Sudetendeutsche Zeitung 16. Juni 2023 Ausgabe 24

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Schon 36 Wölfe streifen durch den Böhmerwald Seite 3

Sudetendeutsche Zeitung

Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

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VOLKSBOTE HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung

Jahrgang 75 | Folge 24 | 2,80 EUR 75 CZK | München, 16. Juni 2023

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Der Junge flehte mich an, ob er nicht in ein Krankenhaus verlegt werden könnte. Ich rannte auf die Bahnhofs-Rot-Kreuz-Wache und Wir kamen in ein kurzes Gespräch. Als sie hörte, daß ich Sudetendeutscher sei und ohne einen Pfennig dastand, öffnete sie eine Schublade ihres Schreibtisches und übergab mir einen verschlossenen Briefumschlag. 150 Mark waren darin! Ich wollte das Geld Heimkehrer auszuhändigen. Meinen Hinweis, ob ich denn so eine Person sei, tat sie mit ihrer Erfahrung im Umgang mit Menschen ab. Diese Sammlung und 100,– DM sind alles, war ich für die Knochenarbeit von der Bundesrepublik erhalten habe. In meiner wie dem Verbot eine Universität zu besuchen, da ich als Angehöriger der Waffen-SS automatisch zum Verbrecher gestempelt, meiner Würde beraubt wurde, zählen können.hung, sie sind wohl „Exkameraden“. Die Lok war bereit, uns heim ins Reich zu bringen, einem Spruch des toten Hitler folgend. Man brachte uns in das, was vom Reich übrig geblieben war. Ich vergaß den Namen des Ortes, wo wir in ein Quarantänelager mußten. Vor Mitteilungsblatt für den früheren Gerichtsbezirk Zuckmantel im Altvatergebirge

verstand die Welt nicht mehr. Mit offenem Mund stand ich da. Die Beruf erkundigte. Wahrheitsgemäß antwortete ich „noch gar nichts“. Er hatte bald herausgefunden, daß ich Absolvent einer höheren Schule sein müßte und bot mir

heißt jetzt

Socdem

Es soll ein Signal für einen Neustart sein. Auf ihrem Parteitag am Wochenende in Pilsen haben Tschechiens Sozialdemokraten ihre Partei Česká strana sociálně demokratická (ČSSD) in Sociální demokracie (Socdem) umbenannt.

Zuvor konnte sich Michal Šmarda, der Bürgermeister von Neustadtl, in einer Kampfabstimmung als Vorsitzender durchsetzen. Gegenkandidaten waren der stellvertretende Vorsitzende Břetislav Štefan und der bisherige Vize-Vorsitzende Lubomír Zaorálek, der in der Vergangenheit auch Außen- und Kulturminister war. Šmarda, der die Sozialdemokraten nach dem Rauswurf aus dem Abgeordnetenhaus übernommen hat, wird somit die Partei in die nächsten Parlamentswahlen führen, die im Herbst 2025 anstehen.

Socdem-Chef Michal Šmarda.

Nach seiner Wahl sagte Šmarda, die Sozialdemokratie habe eine große Geschichte und eine noch bessere Zukunft vor sich: „Denn die Sozialdemokratie weiß schon jetzt sehr gut, welche Fehler sie niemals wiederholen darf. Die Sozialdemokratie darf nie wieder das Vertrauen des tschechischen Volkes verlieren.“ Man werde deshalb, so Šmarda mit Blick auf das Desaster als Juniorpartner in der vormaligen Regierung unter Premierminister Andrej Babis, „nie wieder ihr Programm für ein paar Posten verkaufen“.

Ziel sei es, ins Parlament zurückzukehren. Als ersten Schritt will Šmarda jetzt ein Reformpaket vorlegen, mit dem die Staatsverschuldung sozialverträglich verringert werden soll.

Nach den aktuellen Umfragen haben die Sozialdemokraten zumindest derzeit keine Chance, wieder in das Parlament einzuziehen. Siehe Seite 2

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (kleines Foto links) erklärte am vergangenen Mittwoch bei einem Besuch vor Ort, daß sich seine Regierung von keinem Gericht vorschreiben lasse, den Tagebau Turów zu schließen. Das Grubengelände umfaßt einschließlich der Abraum- und Aschenhalde bereits eine Fläche von rund 50 Quadratkilometern und ist damit fast so groß wie die nur wenige Hundert Meter entfernte Stadt Zittau, die unter dem Tagebau Turów zunehmend leidet.

Fotos: Ibra Ibrahimovič, Frank-Bold-Stiftung/Twitter Mateusz Morawiecki

❯ Weder in Berlin noch in Prag will man die polnische Regierung dazu zwingen, Umweltgesetze und Gerichtsurteile zu befolgen

Tagebau Turów: Kanzler Scholz und Premierminister Fiala ducken sich weg

„Wir werden nicht zulassen, daß Turów geschlossen wird. Kein Gericht in Brüssel wird Polen etwas diktieren, wenn es um unsere Energiesicherheit geht“, gibt sich Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei seinem Besuch am vergangenen Mittwoch vor der Belegschaft kämpferisch.

Die gigantische Grube im Dreiländereck zu Sachsen und Böhmen soll bis 2044 betrieben und auf 55 Quadratkilometern bis zu 300 Meter tief ausgegraben werden – 75 Meter unter dem Meeresspiegel. Tag für Tag werden 32 000 Tonnen Braunkohle auf Förderbändern zum Kraftwerk Turów transportiert. Schon jetzt sind die Auswirkungen auf die Region massiv. In der nur wenige Hundert Meter vom Grubenrand entfernten sächsischen Stadt Zittau sind mehrere Gebäude durch die nachrutschenden Erdmassen aufgrund des fallenden Grundwasserspiegels beschädigt worden, was Risse in den Mauerwerken und Fundamenten belegen.

Auch in der Region um die böhmische Stadt Grottau verfolgt man mit zunehmender Sorge den Weiterbetrieb, da der sinkende Grundwasserspiegel viele Brunnen austrocknet und damit Landwirtschaft und Natur schädigt.

Würde es nach Recht und Gesetz gehen, wäre Turów längst Geschichte. Im Frühjahr 2021 hatte der Europäische Gerichtshof (Sudetendeutsche Zeitung berichtete) nach einer Klage der Tschechischen Republik eine von Polen vorgelegte Umweltverträglichkeitsprüfung als Farce entlarvt und in einer einstweiligen Anordnung den sofortigen Stopp des Braunkohle-Abbaus verfügt. Polen kam dem jedoch nicht nach. Der Gerichtshof verhängte daher eine Geldstrafe von 500 000 Euro pro Tag, an dem weiter im Tagebau Turów Braunkohle abgebaut wird.

Dann kam die Politik ins Spiel. Tschechiens Premierminister Petr Fiala ordnete an, die Klage zurückzuziehen. Gleichzeitig verpflichtete sich Tschechien, nie wieder gegen den Tagebau Turów juristische Schritte einzuleiten. Die Gegenleistung

Per Laser-Installation hat Greenpeace den Turów-Betreiber PGE für die Klimakrise mitverantwortlich gemacht. Foto: Greenpeace Polen

der Polen ist eher überschaubar. Warschau überwies 45 Millionen Euro für den Bau von Barrieren, die den Abfluß des Grundwassers verhindern sowie vor Staub und Lärm schützen sollen.

Daß dies höchstens reines Wunschdenken ist, weiß auch Fiala, dem aber ein gutes Verhältnis zu Warschau wichtiger ist als der Schutz der betroffenen Bürger. „Wir haben es geschafft, einen riesigen Felsen aus dem Weg zu rollen, der die tschechisch-polnischen Beziehungen in den letzten Jahren belastet hat“, so Fiala nach der Einigung.

Von der großen Politik im Stich gelassen fühlt man sich auch in Zittau. Ein Rechtsgutachten, das die Sächsische Staatsregierung in Auftrag gegeben hat, kam 2022 zu einer klaren Einschätzung: „Als Ergebnis der Analyse der Dokumente, die die Erteilung der Umweltverträglichkeitsentscheidung für die Realisierung des Vorhabens der Fortführung der Braunkohlegewinnung im Tagebau Turów betreffen, sowie öffentlich zugänglicher Daten ist festzustellen, daß das Verfahren über den Erlaß der Umweltverträglichkeitsentschei-

dung hinsichtlich der Information der Öffentlichkeit fehlerhaft war und das grenzüberschreitende Verfahren über den gesamten Verfahrensverlauf hinweg fehlerhaft war.“

Konsequenzen hatte dieses Gutachten zunächst nicht. Bundes- und Landesregierung schoben sich publikumswirksam gegenseitig die Verantwortung zu, und am Ende landete das Papier in der Schublade. Daß dies eine politische Entscheidung sowohl der Bundesregierung als auch der sächsischen Landesregierung war, um die Beziehungen zu Polen nicht zu belasten, wird weder in Berlin noch in Dresden dementiert.

Im Winter 2022 riß dann bei Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker der Geduldsfaden. Das Stadtoberhaupt drohte der sächsischen Landesregierung mit einer Untätigkeitsklage und reichte vor dem Verwaltungsgericht in Warschau selbst Klage ein. Ebenfalls juristische Schritte leiteten Greenpeace, die FrankBold-Stiftung und der Umweltverband Eko-Unia ein.

In der vergangenen Woche sorgte dann das Warschauer Ver-

Zittaus Oberbürgermeister Thomas

den englichen Begriffen „frank“ für „offen“ und „bold“ in diesem Fall für „mutig“ ableitet, stehen versierte und international erfahrene Rechtsanwälte.

waltungsgericht für Schlagzeilen. Die Richter urteilten, daß der Abbau in Turów eingestellt werden muß. Die von der zuständigen polnischen Behörde vorgelegten Dokumente zur Umweltverträglichkeit seien fehlerhaft, stellte das Gericht fest.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erklärte postwendend, daß sich die Regierung auch an dieses Gerichtsurteil nicht halten werde. Und bei den betroffenen Nachbarn duckten sich die verantwortlichen Regierungschefs weg. Tschechiens Premierminister Petr Fiala erklärte auf einer Pressekonferenz allen Ernstes, man habe „genügend Garantien, daß der Kohleabbau im polnischen Tagebau Turów die Umwelt nicht beschädigt“.

Und für Bundeskanzler Olaf Scholz sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke, immerhin Mitglied der Partei Bündnis 90/ Die Grünen, sie wolle das Gerichtsurteil nicht bewerten, da sie die Gewaltenteilung respektiere.

Zumindest in Prag könnte die Politik des Wegduckens Folgen haben. Hinter der Frank-BoldStiftung, deren Name sich aus

Anwältin Dr. Petra Kalenská, die bei der Frank-Bold-Stiftung zuständig für den Fall Turów ist, wirft Prag einen klaren Rechtsbruch vor: „Gemäß dem Abkommen (Anm. d. Red: mit Polen) muß die Tschechische Republik über Informationen zum Grundwasser verfügen. Diese Informationen wurden von der Gesellschaft Frank Bold am 14. Februar 2022 angefordert und sind bis heute nicht vom tschechischen Umweltministerium zur Verfügung gestellt worden. Der Grund dafür ist nun (nach der Entscheidung des Umweltministeriums vom 6. Februar 2023) der geltend gemachte Schutz von Geschäftsgeheimnissen und ein urheberrechtlicher Schutz der unterirdischen Barriere. Nach dem Gesetz über das Recht auf Umweltinformationen gilt der Schutz von Geschäftsgeheimnissen jedoch nicht für Informationen über die Umweltauswirkungen der betrieblichen Tätigkeit eines Unternehmers.“

Auch mit Polen gehen die Anwälte hart ins Gericht, nachdem das polnische Ministerium für Klima und Umwelt am 17. Februar 2023 eine Bergbaugenehmigung für Turów bis 2044 erteilt hatte. Dr. Kalenská: „In der Entscheidung wurden die Auswirkungen des Bergwerks auf den Wasserabfluß aus dem tschechischen Gebiet als ,vernachlässigbar‘ eingestuft. Anwohner und Umweltorganisationen aus der Tschechischen Republik, Polen und Deutschland versuchen, die Aufmerksamkeit der Europäischen Kommission auf diese Situation zu lenken. Die Kommission hat jedoch nicht gehandelt, und die Umweltschäden gehen weiter. Gleichzeitig fließen weiterhin mehr als 4000 Kubikmeter Grundwasser pro Tag in das Bergwerk. Polen verstößt dabei gegen folgende EURechtsvorschriften: UVP-Richtlinie (2011/92/EU), ELD-Richtlinie (2004/35/CE) und Richtlinie

formationen
Torsten Fricke
über den Zugang zu Umweltin-
(2003/4/EG).“
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IN DIESER ZEITUNG
HEIMATAUSGABEN
❯ Partei ändert Namen ČSSD
Zenker. Foto: Rathaus Zittau
Heimatblatt für den Kreis Sternberg in Mähren (einschl. Neustädter Ländchen) Verlagsort Nürnberg Folge 6 November/Dezember Mitteilungsblatt für den früheren Gerichtsbezirk Zuckmantel im Altvatergebirge vereinigt mit Folge 224 Jahrgang 74 Jahrgang 2022 Autobiographie von Hans Bayer, geb. 1924 in Sternberg Kapitel 7: Wieder daheim Da ich einer der Wenigen war, der sich noch auf eigenen Beinen bedeutsches Gebiet. Hier verlud man uns zunächst in Viehwaggons nach Mecklenburg. In einem Orte, es war Güstrow, hielt der Zug längere Zeit. Kameraden aus einem stinkenden Waggon, baten mich zu helfen. Sie hatten einen Reisegefährten mit offenem Waden- und Schienbeinzu ertragen. Der arme Kerl hielt es vor Schmerzen nicht mehr aus.
Rechtsanwältin Dr. Petra Kalenská von der Frank-Bold-Stiftung. an, hier zu bleiben. Ich fragte ihn, was er denn sei, worauf er sich als Kreisschulrat vorstellte. ErBestimmt wäre ich ein Lehrer und ein guter Kommunist geworden, wie die größeren Nazis, als ich einer war, in Bonn zu guten Demokraten gereift waren (Zitat von Herrn Kohl während einer Talkfangenencamps zusammen. Als manch einer von ihnen erzählte, sie hätten ebenfalls hungern müssen, wollte ich dies nicht glauben. Ich hielt es für schmutzige Propaganda, die Amis hätten vor hungernden, angetretenden Landsern hochwertige Lebensmittel ver-kommen, den Tobak warf man weg. Die Quarantäne dauerte 40 Tage und ging für mich wieder Erwarten sehr schnell vorbei. Eines Tages kam ein russischer Offizier zur Lagerbesichtigung. Als er mich auf einem Bündel Stroh mit Krankheit)? Sofort fielen mir die Worte meines Doktors ein, dessen glücklicher Putzer ich war, und ich antwortete mit Eifer „Tubera“! Fluchtartig verließ er die Stätte mit dem typischen russischen Fluch Waldeck. Wie man vermuten kann, lag die Klinik in einer Ecke Schwester Ursel, den Name werde ich nie vergessen, war meine Stationsschwester. Sie war eine weißhaarige, liebevolle Pflegerin. -

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

Der 1885 in Prerau geborene deutsche Architekt Rudolf Weiser hatte ein sehr bewegtes Leben. Nach dem Studium in Brünn und Wien, wo ihn der berühmte Architekt Friedrich Ohmann unter seine Schüler aufgenommen hatte, mußte er während des Ersten Weltkrieges einrücken.

Nach dem Krieg war er in seinem Beruf hauptsächlich in Prag und Brünn tätig. Weiser spezialisierte sich auf den Bau von

Miethäusern, aber auch von einigen Villen. Zu seinen berühmtesten Werken gehört das im expressionistischen Stil erbaute Hotel Central am Prager Fischmarkt Nr. 8, das auch mit einigen Art-déco-Elementen versehen ist. Das Hotel ist heute noch in Betrieb, allerdings nur mehr mit drei Sternen bewertet. Weiser gelang es auch nach 1945 in der damaligen Tschechoslowakei zu bleiben, er wurde nicht vertrieben. Als im August 1968 sowjetische Panzern das Land überrollten, wur-

de ihm dies zum Verhängnis. Die damalige o zielle Version sprach von einem „Unfall“, es gibt jedoch mehrere Anhaltspunkte dafür, daß sein Tod kein Zufall war.

Im März 2010 erinnerte der tschechische Autor Zdeněk Lukeš in der Tageszeitung Lidové noviny an Weiser: „Wegen seiner deutschen Abstammung gehört Weiser zu jenen Persönlichkeiten der tschechischen Architektur in den böhmischen Ländern, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind.“

Mehr Sterbefälle als Geburten

Im ersten Quartal 2023 sind in Tschechien 22 000 Kinder geboren worden – 2 700 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, hat das Tschechische Statistikamt (CSO) am Montag mitgeteilt. Dem gegenüber standen 30 300 Todesfälle. Ebenfalls bemerkenswert: Die Zahl der Eheschließungen ist mit 3 500 Hochzeiten um ein Viertel geringer als vor einem Jahr. Nichtsdestrotz stieg die Einwohnerzahl um 23 100 auf 10,85 Millionen gestiegen. Der Grund: Der massive Zustrom von Ukrainern, die Schutz vor dem russischen Angriffskrieg auf ihr Heimatland suchen.

Über 255 000

Schwarzfahrer

Noch bis zum 16. Juni ndet die Prague Quadrennial of Performance Design and Space statt. Es ist die weltweit führende Messe, die sich mit Szenogra e, Performance-Design und Theaterarchitektur beschäftigt. Die Kongreßteilnehmer kommen aus über 60 Ländern. Foto: Prague Quadrennial

❯ Über 600 000 Teilnehmer an 129 Kongressen mit 4000 Einzelveranstaltungen

Prag gehört zu den fünf besten Kongreßstädten der Welt

129 große Kongresse im Jahr 2022 mit 4000 Einzelveranstaltungen und insgesamt mehr als 600 000 Teilnehmern – zum ersten Mal ist Prag zu den fünf beliebtesten Kongreßstädten der Welt aufgestiegen, hat die International Congress and Convention Association (ICCA) in ihrem Jahresranking ermittelt.

Absoluter Spitzenreiter ist wie im Vorjahr Wien, gefolgt von Lissabon, Paris und Barcelona.

„Prag gehört seit langem zu den Top 10 der weltweiten Kongreßdestinationen. Entscheidend für den Sprung in die Top 5 war unsere EU-Ratspräsidentschaft.

Im Prager ÖPNV ist im vergangenen Jahr eine Rekordzahl an Fahrkartenkontrollen durchgeführt worden. Insgesamt wurden 8,33 Millionen Fahrgäste überprüft. Dabei wurden über 255 000 Schwarzfahrer erwischt und fast 228 Millionen Kronen (9,62 Millionen Euro) an Bußgeldern verhängt. Rund die Hälfte der Schwarzfahrer habe die fällige Strafe sofort bei der Kontrolle gezahlt, sagte der Leiter der Verkehrsbetriebe, Petr Witkowski. Demnach wurde ein weiteres gutes Viertel der Strafen innerhalb der Frist von 30 Tagen beglichen, beim restlichen Viertel wurden Strafverfahren eingeleitet. Die Prager Verkehrsbetriebe beschäftigen rund 150 Fahrkartenkontrolleure. Die reguläre Strafe fürs Schwarzfahren liegt bei 1500 Kronen (63 Euro), bei einer Zahlung innerhalb von 14 Tagen gilt ein reduzierter Satz von 1000 Kronen (42 Euro).

Bedrohliches Minus im Staatshaushalt

Die öffentliche Finanzlage wird immer prekärer. Das von der Regierungskoalition bisher gebilligte Defizit von maximal 295 Milliarden Kronen (12,5 Milliarden Euro) wird in diesem Jahr auf 400 Milliarden Kronen steigen, wenn nicht umgehend ein Sparpaket umgesetzt wird, hat der stellvertretende Vorsitzende des Abgeordnetenhauses,

Jan Skopeček (ODS), am Sonntag in einer TV-Diskussion gewarnt. Er sprach sich für Kürzungen in allen Ministerien aus. Gemeinden hoffen auf neues EU-Recht Rund 60 Prozent der tschechischen Kommunen wollen in den kommenden drei Jahren über Photovoltaik, Wind oder Biomasse eine eigene Energieversorgung aufbauen. 40 Prozent der Gemeinden klagen dabei über die momentane Rechtslage, die die Umstellung auf eine lokale Versorgung verhindert, hat eine Umfrage des Verbandes der kommunalen Selbstverwaltungen (Sdružení místních samospráv) unter 500 Gemeinden ergeben. Die geplante Gesetzesnovelle über kommunale Energieversorgung, die das EU-Recht in diesem Bereich auch in Tschechien umsetzt, soll frühestens im kommenden Jahr Gültigkeit erlangen. Mit ihr erhalten die Gemeinden die Möglichkeit, selbstproduzierte Energie zu eigenen Preisen direkt an die Abnehmer weiterzuleiten. Bisher können Kommunen Strom und Wärme nur an die Energiekonzerne verkaufen.

Bild von Josef Čapek in Prag versteigert

Das Bild „Srnky“ (Rehe) von Josef Čapek aus dem Jahr 1923 ist am Sonntag bei einer Auktion in Prag für neun Millionen Kronen (380 000 Euro) versteigert worden. Josef Čapek und sein Bruder Karel prägten maßgeblich das Kulturleben sowie auch die politische Kultur der Tschechoslowakei der 1920er und 1930er Jahre. Beide waren mit Staatspräsident Tomáš Garrigue Masaryk persönlich befreundet. Am 9. September 1939 wurde Josef Čapek von den Nazis verhaftet, in das Konzentrationslager Dachau verschleppt und am 12. April 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordet. Den Rat von Erika Mann am Tag nach dem Münchner Abkommen ins Exil zu gehen, hatte Čapek abgelehnt: „Allerlei Warnrufe. Sie drohen mir damit, daß ich womöglich ins KZ komme. – Dann will ich es mir wenigstens tüchtig verdient haben!“

Tourismus-Chef Jan Herget.

Prag und die Tschechische Republik haben gezeigt, daß sie die Kapazität und das Potenzial haben. Der Schlüssel zum Erfolg ist die systematische Unterstützung des Destinationsmarketings und die Förderung internationaler Kongresse sowie anderer Veranstaltungen“, sagt Jan Herget, Direktor der Tschechischen Zentrale für Tourismus CzechTourism, und fügt hinzu: „Aber nicht nur Prag hat etwas zu bieten. Insbesondere Brünn, Karlsbad und Ostrau tragen dazu bei, den Kongreßtourismus in der gesamten Tschechischen Republik zu entwickeln.“ Mit dem Sprung in die

Mit einer Kapazität von bis zu 9300 Teilnehmern, 70 Räumen und Sälen sowie einer Gesamt äche von 17000 Quadratmetern zählt das Prague Congress Center zu den größten

Top 5 hat Prag Kongreßschwergewichte wie Berlin, Brüssel und London überholt. Eine bemerkenswerte Leistung, nachdem die tschechische Hauptstadt 2010 erst auf Platz 19 zu finden war. Auch die Tschechische Republik als Ganzes belegt im ICCA-Ranking einen hervorragenden Platz und rangiert weltweit auf Platz 20 sowie auf Platz 16 unter den europäischen Ländern. „Wir betrachten das gute Abschneiden der Tschechischen Republik als großen Erfolg und als klare Botschaft, daß sich die Kongreßbranche in unserem Land auf einem hohen Niveau befindet und es geschafft hat, die schwierige Zeit des Coronavirus

zu überwinden und sich auf neue Herausforderungen einzustellen. Dies ist auf die gemeinsame Arbeit und die enormen Anstrengungen vieler Akteure zurückzuführen“, sagt Tereza Hofmanová, Senior Manager des Czech Convention Bureaus.

Das Ranking der beliebtesten Kongreßdestinationen wird jedes Jahr von der ICCA erstellt. Es bewertet internationale Veranstaltungen, die an diesen Orten stattfinden, an denen mehr als 50 Personen teilnehmen und die Veranstaltungsorte regelmäßig wechseln.

Der ICCA City Ranking Report untersucht die weltweit durchgeführten internationalen Kongreßveranstaltungen im Jahr 2022. Während Wien mit 166

❯ Ex-Premierminister Andrej Babiš liegt mit seiner Partei Ano klar in Führung

Sudetendeutsche Zeitung

ISSN 0491-4546

abgehaltenen Kongressen den Spitzenplatz weltweit zurückerobert, liegen Lissabon (144) und Paris (134) auf den Plätzen 2 und 3, gefolgt von Barcelona (133), Prag (129), Madrid (128), Berlin (133), Athen (109), Brüssel (108) und London (106).

Trotz beachtlicher Fortschritte auf internationaler Ebene bleibt die Zahl der Kongreßteilnehmer in Prag jedoch über zehn Prozent hinter den Rekordjahren 2018 und 2019 zurück. Dennoch sei die Erholung nach der Pandemie „ein weiterer Beweis dafür, daß der persönliche Kontakt von unschätzbarem Wert ist, insbesondere bei Geschäftstreffen“, findet Roman Muška, Direktor des Prague Convention Bureaus. Torsten Fricke

Bittere Umfrageergebnisse für die Regierung

Gut für Premierminister Petr Fiala und seine Koalitionspartner, daß die nächsten Parlamentswahlen erst im Herbst 2025 anstehen.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts

Kantar ist die Regierung derzeit meilenweit von einer Mehrheit entfernt. Laut den Demoskopen liegt die Oppositionspartei Ano mit 33,5 Prozent klar in Führung. Mit deutlichem Abstand folgen auf Platz zwei und drei mit der ODS

(17 Prozent) und den Piraten (11 Prozent) zwei Regierungsparteien. Die Fünfprozenthürde zum Abgeordnetenhaus überspringen würden zudem noch die rechtsradikale „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD) mit 8,0

Prozent und die Bürgermeisterpartei Stan mit 6,5 Prozent. Nicht ins Parlament einziehen würden die christdemokratische KDU-ČSL (4,0 Prozent), die Kommunisten (3,5 Prozent), Top 09 (3,5 Prozent) und die Sozialdemokraten (3,0 Prozent).

Erscheint wöchentlich freitags Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München.

Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de;

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Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag.

© 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

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Veranstaltungsbauten in Europa. Foto: Prague Convention Bureau

❯ Auf dem Berg Panzer bei Markt Eisenstein erinnert ein Denkmal an Karl Paleczek (1859–1937)

Der Skipionier des Böhmerwaldes

Der Skisport im Böhmerwald hat eine mehr als hundertjährige Tradition.

Im Februar 1911 fand auf dem Berg Panzer/Pancíř bei Markt Eisenstein/Železná Ruda im nördlichen Böhmerwald der erste überregionale Wettkampf im Abfahrtslauf statt. Erst zwei Jahrzehnte zuvor waren die Ski erstmals im Böhmerwald zum Einsatz gekommen, allerdings rund einhundert Kilometer südöstlich.

1890 stellte der Fürst Schwarzenbergische Heger Karl Paleczek (1859–1937) die ersten Skier im Böhmerwald her.

Böhmerwald) unter Leitung von Pavel Mařík im Mai 2022 ein lebensgroßes Denkmal aus Holz auf dem Berg Panzer, der für den Böhmerwälder Skitourismus von zentraler Bedeutung ist.

Ein Jahr nach der Errichtung des Denkmals besuchte einer der letzten noch lebenden Enkel des Skipioniers, Dr. Otto Paleczek (92), zusammen mit seinen Söhnen das Denkmal.

Am Denkmal für den Böhmerwälder Skipionier Karl Paleczek (von links): Pavel Mařík, Dr. Albert Paleczek, Dr. Otto Paleczek, Dr. Raimund Paleczek, Bürgermeister Filip Smola.

Rechts: Eintrag ins Gedenkbuch.

Paleczek hatte die Holzfachschule in Wallern/Volary absolviert und fertigte privat die Skier nach einer Vorlage aus Norwegen zunächst für sich und seine ältesten Söhne an.

Zusammen mit dem Lehrer Hrůza von Hüttenhof/Huťský dvůr nahm Paleczek 1892 die Erstbesteigung des Berges Hochficht/Smrčina (1338 Meter), der in seinem Hegerbezirk lag, auf Skiern vor. Zur Erinnerung an diese Pionierleistung errichtete der in der Stadt Markt Eisenstein ansässige Sport- und Kulturverein „Otevřená Šumava“ (Offener

❯ Nationalparkverwaltung zieht Bilanz und beruhigt die Bevölkerung

Bürgermeister Filip Smola von Železná Ruda hieß die Nachfahren herzlich willkommen. Beim anschließenden Empfang im Tourismuszentrum der Stadt, in dem seit 2016 eine sehenswerte Dauerausstellung über den regionalen Skisport untergebracht ist, trug sich der Enkel des Skipioniers, der mehr als zwei Jahrzehnte Mitglied des Sudetendeutschen Rates war, ins Gedenkbuch von Markt Eisenstein ein.

Angeregt von den Eindrükken vom Sudetendeutschen Tag in Regensburg am Tag zuvor, an dem Bürgermeister Smola und Dr. Paleczek teilgenommen hatten, tauschte man sich über die gute Entwicklung des sudetendeutsch-tschechischen Dialoges aus.

Schon 36 Wölfe streifen durch den Böhmerwald

2017 wurden die ersten Wölfe im zentralen Böhmerwald heimisch – das sogenannte Srnská-Rudel. Sechs Jahre später berichtet die Nationalparkverwaltung über die verblüffende Entwicklung.

Wir können die Reproduktion im Srnská-Rudel derzeit nicht bestätigen“, erklärt Jan Mokrý, Leiter der zoologischen Abteilung der Nationalparkverwaltung Böhmerwald, und verweist auf Erfahrungen in den Nachbarstaaten, wonach nur bei zwei von drei Rudeln eine Fortpflanzung stattfindet. Im Rahmen des systematischen Wolfsmonitorings im Wolfsjahr 2022/2023 seien nur drei bis fünf erwachsene Wölfe in den Fotofallen registriert worden.

„Es ist durchaus möglich, daß sich dieses ursprüngliche erste Rudel im Böhmerwald völlig auflöst und sein Territorium von Wölfen aus benachbarten Gebieten besetzt wird“, sagt Mokrý. Der Wolfexperte schließt aber auch nicht aus, daß das SrnskáRudel im nächsten Frühjahr wieder eigenen Nachwuchs hat.

Sicher sei nur, daß es nicht zu einer Überpopulation kommt, so Pavel Hubený, Direktor der Nationalparkverwaltung Böhmerwald. Der Grund: „Die Anzahl der Individuen und ihre Überlebensfähigkeit hängen immer von der Verfügbarkeit an Nahrung ab.“

Im gerade abgeschlossenen Wolfsjahr, das den Zeitraum von Anfang Mai 2022 bis Ende April 2023 umfaßt hat, haben die Zoo-

Im Nationalpark Böhmerwald werden immer mehr Wölfe heimisch, wie die Fotofallen belegen. Der erste Wolf wurde 2017 gesichtet, jetzt sollen 36 Tiere hier leben. Fotos: Czech Tourism/Nationalparkverwaltung Böhmerwald

logen der Nationalparkverwaltung Böhmerwald sechs Wolfsrudel bestätigt. Fünf von ihnen haben sich fortgepflanzt. „Die Anzahl der bekannten Territorien ist die gleiche wie im Wolfsjahr 2021/2022, als es in vier Territorien zu Reproduktionen kam: in Zheleznorodská, Srna, Borovoladská und Zadní Zvonková. Zwei Territorien wurden neu von Wolfspaaren besetzt, in der Region Pilsen am Berg Panzer und in der Region

Südböhmen am Berg Kubany“, erklärt Jan Mokrý. Auf dieser Grundlage gehen die Zoologen davon aus, daß 36 Wölfe durch den Böhmerwald streifen – ein Viertel mehr als 2021.

Interessant ist auch, woher die Wölfe stammen. So zeigt eine DNA-Analyse, daß das Wolfsrudel in Zadní Zvonková aus dem Gratzener Bergland in Österreich stammte.

In Zusammenarbeit mit der naturwissenschaftlichen Fakul-

tät der Karls-Universität wurden auch Kot-Proben gesammelt und untersucht, um zu erfahren, wie sich die Wölfe ernähren.

„Bis heute haben wir mehr als 260 Kotproben zur Nahrungsanalyse untersucht. Sie zeigen,

daß die Nahrung der Wölfe zu 96 Prozent aus Wildtieren, wie Hirsch, Reh und Wildschwein, besteht“, berichtet Oldřich Vojtěch, Zoologe in der Nationalparkverwaltung. Somit tragen die Wölfe im Böhmerwald

❯ Staatspräsident Petr Pavel mahnt, daß sich Geschichte nicht wiederholen darf

Gedenken in Lidice

Am 81. Jahrestag des Massakers von Lidice hat Staatspräsident Petr Pavel am Samstag der Opfer gedacht.

in erheblichem Maße zur Hirschjagd bei, was bislang der Mensch übernehmen mußte, um eine Überpopulation zu verhindern. „In den kommenden Jahren werden wir beobachten können, wie sich dies auf ihre Bestände auswirkt“, so Vojtěch.

Ein kleiner Teil der Nahrung besteht aus Kaninchen und anderen kleinen Säugetieren. Problematisch ist dagegen, daß 2,5 Prozent der Nahrung gerissenes Vieh ist, vor allem Schafe und Kühe.

„Im Jahr 2017 haben wir die ersten Schäden durch Wölfe registriert. Mit der Zunahme dieser Raubtiere sind auch die Zahlen gestiegen. Im Jahr 2018 waren es 17, 2019 41. Danach ist die Zahl der Schäden zurückgegangen. Im Jahr 2020 registrierten wir 37, ein Jahr später 21 und im letzten Jahr 22. In diesem Jahr haben wir bisher fünf Vorfälle registriert“, sagt Vojtěch und erklärt, daß die Bauern ihre Herden mittlerweile besser schützen. Die Nationalparkverwaltung stehe deshalb in engem Kontakt mit den Landwirten und gäbe Ratschläge, wie das Vieh geschützt werden kann. Dagegen habe es bislang keine kritischen Begegnungen zwischen Wolf und Mensch gegeben – allen alten Märchen zum Trotz.

Dennoch raten die Experten zur Vorsicht. So soll man einen Wolf nie in die Enge treiben, sondern durch lautes Rufen oder mit ein paar Steinwürfen verjagen – und auf keinen Fall füttern. Torsten Fricke

I

ch sehe Lidice nicht nur als Symbol der unschuldigen Opfer des Zweiten Weltkriegs, sondern auch als Symbol moderner Konflikte. Wir gedenken ihrer Ermordung, um das Andenken an alle zu ehren, die im Kampf ge-

gen das Böse ihr Leben verloren haben. Hinter den Gedenktafeln verbergen sich Geschichten, die sich wiederholen können, wenn wir es zulassen“, so das tschechische Staatsoberhaupt.

„Vor 81 Jahren wurde Lidice zerstört. 60 Frauen, 192 Männer und 81 Kinder wurden barbarisch ermordet. Wir gedenken der Opfer in tiefer Trauer“, erinnerte Andreas Künne, der Deut-

sche Botschafter in Prag, an die Verbrechen der Nazis.

An der Gedenkveranstaltung

nahmen noch weitere Politiker teil, wie Parlamentspräsidentin Markéta Pekarová Adamová (Top 09), deren Stellvertreter Věra Kovářová (Stan) und Jan Skopeček (ODS) sowie Verkehrsminister Martin Kupka (ODS). Den Gottesdienst zelebrierte der Prager Erzbischof Jan

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AKTUELL Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023
Skipionier Karl Paleczek, fotogra ert circa 1915 im Fotoatelier Seidel in Krummau. Fotos: Archiv Dr. Raimund Paleczek Graubner. Tschechiens Staatspräsident Petr Pavel verneigt sich vor den NS-Opfern von Lidice. Foto: Pražský hrad Der Deutsche Botschafter in Prag, Andreas Künne, mit Partnerin Janine Bassenge am Mahnmal in Lidice.

❯ Autorin ist Heimatpflegerin Christina Meinusch

Buch über den Heimatkreis Braunau

Rechtzeitig zum Sudetendeutschen Tag zu Pfingsten in Regensburg ist das Buch von Christina Meinusch „Der Heimatkreis Braunau / Sudetenland. Ursprünge – Entwicklung – Aktivitäten“ erschienen.

Die jetzige Heimatpflegerin der Sudetendeutschen hatte im Rahmen eines Werkvertrags zur Erfassung und Digitalisierung der Bestände des Braunauer Heimatmuseums über mehrere Jahre hinweg die Gelegenheit, sich intensiv mit dem Archiv des Heimatkreises von der Gründungszeit bis zur Gegenwart zu beschäftigen. Dies paßte hervorragend zu dem Anstoß des früheren Heimatkreisbetreuers und jetzigen Ehrenmitglieds Ernst Birke, eine Geschichte des Heimatkreises Braunau zu erstellen.

In einführenden Kapiteln schildert Christina Meinusch die Bevölkerungsstruktur und die geschichtliche Entwicklung des Braunauer Landes. Die anschließende Darstellung der Vertreibung aus der Heimat und der Probleme bei dem Neuanfang am Beispiel der Stadt Forchheim ist stark von Zeitzeugen-Berichten geprägt. Für nahezu alle Leser werden die Gründungsphase und die Aktivitäten des Heimatkreises in den 1950er- bis 1970erJahren Neuland sein. In eigenen Abschnitten abgehandelt wer-

■ Bis Freitag, 30. Juni, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Ausstellung „verloren, vermisst, verewigt – Heimatbilder der Sudetendeutschen“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Bis Freitag, 30. Juni, Ausstellung „Die vertriebenen Kinder“. Öffnungszeiten montags bis freitags 10.00 bis 16.00 Uhr. An Feiertagen ist die Ausstellung nicht geöffnet. Sudetendeutsches Haus, 1. Stock, Hochstraße 8, München.

■ Bis Dienstag, 3. Oktober, Bayerisch-Tschechiche Landesausstellung „Barock! Bayern und Böhmen“. Haus der Bayerischen Geschichte, Donaumarkt 1, Regensburg. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 9.00 bis 18.00 Uhr.

■ Samstag, 17. Juni, 10.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Königsbrunn/Wehringen/Klosterlechfeld: Gedenken am Mahnmal der Sudetendeutschen. Mit Bürgermeister Franz Feigl, Stadtpfarrer Bernd Leumann und dem Kreisvorsitzenden des Bundes der Vertriebenen Augsburger Land, Kurt Aue. Aussegungshalle, Städtischer Friedhof, Wertachstraße, Königsbrunn.

■ Samstag, 17. Juni, 14.30 bis 21.00 Uhr: Sommerfest mit Musik und Kultur. Oberschlesisches Landesmuseum, Bahnhofstraße 62, Ratingen.

■ Samstag, 17. Juni, 19.30

Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: Lesung und Gespräch mit Reiner Stach: „Die Schwelle des Glücks. Kafkas Sommer mit Dora Diamant“. Haus des Gastes Graal-Müritz, Rostocker Straße 3, Ostseeheilbad Graal-Müritz.

■ Mittwoch, 21. Juni, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: Frauentreff. Pfarrheim der katholischen Kirche Heiliger Schutzengel, Hauptstraße 18, Krefeld.

■ Samstag, 24. Juni: Brünner Versöhnungsmarsch. Die SLLandesgruppen Bayern und Baden-Württemberg organisieren wieder eine mehrtägige Begegnungsreise nach Brünn mit Teilnahme am Versöhnungsmarsch.

■ Dienstag, 27. Juni, 18.30 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Ringveranstaltung mit

den die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte einerseits der Patenschaft der Stadt Forchheim über die Stadt und das Land Braunau und andererseits der Partnerschaft zwischen den Städten Forchheim und Broumov/ Braunau. Im dritten Teil werden

die wichtigsten Aktivitäten des Heimatkreises vorgestellt: das Braunauer Heimatmuseum in Forchheim, der Braunauer Rundbrief, die Publikationen und die Braunauer Heimattage. Der Anhang enthält eine Information mit praktischen Anleitungen zur

VERANSTALTUNGSKALENDER

Vortrag von Dr. Michael Henker über „Die Entwicklung der Museumslandschaft in Bayern“ und anschließendem Empfang. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Der Eintritt ist frei. Anmeldung per eMail an sudak@mailbox.org oder telefonisch unter (0 89) 48 00 03 48.

■ Freitag, 30. Juni bis Sonntag, 2. Juli, Egerlandtag und 51. Bundestreffen der Egerland-Jugend. Egerland-Kulturhaus, Fikentscherstraße, Marktredwitz.

■ Samstag, 1. Juli, 10.30 bis 16.00 Uhr: SL-Bezirksverband Schwaben: Bezirksneuwahlen. Trachtenheim, Donauwörther Straße 46, Königsbrunn. (Achtung, verschoben von ursprünglich 10. Juni auf jetzt 1. Juli.).

■ Sonntag, 2. Juli, 9.00 Uhr: Wallfahrt Haindorf zum Fest Mariä Heimsuchung. Die Heilige Messe feiert Pater Dr. Martin Leitgröb CSsR, Provinzial der Redemptoristenprovinz WienMünchen.

■ Freitag, 7. bis Sonntag, 9. Juli, SL-Heimatkreis Braunau: 36. Heimattag und „Tage der Begegnung“. Ansprachen von OB Uwe Kirschstein (Forchheim), Bürgermeister Arnold Vodochodský (Braunau) und Heimatkreisbetreuer Erik Buchholz. Kulturprogramm mit den ZWOlingen Elisabeth und Stefanie Januschko. Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen.

■ Samstag, 8. bis Sonntag, 9. Juli, SL-Bezirksgruppe Oberfranken mit Werksiedlung Weidenberg: Zweitagesfahrt nach Aussig. Besuch der Ausstellung

„Unsere Deutschen“, Übernachtung im Traditionshotel auf der Ferdinandshöhe. Der Bus fährt über Pegnitz-Wiesweiher, Bayreuth-Hauptbahnhof, Orte im Fichtelgebirge und Marktredwitz. Anmeldung bei Margaretha Michel unter Telefon (0 92 41) 36 54 oder per eMail an mail@ familie-michel.net

■ Sonntag, 9. Juli, 14.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Roth: Vogelbeerbaumfest. Vogelbeerbaum im Stadtpark, Otto-Schrimpff-Straße, Roth.

■ Samstag, 15. Juli, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde Erlangen: „Die verlorene Heimat“. Filmpräsentation über das Brau-

Braunauer Ahnenforschung von Klaus Dietze, eine Vielzahl von Aufstellungen und die aktuelle Satzung des Heimatkreises.

Diese Publikation ist nicht nur für die Mitglieder und Freunde des Heimatkreises Braunau bzw. des Braunauer Ländchens wichtig, sie ist auch eine bedeutende Informationsquelle über das Entstehen und die Entwicklung von Organisationen kleiner durch die Vertreibung verstreuter Bevölkerungsgruppen aus einem gemeinsamen Heimatgebiet. Sie wird deshalb ihren Platz in den verschiedensten einschlägigen Bibliotheken und Forschungseinrichtungen finden.

Das Buch umfaßt 147 Seiten mit vielen Abbildungen und wurde in der „Tiskárna Broumov“ (Druckerei Braunau) gedruckt. Aufgrund der aufwändigen Vorbereitungs- und Herstellungskosten muß es zu dem anspruchsvollen Preis von 19,80 Euro (zzgl. Versandkosten) vertrieben werden.

Ein Kauf bedeutet also auch eine finanzielle Unterstützung dieses für künftige Generationen wichtigen Projekts, denn für uns gilt – abgewandelt von dem Grundsatz des römischen Rechts „Was nicht in den Akten steht, ist auch nicht in der Welt“: Was nicht in den Büchern steht, hat nicht stattgefunden! Günter Reichert

❯ Ausstellung zu Flucht, Vertreibung und Integration

Ungehört – die Geschichte der Frauen

■ Bis Montag, 31. Juli: Ausstellung „Ungehört –die Geschichte der Frauen. Flucht, Vertreibung und Integration“ unter der Schirmherrschaft der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Sylvia Stierstorfer (Foto). Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 10.00 bis 20.00 Uhr.

Nach dem Zweiten Weltkrieg mußten Millionen von Deutschen ihre Heimat im östlichen Europa verlassen. Es waren vor allem Frauen, die sich als erste auf den, oft sehr beschwerlichen, Weg machten. Mütter und Großmütter, Schwestern und Tanten – zusammen mit Kindern und Alten beschritten sie die Reise ins Ungewisse. Vielen fiel es schwer, später über das Erlebte zu berichten, andere erzählten so oft davon, bis sie keine Zuhörer mehr fanden.

nauer Ländchen von Ondřej Valchař, Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen.

■ Donnerstag, 20. Juli, 15.00 Uhr, Heimatverband der Brünner in der Bundesrepublik Deutschland (Bruna): Eröffnung der Ausstellung „Deutsche Brünner Persönlichkeiten aus sechs Jahrhunderten“. Rathaus, Stadtplatz 26, Waldkraiburg.

■ Samstag, 29. bis Sonntag, 30. Juli: Deutscher Böhmerwaldbund: 31. Bundestreffen in der Patenstadt Passau. Auszug aus dem Programm: Samstag, 10.00 Uhr: Kulturpreisverleihung im Rathaus mit Oberbürgermeister Jürgen Dupper. Sonntag, 9.30 Uhr: Festgottesdienst im Passauer Dom. 11.00 Uhr: Kundgebung im Großen Redoutensaal mit Sylvia Stierstorfer, MdL, der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene.

■ Samstag, 5. August, 11.00 Uhr, SL-Landesgruppe BadenWürttemberg: Feierstunde zur Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Festrede: MdB Christoph de Vries. Schloßplatz, Stuttgart.

■ Sonntag, 13. August, 11.00 Uhr: Egerländer Gebetstag. Wallfahrtskirche Maria Kulm (Kreis Falkenau/Sokolov).

■ Dienstag, 15. August: Die Böhmerwaldjugend singt und tanzt auf der Landesgartenschau. Auftritte von 13.15 bis 14.15 Uhr sowie von 17.00 bis 18.00 Uhr. Landesgartenschau. Zuppinger Straße, Freyung.

■ Montag, 28. August bis Freitag, 1. September, Deutsches Kulturforum östliches Europa: Grenzüberschreitendes Bildungsseminar zu Zwangsmigration auf deutscher und polnischer Seite mit Stationen in Berlin, Potsdam, Stettin, Frankfurt an der Oder. Weitere Informationen beim Deutschen Kulturforum östliches Europa unter Telefon (03 31) 20 09 80, per eMail an deutsches@kulturforum.info oder unter www.kulturforum.info

■ Sonntag, 3. September, 78. Vertriebenenwallfahrt des Bistums Bamberg nach Gößweinstein mit Vertriebenenpfarrer Monsignore Herbert Hautmann und Peter Fort aus Graslitz. Abfahrt Bayreuth 10.00 Uhr, Ab-

fahrt Pegnitz 10.30 Uhr. Gottesdienst 12.00 Uhr. Anmeldung für die Busfahrt bei Margaretha Michel (Comeniusstraße 40, 91257 Pegnitz, Telefon (0 92 41) 36 54 eMail mail@familie-michel.net) oder bei Rita Tischler unter Telefon (09 21) 4 17 52.

■ Mittwoch, 6. September, SL-Kreisgruppe Krefeld: Fahrt in die Eifel zur Burg Vogelsang. Abfahrt 10.00 Uhr ab Zooparkplatz, Uerdingerstraße 377, Krefeld.

■ Montag, 9. Oktober, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmische Schlösser – Teil 3: Schloß Troja in Prag“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Sonntag, 22. Oktober, 14.15 Uhr, Heimatverband der Brünner in der Bundesrepublik Deutschland: BRUNA-Heimatnachmittag. Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München.

■ Montag, 23. bis Freitag 27. Oktober, Sudetendeutsche Heimatpflegerin: Kulturfahrt „Bekanntes und Unbekanntes in Böhmen und Mähren“. Programm und Anmeldung unter www.sudetendeutscheheimatpflege.de

■ Samstag, 28. bis Sonntag, 29. Oktober, Bund der Eghalanda Gmoin: Bundeskulturtagung. Egerland-Kulturhaus, Fikentscherstraße 24, Marktredwitz.

■ Dienstag, 14. bis Freitag, 17. November, Sudetendeutsche Landsmannschaft Bundesverband: Multiplikatorenseminar auf dem Heiligenhof. Bildungsstätte Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen.

■ Montag, 20. November, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmische Schlösser – Teil 4: Melnik“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Freitag, 17. bis Pfingstsonntag, 19. Mai 2024: 74. Sudetendeutscher Tag in Augsburg. Zu den festen Programmpunkten zählen wieder die Kulturpreisverleihung am Freitagabend, die Verleihung des Europäischen Karls-Preises am Samstagvormittag und der HEIMAT!abend am Samstagabend sowie die Hauptkundgebung am Pfingstsonntag.

Die Ausstellung richtet ihren Blick auf Erfahrungen und Schicksale, Verluste, Erfolge und Leistungen von Frauen während Flucht, Vertreibung und Integration.

Im Mittelpunkt der Präsentation stehen sechs Zeitzeuginnen, die aus unterschiedlichen Regionen des östlichen Europa stammen. Ihre

Wege durch die Nachkriegsgeschichte weisen Gemeinsamkeiten auf – und sind dennoch jeder für sich ganz besonders. Ria Schneider aus der Batschka, Emma Weis und Friederike Niesner aus Mähren, Gertrud Müller aus Oberschlesien, Rosemarie Becker aus Pommern und Edith Gleisl aus Ostpreußen – sie und ihre weiblichen Familienangehörigen, die ebenfalls alle Beschwernisse der Flucht und Vertreibung erlebten, stehen dabei exemplarisch für viele deutsche Frauen, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat verlassen mußten. Für die Konzeption der Ausstellung zeichnet Prof. Dr. Daniela Neri-Ultsch (Uni Regensburg) verantwortlich.

Lateinamerika in der Großmachtrivalität

■ Dienstag, 20. Juni, 18.00 bis 20.00 Uhr: Online-Veranstaltung „Lateinamerika in der Großmachtrivalität – Gespräch mit Prof. Dr. Guenther Maihold (Foto), stellvertretender Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik“

Da die strategische Rivalität zwischen den USA und China in den letzten fünf Jahren zum Leitparadigma der internationalen Beziehungen geworden ist und weltordnungspolitische Fragen vom Handel bis zu technologischen Einflußsphären reichen, ist die Region Lateinamerika und Karibik in unterschiedliche Strömungen geraten. Nicht zuletzt im Kontext des Angriffskrieges Rußlands gegen die Ukraine ist dies deutlich geworden. Die Region bewegt sich zwischen der traditionellen Bindung an den Westen, will sich aber auch neue Handelsmöglichkeiten und Finanzierungsalternativen mit China oder Rußland erschließen.

Der Vortrag beleuchtet die verschiedenen Versuche der Staaten Lateinamerikas, sich einen eigenen Weg zu erschließen, um nicht zwischen den Macht- und Ressourceninteressen der Großmächte zerrieben zu werden. Link zur Registrierung (auch über die Webseite des Heiligenhofs abrufbar): https://zoom.us/j/97210804429?pwd=VndDKzFOdDFacGI2b25mc kluQ3NDQT09 Nach der Registrierung erhalten Sie eine Bestätigungs-E-Mail mit Informationen über die Teilnahme am Meeting.

Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16.6.2023 4 TERMINE
Heimatp egerin Christina Meinusch zeigt auf dem Sudetendeutschen Tag ihr Buch über den Heimatkreis Braunau. Foto: Günter Reichert

Der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry, der im Sommer 1944 als Pilot unter mysteriösen Umständen ums Leben kam, ist vor allem als Autor des wunderbaren Büchleins „Der kleine Prinz“ bekannt. Daneben gibt es aber auch andere beeindruckende Schriften von ihm. Dazu gehört der „Brief an den General X“, den Saint-Exupéry ein Jahr vor seinem Tod verfaßte. Damit ist dieser Brief heuer genau 80 Jahre alt.

Weltstar Russell Crowe rockt Karlsbad

Oscar- und Golden-Globe-Gewinner

Russell Crowe erhält auf dem diesjährigen 57. Internationalen Filmfestival in Karlsbad den begehrten Kristallglobus für seinen herausragenden künstlerischen Beitrag zum Weltkino. Der preisgekrönte Schauspieler wird auch sein musikalisches Talent unter Beweis stellen und mit seiner Band Indoor Garden Party am Freitag, 30. Juni, beim Eröffnungsabend des weltberühmten Festivals auftreten.

Das Filmfestival in Karlsbad gehört zu den 13 sogenannten A-Festivals und ist damit eine der renommiertesten Filmschauen der Welt. Premiere hatte das Filmfestival bereits 1946. Nur die Festivals in Venedig und Moskau haben eine längere Tradition. Hauptpreis des Festivals ist der Kristallglobus (Křišťálový Globus). Der zweitwichtigste Preis ist der East of the West Award, mit dem seit 2005 ausschließlich Produktionen aus Osteuropa prämiert werden.

Der diesjährige Festivaltrailer, der bei der Eröffnungsfeier Premiere haben wird, zeigt den Schauspieler Johnny Depp. Die Originaltrailer des Festivals versuchen, Gäste und Preisträger früherer Ausgaben des Karlsbader Filmfestivals auf besondere Weise zu würdigen. Der amerikanische Schauspieler, Produzent und Musiker Johnny Depp – dreimal für den Oscar nominiert, mit einem Golden Globe ausgezeichnet und mit zahlreichen anderen Preisen geehrt –war 2021 Gast des 55. Karlsbader Filmfestivals, wo er persönlich zwei von ihm produzierte Filme vorstellte: den Dokumentarfilm Crock of Gold: A Few Rounds with Shane MacGowan (2020) und das Drama Minamata (2020), in dem er die Hauptrolle spielte.

Die Idee, Festival-Trailer mit markanten Vertretern des Weltkinos zu drehen, wurde vor fünfzehn Jahren geboren. Die Regisseure Ivan Zachariáš und Martin Krejčí sind die kreativen Köpfe hinter diesen Mikrogeschichten, die die Verbindung ihrer Protagonisten mit dem Festival zeigen.

Im Mittelpunkt der Festivals stehen jene Filme, die im Crystal-Globe-Wettbewerb gezeigt werden. Am Start sind neun Welt- und zwei internationale Pre-

mieren von Filmen angesehener Regisseure, die bereits Erfahrung auf großen Filmfestivals gesammelt haben, sowie Beiträge von außergewöhnlich talentierten Debütanten.

„Für das Programmteam war es ein unglaubliches Abenteuer, sich anhand von fast zweitausend Einreichungen mit dem diesjährigen Stand des ArtHouse-Kinos vertraut zu machen. Wir sind stolz auf die Auswahl und können es kaum erwarten, sie mit dem Publikum zu teilen“, sagte Karel Och, der künstlerische Leiter des Karlsbader Filmfestivals KVIFF auf der Pressekonferenz.

Die mit Spannung erwarteten neuen Werke von Pascal Plante, Stephan Komandarev, Tinatin Kajrishvili und Babak Jalali stehen im Wettbewerb neben Ernst De Geer, Itsaso Arana und Cyril Aris, talentierten Filmemachern, auf die die Filmkritiker bereits ein Auge geworfen haben. Der Proxima-Wettbewerb, der beim letztjährigen KVIFF sein Debüt feierte, soll ein Raum für kühne

❯ Zahlreiche Kulturveranstaltungen im Erzbischöflichen Schloß

Werke von jungen Filmemachern und renommierten Autoren sein. In diesem Jahr umfaßt die Sektion zehn Weltund zwei internationale Erstaufführungen, darunter neun Spielfilme und drei Dokumentarfilme.

Verspieltheit, Mut und Frische finden sich unter anderem in den neuen Filmen des renommierten Schweizer

Autors Thomas Imbach, der Polin Olga Chajdas, des gebürtigen Zyprioten Kyros Papavassiliou, der französischen Filmemacherin Émilie Brisavoine und des rumänischen Dokumentaristen Alex-

In der Sektion Special Screening präsentiert das 57. KVIFF acht Filme. Die fünf Spielfilme und drei Dokumentarfilme, die ausschließlich als Welt- oder Europapremieren gezeigt werden, bieten eine große thematische, stilistische und genremäßige Vielfalt und sollen die offizielle Auswahl des KVIFF vervollständigen. Der renommierte französische Dokumentarfilmer Jean-Gabriel Périot wird seinen Film Facing Darkness vorstellen, während der beim Sundance Filmfestival preisgekrönte Film Slow von Marija Kavtaradze zum ersten Mal in Europa gezeigt wird. Hauptveranstaltungsort ist das Hotel Thermal. Der Komplex wurde in den Jahren 1967 bis 1976 nach einem Entwurf des Architektenehepaars Vera und Vladimir Machonin im Stil des Brutalis-

In den ersten Jahrzehnten des Festivals wurde der Kristallglobus vor allem an sowjetische Regisseure verliehen. Erst 1980 erhielten mit Günter Reisch und Günther Rücker zwei Filmemacher aus der DDR für Die Verlobte diese höchste Festivalauszeichnung. Torsten Fricke

Kremsier feiert 25 Jahre Welterbe

In diesem Jahr sind es genau 25 Jahre, als das Erzbischöfliche Schloß in Kremsier und die angrenzenden Gärten in die Liste des Weltkultur- und Weltnaturerbes der Unesco aufgenommen wurden.

Den ganzen Sommer über finden deshalb zahlreiche Kulturveranstaltungen statt.

So stehen bis zum 30. Juli fünf Konzerte auf dem Programm, die im zauberhaften Milieu des Blumengartens, seines klassizistischen Gewächshauses und der barocken Rotunde veranstaltet werden.

Vom 11. bis 13. August bietet dann das Festival Hortus Magicus Musik, Tanz und Theater des Barocks.

Jay Kay kommt mit seiner britischen AcidJazz-Band Jamiroquai nach Prag.

Foto: www.jamiroquai.com

❯ Von Jazz bis Metal

Die besten Festivals

Die Tschechien hat sich mit zahlreichen Sommerfestivals unterschiedlicher Genres einen Namen gemacht.

Ein Überblick, was in diesem Sommer

geboten ist:

Metronome Festival Prague vom 22. bis 25. Juni. Das Metronome Festival Prague ist ein Multigenre-Festival und findet traditionell auf dem Prager Messegelände statt. Auf der Bühne stehen Jamirouquai, Tove Lo, ZAZ, Aurora, M83, Moderat Editors, White Lies, Biig Piig, Holly Humberstone, Sir Chloe und David Penn.

Beats for Love vom 5. bis 8. Juli. Beats for Love ist das größte Festival für elektronische Musik in Mitteleuropa, das alljährlich in der nordmährischen Stadt Ostrau auf einer Industriebrache stattfindet. Unter den Künstlern sind DanceLegende Tiesto, der kanadische DJ Deadmau5, der DJ und Hitmaker Hardwell, Blasterjaxx und Imanbek.

Bohemia Jazz Fest vom 11. bis 18. Juli in Prag, Pilsen, Frauenberg/Hluboká nad Vltavou, Prachatitz, Taus/ Domažlice und Brünn. Für viele Jazzfans aus ganz Europa ist es zum Ritual geworden, sich im Sommer in der Tschechischen Republik einzufinden, um die besten Jazzinterpreten zu hören und zu sehen – und zwar bei freiem Eintritt.

Colours of Ostrava vom 19. bis 22. Juli. Das Musikfest in Ostrau zählte 2017 bei den European Festival Awards zu den Top Ten der größten Festivals in Europa und findet seit 2012 vor der spektakulären Kulisse ehemaliger Hochöfen, Bergwerke und Stahlwerke statt. Dieses Jahr treten auf: One Republik, Macklemore, Burna Boy, Ellie Goulding, Interpol, NIall Horan und Jakob Collier. Außerdem stehen Filmvorführungen, Podiumsdiskussionen, Workshops und Theateraufführungen auf dem Programm.

Brutal Assault vom 9. bis 12. August. Das einzigartige Metalfestival findet jedes Jahr im August in der Festung Josefstadt in Jermer/Jaroměř in der Region Königgrätz statt. 80 Bands werden dabei auftreten.

Das Schreiben – halb Dialog, halb Monolog – ist ein beeindrukkendes Zeitdokument, ebenso wie es in intensiver Weise über das Seelenleben des Autors Auskunft gibt. Deswegen wurde darin auch so etwas wie ein geistiges Testament von Saint-Exupéry gesehen.

Eine Stelle in diesem Brief finde ich besonders ansprechend: „Oh, General, es gibt nur ein Problem, ein einziges namens der Menschheit.

Den Menschen eine geistige Bedeutung, eine geistige Unruhe wiedergeben. Ausgießen über sie etwas, was einem gregorianischen Gesange gleicht. (…) Man kann nicht mehr von Eisschränken, Politik, Bilanzen und Kreuzworträtseln leben, nicht wahr? Man kann nicht. Man kann nicht mehr ohne Poesie, Farben, Liebe leben. (…) Es gibt nur ein Problem, ein einziges: wiederentdecken, daß ein Leben im Geist existiert, höher als das Verstandesleben, als einziges, das den Menschen befriedigt. (…) Und das Leben im Geiste beginnt da, wo ein Wesen als ‚Eines‘ erfaßt wird, oberhalb der Materien, aus denen es zusammengesetzt ist.“

Diese Gedanken von SaintExupéry sprechen eigentlich für sich. Es braucht dazu keinen großen Kommentar. Sie berühren mich und sprechen mich an, weil sie heute genauso wie vor 80 Jahren Gültigkeitswert haben. Als Menschen haben wir immer viel Alltägliches um uns herum, viel Materielles, viel Irdisches, viel Ungeistiges. Davon allein können wir aber nicht leben. Unsere Seele wird davon nicht genährt, nicht angeregt, nicht lebendig erhalten. Ohne die geistige Dimension, für die der Schriftsteller wirbt, verkümmern wir. Wir verfangen uns in der Oberflächlichkeit des Daseins und dringen nicht zur Tiefe unseres Lebens vor.

Die Oberflächlichkeit des Daseins findet sich in dem Briefausschnitt mit vier Begriffen symbolisch zusammengefaßt: Eisschränke, Politik, Bilanzen, Kreuzworträtsel. Sie stehen für die Betriebsamkeit unseres alltäglichen Lebens, für irdische Ziele, nicht zuletzt auch für die schnelle Befriedigung, manchmal auch die Betäubung unserer Bedürfnisse. Die geistige Bedeutung des Menschen beschreibt der Schriftsteller dagegen mit dem Bild des gregorianischen Gesanges. Dieser Gesang führt in die Tiefe und in die Höhe. Letztlich ist er auch ein Bild dafür, daß in unserer Seele etwas klingt, auf das es sich zu hören lohnt. Unser Leben wird sich immer in der Spannung zwischen Oberflächlichkeit und Tiefgang bewegen. Manchmal ist es ein richtiger Kampf, dem Leben des Geistes den nötigen Raum zu geben. Deswegen sind Worte wie jene von SaintExypéry so wichtig. Sie erinnern uns daran, daß wir mehr sind als Materie und Irdisches.

❯ Mut tut gut Leben
mit Tiefgang
AKTUELL · KOLUMNE Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16.6.2023 5
❯ 57. Internationales Filmfestival vom 30. Juni bis 8. Juli in dem böhmischen Welterbe-Kurort Weltstar Russell Crowe kommt nach Karlsband. Foto oben: Festival-Präsident Jiří Bartoška (rechts) enthüllt das Plakat. Fotos: Tennyson Crowe/KVIFF Weltberühmt: der Schloßgarten in Kremsier. Foto: Aleš Motejl/Czech Tourism

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PERSONALIEN

� Prager Preis nach einem verdienten Böhmisch Kamnitzer benannt

Oswald Kittel geehrt

Das Pfingstfest 2023 ist für die Verständigung mit unseren tschechischen Nachbarn ein historisches Datum, dies gilt sowohl für den Sudetendeutschen Tag in Regensburg als auch zeitgleich für die erste Ehrung in Prag eines Heimatbetreuers für seine 30jährige Verständigungsarbeit. Hier wurde an historischer Stelle, in der BethlehemKapelle, ein Lebenswerk für die Verständigung zwischen Vertriebenen und Neubürgern gewürdigt.

Zur Wendezeit vor mehr als 30 Jahren haben sich Vertriebene der traditionsreichen, nordböhmischen Stadt Böhmisch Kamnitz/Česká Kamenice als Heimatgemeinschaft zusammengeschlossen und den Kontakt zur neuen Gemeinde, insbesondere zu den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, gesucht und gefunden. Diese Zusammenarbeit hatte sehr bald bis heute nachwirkende Erfolge. So wurde zum Beispiel unmittelbar nach der kommunistischen Zeit die traditionsreiche Marienwallfahrt

benen Frauen, Kinder und alten Menschen in den Wäldern des Elbsandsteingebirges.

Außerdem findet zur Wallfahrt auch wieder ein Stadtfest am Marktplatz statt, und es treffen sich noch immer Zeitzeugen der Vertreibung mit Schülerinnen und Schülern vom Gymnasium der Stadt und vom English College Prague (ECP) in Böhmisch Kamnitz zur Diskussion über die gemeinsame Geschichte. Nach diesen Gesprächen in der Stadt treffen sich alle Beteiligten im nahegelegenen Rabsteintal, um der Opfer zu gedenken, die vor und nach dem 8. Mai 1945 im KZ Rabstein zu beklagen waren. In

dierenden werden in den Schulabschlußfeiern an historischem Ort öffentlich gewürdigt und mit Preisen für herausragende Leistungen belohnt. Diese Veranstaltung fand in diesem Jahr am Freitag vor Pfingsten in der berühmten Bethlehem-Kapelle in Prag Mitte statt. Der tschechischenglische Vorstand des ECP, Vertreter aus Politik und Gesellschaft, Kunst und Kultur, die Absolventinnen und Absolventen mit ihren Angehörigen und Freunden wurden von ECP-Direktor Nigel Brown begrüßt.

Lager Rabstein

mit dem er nach den Zeitzeugengesprächen eine intensive Korrespondenz führte und den er jetzt persönlich kennenlernt.

In mehreren Fächern werden Preise für die besten Arbeiten ausgelobt. Der Preis für Deutsch wurde in diesem Jahr zu Ehren seiner Verdienste um die Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen nach unserem Landsmann Kittel benannt. Kittel selbst verlieh dem Absolventen Martin Růžička in der Bethlehem-Kapelle den ersten Oswald-Kittel-Preis für Deutsch. Kittel berichtete in diesem exklusiven Kreis über seine Erfahrungen und die Ziele seines Engagements gemeinsam mit den Landsleuten.

Am 7. Juni vor 77 Jahren wurde der damals neunjährige Otto Hörtler (1937–2022) aus Blottendorf im damaligen Kreis Böhmisch Leipa in Nordböhmen vertrieben. Hier sein Bericht über das Lager Rabstein bei Böhmisch Kamnitz.

Anfang September wieder eingeführt. Damals trafen sich mehrere hundert Vertriebene mit neuen Bewohnern in der barocken Wallfahrtskapelle der Stadt.

Alle Aktivitäten der Heimatgemeinschaft wurden von Anfang an von unserem Landsmann Oswald Kittel – damals schon in den 60er Lebensjahren – mitgetragen und werden noch immer von ihm als Heimatbetreuer gemeinsam mit Zeitzeugen gestaltet. Ein weiteres Beispiel ist der zusammen mit einem Vertreter der Stadt Böhmisch Kamnitz im Jahr 2020 eingeweihte Dank- und Gedenkstein in Hinterhermsdorf zur Erinnerung an die Vertreibung und die Hilfe von vielen Einheimischen für die nur mit Handgepäck vertrie-

mehreren Workcamps der Stadt mit tschechischen, deutschen und internationalen jungen Erwachsenen wurde mit Unterstützung der Heimatgemeinschaft eine Ruine des KZ freigelegt und mit dem Ziel gesichert, dort gemeinsam ein Bildungszentrum über die Geschichte des Rabsteintals zu errichten. Die Diskussionen von Studierenden mit den Zeitzeugen gehören inzwischen fest zum pädagogischen Konzept des Prager Gymnasiums. Die Schülerinnen und Schüler sind nach den Diskussionen offensichtlich hochmotiviert, in persönlichem Kontakt mit den Zeitzeugen mehr über die Geschichte zu erfahren und das Gelernte zu dokumentieren. Die Arbeiten der Stu-

� Verdienstmedaille „Für Augsburg“

Er sagte:

„Wir spürten sofort, daß sich junge Menschen ernsthaft mit der Geschichte beschäftigen wollen. Es war für uns bemerkenswert, mit welcher Aufgeschlossenheit und Aufmerksamkeit uns die Studenten begegneten, die Berichte der Zeitzeugen interessiert entgegennahmen, verarbeiteten und in den persönlichen Dialogen zahlreiche Fragen stellten.“ Und weiter: „So ist all jenen zu danken, die dieses Projekt des English College begründet und geleitet haben, und denen, die zur Mitarbeit bereit waren, uns unterstützten und zu der Erkenntnis beitrugen, daß sich eine so leidvolle Geschichte nicht wiederholen darf.“

Heinrich Bachmann geehrt

Die Stadt Augsburg ehrt jedes Jahr verdiente Bürger, die sich um die Stadt auf verschiedenen Gebieten verdient gemacht haben, mit ihrer Verdienstmedaille „Für Augsburg“. Dem Sudetendeutschen Heinrich Bachmann wurde Ende April diese Ehrung zuteil. Er war 18 Jahre lang als ehrenamtlicher Stadtrat tätig und ist bis heute in verschiedenen Vertriebenenverbänden aktiv.

Seit 1983 ist Heinrich Bachmann Mitglied der bayerischschwäbischen SL-Kreisgruppe Augsburg-Stadt. 2011 bis 2017 war er Stellvertretender SL-Ortsobmann von Haunstetten, heute ein Stadtteil von Augsburg, im Vorstand der Kreisgruppe war er Beirat von 1989 bis 1997, und seitdem ist er Stellvertretender Kreisobmann. Er wurde mit der Silbernen und Goldenen Ehrennadel der SL ausgezeichnet.

Im BdV-Kreisverband AugsburgStadt war er 2006 bis 2011 Stellvertreten-

der Vorstand und arbeitet dort seit 2011 als Beirat. Der BdV ehrte ihn mit der Verleihung seiner Silbernen Ehrennadel.

Seit 2001 ist Heinrich Bachmann Mitglied der Eghalanda Gmoi z‘ Augsburg und fungiert seit 2006 als Stellvertretender Vorsitzender. Auch hier wurde er mit diversen Ehrungen ausgezeichnet.

Im Bayerischen Landesverband für Familienkunde ist er seit 1983 Mitglied und war von 1988 bis 2012 Stellvertretender Bezirksvorsitzender im Bezirk Schwaben. Er widmet sich mit großem Eifer der Ahnenfor-

schung, insbesondere für die sudetendeutschen Landsleute.

In seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied des Kulturkreises Haunstetten wirkte er aktiv mit, daß auf dem Denkmal für die Geschichte der ehemaligen Stadt Haunstetten die Aufbauarbeit der Vertriebenen festgehalten wurde. Die Fahne der ehemaligen SL-Ortsgruppe Haunstetten wird auf seine Initiative im ehemaligen Rathaus und heutigen Bürgerbüro in Haunstetten aufbewahrt. Bachmann war als Stadtrat ein guter Mittler und Vermittler für die Sudetendeutschen und den BdV in der Stadt Augsburg.

In allen genannten Vereinen und Verbänden ist Heinrich Bachmann ein hoch geschätztes Mitglied und setzt sich voll für die Ziele der einzelnen Gremien ein. Seine aktive Mitarbeit am Vereinsgeschehen dokumentieren die ihm zuteil gewordenen Ehrungen. Wir gratulieren Heinrich Bachmann zu der wohlverdienten Ehre. Gisela Thiel

Zur Auslagerung von Produktionsteilen der Weser-Flugzeugbau Bremen hatte 1942 das NS-Regime den Standort von Rabstein und Johnsbach ausgesucht. Geologen hatten festgestellt, daß der Untergrund aus kompaktem Sandstein besteht und sich gut für unterirdische große Hohlräume eignet. Ein Barackenlager wurde für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter errichtet. Die Lagerinsassen mußten Schwerstarbeit leisten, um in wenigen Monaten die großen unterirdischen Hohlräume für Produktionshallen zu schaffen.

Damals waren Arbeitskräfte rar, da die meisten Männer Kriegsdienst leisten mußten. Für die Produktion in der Rüstungsindustrie hatte man nur Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Wenig bekannt und auch wenig niedergeschrieben ist über das Internierungs- und Straflager in Rabstein bei Böhmisch Kamnitz vor und nach 1945. Einiges finden wir im Weißbuch „Die Vertreibung in Nordböhmen“ (1980) von Wilhelm Pfeifer. Oder in dem 2002 erschienenen „Rabsteynske udoli“ („Rabsteiner Tal“) von dem Deutsch-Tschechen Petr Joza. Leider ist das Buch in tschechischer Sprache. Das Lager ist nicht vergleichbar mit den vielen großen Vernichtungslagern, die nach dem 8. Mai 1945 von den Swoboda-Truppen für Deutsche in der ČSR eingerichtet oder dazu umfunktioniert wurden. Dennoch fanden in Rabstein 87 Deutsche durch Mißhandlungen den Tod. Das Lager wurde bereits am 9. August 1946 aufgelöst, die Gefangenen wurden in die KZ Aussig, Lerchenfeld, Theresienstadt und Böhmisch Leipa verlegt. Allerdings sind die Lagerlisten von Rabstein noch vorhanden.

Rabstein und Johnsbach gehören geologisch zum Elbsandsteingebirge auf der böhmischen Seite ganz in der Nähe der Stadt Böhmisch Kamnitz. Rabstein ist keine ehemalige Burg oder Burgruine, sondern nach den Rabensteinen benannt. Das sind Sandsteinfelsen, die man in einer bizarren Vielfalt in der ganzen Böhmischen und Sächsischen Schweiz findet.

Heute entnehmen wir den Arbeiten von Historikern über den Zweiten Weltkrieg, daß dieser nach Stalingrad als verloren galt. Dennoch wurden Rüstungsbetriebe ausgelagert. Dazu bevorzugte man Stollen vom ehemaligen alten Bergbau oder schlecht zugängliche und versteckte Orte und Naturhöhlen.

Aus allen europäischen Ländern, mit denen Deutschland Krieg führte, wurden Frauen und Männer als sogenannte Fremdarbeiter eingesetzt. 1944 arbeiteten im Rabsteiner Werk 3700 bis Lesen Sie auf Seite 9 weiter

FORUM Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023 6
Der ausgezeichnete Martin Růžička (rechts) dankt Oswald Kittel, Eingang zum Werk B der früheren Untergrundfabrik. Gisela Thiel, Obfrau der SL-Kreisgruppe Augsburg-Stadt, Heinrich Bachmann, Dr. Hella Gerber, Stadträtin und Vorsitzende des BdV-Kreisverbandes Augsburg-Stadt, sowie Stadtrat Josef Hummel.

Blick in die Flurausstellung im Ersten Stock des Sudetendeutschen Hauses. Die sieben Roll-Ups stellen die Geschichten und deren Künstler vor und sind als Ausstellung entleihbar.

In München im Sudetendeutschen

Haus wird derzeit eine Ausstellung über den Comic „Die vertriebenen Kinder“ gezeigt. Schon auf dem Sudetendeutschen Tag in Regensburg hatte die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch, Comic und Ausstellung vorgestellt. Nun sind im Ersten Stock des Hauses Zeichnungen von Jakub Bachorík, Magdalena Rutová, Stanislav Setinský, Františka Loubat und Jindřich Janíček aus dem Buch zu sehen. Mitveranstalter der Ausstellung im Rahmen des Comicfestivals München ist das Tschechische Zentrum in München (TZM).

Wie erlebten Kinder das Ende des Zweiten Weltkriegs? Was konnten sie mitnehmen, und wie war der Abschied von ihrem Heimatort? Wie war

� Ausstellung der Sudetendeutschen Heimatpflege und des TZM

Die vertriebenen Kinder

ihre Ankunft im zerstörten Deutschland? Und wo fühlen sie sich heute zu Hause? Auf diese Fragen antworteten Zeitzeugen, die die Vertreibung aus der Tschechoslowakei nach 1945 als Kinder erlebten.

Aus zahlreichen Interviews mit deutschen Zeitzeugen für die Sammlung „Memory of Nations“ hat der Dokumentarfilmemacher Jan Blažek fünf Lebensgeschichten ausgewählt. Zusammen mit dem Schriftsteller Marek Toman und

fünf tschechischen Comiczeichnern verwandelte er die Geschichten der Kinder in die Graphic Novel „Odsunuté děti“ (Post Bellum, 2020, deutsch „Die vertriebenen Kinder“). Die deutsche Übersetzung von Raija Hauck kam 2023 im Balaena-Verlag heraus.

Als Gastland des diesjährigen Comicfestivals München vom 8. bis 11. Juni war die Tschechische Republik mit ihrer Comicszene mehrfach vertreten, sowohl am Hauptfestivalort Gasteig HP 8

in Sendling – dem derzeitigen Ausweichquartier des Kulturzentrums am Gasteig – als auch bei Satelliten-Ausstellungen in der ganzen Stadt wie in diversen Stadtbibliotheken, im Münchener Amerika-Haus, im Istituto Cervantes und Istituto Italiano di Cultura, im TZM und eben auch im Sudetendeutschen Haus.

Die Ausstellung im Sudetendeutschen Haus stellt die Protagonisten des Comicbands vor. Diese Kinder sind der

kleine Ostrauer Franz (mit Zeichnungen von Jakub Bachorík), Rosemarie, die Urgroßnichte des Komponisten Antonín Dvořák (mit Zeichnungen von Magdalena Rutová), Kurt aus Postelberg (mit Zeichnungen von Stanislav Setinský), Annelies aus Reichenberg (mit Zeichnungen von Františka Loubat) sowie Emil und Friedrich aus dem Böhmerwald (mit Zeichnungen von Jindřich Janíček).

Die Lebensgeschichten der allesamt vertriebenen Kinder unterscheiden sich stark, was großartig durch die verschiedenen Zeichenstile der Comic-Künstler wiedergespiegelt wird. Dieses Buch ist einfühlsam, ohne anbiedernd, und künstlerisch, ohne effektheischend zu sein. Wie beeindruckend, daß es sogar zuerst auf Tschechisch erschien!

Habel

Marek Toman/Jan Blažek: „Die vertriebenen Kinder“. Balaena-Verlag, Landsberg am Lech 2023; 136 Seiten, 24 Euro. (ISBN 978-39819984-8-1

Im Rahmen des diesjährigen Schwerpunktlandes Tschechische Republik lud das Comicfestival München zum Kennenlernen des Nachbarlands und der Neunten Kunst aus vielen neuen Perspektiven ein. Neben Ausstellungen fanden mehrere Gespräche sowie Live-Zeichnung und eine Filmvorführung statt. Die Ausstellung im Tschechischen Zentrum (TZM) widmet sich dem Werk des böhmischen Zeichners Jaromír 99, der auch in München vor Ort war.

Special Guest des Comicfestivals München war Jaromír Švejdík alias Jaromír 99. Der Zeichner, Maler, Musiker und Texter gehört zu den bedeutendsten tschechischen Comic-Künstlern. Seine Werke sind in vielen Sprachen erschienen, darunter auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Die Filmadaption der Graphic Novel „Alois Nebel“ (2003–2005, zusammen mit Jaroslav Rudiš) wurde mit dem Europäischen Filmpreis 2012 für den besten Animationsfilm ausgezeichnet.

Ausschnitte aus den ergreifenden Comic-Zeichnungen von Stanislav Setinský zur Geschichte „Das stinkt wie der Teufel!“, Jakub Bachorík („Der Geschmack von Rhabarber“) und Magdalena Rutová („Die Puppe im Rucksack“). Auch die Illustratoren Františka Loubat („Jonglieren ohne Worte“) und Jindřich Janíček („Rothenbaum“) lieferten großartige Bebilderungen. Jeder der Künstler hat einen ganz eigenen Zeichenstil, mit dem er die Stimmung und Gefühle der kindlichen Helden sehr gut trifft. Bilder: Balaena-Verlag

� Ausstellungen zum Comicfestival in München

Die neue von Miroslav Houška kuratierte Ausstellung im TZM zeigt freie Arbeiten von Jaromír 99, die stark beeinflußt sind von der Landschaft um seinen Geburtsort Freiwaldau/Jeseník und um Prag, wo er heute lebt. Der Künstler war zur Vernissage am 6. Juni gekommen und trat mit seinem Kafka-Band-Kollegen Dušan Neuwirth musikalisch auf. Rechtzeitig zum Comicfestival München war auch die deutsche Übersetzung (aus dem Tschechischen von Mirko Kraetsch) der Comic-Biografie von Jaroimír 99 (zusammen mit Jan Novák) über die Turnerin Věra Čáslavská erschienen. Neben Jaromír 99 kamen auch Vertreter der jüngeren

Bis Freitag, 30. Juni: „Die vertriebenen Kinder“ in München-Au, Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, erster Stock. Montag bis Freitag 10.00–16.00 Uhr, Eintritt frei.

Comic-Generation aus Böhmen nach München und stellen unter einem interessanten Aspekt in der Kneipe Bufet und im Café Kosmos aus. Ein Comic ist nämlich so viel mehr als bloß seine Panels. Die Geschichte entwickelt sich nicht nur in den einzelnen Illustrationen, sondern auch dazwischen, in den weißen Rahmen oder im leeren Raum der Umrandungen. Was bedeutet es, wenn ein Bild sein Panel sprengt, wenn die Panels unregelmäßig werden oder sich sogar auflösen? Welche Wirkung(en) hat es auf unser Leseerlebnis? Im Rahmen der Ausstellung „In the Gutter“ schöpfen Monika Baudišová, Štěpánka Jislová, Tomáš Ku-

čerovský, Vojtěch Mašek und Lenka Šimečková aus der Mehrdeutigkeit des „gutter“ (Englisch für Abflußrinne, Gosse, aber auch für den Raum zwischen den Panels eines Comics). Im kultigen Café Kosmos werden dazu Werke ausgestellt, die einen besonders interessanten oder radikalen Umgang mit dem „gutter“ aufweisen, zusammen mit Stellungnahmen der Künstler über Funktion und Bedeutung des Leerraums im Comic. Nebenan, in der innovativen Bahnhofskneipe Bufet, sind exklusive neue Strips zu sehen, die die titelgebende Redewendung hinterfragen.

Bis Freitag, 14. Juli: „Jaromír 99 – Off Season“ in MünchenLehel, Tschechisches Zentrum, Prinzregentenstraße 7. Montag bis Mittwoch 13.00–17.00, Donnerstag 13.00–19.00, Freitag 12.00–15.00 Uhr. „In the Gutter“ in München-Maxvorstadt, Café Kosmos und Kneipe Bufet, Dachauer Straße 7. Montag bis Freitag 12.00–1.00, Samstag, Sonntag 14.00–3.00 Uhr.

KULTUR Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023 7
„Off Season“ und „In the Gutter“
Ein Werk von Jaromir 99 im TZM und eine Comic-Seite von Lenka Šimečková (rechts) im Café Kosmos. Bilder: TZM Bilder: Susanne Habel (4)

Anfang Juni fand im böhmischen Erzgebirge ein bewegender Gedenkmarsch statt. Die Teilnehmer folgten nach einer Gedenkstunde in Saaz dem Weg, den vor 78 Jahren die Opfer des Massakers von Postelberg nehmen mußten. Als Mitinitiator berichtet der Verleger Jürgen Tschirner.

Fast 90 Kolatschen als Verpflegung, 25 Wanderer, 14 Kilometer, vier Stunden, drei Kinder und ein Hund – das waren die Zahlen zur Gedenkwanderung vom Marktplatz Saaz/Žatec zur Kaserne in Postelberg/Postoloprty.

Bereits um zwölf Uhr fanden sich am Samstag, 3. Juni etwa 60 Menschen vor der Dreifaltigkeitssäule auf dem Saazer Marktplatz ein, um der Opfer des Massakers vor 78 Jahren zu gedenken. Vielleicht auch ermutigt und neugierig gemacht von umfangreichen Ankündigungen am Vortag in Medien wie „Die Zeit“, „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und RTL News begrüßten wir Radim Laibl, den Bürgermeister der Stadt Saaz.

Von der Piraten-Partei waren Jan Kranda und Vladimír Vlach gekommen. In Vertretung des Deutschen Botschafters Andreas Künne legte Šárka Navrátilová einen Kranz der Bundesrepublik Deutschland nieder. Der Referent und wissenschaftliche Mitarbeiter der FDP-Bundestagsfraktion, Dimitri Androssow, war

Dinge beim Namen nennen

ebenfalls unter uns. Der tschechische Fernsehsender ČT 24 berichtete live. Weitere Journalisten waren unter anderem aus Berlin angereist. Für mich war es eine große Ehre, die Rede von Mitorganisator Martin Kos in deutscher Sprache vorzulesen. Darin steht unter anderem: „Über ein Verbrechen zu schweigen bedeutet, sich daran mitschuldig zu machen.“ Deshalb wollten wir nun alle über diese Verbrechen und das Unrecht sprechen. „Wir erinnern uns nicht aus modischer Selbstgerechtigkeit an diese Ereignisse, wir wollen uns lediglich der historischen Wahrheit anschließen. Das Eingeständnis der wahren Sachlage und der eigenen Fehler ist eine notwendi-

ge Voraussetzung für ein wirklich ehrlich geäußertes Bedauern und anschließend für einen Handschlag zur Versöhnung.“ Nur durch Wahrheit und Akzeptanz der eigenen, unverfälschten Geschichte könnten wir alle

Versöhnung und selbstbewußte Zugehörigkeit zu anderen Völkern im europäischen Haus erreichen. „Wir kamen zusammen, um unseren Respekt vor dem Anderssein, Respekt und Verständnis von Mensch zu Mensch zum

Ausdruck zu bringen ... und um unseren Widerstand gegen die Anwendung der Kollektivschuld zum Ausdruck zu bringen, um Dinge und Ereignisse direkt und ohne Ausreden beim richtigen Namen zu nennen – Vertreibung durch Vertreibung, Mord durch Mord, Verbrechen durch Verbrechen.“

Vilém Marek sprach ein kurzes Gebet in tschechischer und deutscher Sprache. Nach einer Schweigeminute wurden zahlreiche Blumen und Kränze niedergelegt.

Während der gesamten Gedenkstunde sammelten meine Frau, Kateřina Tschirner-Kosová, und Martin Kos fleißig Unterschriften für eine Petition, die demnächst an die Verantwortli-

chen im Saazer Rathaus übergeben wird. Diese Petition fordert eine angemessene Gedenktafel am Rathausgebäude für die deutschen Mitbürger, die bis 1945 in Saaz die Bevölkerungsmehrheit stellten.

Als tschechisch-deutsches Verlegerpaar beschäftigen meine Frau und ich uns seit einiger Zeit mit den wilden Vertreibungen der Deutschböhmen auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik, darunter auch in einer großen Publikation über die Geschehnisse in Postelberg. Das führte zur Idee eines Gedenkmarsches.

An diesem Junitag gingen wir 25 Wanderer also den Weg vom Marktplatz Saaz entlang des Flusses Eger zur ehemaligen Kaserne in Postelberg. Die Strecke ist 14 Kilometer lang und dauerte rund drei Stunden. Diesen Weg mußten vor 78 Jahren etwa 5000 Männer laufen, bevor vom 3. bis zum 5. Juni 1945 mindestens 763 Deutsche erschossen und in Massengräbern verscharrt wurden.

Viele interessante Begegnungen und Gespräche später haben wir uns in Postelberg voneinander verabschiedet und am Abend ausprobiert, was aus dem Saazer Hopfen alles an schönen Getränken gebraut wird.

Gemeinsam mit unseren tschechischen Nachbarn ist es gelungen, einen würdigen Rahmen des Gedenkens zu schaffen. Ein außergewöhnlicher Tag für alle, die dabei waren.

Am Freitag vor Pfingsten starb Franz Peter Künzel, einfühlsamer Übersetzer tschechischer und slowakischer Literatur sowie langjähriger Verlagslektor und Redakteur, mit 98 Jahren im oberbayerischen Puchheim. Peter Becher, Vorsitzender des Adalbert-Stifter-Vereins, gedenkt seiner.

Nun ist auch er von uns gegangen, allen Prophezeiungen zum Trotz, daß er sich zu seinem 100. Geburtstag die Laudatio selber schreiben werde, weil alle seine alten Freunde vor ihm gestorben seien: Franz Peter Künzel, der Hrabal-Übersetzer und langjährige Herausgeber der Zeitschrift „Sudetenland“.

Geboren in Reichenberg, Schüler deutscher und tschechischer Schulen, Soldat, Kriegsgefangener und Lagerentlassener, der im Allgäu seine neue Heimat und seine erste Frau fand. All das war Künzel: Autor früher Gedichte und Erzählungen, Verlagslektor und intellektueller Wanderer zwischen deutschen und tschechischen Kulturmilieus, Mitarbeiter des tschechoslowakischen

Büros in München, das Autoren und Künstler nach der Niederschlagung des Prager Frühlings betreute, ein Mann, der auch in der Zeit der „Normalisierung“

gute Kontakte zum Schriftstellerverband in Prag unterhielt, vielleicht sogar zu gute Kontakte.

Immer mehr wurde er zum Übersetzer von tschechischen Lyrikern und Erzählern wie Miroslav Holub und Jaroslav Seifert, Vladislav Vančura und Milan Kundera und schließlich zur westdeutschen Stimme von Bohumil Hrabal, den er für den

Suhrkamp-Verlag übersetzte, bis hin zur genialen Übertragung der „Pábitelé“, aus denen Künzel die „Bafler“ machte. Dabei gelang es ihm, den Stil Hrabals nachzuahmen, dessen Redefluß, oft ohne Punkt und Komma, mit seinen assoziativen und surrealen Wendungen höchste Anforderungen an das Übersetzen stellte.

� Nachrufe auf einen großen Literaturvermittler

Franz Peter Künzel †

So wie Künzel insgeheim mit dem ostdeutschen Übersetzer Karl-Heinz Jähn zusammenarbeitete und dem Schriftstellerverband manches Schnippchen schlug, wirkte er bisweilen selbst wie eine Figur aus dem literarischen Kosmos von Hrabal, immer ein wenig undurchsichtig und unberechenbar, hintergründig allemal, ein Meister endloser Nebensätze, die er auf quälend langen Zugfahrten auf faszinierende Weise mit einem korrekten Verb zu beenden verstand.

Die ersten Zugfahrten, die ich mit ihm noch vor 1989 nach Prag unternahm, wo er mich mit Autoren und Sehenswürdigkeiten bekannt machte, halten Bilder im Gedächtnis von endlosen mitternächtlichen Stunden an der Grenze, bei denen Pässe und Gepäck kontrolliert wurden und auf den Bahnsteigen im düsteren Licht der Lampen junge Grenzer mit Hunden und Maschinenpistolen patrouillierten. Wenn der Zug dann in den frühen Morgenstunden endlich weiterfuhr, sehe ich Künzel mit müden Augen am Fenster sitzen, den herabhängen Mantel vor das Ge-

sicht und den Oberkörper ziehen und schon bald in einen kurzen Schlaf versinken, bis er dann in Prag aufwachte, den Mantel zurückschlug und so munter umherblickte, als ob er acht Stunden geschlafen hätte.

Jahrelang hat er dafür gesorgt, daß die zweite Ausgabe der Vierteljahresschrift „Sudetenland“ pünktlich zum Sudetendeutsch en Tag erschien und nach der Kulturpreisverleihung am Freitagabend vor Pfingsten für die Gäste auflag, die sie anschauen und mitnehmen konnten. Jetzt ist Franz Peter Künzel am 26. Juni, dem Tag der diesjährigen Kulturpreisverleihung im Stadttheater von Regensburg, gestorben. 98 Jahre und zwei Monate wurde er alt, und wir rufen ihm nach, leb

wohl, alter Bafler, leb wohl und hab Dank für alles, was Du uns vermittelt und beigebracht hast.

Und dieser Dank gebührt, wie es sich gehört, auch der Weltmeisterin des Schreibmaschineschreibens, die Dich so lange unterstützt und in den letzten Jahren Deines Lebens als Deine zweite Frau fürsorglich betreut hat.

Schon zu Künzels 90. Geburtstag 2015 würdigte ihn auch die Sudetendeutsche Zeitung im Artikel „Übersetzer, Herausgeber, Dichterfreund“.

zweisprachig erzogene Beamtensohn Franz Peter Künzel nach dem Zweiten Weltkrieg in Weitnau im Allgäu, wo er bis Mitte der 1950er Jahre blieb und die Arzttochter Helga Schneeberger, selbst eine Übersetzerin, heiratete. 1959 legte er in München die Staatsexamina als Übersetzer und Dolmetscher der tschechischen und slowakischen Sprache im Fachgebiet Geisteswissenschaften ab. Von 1954 bis 1964 war Künzel Verlags-Cheflektor und begann dann seine freiberufliche Tätigkeit als literarischer Übersetzer und Interpret tschechischer und slowakischer Literatur.

Künzel wurde als Übersetzer, Redakteur und Autor zu einem „Mittler zwischen den Kulturen“, wie die südmährische Schriftstellerin Ilse Tielsch über ihn schrieb. Als literarischer Übersetzer übertrug er mehr als 80 Romane, Erzählungen, Gedichtbände der bekanntesten tschechischen und slowakischen Autoren – darunter Bohumil Hrabal, Milan Kundera, Jaroslav Seifert und Václav Havel – ins Deutsche, von denen viele auch seine Freunde waren oder sind.

und ist heute ein Prädikat Hrabals, stammt so aber von Künzel. Zusätzlich war der aktive Vorkämpfer der deutsch-tschechischen Versöhnung immer publizistisch mit unzähligen Funkund Fernsehbeiträgen zur deutsch-tschechischen Thematik tätig. Künzel gab auch eine große Anzahl von Sammelwerken heraus, darunter „Verspätete Tränen“ (1969) und „Die Tschechoslowakei erzählt“ (1970). Nicht zuletzt redigierte und gestaltete er von 1985 bis 2013 die renommierte europäische Kulturzeitschrift „Sudetenland“, die Ende 2013 ein Herausgebergremium des Adalbert-Stifter-Vereins übernahm.

Künzel erhielt zahlreiche Preise: 1966 die Verdienstmedaille der Tschechoslowakischen Gesellschaft für internationale Beziehungen, 1968 die Petr-Bezruč-Plakette von UNESCO/ČSSR und den Übersetzerpreis des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes, 1988 den Vítězslav-NezvalÜbersetzerpreis, 1995 den Kunstpreis zur deutsch-tschechischen Verständigung, 1996 das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland und 1998 den Großen Sudetendeutschen Kulturpreis.

Er war Mitglied in vielen Vereinigungen wie dem PEN International, dem Adalbert-StifterVerein, der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste und der KünstlerGilde, die er von 1995 bis 2005 als Vorsitzender leitete.

G

eboren am 31. März 1925 in Königgrätz und aufgewachsen in Reichenberg, landete der

Zwischen 1961 und 1968 und dann wieder ab 1975 hatte Künzel speziell mit Hrabal häufiger Kontakt und übersetzte vier seiner Bücher. Künzel erfand auch eine Übersetzung für dessen Wortschöpfung „Pábitelé“, die er als „Bafler“ (1966) umdichtete, als er das gleichnamige Buch übersetzte. „Bafeln“ wurde zu einem geflügelten Wort für „schwatzen“

Als Literaturvermittler und Textschöpfer war Künzel lebenslang verdienstvoll tätig. Susanne Habel

KULTUR Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2022 8
Wanderung im Gedenken an das Massaker von Postelberg nach Saaz
Abschlußtreffen der Teilnehmer vor der Dreifaltigkeitssäule auf dem Marktplatz von Saaz. Bilder: Sebastian Hennig (2), Heidmar Schindler (2) Wanderung von Saaz nach Postelberg im Dorf Trnowan/Trnovany. Blumensträuße zum Gedenken. Franz Peter Künzel mit Gattin Sigrid Lude im Stifter-Saal. Bild: Susanne Habel Auf der Wanderung am Bahnhof des Dorfes Steknitz/ Stekník.

Denkmal für die Opfer des Faschismus auf dem Gelände des ehemaligen Lagers Rabstein.

� Fortsetzung von Seite 6 Lager …

4000 Beschäftigte, davon waren

634 Gefangene verschiedener Nationalitäten. Berichtet wird, daß mehr als 100 den Tod gefunden hätten.

Gleich nach dem 8. Mai 1945 funktionierten die Tschechen mit Hilfe der Swoboda-Truppen das Lager in ein Straf- und Gefangenenlager um. Nach Zeugenaussagen sollen mehr als 1000 deutsche Gefangene am Heiligen Abend 1945 dort gewesen sein.

Unter falschen Angaben wurde auf Empfehlung der Russen am 6. Juni 1945 der aus Bremen stammende Helmut Kuhn als Lagerführer eingesetzt. Er gab an, KZ-Lagererfahrungen aus Buchenwald zu besitzen. Er war der Schrecken des Lagers, unter seiner Führung gab es grauenvolle und bestialische Mißhandlungen und Folterungen bis zu Tötungen. Er war ein williges Instrument der Tschechen. Ihm machte es Spaß, Menschen zu quälen. Im Dezember 1945 wurde er von den Tschechen abgesetzt. In Bremen wurde ihm 1949 der Prozeß gemacht. Er wurde zu lebenslänglichem Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Rechte verurteilt. Zur Verhandlung konnte eine große Zahl von Mitgefangenen über seine Straftaten und Tötungen vor Gericht aussagen. Er war angeklagt in 15 Fällen des Mordes und in zwei Fällen des versuchten Mordes. Aus den Gerichtsprotokollen kann man folgende Formulierung entnehmen: „Er handelte im Zwang seiner eigenen Bestialität.“

Als der erste Zug mit Kriegsgefangenen 1945 auf dem Bahnhof Bodenbach ankam, wurde ein Teil nach Rabstein gebracht. Grauenvolle und bestialische Mißhandlungen wurden im Keller des fest gebauten Hauses in Anwesenheit von Kuhn ausgeführt. Man nannte ihn Blutkeller. Auf einer Liste sind namentlich 93 Opfer vom Lager Rabstein angegeben. Nach Schätzungen von Lagerinsassen wurden in der Zeit vom 8. Mai bis 8. Juni 1945 zwischen 35 und 40 Deutsche umgebracht.

Ein Verwandter meiner Mutter, der im Lager war, wurde 1946 in die Sowjetische Besatzungszone entlassen. In den 1950er Jahren starb er an den Folgen der Mißhandlungen im thüringischen Eisenach.

Bis zur politischen Wende war es weder in der DDR noch in der ČSSR möglich, Nachforschungen zu betreiben, welche Tragödien sich in diesem und in anderen Lagern zugetragen hatten. Das staatlich verhängte Schweigen über solche Lager ist aber bei den Betroffenen und auch bei tschechischen Historikern nicht in Vergessenheit geraten.

In der Sudetendeutschen Zeitung wurde 2004 die Frage aufgeworfen, ob für die vielen Sudetendeutschen, die in Rabstein und Johnsbach den Tod gefunden hatten, auch eine Gedenktafel vorgesehen sei. Nach 1968 nutzten die Sowjets bis zu ihrem Rückzug nach der politischen Wende das Gelände militärisch. Beim Vorbeifahren am ehemaligen Lager Rabstein und Johnsbach erinnert heute wenig an die Vergangenheit und die dortigen Greueltaten an Sudetendeutschen. Die unterirdischen Höhlen kann man jetzt besichtigen.

� Bund der Deutschen in Böhmen

30. Deutsch-tschechische Jugendbegegnung in Tepl

Zur Jubiläumsbegegnung im Stift Tepl hatte der Bund der Deutschen in Böhmen (Bund) für Mitte Mai eingeladen. Dank der Unterstützung des Bundesheimatministeriums fand diese beliebteste Veranstaltung der Kinder im Bund um Christi Himmelfahrt auch heuer statt. Diesmal war das Programm etwas reichhaltiger, weil auf den Bund-Vorsitzenden Måla Richard Šulko noch andere Verpflichtungen zugekommen waren.

So ein ereignisreiches verlängertes Wochenende habe ich noch nie erlebt,“ sagte Måla Richard Šulko, als er in seinen Kalender blickte. Zum ersten Mal in der Geschichte dieser Jugendbegegnung mußte er seine Motorsense am Mittwochnachmittag in die Garage der Technischen Dienste der Stadt Tepl stellen, weil in seinem Auto am Donnerstag kein Platz mehr für sie sein würde. An diesem Tag begann in der Früh das Grasmähen auf dem alten Klosterfriedhof, wo einiges stattfinden sollte. Warum gerade dieser Friedhof? Kurz nach der Samtenen Revolution wollte die Egerland-Jugend unter Dieter Markgraf ihre heimischen Kulturdenkmale und Friedhöfe im Egerland erhalten und pflegen. Die Wahl fiel auf den alten Klosterfriedhof in Tepl. Vom dortigen Prämonstratenserstift war nämlich die wirtschaftliche Entwicklung und Ausbildung ins ganze Egerland hinaus gegangen. Szenenwechsel. Nach der Corona-Pause veranstaltete die Johann-Andreas-Schmeller-Gesellschaft vom 18. bis 20. Mai wieder ein Dialektologischen Symposium im früheren Zisterzeinserkloster Walderbach in der Oberpfalz. Der geschichtsträchtige Ort bot die passende Kulisse für die Tagung der 30 internationalen Dialektforscher. Die Organisatoren hatten mit „Dialekt unterwegs – Varietäten im Zeichen von Globalisierung und Migration“ den Rahmen weit gefaßt. Neben dem wissenschaftlichen Austausch blieb auch Zeit

Tepl. Vojtěch Šulko holte die Motorsense aus dem Aufbewahrungsraum, und das Grasmähen mit Jiří Schierl aus Theusing und Tomáš Leicht aus Elbogen konnte beginnen. Richard Šulko fuhr aber nach Selb, denn dort begannen die Bayerisch-Böhmischen Freundschaftswochen. Zur Eröffnung im Rosenthal-Theater waren Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit seiner Frau Karin und der Tschechische Staatspräsident Petr Pavel mit seiner Frau Eva gekommen.

Als Šulko aus dem Auto ausstieg, traf er Michael Rund, Direktor des Falkenauer Museums, und Birgit Seelbinder, langjährige Präsidentin der Euregio Egrensis. Seelbinder hatte 2021 die Verdienstmedaille des tschechischen Außenministers für Diplomatie erhalten. Vor dem Theater standen bereits Volksgruppensprecher Bernd Posselt und Steffen Hörtler, Bayerns SL-Landesobmann und Posselts Stell-

Männer schon mehr als die Hälfte des Friedhofs gemäht, und fast alle Teilnehmer waren angekommen. Mit 26 Teilnehmern verzeichnete die Jubiläumsbegegnung einen Rekord. Die Werkzeuge, die die Stadt dem Bund kostenlos zur Verfügung gestellt hatte, konnten also alle von fleißigen Händen bedient werden.

Diese Jubiläumsbegegnung hatte auch einen internationalen Aspekt. Neben den Kindern und Jugendlichen mit ihren Eltern vom Bund der Deutschen in Böhmen, die die deutliche Mehrheit waren, kamen ein paar tschechische Freunde und neu auch drei Ukrainerinnen mit einem Kind. Das sind Arbeitskolleginnen von Richard Šulko jun.

vertreter als SL-Bundsvorsitzender, Martin Dzingel, Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik, Fleißens Bürgermeister Petr Schaller und viele andere Ehrengäste.

Alle arbeiteten fleißig und hatten sich das Abendessen verdient. Ins Bett ging es etwas früher, weil der Samstag immer der anstrengendste Tag ist. Schon bald war der Abfallcontainer der Stadt voll, und kurz nach Mittag war die komplette Fläche gemäht. Nun begann der Kampf mit der Zeit, nun mußte noch alles gerecht und das Gras weggebracht werden. Da zeigte sich, was für starke Frauen und Kinder da waren. Als die Sonne kurz nach 16.00 Uhr aus den Wolken heraustrat, war die Arbeit getan.

� SL-Ortsgruppe Rückersdorf/Mittelfranken

für themengerechte Unterhaltung. Dafür sorgten die „Målaboum“ Richard und Vojtěch Šulko aus dem böhmischen Plachtin bei Netschetin mit Mundarttexten, Gedichten und Egerländer Volksliedern. Bei dieser Tagung wurde auch die Kooperationsvereinbarung zwischen der Schmeller-Gesellschaft und der Philosophischen Fakultät der Westböhmischen Universität Pilsen vorgestellt, die vergangenes Jahr unterzeichnet worden war. Sie umfaßt Forschung, (Sprach-)Kultur, Bildung und Begegnung. Am Freitagfrüh eilten dann die „Målaboum“ nach

Staatspräsident Pavel war auf seinem Motorrad ins bayerische Selb gefahren, stilgerecht auf einer BMW. Das sorgte für Aufregung. Nach der Tschechischen National- und der Bayernhymne folgte ein Empfang, der Mög-

Der Abend brachte eine Feststunde im Frühstücksraum. Der Begrüßung durch den Bund-Vorsitzenden Richard Šulko folgten Grußworte von Martin Klepal, Zweiter Bürgermeister von Tepl, von BdEG-Bundesvüarstäiha Volker Jobst und von EJ-Bundesjugendführer Alexander Stegmaier. Auch dabei war Heike Stegmaier, jahrzehntelang die treue Seele von Tepl. Nach den Grußworten präsentierte Šulko 30 Jahre Jugendbegegnung in Wort und Bild. Speziell die alten Fotos mit Menschen, die nicht mehr unter uns sind, machten die Landsleute nachdenklich.

Dann wurde es so richtig feierlich. Volker Jobst zeichnete die Geschwister Richard Šulko jun. und Terezie Jindřichová mit der BdEG-Bundesehrennadel aus. Die beiden haben mit ihrer 30 Jahre währenden Arbeit für das Egerland diese Auszeichnung verdient. Zum Schluß wurde ein altes Dokument von 1927 gezeigt, in welchem man das Jahresfest des Bundes der Deutschen in Böhmen bewundern konnte.

Danach hieß es nur:

In einem vollen Bus startete die mittelfränkische SLOrtsgruppe Rückersdorf bei strahlendem Sonnenschein Anfang Juni zu ihrem Tagesausflug Richtung Eining und Beilngries.

Obfrau Bärbel Anclam begrüßte alle Mitreisenden und wünschte einen schönen Tag mit vielen neuen Eindrükken. Ab Deggendorf ging es durch niederbayerische Wälder, Wiesen, Felder und hübsche kleine Orte bis nach Neustadt an der Donau. Im Stadtteil Hienheim vertraten wir uns die Beine. Auf den Wiesen suchten Störche nach Nahrung. Mit der Seilfähre setzten wir von Hienheim auf der Donau nach Eining über. In dem rustikalen Biergarten am Ufer labten wir uns unter schattenspendenden Sonnenschirmen und hohen Laubbäumen an Forelle, Fleischküchlein oder Würstchen.

Bürgerturm, Bettelvogtturm, Badturm, Seelennonnenturm oder Flurerturm. Die Namen weisen auf ehemalige Turmbewohner hin. Wir spazierten am alten Gefängnis und am ältesten Gasthaus der Stadt vorbei. Dann ging es zur Stadtpfarrkirche Sankt Walburga. Die Kirche in der Altstadt überragt mit ihrem mächtigen Dach und zwei Türmen die historischen Stadthäuser. Der nördliche romanische Turm ist der Hausturm. Er blieb nach dem Abriß der Kirche 1911 stehen. Beim Wiederaufbau wurde ein zweiter Turm mit barocken Elementen hinzugefügt. Die beiden Türme tragen Spitzdächer mit gelben, grünen und braunen Biberschwanzziegeln. Bereits 1913 wurde die neue Kirche eingeweiht.

lichkeiten zu Gesprächen bot. Das nutzte auch Šulko reichlich aus. Beim Verlassen des Theaters reichte er in seiner Tracht seinem Präsidenten die Hand.

Dann flitzte er wieder nach Tepl. Dort hatten die jungen

„Hurra ins Restaurant, um die Auszeichnungen zu begießen!“ Der Sonntag früh gehörte dem Gottesdienst in der Stiftskirche Mariä Verkündigung. Die Ukrainerinnen machten dann noch eine Führung durch das Kloster mit. Mit dem Mittagessen endete das erfolgreiche Jubiläum. ado

Anschließend besichtigten wir das altrömische Kastell Eining, lateinisch Asubina. Dieses Kastell gehört seit 2005 zum UNESCO-Welterbe. Man sieht noch einige freigelegte und rekonstruierte Wehranlagen. Das Kastell liegt an dem Flüßchen Abens und war zur Zeit des römischen Reiches ein strategisch wichtiger Ort. In den frühen 2000er Jahren wurde noch eine Aussichtsplattform aus Stahl, Glas und Beton errichtet. In diesem Areal fand auch unsere Fotosession statt. Nach dieser Anstrengung gab es für jeden ein Gläschen Schnaps. Dann ging die Fahrt nach Beilngries in Oberbayern.

Die Stadt liegt im Naturpark Altmühltal und am Main-Donau-Kanal. Unser Touristenführer Roland Starigk bot einen Stadtrundgang an, den viele mitgingen. Der Weg führte zunächst zur alten Stadtmauer. Zu ihr gehören mittelalterliche Stadttürme mit speziellen Namen wie

Betritt man das barocke Gotteshaus, fasziniert die Größe. Es verfügt über ein Tonnengewölbe und seitliche große Rundfenster, die viel Helligkeit hereinlassen. Mittelpunkt ist der Hochaltar. Er ist wunderbar verziert und wird von einem Gemälde der heiligen Walburga gekrönt. Rechts und links stehen Statuen der Walburga-Brüder Willibald und Wunibald.

In einem der vielen Beilgrieser Lokale genossen wir entspannt Kaffee, Kuchen oder Eis. Dann traten wir den Heimweg an. Bei einem Überraschungsstop auf dem Parkplatz einer Raststätte zwischen Greding und Hilpoltstein gab es ein Gläschen Sekt von zwei Spendern. In dem Gefühl, einen wunderbaren Tag erlebt zu haben, brachte uns der Bus wohlbehalten zurück.

Die SL-Ortsgruppe Rückersdorf lädt alle Mitglieder und interessierte Mitbürger zum Kirchweihtreffen im Zelt am 11. Juli um

Uhr auf dem Schmidtbauernhof. Tele-

fon (09 11) 57 63 76, Mobilfunk (01 74) 1 67 50 96, eMail otmar. anclam@gmx.de Gabi Waade AUS DER HEIMAT VERBANDSNACHRICHTEN Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023 9
15.00
Richard Šulko jun., Terezie Jindřichová und Volker Jobst. Vít Šulko hilft bei der Pflege des Friedhofes. Bilder (5): Malå Sichard Šulko Andre, Alexander und Heike Stegmaier. Die Målaboum in Walderbach. Gruppenbild in Tranchen. Bild: Gabi Waade Selb: Bernd Posselt, Richard Šulko, Markus Söder sowie Petr und Eva Pavel.
Niederbayern
Über
nach Oberbayern

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin –Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux –Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Graupen Niklasberg

WIR GRATULIEREN

Folgenden treuen HeimatrufAbonnenten gratulieren wir von Herzen zum Geburtstag im Juni und wünschen ihnen alles Schöne und Gute, viel Freude und Freunde, beste Gesundheit sowie Gottes Segen.

■ Heimatkreis Dux. Helmut Gustav Sacher, Ortsbetreuer von Dux und Ladowitz, Habichtsweg 44, 64380 Roßdorf, Telefon (0 61 54) 8 31 32, eMail helmut.sacher@t-online.de, 26. Juni 1944.

■ Ossegg/Kreis Dux. Annemarie Bräuer/Kraupa (Deutzendorf), Karl-Günzel-Straße 19, 09599 Freiberg, 9. Juni 1931.

■ Graupen/Kreis TeplitzSchönau. Christa Eichler/Baumgartl, Riedgrabenweg 18, 86356 Neusäß, 20. Juni 1939; Walter Eichler, Riedgrabenweg 18, 86356 Neusäß, 29. Juni 1932.

TERMINE

Ein Grab gesucht, zwei Gräber gefunden

Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs suchten Melanie Zischka und ihr Sohn Horst Zischka das Grab von Melanie Zischkas Großeltern Rempfer auf dem Klostergraber Friedhof. Horst Zischka berichtet.

Die Beschreibung meiner Mutter, die als Schulkind von Klostergrab nach Ossegg zog, war immer die gleiche. „An Allerheiligen besuchten wir das Grab der Eltern meines Vaters. Hier trafen sich die Geschwister meines Vaters regelmäßig, und ich durfte dabei sein. Es war ein Familiengrab mit einer Taube drauf“, lautete ihre Erinnerung.

Mit Hilfe eines alten Fotos des Grabes konnten wir nach mehre-

ren Besuchen Anfang der 2000er Jahre das Grab lokalisieren. Allerdings ohne Taube, die war einige Gräber weiter zu finden. Das Grab besteht noch heute, wird aber von einer tschechischen Familie genutzt. Unter der heute aufgeschraubten Tafel befinden sich möglicherweise die alten Inschriften.

Die oft wiederholte Suche hatte aber einen weiteren Schatz zu Tage gefördert, den meine Mutter nicht in Erinnerung hatte. Unweit des Grabes ihrer Eltern väterlicherseits fand sich das Grab ihrer Großeltern mütterlicherseits, der Hilberts, das sie ihrer Erinnerung nach nie besucht hatte. Dieses Grab entdeckten wir im Jahr 2006. Die Inschrift war

verwittert, mit Flechten überzogen und wurde von uns vorsichtig gesäubert. Wir beschlossen, beim nächsten Besuch Reinigungsmaterial und Grabsteinfarbe mitzunehmen.

Die „Restaurierung“ im Jahr 2009 hatte leider zur Folge, daß der Gedenkstein vom Sockel kippte. Ich ließ mich nicht entmutigen, bugsierte den Stein vor den Sockel und führte die Reinigung fort. Anschließend erneuerte ich einen Teil der Inschrift mit neuer Farbe.

Häufig besuchten wir das Grab bei unseren Fahrten in die Heimat. Ihren letzten Besuch unternahm meine Mutter im Jahr 2013, 2019 starb sie. Mit meiner Frau Ingrid und unserer Tochter

Christine unternahmen wir 2022 nach der Corona-Pause eine Reise in die Heimat meines Vaters nach Neusattl im ehemaligen Kreis Elbogen und in die Heimat meiner Mutter nach Klostergrab und Ossegg im ehemaligen Kreis Dux. Das Grab in Klostergrab war schwer zu finden. Die Büsche ringsum waren mittlerweile sehr hoch gewachsen. Aber wir entdeckten es schließlich wieder. Die Inschrift war wie vor Jahren von Flechten und Moos überwuchert. Ohne Werkzeug, nur mit ein paar dürren Ästen rubbelten wir die inzwischen wieder verblichene Inschrift frei, und unsere Tochter konnte so erstmals

das Grab ihrer Ururgroßeltern real sehen. Das war für alle ein bewegender Moment.

Bilder von Exponaten der Sammlung Spacek

Vergangene Woche berichteten wir über den Keramikproduzenten Reinhold Borsdorf.

Anlaß waren Keramikfunde in den seit 70 Jahren leer stehenden Produktionsgebäuden der ehemaligen Teplitz-Schö-

nauer Firma Reinhold Borsdorf. Das 1880 gegründete und nach der Vertreibung der Fabrikantenfamilie Borsdorf 1946 verstaatlichte Unter-

nehmen war nämlich 1953 dicht gemacht worden.

Erhard Spacek und sein Bruder Peter trugen über die Jahrzehnte eine Sammlung zusammen, die die Zeit der Deutschen im ehemaligen

Sudetenland dokumentiert. Nun schickte uns Erhard Spacek Bilder von Keramiken, die aus der Produktion der Firma Reinhold Borsdorf stammen, darunter die grüne Skulptur „Andromeda und Ketos“ sowie eine alte Aufnahme der Fabrik. Nadira Hurnaus

■ Sonntag, 18. Juni, 14.00 Uhr: Hauptversammlung des Heimatkreisvereins Dux, Duxer Heimathaus, Duxer Straße 10, 63897 Miltenberg. Auskunft: Klaus Püchler, eMail klauspuechler@web.de ■ Donnerstag, 31. August bis Sonntag, 3. September: 9. Teplitz-Schönauer Kreistreffen in der Heimat. Donnerstag eigene Anreise nach Teplitz-Schönau, Hotel Prince de Ligne (Zámecké náměstí 136); 19.00 Uhr dort Abendessen; anschließend zwei Dokumentarfilme über die Zeitzeugen Pater Benno Beneš SDB (1938–2020) und Hana Truncová/John (1924–2022). Freitag 9.00 Uhr Abfahrt nach Saubernitz (Zubrnice) im Böhmischen Mittelgebirge; dort Besichtigung des zum Freilichtmuseums; anschließend Mittagessen in der Dorfgaststätte und Weiterfahrt nach Leitmeritz; von dort Schifffahrt auf der Elbe mit Kaffee und Kuchen nach Aussig; Rückfahrt zum Abendessen in der Teplitzer Brauereigaststätte Monopol. Samstag 9.00 Uhr Abfahrt in die Königstadt Kaaden; dort Besichtigung des Franzikanerklosters mit Mittagessen in der Klostergaststätte und Rundgang; anschließend Kranzniederlegung auf dem Friedhof am Denkmal für die Opfer des 4. März 1919; 19.00 Uhr festliches Konzert in der Schönauer Elisabethkirche; anschließend Abendessen im Wirtshaus. Sonntag 8.00 Uhr Gottesdienstmöglichkeit in der Dekanatskirche Johannes der Täufer am Schloßplatz und eigene Heimreise. Änderungen vorbehalten. Kostenbeitrag inklusive drei Übernachtungen, Frühstück, bewachtem Parkplatz, Bus, allen Mahlzeiten, Besichtigungen, Führungen, Schiff und Konzert pro Person im Doppelzimmer 435 Euro, im Einzelzimmer 520 Euro. Getränke außerhalb des Frühstücks auf eigene Rechnung. Verbindliche Anmeldung bis Sonntag, 30. Juni, durch Überweisung des Reisepreises auf das Konto Erhard Spacek – IBAN: DE35 7008 0000 0670 5509 19, BIC: DRESDEFF700. Bitte Anschrift und Namen der Reiseteilnehmer angeben, sonst Mitteilung mit diesen Angaben an eMail spacek@teplitz-schoenaufreunde.org

Dux Ossegg Ladowitz Klostergrab Bilin Teplitz-Schönau
10 Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023
❯ Klostergrab/Kreis Dux
❯ Keramikproduzent Reinhold Borsdorf in Teplitz-Schönau
Der Hilbert-Grabstein 2006 … … und 2013 …
… mit Melanie Zischka 2009 … … sowie erneut gereinigt 2022. Skulptur „Andromeda und Ketos“, Keramiksammlung mit brauner Vase im sächsischen Stil, oben Aufnahme der Fabrik in deutscher Zeit und rechts die Gebäude heute. Christine Zischka 2022 vor der HilbertGrabstätte. Die Grabstätte Rempfer auf einem Archivbild und unten heute.

HEIMATBOTE

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

Bischofteinitz Ronsperg Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otter ng, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischof teinitz, Rai eisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

Pfarrer

Peter Steinbach

Stefan Stippler, Ortsbetreuer von Hostau, schildert die Geschichte Hostaus anhand des zweiten Memorabilienbuches der Hostauer Dechantei für die Jahre 1836 bis 1938. Hier der zwölfte Teil über den Dechanten Peter Steinbach (1843 –1917).

In der „Bischofteinitzer Zeitung“ vom 19. Oktober 1901 wird vermerkt, daß am Hostauer k. k. Bezirksgericht aufgrund einer Sprachverordnung, die inzwischen wieder aufgehoben worden sei, nach wie vor Amtstafeln in deutscher und tschechischer Sprache angebracht seien.

775 Jahre und immer attraktiver

Ende Juni feierte Schüttwa seine erste urkundliche Erwähnung vor 775 Jahren, und zwar 1248 als Besitz des AugustinerKlosters Stockau. Karl Reitmeier berichtet.

Der Ort, der heute ein Stadtteil von Ronsperg ist, machte sich insbesondere durch die beispielhafte Renovierung der Kirche sowie durch das Gedenken an Johannes von Schüttwa, den bedeutenden deutschen Dichter an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert – er schrieb die bekannte Prosadichtung „Der Ackermann aus Böhmen“ – einen Namen. Zu seiner 775-Jahr-Feier hatte sich der Vorsitzende des Vereins Mikuláš (Nikolaus), Ivo Dubský, einiges einfallen lassen.

So wurde im Park bei der Kirche feierlich ein Aussichtspunkt bei der Nikolaus-Statute enthüllt, von dem sich ein wunderbarer Ausblick bietet. Ferner wurde ein zweisprachiger Flyer über Schüttwa mit dem Titel „Die Heimat unserer Seele“ vorgestellt. Für beide Werke zeichnete der Akademische Maler Jaroslav Sindelář verantwortlich, der, da stimmlich angeschlagen, von Martina Samková sein beeindruckendes Grußwort vortragen ließ. Der Tauser Dekan Miroslaw Gierga hatte den Aussichtspunkt und die neue Turmuhr gesegnet.

Unter den Ehrengäste waren außerdem Senator Vladislav Vilímec, Regionspräsident Rudolf Špoták, Bürgermeister Martin Kopecký und dessen Stellvertreter Jakub Jansa, Architekt Jan Soukup, Schüttwas Ortsbetreuer Franz Metschl, Heimatkreisbetreuer Peter Pawlik und Marianne Maurer, Verbliebenenbeauftragte des Heimatkreisvereins.

Ivo Dubský führte durch das Programm. Klassische Musik begleitete seine Conférence. Grußworte entboten Senator Vilímec, Regionspräsident Špoták und Bürgermeister Martin Kopecký sowie der ehemalige Schüttwaer Franz Metschl. Als Ortsbetreuer der ehemaligen BöhmerwaldGemeinde Schüttwa überbrachte er auch im Namen der Schüttwaer Lands-

leute dem Verein Mikuláš sowie dem Kultur- und Infozentrum Ronsperg die Glückwünsche zur 775-Jahr-Feier. Er wies darauf hin, daß Schüttwa seit seiner Gründung viele Schicksalsschläge über sich habe ergehen lassen müssen. Aber dessen strebsame Bewohner hätten immer wieder diesen Böhmerwaldort aufgebaut. Seit 2015 werde Schüttwa nun dank des Nikolaus-Vereins mit dessen rührigem Vorsitzenden Ivo Dubský und Bür-

denkmal und an den fast fertigen Kirchturm mit Sonnenuhr und Kirchturmuhr. Begonnen hätten inzwischen auch die Arbeiten am Kirchenschiff. Einen besonderen Dank sprach er in diesem Zusammenhang Architekt Jan Soukop aus. Noch fehle im Turm die in Planung befindliche Glocke. Eine große Bitte äußerte er an die bisherigen Geldgeber, den DeutschTschechischen Zukunftsfonds und die Sponsoren, die weiteren

germeister Martin Kopecký mit dessen Stadtrat durch die Restaurierungsarbeiten um das Kirchenareal besonders aufgewertet. Wenn alles abgeschlossen sei, werde Schüttwa ein Anziehungspunkt für Besucher im westböhmischen Land sein. Der Schüttwaer Ortsrat unterstütze diese großartige Arbeit mit Spenden. Metschl sprach von einer erfolgreichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit. Dankbar erinnerte er an die ersten Kontaktgespräche, die Erstellung des einmalig gestalteten Denkmals für Johannes von Schüttwa durch Jaroslav Sindelář, an den Aufbau des Friedhofs mit Gefallenen-

Arbeiten am Kirchenschiff so lange zu unterstützen, bis das Gebäude auch gedeckt sei. Was nütze eine Glocke im Turm, wenn das Gebäude nicht fertig sei. Metschl erinnerte daran, daß seine Frau Margarete vergangenes Jahr gestorben sei. Sie sei ihm immer zur Seite gestanden und habe ihn beim Projekt Schüttwa stets unterstützt. Ihr Wunsch sei es gewesen, die Vollendung des ganzen Kirchenareals noch mitzuerleben. Als Zeichen der Zugehörigkeit und Freundschaft zu Schüttwa übergab er Ivo Dubský eine Madonna, die der Vater seiner Frau, Franz Schürrer (Ganouschen, Linz Nr. 8) für die Hoch-

zeit im Jahre 1968 geschnitzt hatte. Metschls Wunsch: „Möge sie mit dem heiligen Nikolaus dafür eintreten, daß das gesamte Kirchenareal im vorgesehen Zeitraum fertig werden möge.“ Außerdem bat er, daß diese Marienstatue einmal in der Kirche einen ehrenhaften Platz bekomme, was ihm Dubský spontan versprach. Der Ortsbetreuer stellte fest, daß sich nach den dramatischen Ereignissen des Krieges doch vieles im Laufe der Zeit zum Guten gewendet habe, was besonders hier in Schüttwa zum Ausdruck komme. Er versprach, daß sich der Schüttwaer Ortsrat wie bisher weiter mit einem größeren Spendenbetrag an der Beschaffung der Glocke beteiligen werde. Mit ihrem Klang werde die Nikolausglocke die ehemaligen und heutigen Bewohner des Ortes daran erinnern, die gemeinsamen Bemühungen und die Freundschaft weiterhin zu erhalten und zu festigen. Sie werde ein dauerhaftes Symbol der tschechisch-deutschen Zusammenarbeit auch für die kommenden Generationen sein. Für die Besucher von beiden Seiten der Grenze solle jeder Glockenschlag ein besonderer Willkommensgruß sein. „Wenn ich an der neuen Aussichtsplattform stehe und in das wunderschöne Land hinein schaue, kommen in mir meine Kindheitserinnerungen wieder hoch, und dann bin ich wieder daheim“, sagte Metschl.

Es gebe nun eine Zeit der gegenseitigen Ehrlichkeit und des Vertrauens. Es gebe eine Zeit, die heile Wunden, und es gebe eine Zeit der Versöhnung. In der tschechischen Hymne heiße es, die Wahrheit siege, und in der deutschen Hymne Einigkeit und Recht und Freiheit. Dies seien Grundwerte unserer gemeinsamen, freiheitlichen Demokratie. Metschl wünschte dem Ort Schüttwa und seinen jetzigen Bewohnern eine glückliche, friedvolle, gemeinsame Zukunft. Abschließend überreichte er noch eine Spende der Schüttwaer Landsleute für die Sankt-Nikolaus-Vereinskasse.

sistorium in Budweis empfohlen. Die vier Glasfenster stellen den heiligen Petrus, den heiligen Paulus, das heilige Herz Jesu und das heilige Herz Mariä dar. Die Kosten für die Herstellung betragen 1200 Gulden, die durch Spenden von Maria Wiesner, Josef Bauriedl und Erträgen allgemeiner Sammlungen in der Seelsorge aufgebracht wurden.

Ebenso wird in dieser Zeitungsausgabe erwähnt, daß in Hostau ein tschechisches Konzert mit Tanz im Gasthaus Glassl stattgefunden habe. Organisiert hätten dies der Steueroffizial und der Steuereinnehmer von Hostau.

Für das Jahr 1902 finden sich nur zwei Eintragungen im Memorabilienbuch:

„Am 7. August verwüstet in Hostau und Umgebung ein Unwetter viele Felder und entwurzelt Bäume; an der Dechanteikirche werden verschiedene kleinere Reparaturen ausgeführt sowie kleinere Anschaffungen für 67 Gulden 50 Kreuzer getätigt.“

Die „Bischofteinitzer Zeitung“ vom 15. November 1902 berichtet über die Delegiertenversammlung der Freiwilligen Feuerwehren der Bezirke Hostau und Pfraumberg. Der Landtagsabgeordnete Wenzl Stahl leitet die Versammlung. Von 41 Delegierten werden aus und für Hostau Johann Binhack als Kassier und Josef Dietz als Feuerwehrkommandant, Obermannsstellvertreter und Inspekteur des Vereins gewählt.

Die Statuen bei der Dreifaltigkeitssäule am Hostauer Ringplatz werden durch Kinder im Jahr 1902 stark beschädigt. Der Statue des heiligen Johannes von Nepomuk wird das Haupt abgeschlagen und zertrümmert. Dank einer Sammlung von 48 Gulden wird der schon oft für Arbeiten in Hostau betraute Ignaz Amerling aus Taus mit der Instandsetzung beauftragt. Im Juni 1903 werden diese Arbeiten abgeschlossen. Im Februar 1903 läßt Steinbach die Eingangstüren der beiden Beichtstühle mit grünen Vorhängen und vor den vier Beichtstuhlgittern mit nach innen sich öffnende Blechtürchen insgesamt zum Preis von zwölf Gulden 35 Kreuzer versehen. Hinsichtlich Wetterbeobachtungen im Jahr 1903 hält Steinbach fest, daß es am 11. Februar zu einem Gewitter mit Hagel und Schneefall gekommen sei. Er betitelt es mit „Ein abscheuliches Wetter“. Am 25. Oktober 1903 gibt es ein Erdbeben, das Steinbach mit „Gerumpel und Gepolter des Erdbodens“ bezeichnet, das „alle erzittern“ mache.

Ende Oktober 1903 werden die im September 1903 bei der Firma Franz Schlinger in Hüblern bestellten vier neuen Glasfenster für die Dechanteikirche geliefert. Die Firma Schlinger wurde vom bischöflichen Kon-

Im Juli 1904 wird für die Friedhofskapelle eine Kreuzigungsgruppe mit der Figur der Maria Magdalena bei Ferdinand Stufflesser in Sankt Ulrich für 30 Gulden bestellt. Der Betrag ist von Josef und Maria Rothmeier aus Zwirschen gespendet worden. Auf dem Türmchen der Friedhofskapelle zerbrach 1904 die alte Bronzeglocke aus dem Jahr 1676. Auf ihr ist folgende Inschrift eingraviert: „1676. Sit nomen Domini benedictum. Herr Wenzl Eichler hat zur Vergnügung seiner verstorbenen Hausfrauen (!) Susannae Testaments dieses Glöcklein machen lassen.“

Dank Spenden der Stadtverwaltung von Hostau, des fürstlich-trauttmansdorffschen Patronatsamts in Bischofteinitz und vieler einzelner kann eine neue Glocke bei Robert Perner in Pilsen bestellt werden. Die neue Glocke, über deren Kosten sich der Eintrag ausschweigt, wird am 2. Oktober 1904 von Dechant Steinbach nach Genehmigung des Budweiser Bischofs Řiha gesegnet.

Steinbach vermerkt noch: „Die alte Glocke ... übernahm der Bürgermeister von Hostau, Anton Binhack, zur Aufbewahrung im städtischen Museum in Hostau (wohl besser gesagt zur Unterbringung in der städtischen Rumpelkammer).“

Auch 1906 gibt die Dechanteiwiese bei Hassatitz Anlaß zu Besorgnis. Aufgrund eines Gewitters mit starken Regenfällen am 17. Mai wird die Wiese erneut überflutet und mit schmutzigem Wasser bedeckt. Da das Wasser nicht abfließt, kann die Wiese erst am 6. Juli gemäht werden. Das Heu kann nur noch als Stallstreu verwendet werden. Wegen des wirtschaftlichen Schadens wird die Grundsteuer von 27 Gulden auf die Wiese erlassen. Um künftig solchen Ernteschäden begegnen zu können, wandelt Steinbach die Ackerparzelle in Horouschen in eine Trokkenwiese um.

Er macht für die fast alljährlich schlechten Bedingungen auf der Wiese in Hassatitz den dortigen Müller verantwortlich. Der setzte beim herrschaftlichen Oberamt in Bischofteinitz 1847 durch, das Wasser der Radbusa in einen höher gelegenen Graben zur Mühle zu leiten, da eine Rinne unter diesem Graben das Wasser der Dechanteiwiese wegleitete und so für die Mühle wenig Wasser zur Verfügung stand. Durch die Wasserzuleitung ist das Wasser in diesem Mühlgraben aufgestaut worden und verursachte als Nebenwirkung die Überflutung der Dechanteiwiese bei zusätzlichen starken Regenfällen. Fortsetzung folgt

Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023 11
Schüttwa
❯ Hostaus Pfarrer – Teil XXV
Die
Arbeiten am Kirchenschiff laufen auf Hochtouren.
Marianne Maurer und Peter Pawlik. Ivo Dubský, die Marienstatue und Franz Metschl. Feierliche Enthüllung des Aussichtspunkts mit der Infotafel über die Sehenswürdigkeiten in der Ferne. Bilder: Karl Reitmeier

Heimatbote

für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

� Reichenthal

Das Paradies

Ende Juni trafen sich die Reichenthaler zu einer Maiandacht in der Heimat. Ortsbetreuerin Sieglinde Wolf berichtet.

In einem Gedicht heißt es: „Das Dörflein, in dem ich gewohnt, / es wieder zu sehen, ob sich das lohnt? / … / Es war so voll Leben, ein Paradies, / das mich im Herzen wohl niemals verließ.“

Eine würdige Gedenkstätte.

� Gefallenendenkmal in Haid

Ein Heimatwunder

Ende April erreichte unser Tachauer Heimatmuseum in Weiden in der Oberpfalz eine eMail von Miroslav Cvrk, Stadtamtsleiter im Haider Rathaus. Darin lud er uns zur Einweihungsfeier des Denkmals für die Opfer der beiden Kriege in Haid ein. Heimatkreisbetreuer Wolf-Dieter Hamperl berichtet.

Miroslav Cvrk schrieb: „Liebe Freunde, im vergangenen Jahr haben wir mit finanzieller Unterstützung des Verteidigungsministeriums die Gedenkstätte für die Kriegsopfer in Haid errichtet. Zwei Obelisken mit den Namen ehemaliger Einwohner von Haid, die von den Schlachtfeldern beider Weltkriege nicht in ihre Heimat zurückgekehrt waren, wurden hier aufgestellt. Wir möchten Sie zur Einweihungsfeier einladen, die am 5. Mai stattfinden wird.“

Das Programm war beeindruckend. Um

12.30 Uhr kam der Convoy of Liberty am Stadtplatz an. Dort wurden militärische Fahrzeuge ausgestellt. Um 12.55 Uhr fuhren drei Fahrzeuge zum Friedhof. Um

13.00 Uhr formierte sich eine Uniformierte Ehrenwache des Convoy of Liberty und der Kriegsveteranen aus Pilsen.

Anschließend erfolgte die feierliche Enthüllung des Gefallenendenkmals.

Nachdem Stadtamtsleiter Miroslav

schen Gemeinde der Legionäre, der Vertreter des Verbandes der Kämpfer für die Freiheit, die Vertreter der Botschaften, Milena Městecká, Forscherin der Kriegsgeschichte in der Tschechischen Republik, und Martin Malek, Vertreter der Kriegsopfer aus der Slowakei. Mit dem Niederlegen von Kränzen und Blumen endete die Einweihungsfeier.

Als einer der letzten Haider, meine Familie besaß ein Haus in der Malzhausgasse 311, hätte ich natürlich gerne an dieser historischen Feierlichkeit am Haider Friedhof teilgenommen. Mir sind als in Haid Geborene noch Felix Marterer, Annemarie Heilmann und Walburga Walbrunn

von Haid und der wohl bei Märschen umgekommenen Russen geschaffen hat. Sie entstand auf dem Boden der ehemaligen Sankt-Wolfgang-Kirche, die nach der Säkularisation als Getreidekasten der Herrschaft Löwenstein diente und 1969 abgerissen wurde.

Für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs hatten die Haider in der Nähe des damaligen Haupteingangs zur Loreto schon 1920 ein Denkmal errichtet, das nach 1945 entfernt wurde. Die Stadtbetreuerin von Haid, Hildegard Preiß, dokumentierte in ihrem Buch „Haid und das Haider Land“ die Namen, die auf dem Gefallenendenkmal verzeichnet

Dabeisein ist alles

Als ich in unserer Tageszeitung las, daß am 5. Mai eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Opfer der beiden Weltkriege in Haid eingeweiht werden solle, beschloß ich dabeizusein.

Im Jahr 1967 war das Gefallenendenkmal abgerissen worden. Nach der Samtenen Revolution wollte die Stadt es wieder errichten.

Bürgermeister Rudolf Kodalík berichtete, daß es

zwei Jahre gedauert habe, bis die Genehmigung erteilt worden sei. Die Patenstadt Pleystein in der Oberpfalz war auch mit einer Delegation als Ehrengäste gekommen.

Da ich nicht alleine zu der Einweihungsfeier gehen wollte, hatte ich mich mit Edith Meyer verabredete, einer guten Bekannten aus Ujest, heute ein Stadtteil von Pfraumberg, die noch die Vertreibung erlebt hatte und jetzt im mittelfränksichen Erlangen lebt. Wir lernten uns auf einer Wallfahrt in Haid kennen. Die Einweihung der Gedenktafel war eine feierliche Aktion mit Salutschüssen und Ansprachen (Ý oben). Emma Weber

Das frühere Dörflein Reichenthal gibt es heute nicht mehr. Dort hat sich die Natur alles zurückerobert. Aber für die noch lebenden Landsleute ist es auch heute noch ein kleines Paradies. Und so trafen wir uns auch heuer wieder unter den Linden im Mittelpunkt des Dorfes, um ei-

ne Maiandacht zu beten und Erinnerungen auszutauschen. Die Andacht wurde von mir gebetet, und die schönen alten Marienlieder begleitete Herbert Schmid aus Weiden, der Sohn von Adolf und Agnes Schmid, mit dem Akkordeon. Neuhäusls Ortsbetreuerin Emma Weber trug ein altes Heimatlied vor.

27 ehemalige Reichenthaler Landsleute sowie 15 Waidhauser und Reichenauer waren gekommen. Für alle war es wieder ein schönes Erlebnis. Denn auch wenn nichts mehr darauf hinweist, daß hier einmal ein Dorf war, ist Reichenthal bei vielen Menschen noch tief im Herzen verankert.

Cvrk die Gäste begrüßt hatte, widmete er sich der Geschichte. Seiner Rede folgte die Ansprache des Bürgermeisters Rudolf Kodalík. Danach sprachen der Vertreter des Verteidigungsministeriums der Tschechischen Republik, der Vertreter des Westböhmischen Bezirksamtes Pilsen, der Vertreter des Landkreisamtes Tachau, der Vertreter der Tschechi-

bekannt. Es wirkt wie ein Wunder, daß die heutige Stadtverwaltung am Haider Friedhof eine Gedenkstätte für alle in den Weltkriegen gefallenen Bürger

waren. Auch die Namen der im Zweiten Weltkrieg Gefallenen listete sie auf.

In den Jahren 1939 bis 1945 fielen 122 Haider Bürger. Sie wur-

den 1964 in einem Gefallenengedenkbuch, das sich im Archiv des Heimatkreisvereins Tachau befindet, niedergeschrieben. Diese 122 Namen wurden nach der Vertreibung in keinem Gefallenendenkmal der Aufnahmeorte eingemeißelt. Gleich hinter dem Friedhofstor finden wir auf der rechten Seite die sehr schön gestaltete Gedenkstätte. Ein quadratischer Stein trägt die Inschrift „Pamatnik obetem valek“, übersetzt „Zum Gedenken der Kriegsopfer“, auf der anderen Seite „1914–1918, darunter 1938–1945“. Seitlich zum Friedhof hin steht ein hoher Obelisk, der auf drei Seiten die Namen der im Zweiten Weltkrieg gefallenen Haider trägt, und zwar mit ihren deutschen Vornamen. Schräg gegenüber steht ein kleinerer Obelisk mit den Namen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Rechts davor erinnert eine Steinplatte an die Befreiung der Stadt Haid am 5. Mai 1945. Die Inschrift: „Amerikka armada osvobodila Bor 5. kvetna 1945“ und „The American Army Liberated Bor on May 5, 1945“. An der Friedhofsmauer erinnert ein neuer schlankerer Stein an die russischen Soldaten, die wohl bei dem Gefangenenmarsch im April 1945 umkamen. Rechts im Eck der Mauer steht der Grabstein des ersten Ehrenbürgers der Stadt Haid, Andreas Riedl, der um 1850 die Loreto-Wallfahrt wieder erneuerte.

Als Haider bedanke ich mich auch im Namen der noch lebenden Haider sehr herzlich bei der Stadtverwaltung Haid für diese große Tat. Damit hat sie die deutsch-böhmische Geschichte dieser Stadt anerkannt und die Kontinuität der einst fast nur von Deutschen bewohnten Stadt übernommen.

Herbert Schmid musiziert und Sieglinde Wolf betet an der Neuhäusler Linde mit dem Kruzifix und dem Marienbild.

ORTSNACHRICHTEN

n Neuhäusl. Berta Weiß, langjährige vorbildliche Ortsbetreuerin, feierte am 15. Mai 83. Geburtstag (Ý HB 18/2023). Ulli Meyer wurde im Mai 91 Jahre alt. Ich wünsche alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen.

Das Heimattreffen 2024 in Neuhäusl kann nur mit genügend Teilnehmern stattfinden. Interessenten rufen mich – Telefon (0 96 54) 9 12 04 – bitte an. Emma Weber Ortsbetreuerin

TERMINE

n Sonntag, 18. Juni, 15.00

Uhr, Haid: Deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Klaus Oehrlein aus Würzburg, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei. Auskunft: Klaus Oehrlein, Zeller Straße 44, 97276 Margetshöchheim, Mobilfunk (01 60) 7 97 85 15, eMail st.valentinus@web.de

n Samstag, 1. Juli, 10.00 Uhr, Altzedlisch: 33. Heimatgottesdienst des Kirchsprengels, anschließend Treffen im Pfarrhaus.

Auskunft: Sieglinde Wolf, Wettersteinstraße 51, 90471 Nürnberg, Telefon (09 11) 81 68 68 88, eMail si.wolf@web.de

n Sonntag, 16. Juli, 15.00

Uhr, Haid: Deutsch-tschechische Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Peter Fořt aus Graslitz, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei. Auskunft: Peter Fořt spricht deutsch, Telefon (0 04 20)

7 24 20 47 02.

n Sonntag, 20. August, 15.00

Uhr, Haid: Deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Georg Hartl aus Wernberg, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei. Auskunft: Ge-

org Hartl, Sankt-Vitus-Straße 20, 92533 Wernberg-Köblitz, Telefon (0 96 04) 9 09 99 95, eMail ukatubona@gmail.com

n Freitag, 1. bis Sonntag, 3. September: 33. Heimatkreistreffen in Weiden in der Oberpfalz. Festprogramm folgt.

n Samstag, 9. September, Haider Loretofest: 11.00 Uhr Fußwallfahrt ab Waidhauser Pfarrkirche Sankt Emmeram; 17.00 Uhr Rucksackverpflegung in Haid; 19.00 Uhr deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Georg Hartl aus Wernberg, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei. Auskunft: Georg Hartl, Sankt-Vitus-Straße 20, 92533 Wernberg-Köblitz, Telefon (0 96 04) 9 09 99 95, eMail ukatubona@gmail.com

n Sonntag, 15. Oktober, 15.00 Uhr, Haid: Deutschsprachige Pilgermesse in der Loreto mit Pfarrer Klaus Oehrlein aus Würzburg, anschließend Kirchkaffee in der Sakristei. Auskunft: Klaus Oehrlein, Zeller Straße 44, 97276 Margetshöchheim, Mobilfunk (01 60) 7 97 85 15, eMail st.valentinus@web.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023 12
Bild: Karin Wilck Bilder der originalen Anlage und des originalen Gefallenendenkmals in Haid.

Heimatkundliches Mitteilungsblatt für die Vertriebenen aus dem Isergebirge/Organ des Gablonzer Heimatkreises e.V.

Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Ho mann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail isergebirge@sudeten.de

❯ Ausgezeichnet I

Isergebirgs-Museum

Am 25. Mai wurde das Isergebirgs-Museum Neugablonz mit dem Schwäbischen Museumspreis der Hans-Frei-Kulturstiftung ausgezeichnet.

Heute müsse ein Museum neben interessanten Objekten auch qualifizierte, museumspädagogisch aufbereitete Information bieten, so der ehemalige Bezirksheimatpfleger Hans Frei bei der Preisverleihung. Das Isergebirgs-Museum Neugablonz erfülle diesen Anspruch beispielhaft und erhalte deshalb den mit 5000 Euro dotierten Schwäbischen Museumspreis. Christian Schedler betonte in seiner Laudatio insbesondere die Inszenierungen und den gelungenen Rundgang von der nordböhmischen Herkunftsregion bis zum Aufbau der Vertriebenensiedlung Neugablonz. Der Stiftungsrat-Vorsitzende des Gablonzer Archiv- und Mu-

seumsvereins, Martin Posselt, faßte die Geschichte von Museum und Verein zusammen, beginnend vor 70 Jahren mit ersten Sammlungen durch Lehrer Rudolf Tamm. Heute ist das Isergebirgs-Museum das größte Museum zur Integrationsgeschichte der Heimatvertriebenen nach 1945 in Deutschland, wird vom

Freistaat Bayern institutionell gefördert und von Ute Hultsch hauptamtlich geleitet.

Seit 25 Jahren – ab 2009 durch die von Frei ins Leben gerufene Stiftung – wird der Schwäbische Museumspreis an Spezial-Museen für ihre Arbeit und für das Engagement vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter verliehen. KH

❯ Ausgezeichnet II

❯ Gablonzer Mundart Dr Brückner Dochtr

Ann Kukone wor salt dr Brückner-Dochtr ols Gemejndeorzt tätig. Seine Praxis hotte ha bei Drouht-Röslern ann orschtn Stocke.

A wor sehr beliebt und wor a richtsches Unikum. Mit sann lang Borte, dann dickn Bauche und dr Pfeife an Munde sog a bale aus wie Rübezohl.

Triple!

Bei der Verleihung des Museumspreises (von links): Michael Ritter (Bayerischer Landesverein für Heimatp ege), Laudator Christian Schedler (Leiter Kulturamt Mindelheim), Professor Dr. Hans Frei (Hans-Frei-Kulturstiftung), Museumsleiterin Ute Hultsch, Dr. Martin Posselt und Gertrud Hofmann (Stiftungsrat). Bild: Isergebirgs-Museum

Am Pfingstwochenende wurde die Mundartband Mauke mit dem Sudetendeutschen Kulturpreis für Volkstumspflege ausgezeichnet (➝ SdZ 23/2023). Voller Stolz nahmen die Künstler ihre Auszeichnung entgegen: „Wir haben das Triple geschafft“, witzelte Dieter Schaurich und bezog sich dabei auf die beiden anderen Preise, die Mau-

❯ Geographie und Topographie

ke in den letzten Jahren erhalten hatte (➝ SdZ 15/2023). Ihre Blumensträuße verschenkten die Musiker an die diensthabenden Sanitäter im Regensburger Stadttheater. Für weitere strahlende Gesichter sorgten sie am Samstag bei ihrem zweistündigen Konzert in der Donau-Arena, dem auch Volksgruppensprecher Bernd Posselt lauschte. KH

Merkwürdigkeiten

A wor a sehr gudr Dochtr und tote die orm Leute immr gratis behandln. Beriehmt wor a jo fr seine mieh ols orginelln Sprüche und Luderein die a garne machte.

Su wor ha amoul a poor Tage zu ann Ärztekongresse gefohrn und hotte o dr Praxistüre ann Zedl gehang: „Komme gleich!“

Ann Schworzeborne wouhnte salt Seiboth Eduard, de Leute sohnt „dr schiene Edewart“ zunn. No und dar ging halt gor zu garne vu enn Wortshause ei s andre und kom ofte ebsch ne hejm.

Seine Ale hotte dastrholbn immr vill Golle und wie a ou wiedr amoul orscht nouch Tagn hejm kom, dou redte se kej ejntsches Wurt mieh midn, ejgol wos a machte, se sohte halt nischt mieh.

Wir gratulieren allen Landsleuten, die im Juli Geburtstag feiern können, und wünschen alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen.

■ Friedrichswald. zum 79. am 17. Monika Bernt in Ottobrunn; zum 83. am 21. Christa Bamberg/Streit;

zum 89. am 1. Hilda Haubner/ Krause in Neugablonz;

zum 71. am 20. Renate Renger/Usler.

■ Gablonz. zum 93. am 22. Isolde Dlask/Schwarz (Roseggergasse) in Gablonz/Jablonec;

zum 85. am 24. Horst Rudolf Dittrich (Flurgasse) in Pinneberg; zum 83. am 14. Felicitas Gürtler/Hübner (Talstraße 39) in Mannheim;

Die

zum 93. am 17. Guta Keller/ Bude (Hauptstraße 3) in Ulm; zum 86. am 16. Erich Kubat (Lerchenfeldstraße 66) in Leipzig; zum 84. am 21. Erika Louda/ Franzel (Große Luftgasse 2) in Gablonz/Jablonec und am 8. Dr. Karl-Heinz Lange (Wiener Straße 76) in Inning am Ammersee; zum 83. am 14. Sigrun Lindner/König (Berggasse 6) in Kaufbeuren; zum 86. am 17. Dr. Gerhard Mewald (Schulgasse 10) in Schwäbisch Gmünd; zum 91. am 4. Heinz Müller (Rollgasse 6) in Kaufbeuren; zum 83. am 18. Doris Sammel/Mönnich (Waldzeile 74) in Neugablonz;

zum 54. am 6. Ortsbetreuer Thomas Schönhoff (Wiener Straße 56) in Neugablonz. Thomas Schönhoff

südlichen Ortsgrenze, und zwar dort, wo sie an den Ortsteil Tiefenbach der Gemeinde Stefansruh grenzt, eine besondere Seltenheit auf. In der Höhe des Hotels „Hüttenschenke“ (von West nach Ost gesehen) beträgt die Breite der Ortsgemarkung nur etwa 300 Meter. Sie ist an dieser Stelle im Westen von der schwarzen Desse und im Osten vom Bach „Tiefenbach“, der vom sogenannten Rollhübel kommt, begrenzt. Diese schmale Stelle der Ortsgemarkung zieht sich nach Süden hin noch etwa 400 Meter bis an die Grenze an den Ort Tiefenbach. Wie eng aneinander an der geschilderten Stelle hier vier Gemeinden liegen, schildert die Tatsache, daß ein Fußgänger dort in etwa acht Minuten von Albrechtsdorf durch die Schierecke (Gemeinde Dessendorf) durch Polaun in die Gemeinde Stefansruh gehen kann. Die Grenze der Gemeinde Albrechtsdorf

WIR GRATULIEREN

■ Kukan. Zum 81. am 11. Edith Voigt/Bernhauser in Augsburg und am 27. Helga Dieter/ Hoffmann in Kaufbeuren.

■ Maxdorf. Zum 84. am 21. Gerda Stumpe/Bönsch in Westendorf und am 29. Gerda Miksch/Posselt.

■ Josefsthal. Zum 83. am 19. Ingrid Zutter/Hüttmann in Frankfurt; zum 84. am 29. Horst Krause.

■ Neudorf. Zum 83. am 11. Kurt Kiesewetter in Thale/Harz.

■ Dalleschitz. Zum 84. am 16. Heinz Lejsek in Langenhain. Hans Theileis

■ Labau-Pintschei. Zum 93. am 20. Helga Donth/Bachmann in Roth;

reicht an dieser Stelle bis etwa 300 Meter oberhalb des Ortsteiles Schierecke heran.

Eine weitere Merkwürdigkeit findet sich in Unterpolaun: Der Bahnhof von Polaun an der Eisenbahnstrecke Tannwald–Po-

zum 91. am 14. Helmut Swarovsky in Tanne/Harz; zum 88. am 29. Oskar Hübner in Kaufbeuren-Neugablonz;

zum 87. am 2. Edith Schimpelsberger/Priebsch in Kremsmünster/Österreich;

zum 84. am 21. Ingeborg Fischer/Schröder in KaufbeurenNeugablonz; zum 82. am 1. Dagmar Seliger/Kutscher in Heilbronn und am 27. Walter Tomesch in Schwäbisch Gmünd;

zum 79. am 14. Christa Hirschner/Tomesch in Korb-Remstal;

zum 79. am 17. Monika Bernt/ Hannich in Ottobrunn;

zum 76. am 14. Peter Seidel in Kaufbeuren-Neugablonz;

zum 72. am 2. Franz Zhorzel in Kaufbeuren-Neugablonz;

zum 60. am 27. Andrea Tomesch in Fürth; zum 56. am 18. Heike Diet-

laun–Grüntal liegt auf der Gemarkung der Gemeinde Stefansruh, während die Haltestelle Stefansruh vor dem Grüntaler Tunnel (932 Meter lang) derselben Strecke auf dem Gebiet der Gemeinde Polaun liegt.

rich/Rohner in Kaufbeuren; zum 49. am 22. Nicole Castro Hübner/Hübner in KaufbeurenNeugablonz; zum 12. am 29. Dominik Theileis in Lamerdingen.

Hans Theileis

■ Marschowitz. Zum 90. am 25. Edeltraud Hübel/Hübner in Kiefersfelden; zum 88. am 31. Edeltraud Bittner/Weiss in Schwäbisch Gmünd.

■ Schumburg-Gistei, Unterschwarzbrunn. Zum 92. am 4. Elvira Lang/Schubert in Kaufbeuren-Neugablonz.

■ Polaun. Wir gratulieren allen Polaunern, die im Juli geboren sind, auf das Allerherzlichste zum Geburtstag. Hans Pfeifer Ortsbetreuer

Dou trof Edewart n Brückner Dochtr ann Kukone und sohte ibr n dos seine Froue herich de Spouche vrlurn hätte.

Brückner kannte jo de Seibothn und wußte dos se ejsn neuschierich wor und garne redte wie a Wossrfoll. A mejnte ibr Edewrten: „No wortn se ocke, die war iech schunt kuriern.“

A packte seine Dochtrtosche, nohm sich senn Steckn und ging om Schworzeborn. Wie a bei Seibothns Häusl vrbeine kom, kuckte sie grode zunn Fanstr raus und prillte glei: „Nej Herr Dochtr, wuhie denn schunt ei olln Morgn?“

Na, dochte Brückner, die ho iech jo schnell zunn redn gebrocht und a ging ei de Wünschbaude und schrieb anne softsche Rechnung o Herrn Eduard Seiboth in Schwarzbrunn, so und soviel Kronen für die erfolgreiche Behandlung der Sprachlosigkeit der Ehefrau . Su wor a dr Brückner-Dochtr! Thomas Schönhoff

WIR BETRAUERN

■ Gablonz. Am 1. Mai verstarb in Mauerstetten Werner Simm aus der Wiener Straße im Alter von 81 Jahren.

In Neugablonz, Gürtlerstraße 26, verschied Hans Pfeifer, betrauert von seiner Familie.

Nach langer schwerer Krankheit verstarb in Neugablonz Klaus Lucke, Sohn von Oskar und Lotte Lucke/Hübner (früher Porschberg). Thomas Schönhoff

■ Heimatkreis Gablonz. Mittwoch, 30. August bis Sonntag, 3. September Busfahrt nach Gablonz und ins Isergebirge. Auskunft und Anmeldung: Thomas Schönhoff, Glasstraße 6b, 87600 Neugablonz; Telefon (0 83 41) 6 54 86, eMail archiv@ isergebirgs-museum.de

Aus einem Schriftstück von Alfred Veith, Schwäbisch Gmünd, mit einigen Veränderungen übernommen. Gemeinde Polaun ist vom Flächenausmaß wohl eine der größten Gemeinden des Bezirkes Gablonz. Sie weist an ihrer
13 Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023
TERMINE

Heimatblatt für den Kreis Sternberg in Mähren (einschl. Neustädter Ländchen)

Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Ho mann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail sternberg@sudeten.de

❯ Kleine Wappenkunde

Stern und Berg

Bei der Durchsicht heimatgeschichtlicher Bände in der Murhard-Bibliothek/UniversitätsBibliothek in Kassel bin ich vor einiger Zeit auf das Sudetendeutsche Wappenlexikon gestoßen, mit dem Vorwort von Otto von Habsburg (herausgegeben von A. Zelenka und T. Javora im Verlag Passavia, Passau 1985). Über Sternberg wird wie folgt berichtet:

Land: Mähren, Landkreis Sternberg, Einwohnerzahl 1910: 14 601/14 440, 1930: 12 760/11 356, 1939: 12 141, 1947: 7224 Einwohner.

Die gleichnamige Burg des seit den dreißiger Jahren des 12. Jahrhunderts bekannten Geschlechts der Sternbergs wird 1269 zum ersten Mal genannt und der Ort 1296 als Stadt erwähnt; im selben Jahr wurde die dortige Kirche erbaut und die Pfarrei errichtet.

Der Leitomischler Bischof

Albert von Sternberg gründete 1371

in der Stadt ein Augustinerchorherrenstift. 1397

wechselte Sternberg in den Besitz der Herren von Krawarn, 1466 in den der Berkas von Duba.

Von 13. Oktober 1426 stammt

das älteste bekannte Siegel – 34 Millimeter im Durchmesser –der Stadt. Es zeigt im Siegelfeld einen siebenstrahligen Stern mit undeutlichen Verzierungen zwischen den Zacken; vgl. Schildberg.

Von 1495, 1496 und noch von 1658 ist ein Siegel – 36 Millimeter im Durchmesser – mit einem achtstrahligen Stern bekannt, wie ihn auch die Sternbergs führten; den gleichen zeigt auch das Siegeltypar 43 Millimeter Durchmesser vor 1659, das noch 1753 angewendet wurde.

Auf einem Siegel von 1650 wurden zwischen den Zacken Lilien eingesetzt (Baletka & Louda 78), vielleicht als Ausdruck der Marienverehrung.

Eine Ausnahme stellt das 1730 benutzte, umschriftlose Siegel, 20 Millimeter im Duchmesser dar, in dem der Stern von einem Majuskel „S“ belegt ist.

1701 wurde der Stern im Schilde am Rathaus angebracht. Das heutige Wappen: in Blau über einem grünen Berg ein goldener Stern, trägt erstmals – im ovalen Schild – das Typar von 1763. Der Stern ist allerdings sechsstrahlig; durch den hinzugefügten Berg wurde ein redendes Wappen geschaffen. Es wird vermutet, daß dies mit Genehmigung der Grundherrschaft geschah.

Nach 1850 wurde über dem Berge wieder ein achtstrahliger Stern auf den Siegeln und Stempeln der Stadtverwaltung geführt (Siegel nach Baletka 269); Ernst Augustin „Das Wappen der Stadt Sternberg“ in: „Mährisch-Schlesische Heimat“, 26. März 1982).

Es ist denkbar, daß der Stadt schon während der Herrschaft der Sternbergs, vielleicht von dem Bischof Albert von Sternberg, erlaubt worden war, sich eines Siegelbildes, des Sterns, zu bedienen.

Die Angabe, daß einige der Herren von Sternberg das gleiche Wappen – Stern über Berg – führten, ist nicht richtig. Das gleiche auf dem SIEGEL DER STADT STERNBERG, etwa 56 Millimeter im Durchmesser, 19. Jahrhundert, Stadtfarben blau-gelb.“ Hans H. Gold

Hans Gold wurde 1945 in Unterlangendorf/Kreis Sternberg geboren und lebt heute in Hessisch Lichtenau.

Der Olmützer Bischof Basler hielt anläßlich des langen Bestehens des Feuerwehrvereins eine Heilige Messe, anschließend folgten Feierlichkeiten am Stadtplatz mit Aufmärschen und Dankesreden. Dabei wurde auch an die Feuersbrunst im April 1867 erinnert, der zehn Vorstadthäuser zum Opfer fielen und wo sich das Feuer in Folge starken Windes bis zum Stadtplatz ausbreitete.

Nikola Hirnerová schrieb in ihrem Buch „Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr“ über den Feuerwehrverein, was stark gekürzt wiedergegeben wird:

Mährisch Neustädter

Freiwillige Feuerwehr

Im April 1867 fielen zehn Häuser der Vorstadt einem Feuer zum Opfer, und wegen starken Windes breitete es sich auch noch am Stadtplatz aus. Deshalb sollte ein Feuerwehrverein gegründet werden, und innerhalb kürzester Zeit meldeten sich 80 Freiwillige, die dem Verein beitreten wollten.

Nach der Vereinsgründung wurde ein Vorbereitungskomitee gewählt, dessen erster Kommandant Baumeister Vinzenz Vodikka war, der Vater des späteren Bürgermeisters Zděnek Vodicka. Bei den ersten Sitzungen wurden Vorträge festgelegt, Termine und Feuerwehrübungen ausgemacht und ein Körpertraining zur Bewältigung evtl. Einsätze angeboten. Als Übungsleiter stand Johann Schwestka zur Verfügung, trainiert wurde auf der Wiese neben der damaligen Reitschule. Die Mitglieder wurden in vier Gruppen aufgeteilt, die jedoch gemeinsam arbeiteten. Die erste Gruppe kümmerte sich um die Feuerwehrleitern, die zweite um den Transport von Spritzen und Löschgeräten, die dritte um die Wasserbeschaffung und die letzte um die Bergungsarbeiten. Jede Gruppe hatte einen Kommandanten und dieser einen Stellvertreter.

Am 26. Mai 1869 fand die erste Übung statt. Gelder erhielten die Feuerwehrleute hauptsächlich von der Stadt, der Landesbehörde und von Bürgern, die bei Bränden die Feuerwehr in Anspruch genommen hatten. Eine wichtige Einnahmequelle war auch der Feuerwehrball, der erstmals im Januar 1871 stattfand.

Der Mährisch Neustädter Verein war lange Zeit der einzige im Neustädter Ländchen, so daß er nicht nur bei Bränden in der Stadt zuständig war, sondern auch bei den umliegenden Gemeinden. Bei armen Bürgern herrschte jedoch der Brauch, zuerst einmal selbst zu löschen oder mit Hilfe von Nachbarn.

Die Mährisch Neustädter Freiwillige Feuerwehr löschte zum Beispiel den Brand einer Scheune in Pirnik 1869, dann 1870, als ein Feuer in der Mälzerei der Mährisch Neustädter Brauerei ausbrach. Von den weiteren Einsätzen werden nur einige genannt: am 18. Januar 1872, als der Anbau der Ziegelmühle brannte, im Oktober 1872 brannte das Brechhaus, in dem Flachs verarbeitet wurde, am 3. Oktober 1872 der Stall vom Haus Nr. 75 in der Herrengasse und das Dach vom Haus Nr. 72 in der Brauhausgasse, am 21. Dezember 1872 loderten die Flammen im Haus Nr. 43 in der Müglit-

❯ Gründung des Mährisch Neustädter Feuerwehrvereins vor 155 Jahren

zer Gasse und der Stall, der zum Haus Nr. 28 am Stadtplatz gehörte. 1873 löschte die Feuerwehr nach einem Blitzeinschlag im Haus Nr. 43 am Wallgraben und im November war sie in der Olmützer Gasse im Einsatz. Im November 1885 brannte die Sakristei der Pfarrkirche, im Juni 1887 das Wollager und im September 1889 ein Papierhandelsgeschäft am Stadtplatz.

1881 richtete man am Rathausturm eine Feuerwache ein, der Verein baute ein am Platz hinter der im Stadtpark, das

Verletzte und deren Transport ins Krankenhaus kümmern. Diese Sanitätsgruppe absolvierte die Ausbildung beim örtlichen Chefarzt Emil Miller.

Der Verein setzte jetzt Fahrräder ein zum schnelleren Erreichen des Einsatzortes. Wichtiger Bestandteil war auch die präventive Tätigkeit wie Kontrollen des Petroleumlagerns bei örtlichen Geschäftsleuten, und ein Jahr später war eine Wache bei Theatervorstellungen präsent.

Wichtig für die Mitglieder war die Parole „Gott zur Ehre und schnell bei der Hilfe – einer für alle, alle für einen“.

Zum 40jährigen Bestehen des Vereins wurde im Juli 1908 ein Stadtfest veranstaltet.

haus bekam. Und es wurde weitere Aus- rüstung angeschafft wie Hand- und Eimerspritzen, Gürtel, Stricke, Haken, Wasserfässer, Lampen, ausziehbare Leitern und Schläuche, außerdem eine Tragbahre zum Transport Verletzter.

25 Jahre nach Gründung war die Mährisch Neustädter Freiwillige Feuerwehr gut organisiert und ausreichend ausgestattet, hatte 100 Mitglieder, 40 davon in Bereitschaft. Zum 25jährigen Jubiläum organisierte der Verein ein Fest, das im Juli 1893 stattfand mit Lampionumzug und Feuerwehrübungen.

Weil im Jahre 1895 bei einem Brand im Hause des Andreas Salomon in der Müglitzer Gasse ein Kind starb, wurden die Bürger aufgefordert, sich für den Fall eines Brandes Wasserfässer hinzustellen und eine 20 Mitglieder starke Gruppe sollte sich um

Der friedliche Anfang des neuen Jahrhunderts wurde leider durch die vier Jahre dauernden Kriegskonflikte gestört. Während noch im Januar 1914 die Mährisch Neustädter Feuerwehr im Stadthotel einen Ball ausrichtete, mußten Ende des Jahres einige von den Männern schon an die Front. Regelmäßige Musterungen hatten zur Folge, daß sich die Reihen in den Feuerwehrvereinen lichteten und sie nicht mehr fähig waren, wirksam gegen Brände vorzugehen. Deshalb ergriff im Jahre 1916 der örtliche Polizeiverein die Initiative; er hielt regelmäßig Wache, rief Feuerwehrleute zum Einsatz und half auch selbst dabei.

Die Nachkriegsbilanz zeigt, daß von 1200 Mährisch Neustädter Reservisten 85 von der Front nicht zurückkehrten, unter den Gefallenen waren sechs Mitglieder des Feuerwehrvereins.

1921 schaffte sich die Feuerwehr eine motorbetriebene Feuerspritze an und perfektionierte die technischen Geräte. Ihre Fähigkeit präsentierte sie bei Feuerwehrfesten, zum Beispiel im Jahre 1928 bei der Feier zum 60. Jahrestag der Vereinsgründung.

Bei der ganztägigen Aktion ertönten Fanfaren, ein festliches Defilee war zu sehen, Mitglieder wurden geehrt und Feuer-

wehrübungen sorgten für Unterhaltung. Große Bedeutung hatte die Anschaffung eines neuen Krankenwagens, der von Bürgermeister Adolf Petsch am 8. August 1937 in Dienst gestellt wurde. Die Besatzung des Krankenwagens bestand aus vier Leuten – zwei Sanitätern, einer Schwester und dem Fahrer. Sie hatten kontinuierlich Dienst und konnten per Telefon gerufen werden, Nr. 5 (Polizei) oder 13 (Hotel). Möglich war auch ein persönliches Erscheinen an einem ausgemachten Ort; entweder beim Friseur Rudolf Dittrich, im Geschäft Domluwil oder bei Franz Hanker in der Olmützer Gasse. Die Besatzung wechselte jede Woche, und ihre Namen hingen bei der örtlichen Presse aus. Die Feuerwehr vergaß auch nicht die Prävention. Sie sorgte dafür, daß leicht brennbare Materialien beim Hausbau verboten wurden und zur Pflicht wurden das Säubern von Kaminen und das Besitzen von eigenen Feuerlöschgeräten.

Zum 70. Gründungsjahr des Vereins veranstaltete man ein großes Fest; vom Rathausturm erklangen Fanfaren, und nach den Feierlichkeiten war ein Promenadenkonzert. Um 14.00 Uhr zog der Festzug über den Kudlichplatz zum Schießplatz, wo die Vergnügungen für das Volk fortgesetzt wurden. Die Zeitung schrieb: „Unser Feuerwehrverein kann mit Stolz auf seine Festveranstaltung schauen. Sie erinnerte würdevoll an den großen Tag der Vereinsgründung.“ Zwei Monate nach der Feier wurde Mährisch Neustadt von der deutschen Armee besetzt, und im September 1945 wurde der Feuerwehrverein tschechisch, der aber an die lange Tradition des deutschen Vorgängers anknüpfte und alles Gute, was die Mitglieder des Vereins ab dem Jahre 1868 vollbracht hatten, weiterführte. mj Aus dem „Mährisch Neustädter Berichterstatter“, Juni 2023, übersetzt und gekürzt von Sigrid Lichtenthäler.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023 14
Auch heutenochverrichten Feuerwehrleute ihren Dienst unterdiesem Leitwort.
Albrecht von Sternberg, gemalt von Johann Christoph Handke. Bild: www.wikipedia.de
Zum Schutz von Leben und Eigentum
Die barocke Wallfahrtskapelle St. Florian liegt auf dem Floriansberg über Mährisch Krummau.

WIR GRATULIEREN

n Mährisch Neustadt. Im Juli gratulieren wir zum Geburtstag. Am

1. Emilie Havranek/Leither (Siedlung) zum 85. Geburtstag in Limburg;

3. Martha Schoblocher/Mück (Kirchenplatz) zum 97. Geburtstag in Mosbach;

6. Renate Bauer-Mehren/ Schrimpl (Schönberger Gasse) zum 78. Geburtstag in München;

7. Edeltraud Krumm/Falz (Sternberger Gasse) zum 94. Geburtstag in Freiberg und Edith Wölfli/Niemann (Goeblgasse) zum 82. Geburtstag in Senden;

9. Ursula Marcus/ Wepil (Siedlung) zum

78. Geburtstag in Lommel/Belgien;

11. Ordlind

Klimesch (Kudlichplatz 1) zum 87. Geburtstag in SchlüchternNied und Franz Steigel (Siedlung) zum

84. Geburtstag in Hohenstein;

14. Elisabeth

Zengler/Fork (Olmüt zer Gasse) zum 88. Geburtstag in Aarbergen; Werner Borsig (Müglitzer Gasse) zum

79. Geburtstag in München und Wolfgang Czerny zum 79. Geburtstag in Schauenburg;

15. Gerlinde Weissleder/ Niesner (Untere Alleegasse) zum 85. Geburtstag in Wolfhagen;

17. Alice Pauly/Brandweiner (Olmützer Gasse) zum 87. Geburtstag in Frankfurt und Erwin Wepil (Siedlung) zum 85. Geburtstag in Hünstetten;

21. Eugenie Schwetz zum 94. Geburtstag in Bad Hersfeld;

23. Anni Rustler/Demel (Obere Alleegasse) zum 93. Geburtstag in Raunheim;

24. Sigrid Heck/Zerhau (Flurgasse) zum 79. Geburtstag in Senden und Doris Maier/Heindl (Müglitzer Gasse) zum 79. Geburtstag in Burgau;

25. Dietmar Künschner (Wallgasse) zum 80. Geburtstag in Frankfurt;

27. Helga Seidl/Znaniewitz (Mönchgasse) zum 86. Geburtstag in Affalterbach; Ingrid Ehlig/ Schneider (Feldgasse) zum 81. Geburtstag in Wiesbaden und Ursula Steudter/Mendel (Siedlung) zum 81. Geburtstag in Nersingen;

28. Manfred Schertler (Kirchenplatz) zum 87. Geburtstag in Weinheim;

29. Edith Kandzia/Petzner (Olmützer Gasse) zum 82. Geburtstag in Wiesbaden;

30. Erika Clark/ Mück (Siedlung) zum 94. Geburtstag in Oroville/C.A. (USA);

31. Edith Biller/ Skacel zum 87. Geburtstag in MörfeldenWalldorf. Sigrid Lichtenthäler Ortsbetreuerin

n Deutschhause. Im Juli gehen unsere Geburtstagsgrüße an folgende Landsleute:

am 16. Juli Karl Pluschke zum 82. Geburtstag;

am 18. Juli Gerhard Pluschke zum 82. Geburtstag;

am 19. Juli Elsbeth Pluschke

zum 84. Geburtstag;

am 26. Juli Christine Schwarz und Willi Weixler zum 82. Geburtstag;

am 27. Juli Alfred Hubel zum 80. Geburtstag. Frank Pluschke Ortsbetreuer

Deutschhause in den 1930er Jahren: Links das Original in schwarz-weiß, rechts von einem Bildbearbeitungsprogramm nachcoloriert.

� Die schönen Seiten der künstlichen Intelligenz

Erstaunliche Wandlung

Wenn man heute den Fernseher einschaltet, hört man überall von der bald kommenden „künstlichen Intelligenz“ und wie diese alles verändern würde. Tolle Werbespots von Google stimmen auf eine science-fiction-artige Zukunft ein. Da sind Sie als Leser der Sudetendeutschen Zeitung sicher froh, daß Sie ein Stück Papier in der Hand halten und von dem modernen „Geraffel“ hier mit Sicherheit verschont bleiben!

Doch auch für unseren alten Heimatort Deutschhause quälen wir die Computer: Leider gibt es keine Farbbilder von vor der Vertreibung. Lediglich einige gemalte bunte Postkarten sind erhalten. Inzwischen hat sich jedoch eine Technik verbreitet, bei der Bilder und Filme, die ursprünglich in Schwarzweiß aufgenommen wurden, in Farbfotos und -filme umgewandelt werden können. Dafür wer-

Hier die Kinder von Familie Pöffel am Pfingstfest 1935: (von links) Gertrud, Hilde, Marianne; Gretel (zweite von rechts) verpaßt kein Heimattreffen. Bruno (ganz rechts) war bis zu seinem Tod ein großer Förderer unseres Heimatortes.

den Monochrombilder in guter Qualität, das heißt mit möglichst vielen Graustufen und klaren Kontrasten, benötigt. Das Computerprogramm vergleicht dann

die Graustufen der Gegenstände mit gespeicherten Graustufen und Farben für diese Objekte. Schließlich entsteht ein neues Bild mit den angenommenen

Farben, wie diese wohl damals waren. Beim letzten Heimattreffen der Deutschhauser konnten wir mit Hilfe dieser Technik den Vortrag „Deutschhause in Farbe“ genießen. Wer die bunten historischen Bilder beim Heimattreffen 2022 verpaßt hatte, konnte am 9. und 10. Juni beim Deutschhauser Seminar und Heimattreffen in Lichtenfels auf seine Kosten kommen. Einen Rückblick über das Treffen von 2022 mit einer Bilderübersicht gibt es auch im Internet unter https://deutschhause.jimdofree.com/71-heimattreffen2022/ Besonders freut uns, daß Deutschhauser beim Betrachten der farbigen Bilder im Internet Verwandte gefunden haben, die sie auf den gleichen Schwarzweißbildern in der Heimatstube nicht erkannt haben! Frank Pluschke

� 165 Jahre Gymnasium Mährisch Neustadt

Fremdsprachen

Damit die Erinnerung an die Geschichte des Gymnasiums nicht verblaßt, heute der Bericht von Lieselotte Klopp-Salinger und konkrete Angaben über das Gymnasium von Ales Langer aus der Zeitung Mährisch Neustädter Berichterstatter, übersetzt und gekürzt von Sigrid Lichtenthäler.

Das Mährisch Neustädter Realgymnasium wurde aufgrund eines Ministeriumserlasses im Oktober 1870 gegründet und war eine der ersten Schulen dieses Typs in Mähren. Der erste Direktor Johann Dassenbacher wurde schon 1875 von František Otokar Novotny abgelöst. Dieser wirkte vorher am Gymnasium an der Prager Kleinseite, dann in Nordrumänien, von wo aus er wieder nach Prag zurückkehrte. 1875 wurde er gebeten, den Di-

rektorsposten in Mährisch Neustadt zu übernehmen. Unter Novotnys Führung entstand der Neubau bei der Klosterkirche, in den das Gymnasium 1880 einzog. Beachtenswert ist, daß der Bau in eineinhalb Jahren fertiggestellt war.

Bis zum Jahre 1894 war die Schule lediglich ein Untergymnasium, und nach Erweiterung um einen höheren Bildungsgrad fand dort 1898 die erste Matura statt. Der amtliche Titel der Schule lautete: „Landes-Unterund Kommunal-Obergymnasium Mährisch Neustadt“. Das bedeutete, daß das mährische Land für die niederen Grade zuständig war, die höheren lagen unter Gemeindeverwaltung.

Studenten und Schulabsolventen fühlten sich wohl und bildeten den Verein „Marsignia“, der mit allen, die in Mährisch

Unter https://books.google.de/books?id=M4Qe2i6SFAkC&printsec=frontcover&hl=de# v=onepage&q&f=false findet sich eine von Google digitalisierte Ausgabe des ersten Jahresberichts des Landes-Realgymnasiums Mährisch Neustadt. Auf 61 Seiten berichtet der damalige Direktor Johann Dassenbacher über die Gründung des Realgymnasiums, die „Geschichte der Anstalt“, Lehrkörper, Lehrplan und Lehrmittelsammlungen, wichtige Erlässe und gibt statistische Übersichten über die Schüler.

und Naturwissenschaften

Neustadt gymnasiale Studien durchlaufen hatten, Verbindung hielt. Daß die Studenten dies sehr schätzten, kann man daraus ersehen, daß sie im Kriegsjahr 1915 den Grundstock zum Bau einer Turnhalle legten. Die Jahre des Ersten Weltkrieges spürte die Schule stark. Die Zahl der Studenten sank um die Hälfte, im Durchschnitt studierten 110 bis 120 Schüler. Lehrer gab es etwa zwölf, und die Matura wurde in den Kriegsjahren vorgezogen, damit die Oberprimaner so bald wie möglich ihren Frontdienst ableisten konnten.

Ab 1921 verkleinerte sich die Zahl der Studenten und man entschloß sich, das Gymnasium abzuschaffen. Für die Neustädter und die nähere Umgebung war das ein empfindlicher Schlag. Damals war der Verkehr nicht so entwickelt wie heute, und Stu-

dieren in einer anderen Stadt bedeutete meist, die ganze Woche von zu Hause weg zu sein. Und damals waren die Kosten für die Unterkunft der Studenten sehr hoch. Die Stadtverwaltung wollte sich mit diesem Zustand nicht abfinden, und gemeinsam mit den Eltern der Studenten und Vertretern umliegender Ortschaften setzte sie ein kommunales Gymnasium durch trotz Mißfallen des Kultusministeriums.

Die Schule unter neuer Benennung existierte nun weiter, und ab dem Jahre 1928 wurden in ihr wieder Reifeprüfungen abgelegt. Sie wurde von der Stadt und den umliegenden Gemeinden finanziert, einen Teil der Kosten trugen auch die Studierenden, die Schulgeld bezahlten. Die meisten Eltern zahlten ein höheres Schulgeld als sie mußten, und es wurde ein Verein zum

Erhalt der deutschen Mittelschule in Mährisch Neustadt gegründet. Armen Studenten halfen der Unterstützungsverein und Stiftungen, Privatleute boten sogar den Studenten Mittagessen an. 1938 firmierte das Gymnasium als „Oberschule für Jungen“ bzw. „Höhere Schule für Jungen“. Die Mährisch Neustädter Maturanten mußten jedoch wieder an die Front, und viele starben. Der Professor für Mathematik und Geometrie, Franz Siegel, wurde 1944 Bürgermeister in Mährisch Neustadt und Leiter der Schule. Aufgrund seiner Funktion mußte er Anfang Mai 1945 mit General Schörner über das Schicksal der Stadt verhandeln. Schörner wollte Mährisch Neustadt vor der Roten Armee verschanzen und sich bei einem Angriff der Sowjets verteidigen.

Dies hätte für die Stadt vernichtende Folgen gehabt, und Siegel widersetzte sich der Forderung. Das rettete vermutlich die Stadt vor der totalen Verwüstung, und die Wehrmacht zog gegen Westen weiter. Bürgermeister Siegel war sich jedoch bewußt, daß die Rote Armee mit ihm als Deutschen kein Erbarmen haben würde, und erschoß zuerst seine Frau und erhängte dann sich selbst.

Der Betrieb des Gymnasiums stand nach dem Zweiten Weltkrieg erst einmal still. Ab September 1945 fand wieder Unterricht unter der Leitung von Direktor Josef Pokorny statt, Unterrichtssprache war jetzt ausschließlich Tschechisch. Fast alle Mährisch Neustädter Deutschen waren aus der Stadt vertrieben worden, und ihren Platz nahmen neue Aussiedler ein.

15 STERNBERGER HEIMAT-POST Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023

Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Ho mann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail zuckmantel@sudeten.de

❯ Zuckmantler Wochenblatt

1880

Sängerfahrt

Der Männergesangverein „Philharmonie“ zu Breslau veranstaltete am 12. und 13. eine Sängerfahrt in die schlesischen Berge. In Zuckmantel angekommen, begaben sich die Mitglieder genannten Vereins in das Grabersche Gasthaus und probten in dem zu dem Gasthaus gehörenden Gartensalon mehrere Gesangsstücke. Ein von diesen Ausflüglern mehrmals gesungenes Lied dürfte den verehrten Lesern dieses Blattes nicht uninteressant sein, und das lassen wir hier nun folgen:

Ihr lieben Sangesbrüder mein, Ihr Bässe und Tenöre, Laßt sieben einmal grade sein

Daß Nichts den Spaß uns störe!

Vergeßt den Ernst der Zeit, daß hier uns heute nicht ablenke von unsrer Sängerfahrt Pläsier –Ins Mährische Gesenke*.

Was sonst wir auch machen hier

Sei Gott uns anbefohlen –Juwelen, Brillen und Papier Wie Riemen, Talg und Sohlen; Die Orgelpfeife schweig, es ruh´

Und keinen Federstrich hier tu´ Auch Pestalozzis Kantel. Nun Themis – in Zuckmantel.

Nicht übel ist, fürwahr, es hier, Auch spielt ja eine Rolle Das Städtchen und die Entdeckung hier Des Nutzens der Waldwolle; Auch reich an Reizen jedenfalls

Ist seine Enveloppe –Der Weg hierher von Ziegenhals, Wie der zur Bischofskoppe.

Gott gebe nur, wenn diese wir, besteigen zweifelsohne, Daß dann Sankt Petri Hauptpläsier

Der Regen uns verschone.

Damit die Fernsicht, so wie heut

Bis zu den Karpaten

Verscheuche uns der Bangigkeit

Nach unseren Penaten.

Ja ob einmal wir auch recht gern

Der Arbeit uns entschlagen

Und dem Geschäftsverkehre fern

Uns bummelnd wohlbegagen –

Gedenken auch mit Wollust wir

Des eignen Herdes Gründer Im Taumel andrer Lust auch hier Des Weibchens und der Kinder.

Drum leert mit einem Hoch auf sie Den Humpen nun, den vollen, Ihr Ehekrippel hier, wie die So es noch werden sollen.

Und endlich laßt in Sympathie getreulich hier ergeben, Als Söhne der Philharmonie, Hoch uns‘re Mutter leben!

* Landeskunde mit Wikipedia

Mährisches Gesenke

Das Mährische Gesenke (auch Niederes Gesenke sowie tschechisch Nízký Jeseník) ist ein Bergland im Osten der Tschechischen Republik. Es bildet den südöstlichen Ausläufer der Sudeten. Das Bergland befindet sich im Norden Mährens und im Süden Mährisch-Schlesiens. Es schließt sich an den östlichen Teil des auch als Hohes Gesenke bezeichneten Altvatergebirges an und erstreckt sich zwischen dem nördlich gelegenen Schlesischen Tiefland und der Obermährischen Talsenke im Süden. Gegen Nordosten erstreckt sich das Zuckmanteler Bergland. Im Osten geht es in die Mährische Pforte und das Ostrauer Becken über. Es wird in etwa begrenzt durch die Linien zwischen den Städten Olmütz, Ostrau, Jägerndorf und Mährisch Neustadt. Höchster Gipfel ist der Sonnenberg mit 800 Metern.

Im Weltmuseum Wien be nden sich in der Sammlung Hans Leder zwölf Holz guren, welche Figuren aus dem in Tibet entstandenen sakralen Tsam-Tanz darstellen. Die Figuren entstanden als Auftragswerk für Leder und sind vermutlich kein autochthones mongolisches Kunstprodukt. Der Tsam-Tanz ist eine religiöse Zeremonie bzw. ein sakrales Fest, bei welchem Lamen bzw. Mönche sich (zu einer bestimmten Zeit im Jahr) mit aufwendigen Masken und Kostümen verkleiden und vor den Tempeln mit Begleitung von Musik pantomimische Tänze au ühren. Sie stellen dabei unterschiedliche buddhistische Schutzgötter, Tiere, Garuda oder Helden dar. Bilder (7): Weltmuseum Wien

Blick für das Unscheinbare

Hans Leder wurde im Jahr 1843 in Jauernig im damaligen Österreichisch-Schlesien geboren und wuchs als Sohn eines Kürschners in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Mutter verstarb, als er acht Jahre alt war, und erst im Alter von dreizehn Jahren konnte er auf Grund seiner schwachen körperlichen Verfassung in das Gymnasium in Troppau (heute Opava/Tschechien) eintreten. Ihn zeichneten sehr gute schulische Leistungen und hohe wissenschaftliche Begabung aus, und er hatte eine große Sammelleidenschaft für Naturalien.

Aber Leder wurde nach Absolvierung der Schule nicht weiter von seinem Vater, der inzwischen wieder geheiratet hatte, unterstützt und konnte sich daher kein Studium leisten. Seine Versuche, eine seinen Interessen entsprechende Anstellung zu finden, blieben erfolglos, und so verließ er Europa und zog 1867 nach Algerien. In Nordafrika und einige Jahre im Kaukasus war er vor allem als Entomologe tätig und konnte damals noch über 200 unbekannte Käferarten entdecken.

Nicht ethnographische, sondern naturwissenschaftliche, primär entomologische Forschungen waren es, die Hans Leder im Jahr 1892 erstmals in die Mongolei führten. Schon als Kind, so wird es von seinen Zeitgenossen überliefert, hatte Leder eine Sammelleidenschaft für Naturalien.

Leder ist es zu danken, daß eine große Zahl neue Insekten- und Moluskenarten bekannt wurden. Eine Käfergattung

Philanthus Lederi (siehe

Foto) wurde ihm zu Ehren nach ihm benannt.

1891 wurde Leder im Auftrag des Großfürsten Nikolai Michailowitsch Romanow, Präsident der kaiserlich russischen geographischen Gesellschaft, nach Südsibirien geschickt, um dort seine Forschungsarbeit – in erster Linie Insekten zu sammeln – fortzusetzen. Als er nach einigen Monaten Aufenthalt im Sajan-Gebirge erkannte, dort nur wenig weitere zoologische Entdeckungen machen zu können, faßte er den Entschluß, weiter nach Süden, in die Mongolei, zu fahren. 1892 brach er von Irkutsk auf,

überquerte auf Schlitten den zugefrorenen Baikalsee und reiste schließlich Anfang Mai mit der chinesischen Post nach Urga (heute Ulaanbaatar). Dort organisierte er eine kleine Karawane und heuerte zwei mongolische Mönche als Führer an und brach in Richtung Westen, nach Karakorum, die ehemalige von Dschingis Khan gegründete Hauptstadt des mongolischen Großreiches auf. Nach einer ungefähr einmonatigen Wanderung erreichte die Karawane das berühmte Kloster Erdene dsuu, unweit der ehemaligen Hauptstadt gelegen und teils aus den Überresten Karakorums erbaut. Von dort ging sein Weg weiter den Fluß Orkhon entlang nach Norden und gelangte schließlich zu Ruinen, die damals irrtümlich für Ruinen Karakorums gehalten wurden. Leder zweifelte schon damals zu Recht daran, denn es handelte sich – wie heute bekannt ist – um die Überreste Kara-Balgasuns der alten Hauptstadt der Uiguren. Von KaraBalgasun kam er zum Kloster Sain Gegeen, dann weiter nach Süden und von dort zurück nach Erdene Dsuu.

Am 21. August wurde er dort Zeuge einer Tsam-TanzAufführung. Tsam-TanzAufführungen gehörten zu den wichtigsten festlichen Ereignissen im Kalenderjahr der Buddhisten und wurden bei Klöstern öffentlich abge-

Heute ist der Klosterkomplex von Erdene dsuu bekanntlich nur noch bruchteilhaft vorhanden, da er, so wie die meisten buddhistischen Klöster der Mongolei, unter anderem Zerstörungen in den späten 30er Jahren des 20. Jahrhunderts ausgesetzt war.

Tsam-Tänzer aus der Sammlung Leder

Im Jahr 1892 hat der Forscher Hans Leder begonnen, buddhistische Alltagsgegenstände in der Mongolei akribisch zu sammeln. Die Sammlung von Holzfiguren ist tatsächlich etwas Besonders. Sie wurden im Auftrag von Leder von einem Mönch hergestellt und

repräsentieren die wichtigsten Charaktere des mongolischen Tsam-Tanzes in Miniaturform. Das Schmuckgehänge hat Leder von seiner zweiten Reise 1899 mitgebracht, es war ursprünglich Teil einer aufwendigen Kopftracht verheirateter Mongolinnen.

Fast 5000 Gegenstände hat Hans Leder, gut in Kisten verpackt, nach Europa gebracht. Nur kurze Zeit später wurde der Buddhismus in der Mongolei beseitigt, Klöster zerstört oder geschlossen. Heute ist die Sammlung für die neuen mongolischen Museen äußerst interessant. Während die Landschaft zu Zeiten Leders voll war mit öffentlichen Altären, muß das Land sakrale Gegenstände heute auch aus dem Ausland anliefern lassen.

Leder kehrte nach dieser ersten Reise wieder in den Jahren 1899/1900, 1902 und zum letzten Mal (das 60. Lebensjahr bereits überschritten) 1904/05 in die Mongolei zurück. Von seiner zweiten Reise stammen die ersten Ethnographica seiner Sammlung in Wien.

Nach seinem letzten Aufenthalt in der Mongolei lebte Leder in Troppau, bemüht, seine Sammlungen zu verkaufen, um so seine Familie zu erhalten.

Leders Publikationen (diverse Artikel und ein Buch) sowie seine Manuskripte zeigen sein fundiertes Interesse an den Menschen und ihrer Lebensweise, der Religion und Kunst der Mongolei. Seine naturwissenschaftlichen Forschungen traten zu Gunsten ethnographischer Forschung zunehmend in den Hintergrund. Mit den Jahren hat-

Objektliste von Hans Leder, unterzeichnet in Urga am 7. November 1899. Bild: Archiv MVK

te sich Leder schließlich zu einem gezielten Sammler religiöser und ritueller Kunst der Mongolei entwikkelt. Leder schätzte seine Sammlungen auf insgesamt 20 000 Nummern. Die ethnographische Sammlung von Leder umfaßt heute rund 5000 Objekte. Seine Sammlung ist gegenwärtig auf verschiedene europäische Museen verstreut: das Museum für Völkerkunde Wien, das Linden-Museum Stuttgart, das Völkerkundemuseum der J. & E. von Portheim-Stiftung Heidelberg, das Grassi Museum für Völkerkunde zu Leipzig, das Völkerkundemuseum Hamburg, das Neprajzi Muzeum Budapest sowie das Näprstek Museum Prag.

Briefe aus seinem Nachlaß zeugen von Leders finanziellen Schwierigkeiten, die ihn mitunter zwangen, die Sammlung in einer ihm widerstrebenden Art zu teilen, um sie überhaupt verkaufen zu können.

Nicht nur in ihrem Umfang ist die Hans-Leder-Sammlung einzigartig in Europa. Sie gleicht einer Momentaufnahme der religiösen Alltagskultur in der Mongolei um 1900, akribisch gesammelt, mit einem Blick für das Unscheinbare, einen Mikrokosmos, der oft übersehen wird.

Veröffentlichungen von Hans Leder: „Das geheimnisvolle Tibet“, 1909; „Über alte Grabstätten in Sibirien und der Mongolei“ in: Mitteilungen der Anthropologogischen Gesellschaft in Wien 25, 1895, Seiten 9–16; „Im Lande der Lamas“ in: Mitteilungsblatt des wissenschaftlichen Clubs in Wien 16, 1895, Seiten 36–42; „Eine Sommerreise in die nördliche Mongolei im Jahre 1892“ in: Mitteilungen der k. und k. Geographischen Gesellschaft in Wien 37, 1894, Seiten 26–57 und 85–118; „Reise an den Oberen Orchon und zu den Ruinen von Karakorum“, ebd., 1894, Seiten 407–436. Sonstige Quellen: Biografie von Hans Leder: https://www.deutsche-biographie.de Der Sammler Hans Leder: https://www. austriaca.at

Sudetendeutsche Zeitung Folge 24 | 16. 6. 2023 16
❯ Hans Leder, der berühmte Völkerkundler und Insektenforscher aus Jauernig
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