Sudetendeutsche Zeitung 24. März 2023 Ausgabe 12

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Tschechiens neuer Präsident auf Staatsbesuch in Berlin (Seite 2)

Sudetendeutsche Zeitung

Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung

VOLKSBOTE HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung

Jahrgang 75 | Folge 12 | 2,80 EUR 75 CZK | München, 24. März 2023

Sudetendeutschen Landsmannschaft

HEIMATZEITUNGEN IN DIESER AUSGABE

Sudetendeutsche Zeitung

� Einstimmige Entschließung zum Paragraphen 96 des Bundesvertriebenengesetzes

Neudeker Heimatbrief

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SL-Bundesversammlung:

Neudeker Heimatbrief

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Heimatbrief

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Deutliche Mahnung an die Bundesregierung

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Neudeker Heimatbrief

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„Das ist ein Angriff auf unsere Identität. Es ist der Anfang des Versuches, uns Vertriebene aus dieser Gesellschaft zu streichen.“ Mit diesen deutlichen Worten hat Reinfried Vogler auf der Sudetendeutschen Bundesversammlung am Wochenende in München die Politik von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) heftig kritisiert.

� Auszug aus der Resolution

Demokratie braucht den Dialog

Die Sudetendeutsche Bundesversammlung hat am Samstag einstimmig die Resolution „Ein demokratisches Europa braucht den Dialog“ verabschiedet.

Zuvor hatte der Sudetendeutsche Rat, in dem Abgeordnete aller demokratischen Bundestagsparteien vertreten sind, dem Appell einstimmig zugestimmt.

Auszug aus der Resolution: „Gerade in einer Zeit, in der die liberalen Demokratien durch Populisten, europafeindliche Kräfte und autoritäre Regime sowie den Ukraine-Krieg mit Millionen von Flüchtlingen vor großen Herausforderungen stehen, ist es wichtig, die Bande zwischen den Demokratien in Europa zu stärken.

Wir brauchen mehr denn je starke demokratische Netzwerke und tragfähige Partnerschaften mit den Demokratien in Ostmitteleuropa.

Diese Netzwerke entstehen nicht von allein. Sie bauen auf langjährigen Kontakten und Partnerschaften zu Wissenschafts- und Kultureinrichtungen sowie zivilgesellschaftlichen Gruppen und Organisationen, die es bereits im In- und Ausland gibt und die gut funktionieren, auf.

Es gilt – gerade in dieser schwierigen Zeit – diese; sowie die dazu notwendige Infrastruktur zu stärken und nicht durch Mittelkürzungen zu schwächen.

Dies ist um so weniger nachvollziehbar als der Gesamthaushalt des BKM für 2023 angestiegen ist.

Durch diese Kürzungen beziehungsweise Streichungen werden gerade diejenigen, die zum Teil mit großem ehrenamtlichen Engagement für Frieden und Freiheit, für Völkerverständigung sowie für Menschen- und Minderheitenrechte eintreten, geschwächt.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien wird aufgefordert, die aktive Kulturarbeit der Vertriebenen, Spätaussiedler und ihrer Verbände nach Paragraph 96 Bundesvertriebenengesetz auch zukünftig sicher zu fördern und von den finanziellen Kürzungen im Bereich der Projektmittel Abstand zu nehmen.“

Man müsse, so der Rechtsanwalt, ehemalige Präsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung, Ehrenpräsident der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und Träger des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland, „alles unternehmen, um zu verhindern, daß ein Teil der deutschen Gesellschaft aus dem kulturellen Gedächtnis gestrichen wird“.

Auslöser von Voglers eindringlicher Mahnung ist die Entscheidung Roths, die seit 1953 im Paragraphen 96 des Bundesvertriebenengesetzes gesetzlich verankerte Förderung der Vertriebenenarbeit dramatisch zu kürzen – und dies auch noch am Bundestag vorbei.

Einstimmig verabschiedete die Sudetendeutsche Bundesversammlung deshalb eine Resolution, die der SL-Bundesvorstand unter Führung des Bundesvorsitzenden Bernd Posselt eingebracht hatte. Darin wird Roth aufgefordert, „die aktive Kulturarbeit der Vertriebenen, Spätaussiedler und ihrer Vorgänger nach Paragraph 96 des Bundesvertriebenengesetzes auch zukünftig sicher zu fördern und von den finanziellen Kürzungen im Bereich der Projektmittel Abstand zu nehmen“.

Diese Resolution hatte bereits der Sudetendeutsche Rat bei seiner Frühjahrstagung einstimmig bei einer Enthaltung durch den Vertreter der Grünen verabschiedet (Sudetendeutsche Zeitung berichtete). Zu den Autoren des Resolutionstextes gehörte neben Volksgruppensprecher Bernd Posselt auch Christa Naaß, Präsidentin der SL-Bundesversammlung, Generalsekretärin des Sudetendeutsches Rates und langjährige Landtagsabgeordnete der SPD.

„Wir sind durch die Mittelkürzungen sehr getroffen“, berichtete Hans Knapek, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk, über die Auswirkungen auf die Bildungs- und Begegnungsstätte Der Heiligenhof.

Unverständlich sind die Kürzungen auch deshalb, da der Bundestag den diesjährigen Gesamtetat für die Kultur- und Medienaktivitäten der Bundesregierung um rund vier Prozent auf 2,39 Milliarden Euro angehoben hat. Nur ein Bruchteil fließt davon in die nach Paragraph 96 gesetzlich garantierte Versöhnungs- und Verständigungsarbeit der Vertriebenenverbände. So wurden 2020, also noch vor Roths Amtsübernahme, mit rund 31 Millionen Euro gerade mal 1,3

Prozent dafür aufgewendet.

„Kultur ist ein Lebenselixier unserer Demokratie“, hat Roth zu ihrem einjährigen Amtsjubiläum kurz vor Weihnachten verkündet, gleichzeitig aber auch deutlich gemacht, welche anderen Schwerpunkte sie setzen will. Was ihre Presseabteilung wie folgt ausdrückt: „Claudia Roth hat als Staatsministerin für Kultur und Medien eine klare Neupositionierung der Kulturpolitik vorgenommen –für die Erweiterung und Demokratisierung des Kulturbegriffes, für die Förderung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz wie auch der Diversität im Kulturbereich“.

So hat Roth ein Referat „Nachhaltigkeit“ installiert, um dort unter anderem „ökologische Mindeststandards für Museen“ zu entwickeln. Erstmals werde, so Roth, auch „die koloniale Vergangenheit Deutschlands als ein Teil der Erinnerungskultur in den Fokus gerückt“.

Zusätzlich will Roth die Ukraine unterstützen, nachdem Putins Armee gezielt auch Theater, Museen und andere Kultureinrichtungen angegriffen hatte. „Es ist eine fürchterliche Waffe, die Erinnerung und Identität von Menschen in der Ukraine zu zerstören“, sagte Roth im Dezember am Rande einer Premiere eines ukrainischen Films in Berlin.

Genau diese enge Verbindung mit der Ukraine und anderen Staaten Mitteleuropas wird aber seit Jahrzehnten auf dem Heiligenhof gepflegt – und steht jetzt vor dem Aus.

„Jeder, der eines unserer Seminare der Akademie Mittel-

europa auf dem Heiligenhof besucht hat, wußte auch schon vor dem 24. Februar 2022, wo Mariupol liegt“, sagte Knapek in der Bundesversammlung. Erst vor

ein paar Tagen (Sudetendeutsche Zeitung berichtete) waren Studentinnen aus der Ukraine zu Gast auf dem Heiligenhof, um sich mit anderen Mitteleuropäern zu vernetzen. Welche wichtige Funktion der Heiligenhof als Brükke nach Mitteleuropa insbesondere seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs hat, habe man über diverse Kanäle der Staatsministerin mitgeteilt und sie eingeladen, sich vor Ort in Bad Kissingen selbst ein Bild zu machen, so Knapek.

Große Hoffnungen wollte sich zumindest Volksgruppensprecher Bernd Posselt, der Roth aus der gemeinsamen Zeit als Abgeordnete des Europaparlaments kennt, nicht machen. „Aus Berlin haben wir nichts zu erwarten“, faßte Posselt die vertriebenenfeindliche Politik der neuen Bundesregierung zusammen.

Für die Sudetendeutsche Landsmannschaft bedeute dies auch, daß man auf allen Kanälen und Ebenen die direkten Kontakte zu den tschechischen Landsleuten weiter vertiefen müsse.

Die Aushebelung des Paragraphen 96 dürfte auch am Dienstag Thema sein, wenn der Bund der Vertriebenen (BdV) zum traditionellen Jahresempfang in Berlin einlädt. Gastgeber BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius, der im Sudetendeutschen Rat geklagt hatte, daß Vertriebene und Spätaussiedler „nicht zum bevorzugten Zielpublikum dieser Bundesregierung gehören“, kann dann seine Kritik direkt adressieren. Die Festrede hält Roths Chef, Bundeskanzler Olaf Scholz. Torsten Fricke

� Vertriebenengesetz Paragraph 96 im Wortlaut

Das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz –BVFG) trat am 19. Mai 1953 in Kraft und ist seit 70 Jahren das Fundament der Vertriebenenarbeit.

§96 Pflege des Kulturgutes der Vertriebenen und Flüchtlinge und Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Bund und Länder haben entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewußtsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten, Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und auszuwerten sowie Einrichtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und zu fördern. Sie haben Wissenschaft und Forschung bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Vertreibung und der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge ergeben, sowie die Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu fördern. Die Bundesregierung berichtet jährlich dem Bundestag über das von ihr Veranlaßte.

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Einstimmig nimmt die Sudetendeutsche Bundesversammlung die Resolution zum Paragraphen 96 an. Fotos: Torsten Fricke
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Warnten deutlich: Reinfried Vogler... Volksgruppensprecher Bernd Posselt. ... und Hans Knapek.

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

Senator Martin Krsek (rechts)

leitet im Museum der Stadt

Aussig die Abteilung Geschichte und ist mit der sudetendeutschen

Thematik bestens vertraut. Diesbezüglich engagiert er sich auch medial sehr aktiv.

Der 48jährige ist zugleich Mitglied des Verwaltungsrates im Collegium Bohemicum. Das war der Zweck seines Besuches beim Leiter des Prager Sudetendeutsche Büros, Peter Barton.

Als neues Mitglied der oberen Parlamentskammer der ČR hat er vor, diese Aktivität noch

zu vergrößern. Krsek wurde von seinem Referenten David Daduč (Mitte) begleitet, der früher Mitglied der Stadtverwaltung in der nordböhmischen Metropole war. Gemeinsam haben sich beide das klare Ziel gesetzt, der tschechischen Ö entlichkeit die Bedeutung des sudetendeutschen Erbes im Gebiet, das unsere Landsleute früher bewohnten, auf wahre und positive Weise zu präsentieren und zu erklären, warum es so wichtig ist, diesen wertvollen Nachlaß zu p egen und ihn für die nächste Generation zu bewahren .

❯ Antrittsbesuch des neuen tschechischen Staatsoberhaupts in Berlin

Petr Pavel: Zeit für ein neues

Kapitel unserer Beziehungen

Als General war Petr Pavel es gewohnt, Klartext zu reden. Auch als neu gewählter Präsident der Tschechischen Republik bleibt er dieser Linie treu. Bei seinem Antrittsbesuch in Berlin hielt sich Pavel nicht mit den üblichen Höflichkeiten auf, sondern hatte eine klare Forderung: Deutschland muß endlich Verantwortung übernehmen.

Nach seinem Besuch bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier twitterte Pavel: „Ich habe an Deutschland appelliert, in dieser neuen Ära der internationalen Beziehungen die Initiative in geopolitischen Fragen selbst in die Hand zu nehmen und Verantwortung für ein Europa zu tragen, auf das wir uns verlassen können.“ Tschechien, so Pavel, sei bereit, Deutschland dabei zu unterstützen, die demokratische Welt zu einen.

Der russische Angriffskrieg habe auch die Gewichtung innerhalb Europas verschoben: „Als Mitteleuropa können wir selbstbewußter auftreten und stärker zu Wort kommen, und genau das soll uns und Deutschland näher zusammenbringen“, stellte Pavel fest und formulierte dies in einem klaren Appell an den Nachbarn: „Wir befinden uns in einer Zeit, in der wir beginnen sollten, ein neues Kapitel in den tschechisch-deutschen Beziehungen, aber auch in der europäischen Geschichte zu schreiben.“

Pavel schlug deshalb regelmäßige deutsch-tschechische Treffen auf Regierungsebene im Rahmen eines „strategischen Dialogs“ vor.

Mit militärischen Ehren war der neue Präsident am Dienstagvormittag auf Schloß Bellevue von Bundespräsident FrankWalter Steinmeier empfangen worden. Auf der anschließenden

Pressekonferenz kündigte Steinmeier an, Pavels Einladung anzunehmen und in der zweiten

Platz 18 auf der Glücksskala

In der Rangliste der glücklichsten Länder der Welt belegt Tschechien den 18. Platz. Deutschland kommt auf Platz 16, Österreich auf Platz 11. Die glücklichsten Menschen leben zum sechsten Mal in Folge in Finnland. Laut des World Happiness Reports sind sechs Faktoren entscheidend, wie glücklich sich die Bürger eines Landes fühlen: Einkommen, Gesundheit, jemanden zu haben, auf den man sich verlassen kann, das Gefühl der Freiheit, wichtige Lebensentscheidungen treffen zu können, die Spendenbereitschaft als Indikator einer sozialen Gemeinschaft und die Abwesenheit von Korruption.

Breiter Konsens für

Verfassungsrichter

Staatspräsident Petr Pavel hat 23 Institutionen aufgerufen, Kandidaten für die neu zu benennenden Verfassungsrichter zu nennen. Anschließend soll eine siebenköpfige Kommission anhand transparenter Kriterien die zukünftigen Verfassungsrichter bestimmen. Pavel erklärte, er wolle die Kandidaten erst dann ernennen, wenn sich der Senat und die Auswahlkommission auf die Namen geeinigt haben. Die Verfassungsrichter werden für eine Dauer von zehn Jahren ernannt. Bereits Anfang Mai scheiden die ersten von sieben Richtern turnusmäßig aus dem Amt aus.

Zweiter Tscheche in der Ukraine gefallen

Am Wochenende ist in der Ukraine ein Tscheche gefallen, der auf der ukrainischen Seite gekämpft hat. Staatspräsident Petr Pavel kondolierte im Rahmen einer Pressekonferenz den Hinterbliebenen. Es ist der zweite Todesfall eines tschechischen Freiwilligen seit Beginn des russischen Angriffskriegs.

EU finanziert

Wärmedämmung

gramms Nová zelená úsporám Light (Neue grüne Einsparungen light) beantragt, hat Umweltminister Peter Hladík (KDU-ČSL) bekanntgegeben. Von den insgesamt 2,3 Milliarden Kronen (95,8 Millionen Euro) sei bereits ein Drittel ausbezahlt worden.

Massenentlassung

wegen Diesel Euro 7

Die umstrittene Einführung der Dieselnorm Euro 7 ab 2025 hätte verherrende Auswirkungen auf die tschechische Automobilindustrie. So hat Škoda bereits angekündigt, eine Produktionshalle zu schließen, weil kleinere Autos, wie die Typen Fabia, Scala und Kamiq, nicht mehr wirtschaftlich herstellbar seien. Allein bei Škoda würden dadurch 3000 Menschen ihre Arbeit verlieren. Bei den Zulieferern würden weitere 7000 Arbeitsplätze wegfallen. Martin Jahn, Vorstandsmitglied von Škoda Auto, forderte, daß die EU-Kommission eine Übergangsfrist von mindestens vier Jahren einräumen soll, um die Produktion umstellen zu können. Gegen die fristlose Einführung der Abgasnorm Euro 7 sind auch die Gewerkschaften von Škoda Auto.

Weniger Gehaltsplus für Politiker

Jahreshälfte nach Prag zu reisen. Außerdem werde Tschechien beim alljährlichen Bürgerfest des Bundespräsidenten, das in diesem Jahr im September stattfindet, als Partner auftreten. Ehrengast wird dann das tschechische Staatsoberhaupt sein.

Am Abend stand noch ein Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Programm. Auch hier ging es um die aktuelle Sicherheitslage sowie um die weitere Unterstützung der Ukraine.

Zwischen Prag und Berlin strittige Themen, wie die Energiepolitik mit dem Ausbau der Kern-

❯ Kranzniederlegung an der Gedenkstätte Berliner Mauer

kraft als klimafreundliche Energiequelle, wurden ausgespart. Deutschland war nach der Slowakei und Polen die dritte Station von Pavels Antrittsreise. Auf die Frage eines deutschen Journalisten, warum er vor Berlin nach Warschau gereist war, hatte Pavel eine klare Antwort: Er mußte in Warschau wieder Vertrauen herstellen, nachdem im Wahlkampf sein Mitbewerber um das Präsidentenamt, Ex-Premierminister Andrej Babiš, viel Porzellan zerschlagen hatte.

In einer Wahlkampfdebatte hatte Babiš Tschechiens Bei-

standspflicht nach Artikel 5 des Nato-Vertrages in Frage gestellt, wenn Rußland Polen angreifen würde – was in Warschau für große Empörung gesorgt hatte.

Bereits im Februar, also noch vor der Vereidigung, hatte Pavel in München an der Sicherheitskonferenz teilgenommen und Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder zu einem Gespräch getroffen. Söder und Pavel vereinbarten, sich im Mai bei den Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen in Selb erneut zusammenzusetzen.

Präsident Petr Pavel gedenkt der Mauertoten

„An der Gedenkstätte Berliner Mauer erinnern wir uns an die historische Teilung, an über hundert verlorene Menschenleben und daran, daß wir den Wert der Freiheit nicht als selbstverständlich ertrachten können.

Es ist die gemeinsame Arbeit von uns allen und ganz Europa, die Freiheit auch in Zukunft zu schützen, damit wir sie nicht wieder verlieren“, hat Tschechiens Staatspräsident Petr Pavel nach der Kranzniederlegung an der Bernauer Straße getwittert.

Begleitet wurden Pavel und seine Frau Eva Pavlová von Botschafter Tomáš Kafka. Der Direktor der Stiftung Berliner Mauer, Axel Klausmeier, führte das

Präsidentenpaar über die Außenanlagen der Gedenkstätte. Am Fenster des Gedenkens, wo alle Berliner Maueropfer porträtiert sind, legte der Präsident einen Kranz nieder.

Danach gab es Gelegenheit für viele tschechische Bürger, aber auch für einige Sudetendeutsche, wie dem 1940 in Probstau geborenen Peter Vanča, mit dem Präsidenten ins Gespräch zu kommen. Es sei sehr schön, so sagte einer der Anwesenden im Anschluß, daß nun wieder ein tschechischer Präsident reisen würde und die Intensivierung der Kontakte zu den Nachbarn und die deutsch-tschechischen Beziehungen zu seinem Anliegen erklärt habe. Ulrich Miksch

B

ereits 20 000 Bürger haben für die Energiesanierung ihrer Häuser Fördermittel im Rahmen des von der EU finanzierten Pro-

Die massiven Proteste gegen die von der Regierung beschlossene geringere Anpassung der Renten an die hohe Inflation zeigen Wirkung. Die Bürgermeisterpartei Stan, die Mitglied der Regierungskoalition ist, schlägt vor, den Anstieg der Diäten für die Abgeordneten ebenfalls zu verringern, hat Vít Rakušan, Vize-Premierminister und StanVorsitzender, am Wochenende in einem TV-Interview erklärt. Zuvor hatte bereits der neue Staatspräsident Petr Pavel die Regierung aufgefordert, gemeinsam mit der Opposition nach einer Lösung zu suchen, wie der Anstieg der Politikergehälter gestoppt werden kann. Die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Markéta Pekarová Adamová (Top 09), erklärte bereits, sie sei dafür, die Politikergehälter ab nächstem Jahr einzufrieren. Bislang sind Diätenerhöhungen mit dem Anstieg des Durchschnittslohns gekoppelt.

Sudetendeutsche Zeitung

ISSN 0491-4546

Erscheint wöchentlich freitags Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München.

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AKTUELL · MEINUNG Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24.03.2023 2
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Präsident Petr Pavel und First Lady Eva Pavlová wurden von Botschafter Tomáš Kafka (rechts) zur Gedenkstätte Berliner Mauer begleitet, wo das Paar einen Kranz niederlegt. Fotos: Ulrich Miksch Präsident Petr Pavel wird von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit militärischen Ehren empfangen.

In seinem Bericht als Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft hat Bernd Posselt auf der Sudetendeutschen Bundesversammlung vor dem Verfall der politischen Kultur in Deutschland gewarnt und einen besseren Schutz für Minderheiten gefordert.

Die aktuelle Änderung des Wahlrechts durch die Regierungskoalition sei das Gegenteil von politscher Kultur, so Posselt: „Solche Änderungen haben im Konsens zu erfolgen.“

Zum Hintergrund: Im Hauruck-Verfahren hatten die Regierungsparteien SPD, FDP und Grüne eine Änderung des Wahlrechts verabschiedet, nach der Direktmandate für den Einzug in Bundestag nicht mehr berücksichtigt werden. Mit diesem Gesetzestrick können die Regierungsparteien erreichen, daß die CSU und die Linke im künftigen Bundestag nicht mehr vertreten sind, wenn sie nicht gleichzeitig bundesweit über fünf Prozent der Zweitstimmen erzielen.

Posselt zog in seinem Bericht historische Parallelen zur Nationalversammlung in der Paulskirche und zum Kremsierer Reichs-

❯ Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe

„Wir Sudetendeutsche sind Teil dieser Schicksalsgemeinschaft Europa“

tag, die beide vor 175 Jahren erstmals tagten. „Die Paulskirche steht pionierhaft für Demokratie, für Freiheit, für Menschenrechte, aber sie steht auch für den Nationalstaat“, sagte Posselt und erklärte, daß der Reichstag im mährischen Kremsier zwar allgemein weniger bekannt, aber viel bedeutsamer sei: „Dort hatte man versucht, zwei Probleme gleichzeitig zu lösen. Man hat versucht, die Demokratie mit ihrem Mehrheitsprinzip zu verankern, man wollte aber auch der Vielvölkersituation Mitteleuropas und der österreichischen Monarchie gerecht werden. Es ging darum, zwei gegensätzliche Prinzipien unter einen Hut zu bringen. Das demokratische Mehrheitsprinzip, das wir voll und ganz bejahen, aber auch das Nationalitätenprinzip, den Schutz der Minderheiten, damit alle friedlich zusammenleben.“

Der Reichtstag von Kremsier habe hier Epochemachendes geleistet. „Der Grundsatz lautete:

Alle Volksstämme des Habsburger Reiches sind gleichberechtigt“, so Posselt. Eine Unterscheidung in Mehr- oder Minderheit habe es damals nicht gegeben. Der Dichter Friedrich Hebbel habe deshalb Recht gehabt,

❯ Vom Erhalt der deutschen Gräber in Tschechien bis zur Teilnahme an der Europeade

Die Erhaltung deutscher Friedhöfe und Gräber in Tschechien ist ein langjähriges Anliegen der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Direkt im Vorfeld der Bundesversammlung hat sich deshalb eine Arbeitsgruppe aus Kulturausschuß und Heimatrat konstituiert, berichtete Bundeskulturreferent Prof. Dr. Ulf Broßmann in seinem Referat über die Kulturarbeit in der SL.

Auch Franz Longin, der Vorsitzende des Heimatrates, hatte in seinem Rechenschaftsbericht vor der Bundesversammlung erneut unterstrichen, welche hohe Relevanz das Thema „Gedenken an die Verstorbenen“ hat. Seit vielen Jahren bemüht sich der Heimatrat intensiv, deutsche Gräber in Tschechien würdig zu erhalten.

Die jetzt eingerichtete Arbeitsgruppe werde erstmals am 28. April zu einer Konferenz mit tschechischen Regierungsstellen und der Arbeitsgruppe der deutschen Minderheit nach Prag eingeladen, so Broßmann: „Die Tagung wird sich mit der Entscheidungsfindung bei der Sanierung und Erhaltung von deutschen Grabstätten beschäftigen, wobei wir einen eigenen Vorschlag zur Lösung unterbreiten werden.“

Von größter Wichtigkeit sei außerdem der Aufbau einer Datenbank über historische Ensembles und Einzelkunstwerke mit dem Ziel, das gesamte sudetendeutsche materielle Kulturerbe zu erfassen, erklärte Broßmann: „Dies ist sicher ein sehr ambitioniertes Ziel, aber es gibt einen Hoffnungsschimmer. Das tschechische Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten hat im Zusammenhang mit der Friedhofsproblematik eine Datenbank und auch eine interaktive Karte mit den Friedhöfen und Gräbern in Auftrag gegeben. Diese könnte die Basis sein, für die größere Idee, das sudetendeutsche Kulturgut zu digitalisieren.“

Der Bundeskulturreferent will sich außerdem dafür einsetzen, „das Gedenken an sudetendeutsche Kulturleistungen von Forschern, Schriftstellern, Künstlern, Komponisten, Sportlern oder Theologen durch Festveranstaltungen, Ausstellungen und Kulturbriefe“ in Erinne-

sei dann aber auch gescheitert, insbesondere nach 1919 mit der Zerschlagung des Habsburger Vielvölkerstaates.

erlebt. Heute müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß diese Idee in Putin und vielen Teilen der russischen Bevölkerung weiterlebt. Der Krieg in der Ukraine ist deshalb kein Krieg gegen die Ukraine, sondern ein Krieg gegen Europa. Die Idee lautet, Europa zu zerschlagen und ein von Moskau gelenktes Eurasien zu errichten. Wir sind also nicht Kriegspartei, sondern Kriegsziel.“

als er am 26. Februar 1862 in einer Festrede im Wiener Operntheater sagte: „Österreich ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält.“ Vieles sei damals geglückt, wie der Mährische Ausgleich, vieles

Posselt erinnerte an den berühmten Brief des Böhmen František Palacký, in dem dieser 1848 die Einladung, an der Nationalversammlung in der Paulskirche teilzunehmen, ablehnte und – obwohl selbst kein Anhänger der Habsburger Monarchie – stattdessen das gute Miteinander der Nationalitäten entlang der Donau unterstrich: „Wahrlich, existirte der österreichische Kaiserstat nicht schon längst, man müsste im Interesse Europa’s, im Interesse der Humanität selbst sich beeilen, ihn zu schaffen“, schrieb Palacký und begründete dies mit der Gefahr „einer russischen Universalmonarchie“, die sich über ganz Europa ausdehnen könnte.

Posselt: „Die Idee einer russisch-sowjetischen Weltherrschaft haben wir bis zum Fall des Eisernen Vorhang im Jahr 1989

Auch aus diesem Grund sei das Motto des Sudetendeutschen Tages „Schicksalsgemeinschaft Europa“ sowohl Ausfluß der sudetendeutschen Geschichte, also auch die wichtigste aktuelle Herausforderung. Posselt. „Es geht darum, ob Europa diese Herausforderung überlebt. Wir stehen erst am Anfang dieses Krieges und werden noch viel größere Auseinandersetzungen erleben. Die Chinesen treten mittlerweile als Schutzmacht der Russen auf, um diese von sich abhängig zu machen und am Ende zu schlucken. Auf uns kommen also gigantische weltpolitische Herausforderungen zu. Da können wir als Sudetendeutsche nicht so tun, als ob uns das nichts anginge. Wir Sudetendeutsche sind Teil dieser Schicksalsgemeinschaft Europa.“ Torsten Fricke

❯ Christa Naaß, Präsidentin der SL-Bundesversammlung

Warum es wichtig ist, Präsenz zu zeigen

„Mir ist es wichtig, daß von unserer Bundesversammlung, die nur einmal im Jahr stattfindet, auch ein Signal des Miteinanders und der Geschlossenheit ausgeht“, hat Präsidentin Christa Naaß zum Auftakt der zweitägigen Sitzung die Richtung vorgegeben.

Naaß nahm damit Bezug auf drei ehemalige Mitglieder der Bundesversammlung, die einen Gegenverein gegründet, und deshalb wegen verbandsschädigen Verhaltens aus der Sudetendeutschen Volksgruppe ausgeschlossen worden waren.

die Gegenwart und Zukunft“, erklärte die Präsidentin und unterstrich die Aktualität: „Weit über 100 Millionen Menschen sind derzeit auf der Flucht – so viel wie noch nie nach dem Zweiten Weltkrieg.“

Es sei deshalb wichtig, auch bei anderen Gelegenheiten Präsenz zu zeigen, insbesondere beim Sudetendeutschen Tag, der dieses Jahr an Pfingsten in Regensburg stattfindet (siehe Seite 5), oder am 12. Juni beim Brünner Versöhnungsmarsch, von dem jedes Jahr ein starkes Signal der Verständigung ausgeht.

Informierten in der Sudetendeutschen Bundesversammlung über ihre Arbeitsbereiche (von links): Bundeskulturreferent Prof. Dr.

rung zu halten. Der Festakt für Gregor Mendel im vergangenen Jahr sei dafür ein Beispiel gewesen. In diesem Jahr werde man den 200. Geburtstag am 25. Oktober zum Anlaß nahmen, um an Hans Kudlich, den Bauernbefreier, zu erinnern. „Unsere sudetendeutsche Kultur ist die Basis unserer Existenz“, stellte Volksgruppensprecher Bernd Posselt klar. Und Broßmann sagte, Kultur habe einen „identitätsstiftenden Charakter“, was sich vielfältig ausdrücke. „In allen Heimatlandschaften gehört die Kulturform des Tanzes zum Brauchtum. Und

zum Tanz gehört natürlich auch die Tracht.“

Wie lebendig das Thema Tanz und Tracht in der Sudetendeutschen Volksgruppe ist, berichtete Bundesvorstandsmitglied Claudia Beikircher am Beispiel der Böhmerwälder Tanzgruppe, die auch in diesem Jahr wieder an der Europeade teilnimmt. Das größte europäische Trachten- und Brauchtumsfest findet seit 1964 mit bis zu 6000 Teilnehmern an wechselnden Orten in Europa statt. In diesem Jahr ist vom 12. bis 16. Juli die thüringische Stadt Gotha der Gastgeber.

„Mit der Europeade wird Eu-

ropas Einheit in Vielfalt deutlich“, erklärte Beikircher, die als Vorsitzende der Sing- und Spielschar der Böhmerwäldler in Ellwangen bereits mitten in den Vorbereitungen steckt.

In Vertretung der Bundesfrauenreferentin Gerda Ott berichtete Birgit Unfug über die vielfältigen Aktivitäten, insbesondere über die Frauentagung, die im Februar in Regensburg stattgefunden hat.

Und für die Jugend sprach Peter Polierer in Vertretung seines Nachfolgers Mario Hierhager als Vorsitzender der Sudetendeutschen Jugend. TF

Es sei bedauerlich, daß die Betroffenen „nicht mehr Teil unserer Gemeinschaft sein wollten“, sagte Naaß und fügte an: „Ich hätte mir gewünscht, daß es einen anderen Weg gegeben hätte und diese das Gespräch gesucht hätten und nicht jetzt erst, nachdem der Ausschluß beschlossen worden war. Ich bin es gewohnt, daß man in einem demokratischen Prozeß Mehrheitspositionen auch dann akzeptiert und mitträgt, wenn man eventuell im Einzelfall einer anderen Meinung war.“

In ihrem Rechenschaftsbericht erinnerte Naaß auch die zahlreichen Gedenkveranstaltungen zum 4. März, dem Tag des Selbstbestimmungsrechts der Völker.

Bei diesen Veranstaltungen ginge es „nie nur um das Erinnern, sondern immer um den Blick aus der Vergangenheit in

Naaß, die auch Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates ist, warb dafür, den Dialog zwischen Tschechen und Deutschen weiter voranzutreiben und an den Marienbader Gesprächen, die vom 5. bis 7. Mai stattfinden, zahlreich teilzunehmen.

Ein Programmpunkt der Marienbader Gespräche, der Naaß besonders am Herzen liegt, ist eine Expertendiskussion zum Thema „Tschechen, Sudetendeutsche sowie europäische Volksgruppen und Minderheiten im Spiegel der Medien“.

Naaß: „Medien spielen eine zentrale Rolle bei der Meinungsbildung. Eine gut informierte Zivilgesellschaft ist eine starke Zivilgesellschaft und der Anker jeder Demokratie. Diesen Anker gilt es in den derzeit schwierigen Zeiten zu stärken.“

3 AKTUELL Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24.03.2023
„Unsere sudetendeutsche Kultur ist die Basis unserer Existenz“
Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Foto: Torsten Fricke Christa Naaß, Präsidentin der Sudetendeutschen Bundesversammlung, warb für ein Signal des Miteinanders. Foto: Torsten Fricke Ulf Broßmann, Franz Longin, Vorsitzender des Heimatrates, Bundesvorstandsmitglied Claudia Beikircher sowie Birgit Unfug in Vertretung der Bundesfrauenreferentin und Peter Polierer für die SDJ.
TF
Die Böhmerwälder Tanzgruppe bei der Europeade in Schweden. Fotos: Torsten Fricke (5), privat,

■ Noch bis 14. April, BdV Hessen: „Wer bin ich? Wer sind wir? Zu Idenditäten der Deutschen aus dem östlichen Europa“. Wanderausstellung des Hauses des Deutschen Ostens. Haus der Heimat, Friedrichstraße 35, Wiesbaden.

■ Samstag, 25. März, 14.30

Uhr: SL-Ortsverband Bad Kötzting, Literarisches Café mit Christa Olbrich über ihre Autobiographie „Von der Kuhmagd zur Professorin“. Kostenbeitrag 6 Euro. Hotel zur Post, Herrenstraße 10, Bad Kötzting.

■ Samstag, 25. bis Sonntag, 26. März:, Paneuropa-Union Deutschland: 59. Andechser Europatag. Anmeldung und Programm: www.paneuropa.org

■ Sonntag, 26. März, 9.00 bis 16.00 Uhr: Landesfrühjahrstagung „70 Jahre Egerländer Landesverband Hessen – 70 Jahre Egerland-Jugend Hessen“ . Katholisches Gemeindezentrum, Hartigstraße 12, Hungen.

■ Sonntag, 26. März, 17.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Auf a Melange im Café Central“. Konzeption im Auftrag des Hauses der Heimat des Landes Baden-Württemberg mit Anna-Sophia Kraus (Violine), Christoph Weber (Klavier), Carsten Eichenberger in der Rolle des Kellners Leopold und Iris Marie Kotzian (Sopran). Sudetendeutsches Haus, Adalbert-StifterSaal, Hochstraße 8, München.

■ Donnerstag, 30. März, SLKreisgruppe Stuttgart: Tagesausflug zum Schönenberg nach Ellwangen mit Führung und zur Gemeinschaft Wischauer Sprachinsel nach Aalen-Fachsenfeld. Anmeldung bei Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58.

■ Freitag, 31. März, 18.00 Uhr, Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg: „Traumata nach Krieg, Flucht und Vertreibung: Wenn Verschwiegenes zur Sprache kommt“. Lesung und Gespräch mit Susanne Benda („Dein Schweigen, Vater“) und Susanne Fritz („Wie kommt der Krieg ins Kind“). Evangelisches Bildungszentrum Hospital-

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VERANSTALTUNGSKALENDER

hof, Büchsenstraße 33, Stuttgart.

■ Freitag, 31. März, 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: Buchpräsentation mit Dr. Eva Habel, Direktorin der Regionalcaritas Schluckenau: „Zu Gast bei den Roma in Schluckenau. Rezepte und Erinnerungen“ (siehe rechts). Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5 , München.

■ Freitag, 31. März bis Donnerstag, 6. April, Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk: 66. Fritz-Jeßler-Ostersingwoche mit Chorgesang, Volkstanz, Instrumentalmusik und Kindergruppe. Musikalische Leitung: Astrid Jeßler-Wernz, Karlshuld. Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, 97688 Bad Kissingen Weitere Informationen unter www.heiligenhof.de

■ Samstag, 1. April, 10.00 Uhr, SL-Landesgruppe BadenWürttemberg: Landesversammlung. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart.

■ Samstag, 1. April, 14.00 bis 18.00 Uhr, Sudetendeutsche Heimatpflege: BöhmischMährisch-Schlesischer Ostermarkt. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Samstag, 1. April, 14.00 bis 17.00 Uhr: „Offene Osterwerkstatt für Kinder und Familien zum Ostermarkt der Heimatpflegerin“. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München.

■ Montag, 3. April, 14.00 Uhr: Altvater-Runde Stuttgart: Kaffeenachmittag. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart.

■ Dienstag, 4. April, 14.00

Uhr: Deutscher Böhmerwaldbund Heimatgruppe Stuttgart: Kaffeenachmittag. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart.

■ Mittwoch, 5. April, 18.00

Uhr, Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg: „Kinder unter Deck“. Filmvorführung und Gespräch mit Regisseurin Bettina Henkel. Kino Atelier am Bollwerk, Hohe Straße 26, Stuttgart.

■ Dienstag, 11. bis Donnerstag, 13. April, Haus des Deutschen Ostens: „Was uns anzieht: Trachten der Deutschen aus dem östlichen Europa zwischen Ästhetik, Politik und Mode“. Seminar im Bildungszentrum Kloster Banz in Bad Staffelstein. Anmeldung beim HDO telefonisch unter (0 89) 4 49 99 30 oder per eMail an poststelle@hdo.bayern. de Die Seminargebühr beträgt mit zwei Übernachtungen und Vollpension 130 Euro.

■ Sonntag, 16. April, 11.00 bis 14.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Fest der Nationen. 15 kulinarische sudetendeutsche Angebote. Gemeindehaus Salvator Giebel, Giebelstraße, Stuttgart.

■ Dienstag, 18. April, 15.00 bis 17.30 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Heimaterinnerungen. Schreibcafé für Seniorinnen und Senioren mit Autorin Gunda Achterhold. Weitere Termine am 2., 16. und 30. Mai sowie 13. Juni. Teilnahmegebühr pro Termin: 15 Euro. Anmeldung erbeten bis jeweils eine Woche vor dem Termin unter eMail anmeldung@ sudetendeutsches-museum.de

■ Dienstag, 18. April, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste, Ausstellungseröffnung: „Roland Helmer und Christian Thanhäuser: Konkret-Konstruktiv & Abstrakt –Ein Werkdialog“. Anmeldung erbeten unter Telefon (0 89) 48 00 03 48 oder per eMail an sudak@mailbox.org Die Ausstellung ist anschließend bis zum 21. Mai montags bis freitags von 9.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Sudetendeutsches Haus, Alfred-KubinGalerie, Hochstraße 8, München. Eintritt ist frei.

■ Samstag, 22. April, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: Jahreshauptversammlung mit Ehrungen. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart.

■ Samstag, 22. April, 15.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde Er-

langen: „Verschwundener Böhmerwald“. Mit der Filmdokumentation erzählt Emil Kintzl Episoden aus der Grenzregion. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen.

■ Samstag, 22. bis Sonntag, 23. April, Bund der Eghalanda Gmoin: Bundeshauptversammlung. Egerland-Kulturhaus, Fikentscherstraße 24, Marktredwitz.

■ Sonntag, 23. April, 10.00 bis 17.00 Uhr, Walther-HenselGesellschaft: Sonntagssingen. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart.

■ Donnerstag, 27. April, 19.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Böhmisch-Bairisches Frühlingssingen mit Dr. Erich Sepp“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Freitag, 28. April, 15.00 Uhr, Ackermann-Gemeinde Augsburg: „Deutsch-Tschechischer Dialog in der jungen Generation“. Vortrag und Gespräch mit Julia Schäffer. Haus St. Ulrich, Kappelberg 1, Augsburg.

■ Freitag, 5. bis Sonntag, 7. Mai, Sudetendeutscher Rat: Marienbader Gespräche. Das diesjährige Motto lautet: „Tschechen, Sudetendeutsche sowie europäische Volksgruppen und Minderheiten im Spiegel der Medien.“ Programm folgt.

■ Samstag, 13. Mai, 15.00 Uhr: SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: „Die Stadt Eger mit dem Begegnungszentrum der Deutschen und das Egerlandmuseum in Marktredwitz“. Vortrag von Helga Burkhardt und Christoph Lippert. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen.

■ Sonntag, 14. Mai, 13.00 bis 19.00 Uhr: Egerländer Gmoi Stuttgart: Gmoinachmittag. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart.

■ Donnerstag, 18. Mai, 11.00 Uhr, Mährisch-Schlesischer Sudetengebirgs-Verein: Himmelfahrtstreffen und Hahnschlagen. Altvaterbaude des MSSGV bei Schopfloch, Stockert 2, Lenningen.

■ Sonntag, 21. Mai, 10.00 bis 18.30 Uhr: Sudetendeutsches Museum: Internationaler Museumstag. 10.15 bis 11.45 Uhr: Themenführung: „Zwischen Himmel und Erde – Zur Religionsgeschichte Böhmens und Mährens“ mit Klaus Mohr. 11.00 bis 13.00 Uhr: Familienführungen mit Nadja Schwarzenegger. Anmeldung unter eMail anmeldung@ sudetendeutsches-museum.de 14.00 bis 15.00 Uhr: „Götz Fehr: Tu Austria felix“ – eine unterhaltsame Lesung mit Dr. Raimund Paleczek. 15.15 bis 15.45 Uhr sowie 18.00 bis 18.30 Uhr: Tanzperformance „Fremde Freunde“. 16.00 bis 17.00 Uhr: Themenführung „Pilsner Bier und Znaimer Gurken – Sudetendeutsche Spezialitäten“ mit Eva Haupt.

■ Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai, Sudetendeutsche Landsmannschaft Bundesverband: 73. Sudetendeutscher Tag in Regensburg. Donau-Arena, Walhalla-Allee 24, Regensburg. Programm siehe Seite 5.

■ Samstag, 27. Mai, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: Monatsnachmittag. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart.

■ Donnerstag, 8. bis Sonntag, 18. Juni: Prager Quadriennale. Die weltweit bedeutendste Wettbewerbsschau des Bühnenbilds und der Theaterarchitektur. Hauptaustragungsort: Markthalle, Bubenské nábř. 306, Holešovice, Prag.

■ Samstag, 10. Juni, 10.30 bis 16.00 Uhr: SL-Bezirksverband Schwaben: Bezirksneuwahlen. Trachtenheim, Donauwörther Straße 46, Königsbrunn.

■ Samstag, 10. Juni, SLKreisgruppe Erlangen und Akkermann-Gemeinde Erlangen: Fahrt nach Eger und Marktredwitz. Anmeldung bei Christoph Lippert, Telefon (0 91 32) 97 00, oder eMail info@lti-training.de

Das Banat und andere imaginäre Räume der Dichtung

■ Freitag, 14. bis Sonntag, 16. April, Literaturseminar „Das Banat und andere imaginäre Räume der Dichtung“ der Akademie Mitteleuropa auf dem Heiligenhof.

Das Seminar, das die Akademie Mitteleuropa in Zusammenarbeit mit dem Kulturwerk der Banater Schwaben veranstaltet, will einen Spannungsraum literarisch ausloten und mithin sichtbar, erlebbar und nachvollziehbar machen. Dabei ist das Banat, sei es durch die biographische Herkunft der mitwirkenden Autoren, sei es durch thematische Anspielungen oder Anknüpfungen, ein Bezugspunkt, die sich darüber wölbende fiktionsgeleitete Deutung und literarische Verarbeitung und Imagination der andere. Zwischen diesen Polen werden sich die bei dem Seminar gelesenen literarischen Texte oszillierend bewegen. Es handelt sich um ein Seminar mit vor allem aus dem Banat und aus Siebenbürgen stammenden Schriftstellern, namentlich Albert Bohn, Katharina Eismann, Ilse Hehn, Werner Kremm, Johann Lippet, Traian Pop Traian, Horst Samson, Hellmut Seiler, Anton Sterbling, Astrid Ziegler und Dr. Thomas Ziegler. Eingeleitet und moderiert werden die Lesungen von den bekannten Literaturwissenschaftlern und Literaturkennern Dr. Markus Bauer, Prof. Dr. Wolfgang Dahmen, Dr. Walter Engel und Dr. Anneli Ute Gabanyi. Es stehen Plätze für 40 interessierte Teilnehmende zur Verfügung.

Der Tagungsbeitrag beträgt 80 Euro plus 3,90 Euro Kurtaxe pro Person (inklusiv Programm, Verpflegung sowie Unterbringung im Doppelzimmer für zwei Tage), beziehungsweise 100 Euro plus 3,90 Euro Kurtaxe im Einzelzimmer. Die Reisekosten müssen von den Teilnehmern selbst getragen werden. Die Anmeldungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt.

Anmeldungen sind zu richten an: Der Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, 97688 Bad Kissingen, Telefax (09 71) 71 47 47 oder per Mail an info@ heiligenhof.de. Kennwort: Banater Literatur.

Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

❯ Buchpräsentation mit Verköstigung

„Zu Gast bei den Roma in Schluckenau“

■ Freitag, 31. März, 18.00

Uhr: „Zu Gast bei den Roma in Schluckenau“. Buchpräsentation mit Verköstigung in Kooperation mit der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen und dem Kulturreferat für die böhmischen Länder im Adalbert Stifter Verein. Veranstaltungsort: Gaststätte „Zum Alten Bezirksamt“ im Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München.

Die Schluckenauer Roma wurden nach 1945 in der kommunistischen Tschechoslowakei in diese Grenzregion umgesiedelt und kamen ursprünglich aus verschiedenen Teilen der einstigen Donaumonarchie. Von überall her brachten sie auch ihre Rezepte mit, wobei viele davon einem Sudetendeutschen ebenfalls vertraut sind.

So entstand ein hochinteressantes Buch mit vielen Kochanleitungen für Süßes und Herzhaftes. Dazwischen finden sich Erinnerungen und Bilder aus dem althergebrachten Leben der Schluckenauer Roma. Somit führt das Buch nicht nur in ihre Küche, sondern auch in ihre Lebenswelt ein. Indem es in den Lebensgeschichten der Roma die Wechselwirkungen mit der Mehrheitsgesellschaft reflektiert, schließt es eine gro-

ße Wissenslücke über diese Minderheit. Das Kochbuch „Zu Gast bei den Roma in Schluckenau“ wurde vom DeutschTschechischen Zukunftsfonds, dem Bundesjustizministerium, dem Regierungsamt der Tschechischen Republik, Renovabis und dem Bistum Eichstätt gefördert. Es ist auf Tschechisch, Deutsch und Romanes erschienen.

Über die Autorin und Referentin des Abends: Dr. Eva Habel ist Direktorin der Regionalcaritas Schluckenau. Von 1999 bis 2008 war sie Heimatpflegerin der Sudetendeutschen. Seit 2008 ist sie als Pastoralreferentin der Caritas für die Roma-Minderheit in Schlukkenau tätig. Sie kümmert sich vor allem um Roma-Familien, die in schwierigen Verhältnissen leben. Mit Hilfe des Leitmeritzer Bischofs Jan Baxant gründete sie eine Gebietsdirektion.

Eintritt: 20 Euro (inklusive Drei-Gänge-Menü, ohne Getränke). Anmeldung per eMail an poststelle@ hdo.bayern.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24.03.2023 4 TERMINE

❯ Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und SL-Bundesvorsitzender

73. Sudetendeutscher Tag:

Schicksalsgemeinschaft Europa

Europa gehört zusammen. Das zeigt sich in der Geschichte und in der Gegenwart, und es zeigt sich anhand von Städten wie Regensburg.

In Regensburg ließen sich im Jahr 845 vierzehn böhmische Fürsten taufen, von Regensburg aus wurde das Bistum Prag gegründet. Die Donau, die durch Regensburg fließt und stets auch eine wichtige Lebensader für unsere böhmisch-mährisch-schlesische Wurzelheimat war, verbindet mit Deutschland, Österreich, Ungarn, der Slowakei, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, der Republik Moldau und der Ukraine

73. Sudetendeutscher Tag

Alles auf einen Blick

Veranstaltungsort: Donau-Arena, Walhalla-Allee 24, Regensburg.

Böhmisches Dorffest: Böhmische Blasmusik, Volkstanz, traditionelle Trachten und heimatliche Küche an den Festabenden.

Heimattreffen: Beim Sudetendeutschen Tag treffen sich mehrere Generationen von Landsleuten aus den Heimatlandschaften.

Infostände: In der Festhalle bieten zahlreiche Infostände Informationen rund um die Kultur der Sudetendeutschen.

Veranstaltungen: Mit Vorträgen, Präsentationen, Mundartlesungen, Filmvorführungen, Buchvorstellungen, musikalischen Darbietungen und Diskussionsrunden geben sudetendeutsche Organisationen Einblick in ihre Aktivitäten.

Stadtführung: Im Rahmen einer deutsch-tschechischen Stadtführung werden die böhmischen Spuren der ehemaligen Freien Reichsstadt erkundet. Start ist am Alten Rathaus. Die Termine: Freitag von 18.00 bis 19.30 Uhr sowie Pfingstsonntag von 16.00 bis 17.30 Uhr. Anmeldung unter eMail anmeldung@ sudeten.de

Sudeten.net: Insbesondere junge Sudetendeutsche suchen heute über soziale Netzwerke nach Kontakten zu Landsleuten. Die Teilnahme an sudeten. net ist kostenfrei.

Anreise: Regensburg liegt verkehrsgünstig am Knotenpunkt der Autobahnen A3 und A93. Der ausgeschilderte Parkplatz der Donau-Arena befindet sich dabei unmittelbar an der B8. Für ÖPNVNutzer und Bahnfahrer organisiert die Sudetendeutsche Landsmannschaft zusätzlich zu den Angeboten des Regensburger Verkehrsverbundes (RVV) einen Bustransfer vom Hauptbahnhof mit Stopps am Dachauplatz, Haus der Bayerische Geschichte, Wöhrdstraße (Pendlerparkplatz) sowie Weichs-Donaueinkaufszentrum) zur Donau-Arena.

Übernachtungsmöglichkeiten: Ein großes Hotelangebot steht auf der Homepage www.sudeten.de. Darüber hinaus informiert die Tourist Information Regensburg im Alten Rathaus über Übernachtungsangebote. Kontakt unter Telefon (09 41) 5 07 44 10, Telefax (09 41) 5 07 44 18 oder im Internet unter www. tourismus.regensburg.de

Festabzeichen: Das Festabzeichen ist zum Preis von 10,00 Euro erhältlich und berechtigt zum Eintritt in alle Veranstaltungen des Sudetendeutschen Tages am Pfingstwochenende. Schüler und Studenten zahlen 5,00 Euro. Kinder bis 14 Jahre sind frei.

Freier Eintritt: Enkel und Urenkel erhalten freien Eintritt, wenn sie ihre Groß- beziehungsweise Urgroßeltern zum Sudetendeutschen Tag begleiten.

Programm: Einen Überblick über das aktuelle Programm (Änderungen vorbehalten) am Pfingstwochenende bieten die Sudetendeutsche Zeitung, die Heimatzeitschriften, der Festführer sowie das Internet: www.sudeten.de

Öffnungszeiten: Die Donau-Arena ist am Samstag von 8.00 Uhr bis 24.00 Uhr und am Pfingstsonntag von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.

zehn europäische Länder. Europa ist eine Schicksalsgemeinschaft, das hat der Paneuropa-Gründer, unser Landsmann Richard Coudenhove-Kalergi, schon vor 100 Jahren erkannt. Uns in Europa geht es besser, wenn wir zusammenhalten.

Das lehrt uns auch die Geschichte unserer Volksgruppe: Zeiten, in denen Tschechen und Sudetendeutsche zusammengehalten haben, waren Zeiten kultureller Blüte und Zeiten des Friedens.

Und so wünschen wir uns, daß auch dieser 73. Sudetendeutsche Tag europaweit ausstrahlt, wenn wir in unserer Patenstadt Regensburg zusammenkommen und mit Gästen aus der Tschechi-

❯ Mut tut gut

schen Republik und aus ganz Europa einen offenen und freundschaftlichen

Dialog pflegen, gemeinsam für ein sich einigendes Europa einstehen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fortsetzen. Kommen also auch Sie in großer Zahl zu Pfingsten nach Regensburg und bringen Sie viele Landsleute und Freunde der Sudetendeutschen Volksgruppe mit, insbesondere solche, die noch nie bei uns waren!

Dr. h. c. Bernd Posselt, MdEP a. D. Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Wunder ist Verlaß

In den letzten Monaten bin ich auf eher zufällige Weise zwei Gedichten von Mascha Kaléko (* 7. Juni 1907 in Chrzanów, † 21. Januar 1975 in Zürich) begegnet. Ich kannte die Lyrikerin bislang nicht. Doch die Kraft ihrer Worte und ihre Fähigkeit, in schwierigsten menschlichen Umständen die Türe der Hoffnung einen Spalt breit offen zu sehen, haben mich spontan beeindruckt. Im ersten Gedicht, auf welches ich stieß, heißt es: „Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond.“ Jeder Mensch erlebt dann und wann fürchterliche Nächte. Es sind Situationen, in denen man nicht aus und ein weiß. Dunkelheit umgibt dann nicht nur den äußeren, sondern vor allem auch den inneren Menschen. Sie wirkt beklemmend und bedrückend für die Seele.

Traditionelle Höhepunkte: Die Verleihung der Kulturpreise (links), der Volkstumsabend (oben) und die Hauptkundgebung (rechts) mit dem Bayerischen Ministerpräsideten als Schirmherrn der Sudetendeutschen (rechts).

Einer der Höhepunkte des Sudetendeutschen Tages 2022 war die Verleihung des Karls-Preises an Rumäniens Präsidenten Klaus Iohannis. Unter den ersten Gratulanten war Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf.

❯ 73. Sudetendeutscher Tag von Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai in Regensburg

Das Festprogramm an Pfingsten

Freitag, 26. Mai 14.00 Uhr: Europäischer Auftakt. Bismarckplatz. 19.00 Uhr: Festlicher Abend mit Verleihung der Sudetendeutschen Kulturpreise (gesonderte Einladung). Moderation: Iris Kotzian. Theater Regensburg.

Samstag, 27. Mai 10.30 Uhr: Festveranstaltung –Schicksalsgemeinschaft Europa. Eröffnung: Steffen Hörtler, Landesobmann der SL Bayern. Grußworte: Gertrud Maltz-Schwarzfischer, Oberbürgermeisterin der Patenstadt Regensburg; Ulrike Scharf MdL, Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales und Schirmherrschaftsministerin; Rita Schwarzelühr-Sutter MdB, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin des Innern und für Heimat.

Verleihung des Karls-Preises 2023 der Sudetendeutschen Landsmannschaft

durch Dr. h. c. Bernd Posselt, MdEP

a. D., Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe. Rede des Karls-Preisträgers. Musikalische Umrahmung: Formation des Westböhmischen Symphonieorchesters Marienbad. Donau-Arena, Haupthalle.

Ab 14.30 Uhr: Themenbezogene Veranstaltungen und Workshops der sudetendeutschen Organisationen und Vereinigungen.

16.00 Uhr: Mauke – Die Band. Gablonzer Mundartkabarett.

18.00 Uhr: Sudetendeutsches Schatzkästlein mit dem Westböhmischen Symphonieorchester Marienbad.

19.00 Uhr: HEIMAT!abend mit Tracht, Musik und Tanz. Regie und Moderation: Elisabeth und Stefanie Januschko. Donau-Arena, Haupthalle.

21.00 Uhr: Sudetendeutsches Volkstanzfest: Tanz und Geselligkeit mit Mu-

sik aus Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien. Tanzmeisterin: Sabine Januschko.

Pfingstsonntag, 28. Mai

9.00 Uhr: Römisch-katholisches Pontifikalamt. Donau-Arena, Haupthalle.

9.00 Uhr: Evangelischer Gottesdienst.

10.30 Uhr: Einzug der Fahnenabordnungen und Trachtengruppen zur Hauptkundgebung.

11.00 Uhr: Hauptkundgebung. Internationale Grußbotschaft. Reden: Dr. h. c. Bernd Posselt, MdEP a. D., Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe; Dr. Markus Söder, MdL, Bayerischer Ministerpräsident, Schirmherr der Sudetendeutschen Volksgruppe. Musikalische

Umrahmung: Gartenberger Bunkerblasmusik unter Leitung von Roland Hammerschmied. Anschließend Lasershow: Die Sudetendeutschen – Reise durch die Zeit. Donau-Arena, Haupthalle.

Schwierige Fragen tauchen auf: Was trägt im Leben? Wie geht es weiter? Werde ich die Finsternis überstehen? Und immer wieder die Frage: Warum? Warum ich? Warum gerade jetzt? Mascha Kaléko kannte solche Situationen gut. Ihr Leben hatte mehrfach schwere Erschütterungen erfahren. Die in Galizien geborene Tochter einer jüdischen Familie war als Siebenjährige mit ihren Eltern und ihrer Schwester nach Deutschland geflüchtet, um drohenden Pogromen in ihrer Heimat zu entkommen. Hier erlebte sie die vorübergehende Internierung ihres Vaters als „feindlicher Ausländer“. Über die Stationen Frankfurt am Main und Marburg zog die Familie schließlich nach Berlin. Dort fühlte sich Mascha wohl.

Als junge Erwachsene mischte sie in der literarischen Szene der deutschen Hauptstadt kräftig mit. Allerdings wurde ihr bohémehaftes Leben nach der Machtübernahme durch die Nazis mehr und mehr eingeschränkt. 1938 erfolgte dann eine neuerliche Flucht, und zwar in die Vereinigten Staaten. Zusammen mit ihrem zweiten Ehemann und ihrem kleinen Sohn erlebte die Lyrikerin ihre neue Situation als „Exil“ in der ganzen Bedeutungsschwere dieses Wortes. Nur mit größter Mühe konnte man sich über Wasser halten.

„Auf nichts war Verlaß. Nur auf Wunder“, schreibt die Lyrikerin in einem Gedicht. Normalerweise verlassen wir Menschen uns selten darauf, daß in unserem Leben Wunder geschehen. Eher verlassen wir uns auf unsere eigene Kraft, auf unsere Talente und Fähigkeiten, auf gute Beziehungen. Wenn auf all dies aber tatsächlich kein Verlaß mehr ist, bleiben tatsächlich nur mehr Wunder: Begebenheiten, die über das Plan- und Berechenbare hinausgehen.

1960 wanderte Mascha Kaléko nach Jerusalem aus. Auch dort ein schwieriger Anfang, und noch schwieriger: der viel zu frühe Tod ihres Sohnes. Wie diese Frau immer wieder finstere Lebensumstände bewältigte, läßt mich staunen. In jenem Gedicht, in welchem sie über die Verläßlichkeit von Wundern spricht, schreibt sie zum Schluß: „Zur Heimat erkor ich mir die Liebe.“ Ja, so ist es: Wer in der Liebe sein Zuhause hat, dem kann die Finsternis keinen Schaden zufügen.

Auf
AKTUELL · KOLUMNE Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24.03.2023 5
Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe. Fotos: Torsten Fricke

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Am 17. März starb Tilman Zülch, aus dem Altvaterland stammender Träger des SL-Menschenrechtspreises 2003, Gründer der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und seit der Gründung 1970 bis zu seinem Tod Präsident der GfbV, mit 83 Jahren im niedersächsischen Göttingen.

Tilman Zülch kam am 2. September 1939 in Deutsch-Liebau im nordmährischen Kreis Mährisch Schönberg zur Welt. Schon früh erfuhr der spätere Kämpfer für bedrohte Völker Vertreibung am eigenen Leib. „Sehr beeinflußt hat mich, daß ich in Schleswig-Holstein und Hamburg inmitten vieler Flüchtlinge und Vertriebener aufwuchs“, sagte er bei der Verleihung des SL-Menschrechtspreises vor 20 Jahren in München. Diesen Preis hatte vor ihm nur Emilie Schindler erhalten.

Er studierte 1961 bis 1967 Volkswirtschaft und Politik in Graz, Heidelberg und Hamburg. 1968 gründete er in Hamburg mit Klaus Guerke die Aktion BiafraHilfe gegen den Völkermord an den Ibos in Biafra, aus der 1970 die GfbV hervorging.

❯ Großer Philosoph aus Brünn

PERSONALIEN

❯ Träger des SL-Menschenrechtspreises 2003

Tilman Zülch †

1985 bis 1989 wurde er mit einem DDR-Einreiseverbot belegt. Seine Stasi-Akte betrachtete er als „Anerkennung“ seiner Arbeit in der GfbV. Zülch war ab 1995 Mitglied der Jury des Menschenrechtspreises der Stadt Weimar und einer der Förderer des Zentrums gegen Vertreibungen. Die GfbV arbeitet für ethnisch oder religiös verfolgte Gemeinschaften auf allen Kontinenten und unter allen politischen Systemen. Die Menschenrechtsorganisation bekämpft Genozid, Ethnozid, Vertreibung und Rassismus. Sie setzt sich für die Anerkennung und Integration von politischen Flüchtlingen und für die Rückkehr Vertriebener in Würde ein. Verbindliche Leitlinien der politisch und ökonomisch unabhängigen internationalen Menschenrechtsorganisation sind

die Slogans „Auf keinem Auge blind“ und „Von denen keiner spricht“.

Tilmann Zülch: „Menschenrechtler müssen bereit sein, sich zwischen die Stühle zu setzen. Nicht um rechthaberisch Positionen durchzufechten, sondern um für die Rechte der Diskriminierten, Verfolgten, Vertriebenen oder von Vernichtung Bedrohten in aller Konsequenz einzutreten.“

Konsequent erklärte er 2002 zur Resolution des Prager Parlaments bezüglich der Beneš-Dekrete, wer Vertreibuung rechtfertige, dürfe nicht EUMitglied werden.

Auch Volksgruppensprecher Bernd Posselt trauert um einen großen Mitstreiter: „Im letzten Quartal des letzten Jahrhunderts, als das Thema Vertreibung noch mehr als heute tabuisiert

Ernst Tugendhat †

Am 13. März starb der in Brünn geborene Philosoph Ernst Tugendhat kurz nach seinem 93. Geburtstag am 8. März in Freiburg im Breisgau.

Wenige Monate nach seiner Geburt zog seine Familie – der Brünner Textilindustrielle Fritz Tugendhat und dessen Frau Grete, geschiedene Weiss, geborene Löw-Beer, mit ihren Kindern – in die von Ludwig Mies van der Rohe geschaffene BauhausIkone Villa Tugendhat. Das in der zeitgenössischen Architekturwelt gefeierte Haus wurde in vielen Zeitschriften der 1930er Jahre vorgestellt und dabei immer mit der darin lebenden Familie. So findet sich auf vielen dieser Fotografien auch KleinErnst. Das moderne Idyll der jüdischen Familie endete 1938. Nach der Abtretung des Sudetenlandes an Deutschland floh sie zuerst in die Schweiz, dann nach Venezuela. Dort empfahl Grete Tugendhat ihrem Sohn Ernst 1945 Martin Heideggers Frühwerk „Sein und Zeit“. Das Werk begeisterte ihn so, daß er nach ersten Studi-

enjahren an der Stanford-University in den USA 1949 nach Freiburg ging. Dort studierte er nach Aufhebung des Lehrverbots für Heidegger bei ihm. Nach Stationen in Münster und Tübingen habilitierte Tugendhat 1965 mit „Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger“. Wohl schon dabei argumentierte er gegen Heideggers Orientierung am Sein. Diese Orientierung wollte er zur Frage nach dem Verstehen sprachlicher Ausdrücke transformieren. Tugendhat verpflichtete die Philosophie auf die Sprachanalyse. Er habe seine Aufgabe als deutscher Professor darin gesehen, gegenüber den deutschen Tiefsinnigkeiten für Klarheit zu sorgen, sagte Ernst Tugendhat einmal treffend.

Seine letzte Station als Professor in Deutschland war 1980 bis 1992 die Freie Universität Berlin. Dort füllte er, bekannt auch durch sein politisches Engagement in der Friedensbewegung, die größten Hörsäle mit Hunderten Hörern. Seinen Seminaren gab er abseitige Titel, legte sie auf Samstagvormittag und

❯ Evangelischer Theologe aus den Beskiden

Am 15. Februar starb der aus Mosty, ein Stadtteil von Teschen an der Grenze zu Polen, stammende evangelische Pfarrer und Kirchenhistoriker Herbert Patzelt mit 97 Jahren in Lübek.

Herbert Patzelt kam am 1. April 1925 zur Welt und wurde am 16. April in der Herz-Jesu-Kirche in Teschen getauft. Im März 1939 mußte seine Familie das Land verlassen. 1947 kehrte er aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück und trat im selben Jahr zur evangelischen Kirche über.

Er studierte Theologie in Tübingen, Fremont in Nebraska, und Philadelphia in Pennsylvania. Er wurde 1954 von der United Lutheran Synod of New York and New England in Johnson City in New York ordiniert.

12/2023

wurde und man von vielen Seiten versuchte, den BdV und die Landsmannschaften ins revanchistische Eck zu stellen, erhob Tilman Zülch seine laute und weithin respektierte Stimme für unser Schicksal und unsere Anliegen. Dies löste ein breites Echo aus, denn er wurde eher der politischen Linken zugeordnet.

In Wirklichkeit sprengte er alle herkömmlichen Klischees und Kategorien, denn ihm ging es um Menschenrechte und nur um Menschenrechte. Dabei ließ er sich nicht davon beeinflussen, wer sie wann und wo verletzte. Er schonte niemanden und dachte ausschließlich von den Opfern her. Selbst ein Heimatvertriebener und durch familiäre Geschikke eng mit unserer Volksgruppe verbunden, überzeugte er viele, sich auch mit der Vertreibung der Sudetendeutschen auf der Basis von Wahrheit und Recht zu befassen, wie er dies für alle Nationalitäten weltweit, vom Amazonas bis Indochina, gleichermaßen tat. Wir sind ihm in tiefer Dankbarkeit und im Gebet verbunden.“ Nadira Hurnaus

❯ Lustige Böhmerwäldlerin

Waltraud

Mückstein †

sicherte sich so eine überschaubare und bewältigbare Interessentenschar. Nach seiner Emeritierung lehrte als er Gastprofessor in Santiago de Chile, in Wien und Prag. 2013 kehrte er nach Freiburg im Breisgau zurück.

Zur Villa Tugendhat äußerte er sich Dokumentarfilm „Haus Tugendhat“ (2013), der auch thematisiert, daß das Haus den rechtmäßigen Eigentümern nicht zurückgegeben wurde. 1992 wurde in der Villa Tugendhat der Vertrag über die Teilung der Tschechoslowakei unterzeichnet. 1995 wurde es zum Nationalen Kulturdenkmal erklärt, 2001 folgte die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste als Denkmal moderner Architektur.

Ernst Tugendhat erhielt 2005 den mit 50 000 Euro dotierten Meister-Eckhart-Preis. Er spendete das Geld der Schule Talitha Kumi in Beit Jala in Palästina. Es ist sicher kein Zufall, daß Ernst Tugendhat, der als Jude deutscher Zunge das modern gestaltete Idyll seiner frühen Kindheit verlassen mußte, viele Jahre Schirmherr der Gesellschaft für bedrohte Völker war, die 1970 in Hamburg gegründet wurde.

Am 12. Januar starb Waltraud „Waldi“ Mückstein, Mitglied des Deutschen Böhmerwaldbundes, mit 65 Jahren in München.

Der promovierte Pastor diente in der Deutschen Marinemission in New York, in der Gemeinde Lübeck und in Triest.

Über die Protestanten in der Region Teschen und in Österreichisch-Schlesien schrieb er die Bücher „Der Pietismus im Teschner Schlesien 1709–1730“, Göttingen 1969, und „Geschichte der Evangelischen Kirche in Österreichisch-Schlesien“, Dülmen 1989. Mit seiner intensiven kirchengeschichtliche Arbeit bewahrte er das Erbe der „Mutterkirche vieler Länder“, wie das evangelische Teschen genannt wurde, nicht nur, sondern gab es an die folgenden Generationen weiter. Er blieb mit Teschen und unserer Kirche in Kontakt und kehrte bis in seine späteren Lebensjahre immer wieder in seine Heimat zurück. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er mit seiner Frau Traute, geborene Faust, in Lübeck.

Ich erhielt den Hinweis von meiner Schwägerin Ursula Brejzek-Stiebitz. Ihr erster Mann Helmut Brejzek ist ein Cousin von Herbert Patzelt und stammt ebenfalls aus Teschen. In deutscher Sprache sind die Hinweise auf die Leistungen von Patzelt nicht sehr umfangreich. Etwas mehr zeigen die Hinweise auf seine Bücher, unter anderem Geschichten über seine Familie, die aus dem Riesengebirge stammt, so über „Wenzel Patzelt, ein Ziegelmeister aus dem Riesengebirge“ und „Die Historie der Patzelts von Tschermna im Riesengebirge“. Die Tschechen zitieren Herbert Patzelt: „Ich bin dankbar, daß ich in österreichischer Toleranz und dreisprachigem Umfeld aufgewachsen bin.“

Am 16. März 1957 kam Waltraud als erstes Kind von Fritz und Herta Mückstein in München zur Welt. Ihr folgten Bruder Harry und Schwester Petra. Ihr Vater starb schon mit 44 Jahren, was sie wohl sehr prägte. Sie lernte bei Sport Schuster Sportartikelverkäuferin, setzte ihr Berufsleben aber bei der DJO – Deutsche Jugend des Ostens fort. Außerdem engagierte sie sich ehrenamtlich bei DJO-Zeltlagern. Das kam auch der Böhmerwald-Kindergruppe und den Deutsch-Tschechischen Kinderfreizeiten der Böhmerwaldgruppe zugute. Dann arbeitete sie beim Sudetendeutschen Rat und die letzten 20 Jahre vor der Rente beim Bayerischen Verwaltungsgericht. 1982 war sie Mitglied des Deutschen Böhmerwaldbundes und somit aktives Mitglied der Sing- und Volkstanzgruppe geworden. Mit Renate Slawik leitete sie die Kindergruppe, führte 1987 die ersten Ferien der Böhmerwald-Kindergruppe am Bauernhof bei Gangkofen durch, und beide gründeten nach dem Mauerfall die Deutsch-Tschechischen Kinderfreizeiten.

Nach einer Fußverletzung konnte sie zwar nicht mehr tanzen, unterstützte aber ihre Tante Erika Weinert beim Oster- oder Weihnachts-Basteln, bei der Essensausgabe am Sudetendeutschen Tag, bei den Treffen der Böhmerwäldler oder beim Gredinger Trachtenmarkt, oft unter großen Schmerzen. Sie war ein Mensch, der für alle da war, aber wenig auf sich selbst geschaut hat. Mit großer Freude blickte sie ihrem Ruhestand entgegen, den sie leider nur kurze Zeit genießen konnte. Wir werden Waltraud, die ein so fröhlicher Mensch war, ein liebevolles Andenken bewahren. Ihrer Familie wünschen wir von ganzem Herzen viel Kraft, um über den Verlust hinwegzukommen. Renate Ruchty/ek

FORUM Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 6
Herbert Patzelt

Unter dem Motto „Unsere Heimatsammlungen“ fand im Sudetendeutschen Haus in München das Treffen der Betreuer der sudetendeutschen Heimatstuben statt. Heimatstuben sind Dokumentationsräume für eine bestimmte Ortschaft oder Region in den ehemaligen Sudetengebieten. Bei der Tagung wurde der aktuelle Stand und vor allem die Zukunft der Heimatstuben diskutiert, denn viele mußten aufgelöst und anschließend im Sudetendeutschen Museum inventarisiert werden.

Wenn eine Heimatstube aufgelöst wird, wird das Inventar zumeist an das Sudetendeutsche Museum (SDM) übergeben. Dort werden all diese Erinnerungsstücke aus der Heimat verzeichnet sowie im Depot fachgerecht eingelagert und so für die Zukunft bewahrt. Diese Bestände bilden ein wichtiges Reservoir für künftige Sonderausstellungen des SDM. Ausgewählte Heimatstuben werden auch auf dessen Webseite in Form von 3-DPräsentationen gezeigt.

Rückblick und Ausblick

Details darüber wurden nach der Begrüßung durch Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, und dem Grußwort von SDM-Direktor Stefan Planker von Fachleuten erläutert. Als erstes stellte der SDM-Sammlungsleiter Klaus Mohr in einem Rückblick dar,

Zukunft der Sammlungen

daß sich seit 2017 neun Heimatstuben vollkommen hätten auflösen müssen. Eine dieser Sammlungen sei vom SDM digitalisiert worden. Insgesamt seien bisher 19 Heimatsammlungen erfolgreich in die Bestände des SDM aufgenommen und in das Depot integriert worden.

Jeanine Walcher, die Sammlungsbetreuerin des SDM, berichtete ausführlich über den Ablauf der einzelnen Schritte bei der Übernahme von Heimatsammlungen in die Bestände des SDM.

Stefan Kley von der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern erläuterte in seinem Vortrag, daß auch ehrenamtlich betriebene Museen im Sinne der Definition des Museum-Fachverbands ICOM – Einrichtungen, die sammeln, bewahren, forschen und vermitteln –von der Landesstelle beraten und gefördert werden könnten.

Ingrid Sauer, die Betreuerin des Schriftgutarchivs im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, listete einige Neuzugänge von Verbänden seit 2017 auf. Raimund

Paleczek vom Sudetendeutschen Institut würdigte die Bedeutung der Heimatstuben und verteilte die von ihm erstellte Broschüre über „Internierung und Zwangsarbeit der Sudetendeutschen 1945/46“ an alle Teilnehmer.

Daß ein Aufgehen ihrer Sammlungen vielen Betreuern der Heimatstuben nicht sehr wünschenswert erscheint, zeigte sich im zweiten Teil der Tagung. Uta Bräuer von der Heimatstube Podersam-Jechnitz im oberfränkischen Kronach berichtete vom großen Interesse des Publikums

und besonders der tschechischen Besucher, darunter auch vieler Jugendlicher, die aus Böhmen kämen, um die deutsche Vergangenheit ihrer heute tschechischen Wohnorte Podersam und Jechnitz kennenzulernen.

Gernot Peter wacht in Personalunion über das Böhmerwaldmuseum in Wien und das Heimatmuseum Niemes und Prachatitz in Ingolstadt. Das Wiener Böhmerwaldmuseum sei kein eigentliches Vertriebenenmuseum, so Peter, sondern ein Museum der aus dem Böhmerwald

nach Wien Zugewanderten und werde finanziell von einem Verein getragen, während das Heimatmuseum Prachatitz von der Patenstadt Ingolstadt unterstützt werde. Wichtig seien weitere Archivierung, Modernisierung und verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, etwa durch Ausstellungen und Publikationen wie der neugestalteten Zeitschrift „Der Böhmerwald“.

Der Betreuer der Falkenauer Heimatstube im oberpfälzischen Schwandorf, Gerd Hampl, gab interessante Einblicke in seine Arbeit, die auf eine vertraglich gut abgesicherte Aufnahme seiner Heimatstube in das Stadtmuseum Schwandorf ziele. Hampl erklärte kategorisch: „Wir wollen nicht ins Depot!“

Der Archivar Petr Joza und sein Kollege Jan Němec schilderten in einem Doppelvortrag die gelungene Integration der ehemaligen Tetschener Heimatstube im schwäbischen Nördlingen in das große Archiv im Schloß von Tetschen/Děcin. Die Bestände der beiden Sammlungen ergänzten sich bestens, wie Němec in seinem Vortrag über das Leben des Schmieds Josef Stolle, der von Prosselt im Kreis Tetschen ins hessische Merenberg vertrieben worden war, zeigte. Nach diesen aktuellen Erfolgsgeschichten einiger Heimatsammlungen ging es für die Teilnehmer auf Entdeckungstour im großen Sudetendeutschen Zentralmuseum in München.

Susanne Habel

Zur Veranstaltung „Unsere Heimatsammlungen – Treffen für Betreuende sudetendeutscher Heimatstuben und -museen“ (Þ oben) begrüßte Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, was wir auszugsweise dokumentieren.

Seit Jahren schon hat Klaus Mohr in nimmermüder Anstrengung jene Sudetendeutschen zu sammeln versucht, die sich mit Exponaten und Sammlungen aus ihrer Heimat befassen, diese verzeichnen, erfassen und katalogisieren und sich dabei unendliche viel Arbeit machen, für die ich mich im Namen der Sudetendeutschen Stiftung und im Rahmen dieser Begrüßung zu allererst ganz herzlich bedanken möchte. Sie alle realisieren seit Jahren und manche seit Jahrzehnten, das was der Paragraph 96 des Bundesvertriebenengesetzes nicht nur von Bund und Ländern, sondern von unseren Bürgern als Gesamtheit fordert: Erinnerung und Kultur der Sudetendeutschen zu sammeln, zu erhalten und in der Zukunft zu pflegen. Es geht also darum, die Erinnerungskultur der Sudetendeutschen

� Ansprache von Ortfried Kotzian im Adalbert-Stifter-Saal

Lebendige Erinnerungskultur

und des Sudetenlandes für die bundesdeutsche Gesellschaft und das Ausland, wie es im Paragraphen 96 heißt, fruchtbar zu machen und für die Zu-

kunft interessant zu gestalten. Dafür haben Sie alle einen außerordentlichen Beitrag geleistet. Nur durch Ihre Aktivitäten konnte die Sudetendeutsche

Stiftung das große Ziel realisieren, ein Sudetendeutsches Museum zu errichten als ein Leuchtturmprojekt in der Kulturlandschaft des Freistaates Bay-

ern. Dafür haben der Freistaat Bayern und das Staatsministerium für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt der Bundesrepublik Deutschland finanziell eine ganze Menge beigetragen.

Ich sage aber an dieser Stelle auch, daß ohne die Sammlungen der Sudetendeutschen, vor allem von Archiv und Institut und dem Eigenbeitrag finanzieller Art der Sudetendeutschen Stiftung das Gesamtprojekt „Modernisierung des Sudetendeutschen Hauses mit Bau des Sudetendeutschen Museums“ nie möglich gewesen wäre.

Für Sie alle, die Sie zu dieser Tagung gekommen sind, ist wichtig zu wissen, daß das Sudetendeutsche Museum keine Konkurrenz zu den Heimatsammlungen darstellt. Wir als Trägerin des Museums sehen darin die notwendige Ergänzung und das Internationale Aushängeschild für die Sudetendeutschen in aller Welt.

Und deswegen sollte es in Ihren Besprechungen am heutigen Tag vor allem darum gehen, wie wir das Eigenleben unserer Heimatstuben und Heimatmuseen fördern und zukunftsfest machen können. Dazu wünsche ich ihnen allen viel Erfolg!

KULTUR Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 7
� Treffen der Betreuer sudetendeutscher Heimatstuben und -museen Alle Teilnehmer der Tagung im Adalbert-Stifter-Saal. Dr. Ortfried Kotzian begrüßt die Betreuenden der Heimatstuben und -museen. Bild: Daniel Mielcarek Jeanine Walcher, Dr. Stefan Planker, Sammlungsleiter Klaus Mohr, Dr. Stefan Kley, Ingrid Sauer und Dr. Raimund Paleczek. Bilder: Daniel Mielcarek (11), Heimatkreis Podersam-Jechnitz (1) Uta Bräuer, Heimatstube Podersam-Jechnitz in Kronach, Dr. Gernot Peter, Böhmerwaldmuseum Wien und Heimatmuseum Niemes und Prachatitz in Ingolstadt, Gerd Hampl, Falkenauer Heimatstube in Schwandorf, sowie Petr Joza und Jan Němec, Staatliches Archiv Tetschen/Děcin.

Die Fernsehjournalisten Werner Sonne und Thomas Kreutzmann haben sich in ihrem Buch „Schuld und Leid“ dem Trauma von Flucht und Vertreibung in der Zeit von 1945 bis 2022 mit einem besonderen Fokus gewidmet: 14 Millionen deutsche Flüchtlinge und Vertriebene haben nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat verloren. Die Autoren zeigen – besonders anhand von vielen Zeitzeugenbefragungen –, wie die Debatten über die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und an Flucht und Vertreibung das Selbstverständnis der Deutschen und ihres Gemeinwesens beeinflussen. Auf Einladung des Kulturreferenten Wolfgang Schwarz vom Adalbert-Stifter-Verein (ASV) stellten sie das Buch im Sudetendeutschen Haus vor. Die Präsentation wurde veranstaltet mit der Kulturreferentin für den Donauraum am Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm, Swantje Volkmann.

Viele Buch-Autoren stehen vor dem Problem, daß ihre Publikation bei der Erscheinung schon von der Aktualität eingeholt oder überholt wurde“, führte Wolfgang Schwarz in die Thematik ein. „Und als das heute präsentierte Buch im Februar 2022 fertig wurde, sahen wir uns jedoch einer wie es Olaf Scholz nannte ,Zeitenwende‘ gegenüber, die nicht ignoriert werden konnte“, so der Kulturreferent im Adalbert-Stifter-Verein. Diese Neuentwicklunge habe die Autoren dazu gezwungen, Struktur und Blickrichtung des Buches an die Aktualität anzupassen, und auch vieles zu ergänzen.

Ihr Buch „Schuld und Leid. Das Trauma von Flucht und Vertreibung“ wolle zum einen erinnern an die Flucht und Vertreibung der Deutschen aus den ostmitteleuropäischen Ländern. Die Publikation stelle aber auch wesentliche aktuelle Kontexte her und sträube sich nicht gegen manche historische Parallele oder Rückblicke. Das Buch thematisiere Konflikte in der Auseinandersetzung über den Umgang mit eigenen Opfern, behandele auch die Politik und die Zukunft der Vertriebenenverbände.

„Mit mehr als 60 Persönlichkeiten wie Politikern, Historikern, Kulturschaffenden und Zeitzeugen haben die Autoren gesprochen, und deren Zitate sind wichtiger Bestandteil des Buches“, so Schwarz. Eine Präsentation habe bereits an mehreren Orten stattgefunden wie in

In Wiesbaden eröffnete der BdVLandesverband Hessen rechtzeitig zu seinem 70. Gründungsjubiläum die Schau „Wer bin Ich? Wer sind Wir? Zu Identitäten der Deutschen aus dem östlichen Europa“. Die Wanderausstellung des Hauses des Deutschen Ostens München (HDO) wird dort ergänzt durch Exponate aus der Ostdeutschen Kulturund Heimatstube mit Schönbacher Stube im hessischen Heppenheim an der Bergstraße. Die Vernissage fand auch im Netz statt und ist dort noch online.

Wer bin Ich? Wer sind Wir?

Jeder Mensch und so gut wie jede Gruppe, Gemeinschaft oder Gesellschaft vergewissert sich der eigenen Identität stets

❯ Buchpräsentation mit den Autoren Werner Sonne und Thomas Kreutzmann in München

Schuld und Leid, einst und jetzt

Berlin im Zentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung im letzten Oktober (➝ SdZ 42/2022). Demnächst werde das Buch auch in der Deutschen Botschaft in Prag, im Sejmik in Oppeln und in der Mährischen Landesbibliothek in Brünn vorgestellt.

Auch die Autoren stellte

Schwarz kurz vor: Werner Sonne sei lange beim Westdeutschen Rundfunk gewesen als Stellvertretender Chefredakteur für die Landesprogramme, als ARDKorrespondent in Bonn, Hamburg und Berlin und als ARDStudioleiter in Washington und Warschau. Er sei Autor von Romanen und politischen Sachbüchern.

Thomas Kreutzmann habe über 40 Jahre als Korrespondent für die ARD und den Hessischen Rundfunk gearbeitet – darunter in Prag und Madrid – sowie über zehn Jahre im ARD-Hauptstadtstudio Berlin. Kreutzmanns Mutter stamme aus Marienbad, und er habe auch familiäre Bezüge nach Pommern. Beide Autoren stellten abwechselnd Aspekte des Buches vor. Werner Sonne erinnerte daran, daß Geschichte keinen Schlußstrich kenne, auch wenn der russische Einfall in der Ukrai-

aufs Neue“, erläutert Andreas Otto Weber. Viele Faktoren könnten dabei eine Rolle spielen – die Herkunft, die Sprache, die Religion und das, was man als Heimat ansehe, so der HDODirektor. Aber auch Dinge wie der Beruf, bestimmte Essensvorlieben oder Hobbys. Identitäten könnten außerdem mit Gruppen wie der Familie oder der Nation verbunden werden. Die Ausstellung „Wer bin Ich? Wer sind Wir?“, die anläßlich des 50jährigen Bestehens des HDO erstmals 2020 gezeigt worden sei, thematisiere die regional vielfältigen Identitäten von Deutschen aus dem östlichen Europa. Wichtig seien Dialekte, Bräuche und Traditionen, Kleidung und Trachten, heimatliche

ne zweifellos eine Zeitenwende bedeutet habe. Damit habe sich die Betrachtung der Deutschen als reines Tätervolk an den Greueln des Zweiten Weltkriegs teilweise geändert. Auch 14 Millionen Deutsche seien Opfer des Kriegs geworden. Nun seien über acht Millionen Ukrainer wieder zu Opfern geworden, getötet oder zur Flucht gezwungen.

Trauma der Flucht

„Die Geschichte scheint sich zu wiederholen“, meinte Sonne. Er hielt das Buch hoch: „Deshalb sieht man auf unserem Cover auch die ukrainische Mutter Tetiana Ustymenko, die den Tod ihres Sohnes betrauert, der von russischen Soldaten am 6. April 2022 bei Butscha, 30 Kilometer nordwestlich von Kiew, erschossen wurde.“

Szenen wie diese in unseren Medien hätten in vielen deutschen Vertriebenen die Erinnerungen an das Kriegsende 1945 und die Vertreibung aufgerufen.

„Die Traumata von Kriegsschuld und das Leid der Vertreibung kehren zurück.“ Die russischen Soldaten würden Vertriebene an die Rote Armee nach Ende des Zweiten Weltkriegs erinnern.

„Erneut steht in Deutschland der Umgang mit der eigenen Vergangenheit auf dem Prüfstand, und dabei vollzieht sich eine bis dato unvorstellbare Kehrtwende.“

Auch Thomas Kreutzmann erläuterte, wie gerade deutsche Vertriebene mit den Ukrainern mitfühlten und spontan Hilfe geleistet hätten. Als Beispiel berichtete er von einem Interviewpartner, dem 80jährigen Brünner Timm Plefka, dessen Schwester auf der Flucht 1945 in Prag auf dem Bahnhof zur Welt gekommen sei. Geprägt von den Erinnerungen des Vaters habe sich letztes Jahr sein Sohn Jan Plefka „wie viele andere Sudetendeutsche“ sofort bereit erklärt, Flüchtlingen aus der Ukraine Hilfe und Wohnraum anzubieten.

Generell sei das kollektive Verdrängen von der Opferrolle und -zahl der deutschen Vertriebenen nun gestoppt worden. Gewalttaten wie bei der Wilden Vertreibung würden viel öfter thematisiert. Eine ähnliche Hilfsbereitschaft für die unschuldigen Opfer habe es allerdings schon nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 gegeben, als viele Tschechen nach

❯ Vernissage in Wiesbaden und im Internet

Identitäten

Gerichte, religiöse Besonderheiten sowie Heimat und prägende Geschichtsereignisse.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stünden Interviews mit dem Münchener Stadtrat Florian Roth (Siebenbürgen), der ehemaligen Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Zuzana Finger (Slowakei), der Musikerfamilie Hubert (Rußland), der Verwaltungsangestellten Andrea Kielburg (Banat), dem Historiker Lukas Moj (Oberschlesien) und dem

beliebten Musiker Mulo Francel (Böhmen). „Darin setzen sie sich mit der Bedeutung von Heimat, Sprache, Familie, Musik, Tracht und Erinnerung für ihr Leben und ihr Selbstverständnis auseinander.“ Zu den Interviews an Hörstationen würden sich viele Ausstellungsstücke gesellen, schloß Weber. „Allen kann ich auch den tollen Ausstellungskatalog ans Herz legen, der soeben im Münchener Volk-Verlag erschienen ist.“

Deutschland geflohen seien, erinnerte Kreutzmann. Er las aus dem Buch ein Zitat von Volksgruppensprecher Bernd Posselt vor, der die Hilfsbereitschaft speziell der Sudetendeutschen betont, die sich an ihre alte, übernationale Gemeinschaft erinnerten.

Das Bild von den Deutschen in Mittelosteuropa habe sich deutlich geändert, auch in der jungen Generation, speziell der jungen Tschechen, weniger der Polen. In der Tschechischen Republik hätten eben auch junge Leute den Brünner Versöhnungsmarsch initiiert, der ja an die zahllosen deutschen Opfer des Brünner Todesmarsches erinnere.

Ko-Autor Sonne wies darauf hin, daß auch die vorgeschobene „Argumentation“ Wladimir Putins für seinen Eroberungskrieg ähnlich laute wie einst die von Adolf Hitler, etwa die Betonung des Schutzes von Minderheiten der eigenen Volksangehörigen. Wie einst Hitler, so betreibe auch Putin eine lügnerische Politik aus wirrer Ideologie, blanker Provokation und grausamer Gewalt. Wie einst der Nazidiktator, so bringe auch er die Medien unter seine Kontrolle und wiederhole wieder und wieder die Mär von vermeintlichen Neo-

Begrüßt hatte eingangs Rose-Lore Scholz, die Vize-Vorsitzende und Kulturbeauftragte des BdV-Landesverbandes Hessen. Ein engagiertes Grußwort lieferte Stefan Sauer, der die Bedeutung des Beitrags der Ausstellung zur Erinnerungskultur und zum Erhalt des kulturellen Erbes betont. „Diese Ausstellung ist etwas ganz Besonderes“, so der Staatssekretär im Hessischen Innenministerium. Damit werde ein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur und zum Erhalt des kulturellen Erbes geleistet. „Der Hessischen Landesregierung sind die Belange der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler ein wichtiges Anliegen.“

Die Frage nach der eigenen Identität, die uns auch heute be-

nazis und Faschisten, die in Kiew einen Völkermord an den in der Ukraine lebenden Russen verübten. Für das Umdenken in Deutschland spreche auch die erfolgreiche Arbeit des Dokumentationszentrums der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin, die beide Autoren einhellig lobten. Freilich gingen sie auch auf die schwierige, debattenreiche Entstehung des Dokumentationszentrums ein. Allerdings meinten sie, daß die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten durchaus in den Ersten Stock gepaßt hätte und nicht in den Zweiten. Und Kreutzmann fand, man hätte dort eine „richtige“ Kapelle einrichten sollen anstatt eines „Raumes der Stille“. Dennoch faßte Sonne zusammen: „Es ist gut, daß das Dokumentationszentrum entstanden ist.“ Ebenso lobten die Autoren mehrfach die Arbeit der Vertriebenenorganisationen, die im Buch geschildert wird, besonders die der wichtigen Lobbyorganisation BdV. Auch diesem Thema widmet sich ihr Buch. Aus Zeitgründen kam es jedoch bei der Veranstaltung im Adalbert-Stifter-Saal kaum mehr zur Sprache, aber eine kleine Diskussion war doch noch möglich. Dabei stellte sich heraus, daß die beiden Autoren zwar das Dokumentationszentrum kennen, das Sudetendeutsche Museum jedoch noch nicht besucht hatten. Dazu lud sie aus dem Publikum Raimund Paleczek herzlich ein, der beim Sudetendeutschen Museum für die historische Forschung und Archivfragen zuständig ist. Susanne Habel

schäftige, sei aktueller denn je. In der Ausstellung würden die Fragen nach der Identität mit verschiedenen Schwerpunkten aufgegriffen.

Musikalische Intermezzi zwischen den Reden boten Felix Höller (Viola) und Leon Amelung (Violoncello), umrahmt von Bildern einiger Exponate in der Ausstellung.

Das Schlußwort sprach Siegbert Ortmann, der 1940 in Wiesengrund/Kreis Mies geboren wurde. Der Vorsitzende des BdVLandesverbandes Hessen schildert kurz die Ankunft seiner Familie nach der Vertreibung in Lauterbach in Hessen und freute sich auf den Rundgang durch die Ausstellung. Susanne Habel

Bis Freitag, 14. April: „Wer bin Ich? Wer sind Wir? Zu Identitäten der Deutschen aus dem östlichen Europa“ in Wiesbaden, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35. Mittwoch, Donnerstag 10.00–17.00, Freitag 10.00–14.00 Uhr. Eintritt frei. Im Internet: www. youtube.com. watch?v= IQ9B1HBeNPc

KULTUR Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 8
HDO-Direktor Professor Dr. Andreas Otto Weber, Rose-Lore Scholz, Staatssekretär Stefan Sauer, Siegbert Ortmann und die Musiker Felix Höller (Viola) und Leon Amelung (Violoncello). Thomas Kreutzmann, Werner Sonne, Kulturreferentin Swantje Volkmann und ASV-Kulturreferent Dr. Wolfgang Schwarz. Thomas Kreutzmann, Werner Sonne: „Schuld und Leid. Das Trauma von Flucht und Vertreibung 1945–2022“. Mittler-Verlag, Hamburg 2022; 319 Seiten, 24,95 Euro. (ISBN 9783813211177)

Die Stellvertretende Diözesanvorsitzende Gabi Stanzel und Birgit Nauheimer tragen die Fürbitten vor, Iris Wolff liest aus ihrem Buch, der Diözesanvorsitzende Roland Stindl begrüßt die Gäste und Veronika Kupková spricht über Preßnitz.

� Ackermann-Gemeinde in der Erzdiözese Freiburg

Erinnerungen, Wurzeln und Identitäten

Mit „Erinnerungskulturen“ befaßten sich am zweiten Märzwochenende die 36 Teilnehmer bei der 69. Waldhoftagung der Akkermann-Gemeinde in der Erzdiözese Freiburg. Dabei standen Erinnerungen von Heimatvertriebenen sowie von in der Heimat verbliebenen Deutschen im Fokus. Vor allem – in den Beiträgen von Veronika Kupková –hinsichtlich Böhmen und Mähren, aber auch anhand der Lesung von Iris Wolff mit Blick auf das Banat in Rumänien.

Besonders freute sich der Diözesanvorsitzende Roland

Stindl in seiner Begrüßung über die Präsenz von Hannah Biller, Leiterin des Referats „Kirche in Gesellschaft und Politik“ im Erzbischöflichen Seelsorgeamt. Mit diesem Referat seien schon mehrmals Tagungen durchgeführt worden, so der Vorsitzende.

Er hieß besonders auch seine

Amtsvorgänger Werner Tampe und Erich Pohl willkommen sowie die Referentin Veronika Kupková. Ihr Großvater hat deutsche Wurzeln, sie arbeitete vor ihrer Tätigkeit bei der tschechischen Vereinigung

Antikomplex seit 2021 unter anderem bei Spirála, dem Jugendverband der Sdružení Akkermann-Gemeinde, in Prag als Geschäftsführerin.

Neben den familiären Wurzeln sei sie in ihren zwei freiwilligen sozialen Jahren in Sachsen auf die deutschtschechische Geschichte und auf damit korrespondierende Aspekte gestoßen, schilderte sie einleitend. Ein Vorhaben, das sich daraus entwickelt habe, sei das deutsch-tschechische Schulprojekt „Preßnitz lebt! Přísečnice žije!“. Mit zweisprachigen Infotafeln und einer Buchdokumentation sei die Geschichte dieses Ortes, wo sowohl Deutsche wie auch Tschechen ihre Heimat verloren hätten, festgehalten worden.

Der von Veronika Kupková konzipierte Dokumentarfilm

„Generation N: Deutschböhme“ erhielt den deutsch-tschechischen Journalistenpreis und diente als Einstieg in die Tagungsthematik. Darin kommen vier Zeitzeugen jeweils rund 15 Minuten zu Wort – zwei verbliebene und zwei aus ihrer Heimat vertriebene Deutsche. „Mich interessierte, was diese Menschen erzählen“, erklärte Kupková. Die beiden in den jungen Bundesländern beheimateten Vertriebenen hätten, so die Filmemacherin, hier erstmals ihr Schicksal geschildert. Wichtig für sie sei zudem gewesen, sowohl eine (sudeten)deutsche als auch eine tschechische Perspektive der Thematik zu zeigen. Ein verbindender Aspekt der vier Zeitzeugen sei ihr Bezug zum Erzgebirge.

Aus den Schilderungen der in der Tschechoslowakei Verbliebenen wurde deutlich, daß die Deutschen vielen Benachteiligungen wie Verwehrung eines Studiums ausgesetzt waren. In Erinnerung waren die mit dem Buchstaben „N“ versehenen Armbinden, welche die Deutschen bei ihrer Vertreibung tragen mußten. Unklar war oft die eigene Identität, wenn die Eltern deutsch und tschechisch waren. „Ich war für die Leute ein Tscheche, aber mit deutschen Wurzeln“, meinte der Mann aus Wernsdorf. Die verbliebene Frau sagte: „Ich fühle meine deutschen Wurzeln.“

Die Heimatregion des Vaters bei Preßnitz war für den seine vielen Erlebnisse schildernden Vertriebenen prägend. Doch er berichtete auch von einer schweren Kindheit, dem harten Vorgehen

auf ein von der Literaturwissenschaftlerin Kateřina Kovačková durchgeführtes Zeitzeugenprojekt, in dem auch Mitglieder der Ackermann-Gemeinde zu Wort gekommen seien.

In ihrem zweiten Vortrag stellte Kupková ein aktuelles Projekt von Antikomplex vor: „Mitten am Rande – Gespräche mit Menschen, die dem Sudetenland ein neues Gesicht geben“. Der erste Band, der sich dem Nordwesten von Karlsbad bis Gablonz widmet, erschien im letzten Jahr, der zweite über den Nordosten von Gablonz bis Ostrau ist für heuer geplant. Die Idee entstand zu Beginn der Corona-Pandemie, als die Grenzen geschlossen wurden und Online-Aktivitäten zunahmen.

„Muß man immer in der Vergangenheit bleiben?“, lautete die

� SL-Ortsgruppe Aichach/Bayerisch-Schwaben Film führt

zu Rekordbesuch

Über einen neuen Besucherrekord bei ihrem Monatstreffen konnte sich Mitte März die bayerisch-schwäbische SL-Ortsgruppe Aichach im dortigen Gasthof Specht freuen.

Burundi

tagsgottesdienst.

der tschechischen Armee gegen die Deutschen und dem Transport in Viehwaggons, den er mit der weitaus schlimmeren Deportation der Juden verglich. Der an Natur und Umwelt interessierte und sich dafür einsetzende Mann mußte durch den Umbau von Preßnitz zu einer Talsperre einen doppelten Heimatverlust erfahren. Erst nach der Wende 1989 war für ihn ein „geordnetes Leben“ möglich. Die Titelzeile aus der tschechischen Hymne „Wo ist meine Heimat?“ war schließlich für die vierte Zeitzeugin die zentrale Aussage. Sie erinnerte besonders an die Maßnahmen gegen die Juden, aber auch an die Politik Tomáš Masaryks und Edvard Benešs und die damit in Zusammenhang stehende Frage, ob eine Rückkehr sinnvoll sei. „Es war sehr intensiv und emotional. Ich bekomme heute noch Gänsehaut“, erklärte Kupková im Rückblick auf die siebenmonatige Arbeit an der Dokumentation. Der Film wurde neben Orten in Deutschland und der Tschechischen Republik auch im französischen Straßburg gezeigt. „Das Feedback war meistens positiv und sehr emotional“, so die Antikomplex-Mitarbeiterin. Heidi Rothmaier, Geschäftsführerin der Freiburger Ackermann-Gemeinde, verwies

Leitfrage, die zu einer InterviewSerie mit Personen führte, die heute im früheren Sudetenland unterschiedliche Aktivitäten entfalten und damit ebenfalls historische Fakten, Verlust und Versöhnung ans Tageslicht fördern.

Oft sind es Aktivitäten in Dörfern, auf freiwilliger und privater Ebene. In vier Kapiteln – „Orte des Fluchs und der Hoffnung“, „Vergessene Geschichten“, „Orte mit Seele“ und „Freiheit, etwas zu tun“ – werden die Projekte mit ihren Personen vorgestellt.

„In jedem Gespräch spiegelt sich die deutsch-tschechische Thematik, und bei den Gesprächsteilnehmern wurden auch Freude und Hoffnung deutlich, im Sudetenland zu sein“, faßte die Referentin zusammen.

Eine andere Perspektive bot die aus Hermannstadt stammende Schriftstellerin Iris Wolff, die einige Passagen aus ihrem Roman „Die Unschärfe der Welt“ las. Im Alter von acht Jahren zog die Autorin mit ihrer Familie 1985 vom Banat nach Deutschland und lebt nun in Freiburg. Für ihr literarisches Schaffen wurde sie unter anderem mit dem Marieluise-Fleißer-Preis und dem Marie-Luise-Kaschnitz-Preis geehrt.

In dem Roman erzählt sie die bewegte Geschichte einer Familie aus dem Banat, deren Ban-

de so eng geknüpft sind, daß sie selbst über Grenzen hinweg nicht zerreißen. Vier Generationen und ihr Leben und Handeln werden beschrieben und damit auch – vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks – die überaus wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts sowie immer wieder Verlust und Neuanfang.

„Alle meine Bücher spielen in den Räumen meiner Herkunft“, bekannte Wolff. Dazu gehörten auch die Themen „Flucht“ und „Wirrnisse des 20. Jahrhunderts“. Der Titel des Buches beruhe auch darauf, daß die Hauptperson des Romans, der Pfarrersohn Samuel, aus sieben verschiedenen Perspektiven in unterschiedlichen Lebensphasen beschrieben werde. Und damit auch viele der prägenden Aspekte wie Licht, Landschaft, Klänge, sinnliche Wahrnehmungen, der multisprachliche Raum mit mehreren Nationalitäten und so weiter.

Ehrlich gestand Wolff eine Schreibkrise während der Entstehung des Romans. „Schreiben bedeutet auch Warten, manchmal muß man das Warten aushalten.“ Ein Aufenthalt in Berlin habe ihr weitergeholfen und sie zurück zum Roman gebracht. „Durch das Schreiben möchte ich auch Orte lebendig halten“, nannte sie einen weiteren Faktor, manchmal auch nur in Form kleiner Erinnerungssprengel. „Die Geschichten der Ahnen sind ein Teil von einem selbst“, faßte Wolff zusammen und merkte an, daß bei einer Lesung in Rumänien das Publikum „sehr interessiert und aufgeschlossen“ gewesen sei.

Den Sonntagsgottesdienst zelebrierte nach einigen Jahren Pause wieder der aus Burundi stammende Pater Déogratias Maruhukiro. Er berichtete auch über seinen jüngsten Aufenthalt dort, besonders von vollen Kirchen und bestens besuchten Gottesdiensten. Mit Bezug auf den Evangeliumstext der Begegnung der Frau mit Jesus am Jakobsbrunnen erläuterte der Geistliche mehrere Aspekte.

Es gehe um das Wasser als Quelle des Lebens, von dem Jesus spreche – auch als Symbol für die Eucharistie. Aber auch um den Ort der Begegnung mit Christus. „Wo ist mein Begegnungsort in meinem Leben, an dem ich Jesus begegnen kann?“, fragte der Priester. Er nannte den Gottesdienst und Wallfahrten. „Der Glaube ist für die Menschen wichtig, Gott wird an diesen Orten spürbar“, faßte Pater Déogratias zusammen und stellte abschließend ein paar Projekte für Frauen und für Jugendliche vor, denen die Kollekte des Gottesdienstes zugute kommt. Markus Bauer

Erstmals bot das große Nebenzimmer nicht allen Gästen Platz und mußte um Tische im Gastraum erweitert werden. Das große Interesse war auf die Uraufführung einer BdV-Filmproduktion unter dem Titel „Vertreibung, Ankommen und Eingliederung“ zurückzuführen. Der Vertriebenendachverband hatte diese im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben und prüft derzeit, inwieweit das Filmmaterial nicht nur für die Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch für Unterrichtszwecke zur Verfügung gestellt werden kann.

Ernst Wollrab, Obmann der SLKreisgruppe und Vorsitzender des BdV-Kreisverbandes Aichach-Friedberg, gratulierte dem BdV-Landesvorsitzenden Christian Knauer „zum hervorragenden Werk“. Der Altlandrat hatte zuvor in einem Kurzreferat Wesen und Aufgaben des Bundes der Vertriebenen (BdV) erläutert. Dabei verglich er den Dachverband gliederungsmäßig mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund und seinen Einzelgewerkschaften. Heute gehörten dem BdV 15 Landsmannschaften als Mitgliedsverbände an. Das Spektrum rei che dabei von der Deutsch-Baltischen Landsmannschaft über die Schlesier bis hin zu den Deutschen aus Ungarn. Vorrangiges Ziel sei die gemeinsame Interessensvertretung von Vertriebenen und Aussiedlern in Politik und Gesellschaft. Weiter engagiere sich der Verband in der kulturellen Bildung, der Integrationshilfe und der Un-

terstützung der partnerschaftlichen Beziehungen zu den in den Heimatgebieten verbliebenen deutschen Minderheiten. Allgemein anerkannt sei dessen Einsatz für die Völkerverständigung durch Jugendund kulturellen Austausch sowie für die Wahrung der Menschenrechte.

BdV-Landesvorsitzender Christian

Zu den jüngsten Erfolgen des Verbandes zählten, so Knauer, der Bau des Sudetendeutschen Museums in München, die Sanierung und Erweiterung des Ostpreußischen Kulturzentrums im mittelfränkischen Ellingen, des Isergebirgs-Museums im bayerisch-schwäbischen KaufbeurenNeugablonz und des Egerlandhauses im oberfränkischen Marktredwitz. Auf bayerische Initiativen seien auch die Revision der Melderegister im Hinblick auf die Eintragung der deutschen Bezeichnungen der Geburtsorte und Regionen, die Einführung des nationalen Gedenktages für die Opfer von Flucht und Vertreibung sowie die symbolische Entschädigung der deutschen Zwangsarbeiter zurückzuführen.

Derzeitiges Hauptanliegen sei eine Revision der Kürzungen bei den Rentenberechnungen für die Aussiedler und Spätaussiedler aus den 1990er Jahren. Ohne solche Veränderungen drohten Hunderttausende künftige Rentenbezieher trotz lebenslanger Beschäftigung in die Sozialhilfe abzurutschen. Daraus könnte sich ein ungewolltes Protestpotential für die politischen Ränder entwickeln.

Die Geschichte der Deutschen aus Rußland wird am 28. April im Mittelpunkt der nächsten Zusammenkunft der SL Aichach stehen. Als Gastreferent hatte SL-Ortsobmann Gert-Peter Schwank Viktor Krieger vom Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Rußland gewonnen.

VERBANDSNACHRICHTEN Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 9
Der aus stammende Pater Déogratias Maruhukiro zelebriert den Sonn- Ortsobmann GertPeter Schwank Knauer Kreisobmann Ernst Wollrab
Über
Filmpräsentation
SCHICKSALSGEMEINSCHAFT EUROPA 26 BIS28MAI 20 2 3 IN REGENSBURG 7 3. SUDETEND E UTSCHER TA G
Bilder: Markus Bauer
einen großartigen Besuch konnte sich die SL Aichach anläßlich ihrer
freuen. Bild: Susanne Marb

� SL-Kreisgruppe Rostock/Mecklenburg-Vorpommern

Kappenfest im Nordosten

Mitte Februar war es endlich wieder – nach zweijähriger Corona-Zwangspause – so weit: Mit „Hellau, Rostock“ begrüßten sich Mitglieder und Gäste der mecklenburg-vorpommerschen SL-Kreisgruppe Rostock in unserem langjährigen Stammlokal der Volkssolidarität in RostockLichtenhagen zum traditionellen Kappenfest.

Wie wohl bei allen unseren Gruppen fehlten aus allgemein bekannten Gründen langvertraute Gesichter. Doch diese zunächst trübsinnigen Gedanken wurden bald durch lustige Faschingslieder wie ,,Wenn das Wasser im Rhein goldner Wein wär“ oder „Wer soll das bezahlen“ – das besonders unseren „Finanzminister“ Horst Hornych zum Schmunzeln brachte – vertrieben. Heimatfreundin Maria Salamon führte uns mit ihren alten Gedichten in die Faschingszeit der Heimat zurück. In bunter Folge folgten viele lustige Beiträge unserer Kappenträger.

Ein Rückblick in die Vergangenheit erfüllte uns mit Weh-

mut. Die Nordtreffen der Riesengebirgler mit mehreren Hundert Teilnehmern – so war auch Volksgruppensprecher Bernd Posseit bei uns zu Gast – sind Vergangenheit. Aber auch das jüngste Aus der „Riesengebirgsheimat“ als eigenständiger Heimatzeitschrift ist ein Wermutstropfen.

Sie lebt jedoch noch weiter als monatlicher Teil unserer Sudetendeutschen Zeitung Neben all diesen Themen kam natürlich auch das leibliche Wohl nicht zu kurz.

Glühwein und als Besonderheit Berliner in Herzform zum Kaffee sowie die passende Tischdekoration trugen neben unseren lustigen Kappen zur ausgelassenen Stimmung bei.

Dieses Kappenfest war für uns neben der heimatlichen Erinnerung ein Lichtblick in einer von Inflation, Krieg und Naturkatastrophen gebeutelten Zeit.

Ein Dank gilt der Organisatorin Marianne Wagner, ohne deren unermüdlichen Einsatz auch diese Gruppe aus MecklenburgVorpommern verschwunden wäre. Peter Barth

� SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf

Schwäbisch schwätza

Das jüngste Treffen der badenwürttembergischen SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf mit Zuffenhausen, Stammheim, Rot, Zazenhausen, Freiberg und Mönchsfeld im Haus der Begegnung in Stuttgart-Giebel stand unter dem Motto „Schwäbisch schwätza“.

Obfrau Waltraud Illner begrüßte das Weilimdorfer Urgestein Aline Groß und die Vorsitzende des Weilimdorfer Heimatkreises, Edeltraud John. Die sollten den Besuchern den schwäbischen Dialekt mit Gschichtla ond schwäbische Sprüchla näher bringen. John, die Groß bei ihren Vorträgen begleitet, verteilte zunächst den Notruf-112-europaweit-Flyer, den Groß ins Schwäbische übersetzt hatte.

Dann stellte John die 93jährige Gschichtla-Erzählerin vor, deren Geschichten und Gedichte auch in den „Stuttgarter Nach-

richten“ in der „Schwobaspalta Auf gut Schwäbisch“ erscheinen. Der ehemalige Verein Pro AltWeil veröffentlichte bereits eine Broschüre mit „Gschichte ond Gschichtla aus Weil im Dorf“ von Aline Groß, eine Fortsetzung ist geplant. Nun erzählte Groß aber selbst Gschichtla aus ihrem Leben, bei denen so mancher schon genau hinhören mußte, „om des Schwäbische zom verstanda“. Besonders nett war die Gschicht von ihrem ostfriesischen Freund, der in einer Weilimdorfer Metzgerei nach Goschgugga verlangte, aber eigentlich schwäbische Maultaschen haben wollte. Aber auch die Episode von einer Dame aus Sachsen, die frisch als Verkäuferin in einer Drogerie begonnen hatte und nach „Lompa“ gefragt wurde und darauf ganz erbost reagierte, daß es in diesem Geschäft keine Lumpen gebe, bis ihr verdeutlicht wurde, das „bei de Schwoba d‘ Putzlappen Lompa sen“, sorgte für sehr viel Heiterkeit an diesem schwäbischen Nachmittag.

Schließlich durften sich auch die Besucher mit Hilfe von „Äffle & Pferdle“ an der schwäbischen Aussprache probieren. Und Edeltraud John wußte zudem noch viele schöne Geschichten aus der Weilimdorfer Historie zu erzählen.

Zum 46. Seminar mit dem Titel „Heimat im Ohr: Märchen und Sagen“ hatte die Arbeitsgemeinschaft Freundeskreis Sudetendeutscher Mundarten mit der Unterstützung der SL für Anfang März auf den Heiligenhof in Bad Kissingen eingeladen. Leider konnten zu diesem wichtigen Thema keine Zuwendungsmittel aufgebracht werden. Das ist schade, weil die Mundart ein wichtiger Teil der Identität der Sudetendeutschen ist, und zwar auf beiden Seiten der Grenze! Måla Richard alias Richard Šulko berichtet.

Die Vorsitzende des Freundeskreises, Ingrid Deistler, begrüßte die mehr als 30 Mundartfreunde und las ein Gedicht von Erika Neumann vor. Dem folgte das Totengedenken mit dem Gedicht „Schreib in den Sand“ von Rosi Feiereisl aus Wildstein. Christina Meinusch, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, stellte das Programm vor und gab das erste Märchen zum Besten. Sie stamme aus Lohr am Main, aus welchem nachweislich das Schneewittchen komme. Das habe man aber erst 1980 offiziell erfahren. Ein Indiz sei der Sprechende Spiegel der Lohrer Familie Mehling. 1730 sei Freiherr Philip Christoph von Erthal kurmainzischer Amtmann in Lohr gewesen. „1741 heiratete er zum zweiten Mal. Er hatte sieben Kinder, darunter eine blinde Tochter. Die neue Stiefmutter war sehr böse zu dem blinden Kind gewesen.“ Der gefährliche Wald sei der Spessart mit seinen Wildschweinen. Die Zwerge kämen aus dem Bergbau, wo man kleine Menschen gebraucht habe. Bergbau sei in Lohr auch vorhanden gewesen. Die glühenden Schuhe des Schneewittchens nähmen Bezug auf die Eisengießerei, die in Lohr ansässig gewesen sei. Auch für den berühmten Apfel gebe es eine Erklärung: Um Lohr herum gebe es sehr gute Äpfel. Bis heute feierten die Lohrer im Herbst das nach einer Apfelsorte benannte Rambourfest.

Nach der Vorstellungsrunde wurde es spannend: Die Hausaufgaben wurden kontrolliert. Sie hatten darin bestanden, eine Betthupferl-Geschichte zu schreiben. Als erster trug ich meine Geschichte „Dian Zauwabaam“ vor. Ingrid Deistler fuhr in Egerländer Mundart mit „Dolfi und der kleine Zwerg“ fort. Die Isergebirglerin Monika Hanika hatte „Die junge Eiche“ auf den Heiligenhof mitgebracht. Ilse Schuster erzählte eine wahre Geschichte über die Puppe „Gauni“. Lorenz Loserths Betthupferl hieß „Feiges Huhn“.

Anschließend wurde noch lange diskutiert, und in Mundart wurden auch andere Geschichten erzählt. Am nächsten Morgen startete das Programm mit dem Vortrag von Richard Rothenhagen aus dem Isergebirge über die Märchen und Sagen in der Mundart. Am Anfang erklärte er: „Märchen und Sagen kamen im ,Atlas der deutschen Mundarten in Tschechien‘ nicht vor. Einige Bräuche und Sitten

Das Betthupferl

konnte ich aber aufschreiben.“

Er stellte einige Sagen vor, welche die geschichtlichen Gegebenheiten spiegeln wie Pest oder Krieg. Häufig behandelten die Sagen aber auch alltägliche Gegenstände.

Die wohl gruseligste Geschichte kam aus Elbogen. Ein Burgherr war sehr grausam, und bereits für kleine Vergehen ließ er die Menschen in den heißen Karlsbader Sprudel eintauchen, bis sie versteinert waren. Der Burggraf erlitt dann aber ein ähnliches Schicksal. Er fiel vom Pferd direkt in den Sprudel und versteinerte ebenfalls.

Rothenhagen: „Im Schönhengstgau gab es 130 deutsche Dörfer mit sieben verschiedenen Mundarten. Dort spielte das Wasser sehr oft in den Sagen eine Rolle. Auch Mühlen kamen in den Sagen vor. Ein altes, hungriges Mütterlein bettelte bei einem reichen Müller, der hielt aber seine Hand zu. Als das Weib zu der Quelle kam, schimpfte es über die Erbarmungslosigkeit des Müllers, und das Wasser hörte auf zu laufen. Der Müller war ruiniert.“

Roman Klinger aus Nixdorf, ein verbliebener Deutscher aus dem Schluckenauer Zipfel, war der zweite Vortragende an dem Vormittag. „Deutsche Mundart im Schluckenauer Zipfel“ war sein Thema, welches er von der praktischen Seite her bearbeitete. Klinger hatte drei Frauen aus dem Schluckenauer Zipfel aufgenommen, die über die Bräuche in ihren Mundarten erzählten. Edeltraud Richter erzählte in der ersten Geschichte übers Wallfahren. Ich selber erkannte nur das Wort „Segen“ in ihrer Erzählung. Ansonsten war das für mich eine Fremdsprache. Des Weiteren wurde ein Film mit Ingrid Hampel gezeigt, in dem Kleckselkuchen gebacken wurde.

In seinem zweiten Vortrag behandelte Richard Rothenhagen zuerst das Kuhländchen. Der Name soll von der erfolgreichen Viehzucht im Kuhländchen kommen, die mit einer Auszeichnung sogar auf einer Wiener Ausstellung gekrönt worden sei. „Butter Hiewel“ hieß die Sage aus dem Kuhländchen.

An einem heißen Sonnentag transportierte ein Wagen Butter und Brot. Die Pferde waren schon müde und wollten nicht mehr

ziehen. Der Knecht aber hetzte die Pferde weiter. Dann nahm er Brot und legte es auf den löchrigen Weg vor die Räder, damit der Wagen besser rollte. Plötzlich krachte es, der Himmel öffnete sich und der Knecht samt Wagen verschwand. An der Stelle, an der der Wagen gestanden hatte, schoß eine Blume aus der Erde. Und vom Himmel erklang eine Stimme: „Jeder kommt in die Hölle, der die himmlischen Gaben verdirbt.“

Der Bergkönig spielte bei den Bergleuten eine große Rolle. Dieser war ein kleiner Zwerg, der sich im Bergwerk blicken ließ. Wenn er sich aber draußen zeigte, geschah in der Grube immer ein Unglück. Eine schöne Geschichte kommt vom Heidebrünnl im Altvatergebirge. Ein Jäger war krank und schwach und konnte fast nicht mehr gehen. Doch auch die Ärzte konnten ihm nicht helfen. Er stieg im Altvatergebirge hoch auf die Heide und nahm seine Flinte mit. Als er oben angekommen war, mußte er sich erschöpft niedersetzen und schlief ein. Im Traum sah er eine Quelle, die aus dem Felsboden heraussprudelte. Bei ihr standen eine weiße Gestalt und ein Hirsch. Die Gestalt sagte zum Jäger: „Hier ist die Quelle des Lebens. Schieß auf den Hirsch, der zeigt dir den Weg.“ Der Jäger wollte schon loslegen, aber es ertönte ein Getöse. Er wurde wach, und was sah er da? Neben ihm stand ein großer Hirsch. Er schoß ihn an. Als der Hirsch nicht weit weg von ihm tot umfiel, fand der Jäger an dieser Stelle eine Quelle. Dann bewegte sich der Hirsch, er trank aus der Quelle und wurde geheilt. Er lief gesund davon. Der Jäger verstand auf einmal, was ihm die Gestalt im Traum sagen wollte. Er trank dann selber aus dieser Quelle und wurde wieder gesund. Schweden belagerten eine längere Zeit Brünn, und in der Stadt gab es nichts mehr zum Essen. Für die Schweden dauerte es aber auch schon zu lange. Zwei Monate lang hatten sie keinen hineinund hinausgelassen, konnten die Stadt aber dennoch nicht einnehmen. Eines Tages sagte der General: „Wenn wir die Stadt bis zum Mittagsläuten nicht besetzt haben, ziehen wir ab.“ Die Brünner erfuhren dies und läuteten die Glocken eine Stunde früher.

Da zogen die Schweden dann wirklich ab. Seit dieser Zeit läuten die Mittagsglocken in Brünn immer um elf Uhr und nicht um zwölf. Monika Fritz-Scheuplein von der Universität Würzburg referierte online über „Sandhasen, Mainscheißer und Zwiebeltreter – Ortsnecknamen in Unterfranken“. Die Ortsnecknamen kommen vor allem in der Mundart vor. „Rakotzybrunzer“ oder „Windbeutel“ sind beispielsweise die Ortsnecknamen für die Bewohner von Bad Kissingen. In Unterfranken gab es 182 Orte, wo Erhebungen gemacht worden sind. Motive der Necknamen waren Sagen, Anekdoten oder geschichtliche Begebenheiten. Als Quellen wurden dazu Forschungsprojekte, Aufnahmeformulare, Bücher, Seminare, Webseiten, Zeitungen, Zeitschriften, Kulturschaffende, Laienforscher und Privatpersonen benutzt. Sehr oft kommen die Ortsnecknamen heute in Form von Skulpturen auf Brunnen vor.

Im Egerland sind mir die Ortsnecknamen ChiechTschiesch und Saaz-Gurkenlatscher bekannt. Die Gnodstädter wurden zum Beispiel „Katzenfresser“ genannt, da bei einer Jagd nur eine Katze gefangen wurde, die dann verspeist wurde. Motive sind auch in Sprachbesonderheiten, Bodenbeschaffenheit oder ähnlichem zu finden.

Die Haßfurter werden als „Milchsupper“ bezeichnet, weil ihre Gesichter blaß waren. Die Bezeichnung „Kröpfe“ entstammte der Tatsache, daß in der Umgebung zu wenig Jod im Wasser war und die Menschen Kröpfe bekamen. Das war zum Beispiel in der Rhön der Fall. Die „Gekröpften“ nannte man auch die Höritzer im Böhmerwald. In der Faschingszeit werden sehr oft noch heute die Necknamen benutzt. Lorenz Loserth leitete den Workshop „Mundart-Memory“. Am Anfang erklärte er die Spielregeln und wie man arbeiten soll. In der ersten Runde hatte jeder Teilnehmer zwei Begriffe aufs Papier gebracht, und jeder mußte dann in seiner Mundart den Begriff übersetzen. Weiterhin wurde ein Mundart-Memory hergestellt, in welchem dann eine Zweisprachigkeit zu sehen war: Begriffe in Deutsch und in der jeweiligen Mundart. Eine tolle Idee vom Lorenz.

Der nächste Morgen gehörte einem neuen Programmpunkt bei der Mundarttagung: ein Spaziergang durch den nahen Wald. Ingrid Deistler hatte Infotafeln am Waldweg vorbereitet, und schon konnte der Mundartspaziergang losgehen. Sehr interessant war, sich über die Baumarten, Pflanzenarten oder Tierarten in verschiedenen sudetendeutschen Mundarten zu unterhalten. Nach dem Spaziergang an der kalten, frischen Luft versammelten sich alle wieder im Versammlungsraum. Dort werteten wir das Seminar aus und besprachen die Hausaufgabe. Zum „Gewinner“ wurde das Thema „Heimat und ihre Besonderheiten“ der Hausarbeit für 2024 erklärt.

VERBANDSNACHRICHTEN Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 10
� Freundeskreis Sudetendeutscher Mundarten Ausgelassene Stimmung in der Volksolidarität. Schneewittchen in Lohr am Main. Bild: Kathrin Hoffmann Aline Groß, Waltraud Illner und Edeltraud John. Bild: Helmut Heisig Schicke Kappenträgerinnen beim Kappenfest der SL in Rostock. Die Mundartfreunde auf dem Heiligenhof.

❯ BdV-Kreisverband Odenwaldkreis/Hessen

Erinnerung und Mahnung

Der hessische BdV-Kreisverband Odenwaldkreis hatte für Mitte März zur Segnung des neuen Vertriebenenkreuzes und zum Märzgedenken auf den Erbacher Friedhof eingeladen.

In der historischen Kapelle des Erbacher Friedhofes begrüßte BdV-Kreisvorsitzender Günther Wytopil mehr als 40 Teilnehmer, darunter 15 Ehrengäste wie Hessens Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete ZieglerRaschdorf, Sandra Funken MdL, die katholischen Pfarrer Harald Poggel und Januarius Mäurer, den Erbacher Bürgermeister Peter Traub und den Michelstädter Bürgermeister Tobias Robischon sowie zahlreiche Vertreter der Politik.

In seinen einleitenden Worten ging Günther Wytopil auf das neue Kreuz und das Märzgedenken ein. Im Jahre 1951 hätten Vertriebene und Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten und

osteuropäischen Vertreibungsgebieten ein Gedenkkreuz auf dem Erbacher Friedhof zur Erinnerung und Mahnung an ihr erlittenes Schicksal errichtet.

Dieses Kreuz habe nun aus Sicherheitsgründen demontiert werden müssen. Ein neues Gedenkkreuz sei errichtet worden, um weiterhin an das vor 78 Jahren erlittene Unrecht von Flucht und Vertreibung zu erinnern. Auch solle es in unserer Zeit, in der Krieg, Flucht, Vertreibung und Deportation nach wie vor an vielen Orten auf der Welt täglich geschehen, eine Mahnung sein. Bei dieser Feierstunde wurde auch an die friedlichen Demonstrationen am 4. März 1919

in den Bezirksstädten des Sudetenlandes erinnert, wobei Hunderttausende Deutsche für ihr Selbstbestimmungsrecht eintraten, das ihnen verwehrt worden war. Es kam zu Zusammenstößen mit dem tschechischen Militär. Insgesamt waren 54 Todesopfer und mehrere hundert Verletzte zu beklagen. Mit diesem Gedenken sollen nicht nur die Toten dieses Tages geehrt, sondern vor allem die Welt erinnert und ermahnt werden, daß das Selbstbestimmungsrecht auch heute noch in vielen Teilen der Welt Völkern und Volksgruppen vorenthalten wird.

Ansprechende Grußworte entrichteten der Erbacher Bürgermeister Peter Traub, Pfarrer Harald Poggel sowie für die poli-

tischen und parlamentarischen Vertreter der CDU-Kreisvorsitzende Kevin Schmauß.

Die Hauptansprache hielt Margarete Ziegler-Raschdorf, Hessens Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler. Eindrucksvoll ging sie in einem historischen Rückblick auf die Ereignisse vom 4. März 1919 ein, was sie deutlich in die heutige Zeit einordnete. Dabei hob sie auch besonders hervor, daß die Hessische Landesregierung derartige Erinnerungsfeiern mit Errichtung von Gedenkkreuzen begrüße und unterstütze.

Die Segnung des neuen Kreuzes nahm Pfarrer Januarius Mäurer vor. Norbert Kurek sorgte für die musikalische Umrahmung der würdigen Feierstunde, die mit der deutschen Nationalhymne endete. Anschließend trafen sich die Teilnehmer der BdV-Veranstaltung zur Begegnung im Cafe Lustgarten in Erbach. rl

❯ BdV-Landesverband Bayern Danke, Horst Seehofer

Anfang März dankte die BdVLandesgruppe Bayern Bayerns früherem Ministerpräsidenten Horst Seehofer mit einem Abendessen in der Gaststätte Zum Alten Bezirksamt im Haus des Deutschen Ostens in München.

Für die Sudetendeutschen und alle Heimatvertriebenen und Aussiedler waren vor allem Horst Seehofers Jahre als Ministerpräsident und Bundesminister für Heimat wichtig. Der BdV Bayern hatte ihn nun mit seiner Frau Karin eingeladen, um ihm für seine großen Verdienste um unsere Anliegen zu danken.

In seiner Festansprache würdigte BdV-Landesvorsitzender

Christian Knauer dies. Er hob den

Deutschsprachig oder deutsch?

David Heydenreich, Mitglied des Bundesvorstandes der Bruna, der Gesinnungsgemeinschaft der Brünner Deutschen, setzt sich mit der Frage „Deutschsprachig oder deutsch?“ auseinander.

Wenn von der Vertreibung der Deutschen aus den böhmischen Ländern die Rede ist, taucht immer wieder ein bestimmter Begriff auf, nämlich „deutschsprachig“. Im Brünner Kontext verwendete ihn kürzlich Petr Kalousek, der im vergangenen Jahr als Direktor des Festivals „Meeting Brno“ mit Deutschlandfunk Kultur über die „Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung“ sprach. Der Begriff ist allerdings irreführend, denn die Vertreibungsopfer der Jahre 1945/46 umfaßten nicht unterschiedliche Nationalitäten mit gemeinsamer Sprache, sondern wurden auf Geheiß des Staatspräsidenten Edvard Beneš eben aufgrund ihrer deutschen Nationalität verfolgt. Auf die Problematik des Begriffs „deutschsprachig“ hatte bereits Erich Pillwein (1919–2018) als ehemaliger Bundesgeschäftsführer der Bruna hingewiesen – deutschsprachig, im Sinne einer fehlerfreien Beherrschung des Deutschen, waren schließlich auch viele Tschechen.

Warum ist der Begriff überhaupt in Gebrauch? Eine Antwort gibt ein Blick nach Österreich, wo die Selbst- und Fremdwahrnehmung der Mehrheitsbevölkerung in den Jahrzehnten nach 1945 einem tiefgreifenden Wandel unterlag. Politiker und Publi-

zisten in Nachkriegsösterreich leugneten jahrhundertealte historische und kulturelle Gemeinsamkeiten mit Deutschland, um Österreich von einer Mitverantwortung für den Nationalsozialismus freizusprechen und seine bevorzugte Behandlung durch die Alliierten zu erwirken. Tatsächlich erreichte Österreich bereits 1955 die Wiedergewinnung

seiner vollen Souveränität und den Abzug aller Besatzungstruppen. Die These von Österreich als „erstem Opfer Hitlers“, die im politischen Wien bis 1991 aufrechterhalten wurde, wäre nicht möglich gewesen ohne eine gleichzeitige Neudefinition der Österreicher als eine nicht-deutsche Nation, als bloß „deutschsprachig“.

Diese identitätspolitischen Prozesse, die aus politischer Opportunität in der unmittelbaren Nachkriegszeit erwachsen waren, hinterließen ihre Spuren im Geschichtsverständnis der Nachfolgegenerationen in Österreich und Deutschland. So geschieht es heutzutage oft, daß eine strenge Unterscheidung zwischen „deutsch“ und „österreichisch“ nicht nur für die Zeit seit 1945 vorgenommen wird, sondern ahistorisch auch für die Jahrhunder-

te zuvor. Beispielsweise erklärte mir letztes Jahr eine jüngere Teilnehmerin des Sudetendeutschen Tages, die Sudetendeutschen seien keine Deutschen gewesen, sondern Österreicher. Daß „deutsch“ im damaligen Sprachgebrauch nicht gleichbedeutend mit „reichsdeutsch“ war und die deutschsprachigen Einwohner Österreich-Ungarns nach allgemeinem Verständnis als Deutsche galten, und daß diese deutschen Österreicher nach dem Zerfall der Donaumonarchie 1918/19 mehrheitlich die Vereinigung ihrer Kerngebiete mit dem republikanischen Deutschen Reich forderten, kann offenbar nicht länger als Allgemeinwissen vorausgesetzt werden.

Die Konjunktur des Verlegenheitswortes „deutschsprachig“ ist im Kontext der gegenwärtigen Begriffsverwirrung um „deutsch“ und „österreichisch“ in der mitteleuropäischen Geschichtsbetrachtung zu verstehen. Um diese zu überwinden, muß deutlich gemacht werden, daß die Anerkennung einer deutschen Vergangenheit Österreichs – als Vormacht in der deutschen Staatenwelt von 1438 bis 1866 – und einer fortwirkenden kulturellen Verbundenheit mit Deutschland keinerlei schmälernden Einfluß auf die Bejahung der Eigenstaatlichkeit Österreichs hat. Es sollte möglich sein, das Wort „deutsch“ im historischen Kontext ohne Verengung auf das kleindeutsch-preußische Nationalstaatsprojekt von 1871 zu gebrauchen. Wir, die wir als Sudetendeutsche auch Altösterreicher sind, vernebeln uns andernfalls den geschichtlichen Blick auf unsere Herkunftsregionen.

Bau des Sudetendeutschen Museums hervor, aber auch den lange ersehnten Lift im HDO. Horst Seehofer dankte mit sehr persönlichen Worten für die Einladung und genoß den Abend mit seiner Gattin und den Landsleuten. Für die SL nahmen in Vertretung von Landesobmann Steffen Hörtler Johann Slawik, Obmann der SLKreisgruppe München-Stadt und -Land mit seiner Frau Renate und Landesgeschäftsstellenleiter Andreas Schmalcz teil.

Auch das Menü spiegelte die Vielfalt der Landsmannschaften wider: Siebenbürgische Gemüsesuppe, böhmische Svičkova mit Knödeln sowie ungarische Palatschinken. Dazu gab es Budweiser Bier und zum Verdauen kroatischen Slivovitz. sz

❯ SL-Kreisgruppe Offenbach/Hessen

Erich Lill geehrt

Der Egerländer Erich Lill wurde kürzlich im Rathaus zu Sprendlingen von Bürgermeister Martin Burlon mit dem Hessischen Verdienstorden ausgezeichnet.

Der Neudeker Bub kam am 14. September 1927 in Kösteldorf im Kreis Neudek im Egerland zur Welt. Mit Mutter und Bruder mußte der angehende Förster die Heimat verlassen. Am 28. Oktober 1946 kam er in Sprendlingen an. Der Vater folgte Jahre später. Sein Leben änderte sich von Grund auf.

Manche seiner neuen Landsleute nennen den pensionierten Postbeamten auch den Bienenkönig. Er setzt in der Imkerei damit eine Tradition fort, die sein

Vater und sein Großvater bereits in Kösteldorf gepflegt hatten. Erich Lill fand schon bald den Weg in die Sudetendeutsche Landsmannschaft und in den Bund der Vertriebenen. Er übernahm auch wichtige Ämter. Seit 1974 ist er Erster Kassier der hessischen SL-Kreisgruppe Offenbach, seit 2005 außerdem Erster Kassier des BdV-Kreisverbandes Offenbach. Und seit einigen Jahren ist er kommissarischer SLKreisobmann.

Für sein großes Engagement wurde Erich Lill jetzt ausgezeichnet. Zu seiner Ehrung waren auch SL-Landesobmann Markus Harzer und BdV-Kreisvorsitzender Achim Langer ins Sprendlinger Rathaus gekommen.

❯ SL-Ortsgruppe Neumarkt/Oberpfalz

Zwei Ehrungen

Beim jüngsten Treffen der oberpfälzischen SL-Ortsgruppe Neumarkt wurden Obmann Horst Zischka für 20 und Magdalena Landsberger für 60 Jahre Treue geehrt.

Magdalena Landsberger wurde im Wallfahrtsort Maria Kulm geboren, wo schon die Urgroßeltern eine Landwirtschaft nebst Hutmacherei betrieben. Die Vertreibung führte ihre Familie in die DDR. In Deggendorf lernte sie bei einem Westbesuch ihren zukünftigen Mann kennen, der beim Bundesgrenzschutz beschäftigt war. Nach drei Jahren Brieffreundschaft und Westbesuchen heirateten sie. Nach der Hochzeit reiste sie wieder in die DDR zurück, da sie auf eine Ausreisegenehmi-

gung hoffte. Diese wurde ihr verweigert, so daß sie schwarz über Berlin ausreiste. Mit ihrem Mann fand sie später in seiner Heimatstadt Neumarkt eine neue Heimat. Zwei Töchtern schenkte sie das Leben und wird heute auch von ihnen umsorgt. Ihren Lebensabend verbringt sie im eigenen Haus, das sie mit ihrem schon verstorbenen Mann unter Entbehrungen erwarb.

In ihrer Sehkraft stark beeinträchtigt, aber voller Lebensmut, diktierte sie ihre Lebensgeschichte, die ihrer Vorfahren und die Bräuche und Geschichten von Maria Kulm ihren Betreuerinnen und schuf ein ansehnliches Erinnerungswerk. Wir wünschen ihr alles Gute und freuen uns mit ihr auf ihren 92. Geburtstag im April.

VERBANDSNACHRICHTEN Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 11
❯ Bruna
Hans und Renate Slawik, Horst Seehofer, Andreas Schmalcz und Christian Knauer. Gedenktafel für „die deutschen Bürger der Stadt Brünn und der Sprachinsel“ in Wien. Gedenktafel für „deutschsprachige Einwohner aus Brünn und Umgebung“ in Pohrlitz.
SCHICKSALSGEMEINSCHAFT EUROPA 26 . BIS28MAI 20 2 3 IN REGENSBURG 7 3. SUDETEND E UTSCHER TA G
Magdalena Landsberger und Horst Zischka. Erbachs SL-Ehrenkreisobmann Helmut Seidel, BdV-Kreisvorsitzender Günther Wytopil, Margarete Ziegler-Raschdorf, Hessens Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Erbachs Bürgermeister Dr. Peter Traub und Pfarrer Januarius Mäurer.

Neudek Abertham

Neudeker Heimatbrief

für die Heimatfreunde au+ Stadt und Landkrei+ Neudek

Folge 643 · 3/2023

Heimatkreisbetreuer: Heinrich Hegen, Pflugstraße 41, 86179 Augsburg, Telefon (08 21) XXXXXXX. Heimatmuseum Stadt und Kreis Neudek, Von-Cobres-Straße 5, 86199 Augsburg. Besichtigungstermine bei Josef Grimm, Telefon (08 21) 6 41 42, eMail grimm-augsburg@t-online.de oder Dieter Thurnwald, Telefon (08 21) 88 05 55. Heimatgruppe „Glück auf“ Stadt und Landkreis Neudek – Vorsitzender: Heinrich Hegen. Neudeker Heimatbrief – Verantwortlich von seiten der Heimatgruppe: Dieter Thurnwald. Redaktion: Herbert Fischer, Hochstraße 8, 81669 München, Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail neudeker@sudeten.de. Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Erscheint achtmal jährlich im Abstand von etwa sechs Wochen. Jahresbezugspreis 25,00 EUR. Redaktionsschluß für die nächste Ausgabe: Mittwoch, 14. März.

Bärringen Frühbuß Platten Patenstadt Augsburg Heimatkreis Neudek in der Sudetendeutschen Landsmannschaft – Patenstadt Augsburg. Heimatkreisbetreuer: Josef Grimm, Waxensteinstraße 78c, 86163 Augsburg, Telefon (08 21) 6 41 42, eMail grimm-augsburg@ t-online.de Heimatmuseum Stadt und Landkreis Neudek, von-Cobres-Straße 5, 86199 Augsburg; Besichtigungstermine bei Josef Grimm. Heimatgruppe Glück auf – Freunde des Heimatmuseums Stadt und Landkreis Neudek in Augsburg, eMail heimatgruppe-glueckauf@t-online.de, Internet www.heimatgruppe-glueckauf.de – Vorsitzender und zuständig für den Neudeker Heimatbrief: Josef Grimm. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de. Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Jahresbezugspreis 31,25 EUR. Konto für Bezugsgebühren und Spenden: Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft, Stadtsparkasse München – IBAN: DE69 7015 0000 0906 2126 00, BIC: SSKMDEMMXXX. Redaktionsschluß für Folge 644 (4/2023): Mittwoch, 19. April.

❯ Sauersack

Schüttrichter mit Erzresten.

Reste der Kompressorenstation.

Eine Zinnmine und ihre Zwangsarbeiter

Der Deutsche Bundesrat verurteilte am 3. März den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Bei der Fernsehübertragung erinnerte ich mich lebhaft an Erlebnisse mit Ukrainern 1945 in meinem erzgebirgischen Heimatort Sauersack.

Bereits 1945 lernte ich die Angst der Ukrainer vor den russischen Kommunisten kennen, wenn auch nicht so bewußt wie heute. In Sauersack, wo bis 1857 etwa 500 Jahre lang Silber, Zinn und Eisenerz aus den Gruben geschürft worden war, ordneten die Nationalsozialisten 1940 erneut den Abbau von notwendigem Zinn an. Zinn wurde damals vor allem für das Blech der Konservendosen für die Verpflegung der deutschen Soldaten gebraucht.

Ab 1940 wurden in Sauersack französische Kriegsgefangene beim Zinnabbau eingesetzt, später kamen Ukrainer, Polen und Italiener hinzu. 1945 arbeiteten hier insgesamt 800 Personen. Deutsche Wehrpflichtige und Zwangsarbeiter schufteten in einem Arbeitslager, das sich im Wald zwischen Sauersack und Hirschenstand befand.

Dieses Bergwerk und das Gefangenenlager im Wald neben der Straße nahm ich zum ersten Mal wahr, als meine Mutter mit mir von Sauersack nach Hirschenstand ging, um meine Großmutter zu besuchen, die bei ihrer Tochter Marie Richter in Hirschenstand wohnte. Dort sah ich Wachleute und Militärfahrzeuge, die mich als kleiner Bub beeindruckten. Meine Mutter

sen Kontakt zu einzelnen Gefangenen. Er teilte manchmal heimlich sein Vesperbrot mit diesen jungen Männern.

Als im März 1945 der Bergwerksbetrieb eingestellt wurde und die Wachmannschaften vor der herannahenden Sowjetarmee flohen, fühlten sich viele frei, manche wußten nicht wohin. Mancher junge Ukrainer traute den nahenden russischen Solda-

Der alte Ortsplan von Sauersack dokumentiert den Zinnabbau. Nach der Vertreibung reißen die Tschechen bis auf eines alle Häuser ab. Die Gegend wird nationales Naturschutzgebiet, in dem die aufgegebene Zinnmine vor sich hin rottet.

Brot herausnahm. Sie schnitt ein Stück vom Laib ab, drückte eine Kuhle in den Brotlaib und füllte diese mit einem Stück Butter. Dann gab sie mir eine Zwei-LiterAlukanne und schickte mich zur nahen Quelle, um frisches Wasser zu holen. Da hinein schüttelte sie ein Tütchen Waldmeisterbrause und forderte die jungen Ukrainer auf, sich schnellstens auf den Weg gen Westen zu machen. Den Waldmeisterduft des sprudelnden Wassers fühle ich heute noch in der Nase.

Frieden auf dem Weg zur Demokratie, ohne Korruption und geldgierige Oligarchen.

schaft in Deutschland verbracht habe.

warnte mich jedoch, dort hinzusehen. Sie hatte Angst und wollte keinen Konflikt mit dem Wachpersonal.

Mein 1930 geborener Bruder Ernst lernte 1945 im ersten Lehrjahr als Schlosser im Sauersacker Bergwerk der Zinnbergbau Sudetenland. Dort hatte er auch lo-

ten nicht und fürchtete um sein Leben.

Drei junge Ukrainer, die meinen Bruder kannten, kamen zu meiner Mutter und bettelten um etwas zu essen. Ich erinnere mich noch gut, daß meine Mutter den Brotschrank in unserer Hausdiele öffnete und einen Laib

Sich mit Gefangenen abzugeben, war verboten. Mutter hatte deshalb Angst vor den eigenen eifrigen Nationalsozialisten. Die drei jungen Ukrainer flüchteten damals schon vor den Russen wie heute ein großer Teil aus ihrem eigenen Land. Leider ging es uns Deutschen, die Jahrhunderte in Böhmen friedvoll mit Tschechen, Juden und vielen anderen nationalen Minderheiten gelebt und gearbeitet hatten, nach 1945 auch so. Ein Teil flüchtete, und der überwiegende Teil wurde vertrieben.

Es scheint, daß die Menschen aus der Geschichte nichts gelernt haben. Dem ukrainischen Volk wünsche ich einen ehrenvollen

Eine weitere nennenswerte Begebenheit aus jener Zeit in unserm Sudetenland ist Folgende: Nachdem ein internationaler Großkonzern 1997 die Firma, in der ich arbeitete, übernommen hatte, mußte ich meine Englischkenntnisse verbessern. Während der Intensivschulung in England wohnte ich bei einer Gastfamilie.

Zur selben Zeit war der Vater der Hausdame von den Shetland Inseln zu Besuch. Ich war überrascht, daß er einige Sätze in Deutsch zu mir sprach. Auf die Frage, ob er öfters in Deutschland zu Besuch gewesen sei, schmunzelte er und sagte, daß er einige Jahre in Gefangen-

Die Aufbereitungsanlage mit dem hohen Erzsilo dahinter. Unten die Betonmauerung am Mundloch des Sankt-Georg-Stollens. Die Inschrift „1941 ZB“ deutet auf die letzte Sanierung durch die Zinnbergbau GmbH Sudetenland 1941 in.

Zunächst sei er kurz Strafgefangener in Norddeutschland beim Gleisbau gewesen, dann sei er in ein Gefangenlager im Sudetenland gekommen. Er berichtete mir, daß er sich als Kriegsgefangener keinen sichereren Aufenthaltsort während des Krieges hätte wünschen können. Die Menschen dort seien sehr freundlich zu ihm gewesen. Er habe Pakete mit Zigaretten und Schokolade bekommen, die er bei den Deutschen gegen andere für ihn notwendige Dinge getauscht habe. Ihm sei es den Umständen entsprechend gut gegangen. Am Ende des Krieges sei er unversehrt in seine Heimat zurückgekehrt.

Heimatkreis Neudek – Patenstadt Augsburg.
Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 12
Aufbereitungsanlage der ehemaligen Zinnmine: Becken des Eindickers. Vorrats- und Kartoffelbunker. Gefluteter Keller, vermutlich die Waschkaue. Pferdefutterstelle im Stallraum.

Professor Erich Zettl †

Am 20. Februar starb Erich Zettl, Chinaspezialist und Sprachgenie, nach einer schweren Operation, von der er sich nicht mehr erholt hatte, im Kreis seiner Angehörigen mit 88 Jahren in Konstanz am Bodensee.

Er kam am 30. Dezember 1934 in Bernau bei Neudek zur Welt. Im Zuge der Vertreibung der Deutschen aus dem Sudetenland im Jahr 1946 strandete er mit seiner Familie zunächst in Augsburg und gelangte dann ins nahe gelegene Lauingen an der Donau in Bayerisch-Schwaben. Dort besuchte er das Albertus-Magnus-Gymnasium und machte 1954 das Abitur.

Sein Lebensweg zeigt, daß er ein wahres Sprachgenie war. Von 1954 bis 1959 studierte er Germanistik, Anglistik und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München und legte 1961 die pädagogische Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen ab. Darauf ging er als Deutschlehrer an einige höhere Schulen und als Assistent und Lektor an die Universität Hull im englischen Kingston upon Hull. Hier vervollkommnete er seine Englischkenntnisse.

1963 promovierte er zum Dr. phil. an der LMU in München. Von 1966 bis 1970 war er Leiter

und war Leiter der Sprachenabteilung und der Bibliothek. Ab 1980 übernahm er Lehraufträge

na entdeckte Zettl auf dem Zhalan-Friedhof, der 1610 errichteten ehemalige Begräbnisstätte der Jesuiten in Peking, das Grab von Ignaz Sichelbarth (1708–1780). Dieser war Missionar, Künstler und Mandarin am chinesischen Kaiserhof, und es stellte sich heraus, daß er aus Neudek stammte.

Das Portal zum Zhalang-Friedhof, der früheren Begräbnisstätte der Jesuiten in Peking. Dieser älteste Pekinger Friedhof entstand 1610 in der späten Ming-Dynastie für das Begräbnis des italienischen und in Peking wirkenden Jesuiten Matteo Ricci, dessen Grabstein man beim Blick durch das Tor sieht. Der Friedhof beherbergt auch das Grab des aus Neudek stammenden Jesuiten Ignaz Sichelbarth.

der Sprachkurse am Goethe-Institut in Mailand und lernte nebenbei die italienische Sprache. 1970 übernahm er eine Stelle als Dozent und wenig später als Professor an der Fachhochschule Konstanz in den Fächern technisches Englisch, Deutsch für Ausländer und andere Sprachen

in der Volksrepublik China an den Hochschulen in Shanghai, Wuhan, Tianjin und Suzhou. Hier erlernte er die chinesische Sprache und wurde 1997 bis 2009 Lehrbeauftragter für Chinesisch an der Hochschule Konstanz.

Bei einem seiner Aufenthalte in Chi-

Zettl sammelte nun Material und insbesondere Kopien von Sichelbarths Bildern und verfaßte das kleine, viel bebilderte Büchlein „Ignaz Sichelbarth, 1708–1780, Missionar, Maler und Mandarin am chinesischen Kaiserhof“, das 2011 in Konstanz erschien. Sein Neudeker Freund Miroslav Holeček übersetzte es ins Tschechische. Seine große Idee, einen Dokumentarfilm über Ignaz Sichelbarth zu erstellen, konnte er 2021 zusammen mit Miroslav Holeček in deutscher und tschechischer Sprache verwirklichen. Der Film wurde im März 2022 in Augsburg bei der Jahreshauptversammlung der Heimatgruppe „Glück auf“ in Deutschland uraufgeführt. In Neudek initiierte Zettl eine Dauerausstellung über Ignaz Sichelbarth. Wir werden diesen großen Sohn unserer Heimat nicht vergessen.

Josef Grimm

„Wir kommen wieder“

25. Beerbreifest

Am 1. Juli soll das Beerbreifest zum 25. Mal nach der erzwungenen Aussiedlung 1946 aus der Heimat in Trinksaifen und Hochofen stattfinden. Es fällt heuer fast genau auf den Festtag Mariä Heimsuchung am 2. Juli. Gemeinsam mit den früheren deutschen, den wenigen noch heimatverbliebenen und den seit drei Generationen ansässigen tschechischen Einwohnern wollen wir unsere bewährte Erinnerungskultur pflegen.

Herzliche Einladung ergeht an alle ehemaligen Einwohner der beiden Dörfer, an alle Angeheirateten, an die Nachfahren von uns Deutschböhmen, an die vielen Freunde und an die Nachbarorte, die einst so gerne zum weithin bekannten Beerbreifest kamen. Wir freuen uns, mit den heutigen Einwohnern unseres ehemaligen Doppeldorfes Hochofen/Vysoká Pec und Trinksaifen/Rudné zwei schöne Tage zu erleben.

fahrt nach Hochofen, Abendessen und gemütlicher Abend mit den Musikanten Helmut Zettl und Franz Severa. n Sonntag, 2. Juli: 10.00 Uhr Wanderung mit Roman Kloc, Bürgermeister Václav Malý und Schwarzbeersuche ab Justinsklause über Hügel und Täler um Hochofen und Trinksaifen; 12.00 Uhr Möglichkeit zum Mittagessen.

Nach langer Corona-Pause können wir endlich wieder Besucher in unserem Heimatmuseum in Augsburg-Göggingen, in der Von-Cobres-Straße 5, empfangen.

Interessenten melden sich bitte bei Josef Grimm, Erster Vorsitzender der Heimatgruppe „Glück auf“–Freunde des Heimatmuseums Stadt und Landkreis Neudek in Augsburg, Telefon (08 21) 6 41 42, eMail grimmaugsburg@tonline.de. Vor einem Besuch kann man sich schon im Internet www. heimatgruppeglueckauf.de über die Heimatgruppe und das Heimatmuseum informieren.

Mitte Februar nutzten sieben Personen aus dem Allgäu und dem oberbayerischen Dachau die Gelegenheit, das Museum zu besuchen. Sie erfuh-

ren nicht nur viel über die Geschichte der Sudetendeutschen, sondern Josef Grimm erläuterte auch die ausgestellten Gegenstände aus der Heimat. Viel Interessantes über ihre Vorfahren, die aus Neuhammer oder Bärringen stammen, stillte die Neugierde der Besucher. Fast war der Nachmittag zu kurz, um al-

les über ihre Eltern und Großeltern zu sichten und zum Teil auch zu kopieren, und am Schluß waren sie sich einig: „Wir kommen wieder.“

Bei diesem Besuch wurde erneut der Wunsch der zur jüngeren Generation gehörenden Besucher laut, die Heimat der Vorfahren zu besuchen. Ich setze

Postillonsuniform und Silberlöffel

Im Keller der Grundschule in Göggingen bei Augsburg ist seit 1984 eine vielseitige Sammlung von Erinnerungsstücken zu Stadt und Landkreis Neudek untergebracht.

Im Museum weist die Uniform des letzten Postillons von 1899, der auf der Strekke zwischen Karlsbad und Johanngeorgenstadt Dienst tat, auf die verkehrstechnisch günstige Lage Neudeks an der alten Handelsstraße von Böhmen nach Leipzig hin. An den für Neudek wichtigen Silber- und Zinnbergbau erinnern beispielsweise eine Bergmannsuniform und ein Buckelbergwerk. Im ausgehenden 19. Jahrhundert war

die Stadt ein bedeutsamer Industriestandort, an dem sich auch die Rothau-Neudeker Eisenwerke AG, Kammgarnspinnereien und Betriebe der Holz- und Papierfabrikation ansiedelten.

Die Textilindustrie bildet auch das Bindeglied zu Göggingen und Augsburg, wo sich nach dem Zweiten Weltkrieg rund 10 000 heimatvertriebene Neudeker ansiedelten. Der Heimatverein Neudek hat sowohl über städtische Industrie Objekte zusammengetragen wie auch über die Umgebung, zum Beispiel über die Lederhandschuherzeugung in Abertham oder über die Löffelfabrikation in der Bergstadt Platten.

Besonders bekannt war Neudek für seine Klöppelspitzen, die der Besucher in großer Anzahl im Museum findet. Trachten, religiöse Objekte wie eine Skulptur des Neudeker Kreuzwegs aus dem 19. Jahrhundert und viele weitere Objekte legen Zeugnis vom Leben in Neudek und Umgebung ab.

gerne die schon zur Tradition gewordene jährliche Busfahrt in die Heimat fort. Voraussetzung ist natürlich, daß sich genügend Interessenten anmelden. Bei der diesjährigen Fahrt, die im Herbst geplant ist, sollen möglichst viele Gemeinden rings um Neudek besucht werden, soweit die Straßen für den Bus befahrbar sind. Interessenten melden sich bitte bei mir, Telefon (08 21) 66 57 24, eMail anitadonderer@ gmx.de

n Samstag, 1. Juli: 10.30 Uhr Gottesdienst mit dem aus Oberschlesien stammenden Pfarrer Thaddäus Posielek, Sopranistin Věra Smrzová, Petr Rojík an der Orgel und Liedern der Deutschen Messe von Franz Schubert in Trinksaifen, Kirche Mariä Heimsuchung; anschließend kurze Information über die Kirche; 12.00 Uhr Mittagessen mit Begrüßung durch den neuen Bürgermeister Václav Malý und Adolf Hochmuth in der Justinsklause (Penzion Na Vysoké Peci); 14.00 Uhr Busfahrt nach Abertham mit Führung durch das neue Handschuhmuseum und Besuch der Kirche zu den 14 Nothelfern; anschließend Kaffeekränzchen mit Schwarzbeerkuchen auf dem Pleßberg und Möglichkeit, den Aussichtsturm zu besteigen; 17.30 Uhr Rück-

Liebe Heimatfreunde, bringt wieder Bekannte und Freunde mit. Am Sonntag könnt ihr auf der Rückreise einen Abstecher ins 25 Kilometer entfernte Karlsbad oder nach Elbogen, dem Rothenburg des Egerlands, einplanen. Unser Treffen in Nordwest-Böhmen will seit langem ein völkerverbindendes Zeichen sein, gewissermaßen eine Begegnung zwischen zwei Völkern an der untersten Grabnarbe. „Brükkenbauer sind stets erwünscht, aber Brücken wollen eben auch begangen werden“, sagt der Egerer Helmut Eikam. Dieses Angebot machen wir seit mehr als 25 Jahren.

Unterkunft: Hotel Malamut (früher Schwarz), Nové Hamry 18, CZ-362 21 Nové Hamry, Telefon (0 04 20) 7 31 47 89 10, eMail hotelmalamut@gmail.com; Hotel Seifert (früher Rohm), Nové Hamry 13, CZ-362 21 Nové Hamry, Telefon (0 04 20) 7 24 08 82 10, eMail info@horskyhotelseifert. cz; Hotel Anna, Náměstí Karla IV. 486, CZ-362 21 Nejdek, Telefon (0 04 20) 3 53 82 57 56, eMail info@wellnesshotelanna.cz. Die Penzion Vysoká Pec ist schon ausgebucht.

Auskunft: Adolf Hochmuth, Am Schloßberg 28, 91757 Treuchtlingen, Telefon (0 91 42) 36 04, eMail adolf-hochmuth@ t-online.de Roman Kloc und Adolf Hochmuth freuen sich auf Euch.

An die frühere Heimat erinnern auch rund 5000 Fotos im Bestand des Museums. Außerdem verfügt das Heimatmuseum über eine eigene Bibliothek mit rund 650 Bänden heimatkundlicher und -geschichtlicher Literatur über Stadt und den Landkreis Neudek.

Die Heimatgruppe „Glück auf“ ist mit dem tschechischen Verein Jde o Nejdek (JoN) wieder mit einem Gemeinschaftsstand auf dem Sudetendeutschen Tag in Regensburg vertreten. Dort können Sie Einblick in die Transportlisten der Vertreibung von 1946 nehmen und uns und unsere tschechischen Freunde befragen. Anita Donderer

WIR GRATULIEREN

Den treuen Beziehern des Neudeker Heimatbriefs, die vom 24. März bis 27. April Geburtstag haben, wünschen wir von Herzen viele schöne Jahre in Gesundheit und Zufriedenheit.

n Hirschenstand. Rudolf Hannawald, Annaberger Straße 33, 09471 Bärenstein, 31. März 1943.

n Neudek. Professor Dr. Peter Linhart, Pfitznerstraße 3, 65193 Wiesbaden, 19. April 1938.

n Bärringen. Antonia Ströer/Geutner, Nebelhornstraße 72, 86163 Augsburg, 18. April 1934.

n Hengstererben. Friedrich Preis, Sudetenring 38, 91074 Herzogenaurach, 28. April 1940.

NEUDEKER HEIMATBRIEF Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 13
Blick ins neue Handschuhmachermuseum in Abertham. � Neudeker Chinaspezialist und Sprachgenie Sommerfrische Trinksaifen. Bild: Rupert Fuchs Blick ins Neudeker Heimatmuseum. Bild: Heimatgruppe „Glück auf“ � Neudeker Heimatmuseum in Augsburg
Hochofen und Trinksaifen Wiedersehen beim

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt

Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin –Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux –Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

� Casanova auf Schloß Dux

Der für die Schilderung seiner zahlreichen Liebschaften bekannte Giacomo Girolamo Casanova kam am 2. April 1725 in Venedig zur Welt. Bekanntlich starb er am 4. Juni 1798 auf Schloß Dux. Doch warum dort?

Im Jahr 1785 traf der aus Venedig verbannte und auf der Suche nach einem Einkommen durch Europa tingelnde 59jährige Casanova in Wien den Grafen Joseph Karl von Waldstein, der ihm anbot, als Bibliothekar auf Schloß Dux zu arbeiten. Im September kam er auf dem Schloß an. Die letzten Jahre seines Lebens prägten Eintönigkeit und ständiger Streit mit den anderen Schloßbewohnern. Wie sehr aber Casanova des Grafen Gunst mißbrauchte, wie geradezu unerträglich er nach und nach in seinem ganzen Wesen wurde, beschreibt Prinz De Ligne, ein Onkel des Grafen von Waldstein, so:

diese dort die Uraufführung der Oper „Don Giovanni“ vorbereiteten. Casanova war mit dem aus Venedig stammenden Da Ponte befreundet und hat nach dessen Aussage sogar Textentwürfe beigesteuert, welche jedoch keine Verwendung in der Oper fanden. Die betreffenden Textpassagen sind überliefert. 1791 kam er zur Krönung Kaiser Leopolds II. nach Wien.

� Die Lobkowicz-Brauerei in Bilin – Teil III

Erst Schock, dann Adrenalin

Unsere Korrespondentin Jutta Benešová nahm Kontakt mit einem Urban Explorer (Urbexer) auf, nennen wir ihn Lukas, um etwas über den Zustand der alten LobkowiczBrauerei in Bilin zu erfahren. Lukas hatte

Im August betrete ich durch das Haupttor zum ersten Mal das Gelände und sehe mich um. Wo gehe ich zuerst hin? Soll ich ins Untergeschoß gehen? Oder setze ich zuerst die Drohne in Bewegung? Genau diese Fragen gehen mir in diesem Moment durch den Kopf, und es liegt an mir zu entscheiden. Das Wichtigste für mich ist, nichts zu überstürzen. Als ich den vorderen Teil der Brauerei betrete, bin ich sofort von der Atmosphäre des Ortes verzaubert.

TERMINE

n Donnerstag, 31. August bis Sonntag, 3. September: Heimattreffen in Teplitz-Schönau. Das Programm erscheint im Mai.

die Stadt Bilin um Erlaubnis gebeten, die verfallene Brauerei besuchen zu dürfen, da er erfahren hatte, daß die Stadt eine Rekonstruktion plant. Ausgerüstet mit Fotoapparat und Drohne für Außenaufnahmen be-

Ja, es ist wohl für viele eine völlig uninteressante Ruine, aber ich lasse mich von der Aura fesseln. Wie sah es hier in ihrer Blütezeit aus? Wie viele Braumeister hatten sich wohl hier über die Jahrhunderte abgelöst? Diese und viele andere Fragen begleiten mich auf jedem Schritt meines Weges. Der Anblick der Sonnenstrahlen, die durch die an manchen Stellen zerbrochenen Werksfenster einfallen, ist ein absolut erstaunlicher Anblick. Schade, daß es keine Tanks mehr gibt, in denen das Bier einst gebraut wurde. Ich gehe durch die Mälzerei zum nächsten Teil. Hier stelle ich fest, daß ich tatsächlich an keinem sicheren Ort bin. Der Holzboden ist an vielen Stellen verrottet oder fehlt, ich muß aufpassen, daß ich nicht durch den Boden falle. Ich finde eine Holz-

gab er sich im August auf diese interessante Besichtigung. Mit seinem Einverständnis veröffentlicht der Heimatruf seinen von Benšova übersetzten Bericht in Fortsetzungen.

treppe. Ihr Zustand erscheint mir gut, also gehe ich in die oberste Etage, Deren Zustand schockt mich. Ich kann durch alle Stockwerke bis ins Erdgeschoß sehen, wo sich das Lager befand. Außerdem gibt es nicht einmal ein Dach über diesem Loch, die Balken sind morsch und heruntergefallen. So schaue ich in den wunderschönen blauen Himmel ohne eine einzige Wolke.

In diesem Moment bemerke ich auch den Fahrstuhl, der mit mehreren Balken verklemmt ist. Ich frage mich, warum das irgend wann einmal jemand tat, warum man den Fahrstuhl nicht ins Erdgeschoß stellte. Das werden wir wohl nie erfahren. Ich mache noch ein paar Fotos und gehe weiter, diesmal zu der bereits erwähnten ehemaligen Lagerhalle im Erdgeschoß. Sie ist bereits komplett leer.

Ich gehe weiter zum ältesten Teil der Brauerei und gehe hinein. Früher war es höchstwahrscheinlich ein Verwaltungsgebäude mit Büros, dessen Inneres und insbesondere der Korridor mich an eine alte Gendarmeriestation erinnerten. Hier stoße ich auf einen Raum im Dachboden, durch den ich an einen absolut erstaunlichen Ort gelange. Er liegt direkt über dem Raum, wo die bereits vermißten Biertanks standen.

Wahrscheinlich habe ich hier am meisten riskiert, aber ich brauche Adrenalin in meinem Leben und denke mir, daß es besser ist, ein bißchen verrückt zu sein als so normal wie alle anderen. Durch das fehlende Fenster bietet sich mir ein wunderschöner Blick auf das Schloß der Lobkowiczer und den Borschen. Fortsetzung folgt

„Es gab keinen Tag, an dem er sich nicht über seinen Kaffee, sei ne Milch oder den Teller Makkaroni beschwerte, den er täglich verlangte … Der Graf hatte ihm nicht als erster guten Morgen gewünscht. Die Suppe war ihm absichtlich zu heiß serviert worden. Ein Diener hatte ihn auf ein Getränk warten lassen. Er war einem berühmten Besucher nicht vorgestellt worden … Der Graf hatte ein Buch verliehen, ohne ihn davon zu verständigen. Ein Diener hatte nicht den Hut gezogen, als er an ihm vorüberging … Er hatte seine französischen Verse vorgezeigt, und jemand hatte gelacht. Er hatte gestikuliert, als er italienische Verse vortrug, und jemand hatte gelacht. Er hatte beim Betreten eines Raumes die Verbeugung gemacht, die ihm von dem berühmten Tanzlehrer Marcel vor 60 Jahren beigebracht worden war, und jemand hatte gelacht.“

Vermutlich traf Casanova 1787 in Prag mit Wolfgang Amadeus Mozart und dem Librettisten Lorenzo Da Ponte zusammen, als

Seine letzten Reisen führten ihn 1795 nach Berlin und Thüringen, 1796 und 1797 nach Dresden. Der letzte Trost für Casanova war das Schreiben. 1787 beendete er die Niederschrift der „Histoire de ma fuite“, deutsch „Geschichte meiner Flucht“, über die Flucht aus dem Gefängnis in Venedig. 1788 erschien in Prag sein fünfbändiger utopischer Roman „Icosaméron ou Histoire d‘Edouard et d‘Elisabeth.“ 1790 begann er mit der Niederschrift seiner „Mémoires“, wobei er sich auf Capitulaires und Briefe stützte, also tagebuchartige Aufzeichnungen, die er sein Leben lang geführt hatte. Schon seit 1780 hatte er darüber nachgedacht, seine Biographie selbst zu schreiben. Neun Stunden am Tag arbeitete er durchschnittlich an seinen Erinnerungen. Nachdem er 1793 eine erste Fassung vollendet hatte, widmete er sich bis zu seinem Tod am 4. Juni 1798 der Überarbeitung des Textes. Im Vorwort seiner „Histoire de ma vie“ betont er, daß er nicht nur Monotheist, sondern ein durch die Philosophie gefestigter Christ gewesen sei, vor allem aber frei. Auch auf dem Sterbebett –Casanova hatte Prostatakrebs –soll er gesagt haben, er habe wie ein Philosoph gelebt und lebe nunmehr wie ein Christ. Er wurde in Dux auf dem Friedhof der heiligen Barbara bestattet. Wo sich sein Grab befand, ist heute allerdings unbekannt, denn der Friedhof wurde später in einen Park umgewandelt. Lediglich die Grabplatte wurde an der Außenmauer der noch existierenden Kapelle der heiligen Barbara befestigt.

Dux Ossegg Ladowitz Klostergrab Bilin Teplitz-Schönau Graupen Niklasberg
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Unerträglicher Bibliothekar SCHICKSALSGEMEINSCHAFT EUROPA 26 BIS28MAI 20 2 3 IN REGENSBURG 7 3. SUDETEND E UTSCHER TA G
Die Duxer Barbarakapelle mit Casanovas Grabplatte. Endstation des Fahrstuhl. Bilder: Urbex by Rychy Zur alten Mälzerei. Hier ist‘s wirklich gefährlich. Ob hier Büroräume waren? Jeder Schritt will überlegt sein.

HEIMATBOTE

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otter ng, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischof teinitz, Rai eisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

❯ Hostaus Pfarrer – Teil XVII

Pfarrer Peter Steinbach

Stefan Stippler, Ortsbetreuer von Hostau, schildert die Geschichte Hostaus anhand des zweiten Memorabilienbuches der Hostauer Dechantei für die Jahre 1836 bis 1938. Hier der vierte Teil über den Dechanten Peter Steinbach (1843–1917).

In der Wiege der Paneuropa-Union

Die zweisprachigen Veranstaltungen des Projekts „Hindle“ des Vereins Chodsko žije! – das Chodenland lebt! – stoßen weiterhin auf eine überaus große Resonanz bei den Bürger beiderseits der Grenze. Nun stand eine Führung durch Ronsperg mit der Historikerin Kristýna Pinkrová aus Taus auf dem Programm, die auch die Leiterin dieses Projektes ist. Trotz Schneefall und eisiger Kälte waren rund 50 Teilnehmer gekommen, die damit einmal mehr das große Interesse an der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zum Ausdruck brachten.

Die Führung begann auf dem Stadtplatz. Dort präsentierte Krýstina Pinkrová zunächst ein

altes Foto der Stadt, mit dem sie verdeutlichte, wie sich deren Aussehen veränderte. Hier hätten Leute gelebt, die eine Welt mit Frieden gewollt hätten. Dabei verwies sie auf Heinrich Graf von Coudenhove-Kalergi und dessen japanische Ehefrau Mitsuko – eine der ersten Asiatinnen in Europa –, die sieben Kinder gehabt und im Schloß gelebt hätten. Der bekannteste Sohn sei wohl Richard Nikolaus, der Begründer der Paneuropa-Union. Durch einen Hintereingang wurde dann das Innere der Pfarrkirche Kirche Mariä Himmelfahrt erreicht, wo Pinkrová über die reichhaltige Geschichte des Ortes und der Kirche informierte.

Anschließend ging es zum Denkmal für die Gefallenen und Vermißten des Ersten Weltkriegs unterhalb der Kirche. Die Statue war nach dem Zweiten Weltkrieg, als die deutsche Bevölkerung vertrieben wurde, verschwunden.

Karl Reitmeier berichtete, daß diese in drei Teile zerbrochene Statue vor einigen Jahren bei archäologischen Grabungsarbeiten für die Synagoge, die derzeit entstehe, in drei Metern Tiefe gefunden worden sei. Er sei damals dabei gewesen, als die Stücke der Statue vor dem Schloß präsentiert worden seien. Inzwischen seien die Teile wieder zusammengesetzt worden, und die Statue des knienden Soldaten ziere nun wieder den Sockel.

Die Begehung führte dann zum Schloß, wo der Schriftsteller Bernhard Setzwein mit vielen interessanten Informationen über das Adelsgeschlecht der Familie Coudenhove-Kalergi aufwartete und bei dieser Gelegenheit auch auf sei-

nen Roman „Der böhmische Samurai“ verwies, in dem er sich mit der Geschichte dieser ungewöhnlichen Familie befaßt habe.

Anschließend wurde ein Spaziergang zum Friedhof unternommen, wo auch das Grab von Heinrich Graf von CoudenhoveKalergi besichtigt werden konnte. Dort wurde auch der Friedhofskapelle ein Besuch abgestattet. Erinnert wurde dort außerdem an einen schrecklichen Todesmarsch von Frauen,

der durch Ronsperg geführt hatte. Beachtung fand eine Tafel, die der einstige Betreuer des Heimatkreises Bischofteinitz, Josef Maurer, bereits im Jahre 2003 initiiert hat. Darauf steht unter anderem: „Gott gebe Deutschen und Tschechen Mut und Kraft zur Versöhnung im Gedenken und Gebet“. Auf dem Rückweg konnte dank des Entgegenkommens der Leiterin des Infozentrums, Jitka Molnárová, diese Einrichtung besucht werden, um sich dort etwas aufzuwärmen und weitere Ausführungen über die derzeit rund 1500 Einwohner zählende Stadt, in der vor dem Zweiten Weltkrieg viele Juden gewohnt hatten, zu bekommen. Das Treffen endete mit einem gemütlichen Besuch in der Vinothek, die sich allerdings für die vielen Teilnehmer dann als etwas zu klein erwies. lr

Und tatsächlich werden von da an fast vierfache Geldbeträge gesammelt, die die Armen mit ihren Sammelbüchsen an Feiertagen erzielen. Der allwöchentliche gleiche Betrag wird wie gewohnt vom Bürgermeisteramt an die Stadtarmen verteilt. Die neuen Mehrbeträge werden bei der Bank eingezahlt, um diese später für die Instandsetzung des Armenspitals verwenden zu können.

Steinbach möchte auch gern in Hostau einen Kindergarten etablieren, der von Ordensschwestern betrieben werden soll. Seine Idee findet jedoch in Hostau kein Gehör. Steinbach zeigt sich dennoch zufrieden, da nach seiner Ansicht die Hostauer Kinder von ihren Eltern fleißig zum Schul- und Kirchenbesuch geschickt werden.

Vom Hostauer Mesner Kaspar Liebermann angeregt, kauft Steinbach liturgische Bücher, zum einen „Der katholische Küster“, damit die Hostauer Mesner auch künftig die äußere, kirchliche Ordnung einhalten können, dann als Nachschlagewerk einen liturgischen Katechismus, ferner das Buch „Der Rubrizist“ für Gottesdienste, Weihungen und Segnungen und schließlich ein „Missale bohemicum“.

■ Freitag, 24. März, 18.00

Uhr, Taus: Zweisprachiger Vortrag über die Fastentracht der Region Niederes Chodenland mit Martina Pincová und Lída Kašová und Beispielen für einzelne Trachten im Hindle-Zentrum. Auskunft: Hindle-Zentrum, náměstí Míru 122, CZ-344 01

Domažlice, Ansprechpartner für Deutsche ist Anna Kolářová, Telefon (0 04 20) 7 21 73 78 94, Ansprechpartner für Tschechen ist Kristýna Pinkrová, Tele-

fon (0 04 20) 7 78 49 31 01, eMail centrum.hindle@gmail.com

■ Samstag, 1. April, Eschlkam: 8.45 Uhr Treffpunkt Gasthof zur Post, Waldschmidtstraße 14, Busfahrt nach Tanaberk, 9.30 Uhr dort Vortrag „Veränderungen von Tanaberk. Vom Wallfahrtsort im 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart“ mit Zdeněk Procházka; anschließend Zwölf-Kilometer-Wanderung auf dem Jakobsweg nach Eschlkam mit Einkehr in der Jakobskapel-

le in Seugenhof, 15.30 Uhr Vortrag „Geschichte der Pilgerwege und Eschlkam“ mit Josef Altmann; anschließend Möglichkeit das Waldschmidt-Museum zu besuchen. Mitveranstalter ist das Centrum Bavaria Bohemia. Auskunft: Hindle-Zentrum, náměstí Míru 122, CZ-344 01 Domažlice, Ansprechpartner für Deutsche ist Anna Kolářová, Telefon (0 04 20) 7 21 73 78 94, Ansprechpartner für Tschechen ist Kristýna Pinkrová, Telefon (0 04 20) 7 78 49 31 01,

eMail centrum.hindle@gmail. com

■ Sonntag, 2. April, Taus: Osterrutenflechten und Ostereierbemalen im Zentrum Hindle. Auskunft: Hindle-Zentrum, náměstí Míru 122, CZ-344 01 Domažlice, Ansprechpartner für Deutsche ist Anna Kolářová, Telefon (0 04 20) 7 21 73 78 94, Ansprechpartner für Tschechen ist Kristýna Pinkrová, Telefon (0 04 20) 7 78 49 31 01, eMail centrum.hindle@gmail.com

Aufregung hingegen gibt es beim alljährlich stattfindenden Jahr- und Viehmarkt (Ostermarkt) im Jahr 1891. Jedes Jahr wird dieser Markt am Tag vor dem Gründonnerstag abgehalten. So kündigt das „Prager Abendblatt“ mit seiner Ausgabe vom 11. März 1891 den Jahrund Viehmarkt für den 25. März 1891 an. Auch der Gemeindediener Franz Schwarz verkündet mit Trommelschlag, daß der Ostermarkt am Fest Mariä Verkündigung am 25. März stattfinden werde. Steinbach unterstellt zwar in seinen Aufzeichnungen dem Stadtrat keine böse Absichten, hält aber fest, daß an einem katholischen Feiertag kein Viehmarkt nach Gesetzen von 1867 und 1868 abgehalten werden dürfe. Daher verfaßt Steinbach einen Beschwerdebrief an die k. k. Bezirkshauptmannschaft in Bischofteinitz. Am 17. März 1891 ergeht von dort ein Erlaß, der am Hochfest Mariä Verkündigung den Ostermarkt gemäß der Marktordnung der Stadt Hostau vom 4. August 1865 und dem Hofdekret vom 22. April 1782 verbietet. Im Sinn der Marktordnung wird der Ostermarkt auf den 24. März vorverlegt. Die Entscheidung wird sogleich vom Hostauer Bürgermeisteramt öffentlich ausgehängt, damit die Angelegenheit erledigt ist.

Es kommt aber zu Beschimpfungen und Aufhetzungen gegen Steinbach. Die Geschäftsleute werfen Steinbach vor, sie um ihre Erlöse gebracht zu haben, und kündigen an, daß kein Verein und keine Zunft bei der Auferstehungsprozession am Abend des Karsamstags erscheinen und die Prozession ausleuchten werde. Und scheinbar findet sich auch niemand in der ganzen Pfarrgemeinde, der Steinbach in Schutz nimmt. Ebenso wird Steinbach ein anonymer Warnbrief geschickt, er solle in den nächsten Tagen keine Spaziergänge unternehmen. So verweilt Steinbach im freiwilligen Hausarrest, wie er es nennt. Am Palmsonntag nehmen nur zwei Männer, der Chorregent und sein Schwager, an der Palmprozession teil. Den Rest bilden Frauen und Kinder. Die Männerwelt beäugt in größeren und kleinen Gruppen geringschätzig vom Stadtplatz aus die Prozession. Einige Familienväter gehen in die Wirtshäuser. Es gibt aber auch viele Getreue, die Steinbach Mut und Trost zusprechen. Doch ergreift niemand öffentlich Partei für Steinbach. Auch seine Getreuen kommen nur bei Dunkelheit ins Pfarrhaus, manche sogar noch durch den Hintereingang über den Garten. Steinbach sieht sich wieder als das Opfer der Liberalen, die die Bevölkerung gegen die Kirche aufwiegeln. Unbeirrt predigt Steinbach am Hochfest Mariä Verkündigung über die Pflichten eines Christen, die Sonn- und Feiertage in Ehren zu halten. Er verteidigt sein Vorgehen und betont deutlich, daß er nicht zögern wird, bei neuerlichen, ähnlichen Vorkommnissen dagegen mit allen Mitteln anzukämpfen.

Um für seine Interessen eine größere Unterstützung zu gewinnen, gründet Steinbach einen katholischen Volksverein, dem gleich 40 männliche Hostauer beitreten. Am 19. April 1893 gestattet die k. k. Bezirkshauptmannschaft in Bischofteinitz die Gründung und Statuten des Katholischen Volksvereins für Hostau und Umgebung. Dem außerehelichen Zusammenleben eines Paares, das sich Anfang Februar 1891 in Hostau niedergelassen hat, sagt Steinbach den Kampf an. Er bittet den Kommissar der k. k. Bezirkshauptmannschaft in Bischofteinitz um Unterstützung, „dieses Concubinat“ zu beseitigen. Die Behörde ersucht um amtliche Auskünfte bei der Stadtverwaltung in Hostau. Dort wird aber versichert, daß es sich hier um keinen Ärgernis erregenden Lebenswandel oder eine sittenlose Beziehung handele. Die Bezirkshauptmannschaft weist daraufhin Steinbachs Klage ab. Seine anschließende Eingabe bei der k. k. Statthalterei in Prag wird am 17. Juni 1891 auch dort abgelehnt.

Im den Jahren 1892 und 1893 kommt es wieder zu neuen Ausstattungen für die Dechanteikirche. Fortsetzung folgt

Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 15
Bischofteinitz Ronsperg Hostau
TERMINE ❯ Ronsperg
Die von Josef Maurer 2003 gestiftete Gedenktafel. Vor dem wiedererrichteten Gefallenendenkmal präsentiert Kristýna Pinkrovás Sohn eine Fotografie von der Einweihung des Mahnmals. Das Grab von Graf von Coudenhove-Kalergi . Bild: Karl Reitmeier
SCHICKSALSGEMEINSCHAFT EUROPA
. BIS28 . MAI 20 2 3 IN REGENSBURG
3. SUDETEND E UTSCHER TA G
Die Teilnehmer an der Führung in Ronsperg vor der Kirche Mariä Himmelfahrt mit Kristýna Pinkrová.
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Sudetendeutsche

Heimatbote für

den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de

� In Memoriam

Gertrud Träger

Am 16. März wäre Gertrud Träger 100 Jahre alt geworden. Wer war diese Frau und welche Verdienste hatte sie sich um Tachau, Luditz und das Egerland erworben?

Pastor Traugott Alberti (1824–1914): „Die evangelischen Dreifaltigkeitskirche in Asch“ (um 1880).

� Westböhmische Protestanten von Pilsen bis Pfraumberg

Zuflucht in Vohenstrauß

Böhmen war ein katholisches Land. Man sieht es noch heute an den prächtigen Barockkirchen, die der römische Katholizismus seinen Gläubigen gebaut hat. Heute ist das anders. Die Tschechen sind nicht mehr fromm – aus welchen Gründen auch immer. Das Christentum hat zu kämpfen, egal, ob es katholisch, hussitisch oder böhmisch geprägt ist.

Der Katholizismus war die Religion des Siegers. Bis zur Schlacht am Weißen Berg bei Prag 1620 existierten in Böhmen zahlreiche religiöse Gruppen. Da waren die hussitischen Utraquisten, denen der Papst das Recht verliehen hatte, wie die Priester aus dem Kelch zu trinken. Da waren die deutschen Lutheraner und die Böhmischen Brüder und nicht zuletzt die international vernetzten Calvinisten. All diese Gruppen und noch viele andere verschwanden nach der verlorenen Schlacht. Man konvertierte oder floh ins Ausland. Der Katholizismus blieb übrig.

Vom Untergang des Protestantismus aus gesehen erscheint der Begriff „Westböhmische Protestanten“ merkwürdig. Warum Protestanten, wenn es nur mehr Katholiken gab? In der Tat gibt es fast nichts, was der Protestantismus in Westböhmen sichtbar hinterlassen hat. Die Reste der 1960 abgebrannten Dreifaltigkeitskirche von Asch oder die Kirchen in den westböhmischen Bädern, gebaut und unterstützt von auswärtigen Monarchen, die sich dem Protestantismus verpflichtet wußten.

Und trotzdem gab es westböhmische Protestanten. Nicht sichtbar, aber doch spürbar als Gemeinde des Glaubens. Man wohnte irgendwo verstreut, als Diener in einem Schloß, als Arbeiter in einer Glashütte, als Viehhändler auf der Straße unterwegs. Man traf sich nicht, denn der Glaube war ja verboten im Lande. Nur außerhalb der böhmischen Grenze war Gottesdienst möglich, dort, wo der Protestantismus wohnte, geduldet oder offiziell anerkannt.

Die evangelische Gemeinde in Vohenstrauß galt als Treffpunkt. Landesherr war der Pfalzgraf von Sulzbach, katholisch, aber doch tolerant. In seinem Fürstentum war der evangelische Glaube anerkannt. Das Land zog sich

von der Hersbrucker Schweiz im Westen bis zum Böhmerwald im Osten. Der Markt Vohenstrauß war der östlichste Punkt, an dem die Ausübung des evangelischen Glaubens möglich war. Dann kamen die Grenze und mit ihr das Verbot.

In Vohenstrauß konnte der Glauben offen bekannt werden. Das Hören der Predigt und der Empfang des Sakraments waren hier ohne Probleme möglich –auch für diejenigen, die aus dem Osten, aus Böhmen kamen. Alles, was an Protestanten zwischen Pilsen und Pfraumberg wohnte, traf sich hier zum Gottesdienst –mißtrauisch beäugt von der böhmischen Obrigkeit, aber doch irgendwie geduldet.

Ein Beispiel war Hans Carl Czernin. Der böhmische Adel hatte sich nach der Schlacht am Weißen Berg wieder zum Katholizismus bequemt. Andere räumten Heimat und Besitz. Czernin blieb dem Protestantismus treu und siedelte sich in Vohenstrauß an. Von hier aus konnte er seine Güter verwalten; bewohnen durfte er seinen Besitz nicht. Unangenehm, als sich seine Frau Magdalena Justina während eines Besuchs im Schloß Schwihau ins Sterbebett legte. Eine Rückkehr nach Vohenstrauß war wegen des schlechten Zustandes ihrer Gesundheit nicht möglich. Man holte den Vohenstraußer Pfarrer, Jakob Knöspel (Gnespelius), einen gebürtigen Elbogener. Doch Gnespelius kam zu spät. Frau Czernin starb Anfang 1663 ohne den Trost der Kirche, vielleicht begleitet von evangelischen Gebeten. Sie durfte nicht in böhmischer Erde bestattet werden. Aus diesem Grund nahm Czernin die Tote mit nach Vohenstrauß. Dort wurde sie im Chor der Kirche begraben. Der Ehemann folgte im Jahre 1685.

Außer Czernin kamen noch andere Westböhmen nach Vohenstrauß, um sich dort endgültig niederzulassen. Die meisten kamen während des Dreißigjährigen Krieges. Dann verebbte der Zustrom. Als 1671 der Pfalzgraf die Herkunft seiner Untertanen notieren ließ, waren nur mehr wenige Böhmen darunter. Das Gebiet zwischen Pilsen und Pfraumberg war geräumt; es gab dort keine Utraquisten und böhmischen Brüder mehr, die auswandern hätten können. Dafür kamen andere. Sie nahmen den Trost ihrer Kirche wahr und verschwanden dann wieder in die Wälder Westböhmens. Die ab 1763 vorhandenen Vohenstraußer Kirchenbücher erzählen davon:

l Trauung am 5. Juli 1763

in Altenstadt: Johann Gottlieb Flamme, aus Sachsen gebürtig, Blechschmied zu Reichenthal in Böhmen, Sohn weiland Johann Christoph Flammigs, Blechmeisters zu Wildenthal, und seiner Ehefrau Johanna Barbara, mit Christiane Dorothea Grossin, zu Schur, in Sachsen bei Schneeberg gebürtig, des Herrn Christian Friedrich Grossens, seit acht Jahren auf dem Gräflich Kolowratschen Hammerwerk zu Reichenthal in Böhmen, Blechmeisters, und seiner Ehefrau Rosina Dorothea, zweite Tochter.

l Trauung am 27. Mai 1771: Johann Georg Flemmig, HeerdSchmidt auf dem Blechhammer Horzewiz im Königreich Böhmen, Sohn des Herrn David Flemmigs, Blechmeisters auf gedachtem Hammer, und Juliane Sophia, Herrn Christian Friedrichs Grossens, Blechmeisters zu Reichenthal in Böhmen, Tochter.

l Trauung am 7. Juli 1776: Tit. Herr Johahnn Gottlob Wittenbecher, Inspector der Kayserlich Königlichen Zeuch­Fabric zu Neugedein in Böhmen, gebür­

tig aus Merseburg in Sachsen, mit Jungfer Regina Maria Buchheimin, Herrn Johann Wilhelm Suchheims, Zeuch­Factors in bemelter Fabriq, ehelich erzeugte zweyte und Zwillingsschwester.

l Trauung am 13. November 1776: Christian Friedrich Günther, dermaliger Blech­Schmidt auf dem Hochgräflichen Colowratischen Blechhammer zu Reichenthal in Böhmen, weiland Christoph Günthers, gewesenen Staab­Meisters auf dem Blechhammer Wildenthal im Chursächsischen mittlerer Sohn, und Christina Sophia Großin, H. Christian Friedrich Großens, Schmidt­Meisters auf dem gedachten Hammer zu Reichenthal, zweyte Tochter.

l Trauung am 20. Mai 1777: Johann Paul Blumenstengel, ein Witwer, Zeugmachermeister auf der Kaiserlich Königlichen Freyen Zeug­Fabriq zu Neugedein in Böhmen, und Anna Margaretha Weißhäuplin, des weyland Johann Bartholomäus Weißhäupl, Bürgers und Fleischhackermeisters alhir, hinterlassene Tochter.

Geboren wurde sie als Tochter des Tachauer Arztes Ferdinand Träger in Luditz. Ihre Mutter entstammte der alteingesessenen Luditzer Familie Lediger. Nach dem Besuch der Volks­ und Bürgerschule in Luditz war sie drei Jahre an der Fachschule für Frauenberufe in Eger. Sie wählte den Beruf Buchhalterin, den sie vor der Vertreibung in Tachau und danach in München ausübte. Neben ihrem Beruf war sie immer für ihre verlorene Heimat aktiv und hat sich große Verdienste für die Stadt Luditz und den Landkreis Luditz erworben. Daß ihr das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen wurde, kam nicht von ungefähr. Sie erhielt es am 22. November 2000 für ihre großen Verdienste um den Erhalt der kulturellen Identität der heimatvertriebenen Egerländer.

Zunächst war sie an ihrer Geburtsstadt und deren Geschichte interessiert. Das „Heimatbuch des Kreises Luditz“ erschien 1971 und war in Vollständigkeit und Gründlichkeit eine hervorragende Darstellung, zumal damals die Beschaffung von Unterlagen und Bildmaterial aus politischen Gründen schwierig war. In diesem werden die wichtigsten geographischen, politischen und wirtschaftlichen Tatbestände vor der Vertreibung festgehalten. Die Topographie der „Denkmale im Egerland, Kreis Luditz“ von 1993 dürfte wohl, was den ehemaligen Landkreis Luditz betraf, ihre persönlich am beeindruckendste Arbeit sein.

Da sie auf Grund der politischen Wende Zugang zu Unterlagen erhielt und Fotos erstellen konnte, gelang es ihr, Gebäude, Friedhöfe, Flurdenkmale und viele andere wertvolle Kulturdenkmale in oft zerstörtem Zustand zu dokumentieren, bevor sie dem Verfall oder der endgültigen Vernichtung zum Opfer fielen. Sie erstellte auch ein Ehrenbuch der „Opfer des ersten Weltkrieges im Kreis Luditz“. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Neuauflage der „Geschichte der Stadt Luditz“, sowie eine „Sammlung Geschichte der Stadt Luditz nach der Vertreibung“.

Besonders engagierte sie sich bei der Ausgestaltung der Heimatstuben im hessischen Bad Sooden­Allendorf, in dem sie versuchte, möglichst viele erhaltenswerte Ausstellungsstücke zu erwerben. Nach der Fertigstellung der Räume erstellte sie auch eine Archivliste dazu.

Ihrer Verbundenheit zu Tachau war ihr zweites Augenmerk gewidmet. So erschienen von ihr die „Schriften zur Tachauer Heimatgeschichte Band 3, Künstler­Sudetenland/Egerland“ und „Bildende Künstler aus dem ehemaligen Kreis Tachau­Pfraumfeld im Egerland“.

Gertrud Träger trat aber auch als Sponsorin in Erscheinung.

Nicht unerheblich trug sie dazu bei, daß die Egerländer Kunstgalerie in Marktredwitz eröffnet werde konnte.

Der Verfasser dieses Nachrufes hatte jahrelang einen vor allem schriftlichen Kontakt zu der Verstorbenen. Er bewundert heute noch ihre Fachkenntnisse, ihr Wissen und ihren Einsatz. Neben vielen familienkundlichen Veröffentlichungen, der Mitarbeit in den Archiven Ostdeutscher und Sudetendeutscher Familienforscher wurden die Buchveröffentlichungen schon erwähnt.

Gertrud Träger war eine zielstrebig arbeitende Frau, der viel Anerkennung und Würdigung in ganz Bayern zuteil wurde. Wer Erfolg hat, gewinnt nicht immer auch Freunde und hat Neider. Leider trifft das auf ihre Geburtsstadt zu. Nur die Stadt Luditz beziehungsweise deren Repräsentanten haben es unterlassen, Trägers Leistungen entsprechend zu würdigen. Das hat sie persönlich sehr verletzt. Sie starb am 22. Januar 2015 und wurde auf ihren Wunsch hin im Münchener Waldfriedhof beigesetzt. Horst Spitschka

Anläßlich ihres 90. Geburtstages vor zehn Jahren erschien folgender Beitrag im Heimatboten für den Kreis Tachau.

Nur wenige Landsleute wirkten so produktiv für ihre Heimat wie sie. Die Liste der Publikationen, an denen sie verantwortlich mitwirkte oder für die sie Beiträge schrieb, ist zu lang, um sie in einem Artikel veröffentlichen zu können. Ebenso umfangreich sind die Gebiete, auf denen sie tätig war. Diese reichen von der Kunstgeschichte über die Ahnen­ und Familienforschung bis zum Erfassen von Kultur­ und Kunstdenkmalen. Mit gleicher Tatkraft war sie auch maßgeblich am Auf­ und Ausbau des Egerland­Kulturhauses in Marktredwitz und des Tachauer Heimatmuseums in Weiden in der Oberpfalz beteiligt. Ihre Schwerpunkte waren die Heimatkreise Luditz und Tachau.

Viele ihrer Abhandlungen erschienen – soweit sie nicht einen Platz in Büchern fanden –im Heimatboten oder in Schriften wie „Der Egerländer“. Erwähnenswert ist auch, daß Träger den Nachlaß des Malers und Grafikers Richard Fleißner (* 1903 Tuschkau, † 1989 Gräfelfing bei München, Mitglied der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste) schon zu dessen Lebzeiten Anfang der achtziger Jahre ordnete, für das Egerland­Kulturhaus in Marktredwitz sicherte und nach dessen Tod dorthin überführte. Dafür und für vieles mehr wurde sie mit hohen Auszeichnungen geehrt, von denen ich nur die Adalbert­Stifter­Medaille der SL nenne. In letzter Zeit ist es etwas ruhiger um Gertrud Träger geworden. Seit fast einem Jahr lebt sie im Seniorenheim Josefinum am Münchener Luise­Kiesselbach­Platz und ist rundum zufrieden. Ernst Haubner

Mit dem Regierungsantritt Kaiser Josephs II. im Jahre 1780 endeten die Trauungen vor dem Vohenstraußer Pfarrer. Die Toleranzpatente des Herrschers ermöglichten Eheschließungen auf böhmischem Gebiet. Diese wurden zwar von katholischen Priestern vorgenommen, aber das Brautpaar durfte evangelisch bleiben. Zur Eheschließung brauchte man nicht mehr über die Grenze. Die Teilnahme am Heiligen Abendmahl hingegen ging weiter. Der westböhmische Besuch in Vohenstrauß endete, als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Protestanten zunahmen. Man fuhr nicht mehr ins Ausland, da man eine eigene Kirche bekam. Der westböhmische Protestantismus feierte nun unter sich. Als 1945 wieder Leute aus dem Osten kamen, blieben viele in Vohenstrauß. Kein Weg führt mehr zurück. Sie blieben wie jene evangelischen Christen, die sich im Dreißigjährigen Krieg in Vohenstrauß angesiedelt hatten. Der westböhmische Protestantismus war nun nicht mehr deutsch geprägt, sondern tschechisch. Böhmische Brüder siedelten sich jetzt in Westböhmen an. Mit ihnen beginnt ein neues Kapitel tschechischer Konfessionsgeschichte. Volker Wappmann Zeitung Folge 12 | 24. 3. 2023 16
Die Reste der 1960 abgebrannten evangelischen Dreifaltigkeitskirche in Asch. Die evangelisch-lutherische Stadtpfarrkirche in Vohenstrauß.

Heimatblatt für die Kreise Hohenelbe und Trautenau

Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge e. V. – 1. Vorsitzende: Verena Schindler, Telefon 0391 5565987, eMail: info@hohenelbe.de, www.hohenelbe.de – Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau e. V. – 1. Vorsitzender Wigbert Baumann, Telefon 0931 32090657 – Geschäftsstelle Riesengebirgsstube (Museum-Bibliothek-Archiv), Neubaustr. 12, 97070 Würzburg, Telefon 0931 12141, eMail: riesengebirge-trautenau@freenet.de – www.trautenau.de – Redaktion: Karin WendeFuchs, Agg 3, 83246 Unterwössen, Telefon 08641 6999521, Mobil 0157 32215766, eMail: Riesengebirgsheimat@t-online.de – Redaktionsschluss: jeweils der 15. des Vormonats.

� Trautenau – Hohenbruck

Kultureller Förderpreis für Heimatkreismitglied

„Ich gehöre zur letzten Generation, die die Möglichkeit hat, Menschen, welche die Vertreibung erlebt haben, persönlich kennenzulernen, um mich mit ihnen auszutauschen. Daher bin ich Mitglied im Heimatkreis Hohenelbe und habe auch schon Mitglieder kennenlernen dürfen“, erläutert Jan Vrána während seiner Präsentation, die er am 28. Januar 2023 im Adalbert-Stifter-Saal des Sudetendeutschen Hauses in München anläßlich der Verleihung des kulturellen Sudetendeutschen Förderpreises hält.

Einblicke in sein Leben Jan – üblicherweise „Honza“

genannt – wird 2003 in Jung-

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern der „Riesengebirgsheimat“ ein frohes und gesegnetes Osterfest.

� Ketzelsdorf

Unser Glücksfall: Georgine Nitsch

Mit großer Freude begrüßen wir unsere neue HOB, Frau Georgine Nitsch, die sowohl die Nachfolge des Ehepaars Hösel antritt, als auch Günter Henke entlastet. Georgine Nitsch interessiert sich für die alte Heimat und ist Profi im Umgang mit dem Computer. Liebe Georgine, wir wünschen Dir viel Freude an Deiner neuen Aufgabe!

Ein freundliches „Hallo“, mein Name ist Georgine Nitsch, geb. Luschtinetz und ich habe die Ehre, den Posten des HOB für die Bereiche Güntersdorf, Ketzelsdorf, Komar, Hegerbusch und Söberle von den Eheleuten Hösel zu übernehmen, denen ich für ih-

netz“ – geboren wurde und dort aufgewachsen ist.

Mein Geburtsort ist Trautenau (Trutnov). Im Juni 1968 siedelte meine Familie nach Deutschland um und ließ sich in Waldkraiburg nieder. Hier wuchs ich auf, ging zur Schule und absolvierte meine Ausbildung zur Industriekauffrau. Heute noch leben mein Mann, unser Sohn und ich in Waldkraiburg. Seit ein paar Jahren beschäftige ich mich intensiv mit Ahnenforschung. Geschichte und Lebens-Geschichten haben mich schon immer sehr interessiert.

Ich hoffe, ich kann bei Fragen behilflich sein, für Erzählungen und Informationen habe ich im-

Georgine Nitsch. Rechts das „Gasthaus Luschtinetz“ in Ketzelsdorf.

re jahrelange Tätigkeit danke. Ich hoffe, daß ich dem „Erbe“ gerecht werden kann.

Mich verbindet mit diesen Orten, daß mein Vater Otto Luschtinetz in Ketzelsdorf No.138 –ehemaliges „Gasthaus Luschti-

mer sehr gerne ein „offenes Ohr“ und freue mich auf die Zusammenarbeit. Danke für Ihr Vertrauen und herzliche Grüße Georgine Nitsch Fotos. G. Nitsch

bunzlau geboren und interessiert sich trotz seines jugendlichen Alters für die sudetendeutsche Geschichte des Riesengebirges. Er steht exemplarisch für die tschechischen Nachfolgegenerationen, die sich damit beschäftigen, was in ihrem Land in der Vergangenheit passiert ist und sich mit der Historie differenziert auseinandersetzen.

In seiner Kindheit hört Jan von seinem Großvater, daß das etwa 300 Jahre alte Haus in Rochlitz an der Iser, welches von Jans Urgroßvater Ende der 1940er Jahre gekauft wurde und von der Familie als Wochenendhaus genutzt wird, von Deutschen erbaut wurde. Sein Großvater macht ihn zudem immer wieder auf Gegenstände aufmerksam, welche von Deutschen stammen. So wird der junge Jan schon früh neugierig und bildet sich sein Urteil anhand der Geschichte, welches sich in folgenden Aussagen wiederfindet:

„Ich hasse Edvard Beneš, das war die schlimmste Politik, die wir je hatten. Aber das ist Historie, wir müssen über unsere gemeinsame Zukunft reden.“ … oder zu den

Schicksalen der früheren sudetendeutschen Bewohner: „Wenn ich von den Lebensschicksalen unserer ehemaligen Nachbarn lese und höre, erinnere ich mich immer an die letzte traurige Strophe des Riesengebirgslieds.“

In seiner Präsentation erfährt man, daß sich seine Familie bereits seit Jahrzehnten dafür einsetzt, daß das Haus in Rochlitz entsprechend der alten Traditionen erhalten bleibt, auch um das Vermächtnis der ehemaligen Bewohner zu bewahren. Er zeigt Luftaufnahmen, die verdeutlichen, wie sehr sich die Landschaft seit der Vertreibung der sudetendeutschen Bewohner verändert hat, Fotos vom Inneren des Hauses zeugen von der gemeinsamen traurigen deutschtschechischen Vergangenheit.

Die tschechische Bevölkerung müsse dafür sensibilisiert werden, daß die Geschichte der jeweiligen Orte nicht erst nach 1945 beginnt, merkt Jan Vrána kritisch an.

Er gibt Beispiele aus seiner Abiturarbeit, welche der Bergbaugeschichte der Stadt Rochlitz einschließlich der dort noch vor-

handenen deutschen Spuren gewidmet ist.

„Es war mir eine Ehre, am Sudetendeutschen Tag in Hof teilzunehmen“, erklärt Jan Vrána im weiteren Verlauf seiner Präsentation. Sein Geburtstag am 2. Juni hielt ihn nicht davon ab, am 3. Juni zeitig nach Hof zu fahren, um aktiv am Sudetendeutschen Tag teilzunehmen und den Riesengebirgler-Informationsstand tatkräftig zu unterstützen.

Bewegender Moment während der Feierstunde

Als Jan Vrána zum Ende seines Auftritts, sichtlich bewegt, eine sehr berührende Strophe des Riesengebirgslieds singt, nämlich „Und kommt’s einstens zum Begraben, mögt ihr euren Willen tun…“, wird er wohl endgültig zum Publikumsliebling der Feierstunde. Schließlich singt beinahe der ganze Saal gemeinsam einen Teil des „Riesengebirgslieds“. „Diese Strophe ist für mich sowohl ein Symbol als auch

eine Lehre, die Verbrechen des letzten Jahrhunderts niemals zu wiederholen“, beendet Jan Vrána seine Präsentation. Wie sehr ihm das „Riesengebirgslied“ am Herzen liegt, zeigt sein Video vom Januar 2021 auf „You Tube“: Man sieht dort seine eigenen Riesengebirgsfotografien zur Melodie des „Riesengebirgslieds“.

Optimistischer Blick in die Zukunft

Mittlerweile sind, bedingt durch Jans Engagement, einige interessante Kontakte geknüpft worden. So ist ein kleines deutsch-tschechisches Netzwerk entstanden. Alle diese Kontakte haben eines gemeinsam: Man ist am freundschaftlichen grenzübergreifenden Miteinander, an der gemeinsamen Zukunftsarbeit und am Erhalt der Kultur interessiert.

Kirsten Langenwalder München / Rochlitz

Im Rahmen meiner Ahnenforschung suche ich folgende Nachkommen von Familienmitgliedern väterlicherseits und würde mich sehr über Kontaktaufnahme freuen:

HAMPEL FRANZ, geb. 22.05.1888 in Leuten (Zirecka Podstran), gest. 09.11.1947 in Rostock, verheiratet mit PATZAK ANNA MARIA, geb. am 05.01.1898 in Sibojed, gest. 25.11.1965 in Bartenshagen.

Deren Kinder:

Sohn: HAMPEL FRANZ, geb. 12.12.1922, gest.17.08.1982 in Bad Doberan, verheiratet mit TIMM LISA Sophie Hanna Ida, geb. 27.07.1924, gest.14.03.2001,

Tochter: HAMPEL IRMA, geboren um 1925, verheiratet mit WAGNER KARL, vermutlicher Wohnort 1964 Rostock, Klosterbachstraße 10.

BAUDISCH JOSEF, geb. 20.07.1903 in Sibojed, gest. 13.01.1983 in Rostock, verheiratet mit PATZAK MARIE, geb. 20.03.1904 in Sibojed, gest. 15.08.1979 in BeelitzHeilstätten.

Deren Kinder:

Sohn: BAUDISCH JOSEF, geb. um 1931 in Sibojed, vermutlich verheiratet mit einer EDITH.

Tochter: BAUDISCH WATRAUD, geb. 01.11.1934 in Sibojed, verheiratete ZÜHLKE. Wohnort 2006 vermutlich Hennigsdorf, Gartenstraße 57.

PATZAK EDUARD, geb. 17.02.1901 in Sibojed, verheiratet mit VAVRENA MARTA, geb. 26.07.1905 in Dvur Kralove n.L., Die Familie soll um 1943/1945 noch in Sibojed gelebt haben.

Ein Sohn soll Lehrer in Deutschland gewesen sein.

Einige Daten können abweichen. Patzak Anna Maria, Patzak Marie und Patzak Eduard sind Tanten und Onkel meines Vaters, sprich Geschwister meiner Oma Marta Patzak. Sie stammen alle aus Sibojed 1.

Kontakt gerne über: georgine.nitsch@t-online.de oder Tel.: 08638 982 2828

Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24.3.2023 17
v. l. n. r.: Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe Dr. Bernd Posselt, Förderpreisträger Jan Vrána, Laudatorin Kirsten Langenwalder, Bundeskulturreferent der Sudetendeutschen Landsmannschaft Prof. Dr. Ulf Broßmann. Ein Bild aus dem Vortrag von Jan Vrána. Alle Fotos: Kirsten Langenwalder Jan Vrána während seiner Präsentation. Das Großelternhaus Sibojed 1.

Im August-September-Heft 2022 der Riesengebirgsheimat auf Seite 12 hatte ich bereits darauf hingewiesen, daß die Stadt Hohenelbe, heute Vrchlabí, im Naturpark Weißbach/Vejsplachy ein Aquazentrum, ein großes Erlebnisbad, baut.

Nun ist das Hallenbad mit seinen Attraktionen pünktlich und nach Plan fertig geworden. Am Dienstag den 27.12.2022 war die offizielle Eröffnung. Um 10 Uhr begrüßte Bürgermeister So-

� Hohenelbe

Neue Attraktion in Hohenelbe

botka den ersten Besucher. Die Stadt hatte es für fast 200 Millionen Kronen vollständig aus eigenen Mitteln gebaut. Die jährliche Kapazität soll bei 100.000 bis 110.000 Besuchern liegen. Der Wasserpark umfaßt ein Schwimmbad mit vier 25-Meter-Bahnen, ein Bewegungsbekken, ein Entspannungsbecken mit Wildbach, Massagebänken, Unterwasser- und Wandsprudel und vieles mehr, sowie einen Whirlpool im Innen- und Außenbereich. Für die kleinsten Besu-

Mobiles Glockenspiel am Rathausplatz

Jan Sobotka wurde am 19. Oktober 2022 wieder zum Bürgermeister von Hohenelbe gewählt. Dieses Amt hat er schon seit 1998 inne.

Einen Monat zuvor wurde im Rahmen einer Wahlveranstaltung dem Hohenelber Publikum am Rathausplatz eine besondere Attraktion geboten: ein „Mobiles Glockenspiel“, auch Carillon genannt.

Margit Bartošová erzählte mir am Telefon von der Aktion Petr Rudolf Manoušeks, Glockengießer in dritter Generation, der im September 2022 in Hohenelbe gastierte.

Das „Mobile Glockenspiel“ ist – wie auf dem Foto zu sehen – auf einem LKW montiert und reist durch ganz Europa. Schon über 500 Konzerte wurden damit gegeben. Auch bei der Feier der Goldenen Hochzeit von König Albert von Belgien im Königlichen Palast in Brüssel ist das Carillon erklungen. Es besteht aus 57 Glocken unterschiedlicher Größe und ist mit einer Tas-tatur ausgestattet.

In Hohenelbe hatte Radek Hanuš die Ehre, auf diesem einzigartigen Instrument zu spielen. Er ist als Organist in der Klosterkirche und als Direktor der Musikschule bekannt.

Die erste politische Tat meines Lebens

Am 1. Oktober 1938 nahm mich meine Mutter mit zu einem Tagesausflug. Es ging nach Freiheit, einem kleinen Städtchen nordöstlich von Mohren, meinem Geburtsort. Die Straße entlang waren das ca. 8 Kilometer, aber wir nahmen eine kürzere Strecke über Feld- und Waldwege. Dieser Weg hatte es in sich, überquerten wir doch vier Bäche, und zwischen dem zweiten und dritten Bach war ein steiler Anstieg im Wald zu bewältigen. Das Ziel unseres mühsamen Weges war das Zentrum von Frei-

� Welhotta und Bösig

Der alte Schuster Gustav Rzehak

In der „Riesengebirgsheimat“

vom Dezember 2022, S. 15/16, berichtete Helmut Frank über

Gesellschaft beiwohnte, faszinierte den damals 21-jährigen Helmut Frank.

cher gibt es ein Planschbecken mit kleiner Rutsche, für größere Kinder eine 60 Meter lange Wasserrutsche.

In der Pizzeria können sich die Badegäste nach der körperlichen Betätigung im Wasser wieder stärken.

Seit 50 Jahren träumt Hohenelbe von einem Erlebnisbad.

Nun ist es Wirklichkeit geworden – eine Attraktion für die Stadt und ihre Umgebung. Nicht nur für Einheimische, auch für alle Touristen, die Hohenelbe, eine

Petr Rudolf Manoušek hat 2002 auch die drei Glocken für die Dekanalkirche St. Laurentius in Hohenelbe gegossen. Viele aus dem Heimatkreis waren unter den Spendern für die neuen Glocken. Die alten waren im Kriegsjahr 1942 requiriert worden. Für unzählige Kirchen in

der ersten größeren Städte an der Elbe, das Jahr über besuchen.

der Tschechischen Republik hat Petr Manoušek Glocken gegossen, beispielsweise für den Veitsdom und die Teynkirche in Prag sowie für den Pilsner Dom. Und er vermag auch beschädigte Glocken zu reparieren, ohne sie einzuschmelzen.

seinen Besuch im August 1964 mit seiner Mutter Gertrud Frank geb. Prousa (geb. 1913 in Lemberg, Galizien, heute Lviv/Ukraine), in der alten Heimat. Sie trafen in Welhotta auf eine alte Freundin der Mutter, die Rzehaka-Dolfi, Tochter des Schuhmachers aus Welhotta Nr. 51. Der alte Schuhmacher, der mit seinem Rückenkorb Holz aus dem Wald geholt hatte und anschließend mit seiner typischen Pfeife der kleinen

Die einmaligen Fotos, die er von diesem „Original“ machte, sind eine wunderbare Erinnerung an die alten Zeiten. Sie konnten im vorgenannten allerletzten Heft der „Riesengebirgsheimat“ dort aus Platzgründen leider nicht gezeigt werden, was äußerst schade war, denn sie sind ein unverzichtbarer Bestandteil des damaligen Beitrags. Diese Lücke kann hiermit geschlossen werden. kw/Helmut Frank

� Hermannseifen Nachruf

Unser von allen hoch geschätzter Heimatfreund Rudi Fiedler, geboren 1935 als Sohn des Hermannseifener Lehrers Fiedler, ist am 22. Februar 2023 im 88. Lebensjahr in Dresden verstorben.

Rudi war für alle Hermannseifener und ihre Familien seit Jahren der Mittelpunkt unserer Treffen: als Organisator, Reiseleiter und Stimmungsmacher. Gerade haben wir noch das Treffen für den Mai vorbereitet, nun müssen wir lernen, ohne ihn zu sein.

Rudi engagierte sich mit Herzblut für die alte Heimat und

pflegte enge Freundschaften mit den tschechischen Bewohnern. Stets trat er für Ausgleich und Versöhnung ein. Er war viel unterwegs und scheute sich nicht, auch noch im hohen Alter von seiner Heimatstadt Dresden aus mit dem Fahrrad ins Riesengebirge zu fahren. Unvergessen sind seine Auftritte in kurzen Hosen, selbst bei Kälte, sowie sein legendäres Fischfrühstück. Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen und engen Freunden. Im Namen der Hermannseifener Heimatfreunde Christina Auerswald

� Nachruf Trauer um Helmut Hoffmann

Das Glockenspiel am Rathausplatz. Foto: hartanet.rajce.net

heit. Über die Straße von KleinAupa kommend, marschierte die deutsche Wehrmacht ins Sudetenland ein.

Die Hauptstraße war voller Menschen, die den Soldaten zuwinkten. Ich kleiner Kerl fand noch eine Lücke, aus der ich die „Befreier“-Soldaten sehen konnte. Sie marschierten nach meiner Erinnerung in 50er-Blöcken (5x10) und ohne Karabiner. Ob die Herren Offiziere voraus oder hinterher gefahren sind, weiß ich nicht, ich habe keine gesehen. Es muß eine Menge Fußvolk aus dem Reich gewesen sein, denn der Vorbeimarsch dauerte über eine Stunde.

Nach geraumer Zeit erregte die Militärkolonne nicht mehr mein Interesse, sondern ein Hitlerjunge vor mir. Dieser Junge in HJ-Uniform hatte am Koppel ein Fahrtenmesser, das mir besonders gefiel. Woher diese vielen Hitlerjungen gekommen sind, ist mir bis heute ein Rätsel. Sie standen mindestens hundert Meter rechts und links an der Bordsteinkante als Sperrkette. So sehr mir diese HJ-Uniform auch gefallen hat, ich habe nie eine getragen.

Nach dem Vorbeimarsch besuchten wir den Onkel, der in einer Parallelstraße zur Hauptstraße wohnte. Er hatte sich den Einmarsch nicht angesehen, nur

die flotte Marschmusik gehört. Meine Mutter drängte zum Aufbruch, denn wir wollten vor dem Dunkelwerden wieder zu Hause sein.

Für die Wehrmachtsoldaten war aber der Tag längst nicht zu Ende, denn sie gingen noch in die Häuser zu den Einwohnern. Ihr Auftrag war, für den Anschluß an das Großdeutsche Reich zu werben und über den Sonderstatus, den das Sudetenland bekommen sollte, aufzuklären. Für die Agitatoren wurde selbstredend das Beste aufgetragen, was Küche und Keller zu bieten hatten. Das waren Brot, Speck und selbstgebrautes Dünnbier. Ich selbst habe von alldem nichts mitbekommen, denn ich habe nach dem Tagesausflug geschlafen wie ein Murmeltier.

Vierzehn Tage später hingen zwei große Plakate am Scheunentor (zur Straße hin) mit den Versprechungen für eine teilweise Autonomie des Sudetenlandes. Elf Monate danach begann der Zweite Weltkrieg. Damit hatte sich die Fata Morgana einer Selbstbestimmung erledigt. Ich habe den Soldaten zugewinkt; das war meine erste politisch gefärbte Tat.

Franz Hilbert früher Mohren, eingesandt von HOB Christina Auerswald

Helmut Hoffman ist den Lesern der „Riesengebirgsheimat“ ein Begriff. Jahrzehntelang versorgte er unsere Heimatzeitung mit seinen Geschichten, Be-

richten und Recherchen. Durch seine Ehefrau Ingrid, geb. Erben aus Hohenelbe, hatte er auch eine besondere Beziehung zu unserem Heimatkreis. Er war Trauzeuge bei seinem Schwager Günter Erben und Taufpate von dessen Sohn Thilo.

Helmut Hoffmann wurde am 17.04.1940 in Aussig-Türmitz geboren und starb völlig unerwartet am 24.01.2023 in seinem Haus in Altenkunstadt. 2019 bereiste er seine Heimat Böhmen zum letzten Mal. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. kw Quelle:

Tochter Dr. Bettina Hoffmann

Das 61. Bundestreffen und das

29. Wiedersehensfest der Riesengebirgler aus Arnau und Umgebung wird am 16. und 17.

September 2023 in der Patenstadt Bensheim stattfinden. Für die Veranstaltungen ist traditionsgemäß das Kolpinghaus gebucht worden. Es ist ein abwechslungs-

Wir gedenken der am 4. März 1919 in Arnau bei der friedlichen Kundgebung zum Selbstbestimmungsrecht der Deutschen in Böhmen und Mähren von

reiches Programm geplant. Die Einladungen werden rechtzeitig auf dem Postweg versandt. Informationen dazu finden die Leser auch auf der Internetseite des Heimatkreises Hohenelbe/Riesengebirge (www.hohenelbe.de).

tschechischen Soldaten getöteten und verletzten Landsleute. Für den Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge e. V.

RIESENGEBIRGSHEIMAT BERICHTE AUS DEN HEIMATKREISEN Sudetendeutsche Zeitung Folge 12 | 24.3.2023 20
Ingrid Mainert
Das 25-Meter-Schwimmbecken.
Hohenelbe
Mohren
Rathaus in Freiheit 2021. Foto: Jiri Matejicek
Das neue Aquacentrum. Der Kinderbereich. Alle Fotos: Ingrid Mainert Gustav Rzehak (Rzehaka-Schuster), August 1964 1. Vorsitzende Verena Schindler 1. Vorsitzende Verena Schindler � Arnau Bundestreffen in Bensheim
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