Sudetendeutsche Zeitung 7. Oktober 2022 Ausgabe 40

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Entlastet seine Bürger: Premierminister Petr Fiala. Foto: Vlada CZ.

So deckelt

Tschechien die Preise

Ab November werden alle Endverbraucher von Strom und Gas deutlich entlastet, hat die tschechische Regierung unter Führung von Premierminister Petr Fiala durchgesetzt.

Eine Kilowattstunde Strom wird für private Haushalte und Kleinabnehmer auf 6,05 Kronen (25 Cent) gedeckelt, eine Kilowattstunde Gas auf 3,025 Kronen (12 Cent).

Etwas entspannt hat sich die Lage auch an den Tankstellen. Die Preise für Treibstoff sind mittlerweile auf den niedrigsten Stand seit Beginn des russischen Angriffskrieges gefallen, liegen aber dennoch bei Benzin um 3,50 Kronen (14 Cent) und bei Diesel um 11 Kronen (45 Cent) über dem Vorjahr.

Ein Liter Benzin kostet in Tschechien derzeit 37,56 Kronen (1,52 Euro). Bei Diesel liegt der Literpreis bei durchschnittlich 43,01 Kronen (1,74 Euro).

Am günstigsten tanken Autofahrer im Kreis Südböhmen. Dort kostet der Liter Benzin durchschnittlich 36,83 Kronen (1,49 Euro) und der Liter Diesel 42,17 Kronen (1,71 Euro). Am meisten verlangen die Tankstellen in Prag, und zwar 38,12 Kronen (1,55 Euro) für Benzin und 43,65 Kronen (1,77 Euro) für Diesel.

Um die Belastung für die Bürger weiter zu verringern, hat die Regierung beschlossen, die verpflichtende Beimischung von Biokraftstoffen zu stoppen sowie die Straßennutzungssteuer für Pkw und Lkw bis zwölf Tonnen auszusetzen. Außerdem wurde die Herabsetzung der DieselSteuer um 1,5 Kronen (6 Cent) bis Ende 2023 verlängert.

Zeitung

Lange Nacht der

Der dritte Samstag im Oktober steht in München wieder im Zeichen der Kultur. Zum 23. Mal laden am 15. Oktober 80 Museen, Sammlungen, Galerien, Kirchen, Kunsträume und besondere Orte von 18 bis 1 Uhr zur „Langen Nacht der Münchner Museen“. Mit dabei ist auch das Sudetendeutsche Museum.

Die Tickets sind ab sofort im Sudetendeutschen Museum sowie bei den anderen beteiligten Institutionen und bei München Ticket für 15 Euro (plus Vor-

verkaufs- und Servicegebühr) erhältlich.

Das Kombiticket gilt als Eintrittskarte für alle beteiligten Häuser sowie als Fahrkarte für die Shuttlebusse.

Das Sudetendeutsche Museum präsentiert sich bei der Langen Nacht der Münchner Museen nicht nur mit der Dauerausstellung und der Sonderausstellung „Allerley kunststück“, sondern auch mit einer Sand-Art-Darbietung und einer Lasershow. Das ausführliche Programm lesen Sie auf Seite 4.

Senatswahlen: Deutlicher Sieg für Regierungskoalition von Petr Fiala

Programm statt Populismus: Trotz (oder wegen) des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mit Energiekrise, Inflation und Flüchtlingsströmen haben die tschechischen Bürger mehrheitlich den Kurs der Regierungskoalition von Premierminister Petr Fiala bestätigt.

Wie schon am vorherigen Wochenende, als die Kommunalwahlen und der erste Durchgang der Senatswahlen stattfanden, konnte auch bei der jetzigen Stichwahl der Oppositionsführer, Ex-Premierminister und mögliche Präsidentschaftskandidat Andrej Babiš mit seinem populistischen Wahlspruch „Unter Babiš war alles besser“, nicht punkten. Nur drei Kandidaten seiner Ano-Bewegung schafften den Sprung in den Senat.

Klarer Wahlsieger ist dagegen Premierminister Petr Fiala (nicht zu verwechseln mit seinem Namensvetter, dem Senator aus Wildenschwert) mit seiner Regierungskoalition, die 20 der 27 Senatssitze holte.

Das beste Einzelergebnis erzielte dabei die ODS, dessen Vorsitzender Petr Fiala ist, mit acht Senatoren – eine Verdoppelung gegenüber der vergangenen Wahl.

Die höchste Zustimmung in der Stichwahl erreichte der bisherige Vorsitzende des Senats, Miloš Vystrčil, der ebenfalls der ODS angehört, mit 60,03 Prozent.

In seinem Wahlkreis Iglau besiegte er die Ano-Kandidatin Jana Nagyová, die zusammen mit Babiš im laufenden Gerichtsprozeß um die Storchennest-Affäre auf der Anklagebank sitzt (Sudetendeutsche Zeitung berichtete).

„Ich betrachte den Sieg von Miloš Vystrčil als symbolisch“, kommentierte Premierminister Petr Fiala und sagte, Andrej Babiš habe schließlich seine gesamte wirtschaftlichen Kraft sowie die politische Macht der Ano-Bewegung in diesem Wahlbezirk eingesetzt.

„Das klare Ergebnis ist nicht

Hana Kordová Marvanová, ODS, Prag.

Im ersten Wahlgang in Prag 6 mit 60,44 Prozent gewählt: Jiří Růžička, parteilos für KDUČSL, ODS, Stan und Top 09.

Im ersten Wahlgang mit 57,23 Prozent in Wildenschwert gewählt: Petr Fiala, KDU-ČSL und Společně pro kraj („Gemeinsam für die Region“).

Mit 60,7 Prozent im ersten Wahlgang in Freudenthal gewählt: Ladislav Václavec, Ano.

Fotos: Senat, Vlada CZ, Wikipedia/CC BY-SA 3.0, privat.

nur eine Niederlage für die AnoBewegung, es ist eine persönliche Niederlage von Andrej Babiš“, so Fiala.

Der Regierungschef: „In Anbetracht der Wahlergebnisse ist es wahrscheinlich, daß Miloš Vystrčil weiterhin Präsident des Senats bleibt, was nicht nur eine gute Nachricht für die ODS und die Spolu-Koalition ist, sondern für die gesamte Tschechische Republik. Ich bin überzeugt, daß die demokratischen Kräfte in der Tschechischen Republik diese Wahl gewonnen haben.“

Jan Paparega, ProMost, Brüx.

Daniela Kovářová, NK, Pilsen.

Tomáš Jirsa, ODS, Krumau.

Marek Slabý, Top 09, Tabor.

Jiří Oberfalzer, ODS, Beraun.

Babiš´ Wahlschlappe könnte auch Auswirkungen auf die Präsidentschaftswahlen haben, die im Januar stattfinden. Bislang galt es als sicher, daß Babiš im Herbst seine Kandidatur offiziell bekannt geben wird. Mittlerweile wird dies immer unwahrscheinlicher, auch weil der Vorsprung von Babiš in den Meinungsumfragen weiter schwindet und die Demoskopen ihm in einer eventuellen Stichwahl eine klare Niederlage vorhersagen (Sudetendeutsche Zeitung berichtete).

Jan Pirk, Top 09, Prag.

Jarmila Smotlachová, ODS, Melnik.

Martin Krsek, Sen 21, Aussig.

Michael Canov, SLK, Reichenberg.

Tomáš Czernin, Top 09, Jitschin.

Allerdings: Bei den Senatswahlen war die Wahlbeteiligung äußerst gering. Bei der Stichwahl gaben gerade mal 19,44 Prozent der Bürger ihr Votum ab.

Miluše Horská, KDU-ČSL, Pardubitz.

Jaromíra Vítková, KDU-ČSL, Blanz.

Miloš Vystrčil, ODS, Iglau .

Tomáš Töpfer, ODS, Brünn.

Jiří Dušek, parteilos für ODS, Brünn.

Ivana Váňová, KDU-ČSL, Neutitschein.

Zdeněk Matušek, ČSSD+ANO, Friedeck-Mistek.

Jana Zwyrtek Hamplová, unabh., Kremsier.

Das Oberhaus des tschechischen Parlaments besteht aus 81 Senatoren, die mindestens 40 Jahre alt sein müssen und für sechs Jahre gewählt werden. Um die Kontinuität der Parlamentsarbeit zu gewährleisten, wird alle zwei Jahre ein Drittel der Sitze neu vergeben. Der Senat ist in die Gesetzgebung miteingebunden. Stimmt der Senat einem Gesetz nicht zu, muß es von der Abgeordnetenkammer mit der Mehrheit aller Abgeordneten wieder gebilligt werden. Die Zustimmung des Senats wird lediglich bei Änderungen des Verfassungsgesetzes und der Wahlgesetze benötigt. In alleiniger Verantwortung bestätigt der Senat die vom Staatspräsidenten ernannten Verfassungsrichter.

Torsten Fricke B 6543Jahrgang 74 | Folge 40 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 7. Oktober 2022 Postvertriebsstück Deutsche Post AG Entgelt bezahlt Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH Hochstraße 8 D-81669 München eMail zeitung@sudeten.de Sudetendeutsche
VOLKSBOTEHEIMATBOTE Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft Reicenberger Zeitung161. Jahrgang „Zucker im Ka ee“: Schlagersänger Erik Silvester hatte sudetendeutsche Wurzeln (Seite 5) ❯ Die klare Niederlage von Andrej Babiš könnte auch Auswirkungen auf dessen Präsidentschaftskandidatur haben
❯ Samstag, 15. Oktober Die
Münchner Museen
Věra Procházková, Ano, Karlsbad.
❯ Gas und Strom
„Eine Prise Sand erzählt“ ist der Titel einer etwas anderen Geschichte über die Sudetendeutschen. Sand-Art-Künstlerin Nadia Ischia erzählt die Geschichte von Sepp und Jiří. Dabei malt sie Bilder mit Sand, und der Schauspieler Joe Henselewski begleitet die Show mit einer Erzählung. Foto: Nadia Ischia Lumír Kantor, KDU-ČSL, Olmütz Bohuslav Procházka, KDU-ČSL, Kuttenberg. Zdeněk Nytra, ODS, Ostrau. Eva Rajchmanová, KDU-ČSL, Göding.

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

Der sudetendeutsche Architekt Otto Philipp Grams wurde am 2. April 1889 in Falkenau geboren. In Prag studierte er an der Deutschen Technischen Hochschule, einige Zeit auch beim berühmten tschechischen Architekten Prof. Jan Kotěra an der Akademie der Bildenden Künste.

Bereits Anfang der 1930er Jahre baute Grams einige Häuser, darunter ganze Miethäuserblocks in Olmütz und Prag.

Aus der gleichen Zeit stammt

auch eine prachtvolle Villa für den Fabrikanten Hanuš Stein in PragHanspaulka, einem damals wie heute noch noblen Stadtviertel.

An der Realisierung dieses Projektes beteiligte sich auch ein anderer deutscher Kollege, Eugen Rosenberg.

SL-Büroleiter Peter Barton fotogra erte dieses Haus, das unzugänglich ist, da es heute als Residenz des irakischen Botschafters dient. Die Todesumstände dieses damals erfolgreichen Architekten bleiben bis heute leider unbekannt.

Botschafter Künne: „Freiheit ist das höchste Gut – auch heute“

Netzwerken in der Deutschen Botschaft in Prag: Bei den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit waren auch Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudentendeutschen Landsmannschaft und Landesobmann Bayern, MdL a. D. Christa Naaß, Präsidentin der Sudetendeutschen Bundesversammlung und Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates, sowie MdL a. D. Albrecht Schläger, Mitglied des Präsidiums des Sudetendeutschen Rates, mit dabei.

Die Deutsche Botschaft in Prag sei ein Ort, „an dem 1989 ein Kapitel Weltgeschichte mitgeschrieben wurde“, twitterte der Gastgeber, Botschafter Andreas Künne, zum Tag der Einheit und stellte klar: „Freiheit ist das höchste Gut, auch heute.“

Die tschechische Regierung war mit Außenminister Jan Lipavský hochrangig vertreten.

Prags Chef-Diplomat nutzte die Gelegenheit, um das mittlerweile gute Verhältnis zwischen den beiden Ländern zu loben. „Tschechien und Deutschland haben ausgezeichnete nachbarschaftliche Beziehungen“, sagte Lipavský.

Zuvor hatte das tschechische Regierungsmitglied sich mit Bayerns Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales, Melanie Huml, getroffen. Thema waren, so die Ministerin, „die steigenden Energiepreise wie auch künftige gemeinsame Projekte, zum Beispiel mit grünem Wasserstoff“.

Am zweiten Tag ihres Tschechien-Besuchs reiste Huml nach Aussig weiter. Dort besuchte die Ministerin im Stadtmuseum die Ausstellung „Unsere Deutschen“ und legte anschließend auf der Elbbrücke Blumen an der Gedenktafel nieder, die an das Massaker gegen die Sudetendeutschen am 31. Juli 1945 erinnert.

Wie sprachlos ist Europa in der Krise?

„Um handlungsfähig zu sein, muß Europa seine Sprachlosigkeit bei vielen kritischen Themen überwinden. Kommunikation kann spalten oder die Kräfte zusammenführen. Wieder einmal steht am Anfang das Wort“, so Bernd Posselt, Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, in seiner Einladung zum 58. Andechser Europatag, der am Samstag, 15. und Sonntag, 16. Oktober im Klostergasthof stattfindet.

Den Schluß- und Höhepunkt dieser renommierten Europa-Veranstaltung, die in diesem Jahr unter dem Motto „Bleibt Eu-

ropa sprachlos?“ steht, bildet am Sonntag eine hochrangig besetzte Podiumsdiskussion, die Dr. Dirk H. Voß, Verfassungsrechtler und Vizepräsident der internationalen Paneuropa-Union als Moderator leitet.

Unter dem Titel „Neustart Europas in den Stürmen der Weltgeschichte“ debattieren MdEP

Prof. Angelika Niebler, Erzbischof Prof. Roland Minnerath, die bekannte tschechische Kommentatorin Ludmila Rakušanová, der Medienexperte Benedikt Steinschulte und Prof. Carlos Uriarte Sánchez, Generalsekretär der Paneuropa-Union Spanien.

Der Samstag steht im Zeichen

einer Reihe von interessanten Vorträgen.

Prof. Dr. Veit Neumann spricht über „Babel oder Pfingsten? Europas sprachliche Vielfalt als Berufung“ und Dr. Henrik Brumm zum Thema „Wie verständigen sich Tiere?“

Abtprimas em. Notker Wolf, Bestsellerautor, Rockmusiker und Benediktiner, knöpft sich den Zeitzeigst vor. Der Titel seines Referates lautet vielsagend: „Warum lassen wir uns verrückt machen? Woke, Cancel Culture und die Freiheit“.

Europa steht dann am Nachmittag im Fokus. Udo Bux, Leiter der Vertretung des Europä-

ischen Parlaments in München, referiert über die rhetorische Frage „Muß Europa unverständlich sein? Sprache als Brücke zum europäischen Bewußtsein“. Und Bernd Posselt greift das Thema „Worte und Werte – Europa als Raum christlicher Kommunikation“ auf.

Die Veranstaltung wird von der Bayerischen Staatskanzlei gefördert. Anmeldungen sind noch bis Donnerstag, 6. Oktober möglich, und zwar über das Paneuropa-Büro, Dachauer Straße 17, 80335 München, Telefon (089) 554683, Telefax (089) 99954914

eMail paneuropaunion@t-online.de

Zeman verurteilt Russen-Annexion

In einer gemeinsamen Erklärung haben neun mitteleuropäische Staatspräsidenten die Annexion ukrainischer Gebiete durch Rußland scharf verurteilt. Zu den Unterzeichnern gehört auch Tschechiens Staatsoberhaupt Miloš Zeman. „Wir erkennen die Bemühungen der Russischen Föderation, irgendeinen Teil des ukrainischen Territoriums zu annektieren, nicht an und werden dies auch niemals tun“, heißt es in der Erklärung, die auch von den Staatsoberhäuptern der Slowakei, Estlands, Litauens, Lettlands, Nordmazedoniens, Montenegros, Polens und Rumäniens unterschrieben wurde. Die Staatspräsidenten forderten außerdem die anderen NatoMitgliedstaaten auf, die Militärhilfe für die Ukraine „erheblich zu erhöhen“.

Regierung plant Übergewinnsteuer

der Strecke Prag – Ostrau. Laut der Kommission wird aber noch in einem weiteren Fall ermittelt.

Es geht um den Vorwurf, ob die Tschechischen Bahnen und die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) Absprachen beim Handel mit gebrauchten Waggons getroffen haben, um einem neuen Marktteilnehmer den Zugang zu erschweren.

Jindrák wechselt nach Preßburg

T

schechiens ehemaliger Botschafter in Deutschland, Rudolf Jindrák, wird ab Januar 2023 neuer Botschafter in Preßburg und dort Jindrák Tomáš Tuhý ablösen, meldet die Nachrichtenagentur ČTK. Jindrák war Botschafter in Ungarn und in Österreich sowie von 2006 bis 2014 in Berlin. Anschließend war der Top-Diplomat Direktor der Auslandsabteilung der tschechischen Präsidialkanzlei.

Prebischtor wieder zugänglich

A

ußerordentliche Profite der Energieerzeuger sollen mit einer Übergewinnsteuer von 40 bis 60 Prozent belegt werden, hat Verkehrsminister Martin Kupka (ODS) erklärt. Die genauen Details sollen in der nächsten Kabinettssitzung geklärt werden. Laut Kupka könnte der Staat damit bis zu 100 Milliarden Kronen (4 Milliarden Euro) abschöpfen.

Stärkere Nachfrage bei Mietwohnungen

Die auf über sechs Prozent gestiegenen Hypothekenzinsen haben für einen Einbruch auf dem Immobilienmarkt gesorgt. Stattdessen steigt die Nachfrage bei Mietwohnungen, was wiederum zu Mietsteigerungen zwischen 20 und 30 Prozent führt. Laut Branchenexperten liegt die durchschnittliche Quadratmetermiete in Prag zwischen 312 Kronen (12,7 Euro) und 400 Kronen (16 Euro). Landesweit beträgt die Durchschnittsmiete 230 Kronen (9,35 Euro) pro Quadratmeter.

Keine Ermittlungen mehr gegen ČD

Die EU-Kommission hat ihre sechs Jahre andauernden Ermittlungen gegen den staatlichen Bahnbetreiber České dráhy (ČD) eingestellt. Die europäischen Kartellwächter fanden keine Beweise für eine angebliche Preisunterbietung auf

S

eit Juli waren große Teile des Nationalparks Böhmische Schweiz nach einem Waldbrand gesperrt. Jetzt konnten die ersten Wanderwege wieder freigegeben werden. Unter anderem ist das weltberühmte Naturdenkmal Prebischtor wieder zugänglich. Weiterhin gesperrt bleiben allerdings die KamnitzKlamm und der Gabriela-Weg. Der Brand im Nationalpark war am 24. Juli ausgebrochen. Die Löscharbeiten dauerten 20 Tage, insgesamt waren 6000 Feuerwehrleute vor Ort im Einsatz.

LNG-Pipeline mit Polen

Die Tschechische Republik und Polen haben bei der Europäischen Kommission beantragt, die Stork-II-Pipeline über das REPowerEU-Programm zu finanzieren. Die Pipeline soll Tschechien an die polnischen LNG-Terminals anschließen und bis 2026 in Betrieb genommen werden. Die Pipeline ist ein weiterer wichtiger Baustein, um die Tschechische Republik unabhängig von russischem Gas zu machen. Erst vor kurzem hatte Premierminister Petr Fiala ein LNG-Terminal in den Niederlanden eröffnet (Sudetendeutsche Zeitung berichtete), wo sich das tschechische Energieunternehmen ČEZ langfristige Lösch- und Lagerkapazitäten gesichert hat.

Sudetendeutsche Zeitung

Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2022 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München.

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AKTUELL · MEINUNG Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 20222 PRAGER SPITZEN Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.
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0491-4546
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❯ Empfang zum Tag der Deutschen Einheit in der Deutschen Botschaft in Prag:
❯ 58. Andechser Europatag der Paneuropa-Union:
Empfang in der Deutschen Botschaft (von links): MdL a.D. Albrecht Schläger, Staatsministerin Melanie Huml, Steffen Hörtler,Christa Naaß und Botschafter Andreas Künne. Tschechiens Außenminister Jan Lipavský begrüßte Staatsministerin Melanie Huml in Prag.
oder
Auf der Elbbrücke gedachte Staatsministerin Melanie Huml der sudetendeutschen Opfer des Massakers. Kurator Petr Koura führte Staatsministerin Melanie Huml durch die Ausstellung „Unsere Deutschen“.

Im Forum für Kunst und Geschichte des Potsdam-Museums, gleich neben dem historisch nachgebildeten Neubau des Museums Barberini von SAP-Mitgründer und Potsdamer Mäzen Hasso Plattner, befindet sich auch das Landesbüro Brandenburg der Friedrich-EbertStiftung. Dort kamen in der vergangenen Woche der tschechische Botschafter Tomáš Kafka, die Ministerin für Finanzen und für Europa des Landes Brandenburgs, Katrin Lange, und der tschechische Schriftsteller Jaroslav Rudiš, der auch in Berlin lebt, zusammen, um über die tschechische EU-Ratspräsidentschaft zu diskutieren, die unter dem Motto „Europa als Aufgabe“ steht.

„Die einzige Sprache, die Putin versteht, ist die Geschlossenheit der EU“

und sagte: „Wir stehen jetzt unter Druck, und wir sehen, daß wir es uns nicht mehr leisten können, nur rumzunörgeln.“

N

ach einführenden Worten von Sabine Fandrych vom Vorstand der FES begann unter der Moderation von Mechthild Baumann eine spannende Bestandsaufnahme der ersten Monate der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft, die vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine überschattet wird.

In einem ersten Statement charakterisierte Botschafter Kafka die Aufgabe Tschechiens in diesen Tagen: „Die Rolle der tschechischen Ratspräsidentschaft ist, die Geschlossenheit der EU aufrecht zu erhalten. Wir sind heute mit einer Angst konfrontiert, die in der Gegenwart lebt. Das ist der Krieg, das ist der russische Expansionismus. Und das ist auch der Angriff auf unsere Lebensweise. 2010 hat der amerikanische Historiker Timothy Schnyder schon eine wahre Diagnose abgegeben: Schon 2010 hat Wladimir Putin eingesehen, daß Rußland nie wie der Westen sein wird. Und er wird alles dafür tun, daß der Westen wie Rußland sein wird. Alles Negative, was sich in Rußland angesammelt hat, versucht jetzt Putin nach draußen zu exportieren: Chaos, Brutalität und Konfrontation. Und wer sich dem nicht entgegenzustellen vermag, ist als Schwächling nicht ernstzunehmen. Das ist wohl die Aufgabe der tschechischen Ratspräsidentschaft, wir müssen uns dieser Herausforderung stellen, ohne uns von diesem Bazillus infizieren zu lassen.“

Jaroslav Rudiš erinnerte in seinem Eingangsstatement an ein Essay des tschechischen Schriftstellers Milan Kundera aus dem Jahre 1983, der in großen Zeitungen Westeuropas abgedruckt wurde und worin Kundera, der mit seinem Roman „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ Weltruhm erlangte, eine Vision von Mitteleuropa entwickelt hatte: „Wir haben uns als Tschechen immer als Mitteleuropäer gesehen. München und Wien lagen für uns immer näher als Moskau, das uns politisch beherrschte.“ Er habe, so Rudiš, insbesondere zu Brandenburg und natürlich der Lausitz eine besondere Beziehung: „Ich bin in Turnau im Böhmischen Paradies geboren und in Weißbach aufgewachsen. Das ist nur 70 Kilometer von Zittau entfernt. Wie Görlitz und Löbau trägt übrigens auch Zittau den böhmischen Löwen im Stadtwappen. Wir waren vor dem 30jährigen Krieg 200 Jahre eng verbunden, und davon ist sicher mehr noch geblieben als man denkt. Nach den Brandenburgern haben wir im Tschechischen die Kartoffel benannt, die wohl von daher zu uns gekommen ist. Es hat also immer eine Nähe zu dem Landstrich gegeben, wo wir uns wechselseitig in kommunistischen Zeiten besuchten.“

Die Lausitz als Brückenregion zu Tschechien griff auch die Finanz- und Europaministerin Lange auf, berichtete über wirtschaftliche Zusammenarbeit, erinnerte sich aber auch an ihre kurzen Ausflüge als Kind mit ihren Eltern in die nahe damalige Tschechoslowakei.

Der Rahmen Europas spiele

bei der Entwicklung der Lausitz eine entscheidende Rolle, so die Ministerin.

Wie es um Europa steht, versuchte Botschafter Kafka deutlich zu machen: „Als Bundeskanzler Olaf Scholz nach Prag kam und über die Zukunft Europa reden wollte, da drehte gerade die Leipziger Strombörse durch, und die Megawatt-Stunde kostete plötzlich 1000 Euro. Da mußten wir sagen, in dieser Situation ist es nicht gerade ein guter Zeitpunkt, um über die Zukunft zu reden, wir müssen jetzt die Gegenwart ansprechen. Und wir sollten dabei die Sorgen der Leute beachten und unser demokratisches Verständnis von Lösungen beibehalten.“

verlieren, um sie zu verstehen. Er wäre wahrscheinlich sehr traurig, denn er sagt immer: Krieg wird nicht mehr kommen, denn das hatten wir schon. Er wäre wahrscheinlich sehr melancholisch. Wahrscheinlich würde er anfangen zu trinken.“

Mit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine denke er, so Rudiš, viel über Lemberg nach, „wegen unserer jahrhundertealten gemeinsamen Geschichte in Österreich“.

Mehrmals sei er in den vergangenen Jahren in Lemberg und im Westen der Ukraine gewesen. „Selten habe ich so eine Begeisterung für Europa erlebt, wie dort lange vor dem Ausbruch

chien war wohl auch das Land, das zuerst Waffen geliefert hat. Und es war auch die tschechische Eisenbahn, die als erste Waggons geschickt hat, um Kriegsflüchtlinge zu transportieren. Bis jetzt hat Tschechien mehr als 300 000 Ukrainern Schutz gewährt. Selbst in kleineren Städten Tschechiens hört man viel Ukrainisch und auch Russisch. Und es gibt noch immer eine große Hilfsbereitschaft. Die Flüchtlinge lernen die tschechische Sprache sehr schnell. Das ist auf jeden Fall eine Bereicherung für das Land. Wir haben 1945 mit der Vertreibung der Deutschen eine Menge verloren.“

Trotzdem sei die aktuelle Lage traurig und nur schwer auszuhal-

gekommen ist, daß wir nicht mehr wehrhaft sind und daß wir ihm alles durchgehen lassen werden. Und ich fürchte, wenn sich die Ukraine nicht so tapfer gewehrt hätte, würde sich die EU nicht so unterstützend aufstellen. Es war ein positiver Schock, daß die Ukraine für Freiheit und für Demokratie so große Risiken auf sich genommen hat. Und sich nicht mit Putin auf ein ähnlich geartetes ,Münchner Abkommen‘ eingelassen hat. Ein Kollege, der Kontakt mit russischen Universitäten hat, erzählte mir, daß die russischen Studenten viel stärker für den Krieg sind als die restliche Bevölkerung. Die fühlen sich scheinbar gedemütigt und nicht richtig wahrgenommen und sind sehr kriegerisch aufgestellt. Wir sollten alles dafür tun, daß wir unsere Werte von Menschenrechten, Freiheit und Demokratie auch in dieser traurigen Zeit schützen. Die gute alte Zeit der friedlichen Globalisierung ist vorbei.“

Die Solidarität mit der Ukraine sei für Europa alternativlos, so Kafka: „Wenn die Ukraine verloren geht, ist auch angesichts der desolaten russischen Wirtschaftslage kein anderes Szenario für mich denkbar, als daß Putin weitermacht. Das hatten wir schon in den 1930er Jahren mit Hitler und mit Nazi-Deutschland. Wer über Konfrontation stärker wird, wird weitermachen.“

Ausdrücklich betonte der Botschafter, daß er Krieg als Mittel der Politik grundsätzlich ablehnt: „Ich will keinen Krieg. Ich bin kein Fan des Militärs. Ich habe selbst keinen Militärdienst geleistet. Ich sehe aber, daß wir diesen Krieg, den wir nicht wollten, nicht einfach ignorieren dürfen. Wir können nicht sagen: ,Das geht uns nichts an.‘ Wir müssen die Wirklichkeit so akzeptieren, wie sie ist.“

Der tschechische Botschafter geht davon aus, daß mit dem russischen Angriffskrieg die Welt sich grundsätzlich geändert hat: „Ich vermute, daß die Zeitenwende eine von monumentalem Umfang ist. Der bulgarische Politologe Ivan Krastev hat geschrieben: ,Wir leben nicht mehr in einer Nachkriegsgesellschaft, sondern in einer Vorkriegsgesellschaft.‘ Wir müssen alles dafür tun, daß es zu diesem Krieg nicht kommt. Der Krieg, den Putin angefangen hat, das ist der Schlußstrich unter der Nachkriegsgesellschaft, in der wir seit 1945 gelebt haben. Was jetzt passiert, ist offen. Wenn jemand Putins Welt beeinflussen kann, dann ist es Chinas Staatspräsident Xi Jinping – und nicht Europa.“

In der Vergangenheit habe man in Tschechien eher mit Mißtrauen nach Westen geblickt, wenn Deutschland aufgefordert wurde, sein Zwei-ProzentZiel zu erfüllen und die Bundeswehr aufzurüsten. Heute sähe man das anders, so Kafka: „Für uns Tschechen kann ich sagen: Wir sind Verbündete, und wir fürchten uns nicht vor der deutschen Armee. Wenn die Bundeswehr stark ist, ist es uns nur Recht, weil wir gemeinsam unsere Werte verteidigen. Weder Deutsche, noch Tschechen, weder die EU, noch die Nato wollen einen Krieg anzetteln.“

Ob es den geplanten Konvent zur Zukunft Europas zeitnah geben werde, wisse er nicht, sagte Kafka und mahnte: „Bei den angedachten Änderungen sollte man aber vorsichtig sein.“

Die Frage der Moderatorin, wie denn die Hauptfigur in Rudiš´ Roman „Winterbergs letzte Reise“, Wenzel Winterberg, der 99-jährige Sudetendeutsche aus Reichenberg, der als Straßenbahnfahrer in Berlin (West) gearbeitet hatte, die heutige Situation einschätzen würde, beantwortete der überraschte Autor. „Winterberg würde sagen: Man muß sich in der Geschichte

des Krieges. Das hat mich sehr erinnert an die Zeit, bevor wir der EU beigetreten sind. Diese Hoffnung, jetzt werden wir wieder zum Westen gehören.“

Auf die Frage von Moderatorin Baumann, wie derzeit die Europa-Stimmung in Tschechien sei, sagte Rudiš: „Ich habe noch nie so eine Stille erlebt, wie in der Kneipe an jenem 25. Februar, dem Tag nach dem Angriff Rußlands auf die Ukraine. Alle waren still in der Kneipe, wo mein Vater immer mit seinen Freunden hingeht, bis alle auf die ukrainische Eisenbahn anstießen. Es war ein trauriger, trüber Abend. Tsche-

ten, so Rudiš: „Mein Bruder arbeitet in einer kleinen Firma und hatte zwei ukrainische Mitarbeiter. Die sind sofort in die Ukraine gefahren, um ihr Land gegen Putin zu verteidigen. Bis heute hat er keine Nachricht von ihnen. Er weiß nicht, was mit ihnen geschehen ist.“

Auf Fragen aus dem Publikum, die friedliche Lösungsansätze thematisieren, erwiderte Botschafter Kafka: „In den vergangenen Jahrzehnten hat man in den Verteidigungshaushalten der EU-Länder so sehr gespart, daß wahrscheinlich auch Wladimir Putin dadurch zu dem Schluß

Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs habe man geglaubt, so Kafka, daß alle Gesellschaften die gleichen Ziele hätten: Mehr oder weniger marktwirtschaftliche und liberale Werte. „Wir hatten damals die Vorstellung, daß wir auch mit Rußland und China kooperieren können. Und die ganze Zivilisation wird sich einvernehmlich und fortschrittlich entwickeln können. Ich fürchte, seit ein paar Jahren ist es damit vorbei. Die Zeit der Konflikte ist zurück. Und diejenigen, die auf Kompromisse setzen, werden sehr schnell von den Konfliktbereiten als Schwächlinge abgetan.“ Für Europa sei es deshalb entscheidend, sich gegenseitig zu unterstützen, zu ermutigen und zu stärken, „damit wir unsere Werte von Frieden und Freiheit in einer Welt, die nicht mehr von der Einhelligkeit geprägt ist, verteidigen können“.

In der Vergangenheit sei die Europa-Begeisterung in der Tschechischen Republik nur verhalten gewesen, aber jetzt hätten der Krieg und Wladimir Putin „uns zu besseren Europäern gemacht“, analysierte Kafka

Skeptisch sieht Kafka die Chance, daß die Visegrád-Staaten, zu denen neben Tschechien auch Polen, Ungarn und die Slowakei gehören, als Vermittler für einen Frieden fungieren können: „Da sind die Differenzen derzeit so groß, daß sich die VisegrádGruppe nicht als eine politische Einheit nach draußen präsentieren kann, auch wenn wir weiterhin im Gespräch sind. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán soll gesagt haben, daß er nicht mit dieser, aber mit der nächsten tschechischen Regierung die Visegrád-Gruppe wieder zu einem Bollwerk in der EU machen werde. Wir werden sehen, wie es kommt. Für mich ist Ungarn ein sehr wichtiges Land. Es liegt mir sehr am Herzen, und ich bin zuversichtlich, daß diese kulturellen Gemeinsamkeiten uns nicht abhandenkommen werden. Nur kann ich es mir nicht vorstellen, daß die Visegrád-Staaten irgendwelche Initiativen ergreifen können, die zu einem Ende des Krieges beitragen. Die einzige Sprache, die Putin versteht, ist die Geschlossenheit der EU.“

Ulrich Miksch 3 ❯ Tomáš Kafka, Tschechiens Botschafter in Berlin, fordert ein nachhaltiges und
starkes Engagement
des
Westens
AKTUELLSudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 2022
Ein zerstörter russischer Panzer vom Typ T-72B spiegelt den Irrsinn des russischen Angri skriegs wieder. Die Explosion war so stark, daß der Turm mit der 125 Millimeter Glattrohrkanone weggesprengt wurde. Der T-72 ist der am meisten genutzte Kampfpanzer der Welt. Foto: Twitter „Europa als Aufgabe“: Über die tschechische EU-Ratspräsidentschaft und die Folgen des russischen Angri skriegs auf die Ukraine diskutierte (von links) Moderatorin Mechthild Baumann mit Ministerin Katrin Lange, Tschechiens Botschafter Tomáš Kafka und dem Schriftsteller Jaroslav Rudiš. Foto: Ulrich Miksch

Sudetendeutsches Museum lädt zur langen Nacht ein

Volles Programm am Samstag, 15. Oktober, im Sudetendeutschen Museum zur „Langen Nacht der Münchner Museen“.

■ 14.30 Uhr: Sand-Art-Show „Eine Prise Sand erzählt“ (25 Minuten).

■ 15.30 Uhr: Sand-Art-Workshop (30 bis 40 Minuten, ab 4 Jahre).

■ 17.30 Uhr: Sand-Art-Show „Eine Prise Sand erzählt“.

■ 19.00 Uhr: Kuratorenführung durch die Sonderausstellung „Allerley kunststück“ (45 Minuten).

■ 20.00 Uhr: Führung durch die Dauerausstellung (60 Minuten).

■ 21.00 Uhr: Laserspektakel im Museum (10 Minunten, ab 8 Jahren).

■ 21.30 Uhr: Führung durch die Dauerausstellung (60 Minuten).

■ 22.00 Uhr: Laserspektakel im Museum.

■ 22.15 Uhr: Führung durch die Sonderausstellung (45 Minuten)

■ 23.00 Uhr: Laserspektakel im Museum.

■ 23.30 Uhr: Führung durch die Dauerausstellung (45 Minuten).

Weitere Informationen unter www.sudetendeutsches-museum. de. Vorkaufsstellen unter www. muenchner.de/museumsnacht

„Der weiße Gesang“

■ Dienstag, 25. Oktober, 18.00 bis 20.00 Uhr: „Der weiße Gesang. Die mutigen Frauen der belarussichen Revolution“. Online-Lesung und -Gespräch mit der Autorin Dorota Danielewicz.

Schon während der Präsidentschaftswahl in Belarus 2020 kam es zu langanhaltenden Protesten. Gegenkandidaten des amtierenden Präsidenten Aljaksandr Lukaschenko und gegen dessen autokratisches System wurden festgenommen oder ihre Kandidatur verhindert oder, wie im Fall der Oppositionspolitikerin Svetlana Tichanowskaja, Kindesentzug angedroht. Diese Proteste gingen wegen der offensichtlichen Manipulation nach der Wahl weiter. Die Bilder von den Straßenprotesten gingen um die Welt. In vorderster Reihe bei den friedlichen Protestaktionen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit: viele, meist junge Frauen – darunter Journalistinnen, Studentinnen, Juristinnen, Sozialarbeiterinnen und Lehrerinnen. Mutig sahen sie den sie umzingelnden Polizisten in die Gesichter, ließen sich nicht einschüchtern – auch nicht nachdem zahlreiche von ihnen verhaftet, verhört, mißhandelt und des Landes verwiesen wurden. In „Der weiße Gesang“ erzählen einige von ihnen ihre Geschichte, treten heraus aus der Anonymität der Masse. Sie lassen uns teilhaben an den Ereignissen und ihren persönlichen Erfahrungen dieser Zeit, an ihrem Aufbegehren, ihren Zielen, ihrem Leben im Exil.

Anmeldung über die Webseite https://www.heiligenhof.de/unsereseminare/seminarprogramm/der-weisse-gesang-die-mutigen-frauen-derbelarussischen-revolution Nach der Registrierung erhalten Sie eine Bestätigungmail mit Informationen über die Teilnahme an der Veranstaltung und den Einwahllink.

Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47

Augsburg zeigt „Neuanfänge –Heimatvertriebene in Bayern

Die Sonderausstellung „Neuanfänge – Heimatvertriebene in Bayern“ ist am Samstag im Augsburger Rathaus von Oberbürgermeisterin Eva Weber und Dr. Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, eröffnet worden.

❯ Literatur-Brunch am 16. Oktober

Frauen Geschichte(n)

■ Sonntag, 16. Oktober: Literatur-Brunch „Frauen schreiben Geschichte(n) II: Puchianu, Kondrat, Link“ von 11.00 bis 14.00 Uhr im Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5 in München.

Hilde Link (Foto links), Kristiane Kondrat (Mitte) und Carmen Elisabeth Puchianu (rechts) sind Gäste der zweiten Ausgabe der Lesereihe „Frau-

en schreiben Geschichte(n)“. Sie findet 2022 im Format eines Literatur-Brunches mit kulinarischen und musikalischen Häppchen statt. Die Themen der drei Autorinnen sind in den multikulturellen und mehrsprachigen Geschichts-, Kultur- und Sprachräumen Südosteuropas angesiedelt.

Sie kamen zu ihnen auf unterschiedlichem Wege.

D

ie Ausstellung, die zuvor in Regensburg zu sehen war, läuft bis Donnerstag, 10. November und ist täglich (auch sonnund feiertags) von 10.00 bis 18.00 Uhr im Augsburger Rathaus, Rathausplatz 2, geöffnet. Der Eintritt ist frei. Schirmherrin ist Sylvia Stierstorfer, die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene.

Die Integration der Heimatvertriebenen in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg war eine der größten Herausforderungen der jüngeren bayerischen Geschichte, die trotz anfänglicher Schwierigkeiten aus heutiger Sicht uneingeschränkt als Erfolgsgeschichte zu werten ist. Der wirtschaftliche Aufschwung als Gemeinschaftsleistung der alten und neuen Bayern begünstigt dabei den Abbau von gegenseitigen Vorurteilen und die dauerhafte Integration, was ein Viel-

■ Freitag, 7. Oktober, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Preußen und sein Osten in der Weimarer Republik“. Buchvorstellung mit Prof. Dr. Manfred Kittel und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf.

■ Samstag, 8. Oktober, 10.00 bis 15.00 Uhr, Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau: „Rübezahl-Tage – Kreativtag für Kinder, Eltern und Großeltern“. Neubaustraße 12, Würzburg.

■ Sonntag, 9. Oktober, 14.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Wetzlar: Tag der Heimat. Festredner: Bundesminister a.D. MdB Helge Braun, Stadthalle, Brühlsbachstraße 2b, Wetzlar.

■ Dienstag, 11. Oktober, 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen und Kulturreferat für die böhmischen Länder: „Die verlorene Heimat“. Filmpräsentation über das Braunauer Ländchen und Diskussion mit Filmemacher Ondřej Valchař. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Donnerstag, 13. Oktober, 18.00 Uhr, Adalbert Stifter Verein: „Tschechische Spuren im Eis“. Gespräch mit Erich Kühnhackl und Matěj Mrázek. Joynext Arena, Magdeburger Straße 10, Dresden. Anmeldung unter tdkt.info

■ Donnerstag, 13. Oktober, 19.00 Uhr, Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau: „RübezahlTage – Lesung von Ralf Pasch“. Neubaustraße 12, Würzburg.

■ Samstag, 15. Oktober, 10.30 Uhr, BdV Bayreuth: Tag der Heimat in FichtelbergNeubau. Festredner: Christian Knauer, Vorsitzender des Landesverbandes Bayern des Bundes der Vertriebenen. Buszubringer: Pegnitz-Wiesweiher: 9.00 Uhr; Bayreuth Bahnhof: 9.30 Uhr. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@familie-michel.net oder bei Rita Tischler, Telefon (09 21) 41 75.

■ Sonntag, 16. Oktober, 14.30 Uhr, BdV-Kreisverband Limburg-Weilburg: Tag der Heimat. Festrednerin: Margarete ZieglerRaschdorf, Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Vertriebene und Spätaussiedler. Musikalische Umrahmung: Egerländer Maderln unter der Leitung von Heike Schlicht. Bür-

Neuanfang in Geretsried: die Werkstatt der Firma Wenzel Meinl im Jahr 1952.

zahl von erfolgreichen Unternehmensgeschichten belegt.

So stehen Glaswaren aus Konstein bei Eichstätt, Nylonstrümpfe aus Immenstadt im Allgäu oder Back- und Puddingpulver aus Barbing bei Regensburg für die Firmen Phönix, Kunert und

Ernst Müller, alles erfolgreiche Gründungen von Heimatvertriebenen.

Diese Firmengeschichten spiegeln Kontinuitäten, Brüche und Neuanfänge im Leben der Vertriebenen wider. So auch bei Wenzel Meinl. Bis zum Zweiten

Weltkrieg war Meinl mit seiner Werkstatt für Blechblasinstrumente in Graslitz ansässig. Nach der Vertreibung begann die Familie ihre Werkstatt in einem Militärbunker in Geretsried wiederaufzubauen und Kunden auf der ganzen Welt zu beliefern.

mit Eva Haupt. Sudetendeutsches Haus, Alfred-Kubin-Galerie, Hochstraße 8, München.

gerhaus, Hauptstraße 19, Weilburg.

■ Dienstag, 18. Oktober, 18.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Die Legende kehrt zurück – die Geschichte des Fußballclubs DFC Prag“. Filmvorführung und Diskussion. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Mittwoch, 19. Oktober, 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen und Haus des Deutschen Ostens: „Die ehemaligen deutschen Ostgebiete und ihre Sagen, Märchen und Mythen“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Donnerstag, 20. Oktober, 9.30 Uhr, Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau: „RübezahlTage – Anekdoten von Winfried Kreutzer“. Neubaustraße 12, Würzburg.

■ Donnerstag, 20. Oktober, 19.00 Uhr: Adalbert Stifter Verein: „Zwei Brüder – zwei Nationalitäten“. Filmsoirée mit Petra Dombrowski. Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München.

■ Freitag, 21. Oktober, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Festveranstaltung. Sudetendeutsches Haus, AdalbertStifter-Saal, Hochstraße 8, München.

■ Mittwoch, 26. Oktober, 19.00 Uhr: Adalbert Stifter Verein: „Hana oder das böhmische Geschenk“. Buchvorstellung und Gespräch mit Tina Stroheker. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Samstag, 29. bis Sonntag, 30. Oktober, Bund der Eghalanda Gmoin, Bundeskulturtagung mit Exkursion ins Egerland Egerland-Kulturhaus, Marktredwitz. Anmeldung unter eMail jobst@egerlaender.de

■ Samstag, 29. Oktober, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Monatsnachmittag. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de

■ Donnerstag, 3. November, 9.30 bis 15.00 Uhr, Museumspädagogik: „Kinderferientag für Kinder ab 6 Jahren“. Holzcollagen gestalten mit Museumspädagogin Nadja Schwarzenegger.

Kostenlos, ohne Anmeldung. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München.

■ Freitag, 4. November, 10.00 bis 17.30 Uhr, Museumspädagogik: „Allerley kunststück“ – Intarsien-Workshoptag für Erwachsene mit dem Künstler Clemens Söllner. Kostenbeitrag 75 Euro, ermäßigt 50 Euro. Anmeldung unter eMail info@ sudetendeutsches-museum.de oder per Telefon unter (0 89)48 00 03 37.

■ Samstag, 5. November, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: „Die Legende kehrt zurück – die Geschichte des Fußballclubs DFC Prag“. Filmvorführung und Gespräch mit Filmemacher Thomas Oellermann (Prag). Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen.

■ Samstag, 5. bis Freitag, 11. November, SL-Bundesverband: Seminarwoche auf dem Heiligenhof. Diese Veranstaltung richtet sich an alle, die ihren böhmischen, mährischen oder sudeten-schlesischen Wurzeln nachspüren oder etwas über Kultur und Geschichte der Sudetendeutschen erfahren möchten. Das detaillierte Programm und die Anmeldemöglichkeiten folgen. Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen.

■ Freitag, 11. November, 14.00 bis 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Rübezahl-Tag (nicht nur) für Kinder“ mit dem Buchautor Ralf Pasch. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Freitag, 11. bis Samstag, 12. November, Sudetendeutscher Heimatrat: Jahrestagung des Sudetendeutschen Heimatrates. Detailliertes Programm folgt. Heiligenhof, Alte Euerdorfer Straße 1, Bad Kissingen.

■ Donnerstag, 17. November, 18.00 bis 19.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: „Kunstkammer Georg Laue: Reliefintarsien aus Eger für die fürstlichen Kunstkammern Europas“. Vortrag von Dr. Virginie Spenlé. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Donnerstag, 24. November, 17.00 bis 18.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Kuratorenführung durch die Sonderausstellung „Allerley kunststück“

■ Donnerstag, 24. November, 17.00 bis 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Online-Lesung der Autoren Werner Sebb und Gernot Schnabl“. Anmeldung unter eMail veranstaltung. heimatpflege@sudeten.de

■ Samstag, 26. November, 10.00 bis 17.30 Uhr, Museumspädagogik: „Allerley kunststück“ – Intarsien-Workshoptag für Erwachsene mit dem Künstler Clemens Söllner. Kostenbeitrag 75 Euro, ermäßigt 50 Euro. Anmeldung unter eMail info@ sudetendeutsches-museum.de oder per Telefon unter (0 89) 48 00 03 37.

■ Samstag, 26. November, 14.00 bis 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Böhmisch-Mährisch-Schlesischer Adventsmarkt“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Samstag, 26. November, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart und Böhmerwald Heimatgruppe Stuttgart: Jahresabschluß- und Weihnachtsfeier mit Ehrungen. Musikalische Umrahmung: Geschwister Januschko. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de

■ Montag, 28. November, 18.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Adventskonzert mit dem Duo Connessione“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München.

■ Samstag, 3. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Traditionelle sudetendeutsche Adventsfeier. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen.

■ Samstag, 3. Dezember, 15.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen: „Krippenführung in Regensburg“. Anmeldung unter eMail veranstaltung. heimatpflege@sudeten.de

■ Sonntag, 4. Dezember, 15.00 bis 17.00 Uhr, Museumspädagogin Nadja Schwarzenegger: „Allerley kunststück –Workshop für Kinder und Familien“. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München.

VERANSTALTUNGSKALENDER
Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 20224 TERMINE
Beeindruckend: die Laser-Show im Sudetendeutschen Museum. Foto: Fricke ❯ Samstag, 15. Oktober
Foto: Gerhard A. Meinl
❯ Sonderausstellung bis 10. November im Rathaus

„Zucker im Kaffee“: Erik Silvester hatte sudetendeutsche Wurzeln

Schon im Jahr 1971 wurde ein „Skandal um Rosi“ besungen, zehn Jahre vor der Spider Murphy Gang in ihrem „Skandal im Sperrbezirk“.

Den 1971er Schlager sang Erik Silvester († 2008), der am 24. September seinen 80. Geburtstag hätte feiern können. Wenig bekannt ist, daß er als Erik Herschmann – so sein bürgerlicher Name – am 24. September 1942 in Briesen im damaligen Landkreis Bilin im Sudetenland geboren wurde.

Der Geburtsort Bilin (siehe unten) liegt am nordwestlichen Fuße des Böhmischen Mittelgebirges im Nordböhmischen Becken. Auch hier wurde 1945/46 die deutsche Bevölkerung vertrieben. Im östlich des Dorfes gelegenen Meierhof wurde ein Abschiebungslager für die deutsche Bevölkerung des Landkreises Bilin eingerichtet, die Baracken des 1939 für Gastarbeiter aus Italien errichteten Lagers in der Siedlung Adele dienten nun als Arbeitslager für Deutsche.

Auf der Bühne und im Rampenlicht stehen, waren wohl die Wünsche Erik Herschmanns. Daher absolvierte er eine dreijährige Schauspielausbildung. Bereits während dieser Zeit – im Jahr 1960 – nahm er (noch unter dem bürgerlichen Namen) beim Label Metronome die erste Single auf. Doch weder die A-Seite „Karina-Lu“ noch die B-Seite „Schön ist’s verliebt zu sein“ schafften den Sprung in die Charts. Ebenso nahm er an dem zum zweiten Mal durchgeführten Deutschen Schlagerfestival teil – ebenfalls noch ohne großen Erfolg. Mit „Karina-Lu“ errang übrigens Peter Kraus den ersten Preis für den besten Teenager-Song.

Daher vertiefte Erik Herschmann seine Musikkenntnisse mit einem Studium der Harmonie- und Kompositionslehre, auch um eigene Werke schreiben und als Komponist, Texter und Produzent tätig werden zu können. Instrumental war er sowieso topp – er spielte Gitarre, Bass, Klavier, Schlagzeug und Saxophon.

Einen neuen Anlauf nahm er – nun unter dem Künstlernamen Erik Silvester – im Jahr 1966. Bei Polydor spielte er die Titel „Weine nicht“ und „Verzeih“, bei Bilin „Das kann nicht wahr sein“ und „Das ist längst vorbei“ ein. Beim letztgenannten Lied ist er auch als Autor genannt. Aber auch diese Singles waren wenig erfolgreich. Langsam aufwärts

ging es nach dem Wechsel zu EMI Electrola. Die hier im Sommer 1967 veröffentlichte Single „Dann fiel die Türe zu“ (B-Seite „Ich will – ich will“) erreichte im September Platz 26 in den deutschen Charts, und Erik Silvester damit eine größere Bekanntheit.

War „Dann fiel die Türe zu“ ein langsamer Walzer, so zeigte er sich bei den weiteren Hits stilistisch ganz anders. Mit dem Rock’n Roll-Shuffle „Susanna“ kletterte er am 15. Juli 1968 auf Platz 17.

Als Sänger in der ersten ZDF-Hitparade dabei

Mit dem ebenfalls 1968 aufgenommenen Lied „Oh la la, sie hat rotes Haar“ (15. Dezember 1968 – Platz 39) war er am 18. Januar 1969 Teil deutscher Fernsehgeschichte. Damals wurde erstmals die ZDF-Hitparade mit Dieter Thomas Heck ausgestrahlt – und Silvester war mit eben diesem Titel dabei. Viele weitere Hitparaden-Auftritte sollten folgen.

Das zunächst erfolgreichste Jahr war

1969. „Ich seh’ die Mädchen gern vorübergehen“ bescherte ihm im Juni Platz 16.

Am 15. Oktober 1969 stieg er erneut in die Charts ein und blieb dann 22 Wochen lang mit dem größten Erfolg seiner Karriere – „Zucker im Kaffee“: Platz 14 in den deutschen Charts, zehn Wochen Platz 1 in der brasilianischen Hitparade. Der Erfolg hier rührte daher, daß der Titel der deutsche Beitrag zum 4. Internationalen Schlager-Festival von Rio de Janeiro war.

In einigen Radio-Hitparaden kletterte sein ruhigerer 1970er Titel „Bleib nicht einsam heut‘ Nacht“ an die Spitze. Interessant hier: Die Komposition stammte von ihm selbst, den Text schrieb Schlagerkollege Michael Holm. In den deutschen Charts landete der Titel auf Platz 30, ebenso der Nachfolger, der eingangs genannte „Skandal um Rosi“. Danach bewegten sich die Platzierungen in den deutschen Charts in den 30er und 40er Rängen, was auch den Wechsel zurück zu Metronome zur Folge hatte. Der letz-

te Top-Hit mit Platz 11 am 9. Februar 1976 war „Wenn die Trommel ruft“. Bis 1998 nahm er weiter Platten auf, seine letzten Veröffentlichungen waren 1997 die CD „Ein Koffer voller Träume“ und die von ihm selbst geschriebenen „Te quiero, ich liebe dich“ und „Komm, tanz mit mir“ auf einem kleinen österreichischen Label.

In den 1980er und 1990er Jahren verlegte sich Erik Silvester stärker aufs Komponieren und Produzieren von Liedern für andere Kollegen, meist unter Pseudonymen. Schon 1971 erschien das von ihm für Trompete komponierte Stück „Lonesome Trumpet Blues“ („Die einsame Trompete“). Ausgerechnet dies wurde sein größter Hitparadenerfolg und landete sogar in Australien auf Platz 1. In der Energiekrise 1973 schrieb er für den aus Bübingen im Saarland stammenden Eddy März den Titel „Es ist kein Benzin mehr da“. Und Silvester gilt als Entdecker und Förderer einiger Schlagersänger – unter anderem von Andrea Kohls. Aber auch Musikerkollegen wie Karl Dall, Margot Eskens, Frank Zander und Siw Malmkvist verhalf er in die Hitlisten.

Neben der Präsenz in Funk und Fernsehen gehörten Auftritten im Party- und Galageschäft zu Erik Silvesters Tätigkeitsfeld. Zum zweiten Zuhause neben der Villa im Kölner Vorort Hahnwald wurde im Laufe der Jahre die Insel Mallorca, wohin er mit seiner vierten Ehefrau Marlene (Witwe des Rennfahrers Rolf Stommelen, ab 1985 mit ihr verheiratet) häufig flog. Ein komplizierter Bruch im Sprunggelenk 2005 nach einem Auftritt, der ihn fast ein Jahr außer Gefecht setzte, führte zum Umzug in eine kleinere Wohnung in Köln-Rodenkirchen –und zum Rückzug aus dem Show- und Musikgeschäft. Die Menschen sollten ihn vital und aktiv in Erinnerung behalten. „Es machte einfach viel zu viel Arbeit und Streß“, äußerte er sich damals. Und im Juni 2008: „Das Laufen fällt mir immer noch schwer.“ Zwei Monate nach seinem 66. Geburtstag starb Erik Silvester am 23. November 2008 nach kurzer Krankheit an Herzversagen, seine Asche wurde auf seinen Wunsch hin in der Bucht von Port d’Andratx ins Meer gestreut. Seine Werke wurden über 25 Millionen mal auf Schallplatten, Musikkassetten und CDs verkauft, inzwischen können seine Lieder auch per Internet gehört und gestreamt werden.

❯ Geburtsort des Schlagersängers wurde 1972 devastiert

Wider die Unglückspropheten

Rom, am 11. Oktober vor 60 Jahren: Eine lange Prozession von Bischöfen – fast 2500 – zieht über den Petersplatz. Das Zweite Vatikanische Konzil wird eröffnet. Die Bilder von der Konzilseröffnung gehen um die Welt. Am Ende der langen Prozession sitzt der freundlich winkende Papst Johannes XXIII. in der Sedia gestatoria, dem päpstlichen Tragesessel. Er hat nicht die Tiara auf dem Kopf, sondern die Mitra und präsentiert sich damit als Hirte, nicht als Herrscher.

Beim Eingang zum Petersdom verläßt der Papst den Tragesessel, um das letzte Stück zum Hauptaltar des Domes zu Fuß zu gehen. Er möchte signalisieren: Die Kirche ist mit dem Petrusnachfolger zusammen auf dem Weg, sie will auf Augenhöhe mit den Menschen und der Zeit sein. Genau das war die Intention, die ihn veranlaßt hatte, ein Konzil –das bisher letzte in der 2000jährigen Geschichte der katholischen Kirche – einzuberufen. Eine Besinnung auf die Anliegen von Papst Johannes XXIII. und „seiner“ Kirchenversammlung tut auch nach 60 Jahren noch gut, insbesondere in den Aufregungen und Kontroversen, unter denen die Kirche heutzutage leidet.

„Il Papa buono“, der „gute Papst“, so wurde Johannes XXIII. bereits zu seinen Lebzeiten in Rom genannt, „gut“ im Sinne von gutmütig oder gütig. Nach seiner Seligsprechung im Jahre 2000 und seiner Heiligsprechung 2014 ist sein kirchlicher Gedenktag am 11. Oktober, dem Tag der Konzilseröffnung. Mit dieser Festlegung wurde noch einmal die Bedeutung dieses Papstes für das kirchengeschichtliche Großereignis vor 60 Jahren unterstrichen.

Markus Bauer

Briesen verschwand im Kohletagebau

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde auch in Briesen die deutsche Bevölkerung vertrieben oder mußte Zwangsarbeit leisten. Aber auch der Ort selbst hatte keine Zukunft.

I

m Zuge des Aufschlusses des Großtagebaus Maxim Gorkij wurde Briesen zwischen 1964 und 1970 abgesiedelt und 1972 devastiert – der Schlußpunkt einer mehr als siebenhundertjährigen Geschichte.

Die erste schriftliche Erwähnung des zum Kloster Ossegg gehörenden Dorfes erfolgte im Jahre 1208. Im Jahre 1831 bestand Briesen aus 27 Häusern mit 158 deutschsprachigen Einwohnern. Im Ort gab es eine Schäferei und eine Mahlmühle.

Der Aufschwung des Bergbaus ließ Briesen weiter anwachsen. Im Jahre 1906 wurde ein neues Grubenfeld zwischen dem Grundbach und dem Bahnhof Bilin erschlossen. Nach der Gründung der Tschechoslowakei wurde die deutsche Schule 1918 in eine tschechische Schule umgewandelt. 1919 entstand eine Baugenossenschaft für Bergarbeiterwohnungen. Das Dorf bestand im Jahre 1921 aus 118 Häusern, die Mehrheit der 1831 Einwohner stellten inzwischen die Tschechen. In dieser Zeit errichteten die tschechischen Bergarbei-

ter ein Denkmal für Jan Hus. 1930 lebten in der Gemeinde 2421 Personen, davon waren 72,3 Prozent Tschechen.

Zu den berühmten Söhnen von Briesen gehört auch Fußball-Legende Hans Meyer, der ebenfalls 1942 geboren wurde, das heutige Präsidiumsmitglied von Borussia Mönchengladbach. Meyer ist der einzige Trainer, der sowohl in der DDR mit FC Carl Zeiss Jena als auch in der Bundesrepublik mit dem 1. FC Nürnberg Pokalsieger wurde.

Ein weiterer berühmter Briesener ist der Bildhauer, Maler, Grafiker und Regensburger Dombaumeister Richard Triebe, der am 25. Dezember 1922 geboren wurde und am 11. Juli 2012 in Regensburg verstarb. Triebe wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Adalbert-Stifter-Medaille.

In der Ausübung des Hirtenamtes, so Johannes XXIII. in seiner damaligen Eröffnungsrede, treffe er auf Menschen, „die zwar von religiösem Eifer brennen, aber nicht genügend Sinn für die rechte Beurteilung der Dinge noch ein kluges Urteil walten lassen. Sie meinen nämlich, in den heutigen Verhältnissen der menschlichen Gesellschaft nur Untergang und Unheil zu erkennen. Sie reden unablässig davon, daß unsere Zeit im Vergleich zur Vergangenheit dauernd zum Schlechteren abgeglitten sei.“ Der Papst nennt diese Menschen geradeheraus „Unglückspropheten“. Ihnen möchte er entgegentreten und betont, daß es auch für die Gegenwart einen Plan der göttlichen Vorsehung gebe: „Dieser verfolgt mit dem Ablauf der Zeiten, durch die Werke der Menschen und meist über ihre Erwartungen hinaus sein eigenes Ziel, und alles, auch die entgegengesetzten menschlichen Interessen, lenkt er weise zum Heil der Kirche.“

Unglückspropheten gibt es auch in unserer Zeit in großer Zahl und auf vielen Ebenen. Ihnen gilt es zu wehren. Es wird nicht überall und immer alles schlechter. Der Geist Gottes, so sind wir als Christen überzeugt, wirkt zu jeder Zeit. Er bringt zu jeder Zeit auch Großes und Erfreuliches hervor. Vielleicht kann uns das Beispiel von Papst Johannes XXIII. inspirieren, in der Welt und in der Kirche mehr das Positive, als immer bloß das Negative wahrzunehmen, mehr zu staunen als immer bloß zu jammern.

❯ Mut tut gut
❯ Zum 80. Geburtstag des 2008 verstorbenen Schlagersängers
AKTUELL · KOLUMNESudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 2022 5
„Zucker im Ka ee“: Dieser Hit von Erik Silvester aus dem Jahr 1969 wird heute noch im Radio gespielt. Repro: Markus Bauerr Bildhauer Richard Triebe. Fußball-Legende Hans Meyer. Eine
alte Postkarte zeigt
Briesen
vor
der Devatisierung. Heute erstreckt sich nordwestlich
von Bilin, dem ehemaligen Standort von
Briesen,
ein
gigantischer Tagebau.
Foto: Google

Otto Reigl †

Am 27. September starb Ot to Reigl, ein großer Mäzen der sudetendeutschen Sache, mit 87. Jahren in München.

D

er Ort, in dem Otto Reigl am 14. Juli 1935 zur Welt kommt, ist eine landschaftlich reizvoll gelegene kleine barocke Resi denz am Osthang des Duppau er Gebirges. Zu dem auf eine An höhe gebauten Schloß gehören ein Park voller Skulpturen, eine Schloßkirche mit Dreifaltigkeits säule, eine Schloßkaplanei, ein Lustschloß, ein Palmenhaus und ein herrschaftliches Spital. Die Pfarrkirche inmitten des dreiek kigen Marktplatzes ist Johannes dem Täufer geweiht. Trotz des Krieges, so Reigl, habe er eine herrliche Kindheit gehabt, behü tet, aber ohne Zwang. Doch am 24. Juni 1945 müssen die Reigls ihr Haus binnen 20 Minuten ver lassen und alle Wertsachen ab liefern. Als Otto fünf Reichsmark vorzeigt, die im Uhrentäschchen seiner kurzen Hose sind, darf er sie behalten.

Leopoldine Reigel, ihre zwei Kinder und ein Großonkel verlas sen das Haus. Vater Otto Wenzel Reigl ist im Krieg. Am nächsten Morgen werden sie mit hundert anderen aus Waltsch fortgetrieben. In zwei Tagesmärschen geht es über das Erzgebirge bis an die sächsische Gren ze. Am Morgen des 27. Juni erreichen sie das von den Russen besetz te Sachsen. Sie sind bet telarm und die nächsten Monate obdachlos. Am 26. Oktober macht sich Leopol dine Reigl mit ihren Kindern bei strömendem Regen in aller Frü he auf den Weg zur sächsischbayerischen Grenze. Den schwer kranken Großonkel müssen sie zurücklassen.

Anfang November bekommen sie in Schönbrunn im Fichtelge birge bei dem Bauern Fritz Pan zer ein kleines Zimmer. Am 17. Dezember 1945 kehrt der Vater aus englischer Kriegsgefangen schaft zurück. In diesem Jahr fei

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ert die wiedervereinte Familie ihr ärmstes, aber glücklichstes Weihnachten.

Otto Wenzel Reigl beginnt als Buchhalter bei der Freiherr von Tucher‘schen Gutsver waltung auf Gut Obern dorf bei Feldkirchen, wird aber kurz darauf Geschäftsführer eines landwirtschaftlichen Branntweinerzeuger verbandes und holt die Familie aus dem Fich telgebirge nach Feld kirchen bei München.

Die Irrfahrt ist zu Ende. Nun kann Otto wieder zur Schule ge hen. Nach dem Abitur studiert er Jura an der Ludwig-Maximili ans-Universität in München, pro moviert, legt das zweite Staatsex amen ab und wird Beamter im Bayerischen Innenministerium. Seine Karriere geht durch ver schiedene Ministerien und Be hörden stets aufwärts und gip felt im Amt des Vizepräsidenten des Bayerischen Sparkassenver bandes.

1970 heiratet er Elfriede Kai mer, eine Landsmännin aus Troppau. Ihre Mutter wurde bei der „Befreiung“ von russischen Soldaten vergewaltigt. Mit ihr teilt er das Vertriebenenschick sal. „Meine Familie hatte viel Glück. Die Familie meiner Frau alles Unglück. Ich habe die herr liche Kindheit in der Heimat nie vergessen. Meine Frau war zu klein, um das Unglück zu begrei fen“, wird Reigl später einmal sa gen.

Über einen Sangesbruder kommt er in Kontakt zum Hei matverein der vertriebenen Walt scher in der Patenstadt Neckar gemünd in Baden-Württemberg, wo sie sich regelmäßig treffen. Nach dem Ende des Kommunis mus und der Öffnung der Gren zen können sie endlich wieder in die Heimat fahren. Doch jäh zer stört die Realität das Bild, das sie in ihren Herzen tragen. Das ba rocke Waltsch ist völlig herun tergekommen, die Gebäude rui nös, die Einwohnerzahl auf weit unter die Hälfte geschrumpft, die Gemeinde verarmt, die meisten Neu-Waltscher arbeitslos. Inner halb von 15 Jahren pumpt Reigl mit dem Heimatverein fünf Mil lionen Kronen in den Ort. Ein nicht unerheblicher Teil kommt aus seiner eigenen Tasche. An läßlich Reigls 60. und 65. Ge burtstags legt der Bayerische Sparkassenverband mit großher

zigen Zweckspenden den Grund stock für die Sanierung der Walt scher Pfarrkirche.

Otto Reigl: „Daß wir in mei nem Heimatort allmählich ein gutes Ende finden, hätte ich ohne die bedingungslose, ja begeister te Zustimmung meiner Frau El friede niemals schaffen können. Wir haben viel Zeit und Geld auf gewendet und sind nun glück lich, daß unser Ziel zum Greifen nahe ist.“

Neben zahlreichen anderen Ehrungen wurde Reigl 2002 Eh renbürger von Waltsch. 2008 schreibt die tschechische Tages zeitung „Mladá fronta Dnes“: „Otto Reigl ist der Name eines Ehrenbürgers von Waltsch, der von dort einst geächtet und ver trieben wurde. Es ist der Na me eines unserer Sudetendeut schen, eines Menschen, vor dem man den Hut ziehen muß.“ Auch die Landsleute ziehen den Hut vor Otto Reigl und wünschen ihm Frieden in der ewigen Heimat bei Gott. Nadira Hurnaus

Auch Volksgruppensprecher

Bernd Posselt verneigt sich vor der Lebensleistung des ver dienstvollen Landsmanns. „Otto Reigl und seine Frau Elfriede wa ren seit Jahrzehnten in den ver schiedensten Funktionen und Aufgaben der bayerischen Ge sellschaft tätig. Damit schlugen sie vor allem auch in der Zeit, als Otto Reigl Vizepräsident der Bayerischen Sparkassen war, mit Charme, Bildung und viel fältigem Engagement Brücken zwischen unserer Volksgruppe und der allzu oft uninformierten Mehrheit in unserem Freistaat. Aus Überzeugung haben sie stets auch europäische Akzente ge setzt und außerdem aus tiefer Verbundenheit mit der Wurzel heimat in den Böhmischen Län dern den Austausch gepflegt. Die Früchte dessen kann man vor al lem in Waltsch bewundern. Ot to Reigl steckte hinter unzähli gen Vorhaben und Aktionen im deutsch-tschechischen Verhält nis und war außerdem einer der großzügigsten Förderer unse rer Landsmannschaft. Nach ei nem sehr erfolgreichen Berufs leben hat er sich ganz für unsere Sache, die immer auch die seine war, hingegeben. Wir verdanken ihm unendlich viel und bleiben ihm im Gebet verbunden. Elfrie de Reigl gilt unser tiefstes Mitge fühl. Wir wünschen ihr von Her zen Kraft und Gottes Segen.“

Die Magie

Am vorletzten Septemberwo chenende fanden die Marienba der Gespräche des Sudetendeut schen Rates im Neo-Renais sance-Hotel Nové Lázně statt. Thema war „Politische Bildung in Zeiten von Populismus und digitalen Medien. Die Auseinan dersetzung mit der Geschichte stärkt die Zivil gesellschaft“.

Den schirm herrschaft lichen Auf takt bot Ulrike Scharf, Bayerns Staatsministe rin für Familie, Arbeit und So ziales (Ý SdZ 39/2022) im Roten Saal. Zuvor hatte Christa Naaß, Generalsekre tärin des Sude tendeutschen Rates und Prä sidentin der Sudetendeutschen Bundesver sammlung, in das Tagungsthe ma eingeführt und ergänzt: „Wir wollen und müssen uns auch mit dem derzeit alles überlagernden Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine befassen.“ Damit werde sich eine Podiumsdiskussion be fassen.

Im marmornen Casino neben dem Roten Saal boten vier Kla rinetten, zwei Fagotte und zwei Waldhörner der Bläserharmo nie des Westböhmischen Sym phonieorchesters Marienbad die Partita in B von Jiří Družecký (1745–1819), das Oktett in EsDur von Ludwig van Beethoven (1770–1827) sowie die für Bläser arrangierte Ouverture und be kannte Arien aus der „Hochzeit des Figaro“ von Wolfgang Ama deus Mozart (1756–1791). Mi lan Muzikář, Direktor des Sym phonieorchesters, spielte Fagott und informierte zwischendurch über das Musikfestival „Leben diges Grenzland“ und über das Orchester. Das sei vergangenes Jahr 200 Jahre alt geworden und habe bis 1945 vorwiegend aus deutschen Musikern bestanden. 2017 habe er mit Peter Barton er ste Gespräche über eine Zusam menarbeit geführt, 2018 habe das Orchester zum ersten Mal beim Sudetendeutschen Tag gespielt und sei mittlerweile Stammgast

bei den Sudetendeutschen. Da für danke er von Herzen. „Bevor sich Volksgruppen sprecher Bernd Posselt dem Karls-Preisträger Christoph Kar dinal Schönborn widmete, dank te er den ,lieben Landsleuten vom Westböhmischen Sympho nieorchester Marienbad‘, die ge beten hätten, beim Sudeten deutschen Tag spielen zu dür fen und nun grandios die Preisverlei hung begleite ten“, lesen wir in der Bericht erstattung der Sudetendeut schen Zeitung über jenen Pfingssamtag in Augsburg am 19. Mai 2018.

An diesem Wochenen de in Marien bad wählten die Tschechen neue Kommunalvertreter und Senato ren. Deshalb präsentierte Peter Barton, Leiter des Sudetendeut schen Büros in Prag, nicht nur seine Arbeit. Er skizzierte auch die tschechische Parteienland schaft, gewährte Einblicke in die Kommunalpolitik und prognos tizierte, daß die Wahlen wohl keine dramatischen Verände rungen zeitigen würden. Vor al lem die Kommunalwahl sei wich tig für die SL, denn von den Bür germeistern in den Gemeinden im ehemals deutsch besiedelten Böhmen, Mähren und Schlesien hänge eine gute oder schlechte Zusammenarbeit, eine gemein same Zukunft ab.

Tomáš Kafka, der Tschechi sche Botschafter in Berlin, be tonte in seinem Video-Grußwort die Stärke der Tschechen. Diese sei ihre Improvisationsfähigkeit. Und die sei angesichts des rus sischen Angriffskrieges auf die Ukraine während ihrer gegen wärtigen EU-Ratspräsidentschaft besonders wichtig. Rußland grei fe Europa nämlich permanent und überall ohne Rücksicht auf die eigenen Verluste an.

Weltbegriff – ein

für Feinschmecker

Sarah Scholl-Schneider ist Vi ze-Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung in Rhein land-Pfalz. Sie referierte über „Potentiale historisch-politischer Bildung im Themenfeld Migra tion“. Ursprünglich sei für die zweite Jahreshälfte der Themen schwerpunkt „Wald“ vorgese hen gewesen, man habe ihn aber mit dem Thema „Flucht, Vertrei bung, Exil – historische und ak tuelle Perspektiven“ ersetzt.

Die Geschichte der demokrati schen politischen Bildung begin ne mit der Aufklärung und habe sich in Deutschland mit der Bil dung von Gewerkschaften wäh rend der Weimarer Republik verstärkt. Nach dem Zweiten

FORUM Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 20226
Peter Barton, Leiter des sudeten deutschen Büros in Prag, und Mi lan Muzikář, Direktor des Westböh mischen Symphonieorchesters Ma rienbad.
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Sudetendeutscher Rat
� Ein Egerländer, vor dem man den Hut ziehen muß
Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Christa Naaß, Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates und Präsidentin der Sude tendeutschen Bundesversammlung, und Ulrike Scharf, Bayerische Staats ministerin für Familie, Arbeit und Soziales und mithin Schirmherrschafts ministerin der Sudetendeutschen. Bilder: Nadira Hurnaus Die renovierte Schloßkirche von Waltsch. Bild: Manfred Gischler

der Marienbader Gespräche

Weltkrieg hätten die USA West deutschland entnazifiziert und demokratisiert.

Im „Beutelsbacher Konsens“ seien drei Prinzipien für Politik unterricht festgeschrieben wor den. Gemäß dem Überwälti gungs- oder Indoktrinationsver bot dürften Lehrer den Schülern nicht ihre Meinung aufzwingen. Das Kontroversitätsgebot zie le darauf ab, den Schülern ei ne freie Meinungsbildung zu er möglichen. Und die Schülero rientierung solle den Schüler befähigen, nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorge fundene politische Lage im Sinne seiner Interessen zu be einflussen.

Auf besonderes Interesse sei vor einigen Jahren ein Pro jekt gestoßen, bei dem Zeit zeugen an untergegangenen Orten nahe der Grenze über ihre Erinnerungen direkt im Heimatort gesprochen hät ten. Das sei einer Recherche im örtlichen Archiv verbun den gewesen. Eine Zeitzeugin sei Rosemarie Kukula/Kübl beck, die aus dem Böhmer waldort Oberlichtbuchet ver trieben wurde. Der Gedanke, daß Menschen, die im Kom munismus groß geworden sei en, mit politischer Bildung In doktrination verbinden, wurde in der anschließenden Diskus sion thematisiert.

Die von Christa Naaß ange kündigte Podiumsdiskussion „Der Ukrainekrieg und seine Auswirkungen auf die EU“ mo derierte Peter Becher, der Vorsit zende des Adalbert-Stifter-Ver eins. Neben Becher saßen Nestor Aksiuk, Sprecher der ukraini schen Gemeinde in Ulm und Neu-Ulm, Knut Abraham MdB, ehemaliger Diplomat in Helsin ki, Sofia, Washington und War schau, Ismail Ertug MdEP, To bias Gotthardt MdL, Milan Horáček MdB a. D. und MdEP a. D., Tomáš Linda, Mitglied des Egerer Stadtrates, und Libor Rouček, Vizepräsident des Europaparlaments a. D. Eingangs zitierte Becher den ehemaligen tschechischen Außenminister Karl Fürst Schwarzenberg: „Die Krim war Putins Vorspeise, Geor gien war seine Suppe und die Ukraine ist seine Hauptspei se.“

Nestor Aksiuk erzählte, daß die Ulmer Ukrainer seit dem russischen Angriff jede Woche bei jedem Wind und Wetter eine Mahnwache abhiel ten. Tomáš Linda berichtete, daß die Region Eger seit Kriegsaus bruch 18 000 Ukrainer – das sei en acht Prozent der Bevölkerung der Region – aufgenommen und Schulplätze für die Kinder bereit gestellt habe.

Milan Horáček erlebte 1968 den Einmarsch der Russen in die Tschechoslowakei. Seitdem, sag te er, mißtraue er den Russen. Er

sei nicht der einzige, ein ganzes Netzwerk teile dieses Mißtrau en. Libor Rouček wies auf Wladi mir Putins Selbstverständnis hin: „Wir sind Russen, der Westen ist dekadent.“ Putin wolle ein neues, moralisch vermeintlich höheres riesiges panslawistisches Reich errichten. Bei ihm verschmölzen Zarenreich und Sowjetunion. Ak siuk forderte mehr Waffen, Ertug meinte, die EU-Mitgliedstaaten agierten in engster Abstimmung,

31+32/2022). Der Wiener ITProjektmanager leitet ehrenamt lich seit 1998 das Böhmerwald museum Wien und seit 2016 den Böhmerwaldheimatkreis Pracha titz. Seine Ausführungen über den Böhmerwald und das Muse um, das kein Vertriebenenmuse um sei, sind einen eigenen Bei trag wert.

In aller Munde und auch im mer wieder in der SdZ ist die neue Ausstellung „Unsere Deut

ner deutschen Lehrerin die Ge schichte des Ortes, befragten die früheren deutschen und tsche chischen Bewohner und präsen tierten ihre Forschungsergebnis se in der Öffentlichkeit. Daraus machten sie dann ein Buch und einen Film.

„Man müßte …“, begann Bernd Posselt, SL-Bundesvorsit zender und Präsident der Pan europa-Union (PEU) Deutsch land. „Hans Kijas, Bundesge schäftsführer der Paneuropa-Uni on Deutschland, sagt, dieser man sei man selbst. Bei jedem Anliegen muß man bei sich selbst anfangen.“

mit 16 Jahren PEU-Mitglied geworden. Er habe damals Otto von Habs burg, der der neue Präsident der PaneuropaUnion gewe sen sei, gefragt, warum es kei ne Jugendor ganisation ge be. „Gründen Sie eine“, habe ihm von Habsburg geantwortet.

kennenlernen, nicht zuletzt die Geschich te der ehemals deutschen Or te. Hier könne die Heimatglie derung helfen. Deshalb müs se sie gestärkt werden.

und Deutschland habe am mei sten geliefert.

Gotthardt berichtete über Bay erns Pläne für die Unterbringung und Beschulung von Kindern. Dann habe man gesehen, wie er folgreich die Tschechen auf die sem Gebiet gewesen seien, habe die eigenen Pläne über den Hau fen geworfen und es so gemacht wie die Tschechen. Abraham er innerte daran, daß die Ukraine, als sie unabhängig geworden sei, auf Atomwaffen verzichtet habe. Jetzt müsse die EU der Ukaine helfen. Die einzig annehmba re politische Perspektive für die Ukraine sei Europa.

Anfang August hatte Stadt Passau Gernot Peter mit ih rem Kulturpreis für die Böhmer wäldler ausgezeichnet (Ý SdZ

schen“ im Museum der Stadt Aussig. Kurator Petr Koura schil derte dieses Museum als ein nie vollendetes Projekt, das immer wieder ergänzt und erneuert wer de. Spannend, da kann man je des Mal Neues entdecken.

Ulrich Miksch, Landesvorsit zender der Seliger-Gemeinde Berlin und SdZ-Berlin-Korres pondent, moderierte Film, Le sung und Diskussion über das deutsch-tschechische Schul projekt „Preßnitz lebt“ von Veronika Kupková sowie den Vortrag „Internationale Ju genarbeit. Partizipationspro jekt des Bezirksjugendrings Mittelfranken“ von Christian Löbel, Vorsitzender des Be zirksjugendrings Mittelfran ken.

Preßnitz war eine Berg- und eine Musikstadt im böhmi schen Erzgebirge. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die deutschen Bewohner ver trieben, und neue Bürger lie ßen sich hier nieder. Anfang der 1970er Jahre beschloß man den Bau der Talsperre Preßnitz. Nun mußten auch die neuen Preßnit zer die Stadt verlassen, die 1974 geflutet wurde. Schulen im nord böhmischen Kaaden und im sächsischen Annaberg-Buchholz schlossen eine Partnerschaft. Die Schüler erforschten unter An leitung der tschechischen Leh rerin Veronika Kupková und ei

Paneuropa sei eine sudetendeut sche Idee, Richard Nikolaus Couden hove-Kalergi ha be sie vor 100 Jah ren in Ronsperg im Böhmerwald geboren. Er sei nach dem Zweiten Weltkrieg über zeugt gewesen, entweder schließe sich Europa zu ei ner Föderation zu sammen, oder ein zweiter Weltkrieg breche aus. Nach diesem Krieg wer de die Welt in Osten und Westen geteilt. Den Osten werde die Sowjetunion beherr schen, den Westen die USA do minieren. Darüber habe er auch mit dem 72jährigen Tomáš Gar rigue Masaryk gesprochen, der damals nicht nur tschechoslowa kischer Staatspräsident gewesen sei, sondern auch Professor der Philosophie.

Damals sei Coudenhove-Kal ergie 28 Jahre alt und der zweite Sohn eines Grafen gewesen. Also mittellos. Masaryk habe ihm ge sagt: „Ich habe nicht mehr die Kraft, eine Eini gungsbewegung zu dirigieren.“ „Gut“, so Cou denhove-Kaler gi, „dann mache ich das.“ Er habe die PEU 1922 ge gründet und sei bis 1972 ihr Prä sident gewesen. „Das Musterbei spiel eines Eh renamtlichen.“ 1972 habe er in Wien mit Bruno Kreisky 50 Jahre PEU gefeiert, sei in Urlaub nach Schruns in Vor arlberg gefahren und dort 77jäh rig gestorben.

In jenem Jahr, so Posselt, sei er

„Wären wir nicht alle ehren amtlich engagiert, wären wir al le nicht hier.“ Er selbst sei, wenn auch unfreiwillig, seit acht Jah ren kein Mandatsträger mehr, sondern nur noch ehrenamtlich für die SL, die CSU und die PEU 80 Stunden pro Woche tätig. De mokratie, Frieden und Freiheit seien gegenwärtig bedroht, da für könne man nur selbst kämp fen. Wenn sich tatsächlich nur noch Mandatsträger in der Poli tik engagierten,sei das eine töd liche Gefahr für die Demokratie.

Zwischen dem westlichen Eu ropa und dem ehemaligen Ost block bestünden Unterschiede beim ehrenamtlichen Engage ment. Ein Grund seien die häu figen Wechsel der Bürgermeister und der damit einhergehende politische Richtungswechsel. Au ßerdem herrsche im Ex-Ostblock – wie gesagt – eine Phobie vor politischer Bildung. Er könne das verstehen.

Sein Vater sei ein engagierter Lehrer und Schuldirektor gewe sen, aber erst sehr spät in die SL eingetreten. Da er als Kind Mit glied der Hitlerjugend habe wer den müssen, habe er nie wieder in eine Partei eintreten wollen.

Veronika Kupková zeige das steigende Interesse der deut schen und tschechischen Jugend an der gemeinsamen Vergangen heit. Sie wollten ihre Geschichte

Auch wenn manche Ver triebenen ih ren Groll kon servierten, gebe es viele ermuti gende Gegenbeispiele wie den Holocaustüberlebenden Max Mannheimer (1920–2016) aus dem Kuhländchen. Dieser habe erst nach einer Maltherapie über seine Erlebnisse sprechen kön nen. „Ich kann nicht hassen“, ha be Mannheimer gesagt und fort an intensiv als Zeitzeuge gewirkt.

Politik dürfe nicht nur den Po litikern überlassen werden, Ver söhnung nicht nur den Versöhn lern und die Geschichte nicht nur den Historikern. Wenn Ge schichte keine Rolle mehr spiele, irrten alle hilflos umher. Die Ver gangenheit lebendig zu halten, sei kein Selbstzweck, sondern sei nötig für die Gestaltung der Zu kunft.

Was die Weltöffentlichkeit nicht zur Kenntnis genommen habe, sei, daß die UdSSR zerfal len sei, weil Rußland aus ihr aus getreten sei. 1991 sei Boris Jelzin noch ein proeuroäischer Demo krat gewesen, doch der Alkohol und die Oligarchen hätten ihn zerstört. Rußland habe die Ukrai ne und die Krim im Memoran dum von Budapest anerkannt, die Ukraine habe ihre schwe ren Waffen abgegeben und Ruß land habe die Grenzen garaniert.

„Wenn wir Frieden wollen, brauchen wir das Engagement der Zivilgesellschaft wie im Sude tendeutschen Rat und in der Su detendeutschen Landsmann schaft sowie so lide Geschichts kenntnisse.

Denn Geschich te und Zukunft sind die zwei Sei ten einer ein zigen Medail le“, schloß Pos selt. Und Christa Naaß schloß die Tagung mit der herzlichen Ein ladung zu einem Wiedersehen vom 5. bis zum 7. Mai. Bezau bert von der Ma gie der Marien bader Gespräche blicken wir dem nächsten Treffen entgegen.

Nadira
Hurnaus FORUMSudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 2022 7
Dr. Sarah Scholl-Schneider, Vizedirektorin der Landeszentrale für politische Bildung in Rheinland-Pfalz, und SL-Bundeskulturrefe rent Professor Dr. Ulf Broßmann. Tobias Gotthardt MdL, Nestor Aksiuk, Sprecher der ukrainischen Ge meinde in Ulm und Neu-Ulm, und Libor Rouček, Vizepräsident des Eu ropaparlaments a. D. Veronika Kupková, Claudia Königer und Christiane Halbleib. Eberhard Heiser, SL-Bezirksobmann von Oberfranken, und Dolmetscherin Gudrun Heißig, Hildegard Broßmann und Hans Knapek, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk, Dr. Helmut Eikam, Ko-Vorsitzender der Seliger-Gemeinde, und Dr. František Černý, Vorstandsvorsitzender des Prager Literaturhauses deutschsprachiger Autoren und Botschafter a. D., Volkmar Halbleib MdL, Vertriebenenpolitischer Sprecher der SPDFraktion im Maximilianeum, und Petr Koura, Kurator der Aussiger Ausstellung „Unsere Deutschen“, Ulrich Miksch, Berlinkorrespondent der SdZ, und Knut Abraham MdB und Diplomat a. D. Bilder: Nadira Hurnaus Albrecht Schläger hält die Morgen andacht am Sonntag ab. SL-Bundesschatzmeister Toni Dutz, Dr. Gernot Peter, Leiter des Böhmerwaldmuseums in Wien, Jörg Nürnberger MdB und Steffen Hörtler, SL-Bundesvizevorsitzender. Christian Löbel, Vorsitzender des Bezirksjugendrings Mittelfranken, Ismail Ertug MdEP, Milan Horáček MdB a. D. und MdEP a. D. sowie Siegbert Ortman MdL a. D., Vorsitzender des BdV-Lan desverbandes Hessen.

Seit dem Beginn der Kooperati on im Jahr 2014 finden regelmä ßig Denkmalpflegeprojekte des tschechischen Vereins Omni ci miterium (OMNIUM) in enger Zusammenarbeit mit der Hei matpflegerin der Sudetendeut schen und den Sudetendeut schen Heimatkreisen statt. Tat kräftige Unterstützung erhalten sie von zahlreichen freiwilligen Helfern, die sich in ihren Hei matregionen für die Rettung und den Erhalt der Friedhöfe en gagieren.

Im Mittelpunkt der deutschtschechischen Kulturarbeit steht neben der Rettung und Re staurierung von Friedhöfen und Sakraldenkmalen auch die en ge internationale Zusammenar beit mit regionalen Heimatkrei sen und -vereinen, landsmann schaftlichen Organisationen, staatlichen Institutionen, Hei matverbliebenen und regionalen ehrenamtlichen Gruppen. Viele Friedhöfe und Sakraldenkmale in den früher sudetendeutschen gebieten der Tschechischen Re publik waren über die vergange nen Jahrzehnte dem Verfall und der Zerstörung ausgesetzt.

Verfall der Denkmale

Die Bevölkerungsdichte in den Regionen ging zurück, so daß baufällige Grabsteine, Friedhofs anlagen, Kapellen, Kirchen und Kreuze nicht weiter gepflegt wer den konnten und sich bis heute in einem schlechten Zustand be finden. Doch das historische und kulturelle Erbe soll weiterhin be wahrt werden.

Etliche Friedhöfe wurden seit 2018 mit Arbeitseinsätzen an ver schiedenen Orten in internatio naler Zusammenarbeit mit der

Die renommierte Geigerin Vik toria Elisabeth Kaunzner star tete mit ihrem „Universal Ko rean Organic Ensemble – Vik toria & Virtuosi“ in München ihre Deutschlandtournee. Die SL-Kulturpreisträgerin für Aus übende und Darstellende Kunst des Jahres 2014, die bereits 1999 den SL-Förderpreis erhielt, kom biniert als Interpretin und Kom ponistin verschiedene musikali sche Traditionen wie Tango, Mo zart und Orient.

Die Geigerin und Musikpro fessorin, die 1982 in Deggen dorf zur Welt kam und Großel tern aus dem Egerland hat, war sieben Jahre lang die jüngste westliche Professorin in Südko rea. 2010 war sie von der Hoch schule für Musik Franz Liszt Weimar als Gastprofessorin für Violine an die German School of Music Weimar an der Kang nam University in Südkorea aus gewählt worden. Dort entdeckte

Bilanz nach fünf Jahren

zur Schwarzen Koppe auf den nächsten Besuch verschoben. In Trautenau besuchte die Gruppe das Deutsch-Tschechische Be gegnungszentrum. Dort berich tete Štěpánka Šichová über die aktuellen Vorbereitungen zum 30jährigen Jubiläum.

Die Arbeitseinsätze auf dem Friedhof boten viele Herausfor derungen. So wurde der kom plette Weg zwischen Friedhofs tor und der Elsenwanger Kapel le gereinigt und das Unkraut aus den Fugen entfernt.

Geehrte Heimatpflege

Unterstützung der Heimatpfle gerin der Sudetendeutschen wie derhergestellt. Was noch oh ne große Vorkenntnisse begann, hat sich nun als fester Termin im Kalender der Sudetendeutschen Heimatpflege und des Heimat kreises Braunau/Broumov eta bliert.

Im August stand wieder der Friedhof in Merkelsdorf, heute ein Ortsteil von Wekelsdorf, auf dem Programm. Die Ergebnis se der Denkmalpflegeprojekte der letzten Jahre lassen sich in zwischen gut erkennen. Bereits 2021 hatte das Freiwilligenpro jekt mit der Aufrichtung umge stürzter Grabsteine begonnen. Mit dem diesjährigen Arbeitsein satz konnte der Erfolg aus dem Vorjahr fortgesetzt werden, und unter der Grasnarbe wurden so gar neue Relikte von Grabsteinen gefunden. Im bewährten Zusam

menspiel der Heimatpflegerin

Christina Meinusch mit Jakub

Děd und Barbora Větrovská vom Verein OMNIUM war der Ar beitsaufenthalt gut vorbereitet worden, und auch der Heimat kreisbetreuer von Braunau, Erik Buchholz, konnte an vielen Stel len helfen.

Das Quartier in der Pension Sankt Florian bei Milena und Ru di Kretschmer stand der Gruppe schon einige Tage vor Beginn des Arbeitseinsatzes zur Verfügung.

So blieb genügend Zeit, das Pro jekt auch dem Wekelsdorfer Bür germeister Josef Bitnar und dem Abgeordneten des tschechischen Parlaments, Pavel Bělobrádek (KDU-ČSL) vorzustellen und die bisherigen Ergebnisse zu bespre chen. Bělobrádek, der zeitgleich Stellvertreter des Regierungs präsidenten des Bezirkes König grätz/Hradec Králová ist, be

suchte die Gruppe auch bei ihrem Arbeitseinsatz auf dem Friedhof und konnte sich somit selbst vor Ort von der Kulturarbeit und ih ren Ergebnissen überzeugen. Auch mit Denisa Pavlová, Ver treterin des tschechischen Ver eins Trinitas, der sich um den Erhalt der Dreifaltigkeitskirche in Merkelsdorf kümmert, kam die Gruppe ins Gespräch. Dabei konnten auch Fragen nach der Sanierung der Kirche angespro chen werden, die eine immense Herausforderung darstellt und weitreichende Förderung not wendig macht.

Neben den Treffen mit den tschechischen Partnern gab es bei verschiedenen Ausflügen ge nügend Möglichkeiten, um die Landschaft zwischen dem Heidel gebirge und Riesengebirgskamm kennenzulernen. Trotz des zuerst regnerischen Wetters wurden die

Felsenstädte in Wekelsdorf sowie Adersbach besucht und Braunau mit dem Friedhof, der Holzkir che und dem Kloster erkundet. Einige Teilnehmer kannten den Landstrich noch nicht, und so waren immer wieder Erläuterun gen gefragt.

Auf dem Braunauer Friedhof besuchte die Gruppe die Gräber des Heimatgrafikers Helmut Te schner und der Ordensleute. Bei dieser Gelegenheit wurden auch Instandsetzungsarbeiten am Kreuz für die Opfer aus der Dit tersbacher Sandgrube vom Som mer 1945 durchgeführt. Der wei teste Ausflug führte die Grup pe bis nach Ober-Kleinaupa und zu den Grenzbauden. Von dort wanderten die Freiwilligen bis zur Emmaquellen-Baude. Da am Tag der Wanderung im Riesen gebirge der Nebel durch den Bergwald zog, wurde der Ausflug

Zwischen Fernost und West

sie ihre Begeisterung für ostasia tische Musik und gründete das Orchester „Viktoria & Virtuosi“, das vom Förderverein Universal Korean Organic Ensemble getra gen wird. Die Stammbesetzung besteht aus 30 Musikern aus 18 Nationen und spielt zum Teil im Westen wenig bekannte koreani sche Instrumente wie Geige Hae geum, Bambusflöte und Bam busoboe.

Das Konzert des Orchesters im Münchener Herkulessaal, das In hyeok Jeong dirigierte, war da her äußerst weit gespannt. So spielte das Ensemble von Wolf gang Amadeus Mozart das Ada gio E-Dur KV 261, eine Kompo sition von Elena Kats-Chernin,

den Tango „Concierto para violín y orquesta de cuerdas“ der usbe kisch-australischen Komponistin Claudia Montero und die Urauf führung der Kaunzner gewidme te Komposition „,Roman Fleuve‘ pour violon et orchestre à cordes (für Viktoria)“ von Violeta Di nescu. Zu diesem Stück, das die rumänische Musikerin Dinescu 2019 am Schwarzen Meer kom poniert hatte, wurde die schöne kalligraphierte Handschrift des Notenblatts an die Wand proji ziert.

Schließlich erklangen Eigen kompositionen von Viktoria Kaunzner.

An ihren Werken „Sai ga Antilope“ für Violine und Or chester sowie „Seidenstraße“ für

Violine & eurasisches Ensemble konnte man die Wei terentwicklung dieser Virtuosin erleben.

Schon früh war Kaunzner im Adal bert-Stifter-Saal zu hö ren gewesen, etwa bei der Verleihung des Al fred-Klima-Preises an sie durch die Sudeten deutsche Akademie der Wissenschaften und Künste 2009. In teressanterweise wird ihr SL-Kulturpreis 2014 in vielen Quellen als „Kulturpreis für Musik, gestiftet vom Freistaat Bayern“ bezeichnet.

Insgesamt konnten im Lau fe des Einsatzes sieben Grab steine wieder aufgerichtet wer den. Nach ihrer Sicherung sollen die Fundstücke im nächsten Pro jekteinsatz zugeordnet werden. Hierfür sollen alte Aufnahmen von den ersten Arbeitseinsätzen aus den Jahren 1991 und 1992 zu Hilfe genommen werden. Bei dem Einsatz reinigten die freiwil ligen Helfer auch die Gedenkka pelle und entfernten das Wurzel werk an der Friedhofsmauer.

Für diese konsequente und mehrjährige Arbeit im Sinne der Denkmalpflege und für das eh renamtliche Engagement erhielt der Heimatkreis Braunau Ende September den heuer erstmals verliehenen Preis HeimatpflegeAusgezeichnet! vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und Heimat. kz

Termin des nächsten Arbeits einsatzes: Sonntag, 17. bis Sonn tag, 24. September 2023. Infor mationen: Heimatpflege der Su detendeutschen, Hochstraße 8, 81669 München, Telefon (0 89) 48 00 03 65, eMail heimatpflege@ sudeten.de

Bei ihrer Deutschlandtournee „Eurasian Flow“ tritt Viktoria Eli sabeth Kaunzner mit ihrem En semble auch noch in Dresden, Berlin, Hamburg, Neumarkt in der Oberpfalz und dem heimat lichen Viechtach auf, wo Kaunzner aufgewachsen ist. Susanne Habel
KULTUR Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 20228
� Erfolgreiche Arbeitseinsätze von Sudetendeutscher Heimatpflege und OMNIUM auf Friedhöfen im Braunauer Ländchen Die freiwilligen Helfer vor der Pension Sankt Florian. Bilder: Barbora Větrovská, Omnium Heimatkreisbetreuer Erik Buchholz bei der Arbeit. Rechts: Die Einzelteile eines Grabsteins werden bis zum Trock nen mit Spanngurten befestigt. Mit schwerem Gerät wird ein Grabstein aufgerichtet. Rechts: Aufgerichtetes Grabkreuz auf dem Friedhof in Mer kelsdorf im Kreis Braunau. Viktoria Elisabeth Kaunzner
Tournee
von Stargeigerin
und SL-Kulturpreisträgerin
Viktoria
Elisabeth Kaunzner: „EurAsian Gold“. CD, Hänssler Classic 2022, 16,99 Euro.

Die diesjährige Vortragsreihe von Stefan Samerski unter dem Leitwort „Böhmen macht Welt geschichte: Unbekanntes und Unbekannte“ wurde im Sude tendeutschen Haus in München fortgesetzt. In der dritten Folge referierte nach der Sommerpau se der Professor für Kirchenge schichte des Mittelalters und der Neuzeit über „Bischof Johann Nepomuk Neumann (1811–1860)“. Der Historiker berichte te dabei über den in Prachatitz geborenen USA-Bischof, der se lig- und heiliggesprochen wur de. Die Reihe wird veranstal tet vom SL-Bundesverband, der Sudetendeutschen Heimatpfle ge, der Ackermann-Gemeinde in der Erzdiözese München und Freising sowie der Sudetendeut schen Akademie der Wissen schaften und Künste und von der Sudetendeutschen Stiftung gefördert.

Napoleon ist an allem schuld“, zitierte Samerski als Ein stieg. Den gleichnamigen Film von 1938 nannte der Referent we gen der Vorgeschichte zum Le ben des Heiligen. Johann Nepo muk Neumann war Sohn des aus Obernburg am Main in Un terfranken 1802 zugewanderten Strumpfwirkers Johann Philipp Neumann, der nach Prachatitz in Böhmen gezogen war.

Rasante Schulausbildung

Grund waren die napoleoni schen Feldzüge, da die damals übliche Zwangsrekrutierung jun ger Männer durch die französi sche Armee drohte. Dort habe der erfolgreiche Geschäftsmann in zweiter Ehe Agnes Lebisch aus Prachatitz geheiratet, so Samer ski. Beide Elternteile seien bi bliophil gewesen, Mutter Agnes überdies tief religiös. Vater Jo hann Philipp Neumann habe sich ein großes Haus mit Manufak tur gebaut und sich in der Kom munalverwaltung engagiert. Ihr vierter Sohn, der 1811 in Pracha titz geborene Johann Nepomuk, wurde in der Stadtkirche Sankt Jakob getauft. Er hatte sechs Ge schwister.

„Johann Nepomuk Neumann schaffte eine rasante Schulaus bildung“, so Samerski. Nachdem der kleine Neumann 1817 in der Prachatitzer Stadtschule einge schult worden sei, sei ihm schon in der ersten Klasse vom Lehrer die Anleitung seiner Mitschü ler anvertraut worden, und er ha be Klassen übersprungen. Au ßerhalb der Schule erlernte Jo hann Nepomuk die Grundlagen der lateinischen Sprache, eigne te sich jedoch auch viele moder ne Sprachen an. Ab 1824 ging er ins Piaristengymnasium in Bud weis, in dem er von 1829 bis 1831 ein zweijähriges philosophisches Studium absolvierte.

Das Schlesische Museum in Görlitz lädt seine Besucher von nun an in einen neuen digitalen Ausstellungsbereich ein. Hier wird gezeigt, wie sich Schlesien in den Jahrzehnten seit dem En de des Zweiten Weltkriegs ver ändert hat. Ein polnisch-deut sches Wissenschaftlerteam hat seit 2020 an der Erstellung ei ner App für das Smartphone ge arbeitet, die mehr als 600 Foto grafien, 15 historische und neu produzierte Filme, Tonaufnah men und zahlreiche themati sche Karten bietet.

Erster Heiliger der USA

Ab Herbst 1831 habe Johann Nepomuk Neu mann ein Me dizinstudium in Prag geplant. „Seine tief reli giöse Mutter war schockiert“, so Sa merski, und sie habe auf ein Theo logiestudium be standen. Weil sich die Mutter durch setzen konnte, trat der Sohn am 1. November 1831 in das Priesterse minar in Budweis ein.

Ab Herbst 1833 studierte Neu mann im Prager Erzbischöflichen Seminar Theo logie bis zur Abschlußprüfung 1835. Da damals in der „priester starken“ Diözese Budweis eine „Priesterschwemme“ geherrscht habe, sei für den gesamten Wei hejahrgang die Priesterweihe um Monate hinausgeschoben wor den

Die Entscheidung Neumanns, nach Beendigung der Priester studien als Missionar nach Nord amerika zu gehen, sei schon im Priesterseminar in Budweis ge fallen, so Samerski. „Ein Beweg grund waren die Ausführungen des slowenischen Missionars und späteren Bischofs Friedrich Bara ga in den ‚Nachrichten des Leo poldsvereins‘ der Leopoldinen stiftung in Wien, die dort ausla gen.“ Sie berichteten über den immensen Bedarf an deutsch sprechenden Priestern aufgrund der damaligen Einwanderungs welle in die Vereinigten Staaten.

„Und im Frühjahr 1833 las der Rektor des Priesterseminars, Jo hann Kröner, aus dem elften Ka pitel des zweiten Korintherbriefs vor, in dem Paulus sein Leiden für das Evangelium beschreibt: ,Ich will mit Freuden Opfer brin gen...‘“. Das habe Neumann auch gewollt. Neumann habe da mals schon an John Dubois, den Bischof von New York City, ge schrieben, um dort gut aufge nommen zu werden. „Er brach ohne persönlichen Abschied auf“, faßte Samerski Neumanns Aufbruch in ein neues Leben zu sammen.

Über Paris kam Neumann nach Le Havre. Dort schiffte er sich am 20. April 1836 für die 40tägige Schiffsreise ein. „Am 1. Juni 1836 kam er in New York an und empfing dort knapp vier Wochen später, am 25. Juni 1836, von Bischof Dubois die Priester weihe.“ Zunächst sei er nach Wil

liamsville nördlich von Buffalo gesandt worden, wo er den Kir chenbau vollendete und seine er ste katholische Schule gründete. „Das Pfarrgebiet hatte einen Um fang von 1450 Quadratkilome tern, die er unentwegt per pedes mit einem Rucksack durchwan derte.“ Er habe vorgehabt, über die katholischen Schulen auch die Eltern zu erreichen und des halb viele Schulen gegründet. „Sein Konzept ,Kirche plus Schu le plus Seelsorge‘ ging auf“, sag te Samerski begeistert.

Allerdings unter großen Stra pazen: Als Neumann an Ostern 1840 entkräftet zusammengebro chen sei, habe man ihn zur Erho lung in ein Redemptoristenklo ster gebracht. Am 30. Novem ber 1840 sei Neumann in den Redemptoristenorden eingetre ten. Nachdem er am 16. Janu ar 1842 die Profeß in Baltimore in Maryland abgelegt habe, sei

er dort Pfarrer an Sankt Alfons mit zehn Außensta tionen geworden. Seit 1843 Provinz rat, sei Neumann 1844 Leiter des Pittsburgher Klo sters und schließ lich 1846 als Vi zeprovinzial der Leiter aller ameri kanischen Nieder lassungen des Or dens geworden.

Im Herbst 1846 habe Neu mann eine ernst hafte Erkran kung der Atem wege bekommen, die er sich wahr scheinlich durch die Luftverschmutzung während seines langjährigen Aufenthalts in der Industriemetropole Pitts burgh zugezogen und ihn wohl später auch das Leben gekostet habe.

Zunächst sei jedoch ein großer Fortschritt eingetreten: Mit einer Bulle vom 1. Februar 1852 habe Papst Pius IX. Neumann in Aner kennung seiner hervorragenden Leistungen in der Seelsorge und wegen seiner intellektuellen Fä higkeiten zum Bischof von Phila delphia ernannt. „Er war der bis dahin jüngste Bischof der Verei nigten Staaten.“ Als Bischof habe er den Leitspruch „Passio Chri sti conforta me“ („Leiden Chri sti, stärke mich!“) aus dem Gebet Anima Christi gewählt.

In seiner nur acht Jahre wäh renden Amtszeit begann Neu mann den Bau der Kathedrale von Philadelphia und richtete ein Priesterseminar ein. Er gründe te in seinem Bistum über 100 Kir chen und fast ebenso viele Schu len. Zur Amtseinführung hatte Philadelphia 400 000 Einwohner, ein Viertel davon waren Katholi ken. Schon innerhalb des ersten Amtsjahres war die Zahl der Kin der an katholischen Schulen von 500 auf 5000 gestiegen. Dadurch legte Neumann den Grundstein für das kirchliche Pfarrschulsy stem in den heutigen USA. Für die irischen Gläubigen habe er Irisch gelernt, betonte Samerski, und für die „native Americans“ einige von deren Sprachen. Auch für die Farbigen habe er sich ein gesetzt, für die er auch Schulzu gang erreichen wollte.

„Als Bischof hat er in acht Jah ren 100 Schulen gegründet, an denen meist Ordensfrauen un terrichteten“, schilderte der Re

Die neuen digital dargebo tenen Beiträge richten ihr Hauptaugenmerk auf die schle sische Geschichte in Polen. Zu dem wird ein Blick auf das tsche chische Schlesien geworfen und nicht zuletzt die Situation der Schlesier in Deutschland gezeigt.

„Die Erstellung der App war für uns eine große Herausforde rung, denn sie soll die Geschich te Schlesiens und der Schlesier sehr breit und facettenreich zei gen“, erläutert Projektleiterin Martina Pietsch.

Lolek und Bolek

Das Foto- und Filmmaterial stammt hauptsächlich von pol nischen Archiven, Museen, Fo tografen, Fotoagenturen, Film produzenten sowie Vereinen und Privatpersonen. Insgesamt wur den mehr als 5000 Fotos, histo rische Filmdokumente, Tonauf

nahmen und Karten zusammen getragen. Mehr als 30 Themen können die Besucher in deut scher, polnischer und englischer Sprache aufrufen. Dafür stehen Tablets im Lichthof des Muse ums zur Verfügung. Die techni sche und gestalterische Reali

sierung des Projektes wurde von der Leipziger Agentur Faible ge leistet.

Neben diesem Ausstellungs bereich ist auch eine Kinder-In sel mit farbenfrohen Möbeln neu entstanden. Hier können die jüngsten Besucher zum Beispiel die beliebten Figuren aus den Animationsfilmen des Zeichen trickfilmstudios in Bielitz-Bia la/Bielsko-Biała kennenlernen: Reksio, Bolek und Lolek.

Ein Bücherregal ist mit den Werken des aus Oberschlesien stammenden Kinderbuchautors

ferent Neumanns gigantische Leistung.

Bald sei es auch zu einem Heimatbesuch gekommen, und zwar als Papst Pius IX. im Okto ber 1854 alle Bischöfe nach Rom gerufen habe. „Am 8. Dezember 1854 gab Papst Pius IX. im Pe tersdom vor 55 Kardinälen, 150 Bischöfen und 50 000 Priestern, Ordensbrüdern und Gläubi gen das Dogma Ineffabilis Deus von der Unbefleckten Empfäng nis der seligen Jungfrau Ma ria bekannt.“ Johann Nepomuk Neumann hatte eine Privatau dienz bei Papst Pius IX. Schließ lich sei er auch in seine Heimat stadt Prachatitz im Böhmerwald gereist: „Er wurde dort triumphal empfangen!“ Danach ging es zu rück nach Philadelphia.

„Am 5. Januar 1860 brach Neumann auf der Straße zusam men und starb noch am gleichen Tag“, beschrieb Samerski Neu manns Tod. Der Bischof sei in der Redemptoristenkirche von Phi ladelphia bestattet worden. Da nach jedoch habe sein Schaffen weitergewirkt.

Selig- und Heiligsprechung

Neumanns Seligsprechungs prozeß sei 1883 begonnen und am 13. Oktober 1963 mit der Seligsprechung abgeschlos sen worden. Damals hätten die Tschechen in seiner böhmischen Heimat ihn gar nicht gekannt; erst nach der Samtenen Revolu tion 1989 sei Neumann auch dort „wiederentdeckt“ worden. Dar an sei auch das Sudetendeutsche Priesterwerk in Königstein betei ligt gewesen.

„Am 19. Juni 1977 wurde Jo hann Nepomuk Neumann von Papst Paul VI. heiliggesprochen“, erinnerte Samerski. Neumanns Gedenken sei unter anderem in einer Wallfahrtskapelle auf dem Dreisesselberg gepflegt worden. 2011 habe man schon Neumanns 200. Geburtstag in Prachatitz fei ern können. Dazu sei auch Kar dinal Justin Francis Rigali an gereist. Der Erzbischof von Phi ladelphia und achte Nachfolger Neumanns im Bischofsamt habe eine schöne Rede über den „Holy John Neumann“ gehalten. Mit hin sei Neumann der allererste Heilige in den USA gewesen.

Heute gebe es in beiden Böh merwaldmuseen – in Ingolstadt und Wien – Gedenkobjekte von Neumann. Und ein besonders wertvolles Stück sei auch nach Europa zurückgekehrt. „2009 brachte der amerikanische Präsi dent Barack Obama bei einer Au dienz bei Papst Benedikt XVI. ei ne Original-Stola von Neumann als Geschenk mit“, schloß Samer ski. Der heilige Johann Nepo muk Neumann habe ein „aufop ferungsvolles und kurzes Leben“ geführt. Susanne Habel

Janosch gefüllt. Neu produzier te Puzzlespiele zeigen Fotos von Kindern aus Schlesien oder auch einen modernen Rübezahl.

Für die Direktorin des Schle sischen Museums, Agnieszka Gąsior, sind diese Projekte wich tige Neuerungen: „Ich freue mich, daß unsere Dauerausstel lung auf so moderne und attrak tive Weise erweitert wird.“

Schlesisches Museum zu Gör litz, Brüderstraße 8, 02826 Gör litz. Telefon (0 35 81) 8 79 10, Inter net www.schlesisches-museum.de

KULTURSudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 2022 9 � Vortragsreihe: Böhmen macht Weltgeschichte – Teil 3: Der Bischof Johann Nepomuk Neumann
Professor Dr. Stefan Samerski und Heimatpflegerin Christina Meinusch. Bilder: Susanne Habel Vater Philipp Neumann und Mutter Agnes, geborene Lebisch, und Johann Nepomuk Neumann als Bischof. � Neuigkeiten aus dem Schlesischen Museum zu Görlitz Bolek und Lolek, Reksio und Rübezahl erwarten die Kinder im Schlesischen Museum. Willkommen auf der Kinder-Insel!
Bild:
Maciej Chyra Fronleichnamsprozession in Schwientochlowitz/ Świętochłowice in Ober schlesien. Bild: Grzegorz Celejewski, Agencja Gazeta Chyra
1965 in der Frauenstraße in Liegnitz/Legnica. Bild: Tomasz
Olszewski, Muzeum
Miedzi w Legnicy

Mister Nikolsburg

Am 22. September feierte der geborene Nikolsburger Reiner Martin Elsinger im oberösterreichischen Perchtoldsdorf 90. Geburtstag. HansGünter Grech, Obmann des Kulturverbands der Südmährer in Österreich, gratuliert.

Reiner Martin Elsingers Vater Martin war Prokurist und Bankdirektor, seine Mutter die Tochter von Ferdinand Horntrich, einem Oberlehrer aus Muschau und Nikolsburg. Dieser war 1919 ein Mitbegründer des Deutschen Kulturverbandes. Reiner Elsinger besuchte 1942 bis 1945 die ersten drei Klassen des Gymnasiums Nikolsburg. Da die Rote Armee immer näher rückte, floh er im April 1945 nach Oberösterreich. Nach der Hauptschule in Vöcklabruck legte er auf der Höheren Bundeslehranstalt für alpine Landwirtschaft in Seefeld/Tirol die Reifeprüfung ab. Danach studierte er Betriebswirtschaft in Wien.

Er war Leiter verschiedener Abteilungen, Planer für Großberegnungs- und Gewächshausanlagen, selbständiger Unternehmensberater für EDV-Organisation, Planer für technische Einrichtungen in Banken im In- und Ausland sowie Besitzer eines Büros für Organisationsberatung. Aber was ihm am meisten am Herzen liegt, ist der Dienst an der Heimat. Hier ein Auszug aus seinem umfangreichen Schaffen für die Heimat, der nicht beansprucht, vollständig zu sein.

■ 1954 bis 1964 beteiligt er sich am Ausbau des Nikolsburger Gymnasiastenklubs.

■ 1957 organisiert er die 325-Jahr-Feier in den Sofiensälen.

■ 1976 schließt er den Gymnasiastenklub mit der Familienrunde der Nikolsburger in Wien zusammen.

■ 1980 regt er das Projekt „Heimatbuch Nikolsburg“ an, das Buch erscheint 1988.

■ 1986 wird er mit der Ehrennadel des SLR ausgezeichnet.

■ 1987 gründet er mit 40 Proponenten den Kulturverein Nikolsburg.

■ 1987 bis 1990 plant er die Umgestaltung und den Ausbau der Kreuzberganlage in Klein-Schweinbarth und wird zum Beirat in der Landsmannschaft Thaya und des Museumsvereins Südmährerhof gewählt.

■ 1990 erhält er das Große Goldene Ehrenzeichen der Thaya und wird zum Vize-Obmann im Dachverband der Südmährer gewählt.

■ 1992 wird er Vize-Obmann im Südmährerhof und begründet die Initiative Bernsteinstraße.

■ 1993 wird auf sein Betreiben in Nikolsburg die Friedhofsgedenkstätte errichtet.

■ 1994 erhält er den JosefLöhner-Preis.

■ 1995 gestaltet er die Ausstellung „50 Jahre Vertreibung der Deutschen aus Südmähren“ im Niederösterreichischen Landesmuseum.

■ 1996 fusioniert er den Museumsverein Südmährerhof und den Kulturverein Nikolsburg zum Kulturverein Südmähren. Dieser baut den Südmährerhof im Museumsdorf Niedersulz aus.

■ 1997 erhält der Kulturverein Südmährerhof den Südmährischen Kulturpreis.

■ 2003 entsteht mit Hilfe des Landes Niederösterreich, des südmährischen Landschaftsrates und anderer Südmährischer Vereine die Südmährische Kulturstiftung, deren Geschäftsführer er bis zu seiner „endgültigen Pensionierung“ 2018 ist.

■ 2005 gestaltet er die Ausstellung „Zeit für die Wahrheit – 60 Jahre Völkermord 1945“.

■ 2005 wird er mit dem den Südmährischen Kulturpreis geehrt.

Zu seinem Schaffen zählen publizistische Tätigkeiten bei den Büchern „Geschichte Südmährens Band 2“ und „Geschichte Südmährens Band 3“, die Herausgabe des Buches „Heimatbuch Nikolsburg“, Beiträge in den Südmährischen Jahrbüchern sowie Zeitungsartikel, Berichte und Resolutionen für die SLÖ.

Als Geschäftsführer der Südmährer Kulturstiftung gestaltete er die Ausstellung am Südmährerhof um und aus zur Dokumentation der Kultur und Geschichte der Südmährer im Museumsdorf Niedersulz. Jahrzehntelang organisierte er die Großveranstaltung Südmährerkirtag am Südmährerhof. Und er machte drei Videofilme.

Beleuchten wir noch einmal Flucht und Vertreibung der Elsingers. Bereits am 8. Mai hatten sie vergeblich versucht zu fliehen und kehrten wieder in ihr Heim zurück. Doch da waren Hab und Gut, Haus und Hof der Familie bereits in tschechischer Hand. Mittlerweile hatte die wilde Vertreibung begonnen. Die Restfamilie beschloß, weiter Richtung Westen zu fliehen. Sie kamen bis Mauthausen in Oberösterreich. Besonders schlimm war es damals für die am Krieg wirklich Unbeteiligten. Sein Großvater väterlicherseits wurde beispielsweise in einem Viehwaggon aus der Heimat abtransportiert und starb arm und einsam in Bayern. Er hatte es nicht mehr über die Grenze zum Rest der Familie nach Österreich geschafft.

„Der Weg in ein ziviles Leben war in Österreich besonders schwierig und zog sich zehn Jahre hin. Erst 1951 wurde die erleichterte Staatsbürgerschaft erteilt, auch andere Gleichberechtigungen folgten nur zögerlich“, so Elsinger. „Wir hatten nichts und mußten betteln gehen.“ Es gab kaum Arbeitsmöglichkeiten und keine Chance auf Schulbildung. Ihm sei der Besuch eines Gymnasiums zuerst verwehrt worden, da nur österreichische Staatsbürger zugelassen gewesen seien. Erst später habe er eine Ausbildung gemacht und als Ingenieur zu arbeiten begonnen.

Reiner Elsinger vertrat unseren Standpunkt erfolgreich und überzeugte österreichische Politiker und Wirtschaftsvertreter von den heimatpolitischen Zielen der Südmährer.

Für seine Konsequenz, Ausdauer und seinen unermüdlichen Einsatz danken wir Südmährer von Herzen und wünschen zum Start in die zehnte Lebensdekade alles Gute, viel Gesundheit und Wohlergehen sowie Gottes reichen Segen.

Diözesen Passau und Regensburg Auf gläsernen Spuren in Frauenau

Seit mehreren Jahren gehört die „Grenzenlose Wanderung“ zum Angebot der Diözesanverbände Passau und Regensburg der Akkermann-Gemeinde (AG). Aus diesen zwei Bistümern sowie aus dem Bistum Eichstätt kamen am letzten Samstag im September 19 Mitglieder nach Frauenau im Bayerischen Wald, um dort einige der Sehenswürdigkeiten und historische Gemeinsamkeiten von Bayern und Tschechen beziehungsweise vom Böhmerwald und Bayerischen Wald kennenzulernen – insbesondere im Hinblick auf Glas.

band aus verschiedenen Generationen zusammen. „Die Ackermann-Gemeinde geht weiter in die Zukunft. Die Jüngeren tragen die Arbeit weiter“, drückte Ritzke seine Freude aus.

Einen besonderen Bezug zu Frauenau hat der Geistliche Beirat der Passauer AG Prälat Lorenz Hüttner. Er war 1969 bis 1977 hier Pfarrseelsorger, ehe er nach der weiteren Pfarrerstation in Neuötting schließlich Generalvikar und Domdekan im Bistum Passau wurde und viele Jahre im dortigen Domkapitel wirkte. „Die Liebe zum Wald ist geblieben“, stellte Hüttner fest.

F

ederführend hatte Florian Würsch von der Regensburger Ackermann-Gemeinde die Veranstaltung vorbereitet und organisiert. So begrüßte er auch die Teilnehmer und übergab das Wort an die Diözesanführungsleute. Für die AG Passau sprach Ursula Schwarz ein Grußwort. „Jetzt ist es eher ein Ausflug mit einem kleinen Spaziergang“, beschrieb sie die Veranstaltung –auch wegen der Altersstruktur der Mitglieder – und dankte Würsch für die organisatorische Begleitung.

Die erfreuliche Zusammensetzung der AG Regensburg betonte deren Vorsitzender Karl-Ludwig Ritzke. Auch wenn aus unterschiedlichen Gründen die junge Generation bei diesem Termin wenig vertreten sei, so setze sich der Regensburger Diözesanver-

Einleitend zu den einzelnen Programmpunkten verwies Würsch auf den tschechischen Nationalpark Böhmerwald/Šumava. Jenseits der südwestlichen Grenze schließt in Niederbayern der kleinere Nationalpark Bayerischer Wald an, mit dem der Nationalpark Šumava die größte zusammenhängende geschützte Waldfläche Zentraleuropas hat. Frauenau gehört dazu. Ein (Nieder)Bayern und Böhmen verbindendes Element ist außerdem das Glasmacherhandwerk. So hat Frauenau, ein traditionsreicher Glasmacherort, eine Gemeindepartnerschaft mit der Stadt Haida/Nový Bor, die ebenfalls für Glaskunst und das Glasmacherhandwerk bekannt ist.

Sozusagen glasklar war, daß das Besichtigungsprogramm von Glas-Themen eingerahmt war.

Den Auftakt bildete eine Führung durch die traditionsreiche Glasmanufaktur der Familie Eisch. Die Wurzeln gehen bis ins Jahr 1689 zurück zu dem im Böhmerwald geborenen Mathias Alesch, der hier auf der Beschäftigtenliste einer kleinen Glashütte aufgeführt ist. Die jetzige Glashütte oder -manufaktur gründete 1946 Valentin Eisch mit seiner Frau Therese als Veredelungsbetrieb, um den sechs Kindern eine Existenz aufzubauen.

Vertriebene Sudetendeutsche hätten, so Alfons Eisch bei der Führung, alte Glassätze aus ihren Heimatregionen mitgebracht, die in die Glasproduktion der Firma Eisch eingeflossen seien. In Konjunktur-Hochzeiten seien bei der Firma Eisch bis zu 200 Personen beschäftigt gewesen, aktuell zähle das Unternehmen 40 Mitarbeiter. Die Produkte gingen etwa zur Hälfte in den Export, zur Hälfte würden sie in Deutschland vermarktet. Alfons Eischs lebendige Schilderungen über die Firmengeschichte, die notwendigen Handwerkstätigkeiten und die aktuellen Kunden ergänzten Vorführungen eines Glasbläsers, der in kürzester Zeit diverse Gläser und einen gläsernen Schwan blies.

Über den Glasskulpturenpark mit interessanten Kunstwerken ging es zur Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Die Vorgängerkirche wurde 1396 im gotischen Stil fertiggestellt, die Initiative dazu war 1324 vom Seligen Hermann, einem Benediktiner aus Niederaltaich, gekommen, der damit als Gründer Frauen-

aus gilt. Als ein überaus reiches Kloster vollzog die Benediktinerabtei Niederaltaich diese Gründung.

Der Ortsname Frauenau bezieht sich auf die Gottesmutter Maria, ein Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes gehörte schon zur allerersten Marienkapelle. Die heutige Rokoko-Kirche entstand im 18. Jahrhundert und wurde 1767 eingeweiht. Ein Anbau beziehungsweise eine Erweiterung nach Westen erfolgte 1927.

Eine Darstellung in der Kirche zeigt den heiligen Gunther, der viel in Böhmen wirkte. Nicht weit von Frauenau verläuft auch der Gunthersteig, der bekannte neun Tagesetappen oder 160 Kilometer lange Pilger- und Fernwanderweg von Niederalteich zum Grenzübergang Gsenget und weiter nach Blatna.

Der Weg der Ackermänner führte hingegen nach der Kirchenbesichtigung, die mit einem Ave Maria und dem Lied „Segne, du Maria“ endete, zum Mittagessen in den Landgasthof Hubertus. Die lange und reiche Tradition des regionalen Glases mit Geschichte, Handwerk, Handel oder Verbreitung stand schließlich im Glasmuseum in vielerlei Facetten zur Besichtigung an –und Glasexponate der tschechischen Künstler Vladimír Klein und Jiří Suchý. Nach so viel gläsernen Eindrücken fand die Exkursion im Café des Museums bei einer Tasse Kaffee oder einem Glas Bier ihr Ende. Die am Vormittag besichtigte Glasmanufaktur Eisch ist übrigens Hersteller des Craft-Beer-Kelches für die Bier-Kultur-Region Niederbayern. Markus Bauer

in Zingst?

Ende September traf sich der mecklenburg-vorpommersche SL-Altkreis in Zingst.

Die Saison ist zu Ende, und so trafen wir uns wieder in Zingst, nur im „internen Kreis“, denn eingeladen hatten wir nicht wie in Vor-Corona-Zeiten via Presse, sondern nur persönlich per Telefon. Schließlich gehören wir alle zu dem besonders gefährdeten Personenkreis, und in den letzten Wochen hatten wir wieder viele Touristen aus verschiedenen Gegenden an unserer Ostseeküste.

Da von den ursprünglichen drei Trefforten Barth, RibnitzDamgarten und Zingst Barth bereits aus „biologischen Gründen“ ausgefallen war –wir sind nur noch vier – ist ein Treffen gegenwärtig auch in Ribnitz-Damgarten nicht möglich. Hier gab die Volkssolida-

rität ihr eigenes Haus auf, und kurzfristig steht dort kein anderer Treffpunkt zu Verfügung. Um so dankbarer sind wir der Gemeinde und der Volksolidarität in Zingst für die seit Jahren unverminderte Unterstützung. Nach Zingst gekommen waren neben den Heimatfreunden aus dem Einzugsbereich Darß und den Barthern wieder Edith Niepel, Heimatortsbetreuerin von Soor, aus Wismar mit einer 150 Kilometer langen Anfahrt. Lei-

der fehlten krankheitsbedingt einige Stammbesucher. Neu begrüßen konnten wir Horst Kubat aus Gablonz, von den Prerowern mitgebracht. Und so konnten wir immerhin mit elf Landsleuten an dem von den Soorern Helga Neumann und Oskar Kühnel gedeckten Kaffeetisch Platz nehmen.

Außer den üblichen Informationen war ein spezielles Programm nicht notwendig, denn nach dem etwas längeren Co-

rona-Aus gab es viel zu erzählen, die alltäglichen Tagesprobleme, deren Aufzählung sich erübrigt. Natürlich kam auch das – hoffentlich nur vorläufige –Ende unsere „Riesengebirgsheimat“ zur Sprache. Unsere „Geburtstagsfee“ – bei unserem Flächenland sind die alljährlichen schriftlichen Glückwünsche außerordentlich wichtig – und Kassiererin Edeltraud Schmidt konnte auch problemlos die coronabedingten Außenstände bei den Mitgliedsbeiträgen ausgleichen.

Und so war es wieder einmal ein rundum zufriedenes Wiedersehen unserer Landsleute. Spätestens zu Adventsbeginn wollen wir uns in Zingst wieder treffen. Hoffen wir, daß es uns doch noch gelingt, in Ribnitz-Damgarten möglichst kurzfristig eine neue Bleibe zu finden. Peter Barth

AUS DER HEIMAT VERBANDSNACHRICHTEN Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 202210 ❯ Ackermann-Gemeinde in den
❯ SL-Altkreis Nordvorpommern/Mecklenburg-Vorpommern Treffen bald nur noch
Mitglieder der Ackermann-Gemeinden aus den Diözesen Passau, Regensburg und Eichstätt in Frauenau. Bilder: Markus Bauer Glasbläser in der Frauenauerer Firma Eisch. Nach der Führung in der Frauenauer Pfarrkirche segnet Prälat Lorenz Hüttner, Geistlicher Beirat der Passauer AG, die Landsleute.
❯ Kulturverband der Südmährer in Österreich 90 Jahre
Am Kopfende Kreisobmann Peter Barth.

Reicenberger Zeitung

Eine Dreifaltigkeitskapelle und eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg

Unser Nordböhmen-Korres pondent Stanislav Beran be richtet über die Erneuerung ei ner Nischenkapelle in Friedland und eine Pilgerreise nach San tiago de Compostela im äußer sten Nordwesten Spaniens.

te Harteweg und der Friedländer Friedhof.

N

achdem die Sudetendeut schen nach 1945 vertrieben worden waren und ihr Eigen tum und ihre Heimat verloren hatten, änderte sich vieles. Viele Dörfer blieben danach ganz leer und gingen im Laufe der Zeit zu grunde. Deutsche Traditionen und Bräuche gingen in Böhmen, Mähren und Schlesien verloren. Nach der Vertreibung ging es bergab.

Die meisten sakralen Klein denkmale, die uns an die Vergan genheit erinnern sollten, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg von den neuen Siedlern absichtlich beschädigt, zerstört oder dem Verfall preisgegeben. Auch die rücksichtslosen Übergriffe wäh rend des Kommunismus hinter ließen an vielen übrig gebliebe nen Kapellen, Heiligenstatuen, Weg- und Feldkreuzen sowie Marterln ihre Spuren. Niemand wurde dafür zur Verantwortung gezogen.

Dieser Vandalismus mach te auch nicht vor der kleinen Ni schenkapelle in Friedland halt, die ursprünglich ein Dreifal tigkeitsfresko geschmückt hat te. Die Heilige Dreifaltigkeit, die Wesenseinheit Gottes in drei Personen, besteht aus Va ter, Sohn und Heiligem Geist und wird gerne als alter Mann mit Bart und dreieckigem Heili genschein, als Jesus Christus am Kreuz und als Taube dargestellt.

Seit mehr als 245 Jahren steht die Kapelle einsam und ver träumt an einem schmalen Feld weg nördlich der Stadt, der an der linken Seite der Hauptstraße liegt, die nach Wustung und wei ter nach Weigsdorf führt. In der Nähe befinden sich auch der al

Die Nischenkapelle hat ei ne lange Geschichte. Laut dem Denkmalverzeichnis der Pfar rei aus dem Jahr 1835, wurde sie von dem Geschäftsmann Bernard Voyt errichtet. An der Kapel le war die Jahreszahl der Entste hung eingemeißelt: „1776 Anno Domini“. An dem kleinen Bau werk aus Granit mit einer tiefen Rundbogennische an der Frontseite war ein geschmie detes lateinisches Kreuz befestigt.

Die Rundbo gennische flankie ren zwei Seitenpi laster mit charak teristischen Füßen und Kapitellen. An den beiden Seiten des Gewölbes liest man die Inschrift „Deus vult“, auf deutsch „Gott will“ oder „Gott verlangt“. Im oberen rechten Teil des Sockels steht die eingravierte Jahreszahl 2004. In jenem Jahr war die klei ne historische Kapelle, die sich in einem kläglichen Zustand befun den hatte, von Antonín Dočekal, Eigentümer des Grundstücks und Friedländer Unternehmer, neu aufgebaut und renoviert worden.

Nach dem Erscheinungsbild und Zeitpunkt der Entstehung ähnelt diese Kapelle der Kapelle, die Teil des Kreuzweges auf dem Kreuzberg ist. Im Laufe der Jahr zehnte konnten viele Pilger die Nischenkapelle mit dem Bild der Heiligen Dreifaltigkeit bewun dern. Noch vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs kamen die Gläubigen aus Friedland und der Umgebung und besuchten die sen heiligen Ort.

Vor der Restaurierung war die Nische der Kapelle links und rechts mit mehreren Löchern ver

sehen. In einer historischen Foto dokumentation ist festgehalten, daß es sich um Löcher gehan delt hat, in denen das originale schmiedeeiserne Schutzgitter be festigt war, bevor es verschwand. Auch das in der ursprüngli chen Kapelle angebrachte Bild der Heiligen Dreifaltigkeit ver schwand unauffindbar.

In den Nachkriegsjahren wur de auch das eiser ne Kreuz von der vergessenen Ka pelle abgebro chen. Übrig blieb nur die langsam zerfallende Ni schenkapelle, die sich damals zwi schen zwei gro ßen ausgewach senen Linden be fand. Die Linde galt im deutsch sprachigen Raum als Symbol für die Heimat.

Als einer der zwei Lindenbäume bei einem Sturm am 13. Juni 2002 umstürz te, hatte das fatale Folgen. Die daneben stehende Kapelle wur de total zerstört. Sie mußte mit Hilfe eines Krans 2003 neu auf gebaut und hergerichtet wer den. 2004 gab ihr der derzeitige Eigentümer des Grundstücks ihr heutiges Aussehen. An der Stel le, an der die umgestürzte Linde gestanden hatte, wurde später ei ne neue Linde gepflanzt.

An einem Samstag Mitte Sep tember wurde 77 Jahre nach der Vertreibung das mittlerweile re staurierte sakrale Kunstwerk ge weiht. Bei nicht gerade sonnigem Wetter spendete ihr der polni sche römisch-katholische Pfarrer der Friedländer Kirche Zur Auf findung des Heiligen Kreuzes, Grzegorz Marian Czyżewski, im Rahmen einer kleinen Feier er neut den kirchlichen Segen.

Da die ursprüngliche Aus schmückung der Kapelle nicht

erhalten geblieben war, wurde bei dieser Feier auch ein Mosaik präsentiert, das die heilige Lud milla, die erste böhmische Hei lige und die Großmutter des zu künftigen heiligen Wenzel, dar stellt. Stifterin und Schöpferin des Mosaiks ist die aus Tann wald im Kreis Gablonz stammen de Martina Josífek Zelínková. Sie hatte das Mosaik entworfen, ei genhändig angefertigt und war auch zu der Feier gekommen.

Nach der Begrüßung berichte te der Pfarrer den Versammelten vom Leben und Wirken der heili gen Ludmilla. Außerdem dankte er allen Beteiligten für die schö ne Neugestaltung der Kapelle. Zu der Wiedereinweihung wa ren rund 30 Menschen gekom men. Am Ende der Feier wurden die Gäste zu einer kleinen Erfri schung eingeladen. Martina Josífek Zelínková sagte dazu: „Es ist genau ein Jahr her, daß ich das Mosaikbild fer tiggestellt habe mit dem Wunsch, die heilige Ludmilla einer Kapel le zu schenken, zu der jeder kommen, sich da neben setzen und eine Kerze anzünden kann. Während ich auf mei nem Kickbike [Tret roller für Erwachse ne] durch die Gegend fuhr, suchte ich nach ei nem geeigneten Ort, an dem das von mir ange fertigte Mosaikbild der heiligen Ludmilla sein könnte. Ich bin glück lich, daß ich einen schö nen Ort mit Blick auf das Isergebirge gefun den habe und die hei lige Ludmilla in Fried land in Böhmen geblie ben ist.“

Ihr Verhältnis zur Kirche und zu sakra len Denkmalen prägte ein ganz persönliches Erlebnis. Sie war allei ne in Hitze, in strömen

dem Regen, bei Wind, bei Sturm und an schönen Tagen auf ihrem Kickbike namens „Weißer Rit ter“ auf dem Jakobsweg in die 3460 Kilometer entfernte spa nische Stadt Santiago de Com postela gefahren. In Santiago de Compostela sind die Gebei ne des heiligen Jakob begraben, und dort erlebte sie unglaubliche Dinge. Dieser Ort ist neben Rom und Jerusalem eine der wichtig sten Pilgerstätten im christlichen Europa.

Ihre Reise begann am 30. April 2018. Jeden Tag legte sie große Entfernungen zurück, manch mal sogar mehr als 100 Kilome ter. Die Pilgerreise wirkte auf ihren Geist und ihre Seele. Auf dem Rücken trug sie einen 29 Ki logramm schweren Rucksack, in dem sich Zelt, Schlafsack, Klei dung und ein Paar Ersatzschu he befanden. In ihrem Geldbeu tel waren nur 300 Euro. Sie über nachtete in den Pfarreien und Pilgerherbergen entlang des Pil gerwegs. Manchmal übernach

tete sie sogar bei Menschen, die sie auf ihrem Weg getroffen hatte.

Die Reise ging durch Bayern nach Konstanz, dann durch die Schweiz nach Frankreich und von dort nach Spanien. Auf dem Pilgerweg nach Spanien gelang ihr, Fotos in den sozialen Netz werken zu posten, so daß sie Tau sende von Menschen aus ganz Europa verfolgen konnten und ihr die nötige Ermutigung ga ben. Als sie ihr Ziel erreicht hat te, erfüllte sich ihr Traum, und sie umarmte die goldene Statue des heiligen Jakob, der seine schüt zende Hand über sie hielt. Die Pilgerreise dauerte 43 Tage. Am 11. Juni 2018 ging es dann mit dem Flugzeug wieder zurück in die Heimat. Das Kickbike wur de auseinandergenommen und als Luftfracht verschickt. Wohin es bei der nächsten Fahrt gehen wird, weiß sie noch nicht, obwohl sie der heilige Jakob wieder ruft.

In den letzten Jahren ver besserte sich das Verhältnis der Tschechen zu religiösen Kulturgütern deut lich. Viele der histori schen sakralen Denk male wurden renoviert und werden von den Anwohnern gepflegt.

Die heutige Entwick lung, diese geschichtli chen Orte wieder zu er wecken, ist erfreulich.

Die renovierte und neu geweihte Nischenka pelle inmitten von Wie sen und Feldern ist nun ein angenehmer und interessanter stiller Ort für Spaziergänge in die Umgebung der Stadt. Von der Kapelle haben die Wanderer und Pil ger eine schöne Aus sicht auf die umliegen de Landschaft, das Iser gebirge und auf das Friedländer Schloß.

Stanislav Beran
Blick von der Kapelle zum Schloß Friedland; die Kapelle, bevor die Linde sie 2002 zertrümmert; Pfarrer Grzegorz Marian Czyżewski weiht die wiedererrichtete Kapelle mit dem Ludmillamosaik. Bilder (5): Stanislav Beran Martina Josífek Zelínková mit ihrem Kickbike vor der Ja kobskathedrale in Santiago de Compostela. Martina Josífek Zelínkovás Mosaik „Heilige Ludmilla“.
� Friedland
Stadt und Kreis Reichenberg Kreis Deutsch Gabel Kreis Friedland Kreis Gablonz Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 2022 11 Nordböhmi [ e Um [ au Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail rz@sudeten.de

Roland Zdeněk Bulirsch †

Am 21. September starb Roland Zdeněk Bulirsch, der aus dem Kreis Reichen berg stammende Mathematiker und Träger des Großen Kulturpreises 2012, im 90. Lebensjahr im oberbayerischen Gauting.

Roland Bulirsch kam am 10. Novem ber 1932 in Reichenberg als Sohn eines tschechischen Vaters und ei ner deutschen Mutter zur Welt. Er ent stammt väterlicherseits dem „Clan“ der in tschechischen Sprachgebieten be rühmten Schriftstellerin Karolína Světlá (Ý rechts), die in ihren Romanen, Novel len und Erzählungen das Leben der bäu erlichen Bevölkerung Nordböhmens be schreibt, und ist Ehrenmitglied des Hei matvereins Karolína Světlá in Böhmisch Aicha bei Reichenberg. Er wuchs in dem heute nach Reichenberg eingemeinde ten Ort Maffersdorf-Neurode auf. In der Volksschule hatte er zunächst Schwie rigkeiten wegen seiner deutschen Mut ter, dann wurde ihm 1942 wegen seines bereits 1936 verstorbenen tschechischen Vaters der Besuch weiterführender Schulen verwehrt.

Nach Kriegsende vertrieben die Tschechen ihn mit seiner Mutter aus der Heimat. 1947 bis 1951 absolvier te er eine Ausbildung zum Maschi nenschlosser bei den Siemens-Schuk kert-Werken in Nürnberg und leg te 1951 die Facharbeiterprüfung vor der Industrie- und Handelskammer Mittelfranken ab. In den folgenden drei Jahren als Monteur für SiemensSchuckert tätig, lernte er nebenbei weiter und bestand 1954 die Reifeprüfung als Privatschüler an der Oberrealschule in Nördlingen.

Anschließend nahm er das Studium der Fä cher Mathematik und Physik an der LudwigMaximilians-Universi tät München auf. Sei ne Studienleistungen waren so überzeugend, daß er 1957 in die Stu dienstiftung des Deut schen Volkes aufge nommen wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt fi nanzierte er sein Studium durch die Montage großer elektrischer Maschi nen bei Siemens-Schuckert. 1958 wech selte er an die Technische Hochschu le München und legte dort 1959 die Di plom-Hauptprüfung für Mathematik ab. Anschließend war er als wissenschaftli che Hilfskraft am Mathematischen Insti tut tätig, wo er 1961 mit der Dissertation „Existenznachweis und Approximation von Eigenwerten und Eigenfunktionen mit Hilfe eines Differenzverfahrens bei singulären Sturm-Liouvilleschen Rand wertaufgaben“ von der Fakultät für All gemeine Wissenschaften der Techni schen Hochschule zum Doktor der Na turwissenschaften promoviert wurde.

Dies war der Anfang einer steilen aka demischen Karriere. Roland Bulirsch ha bilitierte sich an der Technischen Hoch schule München 1966 mit der Schrift „Über asymptotische Entwicklungen bei diskretisierten Eigenwertproble men“ und konnte gleich anschließend den Lehrstuhl für Höhere Mathematik und Analytische Mechanik in der Fakul tät für Allgemeine Wissenschaften ver treten. 1967 wurde er zum Hochschul dozenten ernannt, verließ aber zunächst Deutschland. 1967 bis 1969 wirkte er als Associate Professor, dann als Full Pro fessor an der University of California, San Diego. 1969 kehrte er als ordentli cher Professor für Angewandte Mathe

matik an der Universität zu Köln nach Deutschland zurück. Neben seiner dor tigen Tätigkeit arbeitete er an der opti malen Steuerung von Raumfahrzeugen am Institut für Dynamik der Flugsyste me der Deutschen Forschungs- und Ver suchsanstalt für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen.

1973 ging er als ordentlicher Profes sor für Höhere und Numerische Ma thematik an die Technische Universität München. Hier war er noch lange tätig, seit 2002 als Emeritus. Von ihm stam men entscheidende Beiträge zur Nume rischen Mathematik; er steht internatio nal in der ersten Reihe der numerischen Mathematiker, die sich mit optimaler Steuerung befassen. Anwendung finden seine Ergebnisse zum Beispiel bei der Berechnung der Flugbahnen von Raum sonden oder beim Fahrverhalten eines Automobils, das er im Auftrag der Firma Audi untersucht hat.

Bulirsch führte etliche großangeleg te Forschungsprojekte durch – zum Teil mit Partnern aus der Industrie. Un terstützt wurden diese Projekte von der Deutschen Forschungsgemeinschaft,

Leserkreis gedacht, ist das 1986 erschie nene, zusammen mit Rüdiger Seydel verfaßte Buch „Vom Regenbogen zum Farbfernsehen. Höhere Mathematik in Fallstudien aus Natur und Technik“. Ein Kritiker schrieb beim Erscheinen dieses Bandes: „Wer Erfahrung damit hat, In genieur-Studenten höhere Mathematik beizubringen, weiß um die Motivations schwierigkeiten in diesem ,schweren‘ Fach. Aus der Mathematik heraus kann man solche Studenten kaum motivieren. Das Buch leistet an dieser Stelle hervor ragende Arbeit; so kann man es nur ein ,freudiges Ereignis‘ nennen.“ Neben fachwissenschaftlichen Arbei ten hat Roland Bulirsch auch biographi sche Skizzen zu bedeutenden Mathe matikern aus seinem Umfeld verfaßt; zu nennen sind Constantin Carathéodory, Wilhelm Kutta und Alfred Pringsheim, der Schwiegervater von Thomas Mann.

Für seine wissenschaftliche Arbeit wurde Roland Bulirsch vielfach ausge zeichnet. 1990 wurde er zum ordent lichen Mitglied der Academia Scien tiarum et Artium Europaea in Salzburg berufen, 1991 zum ordentlichen Mit glied der Mathematisch-Naturwis senschaftlichen Klasse der Bayeri schen Akademie der Wissenschaften, als deren Sekretar er von 1998 bis 2010 amtierte. Er war außerdem Vorsitzen der der Akademiekommission zur Herausgabe der Werke von Johannes Kepler. Seit 1996 war er Active Mem ber der New York Academy of Sci ences und seit 1999 ordentliches Mit glied der Naturwissenschaftlichen Klasse der Sudetendeutschen Akade mie der Wissenschaften und Künste.

2012 gratuliert der Geschich tenerzähler Otfried Preußler (1923–2013) seinem Reichen berger Landsmann zum Gro ßen Kulturpreis der SL.

vom Bayerischen For schungsverbund für tech nisch-wissenschaftliches Hochleistungsrechnen, vom Bayerischen For schungsverbund für me dizinische Bildgebung und Bildverarbeitung und vom Bundesmini sterium für Bildung und Forschung. Seine Ergebnisse machte er auch in wissenschaftlichen Filmen der Öffentlichkeit zugänglich.

Bei dieser Forschungserfahrung ist es nicht verwunderlich, daß Bulirsch in hochrangige Gremien der Wissen schaftsorganisation berufen wurde. Von 1980 bis 1988 war er Gewählter Fachgut achter und Vorsitzender des Fachgut achterausschusses der Deutschen For schungsgemeinschaft, von 1983 bis 1988 Mitglied des Auswahlausschusses der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, von 1998 bis 2001 Senator der Technischen Universität München. Ab 1991 war er „Scientific Advisor“ der Deutsch-Israe lischen Stiftung für wissenschaftliche Forschung und Entwicklung (GIF). Er war Mitherausgeber der Fachzeitschrif ten „Numerische Mathematik“, „Jour nal of Optimization Theory and Applica tions“ und „Mathematical Modelling“.

Ganz besonders zu loben war Ro land Bulirschs Fähigkeit, die Studenten zu fesseln und die Mitarbeiter zu hohen Leistungen anzuspornen. Er hielt ver ständliche, aber trotzdem exakte Vor lesungen und faszinierende öffentliche Vorträge. Von seinen Büchern ist vor al lem das zusammen mit Josef Stoer ver faßte, ins Englische, Italienische, Polni sche und Chinesische übersetzte Werk „Einführung in die numerische Mathe matik II“ zu nennen. Für einen breiteren

Die Würde eines Ehrendoktors wur de ihm verliehen von der Universi tät Hamburg (1991), der Technischen Universität in seiner Heimatstadt Rei chenberg (2000), der Technischen Hochschule Athen (2001) und der Vietnamesischen Akademie der Wis senschaften und Technologie in Hanoi (2004).

Aus sudetendeutscher Sicht sind die Verleihung der Verdienstmedail le der Union Tschechischer Mathema tiker und Physiker und der Gedenkme daille der Karls-Universität Prag (1997) sowie der Liebieg-Medaille für Kunst und Wissenschaft des ehemaligen böh mischen Kreises Reichenberg (1999) und der Ritter-von-Gerstner-Medail le (2003) zu erwähnen. 1998 wurde er mit dem Maximiliansorden für Wis senschaft und Kunst – dem „Baye rischen Nobelpreis“ – ausgezeichnet.

2012 zeichnete die Sudetendeutsche Landsmannschaft ihn mit ihrem Gro ßen Kulturpreis aus. In seiner Dankre de sagte er damals: „1947, vor 65 Jah ren, kam ich als 15jähriger in das völlig zerstörte und zerschlagene Nürnberg. Bei den Siemens-Schuckert-Werken, oder was davon noch übrig war, sollte ich zum Maschinenschlosser ausgebil det werden, damals ein großes Privileg.

Zehn Jahre lang lebte ich als SchuckertMonteur in der Stadt. Nach der Aus weisung aus der Tschechoslowakei war – nach Reichenberg und Böhmen –das kaputte Nürnberg zu meiner zwei ten, der neuen, Heimat geworden. Die Bilder der zerstörten Stadt sind in mein Gedächtnis eingebrannt, unauslöschlich.

Die Lage damals und die heutige Ver leihung – alles in derselben Stadt: Das ist unbegreiflich, hat etwas Unwirkli ches, Irreales, ist rational kaum faßbar.

Und doch verbirgt sich dahinter Wahr heit.

Die Wahrheit der alten rabbini schen Weisheit: ,Zukunft hat eine lange Vergangenheit.‘“ rf/nh

Karolína Světlá

Johanna Mužáková/Rottová (* 24. Fe bruar 1830 in Prag, † 7. September 1899 ebenda) war eine tschechische Schrift stellerin, die unter dem Pseudonym Ka rolína Světlá publizierte. Sie war Mit glied der Autorengruppe Májovci und hat als Begründerin des tschechisch sprachigen Romanes im 19. Jahrhun dert literarhistorische Bedeutung. Ihr Leben und Werk wurden von ih ren Freundschaften mit Jan Neruda, Božena Němcová und George Sand be einflußt. Außerdem versuchte sie, die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu verbessern.

lang jeden Sommer fuhr. In ihr charakte risierte sie die Leute auf dem Land und klärte gleichzeitig moralische Fragen, die sie für wichtig erachtete. Die größ te Aufmerksamkeit widmete sie der Be ziehung zwischen Mann und Frau. Ihre Helden sind immer Frauen, die ethisch und moralisch stark sind. Diese Frauen opfern ihre Liebe höheren Idealen. Die Heldinnen sind mit ihrem Leben unzu frieden und finden kein Glück. An ih ren Gestalten demonstriert Světlá ihre Grundidee: Wahres Glück erreicht man nicht, wenn man die Moral mißachtet.

J

ohanna Rottovás Schwester Sofie Pod lipská/Rottová (183–1897) war eben falls Schriftstellerin und darüber hinaus Übersetzerin. Ihr Bruder hieß Jindřich Rott (1837–1906). Mit der bekannten Prager Eisenwarenhändlerfamilie V. J. Rott verbindet sie der gemeinsame Ur großvater Jakub Rott (1718–1779), Va ter von 17 Kindern: acht aus der er sten, neun aus der zweiten Ehe. Aus Jakubs zweiter Ehe mit Alžběta Lorenzová stamm te der Großvater der drei Geschwister, Eustach Antonín Rott.

Johanna Rottová hat te, wie alle Mitglieder der verzweigten Familie Rott, eine umfassende Allgemeinbildung, au ßer Deutsch und Tsche chisch sprach sie auch Französisch. Sie schloß sich in jungen Jahren der tsche chischen Nationalbewegung an. 1852 heiratete sie ihren Klavierlehrer, den späteren Realschul-Professor Petr Mužák. Der führte sie in die Künstler kreise der tschechischen Gesellschaft ein, wo sie mit Božena Němcová be kannt wurde.

Ihr literarisches Schaffen begann En de der 1850er Jahre, nachdem sie eine durch den Tod ihres einzigen Kindes, der 1853 geborenen Tochter Boženka, ver ursachte Lebenskrise überstanden hat te. Der Geburtsort ihres Mannes, Světlá pod Ještědem/Swetla am Südhang des Jeschken nahe Böhmisch Aicha, diente als Inspiration für ihr Pseudonym, und das Leben im Jeschkengebirge, wohin sie im Sommer fuhr, als Inspiration für ihr Schaffen. Ab 1878 litt sie unter einer Augenerkrankung und mußte ihre Tex te diktieren. Ihre Sekretärin und Ge sellschafterin war ihre Nichte Anežka Čermáková-Sluková.

Karolina Světlá war Mitglied eini ger Emanzipationsvereine. 1871 grün dete sie den Tschechischen Frauenaus bildungsverein (Ženský výrobní spolek český), den sie einige Jahre leitete. Sein Zweck war die Unterstützung von Mäd chen aus armen Familien durch Ausbil dung und Arbeit. Außerdem war sie Mit begründerin des American Ladies‘ Club. Sie war auch Redakteurin, ihr Hauptthe ma war die Stellung der Frau in der Ge sellschaft. Ihre Erzählung „Hubička“ oder „Der Kuß“ diente Bedřich Smetana als Vorlage für die gleichnamige Oper. Großen Einfluß übte Božena Němcová (1820–1862) auf sie aus. Wenn Světlá in ihren Werken auf soziale Thema an spielte, was sie vergleichsweise häu fig tat, betrachtete sie Dienstmädchen als Familienmitglieder. Anfangs schrieb sie über das Prager Bürgertum, aus dem sie stammte. Sie schuf mehrfach Prager Prosa, aber diese war nicht so erfolg reich wie ihre ländliche Prosa.

„První Češka“ erschien 1861 und ist ein Roman über die schwierige Umset zung des tschechischen Pa triotismus in der deutsch dominierten Prager Gesell schaft. „Černý Petříček“ er schien 1871 und schildert das Leben eines Pferdehändlers auf dem Markt im alten Prag. „Zvonečková královna“ oder „Die Glockenkönigin“ von 1872 ist ein Roman mit einer deutlichen antikatholischen Tendenz. „Upomínky“ (1974) behandelt ihr Leben und das einer typischen Prager Fami lie in den 30er und 40er Jah ren des 19. Jahrhunderts.

Ihre berühmteste Prosa, ihre Jeschkenprosa, entstand in Gabel – ab 1901 Deutsch

wohin sie 30 Jahre

Die folgenden fünf Romane werden als Jeschkenromane bezeichnet. In die sen Romanen steht die dörfliche Gesell schaft auf einer höheren ethischen Stufe als das Prager Bürgertum.

„Vesnický román“ oder „Dorfroman“ (1867) schildert die Tragödie einer Ehe ohne Liebe. Antoš Jirovec, der auf ei nem Schulzenhof arbeitet, heiratet nach dem Tod des Dorfschulzen dessen Wit we. Diese versucht, Antoš zu gefallen, aber der hat wegen der Arbeit auf dem Gut keine Zeit für sie. Sie glaubt, er habe eine ande re Frau, und verdingt die Magd Sylva, dies heraus zubekommen. Als die Herrin den Hof verläßt, damit sie nicht von ih ren Kindern mit Pocken angesteckt wird, sorgt sich Sylva um die Kinder und um Antoš. Die Her rin stirbt, dennoch kann Sylva Antoš nicht heiraten, weil sie der Herrin vor deren Tod versprochen hatte, daß Antoš ihr, der Herrin, treu bleibe.

„Kříž u potoka“ erscheint 1868. Die Heldin Eva kämpft für Gleichberechti gung. Doch schließlich opfert sie ihre große Liebe, um damit ihren Mann zu schützen.

„Kantůrčice“ (1869) behandelt das Problem der Stellung der Frau in der Gesellschaft.

„Frantina“ (1870) ist Titel und der Name der gewählte Dorfschulzin. Im Anführer der Wilderer erkennt sie ihren Auserwählten und richtet ihn selbst hin.

„Nemodlenec“ (1873) wendet sich gegen den katholischen Glaubenseifer und die Relativierung der Werte. Světlá selbst verteidigte und feierte oft in ihren Werken die Angehörigen der evangeli schen Brüdergemeine.

„Der Kuß und andere Geschichten aus dem Jeschkengebirge“ ist ein Band mit Kurzgeschichten. Doch an die Be deutung von „Der Kuß“ kommen die anderen Geschichten nicht heran. Die se Erzählung bearbeitete Eliška Krásno horská als Libretto für die gleichnami ge Oper von Smetana. Der junge Bur sche Lukáš heiratet eine Frau, ohne sie zu lieben. Er denkt aber weiter an seine Liebste Vendulka. Nach dem Tod seiner Frau will er Vendulka heiraten, aber die se lehnt einen vorehelichen Kuß damit ab, daß das seine Frau verdrießen wür de. Lukáš beginnt, sie zu necken, und sie flieht zu ihrer Tante, die mit gepasch ter Ware hehlt. Lukáš sucht sie, und nach langer Zeit findet er sie. Vendulka küßt ihn dann, und sie heiraten.

Außer diesen Büchern schrieb Světlá zahlreiche Erzählungen, die in vielen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Ih re umfangreiche Korrespondenz mit ih rer Schwester Sofie Podlipská, ihrer jun gen Freundin Eliška Krásnohorska so wie Jan Neruda ist erhalten geblieben. In Böhmisch Aicha wurde 1919 das Re gionalmuseum nach ihr benannt und beherbergt ihren Nachlaß. nh

Gabel –
REICHENBERGER ZEITUNG Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 202212
Pfingstfreitag 2012 in Nürnberg: Volksgruppenspecher Bernd Posselt und Bayerns Schirmherrschaftsministerin Christine Haderthauer zeichnen Professor Dr. Dr. h. c. mult. Roland Zdeněk Bulirsch mit dem Großen Sudetendeutschen Kulturpreis aus. Bilder: Herbert Fischer
Karolína-Světlá-Denkmal in Swetla unter dem Jeschken.
� Träger des Großen Kulturpreises der SL
� Begründerin des tschechischsprachigen Romans

Zehn junge Leute aus sieben Ländern

Erinnern, verstehen, versöhnen ist das Ziel des Projekts „KZ Rabstein“, das Ende August bis Anfang September auf dem Gelände des ehemaligen Zwangsarbeiter- und Konzentrationslagers Rabstein (➞ RZ 15/2020 und 41/2021 sowie HR 44/2020 und 45/2020) bei Böhmisch Kamnitz im ehemaligen Kreis Tetschen-Bodenbach stattfand.

Die Industrialisierung begann im 19. Jahrhundert. Damals entstanden auch im Sudetenland Fabriken wie Franz Preidls Textilfabrik im Rabsteiner Tal, die es zu beachtlichem Ansehen brachten. Außer dem traditionellen Leinengewebe stellten sie nämlich auch englische Baumwollstoffe her, so daß man bereits von einem Böhmischen Manchester sprach.

1938 wurde das Sudetenlandes an das Deutsche Reich angeschlossen, die Fabrikanlagen im Zweiten Weltkrieg enteignet und den Weser-Flugzeugwerken in Bremen übertragen. Wegen der günstigen strategischen Lage –umringt von hohen Felsen – begann man, in die Felsen Fabrikhallen zu schlagen zur Fertigung von Flugzeugteilen für die Rüstungsindustrie, zum Beispiel für das Sturzkampfflugzeug (Stuka) von Junkers. Die Fabrikhallen waren bis zu zwölf Meter hoch, vier Kilometer lang und sollten 80 000 Quadratmeter groß werden. Für den Bau der Fabrikhallen und die Fertigung wurden tausende Zwangsarbeiter rekrutiert und Häftlinge aus verschiedenen Konzentrationslagern in ein Außenlager des KZ Flossenbürg in Rabstein gebracht. Die Lagerbedingungen waren hart, und man weiß, daß 59 Häftlinge umkamen. Nach Kriegsende errichtete der tschechoslowakische Staat ein Mahnmal zu ihrem Andenken.

Bei Kriegsende im Mai 1945 übernahmen die Tschechen Arbeitslager und KZ. Dort sperrten sie nun die deutsche Bevölkerung ein und geißelten sie. Zahlreiche Erlebnisberichte und ein Buch von Petr Joza dokumentieren das. Weitere Belege sind die Unterlagen im Kuhn-Prozeß Ende der 1940er Jahre in Bremen, bei dem ein deutscher Kollaborateur wegen 24 Morden in Rabstein zu lebenslangem Zuchthaus

verurteilt wurde. Über diese Zeit herrschte in der Tschechoslowakei jahrelanges Schweigen. Erst mit dem Zerfall des Warschauer Pakts und unter Präsident Václav Havel fing man an, die Zeit nach dem Mai 1945 zu erforschen.

Man erkundete die ehemals deutschen Gebiete, und wohl situierte Prager Bürger kauften Grundstücke, restaurierten Häuser für Ferienaufenthalte und man fing an, sich für die Historie zu interessieren. Langsam wuchs das Interesse für das Leben vor 1945, man erforschte die Vergangenheit und dokumentierte sie sogar in Büchern mit akribischer Genauigkeit wie in „Die Region unterhalb des Kaltenberges im Wandel der Zeit“ – eine Liebeserklärung an die Region von Jitka Tůmová und Hana Slavíčková.

Parallel wagten nach der Wende auch ehemalige Kamnitzer ihre Heimat wieder zu entdecken oder zu besuchen. Man wählte zu den alljährlichen Treffen den 8. September, an dem einst die Wallfahrt zur Kamnitzer Marienkapelle stattgefunden hatte. Diese barocke Wallfahrtskirche, erbaut 1736 bis 1739, ist eine besondere Zierde der Stadt. Als Initiator dieser Treffen ist besonders Oswald Kittel aus Suhl hervorzuheben, der auch heute noch mit 93 Jahren zu den jährlichen Treffen der Zeitzeugen und zur 1992 auferstandenen Wallfahrt kommt – die heute wieder einem Volksfest gleicht – das die Stadt Böhmisch Kamnitz organisiert.

Mittlerweile hat sich dieses Treffen zu Zeitzeugengesprächen weiterentwickelt, die das gegenseitige Verstehen fördern. Sie gehen zurück auf eine tschechische Initiative. Zu den Prager Neubürgern dieser Region gehört Alena Švejdová, Vize-Direktorin des Prager Gymnasiums English College mit Schülern aus aller Welt. Dieses staatlich an-

erkannte Privatgymnasium hatten Václav Havel, Karl Schwarzenberg und der damalige Prinz Charles Anfang der 1990er Jahre gegründet. Švejdová erkannte die Brisanz der Historie dieser Gegend, und man entwickelte das Projekt „Geschichte lebendig erleben“ für den Geschichtsunterricht der 11. Klasse. Das Projekt sieht Diskussionen der Schüler mit Zeitzeugen vor, die

vertraut und leitete die Arbeiten auf dem Gelände. Er legte mit den Jugendlichen die Fundamente und die Eingänge eines Kellers frei, den die Tschechen nachweislich als Folterkeller benutzt hatten und in dem Inhaftierte umkamen. Sie befreiten den Innenraum von Erde und Gestrüpp, denn über ihn war im wahrsten Sinne des Wortes Gras gewachsen.

Wie geschrieben, soll dieser Keller eine Gedenkstätte werden.

Auf ihm soll ein „Educational Center“ errichtet werden, in dem die Geschichte der Umgebung in allen Zeitepochen dokumentiert werden soll. Besser könnte Versöhnung nicht sichtbar werden.

man die weiteren Arbeiten zur Errichtung des Zentrums in der Verantwortung der Stadtverwaltung von Böhmisch Kamnitz planen und ausführen. Die Stadt benötigt hierzu die Unterstützung von Kreis und Land.

Nach dem Arbeitseinsatz fand wieder das Treffen mit den Prager Schülern und den Zeitzeugen im alten Rathaus von Böhmisch Kamnitz statt. Jan Papajanovský begrüßte seine Gäste und stellte wieder Räume für die Zeitzeugengespräche zur Verfügung.

Anschließend gedachte man am Rabsteiner Mahnmal in einer Feierstunde der Opfer beider Seiten. Michael Müller, der deutsche Vorfahren hat und heute in dieser Gegend lebt, untermalte das Gedenken mit seiner Zither. Er schilderte auch seine Erlebnisse und die seiner Eltern, die nach 1945 großen Repressalien ausgesetzt waren. Damals sei die Zither als „habsburgisches“ Instrument verpönt gewesen. Dennoch habe er heimlich Zither spielen gelernt und in Wien studiert. Er freue sich, daß nun der Weg der Versöhnung beschritten werde.

Bürgermeister bleibt

Bei den tschechischen Kommunalwahlen am vorvergangenen Wochenende verteidigte Jan Papajanovský erfolgreich sein Amt als Bürgermeister von Böhmisch Kamnitz.

die Zeit um 1945 noch selbst erlebten oder aus Erzählungen ihrer Eltern das Ankommen in der „neuen Heimat“ kennen.

Zu diesem Zeitzeugenkreis gehöre auch ich. Als Fünfjährige war ich mit meiner Mutter in Rabstein für mehrere Monate inhaftiert. Meine Schilderungen rufen bei den Schülern immer besondere Emotionen hervor. Die Gespräche mit Schülern und Lehrern sind spannend und finden nun schon seit fünf Jahren in Böhmisch Kamnitz statt. Zum Programm gehört immer ein Besuch auf dem Gelände des ehemaligen Arbeitslagers und KZ Rabstein mit Besichtigung der Fabrikhallen sowie der Ehrung der Toten auf beiden Seiten. Die Betonung liegt auf „beiden Seiten“, denn Ziel ist, auch eine Gedenkstätte für die Opfer nach 1945 zu errichten.

Dafür zeigt sich auch der Böhmisch Kamnitzer Bürgermeister Jan Papajanovský (➝ rechts) aufgeschlossen. Er unterstützt die Initiativen von uns Zeitzeugen und dem Prager Gymnasium. Er schlug vor, jährlich ein „JugendArbeits-Camp“ auf dem Gelände in Rabstein zu organisieren. Seine Idee ist, Jugendliche aus Deutschland, der Tschechischen Republik und anderen europäischen Ländern zusammenzuführen, um gemeinsam Geschichte und Gegenwart der Region zu erfahren und gemeinsam auf dem Gelände zu arbeiten.

Auch 2021 war das Projekt international ausgeschrieben und fünf Jugendliche aus Spanien, Italien und Deutschland trafen sich damals in Rabstein. Professor Helmut Schmidt aus dem Kreis der Zeitzeugen betreute die Gruppe, machte sie mit der Geschichte der Umgebung

Auch der diesjährige Arbeitseinsatz fand unter Schmidts Ägide statt. Die zehn Teilnehmer stammten aus der Tschechischen Republik, Mexiko, Japan, Griechenland, Spanien, Belgien und Deutschland, was die Motivation der Gruppe nicht gerade einfach machte. Dennoch gelang heuer, die Arbeiten am Keller voranzubringen.

Zunächst wurde die Kellerdecke freigelegt, die mit einem starken Bewuchs verschiedener Grasarten und Brombeeren bereits eine Humusschicht von 10 bis 20 Zentimetern gebildet hatte. Damit begannen die Vorbereitungen für eine Bodenplatte für das Educational Centre. Ein Wetterschutz wurde gefertigt und in der Kellerdecke verankert. Schmidt hatte für das gemeinsame Arbeiten mit den Jugendlichen seine eigenen Werkzeuge wie Akku-Bohrmaschinen, elektrische Stichsägen oder einen transportablen Stromgenerator mitgebracht. Die Stadt hatte das Bauholz zur Verfügung gestellt.

Zum Schluß wurde als Nässeschutz eine Folie über den Keller gelegt und diese mit Latten auf dem Boden befestigt. Nun kann

Die Schüler legten Blumen an beiden Gedenkstätten nieder und entzündeten Kerzen. Zum Schluß säuberten und strichen sie den Zaun, der die Gedenkstätte der Zwangsarbeiter umschließt und eine Wartung nötig hatte.

Auf Einladung des Gymnasiums in Böhmisch Kamnitz schilderten wir Zeitzeugen unsere Erlebnisse den dortigen Schülern und Lehrern, die mit großem Interesse zuhörten und zum Dialog bereit waren. Wir betonten, wie wichtig die Verständigung für das Miteinander im vereinten Europa sei und daß Nationalismus noch nie und nirgends zu etwas Gutem geführt habe. Gerade auch im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine.

Das Projekt Böhmisch Kamnitz und Rabstein hat viele Väter und Mütter und inzwischen auch Kinder. Es ist ein gutes Beispiel für den Weg der Versöhnung. Deshalb förderte das Bundesministerium des Inneren und für Heimat nach einem Beschluß des Bundestages den Arbeitseinsatz in Rabstein und die Zeitzeugengespräche in Böhmisch Kamnitz.

Sieglinde Vendolsky

A

n der Kommunalwahl nahmen 43,17 Prozent der Wahlberechtigten von Böhmisch Kamnitz teil. Davon wählten 63 Prozent die Koalice pro Kamenici (KpK), die Koalition für Kamnitz, für die Jan Papajanovský angetreten war. Der Stadtrat besteht aus 21 Stadträten, 14 stellt die KpK.

Als Jan Papajanovský 2018 zum ersten Mal Bürgermeister wurde, war er noch Student und mit 23 Jahren der jüngste Bürgermeister auf tschechischem Boden. Mittlerweile ist er promovierter Rechtsanwalt und lebt im Kamnitzer Stadtteil Henne/ Huníkov. Bevor er Bürgermeister geworden war, war er Analyst im Finanzministerium und Lehrer an Grund- und weiterführenden Schulen.

Jan Papajanovský: „Ich denke, wir haben im Rathaus ein gutes Team zusammengestellt, und meine Kollegen und ich müssen uns nicht schämen. Wir haben der Stadt einen guten Start ermöglicht. Wir investieren viel, entwickeln Kultur, Tourismus und Sport und wir halten die Stadtkasse in bester Verfassung.“ Und etwas Persönliches: „Ich bin noch ledig und kinderlos, meine Freundin lebt in Prag. Meine Hobbies sind Laufen, Radfahren, Schwimmen und Bergwandern.“

„Daß der sehr aufgeschlossene Jan Papajanovský mit einer satten Mehrheit wiedergewählt wurde, freut uns sehr. Wir werden die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der Stadt fortsetzen: geschichtsbewußt, den Bürgern der Stadt zugewandt und mit konkreten Projekten der Verständigung“, sagt der 1943 in Böhmisch Kamnitz geborene Helmut Schmidt. nh

KREIS DEUTSCH GABEL

Heimatkreis und Gemeindebetreuer gratulieren den treuen Abonnenten aus dem Kreis Deutsch Gabel, die im Oktober Geburtstag feiern oder einen Verstorbenen beklagen, und wünschen alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen.

■ Deutsch Gabel – Geburtstag: Am 26. Burgl Krippner/ Kretschmer (Niemeser Straße 195), Eisenmannstraße 13, 87730 Bad Grönenbach, 87 Jahre. Othmar Zinner Helga Hecht

■ Hennersdorf – Geburtstag: Am 13. Christa Trappmann/Glathe (Haus-Nr. 20), Feldstraße 82, 47918 Tönisvorst, 86 Jahre. Rosl Machtolf

REICHENBERGER ZEITUNGSudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 2022 13
Beim Arbeitseinsatz: zehn Jugendliche aus der Tschechischen Republik, Mexiko, Japan, Griechenland, Spanien, Belgien und Deutschland. Bilder: Helmut Schmidt Blick auf Jan Papajanovský im Bürgermeisterbüro und durch das Rathausfenster auf den Friedensplatz.
Arbeitseinsatz auf dem Folterkeller. Der vor Nässe geschützte Folterkeller. ❯ Rabstein bei Böhmisch Kamnitz im ehemaligen Kreis Tetschen-Bodenbach
❯ Böhmisch Kamnitz
Das tschechische Mahnmal in Rabstein gedenkt der Opfer des Faschismus von 1939 bis 1945.

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin –Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux –Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Tele fon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard.spacek@gmx.de Redaktionsschluß:

Wer

Nach 29 Jahren verloren die Bürgerdemokraten (ODS), die bis 2018 von Oberbürgermeister Jaroslav Kubera († 2020) in Te plitz vertreten wurde, ihre Füh rung an die Andrej-Babiš-Partei ANO. Jutta Benešová berichtet.

l Die Wahlbeteiligung lag bei 34,14 Prozent.

l Die Bewegung ANO des ehemaligen Premiers Andrej Babiš errang mit 29,85 Prozent neun Mandate.

l ODS und TOP 09 erhiel ten zusammen mit 27,69 Prozent acht Mandate.

l Volba pro! Teplice (Wahl für! Teplitz) erhielt mit 19,74 Pro zent fünf Mandate.

Die Sage vom Rabenhaus

Ernst Höhnes Vorfahren ver standen sich auf die Kunst des Heilens. Und der Ruf ihrer heilkräftigen Kräuter, welche ein Geheimnis der Familie blieben, drang bis nach Sachsen hinüber. Erst nachdem die neueren Besit zer Bier statt Tee ausschenkten, wich der geheimnisvolle Zau ber von dem einsamen Gehöft im

Wald, und man begegnete nun fröhlich durstigen Touristen.

Der Sage nach soll das uralte Gehöft schon vor 1126 gestanden haben. Dort soll eine alte Frau, die als Kräuterhexe verrufen war, mit einem Mädchen gelebt, das ihr half, Kräuter zu sammeln und zu mischen. Die Sage berichtet, daß dieses Mädchen die Schwes-

ter von Ritter Sobieslav gewesen sei, die einst von der Hexe ent führt worden sei.

Nach der Schlacht zwischen dem böhmischen Herzog Sobies lav und dem deutschen Kaiser Lothar III. bei Kulm fand angeb lich die Versöhnung der beiden Herrscher gerade dort im Raben haus statt, wobei der Herzog sei ne Schwester wiedererkannt ha ben soll. Die Hexe endete der Sa ge nach auf dem Scheiterhaufen.

Das Rabenhaus, das viele Jahrhunderte überstanden hatte, wurde nach dem Zweiten Welt krieg abgerissen und die Be wohner vertrieben. Höhne erin nert sich noch, daß er als Kind im Schein einer Petroleumlam pe spielte. Damals gab es im Ra benhaus keinen elektrischen Strom.

Auch die beiden Königswal der Alfred Hiebsch und Rei ner Runge, der ebenfalls ein Er innerungsstück gespendet hat te, kamen zu der Versteigerung. Beide sind treue Mitglieder der Heimatgemeinschaft PeterswaldKönigswald und waren Renate von Babkas Einladung gefolgt. Hiebsch haben wir auch die Idee zur Veröffentlichung einer einzigartigen Publikation mit al ten Ansichtskarten von Königs wald zu verdanken, welche Hei matforscher Jiří Daňhel zusam men mit Privatsammlern und dem Museum in Aussig zusam menstellte. Der Deutsch-Tsche chische Zukunftsfonds und die Gemeinde Königswald unter stützten dies finanziell.

Das Buch zeigt Fotographien von Königswald in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg: Eine Ge meinde mit über 20 Gasthäusern, mit zahlreichen kleinen Händ lern und Handwerkern sowie ei ner umfangreichen Industrie, deren Einfluß weit die Grenzen der Gemeinde, sogar der dama ligen Tschechoslowakei, über schritt. Dies dient zum Gedenken an die Einwohner, deren Famili en in dieser Gegend lange vor den Ereignissen des turbulenten 20. Jahrhunderts lebten.

Jutta Benešová

l Die SPD des rechtspopuli stischen Tomio Okamura erhielt mit 14,33 Prozent vier Mandate;

l Zdraví Sport Prosperita (Gesundheit Sport Wohlstand), erhielt mit 5,5 Prozent ein Man dat.

l Die Kommunistische Partei blieb mit 2,88 Prozent unter der Fünf-Prozent-Hürde.

In der letzten Wahlperiode 2018 bis 2022 hatte Hynek Han za (ODS) als Oberbürgermeister die Führung der Stadt in Koaliti on mit ANO übernommen.

Über das Wahlergebnis sag te Hanza, der gegenwärtig auch Mitglied des Senats der Tsche chischen Republik ist: „Die Ko alition mit ANO hat in den vor hergehenden Jahren gut funktio niert, auch wenn es nicht immer einfach war. Die Aufgabe für die nächsten Jahre besteht darin, das fortzusetzen, was wir begonnen haben. Wir hatten eine mittelfri stige Strategie erstellt, so daß ei ne große Anzahl von Projekten läuft, die es fortzusetzen gilt. Na türlich freue ich mich nicht, nur den zweiten Platz errungen zu haben.“

In den letzten vier Jahren blieb die Stadt unter ODS-Füh rung schuldenfrei, wie viele Jah re zuvor auch unter Jaroslav Ku bera, und verfügt weiterhin über einen positiven Saldo. Eine Ko alition mit der rechtspopulisti schen SPD lehnt Hanza ab. Jiří Stábl (ANO), der bisherige Stell

vertretende Oberbürgermeister der nun siegreichen Bewegung ANO, äußerte sich folgender maßen über das Wahlergebnis: „Ich hatte auf ein gutes Ergebnis gehofft, allerdings nicht erwar tet, daß wir die Spitze erreichen. Es ist noch zu früh, um über ei ne Koalition zu entscheiden. Ich denke aber, daß die bisherige Führung der Stadt gut funktio niert hat. Wir sind bereit, mit al len demokratischen Vertretern zu verhandeln.“ Über die Stelle des zukünftigen Oberbürgermei sters wolle er noch nichts sagen.

Als drittstärkste Partei konnte sich Volba Pro! Teplice mit dem bekannten Direktor des Teplitzer Gymnasiums, Zdeněk Bergman, und weiteren Mitgliedern des öffentlichen Lebens in Teplitz durchsetzen. In der Region Aus sig beteiligten sich etwa 40 Pro

zent der annähernd 100 000 Wäh ler an den Wahlen. Die geringste Beteiligung war in Kostenblatt, wo nur 29 Prozent der Wahlbe rechtigten ihre Stimme abgaben.

Eine Rekordbeteiligung konnte Moldau mit einer Teilnahme von 80 Prozent verzeichnen. Dabei gewann Tomio Okamuras Partei SPD, welcher es in der vergange nen Wahlperiode gelungen war, einen staatlichen Zuschuß von umgerechnet zwei Millionen Eu ro zur Erneuerung des Bahnhofes von Moldau zu vereiteln.

Das Wahlergebnis wirft Zwei fel auf. Zwei der vier Parteien wollen bei Gericht eine Überprü fung beantragen. Sie glauben, die Wahlen seien manipuliert worden. Kurz vor den Wahlen hatten sich 30 Personen unter der selben Adresse in der 170-See len-Gemeinde Moldau angemel det und in die Wahllisten ein tragen lassen, um damit die Wählerschaft der SPD zu ver stärken.

In Graupen hatte Zdeněk Matouš als Sozialdemokrat mit der Bewegung Společně pro Krupku (Gemeinsam für Graupen) dieselbe Anzahl Mandate wie ANO erhalten: fünf. Nun liegt es an der Koali tionsbereitschaft der übrigen Wahlparteien, ob Matouš im Amt bleibt.

Gericht hat

ihn von dem Verdacht un lauterer Geschäfte mit Grund stücken freigesprochen.

Dux Ossegg Ladowitz Klostergrab Bilin Teplitz-Schönau Graupen Niklasberg
Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de 14 Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 2022 � Königswald – Teil II und Ende
Die Reste des Rabenhauses. Bilder:
Jutta
Benešová
Reiner Runge und Alfred Hiebsch bei der Königswalder Auktion.
Das
te
� Kommunalwahlen in Teplitz-Schönau
wird Oberbürgermeister? WIR GRATULIEREN Unseren Heimatruf-Abonnenten herzliche Glückund Segenswünsche zum Geburtstag im Oktober: n Bilin. Wolfgang Hilgers, Schreiberweg 5, A-1090 Wien, 26. Oktober 1931. n Klostergrab, Grundmühlen, Janegg-Krins dorf, Janegg-Wernsdorf/Kreis Dux. Christa De dek/Löwe, Zschernitzer Weg 6a, 04509 Wiedemar, 11. Oktober 1941. n Tischau/Kreis Teplitz-Schönau. Gretl Hof mann/Andörfer, Philipp-Müller-Straße 57, 15344 Strausberg, 31. Oktober 1932. Oberbürgermeister Hynek Hanza und sein Stellvertreter Jiří Štábl. Die Wahlergebnisse der Teplitzer Kommunalwahlen. Wer die Publikation „Königswald, Fotografien, zusammengestellt von Ra dek Kozlík und Jiří Daňhel“ mit historischen Fotos von Königswald gerne kaufen möchte, kann sich an Renate von Babka wenden unter der eMail re natevonbabka@web.de. Sie schickt Ihnen das Buch für den Kaufpreis von 6,00 Euro plus Portogebühren zu.

Franz Tausch und Jakob Lenz

Stefan Stippler, Ortsbetreuer von Hostau, schildert die Geschichte Hostaus anhand des zweiten Memorabilienbuches der Hostauer Dechantei für die Jahre 1836 bis 1938. Hier der Teil seiner Arbeit über die Pfarrer Franz Tausch (1780–1847) und Jakob Lenz (1801–1863).

Franz Tauschs Amtsantritt

ist am 26. November 1840.

Die Eintragungen über die Zeit Tauschs in Hostau beginnen und enden mit einer Statistik über die Jahre 1840 bis 1844 über Taufen, Eheschließungen und Verstorbene. 1840 gab es 76 Taufen, neun Hochzeiten, 75 Todesfälle und insgesamt 1633 Seelen. 1841 gab es 71 Taufen, 17 Hochzeiten, 71 Todesfälle und 1657 Seelen. 1842 gab es 68 Taufen, 24 Hochzeiten, 46 Todesfälle und 1656 Seelen. 1843 gab es 77 Taufen, zwölf Hochzeiten, 45 Todesfälle, Gesamtseelenzahl ist nicht bekannt. 1844 gab es 74 Taufen, elf Hochzeiten, 51 Todesfälle, Gesamtseelenzahl ist nicht bekannt.

„Das Unglücksjahr 1842“ skizziert, das aufgrund des ungeheuerlichen Ausmaßes des Schrekkens in das Memorabilienbuch übernommen wurde. 1842 reißen große Unglücksfälle nicht ab. Brände treten weltweit vermehrt auf und vernichten ganze Städte. Im Einzelnen werden alle Städte aufgezählt und die Verluste an Häusern und Menschenleben beziffert. Neben den Bränden werden auch technische Unglücksfälle bei der Eisenbahn und Dampfschiffahrt aufgelistet. Ebenso wie im Jahr 1842 wird auch 1844 wieder eine kanonische Visitation im gesamten Vikariat Hostau abgehalten. Analog heißt es über die Visitation in Hostau am 3. Juni, daß die Dechanteikirche Sankt Jakobus in einem guten Zustand sei und daß Dechant Franziskus Tausch und Kaplan Ignatius Mauritz ein ehrbares Leben führten.

Pfarrer Jakob Lenz

Grenzstadt Furth im Wald

Die bayerische Grenzstadt Furth im Wald übernahm am 30. August vor 66 Jahren die Patenschaft für den Heimatkreis Bischofteinitz. In der Patenstadt begegnen sich heute alte und junge Bischofteinitzer und Further, wie sie sich schon früher als Nachbarn diesseits und jenseits der bayerisch-böhmischen Grenze trafen.

I

n der Senke des bayerisch-böhmischen Grenzgebirges, einem Tor zwischen diesen beiden Ländern, entstand die Stadt Furth im Wald. Schon in grauer Vorzeit durchzogen Menschen dieses Tor, und für die Siedlung Furth im Wald ergab sich bald die Aufgabe einer Mittlerrolle zwischen den beiden Nachbarn. Es wird immer Ziel einer Grenzstadt sein, die Grenze zu überwinden, freundschaftliche Beziehungen zu den Menschen jenseits der Grenze aufzunehmen, wirtschaftliche und auch menschliche Beziehungen zu knüpfen. Aus diesem Blickwinkel sind die Geschichte der Grenzstadt Furth im Wald in der Vergangenheit und ihre Entwicklung in der Gegenwart zu betrachten.

Der Übergang über die Niederungen der Chamb und der Kalten Pastritz, zweier aus Böhmen kommender Bäche, dürfte der Stadt den Namen gegeben haben. Es gibt Geschichtsschreiber wie Apian um 1560, die behaupteten, Furth sei nariskischen Ursprungs und schon vor der Völkerwanderung entstanden. Zu einer befestigten Stadt wurde die Siedlung Furth in den unruhigen Jahren 1312 bis 1332, als man sie mit zweifacher Mauer und zweifachem Graben umgab. Das war eine Sicherung gegen die Übergriffe von jenseits der Grenze. Zusammen mit den benachbarten Marktflekken Eschlkam und Neukirchen und einer früheren Landwehreinrichtung, der „Grenzfahne“, wurde jahrhundertelang ein starker Verteidigungsgürtel gebildet.

Doch gab es auch immer wieder freundschaftliche Beziehungen über die Grenze hinweg, vor allem auch, als der Further Winkel eine Zeitlang pflegeweise an den böhmischen Ritter Pribik von Klenau gegeben wurde. In solchen Zeiten konnte man auch Unklarheiten über den Grenzverlauf durch gegenseitige Verhandlungen beseitigen. Im Dreißigjährigen Krieg soll es sogar einen gewissen Nachrichtendienst zwischen Bischofteinitz und Furth gegeben haben, um sich gegenseitig vor Überfällen zu warnen.

Später, als die Befestigungsanlagen zerstört waren und ohnehin der modernen Kriegführung nicht mehr entsprachen, wandten sich die Further intensiv friedlichen Aufgaben zu. Der Handel ging über die Grenze hinweg, wenn die Regierung auch nicht immer damit einverstan-

verteilt werden mußten, bedeutete für die Stadt einen schweren Schlag. Damit wurde sie wieder zu einem großen Dorf degradiert.

Der Handel nach und mit dem Osten brachte der Stadt wieder den Aufschwung, zuerst schon auf der neugebauten Handelsstraße von Cham über Furth und Eschlkam zur Grenze und weiter nach Prag und Wien oder auch zunächst noch in kleinerem Rahmen über die Hochstraße nach Taus. Der Ausbau der Straße über Vollmau brachte eine weitere Belebung.

vernehmen waren. Böhmische Gerste und Saazer Hopfen wurden in den Further Brauereien zu Bier gesotten. An dieser Grenze blühte der Salz- und Viehhandel legal und illegal.

den war. Freilich, als die Regierung keinen militärischen Wert mehr in der Grenzstadt sah, wurden staatliche Ämter abgezogen und den Bürgern ihre Privilegien genommen. Daß dazu auch noch die umfangreichen Gemeindegründe unter die Bürgerschaft

Furth blühte jedoch auf, als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Eisenbahnen gebaut wurden und die bayerische Ostbahn und die böhmische Westbahn sich in Furth trafen. Der Grenzbahnhof erhielt eine bayerische und böhmische Verwaltung und beiderseitige Zollämter. Industrien siedelten sich hier an, die ihr Rohmaterial aus Böhmen oder anderen Ostländern bezogen. Holz, Kohle, Tierhäute und Pech wurden gehandelt und verarbeitet. Selbst böhmische Kaufleute setzten sich in Furth fest, so daß gelegentlich auch tschechische Laute hier zu

Mit dem blühenden Handel kamen sich die Menschen diesseits und jenseits der Grenze näher. Wallfahrer aus den Chodendörfern oder aus deutschsprachigen böhmischen Dörfern kamen zur Further Kreuzkirche, und die Further suchten die Gnadenstätten drüben auf, hinüber und herüber wurde geheiratet. Und nach dem großen Stadtbrand 1863 richtete der Further Bürgermeister an seinen Tauser Kollegen einen Dankbrief für die Nachbarschaftshilfe und würdigte dabei die engen Beziehungen zwischen den beiden Städten.

Nach dem Ersten Weltkrieg beeinflußte die Gründung des tschechischen Nationalstaates die nachbarlichen Beziehungen ungünstig. Gegensätze taten sich auf, wenn sie auch das wirtschaftliche Leben noch nicht so stark beeinflußten wie die Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals wurden die stammesverwandten deutschblütigen Freunde aus ihrer Heimat vertrieben, und der Eiserne Vorhang wurde zur hermetischen Grenzsperre. Das war wohl der härteste Schlag auch für die Further Wirtschaft.

Die politischen Systeme diesseits und jenseits der Grenze wandelten sich. Furth im Wald war wieder Grenzstadt, und strebte auch unter den veränderten Verhältnissen nach einer Verbindung zwischen den beiden Ländern, nach guten wirtschaftlichen und sonstigen Beziehungen über die Grenze hinweg. Dann kam die Samtene Revolution, und die Beziehungen wurden wieder intensiver. Die 1000jährige Geschichte der Grenzstadt beweist, daß gute grenzüberschreitende Verbindungen eine Voraussetzung für die gesunde Entwicklung von Furth im Wald und Bischofteinitz sind.

Am 22. Juni 1841 wird ein starkes Gewitter mit heftigem Niederschlag erwähnt, bei dem die Wiese am Bach nach Hassatitz ganz überschwemmt wurde. Über diese Wiese wird in den folgenden Jahrzehnten immer wieder aufs Neue berichtet. Am 8. Juni 1842 erregt erneut ein Gewitter die Aufmerksamkeit des Dechanten. Der Blitz schlägt in den Kirchenturm ein. Oberhalb der Laterne bricht Feuer aus, das aber dank schnellen Eingreifens der Bevölkerung gelöscht werden kann.

Als Nachfolger des verstorbenen Dechanten Beer erhält Tausch aus dessen Verlassenschaftsmasse 16 Gulden und 18 Kreuzer als Ersatz für eine Kuh vom Bischofteinitzer Patronatsamt.

1842 führt der bischöfliche Vikar des Hostauer Vikariats eine kanonische Visitation durch.

Beim Ergebnis über die Visitation in Hostau vom 18. Juli heißt es: „Die Dechanteikirche Sankt Jakobus der Apostel ist in einem guten Zustand. Dechant Franziskus Tausch und Kaplan Augustin Zettl führen ein Leben, wie es Kirchenmännern entspricht.“ Der nächste Eintrag im Memorabilienbuch scheint nicht von Tausch zu stammen, da er eine andere Handschrift aufweist. Auf einem Beiblatt der „Neuen Würzburger Zeitung“ vom 1. Februar 1843 wird der Rückblick über das Jahr 1842 mit dem Titel

Jakob Lenz kommt am 23. Juli 1801 in Nemetitz/Němětice in der Pfarrei Wolin/Volyně zur Welt. Am 24. August 1828 wird er zum Priester ordiniert. Anschließend kommt er als Neomyst, als neu geweihter Priester, in die Seelsorge nach Bischofteinitz. Ab 1830 ist er Schloßkaplan in Zetschowitz und wird schließlich 1833 zum Pfarrer von Trebnitz (Třebnice) ernannt. Wie sein Vorgänger in Hostau war er vor seiner Tätigkeit als Hostauer Dechant ab 1841 Pfarrer in Melmitz. Am 8. Februar 1848 wird er als Dechant in Hostau angestellt. Zuerst wirkt hier noch Kaplan Ignaz Mauritz bis zu seinem Weggang 1853. Anschließend ist die Dechantei ohne Kaplan. Erst 1854 bis 1857 wirkt hier Kaplan Klaus. Von 1857 bis 1860 ist wieder eine kaplanlose Periode. Ab 1860 ist Richard Wohlrab Kaplan in Hostau, der hier auch kurze Zeit Administrator nach dem Tod von Dechant Lenz am 15. August 1863 ist, zusammen mit ihm ist Hilfskaplan Karl Konrad (1863–1864) in Hostau.

Aufzeichnungen

Dechant Lenz beginnt mit seinen Aufzeichnungen 1854. Bei der Reparatur des Turmdaches werden am 24. August der Turmkopf und das eiserne Kreuz vom fürstlichen Baumeister Johann Lassas wieder aufgesetzt. Fortsetzung folgt

Ortsbetreuerecke

gratulieren wir im Oktober Josef Johann Mayer, Ortsbetreuer von Haschowa und Zwingau, am 1. zum 89. Geburtstag; Karl Weidner, ehemaliger Ortsbetreuer von Tannawa, am 19. zum 91. Geburtstag sowie Gita Reiter, Ortsbetreuerin von

H

Amplatz, am 30. zum 95. Geburtstag.

Wir wünschen alles Gute, noch viele Jahre in guter Gesundheit sowie Gottes reichen Segen und danken für den tatkräftigen Einsatz für unsere Heimat! Peter Pawlik Heimatkreisbetreuer

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otter ng, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischof teinitz, Rai eisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 2022 15 FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ HEIMATBOTE Bischofteinitz Ronsperg Hostau ❯ Hostaus Pfarrer – Teil III
❯ Patenstadt der Bischofteinitzer
Hostaus
Dechanteikirche ist dem Apostel Jakobus dem Älteren geweiht. Furth im Wald 1583. Schloß Bischofteinitz im Jahre 1868.
erzlich

Heimatbote

aus Mähren

Böhmen in die Oberpfalz

Ziel von Elfriede Schmids Flucht aus Mährisch Ostrau war der da malige Kreis Tachau. Ihre Hei matadresse war Mährisch Ost rau-Hruschau, Horst-WesselGasse 123. 1946 wurde sie aus Sankt Katharina bei Roßhaupt vertrieben. Hier der zweite und letzte Teil ihres Berichts.

Flucht vorbereitendes Paschen

Um die Sachen, die wir noch besaßen, zu retten, gingen meine Schwester Gerta und ich mit zwei Männern, die wir dort kennengelernt hatten, bei Nacht über die Grenze. Die Einheimi schen nannten das Paschen, was eigentlich Schmuggeln bedeu tet. In Waidhaus und in Pfrentsch bei Waidhaus hatten die Herren jemanden, wo wir unsere Habse ligkeiten abstellen konnten.

Als wir wieder einmal über die Grenze gingen, stellten wir zu nächst auf deutscher Seite un ser Gepäck ab. Meine Schwester und der Mann transportierten die Ware später weiter.

Auf dem Rückweg hatten der junge Mann und ich das Pech, daß wir einer Streife in die Hän de liefen. Ich konnte mich zwar noch verstecken. Aber ich hätte wohl alleine den Weg nach Sankt Katharina in der Nacht nicht ge funden. Also stellte ich mich mit erhobenen Händen.

Wir mußten mit der Streife zur Grenzstation gehen und im Ge bäude warten. Ein Tscheche mitt leren Alters saß neben mir und sagte: „Solche Kinder gehören ins Bett.“ Ich schwieg.

Eine Nacht in der tschechischen Kaserne

Wir mußten anschließend mit der Streife nach Roßhaupt gehen und in der Kaserne übernachten. Ich mußte mich aufs Bett legen, während die anderen Deutschen, die auch das Pech hatten, gefan gen genommen worden zu sein, am Boden schliefen.

Der eine junge Tscheche von der Streife belästigte mich die ganze Nacht. Dem anderen jun gen Tschechen tat ich wohl leid und er sagte: „Laß sie doch end lich in Ruhe.“ Genützt hat das nichts. Am nächsten Tag wurden wir entlassen mit der Auflage, 350 Kro nen Strafe zu zahlen.

Der eine junge Tsche che verfolgte mich seit dem, und ich entging nur knapp einer Verge waltigung. Er überfiel mich einige Tage später. Ich wehrte mich mit al ler Kraft. Als meine Kräf te zu erlahmen drohten, sprang er plötzlich auf und sagte: „Du hast Glück. Ich muß mich pünktlich bei meiner Einheit in Roßhaupt zurückmel den.“ Und er lief davon.

1946 von Sankt Katharina nach Deutschland

Im Sommer 1946 wurde uns mitgeteilt, daß wir zwecks Aus siedlung nach Mährisch Ostrau, in unseren Heimatort, gebracht werden müßten.

Vorher erfuhren wir zufällig, daß Leute aus dem Nachbarort, die nach Mährisch Ostrau gebracht worden waren,

auf einem Lastwagen unterge bracht worden seien und ihr Ge päck auf dem zweiten Lastwagen transportiert worden sei. Letzte rer sei nur bis Sankt Katharina gekommen, habe dort Halt ge macht und die Ware zum Verkauf angeboten.

Im Bürgermeisteramt war ei ne Deutsche aus unserer Heimat mit guten Tschechisch-Kenntnis sen beschäftigt. Sie warnte uns, wir sollten auf schnellstem Wege Sankt Katharina verlassen.

Wir befolgten diesen Rat und machten uns auf den Weg nach

Nach einigen Tagen wurden wir nach Kelheim in Niederbay ern verlegt. Das Auffanglager war beim Chemiewerk. Nach ei ner weiteren Woche kamen wir in das dritte Lager im nahen Sie genburg.

Angekommen in Neunburg vorm Wald

Von hier aus holte uns meine Schwester Gerta, die schon frü her die Tschechei verlassen hat te, nach Neunburg vorm Wald in der Oberpfalz. Sie war Angestell te am Gericht, verdiente monatlich 120 Mark und verpflichtete sich, für un seren Unterhalt zu sor gen.

Jenseits der Phrimpurk

Hier im Waldwinkel, jenseits der „Phrimpurk“, wurde es schon vor dem Jahr 1300 lebendig.

Im Schutze der Grenzburg er richteten bayerische Einsied ler vom Verein der Eremiten aus dem Stammkloster Schönthal bei Rötz im Wald jenseits der „Pfreimburg“ eine Einsiedlersta tion. Sie wurde 1306 bereits dem Benediktinerkloster Kladrau ein verleibt. Diese Eingliederung hatte Papst Alexander IV. ange ordnet, der schon 1256 die vie len Einsiedlerklausen des Böh mer- und Bayerischen Waldes in eine streng kirchliche Ordnung zwang.

Diese Eremiten und Einsied ler, die Vorläufer der Mönche und des Klosterlebens, erwar ben sich große Verdienste um die Festigung des christlichen Glaubens in unserem Waldge biet und erwiesen sich als Trä ger der Germanisierung der vor erst slawischen Chodendörfer um den Pfraumberg. Ihnen ver danken wir viele unserer Gottes häuser und Pfarreien in unserer Heimat.

An Stelle der Einsiedlerklau se im Wald jenseits der „Pfreim burg“ errichtete der Kladrauer Abt Chuno um 1350 eine Kirche mit Brüderhaus, weihte das Got teshaus der heiligen Katharina, das von da an Sankt Katharina hieß. Die Kirche wurde schon im Kirchenverzeichnis des Bistums Prag aus dem Jahre 1384 als Klo sterkirche angeführt. In der Zeit folge wurde die Kirche Seelsor gestation der Umgebung, vom Kladrauer Mutterkloster unter stützt und verstärkt, zur Propstei erhoben und durch Neuansiedlung in und um Sankt Katharina ein erweiterter geistlicher Besitz gerodet und kultiviert.

Den Hussiten, die 1421 erst das Kloster Kladrau und dann die Stadt Tachau erstürmten, fiel auch die Propstei Sankt Katha rina mit der Kirche und dem da zu gehörenden Dorf Pitlikau zum Opfer. Beide wurden vollständig zerstört. An das alte königliche Dorf, das König Johann der Lu xemberger schon 1306 der Einsiedelei geschenkt hatte, erin nert nur noch der Flurname „in der Pitlikau“.

Deutschland. Die Strecke durch den Wald kannte ich bereits vom Paschen, und wir kamen Gottseidank im grenznahen Dorf Pfrentsch bei Waidhaus in der Oberpfalz gut an.

Nach unserer Ankunft melde ten wir uns sofort an. Unsere er ste Station war ein Barackenla ger am Waldrand von Pfreimd. Hier stand ein Stockbett neben dem anderen. Unsere Habselig keiten verstauten wir am Fußen de des Bettes.

Das Essen war sehr schlecht. Wir bekamen einmal sogar Durchfall.

Das Dachbodenzim mer, in das wir einzie hen durften, war in einem sehr alten Haus mit sehr dünnen Wänden. Das Fenster bestand aus einer Fensterscheibe. Die Trep pe war so eine richtige Hühnertreppe. Naja, die Frau hat da nichts mehr gemacht. Die Toilette war im Hof.

Der Winter mit minus 20 Grad war sehr schlimm. Das Wasser im Eimer fror sogar ein. Nach länge rer Zeit konnten wir in eine ande re Wohnung, die aus zwei Zim mern bestand, umziehen. Lang sam ging es aufwärts.

Vater, der nach der Internie rung in Mährisch Ostrau nach Büschelhof in Baden-Württem berg vertrieben worden war, kam schließlich zu uns nach Neunburg vorm Wald. Nun wa ren wir alle endlich wieder vereint.

WIR GRATULIEREN

Wir gratulieren unseren treuen Abonnenten des Tachauer Hei matboten, die im Oktober Ge burtstag feierten oder feiern, und wünschen von Herzen al les Gute, Gesundheit und Got tes Segen.

n Tachau. Am 2. Kurt Mayer (Vorstadt), 92 Jahre. Gernot Schnabl Stadtbetreuer

n Pfraumberg. Am 1. Dr. Karl König (Mann von Eigermann Guste, Haus-Nr. 124) und am 11. Rosa Pertl (Spitzner Wenzl, Haus-Nr. 230), 87 Jahre. Christine Obermeier Stellvertretende Stadtbetreuerin

n Speierling. Am 9. Erich Wirl (Haus-Nr. 41) in Biesdorf, 92 Jah re. Stefan Heller Ortsbetreuer

Ortsbetreuerecke

Herzlich gratulieren wir im Oktober Johann Marschick, Orts betreuer von Ratzau, am 8. zum 90. Geburtstag; Sybille Bräuner, Ortsbetreuerin von Purschau, am 21. zum 44. Geburts tag; Erwin Klotz, ehemaliger Ortsbetreuer von Reichenthal, am 27. zum 91. Geburtstag und Felix Marterer, Stadtbetreuer von Haid, am 28. zum 87. Geburtstag.

Wir wünschen von Herzen alles Gute, Gesundheit sowie Got tes Segen und danken für alle Arbeit für unsere Heimat.

Wolf

Sudetendeutsche Zeitung Folge 40 | 7. 10. 202216
Heimatkreis
Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimat kreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de
für den Kreis Ta<au TERMINE n Sonntag, 16. Oktober, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottes dienst in der Loreto-Wallfahrts kapelle mit dem emeritierten Bi schof Friedhelm Hofmann aus Würzburg. � Erinnerungen von Elfriede Schmid – Teil II und Schluß Flucht
über
� Die Dörfer Sankt Katharina und Pitlikau
360-Grad-Panorama von Mährisch Ostrau.
Neunburg vorm Wald aus der Vogelperspektive. Die
Katharinenkirche
in Sankt Katharina. Teilansicht
von Sankt
Katharina mit Brand und Pfraumberg.
Sieglinde
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