulieren wir zum 85. Geburtstag am 22. Dr. Gunter Seibt in Berlin; 83. Geburtstag am 26. Gerlinde Günther/Hintner (Grafendorf); 82. Geburtstag am 4. Joachim Krause.

■ Maxdorf. Wir gratulieren zum 88. Geburtstag am 18. Juni Erika Stumpe/Geischberg in Neugablonz. Thomas Schönhoff Ortsbetreuer

Die Familie Zimmermann war über alle einsehbar historischen Generationen im Schlosserhandwerk im Isergebirge taetig. Ein Familienbaum findet sich hier: https://www. myheritage.de/site-familytree-77782923/nitschkegruenberg – genannte Personen sind einsehbar. In Brasilien gefundene Fotos (dargestellt in der Familiengruppe auf facebook): https://www.facebook.com/ groups/471618155007033/ media

Desweiteren existieren in unserem Familienarchiv: Vier oder fünf Briefe der Tochter Maria aus Brasilien von ca. 1925 ; ein Foto aus dem Urwald während der Rodung; • zwei großformatige Kohlezeichnungen auf Karton, die Josef bzw. Agnes darstellen.

Ich bin Herrn Kleinert herzlich verbunden, da mir dieser in meiner Jugend unentgeltlich Informationen aus dem Isergebirgsarchiv zukommen ließ und mir das Buch „Die Geschichte der Stadt Gablonz und Umgebung“ schenkte. Steffen Geissler

■ Labau-Pintschei. Am 7. April starb unsere Heimatfreundin Luise Woithe/Vater, geboren am 7. März 1932, in 87656 Germaringen, Fichtenweg 18, mit 92 Jahren. Hans Theileis

■ Gablonz. Am 13. April starb in Biessenhofen bei Kaufbeuren Edith Reckziegel/Klinger aus der Frauengasse 40 im 99. Lebensjahr, betrauert von ihrer Familie.

■ Proschwitz. In Neugablonz verstarb am 25. März der Bäkkermeister Oskar Linke im 90. Lebensjahr. Viele Jahre führte er die bekannte Bäckerei Linke in Neugablonz und versorgte die Einwohner mit Butterwischln und den wunderbaren Striezeln und Kuchen. Um ihn trauert seine Gattin Birgit mit Kindern. Thomas Schönhoff

21 Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024
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In der 251 „Descendentes dos imigrantes Josef Zimmermann e Agnes Schuster em 1890“ nden sich unter anderem diese beiden Bilder: Familie (links) und Grabstein (rechts) der Julia Zimmermann/Wolf.
❯ Über Facebook verbunden Vom Isergebirge nach Brasilien mit einem Klick
Archivar Thomas Schönho hält den Kontakt zu den Gablonzern.

Heimatblatt für den Kreis Sternberg in Mähren (einschl. Neustädter Ländchen)

Fronleichnam ist einer der höchsten Feiertage im römisch-katholischen Kirchenjahr, der auch das Hochfest des heiligsten Leibes und Blutes Christi genannt wird. Kennzeichnend für das Fest ist die Fronleichnamsprozession, eine eucharistische Prozession.

An Fronleichnam steht Jesus Christus im Mittelpunkt. Es ist ein Fest der Dankbarkeit für die leibliche Gegenwart Jesu in Brot und Wein und die Gemeinschaft der Gläubigen mit ihm im Abendmahl. Dabei gibt es zwei Schwerpunkte: die Feier

NEUIGKEITEN

■ Der erste Vogel des Storchenpaares, das sein Nest auf dem Schornstein der Poliklinik hat, kehrte am 26. März nach Unicov zurück. Am Ostermontag, dem 1. April, traf am Nachmittag der zweite Storch (oder die zweite Störchin) ein.

■ Am 6. Mai begann der Bau einer Kreuzung mit Querungshilfe in der Stromoradi-Straße. Der Wiederaufbau des Gehwegs und der Bau eines Fußgängerüberwegs mit Insel vor der Kreuzung mit der Šternberská-Straße werden 4 174 500 Kronen kosten.

■ Die stationäre Kinderstation im Krankenhaus Šternberk ist seit Anfang April geschlossen. Pädiatrische Patienten, die einen Krankenhausaufenthalt benötigen, werden zusammen mit ihren Eltern kostenlos mit dem Krankenwagen in eines der anderen Krankenhäuser der Region transportiert. Spezialisierte pädiatrische Ambulanzen sind unverändert im Einsatz.

WIR BETRAUERN

■ Einoth. Von Anke SchrammFröhlich erhielten wir die Nachricht, daß ihre Tante Gertrude Lehmann/Kreisel am 7. April verstorben ist. Sie wurde am 17. Februar 1931 in Einoth geboren und war lange Jahre Bezieherin der Sternberger Heimat-Post

Im Jahr 2024 finden bei uns etliche Wahlen statt: am 9. Juni die Wahl zum Europäischen Parlament, parallel dazu Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie im September Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Das allgemeine Wahlrecht ist eine tragende Säule der repräsentativen Demokratie und ein politisches Grundrecht. Im Mährisch Neustädter Berichterstatter fand Sigrid Lichtenthäler einen Artikel über die Gemeindewahl von 1923, den sie übersetzte und stark kürzte.

Im Jahre 1923 fanden auch in Mährisch Neustadt Gemeindewahlen statt. Wichtig war damals, überhaupt die Wahlmöglichkeit zu haben. Nicht wahlberechtigt waren Personen, die mehr als 25 Kilometer von der Heimatgemeinde entfernt wohnten, und Leute, die älter als 70 Jahre oder gehandikapt waren, denen es also der gesundheitliche Zustand nicht ermöglichte, zur Wahl zu gehen. Wahlberechtigt waren alle, die wenigstens drei Monate in

Fronleichnam

der Eucharistie im Gottesdienst und die anschließende Prozession, bei der es um die bleibende Gegenwart Christi in dem Sakrament geht. Bei der Prozession trägt der Geistliche den Leib Christi in Form der gewandelten Hostie durch Straßen und Felder. Die Hostie befindet sich in einer Monstranz, einem mit Gold und teilweise auch Edelsteinen verzierten liturgischen Gefäß, das häufig überdacht ist von einem Stoffbaldachin, der von einigen Gemeindemitgliedern getragen wird. Der Baldachin wird oft auch „Tragehimmel“ genannt. Die Gemeinde folgt dem Priester, trägt Fahnen und

Blumengestecke, singt kirchliche Lieder und hält an verschiedenen Stationen, die oft mit bunten Blumenteppichen verziert sind.

Mit der Fronleichnamsprozession knüpfen die Christen an die lange katholische Tradition der Flurumgänge an, bei denen Gläubige schon im Mittelalter ihre Felder, Wälder und später auch Städte segneten. Öffentlich bekennen die Gläubigen ihr Christsein und geben Zeugnis der pilgernden Kirche (des Unterwegsseins mit Christus). In den Fürbitten werden Probleme der Zeit angesprochen und um Lösung und Hilfe gebetet, die Schöp-

Kaum Überraschungen

der Gemeinde wohnten und älter als 21 Jahre waren. Kandidieren durfte, wer mindestens ein Jahr in der Gemeinde wohnte und älter als 26 Jahre war. Acht Tage vor den Wahlen wurden keine Änderungen mehr angenommen, die Ergebnisse sollten veröffentlicht werden.

In Mährisch Neustadt fand die Wahl am 16. September 1923 in der Turnhalle des Gymnasiums und der Bürgerschule statt. Um die 30 Sitze bewarben sich die Kandidaten von der Deutschnationalen Partei (DNP), die Deutsche Gewerkschaftspartei (DGP), der Bund der Landwirte (BdL) und die Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP). Die größten Aussichten zum Wahlgewinn hatte Bürgermeister Karl Marzelli (DNP), gefolgt von Rudolf Thöndel (DGP), dann Othmar Otschenaschek (BdL) und Engelbert Reimer (DNSAP). Mit zur Wahl stellten sich Schuldirektor Anton Teutner, der Richter Karl Krejci, die Baumeister Herbert Vodička, Karl Siegl und Emil Duschek, die Gutsbesitzer Max Hauke und Josef Pommer, die Kaufleute Alois Skurek und Gustav Schischma, die Gastwirte Leo Knappek und

Gustav Dittrich, Gewerbeleute Wilhelm Hafran, Rudolf Grätzer und Engelbert Blahak sowie weitere Richter, Bankangestellte und Lehrer. Insgesamt 40 Personen, davon 30 als Vertreter und zehn als Ersatz, die dann einspringen sollten, wenn Gewählte ihr Mandat nicht ausüben konnten.

Zwei Kandidaten stellte die Deutschfreiheitliche Wahlgemeinschaft auf, den MährischNeustädter Pfarrer Augustin Liewehr und den Richter Eduard Raschendorfer. Als Ersatzleute standen Gewerbetreibende, Beamte und Bauern, insgesamt 14 Personen, zur Wahl.

Von 2880 Wahlberechtigten gingen 2704 zur Wahl, also 94 Prozent der Wähler, die 2687 gültige Stimmen abgaben.

Gegen die Wahl wurde kein Einspruch erhoben. Gewinner war, wie erwartet, der Bürgermeister und Notar Karl Marzelli mit 17 Vertretern. Viele Stimmen erhielten Rudolf Thöndel und Eduard Raschendorfer.

Für Mährisch Neustadt ergaben sich mit dieser Wahl keine bedeutenden Veränderungen. Nikola Hirnerová

Links: Auch in der Heimat streuten die Kinder Blumen, wie hier die Fronleichnamsmädchen 1927 vor der Mädchenschule. Mitte: Festlich gekleidete Mädchen und Buben mit ihren Streukörbchen 1929. Oben: Fronleichnamsversammlung auf dem Mährisch Neustädter Stadtplatz. Bilder: Archiv Sigrid Lichtenthäler

fung, der Alltag und die Lebenswelt der Menschen werden zum Thema gemacht und gesegnet. Bei der Prozession ziehen die ortsansässigen Vereine mit ihren Fahnen mit, aber auch die katholischen Kindergärten und vielerorts die Kommunionkinder, die vor dem Allerheiligsten Blumen auf den Weg streuen. Das Fronleichnamsfest wird am 60. Tag nach dem Ostersonntag gefeiert, was gleichzeitig auch der zweite Donnerstag nach Pfingsten ist. Somit liegt der Termin für Fronleichnam immer zwischen dem 21. Mai und dem 24. Juni.

■ Mährisch Neustadt. Im Juni gratulieren wir zum Geburtstag. Am 1. Elfriede Flunkert/Heger (Obere Alleegasse) zum 93. Geburtstag in Lünen; Helma Hamm/Mauler (Untere Alleegasse) zum 86. Geburtstag in Waiblingen; Adolf Katzer (Wallgasse) zum 82. Geburtstag in Mindelheim; 2. Herta Scholler/Scholler (Kirchenplatz) zum 86. Geburtstag in Frankfurt am Main; 4. Josef Winter (Grumberg) zum 97. Geburtstag in München; 5. Elisabeth Kronschnabel/Selinger (Euglgasse) zum 88. Geburtstag in Ottobeuren; Ursula Kutscher/Raschendorfer (Herrengasse) zum 81. Geburtstag in Ühlingen-Birkendorf; Hans Nawratil (Schönberger Gasse) zum 92. Geburtstag in Winnenden; Doris Over/Münster (Fronfestgasse) zum 83. Geburtstag in Bergheim/Erft und Alfred Schneider (Goeblgasse) zum 87. Geburtstag in Idstein; 6. Werner Heindl (Müglitzer Gasse) zum 83. Geburtstag in Burgau; 8. Edith Groß (Stadtplatz) zum 93. Geburtstag in Wiesbaden; Werner Klimesch (Kudlichplatz) zum 83. Geburtstag in Sidney/ Australien; 9. Herbert Weigel (Müglitzer Gasse) zum 84. Geburtstag in Rüsselsheim;

Helga Kröller/Gabriel (Flurgasse) zum 88. Geburtstag in Aull und Manfred Popp (Goeblgasse) zum 80. Geburtstag in Erfurt; 14. Erwin Libecait (Goeblgasse) zum 91. Geburtstag in NeuUlm; 15. Werner Jacoby zum 81. Geburtstag in Nersingen; 18. Ingrid Schreitter/Rabenseifner zum 81. Geburtstag in Kempten; 19. Dr. Ingrid G. Noske (Theoderichstraße) zum 83. Geburtstag in München; 20. Luitgard Richter/Smekal (Herrengasse) zum 90. Geburtstag in Neu-Ulm; 21. Ulrike Olesch/Ullrich (Schönberger Gasse) zum 84. Geburtstag in Bad Schwalbach und Johannes Georg Prokop (Müglitzer Gasse) zum 88. Geburtstag in Frankfurt am Main; 22. Helga Ulrike Falk/ Schrimpl (Schönberger Gasse) zum 83. Geburtstag in Offenbach; 23. Kurt Knobloch (Salzgasse) zum 83. Geburtstag in Krailling; 26. Walter Knobloch (Salzgasse) zum 85. Geburtstag in Hünfelden; 29. Ilsemarie Kunz/Kaulich (Sternberger Gasse) zum 82. Geburtstag in Elbtal-Elbgrund. Sigrid Lichtenthäler Ortsbetreuerin

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024 22
(0 81 04) 88 80 10, eMail sternberg@sudeten.de
Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Ho mann, Telefon
❯ Gemeindewahlen vor 100 Jahren
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11. Fronleichnam 1938. Fronleichnamsprozession der Klosterkirche 1931.
❯ Eines der größten christlichen Feste
Diese Fronleichnamsprozession fand vermutlich 1944 statt.

Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Ho mann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail zuckmantel@sudeten.de

Vertriebene Bäuerin

Es ist nicht viel, was man mir nahm:

Ein kleines Haus am Dorfesrand.

Ein Feld, auf dem mein Korn noch stand.

Als jene Stunde kam.

Es ist nicht viel, was drüben blieb:

Ein Blumengarten an dem Bach, Ein Pflug, der meine Scholle brach, Von der man mich vertrieb.

Es ist nicht viel, was dort zerfällt:

Ein kleines Haus am Dorfesrand.

Ein Feld, auf dem mein Korn einst stand –Und eine ganze Welt. Rainer Kriegelstein

Die Heimat lebt in alten Bildern

Wir seh‘n Heimat noch in alten Bildern, so oft die Sehnsucht danach drängt, und gehen gleichsam durch die Räume, an denen uns‘re Kindkeit hängt.

Wir kennen jeden Weg und jeden Fluß, den alten Weg, den jeder gehen muß. Wir seh‘n das grüne Tal mit seinen Nebelschwaden, den guten, alten Erntewagen hochbeladen und fühlen noch den Schmerz, wenn einer von uns ging, der so wie wir an seiner Heimat hing. Er ging dahin, ihn deckt die kühle Erde. Ist er nicht besser dran? Führt er Beschwerde? Er liegt für immer dort, wo andre Lieder klangen, Er hat die ew‘ge Ruh, ihm widerfährt kein ängstlich Bangen. Hört – so wie früher – leis‘ die Blätter rauschen, und kann befreit dem fremden Winden lauschen. So lebt in uns Erinnerung von guten und von andren Tagen, wir wollen dies nun auch den Kindern übertragen, zwar nur in Fotos und mit Bildern aus den Köpfen, aus denen wir die Sehnsucht und die Liebe schöpfen. So wie es war, woll‘n wir die Heimat zeigen und hoffen, sie machen sich die Bilder auch zu eigen. Rudolf Heider

Verguckt

Es ging ein Jägerlein, klein und zart, Den Wald vor Dieben zu wahren, Das Jägerlein hat zwar noch keinen Bart, Doch voll die Zähne von Haaren.

Schon lange spaziert er den Waldweg entlang, Ohn‘ etwas Verdächtiges zu schauen, Als plötzlich, wie auf Kommando klang, Ein Hase durcheilet die Auen.

Der Jäger erblickt ihn und lässt ihm nicht Ruh‘ Und jaget ihn durch die Wälder, Der Hase läuft ruhig dem Miserich zu, Überlassend den Jäger sich selber.

Mal erstaunet der Jäger, mal wundert es ihn, Den Hasen verschwunden zu seh’n.

Er rennt zu den nächsten Häusern nun hin Und sieht drin – den Hasen sich blähen.

Errät es der Leser, wer der Jäger wohl war Und wer der zweibeinige Hase? Ich kann‘s Euch nicht sagen, sonst schelten ihn gar seine Oberen ob dieser Nase!

WIR GRATULIEREN

■ Zuckmantel. Wir gratulieren herzlich allen Landsleuten, die im Juni Geburtstag feiern, und wünschen alles Gute. Zum 99. Elsa Mantei/Völkel (Rosenthal 30) am 20.; 95. Anna Hess/Türke (Niederfelder 285) am 7.; 94. Traudel Marquardt/Sponer (Hotel Titze) am 16. in 96237 Ebersdorf, Austraße 29; 93. Elvira Eisner/Weiß (Lerchenfeld 18) am 15., Margarethe Wittenzellner/Kappel (Mühlsteig 419 bei der Geiermühle) am 9., Günther Patzelt (Hauptstraße 40) am 6. in 80689 München, Senftenauerstraße 34/1 und Margarethe Streit/Fuchs (Miserich 230) am 10. in 84088 Neufahrn, Bergstraße 12; 91. Margarete Bergmeister/ Neustädter (Berggasse 417) am 15.; 82. Hannelore Fellhauer/Herdin (Stiegenbrücke 250) am 4.; 80. Oda Rieth/Bobretzky (Hauptstraße 197, Hotel Thamm) am 9.; Inge Wolf/Oppitz (Gattin von Alfram Wolf, Hans-KnirschStraße 632) am 12.; 81. Kurt Kirchner (Neustadtgasse 131) am 11. und Paul Doleczik (Lerchenfeld 6) am 30.; 98. Christine Quecke/Hauke (190) am 11.; 97. Hildegard Thürmer (26) am 16.; 95. Anni Schnabel/Geier (39) am 4., Erna Käppeler/Bock (33) am 21. und Albert Meißner (442) am 21.;

94. Herta Frauwallner/Meißner (236) am 2.;

92. Oskar Kieslich (44) am 7. und Elisabeth Pfeiffer/Kühlinger (154) am 23.;

91. Helga Klitzner/Scherz (158) am 28. und Anna Beck/Seidel (183) am 30.;

89. Anna Löhner/Groß (232) am 11.;

87. Rudolf Seidel (177) am 12. und Herta Spann/Seidel (167) am 21.;

86. Johann Langer (298) am 16., Herta Göschei/Schmidt (172) am 19. und Ruth Rumler/ Meißner (133) am 30.;

83. Werner Finger (190) am 7. und Hildegard Wendt/Schaffer (68) am 8.;

82. Dr. Ingeborg Knoblich-Slipi (136) am 16., Gertrud Escher/ Gerstberger (20) am 25. und Gerlinde Hasse/Bock (171) am 30.;

81. Gisela Schina/Ascher (336) am 13. und Irma Degelmann/Grimme (165) am 18.;

80. Helmut Strauch (64) am 6., Alois Müller (208) am 24. und Roswitha Vohrer/Müller (216) am 10. Rudolf Heider Ortsbetreuer

TERMINE

Zum 800. Jubiläum Zuckmantels

Neues Logo

Das grafische Konzept des neuen Logos ist inspiriert vom Alltagsleben der Goldgräber. Der goldene Streifen symbolisiert eine sehr wichtige Handelsstraße. Diese Straße stellt eine Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Stadt dar und prägt sich somit in den gesamten visuellen Stil ein.

DDiese lange Straße ndet sich als goldener Balken im neuen Logo wieder.

A frommer Wunsch

Dar Schusterseff sturb ei dr Nacht, Ar hoatt a bieses Weib; doas Schempfen oalle Tage wor ihr liebster Zeitwertreib.

Etz raatzt se ond hört niemeh oof ond brengt kä Wort avir.

De Schwaster von‘r mäant, doaß noch doas Harz wird brechen ihr.

De Schwaster frogt em jäs ond doas Ond wur doann schon org bies. „Du mußt doch säan, wie du oalls willst, wie‘s met dar Leiche ies?

Met ‘n Sorch, ‘n Pforr ond met dan Kranz ond met dar Schleife droan, ond woas de fir a Sprüchla willst fir Seffen, deinen Moan.“

Doas Weib, doas joomert: „Schreibt halt droff, doaß mrsch gutt läsen koann: Ruh‘ ein Frieden, liebster Seff, bis mer ons wiedersahn!“

as Farbkonzept basiert auf dem historischen Goldbergbau, weshalb die Hauptfarben Goldtöne sind. Die Silber- und Kupferfarben dienen dann als Komplementärfarbe. Das gesamte Farbschema schafft einen erkennbaren und unverwechselbaren visuellen Eindruck. Als Grundschriftart für das Logo wurde die geometrische Schriftart Atyp Display verwendet, die von dem tschechischen Designer Tomáš Brousil entworfen wurde. Das charakteristische Merkmal dieser der Schrift sind ihre starken Linien und scharfen Kanten, die zu-

sammen den Eindruck von Modernität und Ästhetik vermitteln. Zugleich ergänzen sie visuell das goldene Rechteck des Logos. Das Schlüsselelement des gesamten Konzepts ist dieAbstraktion der Falten, die die spezifische Schroffheit und einzigartige Atmosphäre der Stadt Zuckmantel widerspiegelt. Die stilisierte Form der Falten schafft eine visuelle Verbindung in drei Richtungen: die Falten in den Bergwerken, die Ausdehnung der Goldadern und die Wellenbewegung des Wassers beim Goldwaschen. Diese Falten finden sich auf Briefpapier, Touristikbroschüren und zahlreichen Merchandising-Artikeln wie zum Beispiel T-Shirts oder Tassen wieder. KH

❯ Die Vogelwelt des mährisch-schlesischen Gebirges – Teil IV/Ende

Hochgebirgsvögel

„Wochenblatt“ aus Zuckmantel vom 4. Juli 1880, ohne Autor, eingesandt von Rudolf Heider.

■ Samstag, 18. Mai, 9.00–16.00 Uhr, Zuckmantel: Tag der offenen Wälder. Programm: geführte Wanderung durch den Stadtwald, Spiele, Vorführung von zoologischen Exemplaren, Demonstration von Arbeitstätigkeiten im Wald, Snacks. Goldbergbau-Freilichtmuseum, ■ Donnerstag, 23. Mai bis Sonntag, 9. Juni: ZUŠOpen. Tage des Feierns und des Teilens der Freude an der Kunst in der ganzen Tschechischen Republik mit reichhaltigem Programm für alle Generationen: Musik, Tanz, Theater, Ausstellungen, Workshops. Ausführliches Programm unter www.zusopen.cz oder www. facebook.com/zusopen

Mit dem Kreuzschnabel wollen wir Abschied nehmen von dem Gehirgshochwald, um zuletzt mit hochgespannten Erwartungen die obersten Erhebungen unseres Gebirges, die kahlen Bergmatten samt dem sie umgrenzenden Gürtel verkrüppelten Holzwuchses nach Erscheinungen aus der Vogelwelt zu durchforschen. Leider sind mir diese Erwartungen bisher nicht in Erfüllung gegangen, denn ich darf gleich vorausschikken, daß es nur zwei jener Region eigene Vögel gewesen sind, welche ich beobachten konnte. Zunächst war es die Ring- oder Singdrossel, von den Gebirgsbewohnern und Forstbeamten „Schneeamsel“ genannt. Er ist eigentlicher Hochgebirgsvogel, der in der Ebene nur auf dem Zuge erscheint; man hat dann Gelegenheit, diese schwarzen, mit einem breiten weißen Halbmonde auf Kehle und Oberbrust gezierten Vögel unter anderen „Krammetsvögeln“ beim Wildprethändler zu sehen. Leider ist es

mir nicht gelungen, ein Exemplar zu Schusse zu bekommen, so daß bis jetzt meine Vermutung, daß unsere Vögel zur alpinen Subspecies gehören, noch unbestätigt ist. Die zweite zur Beobachtung gelangte Erscheinung aus der Hochgebirgsornis ist der Wasserpieper. Er bewohnt in großen Schaaren den obersten Holzgürtel und die grasigen Matten der Bergkuppen und kann keinem Wanderer entgehen; das Volk nennt ihn Schneelerche. Ich habe während meiner mehrfachen Touren eine Anzahl Exemplare erlegt, merkwürdigerweise aber nur junge Vögel; die alten mochten sich in der Mauser befunden und versteckt gehalten haben. Einen eigenen Reiz gewährt es zu beobachten, wie diese den hohen Gebirgslagen angehörigen Vögel dort oben die Gesellschaft finden solcher Vögel, deren Aufenthalt sonst vorwiegend die Ebene ist. So sah ich am Schutzhause auf der Hochschar neben einigen, die Wirtschaftsabfäl-

le durchstöbernden Wasserpiepern auch eine weiße Bachstelze und einen Hausrotschwanz. Letzterer soll sogar nach Angabe des Schutzhauswirtes dort brüten. Wie man sieht, stellen vorstehende Angaben ein recht spärliches Beobachtungsresultat aus den obersten Gebirgsregionen dar. Eingehende und wiederholte Beobachtungen werden sicher noch viel neues an den Tag bringen. So kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß der schöne Mornell-Regenpfeifer an den zahlreichen sumpfigen Stellen des Gebirges auftritt. Vielleicht wird auch eine Sumpfmeise aufgefunden und entpuppt sich als die interessante Parus alpestris Baill. Der nordische Birkenzeisig hat schon im Riesengebirge gebrütet, auf ihn wäre also ebenfalls zu achten. Endlich wäre von vornherein nicht ganz ausgeschlossen, daß auch der, für Norddeutschland bisher nur im Riesengebirge konstatierte Alpenflüevogel da und dort im Gesenke vorkäme.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17. 5. 2024
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Sophie Mildner

74. Sudetendeutscher Tag

Übersicht Informationsstände in der Halle 7

Kategorie Aussteller

AckermannGemeinde Ackermann-Gemeinde e. V. (Christoph Lippert) D2

Adlergebirge Heimatlandschaft Adlergebirge (Günther Wytopil) F11

Altvatergebirge Freundeskreis zur Förderung der Patenschaft Ansbach–Jägerndorf e. V. (Rudolf Dengler) G10

Heimatkreis Hotzenplotz (Barbara Dengler, Doris Fritsche) G9

Heimatkreis Jägerndorf e. V. (Lorenz Loserth) G11

Heimatkreis Mährisch-Schönberg e. V. (Dirk Peschel) F10

Verband der Deutschen Nord mähren–Adlergebirge – Begegnungszentrum Mährisch-Schönberg (Erika Vosáhlo) F9

Versöhnungsinitiative Freudenthal/Bruntál (Roman Hota, Kristýna Hota) Halle 6 – I1 Antikomplex Antikomplex – hnutí proti xenofobii (Veronika Kupková) D3

Archiv Bayerisches Hauptstaatsarchiv –Sudetendeutsches Archiv (Ingrid Sauer) E2 Beskiden Heimatlandschaft Beskiden (Susanne Häussler) D6 Böhmerwald Arbeitskreis „Künische Freibauern für den mittleren Böhmerwald“ e. V. (Harald Steiner) C2

Böhmerwaldmuseum Wien. Wurzeln spüren und Verständigung leben (Dr. Gernot Peter) B2

Der Böhmerwald e. V. Eine Zeitschrift stellt sich vor (Dr. Gernot Peter) B3

Deutscher Böhmerwaldbund, Bundesverband (Erika Weinert) A2

Deutscher Böhmerwaldbund, Ortsgruppe München. Karten (Jean McIntyre) A3

Deutscher Böhmerwaldbund, Ortsgruppe München. Bücher (Mathilde Pollak) A4 Glaube und Heimat e. V. Monatsschrift der heimatvertriebenen Böhmerwäldler und Freunde des Böhmerwaldes (Erich Schaufler) B4

Bücher BALAENA Verlag (Heike Birke, Dr. Heinz Granvogl) Halle 6 – I3

Bücherflohmarkt (David Heydenreich) G12 Bücherforum Volk Verlag (Michael Volk) C13

Mittelpunkt-Verlag Neualbenreuth für historische Karten, Geschichte des Egerlandes und der Fraisch (Anita Köstler) F2

Verlag Tschirner & Kosová (Jürgen Tschirner) Foyer – H3

Centrum Bavaria Bohemia Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) (David Vereš) G6

Collegium Carolinum Collegium Carolinum e. V. & Sudetendeutsches Wörterbuch (Ulrike Lunow) G8

Egerland Arbeitskreis Egerländer Kulturschaffender e. V. (AEK) (Oswin Dotzauer, Helmut Kindl) B9

Bund der Deutschen in Böhmen e. V. (Richard Šulko) B8

Bund der Deutschen, Landschaft Egerland –Balthasar-Neumann-Gesellschaft & Begegnungszentrum Eger (Alois Rott) B10

Bund der Eghalanda Gmoin e. V. (BdEG) (Günther Wohlrab) B11

Bürgerverein „Jde o Nejdek“ (Es geht um Neudek) (Dr. Pavel Andrš) C5

Egerland-Jugend (Alexander Stegmaier) B5 –B7

Egerlandmuseum Marktredwitz (Wolfgang Jordan) B12

Eghalanda Gmoi z’Geretsried e. V. (Helmut Hahn) A9/A10

Eghalanda Gmoi z’Ingolstadt e. V.

Die Gmoi stellt sich vor (Helmut Kindl) A6/A7

Kategorie Aussteller

Eghalanda Gmoi z’Ingolstadt e. V.

Stand-Nr.

Egerländer Handwerk (Andrea Kopetz) A8

Eghalanda Gmoi z’Ingolstadt e. V.

Egerländer Tradition (Helmut Kindl) A5

EUREGIO EGRENSIS Arbeits gemeinschaft Bayern e. V. (Alexander Dietz, Lucie Jírovská) G7

EUREGIO EGRENSIS Arbeits gemeinschaft Böhmen (Erik Krupička)

Heimatgruppe „Glück auf“ – Freunde des Heimatmuseums Stadt und Landkreis Neudek in Augsburg e. V. (Anita Donderer)

G7

C5

Heimatverband der Marienbader Stadt und Land e. V. (Dr. Hans-Peter Sang) C7

Kulturverband/Spolek Němců a přátel německé kultury, Ortsgruppe Graslitz/Kraslice (Soňa Šimánková, Dr. Petr Rojík)

Elbetal Collegium Bohemicum (Dr. Petr Koura)

ErzgebirgeSaazerland

Essen und Trinken

Familienforschung

Frauen

Förderverein der Stadt Saaz|Žatec e. V. (Otokar Löbl)

Heimatkreis Saaz (Birgit Unfug)

Karlsbader Oblaten und Waffeln der Firma Wetzel, Böhmischer Kuchen und Kokosmakronen (Edgar Maisel)

C9

C12

Foyer – H5

Foyer – H5

C1/D1

Waldgold-Kräuterlikör (Rita Pförtke) F1

Weingut Eder (Christian Eder) E1

Bayerischer Landesverein für Familienkunde e. V. (Sabine Scheller, Manfred Wegele)

Vereinigung Sudetendeutscher

Familienforscher e. V. (VSFF) (Manfred Weiner)

Foyer – H4

Foyer – H4

Bundesfrauenarbeitskreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft (Ingeburg Alesi) E8

Sudetendeutsche Frauen aus Nordrhein-Westfalen (Gertraud Rakewitz) D8

Handwerk Arbeitskreis Sudetendeutscher Krippenfreunde (Patrick Ernst) F5

Die Schaulade – Werkstatt für Filzen, Wirken und Leinenveredelung (Anita Köstler) F2

Sudetendeutsche Ratschnmusikanten – Ich/Wir baue/n eine RRRatsche (Michael Käsbauer)

Haus des Deutschen Ostens Haus des Deutschen Ostens (HDO) (Dr. Lilia Antipow)

Heiligenhof Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk mit der Bildungsstätte Der Heiligenhof (Ulrich Rümenapp)

Heimatpflege Heimatpflegerin der Sudetendeutschen (Christina Meinusch)

Jugend Czech-German Young Professionals Program (CGYPP) (Michael Murad)

Jugend- und Kulturorganisation der deutschen Minderheit (JUKON) (Maximilian Schmidt)

SdJ – Jugend für Mitteleuropa e. V. (Jennifer Neuberger)

Kuhländchen Alte Heimat, Verein heimattreuer Kuhländler e. V. (Dieter Bruder)

Kulturstiftung Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen (Thomas Konhäuser)

Landesversammlung Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik e. V. (Maximilian Schmidt)

Medizin Noselab GmbH. Neuartige Diagnostik von Alzheimer und Parkinson (PD Dr. Marion San Nicoló)

Mittelgebirge

Aussteller

Politische Bildung Asociace pro mezinárodní otázky / Association for International Affairs (AMO) (Michael Murad)

Paneuropa-Union Deutschland e. V. (Johannes Kijas)

Union der Vertriebenen und Aussiedler

Haus der deutsch-tschechischen Verständigung

Reinowitz (Petra Laurin)

Heimatkreis Reichenberg Stadt und Land e. V. (Volker Patzelt) E12

Heimatkreis Schluckenau (Andreas Kniesel) E14

Verein der Deutschen in Nord böhmen –Begegnungszentrum Reichenberg (Magdalena Hosáková, Petra Laurin) E10 Verein Nixdorf (Roman Klinger) E11

Post Deutsche Post Foyer – H1

Riesengebirge Heimatkreis Braunau (Erik Buchholz) G4

Heimatkreis Hohenelbe/Riesen gebirge e. V. (Kirsten Langenwalder) G2

Heimatkreis Trautenau (Wigbert Baumann) G3

Verein für deutsch-tschechische Verständigung Trautenau–Riesen gebirge e. V. – Begegnungszentrum Trautenau (Štěpánka Šichová) G1

Seliger-Gemeinde Seliger-Gemeinde e. V. – Gesinnungsgemeinschaft sudetendeutscher Sozialdemokraten (Rainer Pasta)

C10/C11

Sprachinseln BRUNA – Heimatverband der Brünner in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (Dr. Rudolf Landrock, Dietmar Schmidt)

Deutscher Kulturverband Region Brünn –Begegnungszentrum Brünn (Dr. Milan Neužil) F13

Gemeinschaft Wischauer Sprachinsel e. V. (Monika Ofner-Reim) A11/A12

Sudetendeutsche Landsmannschaft Bezirk Oberbayern der Sudetendeutschen Landsmannschaft (Susanne Häussler) D6

Informationsstand der Sudetendeutschen Landsmannschaft – Bundesverband – e. V. Foyer Sudeten.net – Das soziale Netzwerk der Sudetendeutschen Foyer – H2

Südmähren OCHSEN – Mayerhof zu Probitz (Tomáš Ignác Fénix, Robert Thomas Zahrl) F4 Südmährerbund e. V. Heimatkreis Neubistritz (Peter P. Sliwka) F3

Trachten Ausstellungsprojekt Tradition in Bildern /  Tradice v obrazech (Václav Šilha) D12 Volkstrachtenmuseum Ostrov/ Muzeum Ostrov lidových krojů (Jan Kuča) D11

Vertriebenenstädte Stadt Kaufbeuren–Neugablonz (Carola Ali, Birgit Müller) E9

Stadt Waldkraiburg (Robert Pötzsch, Dr. Wolfgang Theissig) F12

Zeitungen und Zeitschriften Katholische SonntagsZeitung Foyer – H6

LandesEcho – Das Magazin der Deutschen in der Tschechischen Republik (Maximilian Schmidt) D10

Sudetendeutsche Zeitung Foyer

Sudetenpost (Markus Goritschnig) F8

74. SUDETENDEUTSCHER TAG Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 17.5.2024 24 Böhmisches Dorffes 2 2 212,59 m Tanzfläche 1,93 1,82 1,82 1,77 1,77 1,79 1,79 1,79 1,79 1,83 1,83 1,79 1,79 1,77 1,77 1,79 1,79 1,77 1,77 1,77 1,77 2,17 2,17 2,17 1,93 1,93 1,93 1,93 2,03 2,03 1,97 74 A13 Heimatpflege G13 F13 E13 E14 F12 E12 E11 F11 F9 E9 E10 F10 D9 C9 D10 C10 C11 D11 D12 C12 B12 A12 A11 B11 B10 A10 A9 B9 A8 B8 B7 A7 A6 B6 B5 A5 C5 D5 D6 C6 C7 D7 D8 C8 E8 F8 F7 E7 E6 F6 F5 E5 G5 G6 G7 G8 F4 E4 E3 F3 F2 E2 E1 F1 D1 C1 D2 C2 C3 D3 D4 C4 B4 A4 A3 B3 B2 A2 A1 B1 Bude G9 G10 G11 G12 G3 G2 G1 G4 74 Bude Bude Bude Bu d e Bude Bude Bude Bude 29,94 C13 6,16 Tor 1 Tor 2 Tor 3 Tor 4 Tor 5 Tor 6 5 Biertische 40 Sitzplätze 60 Biertische 480 Sitzplätze Übergang Halle 5 Übergang Halle 6 Messewand Messewand Messewand Zugang zu Löscheinrichtung gewährleisten) 6 7 8 9 Büro 1 Büro 2 Bücherforum 1 2 3 4 5
Stand-Nr.
D7
E13
D4
A13
B1
D10
A1
D5
G5
D9
Halle 6 – I2
C8
C6 Kategorie
Stand-Nr.
E9
E3/E4
B1
E5/E6
der CSU
E7
Bund der
Heimatkreisverein Bilin e. V. (Dietmar Heller, Karl Poppek)
Teplitz-Schönau Freundeskreis e. V. (Erhard Spacek)
Museum Isergebirgs-Museum Neugablonz (Evelin Wenzel-Brandl)
Sudetendeutsches Museum (Lidia Ciotta)
(UdV) (Theresa Fauth)
Polzen-NeißeNiederland
Niederländer e. V. Böblingen (Peter Pinkas, Michal Zenkner) G13
E11
C3/C4

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