Sudetendeutsche Zeitung 22. Juli 2022 Ausgabe 29

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Tschechiens Botschafter Tomáš Kafka besuchte den Heiligenhof (Seite 2)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang

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Jahrgang 74 | Folge 28 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 22. Juli 2022

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Nachgeholte Eröffnungsfeier

Das große Fest für das Sudetendeutsche Museum Pandemiebedingt hatte das Sudetendeutsche Museum am 12. Oktober 2020 nur im allerkleinsten Kreis eröffnet werden können. Mit einem viertägigen Museumsfest wurde dieser besondere Moment jetzt nachgeholt.

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Ein reich verzierter Kabinettsschrank aus dem 17. Jahrhundert.

Markus Söder

Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf bei ihrer Festrede. Fotos: Fricke

Erstes Treffen der Regierungschefs der beiden Nachbarn in der tschechischen Hauptstadt

Ministerpräsident Söder lobt die Sudetendeutschen bei Prag-Besuch

Starke Brücke in die Zukunft Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nach dem Vieraugengespräch mit Tschechiens Premierminister Petr Fiala auf der Pressekonferenz zu der Zukunft des bayerisch-tschechischen Verhältnisses im Wortlaut:

Es war das erste Treffen der beiden Regierungschefs: Am Donnerstag vergangener Woche hat der tschechische Premierminister Petr Fiala den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder in Prag empfangen.

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sere beiden Länder haben immer sehr mit der Vergangenheit gelebt. Und da gibt es auch viele alte Wunden, die nie vergessen werden können, aber die Frage ist, ob man alte Wunden immer wieder aufreißt, damit sie sich neu entzünden, oder nimmt man eine alte Narbe eher als Motivation, die Zukunft zu gestalten. Vor wenigen Wochen war der Sudetendeutsche Tag, und dort wurde zum ersten Mal in der Geschichte die tschechische Nationalhymne gespielt. Und fast schon standardmäßig sind auch Vertreter der tschechischen Regierung dabei. Das ist ein gutes Signal. Das ist ein Signal vom gemeinsamen Bewußtsein, daß die Zukunft und die Neugier auf die Zukunft – gerade für die nächsten Generationen junger Menschen in Tschechien und Bayern – eine wahnsinnig starke Brükke sind, die uns in die Zukunft führt. Wir teilen die gemeinsamen Werte, wir teilen die Bodenständigkeit, wie haben eine sehr naheliegende Heimat, wir haben ähnliche Möglichkeiten und Chancen.“

as Museumsfest startete am Donnerstagabend mit der Eröffnung der Sonderausstellung „Allerley kunststück – Reliefintarsien aus Eger“ (Bericht Seite 7). Die weltberühmten Holzeinlegearbeiten sind noch

bis zum 4. Dezember im Sudetendeutschen Haus in der Hochstraße in München zu sehen. Den Schluß- und Höhepunkt des Museumsfestes bildete der Festakt mit Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf, deren Vorgängerin MdL Carolina Trautner, der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, MdL Sylvia Stierstorfer, sowie dem Deutschen Botschafter in Prag, Andreas Künne. (Bericht Seiten 3 und 5)

m Mittelpunkt des Treffens stand die bayerisch-tschechische Zusammenarbeit, etwa in den Bereichen Energie, Technologie, Kultur und Sprache. „Bayern sind gute Beziehungen zu Tschechien sehr wichtig. Wir sind Nachbarn im Herzen Europas. Die Zukunft liegt in Zusammenarbeit und im engen Austausch. Dafür setzen wir uns ein“, sagte Söder nach dem Treffen. In der Pressekonferenz thematisierte Söder auch die leidvolle Geschichte, die das (sudeten-) deutsch-tschechische Verhältnis nach wie vor belastet, und rief dazu auf, alte Wunden nicht aufzureißen, sondern Narben als Motivation für die Annäherung zu sehen (siehe im Wortlaut links). Der Ministerpräsident lobte dabei den Sudetendeutschen Tag, der an Pfingsten in Hof stattgefunden hat, und auf dem erstmals aus Respekt für die tschechischen Landsleute die tschechische Hymne gespielt wurde. Ein Schwerpunkt bei dem Treffen zwischen Fiala und Söder war die Energiesicherheit nach dem Wegbrechen russischer Gaslieferungen. Bayern sagte jetzt zu, die Kapazität der Pipeline von

Triest in Italien nach Tschechien, die teilweise durch Bayern führt, zu erhöhen. Fiala: „Das ist für die tschechische Energiesicherheit eine äußerst wichtige Entscheidung, die uns hilft, uns von der Abhängigkeit von russischem Öl zu befreien.“ Ein weiteres Thema des Treffens war die grenzüberschreitende Infrastruktur, sowohl die Straßen-, Schienen- als auch die Dateninfrastruktur und deren notwendige Modernisierung. „Die Modernisierung der Bahnverbindung zwischen Prag und München ist für uns eine

Petr Fiala zeigt seinem Gast Markus Söder den Blick auf Prag. Links: Die beiden Regierungschefs bei der Pressekonferenz. Fotos: Vlada.CZ Priorität. Auf tschechischer Seite haben wir bereits einen großen Teil der Strecke zwischen Prag und Pilsen modernisiert“, sagte Fiala. Söder forderte ein entsprechendes Engagement für die

deutsche Seite vom Bund: „Wir brauchen in Europa nicht nur Verbindungen von Nord nach Süd, sondern auch von West nach Ost.“ Söder appellierte außerdem, an den tschechischen Schulen

nicht die zweite Fremdsprache zu streichen und damit vielen jungen Tschechen die Möglichkeit zu nehmen, nach Englisch auch Deutsch zu lernen. Im Gegenzug kündigte er an, in Bayern den Tschechisch-Unterricht auszubauen. So soll in Ostbayern ein Pilotversuch für das Wahlfach Tschechisch gestartet werden. Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, hat das Treffen von Fiala und Söder ausdrücklich begrüßt, „auch wenn es nur ein erstes Kennenlerntreffen war.“ Es sei gut und wichtig „wenn Nachbarn einander kennen und vertrauen, vor allem wenn im Dorf ein gefährlicher Brandstifter wie Herr Putin unterwegs ist.“ Posselt, der Petr Fiala schon aus dessen Studentenzeit als Widerstandskämpfer gegen das kommunistische Regime kennt, betonte zudem: „Je enger die Beziehungen zwischen Bayern als unserem Schirmland und unserer Wurzelheimat in dem Böhmischen Ländern sind, desto besser für die Sudetendeutschen.“ Die Volksgruppe sei entschlossen, sich auch weiterhin auf allen Gebieten des deutschtschechischen Verhältnisses als „natürliche Brücke“ einzubringen, und zählt dabei auf eine enge Einbindung in den Dialog zwischen beiden Seiten, die „zumindest von München vorbildlich gepflegt wird“. Torsten Fricke

SL-Bundesvorstand beschließt Motto für den Sudetendeutschen Tag 2023:

„Schicksalsgemeinschaft Europa“ Einstimmig hat der SL-Bundesvorstand auf seiner Sitzung am Samstag das Motto für den Sudetendeutschen Tag 2023 beschlossen: Es lautet „Schicksalsgemeinschaft Europa“. Der SL-Bundesvorstand hat unter dem Vorsitz von Bernd Posselt (Mitte) am Samstag im Sudetendeutschen Haus getagt. Foto: Torsten Fricke

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as Motto mache deutlich, daß angesichts des russi-

schen Angriffskriegs Demokratie und Freiheit nur dann eine Chance haben, wenn Europa zusammensteht, erklärte Dr. Günther Reichert, der die zündende Idee hatte. Hinzu komme, daß nur unter dem Dach Europas der Schutz der nationalen Minderheiten, und damit die Anliegen

der Sudetendeutschen, durchsetzbar seien. Der 73. Sudetendeutsche Tag findet von Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai in Regensburg statt. Die Oberpfälzer DonauStadt wurde bewußt als Austragungsort gewählt. Die Donau ist nicht nur der längste Strom

im freien Europa, sondern fließt auch durch die EU-Beitrittskandidatenländer Ukraine und Moldawien. Das genaue Programm des 73. Sudetendeutschen Tages wird in den kommenden Monaten geplant und dann unter anderem in der Sudetendeutschen Zeitung veröffentlicht. TF


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AKTUELL · MEINUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

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er Titel auf der Tafel lautet: „Das etwas andere Grenzland. Die entstehende Tschechoslowakei hat sich auf Kosten des besiegten Deutschlands und Österreich-Ungarns auch verbessert. Es war nicht nur das Sudetenland.“ Die im Freien gehaltene Ausstellung des Hultschiner Museums befindet sich seit Anfang des Sommers im Garten des Prager Waldstein-Palais, dem Sitz des Senats des tschechischen Parlaments. Auf insgesamt sieben großen Tafeln werden Themen präsen-

tiert, die sich, wie auf dem Text der ersten Tafel zu lesen ist, nicht nur auf die Region Hultschin begrenzen. Auf dieser ersten Tafel werden die Gebiete aufgezeigt, die die Tschechoslowakei im Grunde genommen widerrechtlich dazu gewonnen hatte. Es sind die Regionen Weitra (Vitorazsko), mit 13 Gemeinden und 12 000 Bewohnern, Hultschin (Hlučín), mit 36 Gemeinden und 45 000 Bewohnern und zuletzt Feldsberg (Valtice) mit fünf Gemeinden und 11 000 Bewohnern. Wie man hier nachlesen kann, waren die meisten in allen drei Gebieten „deutschsprachig“ und es

PRAGER SPITZEN Trauer um Erica Pedretti

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waren eher wirtschaftliche oder strategische Gründe, die zur An-

nexion durch die Tschechoslowakei geführt hatten.

Zum Ehrenvorsitzenden ernannt

Kulturstiftung der Vertriebenen würdigt Reinfried Vogler Auf ihrer konstituierenden Sitzung hat das Kuratorium der Kulturstiftung der Vertriebenen den neuen Vorstand gewählt und Reinfried Vogler, den bisherigen Vorstandsvorsitzenden, zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Vogler gehört auch weiterhin dem Vorstand an.

Vorstandsvorsitzender Dr. Ernst Gierlich.

Zwei Sudetendeutsche im Kuratorium der Kulturstiftung der Vertriebenen: SL-Landesobmann Steffen Hörtler und der langjährige Präsident der Bundesversammlung, Reinfried Vogler. Foto: Torsten Fricke

Vorsitzende des Kuratoriums: MdB Rita Hagl-Kehl. Foto: SPD

Stellvertretender Vorsitzender: Prof. Dr. Bernd Fabritius. Foto: BMI

der Landsmannschaft Ostpreußen, Vorsitzender der Stadtgemeinschaft Allenstein.

Dr. Maria Werthan, Präsidentin des Frauenbundes im BdV, Mitglied des Präsidiums des

Stellvertreter Prof. Dr. Manfred Kittel.

Bundes der Vertriebenen. Seitens des Vereins zur Förderung der Ziele des Bundes der Vertriebenen wurden neben Fabritius ins Kuratorium entsandt: Gudrun Osterburg, Vorsitzende des BdV-Fördervereins, MdL a.D. Stephan Rauhut, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, Nieder- und Oberschlesien. Gisela Schewell, Rechtsanwältin, Bund der Vertriebenen. Johann Thießen, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland, Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen. Hinzu kommt Margarete Ziegler-Raschdorf, Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, als Vertreterin der Landesregierung Hessen. Zum Vorsitzenden des Vorstands wurde einstimmig der langjährige Geschäftsführer der Kulturstiftung, Dr. Ernst Gierlich gewählt. Zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde Prof. Dr. Manfred Kittel gewählt. Dem Vorstand gehören ferner Maik Schwanemann und der bisherige Vorstandsvorsitzende Reinfried Vogler an.

Tschechischer Diplomat informierte sich über die internationale Jugendarbeit der sudetendeutschen Einrichtung

Botschafter Kafka auf dem Heiligenhof Kultur verbindet: Auf Einladung von MdB Dorothee Bär ist Tschechiens Botschafter Tomáš Kafka zum internationalen Musikfestival Kissinger Sommer nach Bad Kissingen gereist und hat dort auch den Heiligenhof besucht.

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m Rande der Wenzel-JakschPreisverleihung Anfang Juli im Bayerischen Landtag hatte Steffen Hörtler, SL-Landesobmann und Stiftungsdirektor der sudetendeutschen Begegnungsstätte Der Heiligenhof, die Gelegenheit genutzt, um Tomáš Kafka und dessen Partnerin Olga Procházková persönlich auch auf den Heiligenhof einzuladen – was der Botschafter spontan annahm. Steffen Hörtler: „Unser Motto ,Alles Leben ist Begegnung‘ gilt insbesondere für unsere Jugendarbeit. Wir haben auf dem Heiligenhof regelmäßig sehr viele junge Menschen aus Tschechien und den anderen Staaten Mit-

Am Großglockner in den Tod gestürzt

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instimmig wählten die Mitglieder des Kuratoriums die SPD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin, Rita Hagl-Kehl, zur Vorsitzenden des Kuratoriums. Die Wahl-Niederbayerin mit sudetendeutschen Wurzeln ist außerdem Vorsitzende der Seliger-Gemeinde NiederbayernOberpfalz und wurde von der SPD-Bundestagsfraktion in den Sudetendeutschen Rat entsandt. Ebenfalls einstimmtig wurde der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Dr. Bernd Fabritius, zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Seitens des Präsidiums des Bundes der Vertriebenen wurden neben Hagl-Kehl außerdem ins Kuratorium entsandt: Raimund Haser MdL, Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen, stellvertretender Vorsitzender des BdV-Landesverbandes Baden-Württemberg. Steffen Hörtler, Stiftungsdirektor Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk, Bayerischer Landes- und stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Mitglied des Präsidiums des Bundes der Vertriebenen. Gottfried Hufenbach, ehemaliger stellvertretender Sprecher

ie Schriftstellerin und bildende Künstlerin Erica Pedretti ist im Alter von 92 Jahren in der Schweiz verstorben. Als Erica Schefter wurde sie 1930 als Tochter einer deutschsprachigen Familie im mährischen Sternberg geboren und Ende 1945 in die Schweiz vertrieben. Entfremdung und Heimatverlust waren die zentralen Motive ihrer Prosa, die zum Teil auch auf Tschechisch veröffentlicht wurde. Für ihre Bücher wurde Pedretti mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem wurde ihr 1984 der Ingeborg-BachmannPreis verliehen. Pedretti hat Tschechien mehrmals besucht und an Buchfestivals und Autorenlesungen teilgenommen. Im Jahr 2003 verlieh Sternberg ihr die Ehrenbürgerschaft der Stadt.

Vor dem Heiligenhof (von links): Staatssekretär Sandro Kirchner, SL-Landesobmann Steffen Hörtler mit Ehefrau Lucie, Botschafter Tomáš Kafka mit Partnerin Olga Procházková, Hans Knapek, MdB Dorothee Bär und Reinfried Vogler. Foto: Heiligenhof

teleuropas zu Gast. Es freut mich deshalb sehr, daß Herr Botschafter Kafka an dieser völkerverbindenden Arbeit sehr großes Interesse hat und uns gemeinsam mit seiner Partnerin, Frau Procházková, auf dem Heiligenhof besucht hat.“ Bei dem festlichen Arbeitsessen dabei waren auch MdB Dorothee Bär, Reinfried Vogler, der langjährige Präsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung, Hans Knapek, Vorstand der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk, sowie Bayerns Innenstaatssekretär Sandro Kirchner. Die rechte Hand von Innenminister Herrmann postete anschließend: „Die tschechisch-bayerischen Beziehungen werden auch in Bad Kissingen gepflegt. Der Heiligenhof, insbesondere Steffen Hörtler, kümmern sich über den Jugendaustausch sehr um die Beziehungen der beiden Länder. Vielen Dank für dieses Engagement.“ TF

in tschechischer Bergsteiger, der seit dem 13. Juli in Österreich vermißt wurde, ist am Samstag tot gefunden und geborgen worden. Laut Angaben der Polizei ist der Tscheche beim Abstieg im Gebiet des Großglockners vom Weg abgekommen und 300 Meter eine Felswand hinabgestürzt.

Erfolg für Prager Archäologen

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schechische Archäologen haben im ägyptischen Abusir das Grab eines altägyptischen Würdenträgers ausgegraben und dokumentiert, hat das Ägyptologische Institut der Karlsuniversität mitgeteilt. Das Grab stammt offenbar aus dem frühen 5. Jahrhundert vor Christus und gehörte einem Würdenträger namens Vahibre-meri-Neit. Nach Angaben von Miroslav Bárta, dem Leiter der tschechischen Expedition nach Abusir, wurde am Boden eines Grabschachts ein Doppelsarkophag entdeckt, der von Räubern in der späten Antik teilweise beschädigt worden war.

Melderegister wird digitalisiert

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b 2027 soll in Tschechien ein einheitliches digitales Melderegister in Betrieb genommen werden. Dieses soll unter anderem ermöglichen, Informationen aus dem Personenstandsregister mit anderen Systemen der

öffentlichen Verwaltung zu verknüpfen. Nach dem vom Innenministerium ausgearbeiteten Gesetzentwurf wird die Führung der Standesbücher in Papierform beibehalten. Die bestehenden elektronischen standesamtlichen Aufzeichnungen werden jedoch durch ein zentralisiertes Informationssystem ersetzt.

Coronazahlen steigen massiv an

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llein am Freitag wurden in Tschechien 2295 CoronaFälle bestätigt, das ist der größte Anstieg an einem Tag seit dem 20. April. Die Inzidenz liegt derzeit wieder über 100. Laut des Gesundheitsministeriums mußten 455 Patienten sogar stationär behandelt werden, so viele wie seit dem 6. Mai nicht mehr. Angesichts der stark steigenden Corona-Zahlen empfiehlt Gesundheitsminister Vlastimil Válek (Partei Top 09), den Mund-Nasen-Schutz auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu tragen, auch wenn es derzeit dafür keine Pflicht gäbe. Gleichzeitig startete Tschechien mit der vierten Corona-Impfung. Sie ist für Personen über 18 Jahre gedacht, bei denen die letzte Impfung mehr als vier Monate zurückliegt. Zumindest einmal geimpft sind 66,3 Prozent der Tschechen.

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Škoda meldet Umsatzeinbruch

n der ersten Jahreshälfte hat der in Jungbunzlau in Mittelböhmen ansässige Automobilhersteller Škoda weltweit nur 360 600 Fahrzeuge ausgeliefert. Dies entspricht einem Rückgang von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, meldet der Mutterkonzern Volkswagen. Škoda muß damit den stärksten Umsatzeinbruch aller VW-Marken verkraften.

Tschechen sparen am meisten

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ie Tschechen gehören zu den sparsamsten Nationen der Welt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar gaben über 53 Prozent der Bürger an, jeden Monat Geld zur Seite zu legen. Dennoch haben 48 Prozent der Tschechen keine ausreichende Reserve von sechs Monatsgehältern, um eine unerwartete Lebenssituationen meistern zu können. Mehr als zehn Prozent der Tschechen haben sogar keinerlei Ersparnisse.

Sudetendeutsche Zeitung

ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2022 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


AKTUELLES

Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

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Festakt für das Sudetendeutsche Museum am Sonntag im Adalbert-Stifter-Saal. In der ersten Reihe von links: MdL Carolina Trautner, Domkapitular Reinhold Föckersperger, Botschafter Andreas Künne mit Partnerin Janine Bassenge, Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf, Volksgruppensprecher Bernd Posselt, die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Sylvia Stierstorfer, und Dr. Ortfried Koczian. Fotos: Torsten Fricke Mit einem Festakt im AdalbertStifter-Saal des Sudetendeutschen Hauses ist die offizielle Eröffnung des Sudetendeutschen Museums, die pandemiebedingt am 12. Oktober 2020 nur im allerkleinsten Kreise stattfinden konnte, am Sonntag standesgemäß nachgeholt worden. Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf und Volksgruppensprecher Bernd Posselt hielten die Festreden, der deutsche Botschafter in Prag, Andreas Künne, und sein tschechischer Amtskollege in Berlin, Tomáš Kafka, sprachen Grußworte. Und Dr. Ortfried Kotzian, der Vorstandsvorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung, begrüßte die Gäste und stellte das Konzept und die Bedeutung des Sudetendeutschen Museums vor.

Festakt für das Sudetendeutsche Museum

„Solange wir unsere Kultur haben, leben wir weiter“

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as Sudetendeutsche Museum sei „ein Leuchtturmprojekt in der bayerischen Kulturlandschaft“, sagte Kotzian und führte aus: „Das Sudetendeutsche Museum ist das sichtbare Zeichen und der Ausdruck der Verantwortung des Freistaats Bayern für die Übernahme der Schirmherrschaft im Jahre 1954 über alle vertriebenen Sudetendeutschen.“ Die Besucher des Sudetendeutschen Museums sollen, so erklärte Dr. Kotzian das Konzept, „auf kreative Weise angeregt werden, sich auf historische Spurensuche in die Gebiete Böhmens, Mährens und Sudetenschlesiens zu begeben, in denen 1100 Jahre lang Deutsche gelebt haben“. Die Besucher sollen „die unterschiedlichen Identitäten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede wahrnehmen“, um das gegenseitige Verständnis zu verbessern. Zudem biete das Sudetendeutsche Museum als einziges Museum in Deutschland, Besuchern aus Tschechien „die Möglichkeit, die gemeinsame Geschichte in tschechischer Sprache zu reflektieren“. Für sein Grußwort war Tschechiens Botschafter in Berlin, Tomáš Kafka, zwar nur per Video zugeschaltet, schickte aber dennoch tiefgründige Gedanken nach München. Kafka erinnerte an die Zeit nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und sprach von vielen verpaßten Chancen im deutsch-tschechischen Versöhnungsprozeß. Bereits in den 1990er Jahren habe es eine Reihe von Anlässen gegeben, wo (Sudeten-)Deutsche und Tschechen Größe hätten zeigen und eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten zum Wohle der gesamten mitteleuropäischen Region hätte entdecken können. Beide Seiten seien in dieser Zeit, so Kafka, „zum Weltmeister der verpaßten Chancen aufgestiegen“. Daß es auch anders geht, habe 2013 Tschechiens damaliger Regierungschef Petr Necas mit seiner historischen Rede im Bayerischen Landtag gezeigt, in der er

Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe.

Ulrike Scharf, Schirmherrschafts- und Bayerische Staatsministerin

Andreas Künne, Deutscher Botschafter in Prag.

Dr. Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung.

sich für die Vertreibung der Sudetendeutschen offiziell entschuldigt hat. Necas sagte damals wörtlich: „Wir bedauern, daß durch die Vertreibung und zwangsweise Aussiedlung der Sudetendeutschen nach Kriegsende aus der ehemaligen Tschechoslowakei, die Enteignung und Ausbürgerung unzähligen Menschen viel Leid und Unrecht angetan wurde.“ Verpaßt, so stellte Kafka am Ende selbstironisch fest, habe

beitragen, die jungen Menschen zu gewinnen. Nach der Vertreibung, so erklärte Volksgruppensprecher Bernd Posselt in seiner Festrede, habe die Sudetendeutsche Volksgruppe bis in die 1980er Jahre keinen Mittelpunkt mehr gehabt: „Ich erinnere mich gut an die Grundsteinlegung des Sudetendeutschen Hauses mit unserem Schirmherrn Franz Josef Strauß.“ Der damalige Ministerpräsident habe deutlich gemacht, daß das

auch er eine Chance, nämlich die, persönlich an diesem Festakt teilzunehmen. Das Konzept Mitteleuropa, „wo uns nur die Sprache, aber nicht die Kultur unterscheidet“, überzeuge ihn immer mehr, erklärte Kafkas Pendant in Prag, der Deutsche Botschafter Andreas Künne. Er hoffe, so der Diplomat, daß das Sudetendeutsche Museum in München, aber auch die Dauerausstellung „Unsere Deutschen“ in Aussig dazu

Haus als „Seele der böhmischen Länder“ ein Ort sowohl für Sudetendeutsche als auch für Tschechen sei, die ihr Land wegen des kommunistischen Regimes verlassen mußten. Posselt: „Der Satz ,Der Mensch lebt nicht von Brot allein‘ ist der Kern der landsmannschaftlichen Arbeit. Solange wir unsere Kultur haben, leben wir weiter. Deshalb ist es so unglaublich wichtig, Kultur und Geschichte für die Zukunft zu bewahren. Das, was wir als Seele be-

Botschafter Tomáš Kafka.

Mit einer Lasershow wurde der Festakt beendet. Im Mittelpunkt war dabei das Sudetendeutsche Museum mit seiner charakteristischen Archikektur.

Moderator Franziskus Posselt.

Das Ensemble der Südböhmischen Philharmonie sorgte für die musikalische Umrahmung des Festaktes.

zeichnen, sind nicht die weichen Themen, wie manche immer wieder sagen. Das Gegenteil ist richtig: Die Seele unterscheidet zwischen Leben und Tod. Mit Seele lebt man, ohne Seele ist man tot. Deshalb sind kulturelle Einrichtungen wie das Sudetendeutsche Haus und das Sudetendeutsche Museum von überragender Wichtigkeit.“ „Gerade in einer Welt, die sich gravierend ändert, regt das Sudetendeutsche Museum an, über fundamentale Fragen nachzudenken: Was ist unsere Identität? Was sind uns unsere Werte noch wert? Wie wollen wir zusammenleben?“, mit diesen nachdenklichen Worten begann Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf ihre Festansprache. „Daß unsere Werte nicht selbstverständlich sind, darauf haben die Sudetendeutschen stets aufmerksam gemacht. Die Sudetendeutschen sind Vorbilder für die Aussöhnung in Europa“, stellte die Ministerin fest. „Es geht um nichts Geringeres und nichts Größeres als das Erlebnis namens Heimat“, zitierte die Ministerin aus der großen Rede des ersten demokratischen Präsidenten in Prag, Václav Havel, 1997 vor dem Deutschen Bundestag. Scharf: „Diese Worte gehen mir unter die Haut. Und sie fassen sehr treffend zusammen, was das Sudetendeutsche Museum vermitteln möchte, nämlich ein Verständnis dafür, was den Sudetendeutschen ihre Heimat bedeutet. Heimat ist viel mehr als Geographie, Heimat ist ein Gefühl, das glücklich macht und das uns behütet.“ Bayern gedenke jährlich der Opfer von Flucht und Vertreibung. „Dieser Tag ist eine Mahnung, daß sich leidvolle Geschichte nicht wiederholen darf“, so die Ministerin, die mit Blick auf den russischen Angriffskrieg forderte, daß das freie und demokratische Europa geschlossen zusammenstehen müsse. Kultureinrichtungen, wie das Sudetendeutsche Museum, schaffen Bewußtsein für die Geschichte und die Verdienste der Sudetendeutschen, erklärte die Schirmherrschaftsministerin und sagte: „Liebe Sudetendeutsche, die Bayerische Staatsregierung steht fest an Ihrer Seite. Wir wissen, wie viel Sie zum Wiederaufbau und zum Wohlstand Bayerns beigetragen haben, wie sehr Sie als Leistungsträger unsere Heimat Bayern bereichern. Heimatliebe und Weltoffenheit, diese Verbindung macht die Sudetendeutschen aus. Wer wie Sie die eigene Geschichte kennt, hat eine Grundlage für einen guten Dialog. Mit Ihren Kontakten in die alte Heimat haben Sie den Weg zu stabilen Beziehungen geebnet. Diese Pionierarbeit für die bayerisch-tschechischen Beziehungen ist für die Bayerische Staatsregierung von unschätzbarem Wert.“ Torsten Fricke


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AKTUELL · TERMINE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

Fotoausstellung dokumentiert die deutsch-tschechische Zusammenarbeit in Böhmen

Gemeinsam für die Heimat: Waltsch strahlt in neuer Pracht

„Gemeinsam für die Heimat – deutsch-tschechische Zusammenarbeit im böhmischen Waltsch (Valeč)“ lautet der Titel einer Fotoausstellung, die Volksgruppensprecher Bernd Posselt am Samstag im Sudetendeutschen Haus eröffnet hat.

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ie Ausstellung zeigt eine Auswahl von Bildern, die Manfred Gischler in den vergangenen zehn Jahren aufgenommen hat. Die Fotodokumente geben Einblick in den Ort Waltsch (Valeč) in der heutigen Tschechischen Republik. Daß die nach 1945 verfallenen Kulturdenkmäler wieder in früherer Pracht erstrahlen, ist mehreren deutsch-tschechischen Initiativen zu verdanken, die sich nach 1990 mit vereinten Kräften für ihre umfassende Restaurierung eingesetzt haben. Zu den ehrenamtlichen Helfern auf deutscher Seite zählten Dr. Otto Reigl, seine Frau Elfriede und seine Schwester Maria Lochschmidt. Dieses Engagement zu würdigen und seine Früchte zu zeigen, ist Ziel der Ausstellung, erklärte Volksgruppensprecher Bernd Posselt bei der Eröffnung. Gefördert wird die Fotoausstellung vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales über das Haus des Deutschen Ostens (HDO). Zu sehen ist die Ausstellung in der Bundesgeschäftsstelle der Sudetendeutschen Landsmannschaft im Sudetendeutschen Haus, Hochstraße 8 in München im ersten Stock, und zwar montags bis donnerstags zwischen 10.00 und 17.00 Uhr, sowie freitags von 10.00 bis 12.00 Uhr. Samstag, 23. Juli, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Schlüchtern: Jahreshauptversammlung. Hotel Stadt Schlüchtern, Breitenbacher Straße 5, Schlüchtern. Bis Sonntag, 24. Juli, Heimatkreis Oberes Adlergebirge: Heimattreffen zur Annafestwoche 2022 in Rokitnitz/ Adlergebirge. Auskunft: Ortsbetreuer Günther Wytopil, Telefon (0 61 63) 48 27 oder eMail gwytopil@gmail.com. Sonntag, 24. Juli, 15.00 Uhr, Heimatkreis Schwaden: Deutsch-tschechischer Gottesdienst in der Sankt-JakobusKirche in Schwaden. Im Anschluß Kaffee und Kuchen im Kirchengarten. Anmeldung: Brigitta Gottmann, Telefon (0 23 51) 5 11 53, eMail brigitta. gottmann@t-online.de Samstag, 30. Juli, 11.00 bis 17.00 Uhr, Bund der Egerländer Gmoin: Viertes Brunnenfest. Egerländer Blasmusik und Egerländer Spezialitäten am Egerlandbrunnen vor dem EgerlandKulturhaus. Fikentscherstraße 24, Marktredwitz. Sonntag, 31. Juli, 15.00 Uhr, Heimatgruppe Aussig: Gedenken an das Massaker in Aussig von 1945 auf der Elbbrücke. Bitte bringen Sie Blumen mit. Anschließend Kaffee und Kuchen im Gemeindehaus in Aussig. 18.00 Uhr: Andacht in der Pfarrkirche Aussig. Anmeldung: Brigitta Gottmann, Telefon (0 23 51) 5 11 53, eMail brigitta. gottmann@t-online.de Montag, 1. August, 18.00 Uhr, Sudetendeutsche Heimatpflege: „Musik aus dem Böhmerwald und darüber hinaus.“ Sommerkonzert mit Elisabeth und Stefanie Januschko (Trägerinnen des Sudetendeutschen Förderpreises für darstellende Kunst 2019). Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Sonntag, 21. August, 14.00

Maria Lochschmidt und Elfriede Reigl vor dem Foto ihrer Taufkirche in Waltsch.

Fotograf Manfred Gischler reiste in den vergangenen Jahren immer wieder nach Waltsch.

„Nemez“: Ein Abend mit Stanislav Güntner Dienstag, 26. Juli, 19.00 Uhr: Das Haus des Deutschen Ostens zeigt in Anwesenheit des Filmemachers Stanislav Güntner (Foto) den Film „Nemez“. Das anschließende Podiumsgespräch moderiert Lilia Antipow. Die Geschichte des Films: Ein ehemaliger Kunstdieb sucht nach einer neuen Heimat, einer neuen Bestimmung, und hofft diese in Berlin zu finden. In Rußland wird er als Deutscher angesehen und in Deutschland als Russe. Was er ist, was ihn ausmacht, ist so leicht nicht zu sagen, in jedem Falle kämpft er darum, sein altes kriminelles Leben hinter sich zu lassen und neu zu beginnen. Auch seinen Namen „Nemez“ trägt er wie einen Seelenspiegel mit sich, übersetzt aus dem Russischen bedeutet dieser Name „Deutscher“, aber sein eigentlicher Name ist Dima. Stanislav Güntner (geboren 1977 in Tscheljabinsk/Sowjetunion) ist Filmregisseur und Drehbuchautor. 1994–1998 Studium der Musik am Heinrich-Schütz-Konservatorium

Stanislav Güntner (Dresden), 1999–2006 Studium der Regie für Film und Fernsehspiel an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) München. Als Regisseur und Drehbuchautor war Güntner an zahlreichen Filmproduktionen beteiligt und wurde 2008/2009 mit dem Tankred-Dorst-Drehbuchpreis sowie 2012 mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. Anmeldung erforderlich unter Telefon (0 89) 4 49 99 30 oder per eMail an poststelle@ hdo.bayern.de.

Volksgruppensprecher Bernd Posselt eröffnete am Samstag die Ausstellung im Sudetendeutschen Haus.

VERANSTALTUNGSKALENDER Uhr: Tag der offenen Tür. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 30. September, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Niemandsland, Czernowitz-Butscha 2022 – Arbeiten der ukrainischen Künstlerin Olha Tregubova“. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 28. Oktober, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Sammlung neu entdeckt II. Ausgewählte Portraits aus der ,Ostdeutschen Artothek´“. Gerhart-HauptmannHaus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 31. August, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Rumänien – ein Schnellkurs zu Geschichte und Gegenwart“. Referent: Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 4. September, 12.00 Uhr, BdV, Ackermann-Gemeinde Bamberg, SL-Bezirksgruppe Oberfranken: Vertriebenenwallfahrt nach Gößweinstein. Gottesdienst mit dem Vertriebenenbeauftragten Pfarrer Monsignore Herbert Hautmann. Anmeldung von Gruppen bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@ familie-michel.net Freitag, 9. September, 17.00 Uhr (Nachholtermin): „Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters“. Buchvorstellung mit Christiane Hoffmann. Haus der Geschichte, Museumsmeile, WillyBrandt-Allee 14, Bonn. Montag, 12. September, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Schwar-

Fotos: Torsten Fricke

Filmvorführung und Podiumsgespräch

ze Erde. Schwere See – Ein Kaleidoskop der Ukraine“. Autorengespräch mit Jens Mühling. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 17. bis Samstag, 24. September, Ackermann-Gemeinde: Zu Fuß durch Nordböhmen: deutsch-tschechische Pilgerwanderung von Aussig nach Altbunzlau. Anmeldung und weitere Informationen unter eMail muenchen@ackermanngemeinde.de Dienstag, 20. September, Stiftung Gerhart-HauptmannHaus: „111 Gründe, Polen zu lieben“. Lesung und Gespräch mit Dr. Matthias Kneip. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Donnerstag, 22. September, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Angekommen. Aber wie? – Integration von (Spät-)Aussiedlern am Beispiel der Siebenbürger Sachsen“. Diskussionsabend unter anderem mit Heiko Hendriks (Beauftragter der Landesregierung für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern) und Rainer Lehni (Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen). GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Dienstag, 27. September, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Babyn Yar – und der Krieg in der Ukraine“. Vortrag von Dr. Anatoly Podolsky, Zentrum für Holocaust-Forschung der Ukraine. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 28. September, 19.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „… nachdem die Welt meiner eigenen Sprache für mich untergegangen

war … – Stefan Zweig (1882– 1942) im Exil“. Vortrag mit Textbeispielen zum 80. Todestag mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 1. bis Montag, 3. Oktober: Heimatgruppe Sandau und Umgebung: Sandauer Heimattreffen in der Patenstadt Arzberg und in Sandau. Samstag: Besichtigung der Sandauer Heimatstube im neuen Bügerhaus, anschließend Empfang der Stadt Arzberg und Heimatabend im Katholisches. Vereinshaus. Sonntag, 10.30 Uhr: Festgottesdienst in Arzberg, nach dem Mittagessen Fahrt nach Eger. Montag, 10.00 Uhr: Heimatgottesdienst in Sandau in der St.Michaels-Pfarrkirche. Anschließend Gedenken der Toten auf dem Sandauer Friedhof, danach Mittagessen im Lehnhof. Dienstag, 4. Oktober, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Bunte (Noten-) Blätter. Traditionelles Herbstkonzert im Eichendorff-Saal“. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 7. Oktober, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Preußen und sein Osten in der Weimarer Republik“. Buchvorstellung mit Prof. Dr. Manfred Kittel und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 15. Oktober, 10.30 Uhr, BdV Bayreuth: Tag der Heimat in Fichtelberg-Neubau. Festredner: Christian Knauer, Vorsitzender BdV Bayern. Buszubringer: Pegnitz-Wiesweiher: 9.00 Uhr; Bayreuth Bahnhof: 9.30 Uhr. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@familiemichel.net oder bei Rita Tischler, Telefon (09 21) 41 75.

Migration und Integration in der EU Montag, 29. August bis Freitag, 2. September: Seminar mit Exkursion und Konferenzsimulation: „Die Europäische Union vor neuen Herausforderungen: Migration und Integration.“ Veranstaltung für junge Erwachsene aus Deutschland und Rumänien. Die Komplexität der internationalen Strukturen und Interdependenzen nimmt immer weiter zu. Ein deutlich sichtbares Zeichen ist die zunehmende Migration auf die Grenzen der Europäischen Union. Die Menschen starten in Gebieten in Afrika und Asien, in den beispielsweise Armut, Hunger, Klimawandel, politische und religiöse Verfolgung oder Bürgerkrieg herrscht. Sie wissen aber auch, daß Europa ihnen vielfältige Freiheiten bietet und bessere Zukunftschancen. Die Möglichkeiten, nach Europa zu gelangen, werden aber immer weiter durch zunehmende Überwachung beschnitten, die Grenzen zunehmend dichter. Trotzdem bleibt der Wunsch auf ein besseres Leben in Europa. Auch die Geschichte, deren unterschiedliche Bewertung und die daraus resultierenden Handlungsweisen kommen im Seminar zum Tragen. Anmeldung unter eMail info@heiligenhof.de Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

Samstag, 23. und Sonntag, 24. Juli

70. Vinzenzifest in Wendlingen am Neckar Samstag, 23. bis Sonntag, 24. Juli: Wendlingen am Neckar, Patenstadt der Egerländer: 70. Vinzenzifest verbunden mit dem 47. Egerländer Landestreffen. Auszug aus dem Festprogramm: Samstag, 10.00 Uhr: Weißwurstfrühstück des Akkordeonclubs Wendlingen vor dem Rathaus. 13.30 Uhr: Festsitzung des Patenschaftsrates mit einem Vortrag von Isabel Rödl zum Thema „Haben Trachtenvereine eine Zukunft?“. 16.00 Uhr: Vinzenzifest auf dem Saint-Leu-la-ForêtPlatz. 19.00 Uhr: Traditioneller Faßanstich mit Bürgermeister Steffen Weigel, anschließend lädt die Band „Midnight Special“ zum Feiern und Tanzen ein.

Sonntag, 8.00 Uhr: Vinzenzimarkt mit rund 100 Ständen. 9.30 Uhr: Vinzenziprozession mit anschließendem Gottesdienst. 11.00 Uhr: Frühschoppenkonzert und Empfang der Stadt Wendlingen am Neckar mit Vinzenzirede von Petra Olschowski, MdL, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, unter dem Titel „Kultur und Gesellschaft – Dialog durch Teilhabe“. 12.00 bis 17.00 Uhr: Verkaufsoffener Sonntag. 13.30 Uhr: Festumzug. 17.00 Uhr: Festausklang mit dem Musikverein Wendlingen. Weitere Informationen unter www.vinzenzifest.de


AKTUELLES · KOLUMNE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

Volksgruppensprecher Bernd Posselt zeichnet Dr. Ortfried Kotzian mit dem Sudetendeutschen Ehrenbrief aus

„Ohne dich und dein Team wäre dieses Museum niemals entstanden“

Mit dem Sudetendeutschen Ehrenbrief, der höchsten Auszeichnung der Sudetendeutschen Landsmannschaft, ist Dr. Ortfried Kotzian für sein unermüdliches Engagement von Bernd Posselt, dem Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, gewürdigt worden.

N

ur die Mitglieder des SL-Bundesvorstandes – außer Ortfried Kotzian – wußten Bescheid, warum Bernd Posselt am Ende seiner Festrede zum Sudetendeutschen Museum auch von den Leistungen in den eigenen Reihen sprach und insbesondere Dr. Ortfried Kotzian, den Vorstandsvorsitzenden der Sudetendeutschen Stiftung, für sein beispielhaftes Engagement lobte. „Lieber Ortfried, ohne dich und dein Team wäre dieses Museum niemals entstanden“, stellte der Volksgruppensprecher fest, um dann den verdutzten Dr. Kotzian nach vorne zu bitten und ihm den Ehrenbrief, die höchste Auszeichnung der Sudetendeutschen Landsmannschaft, zu überreichen. Zu den ersten Gratulanten gehörten Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf, Vorgängerin MdL Carolina

Erster Museumsbesuch

Begeisterte Ministerin

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ch komme wieder, um mir das alles noch einmal in Ruhe anzuschauen. Das Sudetendeutsche Museum ist wirklich ein Leuchtturmprojekt in der bayerischen Kulturlandschaft“, sagte Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf nach ihrem ersten Besuch des Sudetendeutschen Museums und verriet, daß sie vor ihrer Zeit als Ministerin sehr häufig in Böhmen unterwegs gewesen sei. Mit großer Expertise und einem schier unerschöpflichen Detailwissen hatte Dr. Ortfried Kotzian die Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales durch die Dauerausstellung geführt. Aus der geplanten halben Stunde wurde dann auch über eine Stunde Rundgang. Die Dauerausstellung spannt auf 1200 Quadratmetern Flächen einen Bogen über 1100 Jahre Geschichte, Kunst- und Kulturgeschichte, dargestellt in authentischen Objekten. Begeistert war die Ministerin auch von den zahlreichen Original-Tondokumenten. Nur beim Dialekttest mußte auch Ulrike Scharf die Segel streichen... Foto: Torsten Fricke

Volksgruppensprecher Bernd Posselt überreicht den Ehrenbrief an Dr. Ortfried Kotzian. Zu den ersten Gratulanten gehörten (von links): Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf, Vorgängerin MdL Carolina Trautner, Marie-Luise Kotzian und Sylvia Stierstorfer, Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene. Foto: Torsten Fricke Trautner und Sylvia Stierstorfer, die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene. „Ich weiß gar nicht, ob ich das verdient

habe“, meinte der immer noch verdutzte Dr. Kotzian, als er wieder auf seinem Stuhl Platz nahm – was Sitznachbar Dr. Günther Reichert im besten Bayerisch

beantwortete: „So ein Schmarrn.“ Zuvor hatte bereits Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf mit den Worten gratuliert: „Das ist eine Auszeichnung, die Sie hoch verdient haben.“ Fakt ist jedoch, daß Ehefrau MarieLuise einen entscheidenden Anteil daran hat, daß ihr Ehemann das Amt als Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung überhaupt angenommen hat, wie Bernd Posselt in seiner Laudatio erzählte. Als Dr. Ortfried Kotzian mit der Zusage für diese große Aufgabe samt Organisation des Baus des Sudetendeutschen Museums noch zögerte, habe er, Posselt, den direkten Draht zur Ehefrau gesucht und die habe dann ihrem Mann die Aufgabe mit einem Satz schmackhaft gemacht: „Ortfried, jetzt kannst du endlich vieles von dem verwirklichen, was du verwirklicht haben willst.“ Daß bis zur Eröffnung des Sudetendeutschen Museums auch unendlich viele Sitzungsstunden, insbesondere mit dem zuständigen Bauamt Rosenheim liegen würden, dürfte keiner der Beteiligten gewußt haben – und das ist auch gut so. Torsten Fricke

Traditionsfahne der Sudetendeutschen Jugend an das Sudetendeutsche Museum übergeben

Ein symbolischer Akt mit einer hohen emotionalen Bedeutung „Wir sind uns der Verantwortung bewußt“, sagte der Sammlungsleiter des Sudetendeutschen Museums, Klaus Mohr, als Peter Polierer, Vize-Vorsitzender der Sudetendeutschen Jugend, die Traditionsfahne der SdJ beim Festakt offiziell an Museumsdirektor Dr. Stefan Planker übergab.

W

ie Sie sehen hat die Traditionsfahne viele Gebrauchsspuren und manche Beschädigungen. Was Sie nicht sehen können, ist der hohe emotionale Wert und ihre historische Aussagekraft“, erklärte Mohr den Gästen des Festaktes. Die Geschichte der Traditionsfahne beginnt mit dem ersten Zeltlager der Sudetendeutschen Jugend im August 1950 in Gaisthal, einem kleinen Dorf im Oberpfälzer Wald, wo die drei Eckpfeiler der politischen Ausrichtung diskutiert und festgelegt wurden. Erstens: das klare Bekenntnis zur Demokratie der jungen Bundesrepublik Deutschland und die Absage an jegliche Form des Extremismus. Zweitens: das Erkennen, daß die sudetendeutsche Frage nur in Partnerschaft mit dem tschechischen Volk und im Rahmen einer europäischen Regelung einer Lösung zugeführt werden kann. Und drittens: die

Dr. Stefan Planker, Direktor des Sudetendeutschen Museums, nimmt die Traditionsfahne der SdJ von Peter Polierer entgegen. Foto: Torsten Fricke Einsicht, daß die Auseinandersetzung der kommenden Zeit in erster Linie eine ideologische – zwischen Freiheit und Diktatur – und keine nationale um Grenzen und Territorien sein wird. Quasi als Bestätigung und Bekräftigung ihres erarbeiteten heimatpolitischen Auftrages erhielt die junge SdJ

am Ende des Lagers während einer Feierstunde an der böhmischen Grenze im nahen Stadlern von Dr. Rudolf Lodgman von Auen ihre erste Fahne überreicht. Diese Lagerfahne führte als Traditionsfahne der SdJ den Einzug der Jugendund Trachtengruppen auf den Sudetendeutschen Tagen an. TF

5 Mut tut gut

Ein neuer Seliger

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ovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über. Aus diesem Grunde kann ich heute nicht anders, als über ein Ereignis zu erzählen, auf das ich über Monate hingelebt habe und das nun letztes Wochenende stattfand. Es war die Seligsprechung von Pater Philipp Jeningen bei uns in Ellwangen. Der in Eichstätt geborene Jesuit lebte und wirkte auf der schwäbischen Ostalb von 1680 bis zu seinem Tod im Jahre 1704. Er war in den schwierigen Jahrzehnten nach dem Dreißigjährigen Krieg ein menschennaher Seelsorger, der seine Kraft aus einem intensiven Gebetsleben bezog. Als überzeugter Marienverehrer regte er den Bau der Schönenbergkirche an, die ich seit zwei Jahren als Pfarrer betreuen darf. Bereits zu seinen Lebzeiten sahen viele, denen er begegnete, in ihm einen heiligmäßigen Ordensmann und Priester. Nach seinem Tod wurde er in der ganzen Region über Jahrhunderte als „guter Pater Philipp“ verehrt. Unzählige persönliche Sorgen und Nöte werden ihm bis heute anvertraut – von Abiturprüfungen bis zu Krebserkrankungen, von Lebenskrisen bis zu Verwandtschaftsstreitigkeiten. Immer wieder hört man die Leute in Ellwangen sagen: „Pater Philipp wird mir schon helfen.“ Jetzt also wurde dieser vorbildhafte Glaubenszeuge seliggesprochen, und wir feierten dies mit einem dreitägigen Fest. Den feierlichen Akt nahm im Auftrag des Papstes Kardinal Jean-Claude Hollerich aus Luxemburg vor. Unter den vielen Gästen waren auch der Päpstliche Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, und die Bischöfe von Eichstätt und Augsburg, Gregor Maria Hanke und Bertram Meier. Der eigentlichen Seligsprechung, die auf dem Ellwanger Marktplatz stattfand, ging am Abend zuvor eine Lichterprozession vom Schönenberg in die Stadt voraus. Am Tag darauf folgte ein pontifikaler Dankgottesdienst auf dem Freigelände unseres Schönenbergs, dort, wo früher Jahr für Jahr die Vertriebenenwallfahrten stattgefunden hatten. An allen Feiern nahmen jeweils mehrere tausend Gläubige teil. Oft hörte ich in diesen Tagen so oder ähnlich: „Dieses Erlebnis hat mich innerlich berührt und mir Hoffnung geschenkt.“ Für mich war spürbar: Die Nachfolge Christi, die der selige Pater Philipp beispielhaft vorgelebt hat, schenkt Freude! In großer Gemeinschaft gefeierter Glaube schenkt Freude! Das lebendige Miteinander von Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laienchristen, von Diözesanleitung und Gemeinden vor Ort und der Gemeinden untereinander schenkt Freude! Manchmal haben wir ja in unserer Zeit den Eindruck, daß wir die Kirche mehr tragen müssen, als daß sie uns trägt. Bei diesem Glaubensfest war es gerade anders herum. Diese Erfahrung wünsche ich mir für viele Christen, zumal in unserem deutschsprachigen Raum. Doch zurück zum neuen Seligen. Ich möchte zum Schluß noch zwei seiner Aussprüche zitieren: „Auch auf Erden ist Gott mein Himmel.“ Und: „Mit Demut und Liebe kann man alles erreichen.“ So hat Pater Philipp gelebt. Die beiden Zitate könnten auch für uns wertvolle Lebensprinzipien sein. Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Pfarrei Ellwangen-Schönenberg


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FORUM

Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

� Eghalanda Gmoi z‘ Nürnberg

100 ist ein stolzes Alter

300 Jahre Herrnhut Anfang Juli traf sich Heimatgruppe Kuhländchen – München im HDO. Dort berichtete Ulf Broßmann, Betreuer der Heimatlandschaft Kuhländchen, über die Gründung Herrnhuts, das im Dreiländereck von Polen, Deutschland und der Tschechischen Republik in der Oberlausitz liegt, vor 300 Jahren und seinen Besuch der dortigen Festwoche Mitte Juni.

T

rotz Rekatholisierung nach dem Dreißigjährigen Krieg hatten sich die Mährischen Brüder, die vorwiegend im Kuhländchen im Untergrund lebten, ihren Glauben bewahrt. Da die katholische Obrigkeit sie immer

mehr unter Druck setzte, mußten sie dennoch zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus dem Kuhländchen fliehen“, leitete Broßmann ein. Wie der heilige Bonifaz in Fulda habe der Kuhländler Christian David aus Senftleben am 17. Juni 1722 mit einem Beil, das heute noch in einem Museum aufbewahrt werde, auf dem Besitz Berthelsdorf von Nikolaus Graf von Zinzendorf den ersten Baum gefällt und so die Gründung von Herrnhut eingeleitet. Danach seien rund 550 Anhänger der Mährischen Brüder unter Lebensgefahr aus dem Kuhländchen in diesen Ort geflohen. Sein Name bedeute, daß sich

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die Glaubensflüchtlinge dort unter des Herren Hut, also Schutz, begeben könnten. Jesus selbst sei ihr „Hüter“. Graf Zinzendorf habe ab 1732 die geflüchteten Mährer weltweit in die Mission entsandt. Ohne auch nur ein Jota der jewei- Pfarrer Franz Freitinger am Gedenk­ ligen Sprache zu beherrschen, stein, oben der Herrnhuter Betsaal. hätten sie Schiffe bestiegen, um weit entfernten Völkern, etwa wesen. Besonders aufgefallen sei den Grönländern, ihren Glauben die Gruppe aus Surinam in ihren nahezubringen. weißen, festlichen Gewändern. Zu dem einwöchigen Grün- Beim Abendmahl der Brüderunidungsfest Mitte Juni in Her- tät vollziehe Jesus selbst in unrenhut seien Nachkommen die- mittelbarer Anwesenheit die heilige Wandlung. Anschließend würden Brot und Wein, also der Kelch, gereicht. Auch in der griechischen Mythologie könnten sich nur die allerhöchsten Götter selber verwandeln. Broßmann berichtete über den gleichzeitigen Handwerkermarkt, über ein Die Besucher aus Zauchtel. typisches Herrnhuter Haus von 1755, ser Bekehrten, heute Moravian auf dem gemauerten Erdgeschoß Church, aus mehr als 15 Ländern ruhe eine Holzkonstruktion, angereist. Auch zehn Mitglie- über das öffentliche Waschhaus der der Historischen Gesellschaft von 1788, das Witwenhaus, die Moravian aus Zauchtel unter Lei- Herrnhuter Sterne und über den tung von Daniel Řičan seien ge- Besuch des Völkerkundemusekommen und hätten großes Auf- ums mit der Jubiläumsausstelsehen überall dort erregt, wo sie lung „Aufbruch – Netz – Erinmit ihrem Kuhländler Dreispitz nerung“. aufgetaucht seien. Die Hochgräber der gräflichen Im schmucklosen weißen Bet- Familie Zinzendorf trennten den saal hätten alle am Festakt zur Friedhof am Hutberg, wo die GeOrtsgründung teilgenommen. meine, die Mitglieder, unter dem Der Zauchteler Bürgermeister Richard Ehler habe ein Grußwort gesprochen. Anschließend sei man in einer langen Prozession an die Stelle gezogen, wo der erste Baum gefällt worden sei. Die Kuhländler Landsleute Libuše und Petr Bill Ein hoher kubischer aus Zauchtel und Professor Dr. Ulf und Hildegard Denkstein erinne- Broßmann aus München. re daran. Dort habe auch Pfarrer Franz Freitinger Schutz des Herrn begraben würvon der Zauchteler Gruppe Ge- den, in zwei Hälften. Links würdenkworte gesprochen und dem den Männer und rechts Frauen Herrnhuter Pfarrer und dem Bür- beerdigt, deren Grabtafeln in die germeister jeweils einen Kuh- Wiese eingelassen seien. Das erländler Dreispitz überreicht. Bei ste Grab beim Eingang zeige die herrlichstem Sommerwetter so- Grabtafel von Christian David. wie Getränken und Speisen haEin langer Festzug, der die be man sich dann im Festzelt mit Geschichte und die Gegenwart den Pilgern und Besuchern aus von Herrnhut gezeigt habe, habe aller Welt ausgetauscht. die Feierlichkeiten beendet. Die Beim Abendmahl am näch- Zauchteler Gruppe sei mit ihren sten Tag sei der Betsaal wieder Dreispitz-Hüten wieder mitmarHans-Karl Fischer bis zum letzten Platz gefüllt ge- schiert.

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Blick in den Festsaal.

� Bezirksgericht Prachatitz

Republikflüchtlinge rehabilitiert

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dem Egerland, Böhmischen Polkas und flotten Märschen juckte es machen in den Füßen, so daß sie gleich das Tanzbein schwangen. Die Nürnberger Gmoi freute sich, daß so viele das Jubiläum mitfeierten. Es waren Egerer feierliche Gottesdienst länder Gmoin aus nah und fern mit Monsignore Karl Wuch- gekommen, auch Volkstanzkreiterl läutete den Jubeltag ein. Un- se, Heimat- und Trachtenvereiser Eghalanda Pfoara, der aus ne, Gruppen der SL, des Bundes Nedraschitz bei der Deutschen – Mies stammt, ist Landschaft Egervielen Nürnberland, des Bundes ger Gmoimitglieder Deutschen in dern aus seiner Böhmen und GäZeit als Jugendste aus Politik und pfarrer der DiözeKultur. Besonders se Bamberg und schön waren das als Pfarrer der GeWiedersehen mit meinde Herz Jesu betagten Gmoi­ in Nürnberg gut mitgliedern, die bekannt. So gab mit Unterstützung es nach der Messe, ihrer Angehörigen die das Chörlein Ingrid Deistler, Vüarstäi­ gekommen waren, und das Streich- here der Eghalanda Gmoi z‘ um an diesem bequartett der Gmoi Nürnberg, dankt Oberbür­ sonderen Ereignis umrahmt hatten, germeister Marcus König. dabei zu sein, und für so manchen ein die Begegnung fröhliches Wiedersehn. mit Freunden und Mitgliedern, Dann rief der „Böhmerwald- die man wegen Corona und anjodler“ vom Gmoichörlein un- derer Umstände schon seit Jahter Roswitha Plott ren nicht mehr gezum Festakt auf. troffen hatte. OberbürgermeiDurch den Kulster Marcus Köturnachmittag mit nig sprach als Tänzen, Liedern Schirmherr das erund Mundartgeste Grußwort. Ihm dichten führte Raifolgten Landtagsner Biedermann vizepräsident Karl mit seiner TochFreller, die Heiter Lieselotte. Helmatpflegerin der ga Biedermann, Sudetendeutdie dazugehörischen, Christina ge Mutter bezieMeinusch, Bun- Egerländer Heimatfahnen hungsweise Oma, desvüastäiha Voltrat mit der Volksker Jobst, der Leiter des Hauses tanzgruppe der Gmoi auf – ein der Heimat in Nürnberg, Horst passendes Beispiel zum JubiläGöbbel, der Vorstand des Trach- umsmotto „Generationenband tenverbandes Mittelfranken, Egerland – Frankenland“. Viele Klaus Schaper, und Bayerns Lan- Generationenbänder waren am desvüastäiha Helmut Kindl. Jubelfest beteiligt und als Gäste Als kleiner Zwischengesang anwesend, längere und kürzeleitete das Lied von den „Vö- re, recht große und ganz kleine. ia Stoinlan“ zu den Ehrungen Vielleicht ist das ein Zeichen der über. Es war Benno Fritsch ge- Hoffnung, daß Vereine wie die widmet, der mit 100 Jahren noch Gmoin doch weiterleben. in jeder Hutschastubm mit seiBesonders die Tänze, die von ner wunderbaren Tenorstimme den Gruppen des Trachtenverdieses und andere Lieder sang. bandes Mittelfranken gemeinAnschließend ehrten Jobst und sam getanzt wurden, waren ein Göbbel verdiente Gmoimitglie- fröhliches, buntes Zeichen der der. Verbundenheit. Zum Schluß sanZum Mittagessen spielte die gen alle „Kein schöner Land“, Egerländer Geigenbauerkapel- wie‘s der Brauch ist. Und die Bule aus Bubenreuth fleißig auf. benreuther Blaskapelle spielBei der wunderschönen Blasmu- te zum Ausklang noch zum Tanz sik mit bekannten Melodien aus auf. Ingrid Deistler Die Eghalanda Gmoi z‘ Nürnberg feierte unter dem Leitwort „Generationenband Egerland – Frankenland“ Mitte Juni im Genossenschaftssaalbau in Nürnberg-Bauernfeind ihr 100jähriges Jubiläum.

� Heimatgruppe Kuhländchen – München

29/2022

Ende Juni rehabilitierte das Bezirksgericht in der südböhmischen Böhmerwaldstadt Prachatitz, tschechisch Prachatice, zwei weitere Flüchtlinge aus der ehemaligen „Deutschen Demokratischen Republik“.

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ie beiden Fälle standen in keinem Zusammenhang, obwohl sie sich beide im September 1988 ereigneten. Der damals 18jährige Harold Halang und die damals 26jährige Sybille Schubert, sie heißt mittlerweile Kirchgäßner, wollten in den Westen. Sie dachten, daß der beste Weg

dorthin über die Tschechoslowakei führe. Sie wurden jedoch wegen des Verdachts, die Republik verlassen zu wollen, verhaftet und nach mehreren Tagen Haft – Halang 15, Schubert vier Tage – in die „DDR“ abgeschoben. Das Gericht machte damit deutlich, daß es frühere Rechtsverstöße wiedergutmachen wollte, als die tschechoslowakischen Behörden die Bestimmungen von Artikel 12 des internationalen Protokolls über bürgerliche und politische Rechte nicht beachtet hatten, in dem es heißt:

„Jeder kann jedes Land, auch sein eigenes, verlassen (Gesetz Nr. 120/1976).“ Der Vorsitzende der Strafkammer, Petr Kolban, weist darauf hin, daß der Straftatbestand des Verlassens der Republik im Gesetz Nr. 119/1990 ausdrücklich vorgesehen ist und daß die Einschränkung der persönlichen Freiheit in diesem Zusammenhang die Teilnahme an der gerichtlichen Rehabilitierung zur Folge hat. Die gerichtliche Rehabilitierung bedeutet für die Betroffenen eine moralische Genugtuung. Sie begründet auch den An-

spruch auf eine Entschädigung in Höhe von 103 Kronen für jeden Tag der Inhaftierung nach § 23 Absatz 1 Buchstaben a und c des Gesetzes Nr. 119/1990. Seit März 2017 rehabilitierten tschechische und slowakische Gerichte 55 Personen, die während des kommunistischen Regimes verhaftet, inhaftiert und dann in die „DDR“ abgeschoben worden waren. Die Inhaftierung und Abschiebung galt jedoch nicht für die anderen zwei rehabilitierten Personen, die direkt an der Grenze getötet wurden. Stanislav Beran


Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

KULTUR

Im Sudetendeutschen Haus in München wurde die neue Ausstellung des Sudetendeutschen Museums „Allerley Kunststück“ eröffnet. In der Alfred-KubinGalerie werden nun einzigartige Reliefintarsien aus Eger gezeigt. Den Festvortrag bei der Vernissage hielt der Kunsthistoriker und Restaurator Jochen Voigt aus Chemnitz, nachdem die Kuratorin Eva Haupt einen kurzen Überblick über die Ausstellung gegeben hatte.

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ie Egerer Reliefintarsien sind ein Alleinstellungsmerkmal“, sagte Jochen ­ Voigt. „Sie wurden nur in Eger hergestellt und sonst nirgendwo.“ Der Kunsthistoriker und Restaurateur stellte die Geschichte dieser filigranen Kunstwerke vor, Bilder: Susanne Habel darunter Brettspiele, Schatullen Hausaltärchen von Adam Eck und Kabinettschrank von Johann Karl Haberstumpf. oder mit ikonographischen Bildprogrammen ausgestattete Kabinettschränke aus Eger. Das Be- � Vernissage im Sudetendeutschen Haus sondere an diesen Arbeiten seien die sogenannten Reliefintarsien, plastische Einlegearbeiten aus Holz, die einige Werkstätten von ungeheurer Produktivität in Eger gefertigt hätten. Dort habe man im 17. Jahrhundert damit begonnen, vielfarbige Intarsien nicht wie gewohnt flach, sondern plastisch erhaben auszuführen. Die Intarsien seien auf ähnliche Weise hergestellt worden wie Reliefs mit eingelegten Edelsteinen. Nach einer graphischen Vorlage seien die Intarsien geschnitzt und zusammengeklebt worden. Spuren der Schnitzeisen seien komplett weggeglättet worden. Danach habe es noch einen Feinschliff mit Punzen gegeben. Alle Effekte seien nur durch die Holzbehandlung entstanden. „Die- Dr. Ortfried Kotzian mit dem Katalog, Kuratorin Dr. Eva Haupt, Museumsdirektor Dr. Stefan Planker und Kunsthistoriker Professor Jochen Voigt. se Synthese aus verschiedenen Techniken ergab ein völlig neues te auch Eva Haupt in ihrer EinDenn oft habe auch die Stadt Unteilbarkeit garantiert, es der Luxemburg, wohin oft MitglieKunsthandwerk.“ führung. Die Kuratorin erklärte, Eger die teuren Kunstwerke er- Macht der königlichen Kam- der der luxemburgischen Familie Die Egerer Intarsienschnitzer daß der Ausstellungstitel „aller- worben, um sie wichtigen Per- merherrn entzogen, es von Zöl- zogen und mit ihnen auch Bothätten „innovationsstarke Pro- ley kunststück“ ein Zitat aus dem sönlichkeiten zum kostbaren Ge- len und Steuerpflichten befreit schafter und Kaufleute.“ Im Laudukte“ kreiert, die ganz Europa städtischen Ausgabenbuch von schenk zu machen. Die Geschen- und die Nichteinmischung in das fe des Jahres 1322 habe König Jobegeistert hätten. Diese einzigar- Eger sei: „Für allerley kunststück ke hätten häufig einflußreichen Egerer Gerichtsrecht garantiert hann von Böhmen das Pfandgut tige Technik habe kunstsinnige bezahlte die Stadt Eger dem Politikern in fernen Ländern ge- habe. „Eger befand sich an der von Ludwig dem Bayer in Besitz Potentaten in ganz Europa hin- Kunsttischler Adam Eck 1651 ei- golten, die wegen der besonde- strategischen Grenze zwischen genommen. „Und kein bayerigerissen, so daß zahlreiche dieser nen Betrag von 331 Gulden.“ ren Lage von Eger positiv ge- Böhmen, Nürnberg, Trier und scher Nachfolger, ob Herzog, KöKabinette – also kleine, stimmt werden sollten. mit Schnitzerei verzierDie besondere histote Schränkchen mit vierische Lage von Eger len Fächern zur Aufbehatte schon Ortfried wahrung von Schmuck, Kotzian bei seiner BeBriefschaften und Kuriogrüßungsrede geschilsitäten, Brettspiele und dert. Die Bayern hatten Schatullen ihren Weg in das Egerland 1322 an die Kunstkammern der das Königreich Böhmen aufgeklärten Fürsten jeverpfändet, so der Vorner Zeit gefunden hätten. standsvorsitzende der Einer der wichtigsten Sudetendeutschen StifKunsthandwerker sei tung. Am 23. Oktober Adam Eck (1604–1664) 1322, so heiße es in eigewesen, der mit Mitarnem Bericht, habe König beitern in seiner arbeitsJohann von Luxemburg teiligen Werkstätte vereine Urkunde erlassen, schiedene Aufgaben in der er alle bestehenübernommen habe. Die- Die „Alte Musik in Bogenhausen“ aus Sophia Scham- den Rechte in Eger gel- Links: Brettspiel mit Reliefintarsien. Rechts: die graphische Vorlage von sen Adam Eck erwähn- beck, Christian Seidler und Salome Ryser bot Klassik. tend gemacht, dessen „Narziß betrachtet sein Spiegelbild“ und das fertige Relief von Adam Eck.

Edle Kunstwerke aus Eger

Bei der Vernissage der neuen Ausstellung „Allerley Kunststück“ ehrte Ortfried Kotzian, der Vorstandsvorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung, gemeinsam mit SL-Bundeskulturreferent Ulf Broßmann im Auftrag des Volksgruppensprechers Bernd Posselt den Leiter des Planungsstabes des Sudetendeutschen Museums und ehemaligen Landeskonservator Michael Henker mit der höchsten kulturellen Auszeichnung der Sudetendeutschen, mit der Adalbert-Stifter-Medaille. Wir dokumentieren in Auszügen Kotzians Laudatio.

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iese Verleihung findet deshalb bei dieser Ausstellungseröffnung statt, weil Michael Henker maßgeblich am Zustandekommen der Dauerleihgabe der Sammlung Pasold mit den Egerer Reliefintarsienmöbeln an das Sudetendeutsche Museum beziehungsweise die Sudetendeutsche Stiftung beteiligt war. 2015 fragte ihn Sybe Wartena, der Möbelreferent vom Bayerischen Nationalmuseum, ob die Sammlung Pasold nicht etwas

� Verleihung der Adalbert-Stifter-Medaille an Michael Henker

Seele des Museumsprojektes Gründungsbeauftragfür das künftige Sudeter gefunden werden, tendeutsche Museum und Michael Henker sein könne. Nach der wurde vom Vorstand wichtigen Kontaktaufder Sudetendeutschen nahme mit der Familie Stiftung zum Leiter des Pasold wurden die BePlanungsstabes des Susitzer mit dem Rechtsdetendeutschen Museträger des Sudetenums berufen. deutschen Museums, Von 2016 bis zu seider Sudetendeutschen nem Ausscheiden Ende Stiftung, einig. 2021 durfte ich mit MiMit dem Thema „Suchael Henker eng zudetendeutsches Musammenarbeiten. Zuseum“ kam Michael sammen mit dem VerHenker über die Lanwaltungsleiter der desstelle für nichtstaatliche Museen in Be- Dr. Ortfried Kotzian ehrt Dr. Michael Henker gemeinsam mit Professor Ulf Broßmann (ganz Sudetendeutschen Bilder: Susanne Habel Stiftung, Raoul Wirrührung. 2011 wurde rechts) mit der Adalbert-Stifter-Medaille. bals, bildeten wir die er Mitglied und später Stellvertretender Vorsitzen- und wurde unmittelbar danach Fendl, die mit ihrem Team die Schalt- und Entscheidungszender des Wissenschaftlichen Bei- in das Aufbauteam für das Su- Grundvoraussetzungen für eine trale auf Seiten der Sudetendeutrats für das Sudetendeutsche detendeutsche Museum geholt. stimmige Museumsgestaltung schen Stiftung während der PlaMuseum. Als Leiter der Landes- Als nach mehreren Versuchen geschaffen hatte, auf ihre Beam- nungs- und Bauphase des Sudestelle für nichtstaatliche Museen mit Gründungsbeauftragten En- tenstelle in Baden-Württemberg tendeutschen Museums und der im in Bayern ging er 2013 in Pension de Januar 2016 auch Elisabeth zurückkehrte, konnte kein neuer Renovierungsmaßnahmen

7 nig oder Ministerpräsident löste das Pfand bis zum heutigen Tage wieder ein.“ So habe der Sohn Johanns, der Kaiser und mehrfache König Karl V., Eger die Rechte der böhmischen Königsstädte verliehen und die Untrennbarkeit mit dem Königreich Böhmen bestätigen können. „Auf diese Weise wurden die Egerer Reliefintarsien böhmische Kunstwerke und keine bayerischen.“ Um so schöner sei daher, daß sie nun in der bayerischen Landeshauptstadt München in einer Sonderausstellung zu sehen seien, und er selbst die Gäste zu diesem kunsthistorischen Ereignis recht herzlich begrüßen könne. „Und dies zu einem Zeitpunkt, an dem die Verpfändung des Egerlandes an das Königreich Böhmen auf das Jahr genau 700 Jahre zurückliegt.“ Kotzian bedankte sich bei allen an der Ausstellung Beteiligten, besonders jedoch bei der Leihgeberfamilie der Sammlung von Eric W. Pasold (1906–1978), die in Karin von Joest, der Nichte des Sammlers mit ihrem Sohn bei der Vernissage vertreten war. Auch Neffe Colin Pasold wollte die Ausstellungseröffnung besuchen, aber sein Flug aus Großbritannien war gestrichen worden. Der Sammler Eric W. Pasold – wie er sich später nannte – wurde 1906 als Erich Walter Päsold in Fleißen bei Eger geboren. Er übernahm 1930 die Wirkwarenfabrik seines Vaters Max Walter Päsold (1882–1930). Nach Vertreibung und Enteignung ging die Familie nach England, wo Pasold sehr erfolgreich die Kinderbekleidungsmarke „Ladybird“ etablierte. Ab 1957 sammelte er die in seiner Heimatstadt Eger entstandenen Reliefintarsien. Die über 100 Stücke landeten zuerst im Bayerischen Nationalmuseum, bis das Sudetendeutsche Museum sie gerne aufnahm.

Immaterielles Kulturerbe Über den Zugang der Sammlung Pasold freute sich besonders Stefan Planker. Der Direktor des Sudetendeutschen Museums betonte in seiner Rede, die Aufgabe des Museums sei auch, das immaterielle Kulturerbe der Heimat zu erhalten. Dazu zähle ebenfalls die Handwerkskunst, so eben auch das Egerer Intarsienschnitzen. „Die komplizierten Techniken dieser Produktion werden in einem animierten Video in unserer neuen Ausstellung gezeigt“, erläuterte Planker. Auch er dankte den Leihgebern und allen Mitgliedern des Museumsteams. Nach all den Reden bewunderten die vielen Gäste der Vernissage die zauberhaften und eindrucksvollen Intarsienarbeiten in der Alfred-Kubin-Galerie. Susanne Habel Sudetendeutschen Haus. Dabei zeigte sich, über welchen wertvollen Schatz an Erfahrungsreichtum in Museums-, Bau- und Organisationsfragen Henker verfügte. Er sorgte dafür, daß das große Ziel – die Errichtung des Sudetendeutschen Museums – immer im Blick behalten wurde. ... Henker hatte sich all jene Fragestellungen zu eigen gemacht, die das „Leuchtturmprojekt der Kultur des Freistaates Bayern“ aufgeworfen hatte. Diesem ordnete er in den vergangenen Jahren auch mehrere Bereiche seines persönlichen Lebens unter. Das verdient höchste Anerkennung. Ohne Übertreibung kann gesagt werden, daß Henker die „Seele“ des gesamten Museumsbauprojektes war. Aus all den genannten Gründen verleiht ihm die Sudetendeutsche Landsmannschaft mit ihrem Sprecher Bernd Posselt und dem Kulturreferenten Ulf Broßmann „für Ihre Verdienste um die Errichtung des Sudetendeutschen Museums in München“ – wie es in der Urkunde heißt – die Adalbert-Stifter-Medaille.


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KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

Die Künstlergilde Esslingen verlieh dem Dichter, Erzähler und Essayisten Jörg Bernig für sein Gesamtwerk den Andreas-Gryphius-Ehrenpreis des Jahres 2022. Bernig, SL-Kulturpreisträger des Jahres 2005, empfing die Auszeichnung bei einem Festakt in seinem sächsischen Wohnort Radebeul im Luthersaal der Evangelisch-Lutherischen Friedenskirche.

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ereits 2005 wurde Jörg Bernig mit dem SL-Kulturpreis für Literatur ausgezeichnet, nachdem er 2003 in die Sudetendeutsche Akademie der Künste und Wissenschaften berufen worden war. Der 1964 im sächsischen Wurzen geborene Autor hatte sich damals schon einen Namen gemacht mit Romanen, Lyrik und Essays sowie mit seinem gesellschaftlich-politischen Engagement. Seine literarischen Werke weisen oft nach Nordböhmen, woher sein Vater stammte, beispielsweise Bernigs Roman „Niemandszeit“ (2002) oder der Essayband „Der Gablonzer Glasknopf“ (2011). Und in Böhmen,

Jörg Bernig: „Der Wehrläufer. Eine Geschichte aus Prag“. Edition Buchhaus Loschwitz, Loschwitz 2021; 192 Seiten, 24 Euro. (ISBN 9783982300504). genauer in Prag, spielt auch Bernigs jüngster Roman „Der Wehrläufer“, der 2021 erschien. Diese „ostdeutsche“ Ausrichtung würdigte auch die Jury des Andreas-Gryphius-EhrenBei der Ehrung von Jörg Bernig mit dem Andreas-GryphiusEhrenpreis des Jahres 2022 der Künstlergilde hielt deren Vorsitzender Dietmar Gräf die Laudatio auf Bernig. Gräf, ein gebürtiger Karlsbader, vielseitiger Musiker und SL-Kulturpreisträger von 2001, stellte Leben und Werk Bernigs vor. Wir dokumentieren hier in Auszügen Gräfs Laudatio.

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örg Bernig wurde 1964 in Wurzen in Sachsen geboren. Seine Familie väterlicherseits stammt aus Böhmen, mütterlicherseits aus Sachsen und Franken. Dieser persönliche Hintergrund ist vermutlich der Anlaß dafür, daß Bernigs Romane, Gedichte und Essays immer wieder den mitteleuropäischen Raum behandeln. Für Bernig gibt es eine mitteleuropäische Zusammengehörigkeit, eben nicht nur geographisch, sondern auch geistig. Diese bekräftigt er mit seinen vielfältigen literarischen Mitteln trotz aller Unterschiede immer wieder aufs Neue.

Durchwegs interessante Biographie Bernig hat eine durchwegs interessante Biographie. Nach der Schule absolviert er eine Berufsausbildung mit Abitur im Thüringer Revier und wird gelernter Bergmann. Nach dem Grundwehrdienst studiert er an der Universität Leipzig Deutsch und Englisch. Nachdem er sich während des Studiums weigerte, Reserveoffizier der Nationalen Volksarmee zu werden, drohte man ihm mit der Exmatrikulati-

Bei der Verleihung: Laudator Dr. Dietmar Gräf, Gryphius-Preisträger Dr. Jörg Bernig und Martin Kirchhoff, Erster Vorsitzender der Künstlergilde Esslingen. Bilder: Lutz Lingener

� Andreas-Gryphius-Preis für SL-Kulturpreisträger Jörg Bernig

Poesie und Sinn für Geschichte preises, mit dem Bernig soeben ausgezeichnet wurde und betonte: „Jörg Bernig, für den Mitteleuropa und Südosteuropa von jeher Schreib- und Denkorte sind, läßt in seinem Schaffen auf tiefgreifende Weise das Lot auf den Grund dieser historisch auch deutschen Kulturlandschaften hinabsenken.“ Bernig erzähle mit großem Sinn für die Poesie von Landschaften und mit Sinn für Geschichte. Eine anspielungsreiche lyrische Prosa inszeniere einen provozierend ruhigen Erzählfluß, in dem sich, verbunden mit Gegenwärtigem, hintergründige Traumwelten zu einem ästhetischen Ereignis entfalten. In seinen Essays erweise sich der wache und teilnehmende Beobachter Bernig als Intellektueller, der mit hoher sprachlicher Kompetenz die Oberfläche durchdringe, Verwerfungen und Ungestaltetes, aber auch Heilsames erspüre und die unserer Zeit

Dr. Jörg Bernig bei seiner Dankesrede. unterliegenden Schichten zutage fördere. Seine Gedichte, in denen sich Tiefschürfendes neben Unauffälligem finde, würden leisten, was bedeutende Dichtung im-

mer leiste: ein Wiedererkennen und Neu- und immer anders Erleben der umgebenden Realität. „Bernigs Gedichte werden zweifelsohne als eine wichtige Stimme in der Geschichte neuer deut-

scher Lyrik eingehen“, prophezeite die Jury. Für diese Leistungen wurde Bernig neben dem SL-Literaturpreis schon oft ausgezeichnet, so etwa 2011 mit dem EichendorffLiteraturpreis, 2018 als „poet in residence – Literarisches Dresden“ und nun mit dem AndreasGryphius-Ehrenpreis der Künstlergilde Esslingen. Diese Vereinigung wurde 1948 als Schlesisch-Sudetendeutsche Künstlergilde.und Selbsthilfeorganisation von Künstlern hauptsächlich der Sparten Literatur, Bildende Kunst und Musik ins Leben gerufen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus den historischen deutschen Kulturlandschaften Mittel-, Ost- und Südosteuropas vertrieben wurden oder geflüchtet waren. Heute umspannt die Künstlergilde die drei Sparten Literatur, Bildende Kunst und Musik, in denen sie auch Preise verleiht, die im Namen jeweils einen gro-

� Laudatio von Dietmar Graf auf Jörg Bernig

Geistige Zusammengehörigkeit on, was aber Gott sei Dank aufgrund der friedlichen Revolution von 1989 nicht mehr relevant war. Die Erfahrung dieser Revolution bestärkte Bernigs antitotalitäre Position in der Literatur bis heute. Man kann das an den Darstellungen zu Fragen unserer Gesellschaft in seinen Essays immer wieder gut erkennen. Bernig war als Assistenzlehrer an einem katholischen und einem protestantischen Gymnasium in Schottland tätig und danach Lektor an der University of Wales in Swansea. Dorthin kehrte er später noch einmal als „Writer in Residence“ zurück. 1996 promovierte er zum Dr. phil. an der Freien Universität Berlin mit einer literaturwissenschaftlichen Arbeit. In den folgenden Jahren war Bernig Redakteur der Literaturzeitschrift „Ostragehege“, die gerne Texte aus Mittel- beziehungsweise Osteuropa veröffentlicht. Außerdem arbeitete er für das Goethe-Institut und an literatur- und kulturwissenschaftlichen Forschungsprojekten im Institut für Germanistik des Mitteleuropazentrums der TU Dresden mit. Seit 2015 unterrichte er an einer sächsischen Oberschule Deutsch als Zweitsprache und Englisch. Hier nun wiederum in aller Kürze ein Einblick in ein paar wenige, aber um so bedeutendere Werke. Bernigs zweiter Ro-

Dr. Dietmar Gräf, Zweiter Vorsitzender der KünstlerGilde, hält die Laudatio auf Dr. Jörg Bernig. Bild: Lutz Lingener man „Niemandszeit“ wurde ins Tschechische, Englische und Polnische übersetzt. Er wendet sich unkonventionell der Vertreibung aus der Tschechoslowakei zu. „Versprengte“, Täter wie Opfer, treffen in einem übriggebliebenen Dorf aufeinander und versuchen einen neuen gemeinsamen Alltag zu finden. Bernig bewältigt die Brisanz mit einer Art von teilnehmender Anschauung. In „Weder Ebbe noch Flut“ befindet man sich wieder in Böhmen. Es handelt sich um

das Schicksal eines Liebespaares, dessen Hauptproblem der unerfüllte Kinderwunsch ist. Die Struktur des Romans erweist sich hier als eine Variation von Adalbert Stifters bittersüßer und kunstvoller Erzählung „Der Waldgänger“. Bernig gelingt es wieder mit dem individuellen Schicksal seiner Figuren die historischen Entwicklungen ins Blickfeld zu rücken, ohne in schablonenhafte Zuschreibungen zu verfallen. Dies zeichnet nicht nur seine behutsamen böh-

mischen Reminiszenzen, sondern auch seine plastischen Szenen aus der Wendezeit in Leipzig aus. Den Verhältnissen in Mitteleuropa sind auch seine Essays „Der Gablonzer Glasknopf“ gewidmet. Darin plädiert Bernig laut „Sächsischer Zeitung“ „mit filigran wägender, sprachmächtiger Vehemenz für eine gemeinsame Erinnerungskultur und einen Dialog, der die Schmerzpunkte nicht ausspart“. Bernigs Roman „Anders“ konzentriert sich auf ein kleinstädtisches Szenario und ein ,gutsituiertes‘ Personal, um anhand seines Titelhelden Peter Anders das plötzliche Kippen vermeintlich gesicherter Normalität vorzuführen. Zu Bernigs Gedichtband „in untergegangenen Reichen“ schreibt der Dichterkollege Reiner Kunze: „Nachdem ich das Buch intensiv gelesen hatte, war ich ganz benommen. Jörg Bernig ist ein Magiker.“ Die Kritik erkennt in dem Band „subtile Hymnen auf die Natur, die ästhetisch problemlos mit denen von Peter Huchel und Günter Eich Schritt halten … Bernig gehört zu den geerdeten Künstlern, die das Reale nicht aus ihrem Gesichtsfeld ausklammern, die genau um die Gefahren wissen, die aus Beschleunigung der modernen Existenz resultieren … Der Autor offenbart sich als glühender Verfechter der abendländi-

ßen Ostdeutschen tragen und damit auf den Inhalt hinweisen: Der schlesische Dichter Andreas Gryphius für Literatur, der böhmische Komponist Johann Wenzel Stamitz für Musik, der ostpreußische Maler Lovis Corinth für Kunst und der Banater Dichter Nikolaus Lenau für Lyrik stehen mit ihren Lebensgeschichten exemplarisch für die Gilde und deren herausragende Mitglieder und Preisträger. Heute steht die Künstlergilde allen interessierten und qualifizierten Künstlern offen. Sie versteht sich als Brückenbauer zu ihren hauptsächlich östlichen Nachbarn und widmet sich außerdem mit Arbeiten, Ausstellungen und Konzerten der Pflege und Weiterentwicklung besonders des ostdeutschen, aber auch osteuropäischen Kulturgutes. Ihre Aktivitäten dienen der Völkerverständigung und dem künstlerischen wie kulturellen und teilweise auch wissenschaftlichen Austausch.

Glanzvolle Dankesrede Zu den Gryphius-Preisträger zählen Ilse Tielsch, Jiří Gruša, Peter Huchel und Siegfried Lenz. In diese Reihe wurde nun auch Bernig aufgenommen, der sich beim Festakt mit einer „kleinen Rede über die Vergeblichkeit“ bedankte. Darin sprach er über das Leben von Andreas Gryphius, dem er sich vielfach verbunden fühle. „Während zu Gryphius‘ Zeit die Pest und mit ihr die apokalyptischen Reiter Krieg, Hunger und Tod die Menschheit reduzierten, können wir Heutigen gewiß sein, daß es Mittel gegen alles gibt; unermüdlich arbeiten unsere Labore daran“, so Bernig. „Und dann kommt – wenn man überhaupt noch zu seinen Gedichten greift – Andreas Gryphius und winkt ab: „Es hilft kein weises Wissen, / Wir werden hingerissen / Ohn einen Unterschied.“ Bernig konstatiert und beschreibt einen „Riß durch die Gesellschaft“ in Gryphius‘ und seiner, Bernigs, Zeit, den beide Schriftsteller schreibend anprangern. Eine glanzvolle Rede des neuen Preisträgers. Susanne Habel schen Kultur.“ Ich bin überzeugt, daß der Rezensent Ulf Heise von der „Freien Presse“ damit eine Aussage getroffen hat, die auf das Gesamtwerk von Jörg Bernig zutrifft. Mit der an den „Gablonzer Glasknopf“ anknüpfenden Essay-Sammlung „An der Allerweltsecke“ betritt Bernig wieder den poetischen Grund und Erzähl-Raum Mitteleuropa. Die vier Streifzüge nach Serbien, Bosnien-Herzegowina, Schlesien und Böhmen führen in Zonen der Verwerfungen und Brüche, die Bernig als zerfurchte, doch damit eben auch fruchtbare Äcker kenntlich machte. Aus ihnen wuchs und wächst, bei allem Streit, die kulturelle Vielfalt Europas.

Poetischer Grund Mitteleuropa Zum Abschluß noch sehr kurz zur Novelle „Der Wehrläufer. Eine Geschichte aus Prag“. Hier erzählt Bernig die Geschichte eines Schriftstellers, der nach Prag geht, um dort seinen vor langem begonnenen Roman über einen Maler zu Ende zu schreiben. Dann steht ganz unerwartet eines Tages ein Wehrläufer mitten im Fluß, und der Schriftsteller sieht sich plötzlich im Verwirrspiel der Zeiten und Begegnungen, im Erinnern an Erlebtes und lebenslang Verschwiegenes. Immer wieder haben mich Jörg Bernigs Gedichte „angemacht“, um sie zu vertonen. Bisher kam es nur zu einer einzigen solchen Vertonung. Ich bin aber überzeugt, daß noch Weiteres folgen müßte oder definitiv muß.


Bruna

Ackermann-Gemeinde

MendelFeier

Bitte vergeßt den Krieg nicht

Anfang Juli veranstaltete die Bruna, der Heimatverband der Brünner Deutschen, in ihrer Patenstadt Schwäbisch Gmünd anläßlich des 200. Geburtstags des in Brünn wirkenden Gregor Mendel, des Augustinerabts und Vaters der Genetik, mit dem Verein Brücke nach Osten eine Mendelfeier.

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine ist auch die im Süden gelegene Hafenstadt Odessa angesichts von Raketenangriffen und Hafenblockaden immer wieder im Blick der Weltöffentlichkeit. Die Journalistin und Bloggerin Ira Peter stellte diese von mehreren Kulturen geprägte Stadt beim jüngsten KulturZoom der Ackermann-Gemeinde unter dem Titel „Odes(s)a im 20. Jahrhundert: Schmelztiegel der Kulturen am Schwarzen Meer im Wandel“ den an 53 Bildschirmen versammelten Mitgliedern und Freunden der Ackermann-Gemeinde vor.

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unächst wurden Blumen am Mendel-Denkmal in der Allee am Josefsbach niedergelegt. Bruna-Bundesvorsitzender Rudolf Landrock erinnerte an das Wirken und Forschen des großen Gelehrten. Dessen wissenschaftliche Arbeit habe zu den Mendelschen Gesetzen geführt, die heute Grundlage der Genetik seien. Bürgermeister Christian Baron nannte das Mendel-Denkmal ein Zeugnis der gelebten Patenschaft. Der Heimatverband Bruna sowie der Verein Brücke nach Osten hätten schon etliche Initiativen bewirkt, um die Kenntnis von Geschichte und Kultur zu verbreitern Christian Baron und die gegenseitige Zusammenarbeit zu fördern. Wichtig sei, die Kooperation weiter zu vertiefen. In der Pädagogischen Hochschule begrüßte Prodekan HansMartin Haase die rund 70 Gäste. Der Regensburger Biologe Widmar Tanner, auch Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina zu Halle, hielt einen spannenden Festvortrag. Er sprach über Mendels umfangreiche Vererbungsforschungen. Dazu hätten seine Kreuzungen mit Erbsen und Bohnen gehört. Aus sei- Dr. Rudolf Landnen Erkennt- rock nissen habe er allgemeine Gesetze abgeleitet, die bis heute Geltung besäßen. Die Zuhörer waren nicht nur Interessenten der „Allgemeinen Reihe“ der Seniorenhochschule, sondern auch Mitglieder der Bruna in Schorndorf, Schwäbisch Gmünd, München und Köln. Mit Interesse verfolgten auch Mitglieder der Brücke nach Osten, der SL, der Heimatlandschaft Kuhländchen sowie des BdV die Ausführungen. Dieter Mitrenga, Vize-Vorsitzender der Brükke nach Osten, forderte in seiGrußProfessor Dr. nem wort, auf den Hans-Martin russischen AnHaase griff auf die Ukraine mit einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit zu antworten. Die alten Gräben zwischen Ost und West müsse man zuschütten, die gegenseitige Kenntnis der Geschichte und Kultur vertiefen, um die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können. Musikalisch begleiteten die Geschwister Havran die Veranstaltung. Sie spielten gekonnt und einfühlsam melodiöse und getragene Stücke von Max Bruch und Mendelssohn Bartholdy sowie schwungvolle Musik von Antonín Dvořák, alles Zeitgenossen Mendels. Nach Vorträgen und Diskussion offerierte die Bruna belegte Broten und württembergischen Wein. fk

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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

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eim Bayerischen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung Mitte Juli in der Staatskanzlei in München Professor Dr. Ulf Broßmann, Christl Rösch und Renate Hoffmann von den Kuhländlern, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann MdL, Sylvia Stierstorfer MdL, Landesbeauftragte für Vertriebene und Aussiedler, sowie Renate Ruchty von den Böhmerwäldlern. Bild: Gerhard Herrmann

Heimatort Altalbenreuth

Messe in Maiersgrün Das Fest der Geburt des heiligen Johannes des Täufers, das in Maiersgrün im Kreis Marienbad Ende Juni groß gefeiert wird, nahm Wilhelm Rubick, Mitglied im Vorstand des Egerer Landtags, zum Anlaß, seine Landsleute aus der früheren Gemeinde Altalbenreuth zu diesem kirchlichen Fest einzuladen.

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der Täufer in Maiersgrün statt. Klaus Mayer und Eva Procházková begrüßten eine große Anzahl Tschechen und Deutsche. Zum Gedenken an die Vertreibung und der Toten der Heimat legten Altbürgermeister Albert Köstler und Vize-Bürgermeister Herbert Christian aus Bad Neualbenreuth einen Kranz nieder. Pfarrer Řehoř Pavel Urban O.Praem. alias Vater Gregorius aus Marienbad, der in seiner Kirchengemeinde für sieben Kirchen zuständig ist, ging in seiner Predigt auf die Geschichte Johannes des Täufers ein: Durch sein Leben habe er die Menschen zusammengetragen, und das sei auch die Aufgabe eines jeden von uns. Dies dürfe nicht unmöglich sein, auch wenn wir in unterschiedlichen Gegenden lebten, so Vater Gregorius. Jaroslava

Peteciková aus Königswart dolmetschte die deutsch-tschechische Messe. Die große Teilnehmerzahl habe die starken heimatlichen, aber auch christlichen Wurzeln der sudetendeutschen und tschechischen Volksgruppen wieder eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht, waren sich Bürgermeister Klaus Mayer und Wilhelm Rubick vom Egerer Landtag einig. Das abendliche Treffen im Gasthaus Zum Tillenblick war dann doch ein wenig ernüchternd. Erfreulich war die Teilnahme am abendlichen Treffen einer Landsmännin, die aus Bremen anreiste. Dennoch wolle man weiter Kontakte zu den vertriebenen Landsleuten und deren Nachkommen, besonders aus dem Bereich Marienbad und Eger, pflegen.

en Gottesdienst in der Kirche ohne Dach in Maiersgrün hatten Klaus Mayer, Bürgermeister von Neualbenreuth, und Eva Procházková, Bürgermeisterin von Altwasser, mit ihren Helfern großartig vorbereitet. Bereits 2018 hatte sich unter Rubick in Bad Neualbenreuth der Freundeskreis Altalbenreuth, Kreis Eger gegründet, zu dem Rubicks Geburtsort Ulrichsgrün gehört. Abends trafen sich die Landsleute der beiden Gemeinden mit interessierten Mitbürgern im Gasthaus Zum Tillenblick zur gemütlichen Runde. Bereits am Abend trafen sich viele Bürger von Bad Neualbenreuth am Grenzlandturm zur Sommersonnenwende. Das vorbereitete Sonnwendfeuer durfte wegen der großen Trockenheit nicht angezündet werden. Am nächsten Tag fand am Vormittag der Gottesdienst in der ehemaligen Jaroslava Peteciková, Wilhelm Rubick, Eva Procházková, Pfarrer Pavel Urban und Pfarrkirche Sankt Johannes Klaus Mayer.

SL-Ortsgruppe Passau/Niederbayern

Grüße aus der Heimat Anfang Juli war Ingrid Sauer, seit 2007 im Bayerischen Hauptstaatsarchiv zuständig für das Sudetendeutsche Archiv, Gast der niederbayerischen SL-Ortsgruppe Passau im Gasthof Aschenbrenner.

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ge, Böhmerwald oder BöhmischLeipa stellte sie das Bildarchiv des Sudetendeutschen Archivs vor. Sie zeigte die Postkarte „Haus am Stadtpark in Böhmisch Leipa“, eine Ansichtskarte aus Karlsbad demonstriert, wie international gefragt sie schon 1925 bei Franzosen und Engländern gewesen seien. „Liebes Fräulein“, begann der Text auf einer anderen Postkarte. Wieder andere Karten zieren eine Marktfrau auf dem Weg zum Naschmarkt

ngrid Sauer straft jeden Lügen, der behauptet, daß Archiv-Arbeit trocken sei. Bereits bei ihrem letzten Besuch spürte jeder, daß die studierte Archivarin für ihre Arbeit brennt. Diesmal betonte sie erneut die Farbigkeit ihres Berufs nicht nur im übertragenen Sinn. Sauer hatte aus dem Bestand der 40 000 sudetendeutschen Archivalien Bilder von historischen Postkarten aus Böhmen, Mähren und Schlesien mitgebracht, die sie auf die Leinwand projizierte. Unterteilt in Herkunftsregionen wie Kuhländchen, Altvatergebir- Gruß aus Karlsbad.

oder ein Fastnachtsgruß. Adressaten und Motive betreffen Menschen aus allen sozialen Schichten. „Gruß vom Deutschen Haus in Neuhirscheid“ war ein weiteres Beispiel. Besonders schöne Karten stammten aus dem renommierten Fotoatelier Seidel im südböhmischen Krumau. Sauer wies darauf hin, daß man im Internet unter www.portafontium.eu, www. seidel.cz und akon.onb.ac.at weitere Heimatbilder finden könne. Ihr gehe es außerdem darum, so Sauer, die Generationen einander näher zu bringen. So könnten die Enkel den Großeltern zeigen, wozu das Internet gut sein könne. „Alle an den Bildern Interessierten sind mit Leib und Seele im Münchener Archiv willkommen“, schloß Ingrid Sauer. Marita Pletter

in Präsenz-Vortrag zwei Wochen zuvor habe sie, die Zoom-Moderatorin Sandra Uhlich, auf die Idee gebracht, Ira Peter zum Kultur-Zoom der Ackermann-Gemeinde einzuladen – auch wenn es ein eher kritischer und trauriger Blick ins Nachbarland sei. Ira Peter sei 1983 in der Sowjetrepublik Kasachstan zur Welt und 1992 mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen. Wurzeln ihrer Großeltern fänden sich seit 1860 im Nordwesten der Ukraine, aber auch in anderen Regionen des damaligen Habsburger Reiches. Peter ging kurz auf die Geschichte und das Schicksal der Rußlanddeutschen und deren Deportationen unter Josef Stalin ein, ebenso auf die Rußlanddeutschen heute in Deutschland. Sie studierte Literaturwissenschaften und Psychologie an den Universitäten Heidelberg und Nizza. Heute arbeitet sie als freie Marketingberaterin und Journalistin unter anderem für „ZEIT online“ in Mannheim. Seit 2017 setzt sie sich öffentlich – in journalistischen Beiträgen, sozialen Medien, kulturellen Projekten in Deutschland und der Ukraine, im Aussiedler-Podcast „Steppenkinder“ zusammen mit Edwin Warkentin und als Rednerin bei Veranstaltungen – mit rußlanddeutschen Themen auseinander. 2021 verbrachte sie fünf Monate als Stadtschreiberin des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Odessa. Für den Blog, den sie in dieser Zeit führte, wurde sie im April 2022 mit dem Goldenen Blogger Award in der Kategorie „Newcomerin des Jahres“ ausgezeichnet. „Ich wollte sehen, was die Großeltern beschrieben haben“, begründete sie ihre erste Reise in die Ukraine 2018. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, weshalb weitere Aufenthalte – unter anderem die fünf Monate 2021 in Odessa – gefolgt seien. Zur Recherche für einen Familienroman wollte sie heuer erneut dorthin fahren. „Odessa ist noch relativ frei von Schäden, aber Raketen fliegen, das Risiko ist immer da. Aber ich hoffe, daß ich bald wieder in diese wun-

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urt Aue (rechts), Obmann der bayerisch-schwäbischen SLKreisgruppe Augsburg-Land, überreicht Walter Eichler anläßlich seines 90. Geburtstages im bayerischschwäbischen Neusäß-Täfertingen im Auftrag von Volksgruppensprecher Bernd Posselt die RudolfLodgmann-Plakette mit Urkunde und Ehrenzeichen. Eichler kam am 29. Juni 1932 in Graupen im mittelgebirgischen Kreis Teplitz-Schönau zur Welt. Im Zuge der Vertreibung strandete er in Täfertingen. Viele Jahre war er Ortsbetreuer von Graupen. Seit 20 Jahren ist er Stellvertretender Obmann der SL-Kreisgruppe Augsburg-Land und Archivator der Fusionsgruppe Königsbrunn, Wehringen und Klosterlechfeld.

derbare Stadt fahren kann.“ Odessa sei eine besondere Stadt, nicht unbedingt ukrainisch, deutete sie verschiedene Prägungen und Einflüsse an, die historisch auf der Zugehörigkeit zum Habsburger Reich beruhten. Viele Städte in Mittel- und Osteuropa würden bis heute von ihrer multinationalen Geschichte geprägt. Alle nationalen Gruppen, die in Städten wie Odessa früher gelebt hätten oder heute noch lebten, hätten die Stadt geprägt. Einwanderer aus Italien, Bulgarien oder Deutschland hätten sie geformt, die kulturellen Einflüsse seien bis heute etwa durch Denkmale und Bauwerke erlebbar. Peter zeigte zahlreiche Beispiele auf Fotos wie die traumhafte Oper, wunderschöne Hinterhöfe und Perspektiven auf das Schwarze Meer. Sie gab einen Überblick über die Geschichte Odessas, verbunden mit Einflüssen von Personen aus verschiedenen Ländern und Regionen, aber auch mit Diktaturen und Massakern wie 1941 an Juden. Peter erzählte von einer hier entstandenen speziellen russischen Mundart, vom besonderen Humor in Odessa, von Katzen und dem Mythos der „Gaunerstadt“. Italienisch sei sogar einige Zeit zweite Amtssprache dieser multiethnischen Stadt gewesen. Die unterschiedlichen Einwanderergruppen mit unterschiedlichen Religionen – darunter deutsche Lutheraner – hätten die Küche und den Kirchenbau geprägt. Sie habe mit vielen Zeitzeugen – Deportierte, Holocaust-Überlebende – gesprochen und daraus ein Bild insbesondere der jüngsten Geschichte gewonnen. „Der Krieg zerstört nachhaltig viel, was über Jahrhunderte gewachsen ist. Ich hoffe, daß Odessa unbeschadet bleibt.“ Aktuell seien viele Denkmale abgebaut oder mit Sandsäkken geschützt. „Bitte vergeßt den Krieg und die Menschen nicht“, appellierte Peters inständig, nicht zuletzt um die vielfältige kulturelle Identität Odessas und der Ukraine zu wahren. Markus Bauer


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolz­hofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H ­ eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den See­ gärten 35a, 63920 Großheubach, Tele­ fon (0 93 71) 9 94 01, eMail ­klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schön­au – Paten­stadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard.spacek@gmx.de Redak­ tionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de

Teplitz-Schönau

Graupen

Niklasberg

Der Vortragssaal in der Stadtbibliothek mit reicher Ausstattung der ehemaligen Grohmann-Villa.

Die Seume-Kapelle in der Lindenstraße.

Die Gruppe vor der Fleyher Holzkirche in Georgendorf.

� Teplitz-Schönauer Heimattreffen – Teil II

Von Sankt Johannes zu Sankt Elisabeth Im zweiten Teil ihres Berichtes über das Heimattreffen Mitte Juni in Teplitz-Schönau schildert Jutta Benešová den Besuch prächtiger Kirchen.

U

nsere Fahrt im Erzgebirge brachte uns nach Georgendorf zur Kirche des heiligen Johannes des Täufers. Sie stammt aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Fleyh und Teplitz sind nicht nur durch das Wasser verbunden, sondern haben mit Johannes auch denselben Schutzheiligen. Die Kirche stand früher in Fleyh. 1969 wurde sie komplett nach Georgendorf überführt und damit gerettet. Die Holzkirche steht nun als Beispiel der Volksarchitektur unter Denkmalschutz. Eine schmale Straße führt vom Busparkplatz in Georgendorf bis zur Kirche. Dort erwartete uns Petr Fišer vom Georgendorfer Geschichtsverein. In der Kirche informierte er uns über das Schicksal dieses einzigartigen Bauwerkes. Vitrinen an den Wänden in der Kirche erinnern an die Vergangenheit Fleyhs sowie an die Überführung und Rettung der Kirche. Wir fuhren zurück nach Teplitz, wo bereits schattige Plätze zum Mittagessen auf der Terrasse des Theaterrestaurants vorbereitet waren. Gegen 14.30 Uhr war eine Besichtigung der ehemaligen Villa Grohmann, der jetzigen Stadtbibliothek, mit

der langjährigen Direktorin Iva- nutzt die Stadtbibliothek diese na Slunéčková verabredet. Die- für Ausstellungen, Konzerte und se begrüßte uns zunächst in der Buchlesungen. gegenüberstehenden Seume-KaDer anschließende kleine pelle. Rundgang durch die StadtbiDiese kleine Friedhofskapel- bliothek zeigte uns den einstile von 1730 stand einst auf dem gen Reichtum der Stadt. Der FaStadtfriedhof, welcher aber En- brikant und Grubenbesitzer Marde der 1860er Jahren aufgelöst tin Grohmann hatte sich diese als wurde. Zwei Gräber blieben je- Gymnasium errichtete Villa 1894 doch erhalten: das Grab des Te- zu seinem Familiensitz umbauplitzer Bürgermeisters Joseph Wolfram und das Grab des Wanderers nach Syrakus, Johann Gottfried Seume, welcher 1810 in Teplitz einem Nierenleiden erlag. Darüber hinaus finden wir zwei Tafeln neben dem Portal der Kapelle mit den Namen von berühmten Teilnehmern an den Napoleonischen Kriegen 1813 bei Kulm, welche dort ihre letzte Ruhe fanden. Im Jahr 2013 wurde die Kapelle restauriert. Nun Mittagessen auf der Terrasse des Teplitzer Theaters.

en lassen. Sie zieren wertvolle Eichenholzverkleidungen, schöne Glasmalereien an den Fenstern, Fresken im Treppenhaus und unterschiedliche, reich dekorierte Stuckdecken in allen Räumen. Nach der Vertreibung ging die Villa in den Besitz der Stadt als Bibliothek über, so daß die wertvollen Dekorationen erhalten blieben.

Ein kleiner Spaziergang führte uns in die Lindenstraße entlang ihrer historischen Gebäuden bis zur Sankt-ElisabethKirche in Schönau. Eine besonders berührende Geschichte ist das sogenannte Rosenwunder der heiligen Elisabeth (1207– 1231). Diese wurde als ungarische Königstochter geboren, aber bereits als Kind dem zukünftigen Landgrafen Ludwig von Thüringen versprochen. Auch Fürst Edmund von Clary und Aldringen hatte den Bau der Kirche unterstützt, damit man Bad Schönau – damals noch eine selbständige Gemeinde – zur Stadt erheben konnte. Kein anderer als der berühmte Wiener Architekt Heinrich von Ferstel entwarf diese Kirche, die 1877 feierlich eingeweiht wurde. Bei unserem Besuch der Kirche waren auch der

Administrator der Teplitzer katholischen Kirchengemeinde, Pater Radomír Kuchař SDB, und die Küsterin der Sankt-Elisa­bethKirche, Kateřina Šafránková, anwesend. Sie zeigten uns einige der 33 kürzlich aufgefundenen Gedenktafeln für die Opfer des Ersten Weltkrieges, die einst in der Kirche angebracht waren. Außerdem zeigten sie uns auf dem Dachboden entdeckte Ausgaben der „Erzgebirgszeitung“ aus dem 19. Jahrhundert. Pater Kuchař hatte neben dem ehemaligen Balgwerk der Orgel ins Holz der Orgelverkleidung eingeritzte Inschriften entdeckt, die auch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurückreichen. So lebt diese Kirche weiter und braucht zugleich dringend eine Generalüberholung, denn das Gemäuer weist tiefe Risse auf, welche die Statik der Kirche gefährden. Bis auf die Spenden unserer Besucher dort beteiligte sich auch der Teplitz-Schönauer Freundeskreis mit einem größeren Betrag, um dabei zu helfen, dieses stolze Bauwerk zu erhalten. Von den wertvollen liturgischen Gegenständen, welche einst das Teplitzer Fürstenhaus der Kirche übereignet hatte, war leider nichts erhalten. Vor der Kirche stand der Bus bereit zur Rückfahrt zum Hotel. Und als Abschluß des Tages gab es Abendessen im Hotel Schwarzer Adler in Ossegg mit eigener Brauerei. Fortsetzung folgt


HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

11 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

sisarbeit, allen Mitgliedern, Mitarbeitern und Förderern des Heimatkreises sowie der Egerländer Trachtengruppe aus Wolfershausen, deren Arbeit mit dem Kulturpreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgezeichnet worden sei. Vize-Landrat Markus Müller zitierte August Bebel: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen achdem die aus Bischofteiund die Zukunft nicht gestalten.“ nitz und Umgebung vertrieEs sei wichtig, gute Nachbarbenen Deutschen jenseits der schaft zu pflegen und die jüngeHeimat wieder Fuß gefaßt hatren Generationen einzubinden. ten, gründeten sie den HeimatEdmund Schiefer, Vorsitzenkreis. Vor 65 Jahren, das war der des Patenschaftsausschusses 1957, übernahm die oberpfälzider Sudetendeutschen Bundessche, nur 20 Kilometer von Biversammlung, hatte nicht komschofteinitz entmen können. Peter Pawlik verfernte Stadt Furth las sein Grußwort. Schiefer nannim Wald die Pate vier Anliegen und Gründe für tenschaft über den eine gute Patenschaft: gegenseiHeimatkreis. Dietiges Vertrauen, ses Jubiläum wurgute persönliche de nun im Rathaus Kontakte, gegengefeiert. seitiger Respekt Der Stadtund der Wille, rat habe bereits Halt, Wohlwollen 1956 einstimund Verständnis mig beschlossen, zu vermitteln. Seit so Furths Zweiter die Grenze geöffBürgermeister Minet sei, sehe man chael Mühlbauer, den guten Willen diese Patenschaft auf beiden Seiten, zu übernehmen. wieder zu normaMühlbauer verlen Beziehungen glich diese 65jähzu kommen. Die rige Patenschaft Patenschaften trümit einer Ehe, wo gen dazu bei. Der nach 65 Jahren EiAuftrag laute, geserne Hochzeit gemeinsam einen feiert werde. Die guten Weg für ein Patenschaft Furths gemeinsames und über den Heimatfriedliches Eurokreis halte eben- Die Gruppe „Fei Schej“ aus Arnschwang begleitet den Festakt musikalisch. Oben das Jubiläumspublikum. Rechts Zweiter Bürgermeister Michael Mühlbauer, die Eiserne-Patenschafts-Eh- pa zu finden, auch Bilder: Volkmar Dimpfl wenn noch Unfalls wie Eisen, renurkunde und Kreisbetreuer Peter Pawlik. auch wenn sich recht auf beiden zeitgeschichtlich vieles veränSeiten ehrlich aufzuarbeiten sei. dert habe. Das Festhalten an der 34. Heimatkreistreffen in Furth im Wald Zu guter Letzt erhielten Tradition der Heimatkreistreffen Heidrun Böttinger, Ortsbetreuezeige, daß diese Patenschaft kein rin von Bischofteinitz, Herbert Lippenbekenntnis sei, sondern Gagalick, Ortsbetreuer von Sadl, bis heute mit Leben erfüllt werde. Walter Gimpel, Ortsbetreuer von Die auffälligste VerändeDobraken und Zwirschen, Jorung in diesen 65 Jahren sei die sef Klein, Ortsbetreuer von WasGrenzöffnung. Tschechen und sersuppen, Gottfried Leibl, Orts 1989 Weihe der Kerzen in Teil ihres Lebens in den Dienst macht. Willi Gabriel wurde für betreuer von Plöß und WenzelsDeutsche seien heute Freunde. Furth angekommen seien, an die Dies sei die Grundvoraussetzung anfänglichen Spannungen, aber der Kreuzkirche mit Darstellung der Schicksalsgemeinschaft ge- sein hervorragendes Wirken mit dorf, sowie Karl-Heinz Loibl, für ein friedvolles und geeintes auch daran, daß die Vorbehalte der Pfarreikirchen des Kreises stellt hätten. „Emil Reimer, Wil- und für die Stadt Furth im Wald Ortsbetreuer von Alt- und Neuli Gabriel, Rudi Kiefner und Jo- sogar mit der Verleihung der Eh- parisau, für 15 Jahre treue MitEuropa. Die derzeitige Situation nach kurzer Zeit entkräftet und Bischofteinitz. 1997 Festakt 40 Jahre Pa- sef Maurer haben sich auf groß- renbürgerschaft geehrt.“ zeige, wie leicht dies ins Wanken die Not mit gegenseitiger Hilfe arbeit und besondere Verdienste artige und vorbildliche Weise Pawlik dankte zudem den vie- die Große Ehrennadel. geraten könne. Und der Ukraine- besser und schneller überwun- tenschaft mit Festumzug. 2003 Jubiläum 25. Heimat- um den Heimatkreis verdient ge- len Ortsbetreuern für deren BaKrieg führe vor Augen, wie dies den worden seien. Die AusgeVolkmar Dimpfl/nh damals wohl gewesen sei. Die Bi- staltung der Patenschaft sei vie- kreistreffen mit Ausstellung in der Festhalle. schofteinitzer seien Friedensstif- len ein Bedürfnis gewesen. 2005 Heimatkreis Bischofter für die Aussöhnung, denn sie Dann listete Pawlik die Höhehätten mit Arbeitsleistungen und punkte der vergangenen 65 Jah- teinitz wird digital mit CD und DVD. finanzieller Unterstützung viele re im Programmstil auf. Am Samstag nach Fronleich- te angegeben werden. Da man 1963 Weihe der Kreisfahne 2007 50 Jahre Patenschaft. Die Wahl des Heimatkreisverfallene Kirchen und Gebäu 2009 Erweiterung des Munam fand im Further Rathaus sich hier nicht einigen konnte, vorstands zeitigte folgendes Erde, Gedenkstätten und Friedhö- des Heimatkreises mit der Fahseums. auch die Mitgliederversamm- soll der neue Vorstand das The- gebnis: Peter Pawlik bleibt Heife wieder in altem Glanz erstrah- nenpatin Maria Landgraf. 1967 Herausgabe des Kreis 2013 Restaurierung der Orlung statt. ma angehen. matkreisbetreuer, Peter Gaag len lassen. Heinz Winklmüller über- und Regina Hildwein bleiben Neben diesen starken Symbo- heimatbuches durch einen Ar- gel in der Kreuzkirche. einz Winklmüller, Kultur- nahm die Leitung der Neuwah- seine Stellvertreter; Kassen 2017 60 Jahre Patenschaft. len in der Tschechischen Repu- beitsausschuß unter Franz Liebl. 1969 Weihe des Vertriebereferent des Stadtrats, wies len. Der bisherige Vorstand verwalter ist Josef Simon, sein Schließlich skizzierte Pawlik blik solle man aber die Symbole darauf hin, daß gerade heu- wurde weitgehend bestätigt. Stellvertreter Andreas Miksch; nicht vergessen, die der Heimat- nen-Altares in der Kreuzkirche die politischen und gesellschaftte ähnliche Probleme in Euro- Die Versammlung erklärte zum Schriftführerin ist Veronikreis in seiner Patenstadt Furth und Enthüllung des Gedenkstei- lichen Entwicklungen seit 1957. pa wieder aktuell seien wie bei Abschluß den bisherigen Kas- ka Linden, ihre Stellvertretegesetzt habe, vom Altar in der nes der Bischofteinitzer im Eh- Die Aktivitäten des Heimatkreider Gründung des Heimatkrei- sier Walter Schröpfer und Fah- rin Sonja Pawlik; Peter Pawlik ses hätten die Attraktivität der Kreuzkirche bis zum Glocken- renhain. 1971 Weihe der Orgel in Stadt Furth gesteigert, aber auch ses. Wichtig sei, die Geschich- nenträger Georg Naujokas – ist für das Museum zuständig, spiel am ehemaligen Amtsgericht te und das Gedenken daran und der Abteilung „Heimatkreis der Kreuzkirche und Herausgabe das kulturelle Erbe der Bischofdes Gefallenen- teinitzer dokumentiert und zur wachzuhalten. Und Furth im Bischofteinitz“ im Gedenkbuchs. Wald sei sich der Aufgabe, Festigung der Patenschaft beigeLandestormuse 1973 Eröff- tragen. Furth habe ebenfalls zur die die Stadt mit dieser Paum. nung des Hei- Erinnerung beigetragen, etwa tenschaft übernommen haHeimatkreismatmuseums am durch Straßennamen, die an Orte be, bewußt. betreuer Peter Schloßplatz. Heimatkreisbetreuer Pein der Heimat erinnerten. Pawlik erinner 1975 Weihe ter Pawlik betonte in seiPawlik: „Der Heimatkreis verte an die Eingliedes Brunnens am neigt sich in größter Dankbarkeit nem Bericht, daß die Aktiderung der SuSchloßplatz. vitäten während der Panund Ehrerbietung vor der imdetendeutschen 1977 Weihe mensen Lebensleistung der Pademie stark eingeschränkt als Bayerns Vierder Wallfahrts- tenbürgermeister Alfred Peter, gewesen seien. Eine Diskuster Stamm mit fahne der Bi- Gottlieb Dimpfl und Reinhold sion gab es über das Theder Schirmherrma „Archivräume“. Hier war Macho. Verbunden damit ist die schaft Bayerns für Peter Pawlik, Karl-Heinz Loibl schofteinitzer. 1979 Wei- Hoffnung, daß mit Ihnen, verehrman sich einig, daß man ge- Peter Pawlik ernennt Georg Naujokas zum Ehrenkreisrat. die sudetendeut- und die Ehrenurkunde. he des Glocken- ter Bürgermeister Sandro Baumeinsam mit der Stadt eische Volksgrupne neue Lösung anstreben wol- er übt dieses Amt seit 1979 aus Josef Simon für die Kreisbilder, diese Patenschaft in gleicher pe 1954. Dies habe in der Fol- spiels am Alten Amtsgericht. 1983 Errichtung des Mei- Weise einer guten Zukunft entle. Eine längere, intensive Dis- – zu Ehrenkreisräten. Außer- stelle, Georg Naujokas für die ge zu etlichen Patenschaften gekussion gab es zum Antrag von dem wurde beschlossen, den Kreisfahnen, Peter Gaag für gegensehen darf.“ führt. Auch Pawlik erinnerte an lensteines an der Bahnbrücke. 1985 Enthüllung des ReWalter Schröpfer über die Ver- Mitgliedsbeitrag für die näch- das Internet. Kreisräte sind DoDer gleiche Dank, so Pawlik, die Übernahme der Patenschaft liefs „Johannes von Schüttwa. gelte seinen Vorgängern im Amt, wendung von Spenden, bei de- sten beiden Jahre nicht zu er- ris Klingeisen und Karl-Heinz 1957. nen keine bestimmten Projek- höhen. Loibl. Volkmar Dimpfl/nh Und er erinnerte an die Si- Der Ackermann von Böhmen“ im die unermüdlich und selbstlos einen nicht unerheblichen tuation, als die Vertriebenen in Further Museum. Am Fronleichnamstag begann das dreitägige 34. Heimatkreistreffen der Bischofteinitzer in ihrer oberpfälzischen Patenstadt Furth im Wald ( HB 28/2022). Am Tag darauf fand die Heimatmesse in Heiligenkreuz statt ( HB 26/2022). Heute berichtet der Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz über den Festakt im Rathaus am Samstag.

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Der eiserne Pate

Der treue Fahnenjunker

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12

Sudetendeutsche Zeitung Folge 29 | 22. 7. 2022

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstra­ße 21, 83352 Altenmarkt, Tele­fon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl­ @online.de. In­ter­net www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

� Gretl Schmid: „Meine Mutter, eine außergewöhnliche Frau“ – Teil I

� Roßhaupt

Endlich akzeptieren die Brüder den erwählten Mann Gretl Schmid (Þ rechts) schrieb das Leben ihrer Mutter für ihre Kinder, Enkel und Urenkel auf. Wichtig sei, zu wissen von wem man abstamme und wer die Ahnen seien. „Besonders für uns Heimatvertriebene wäre es schade, wenn man unsere Wurzeln und unsere Abstammung vergessen würde.“ Die

M

eine Mutter Anna Schücker kam am 27. März 1905 in Haid zur Welt. Sie war das drittjüngste Kind von sieben Kindern des Ehepaars Lorenz Schücker aus Haid und Margarethe Erhard, die aus einem Dorf in der Nähe von Haid stammte. Mutter hatte fünf Brüder und eine Schwester. Ihre Geschwister hießen Theodor, Heinrich, Theresia, Robert, Emil und Felix. Annas Eltern besaßen in Haid eine Bäckerei am Marktplatz und waren Hoflieferant der Fürsten von und zu Löwenstein, die in Haid ihren Hauptsitz hatten. Die Familie meines Großvaters zählte zu den gutbürgerlichen Einwohnern der Kleinstadt Haid. Es mangelte nicht an Ansehen und Geld. Drei von Mutters fünf Brüdern durften studieren, was in der damaligen Zeit schon außergewöhnlich war. Unsere Mutter verbrachte eine unbeschwerte Kindheit, besuchte die Lyzeum genannte Klosterschule und durfte nach dem Schulabschluß eine Lehre als Textilverkäuferin machen. Nach der Lehrzeit war sie weiter als Verkäuferin tätig und nicht wie damals üblich als Dienstmädchen oder als sogenannte Haustochter im elterlichen Haushalt. Haustochter war ihre Schwester, unsere Tante Resi, die meine Großmutter bei der Führung des großen Haushalts und des Bäckergeschäfts tatkräftig unterstützte, bis Tante Resi einen Lehrer heiratete. Nach einigen Jahren entschloß sich mein Großvater Lorenz – er hatte den Weitblick und wollte auch für seine Tochter das Beste –, für unsere Mutter in Roßhaupt ein kleines Textilgeschäft zu eröffnen. Mutter war überglücklich, und das Geschäft wurde von den Roßhauptern und den Bewohnern der umliegenden Dörfer gut angenommen. Mutter war sehr erfolgreich und als Geschäftsfrau beliebt. Mutter lernte in dieser Zeit in Roßhaupt Johann Salfer kennen. Nach ihren Erzählungen tat sie sich mit Männern etwas schwer. Sie war von relativ großer Statur und ziemlich dürr, damals waren eher rundliche Frauen gefragt. Darüber hinaus war ihren Brüdern keiner gut genug. Sie lästerten über jeden, und erst der Hans aus Roßhaupt, den sie nicht kannten, erfüllte ihre Vorstellungen als Schwager. Sie heirateten 1932. Ein Jahr nach der Hochzeit kam mein Bruder Heinrich, Heinerl genannt, zur Welt. Da die gemietete Wohnung mit Ladengeschäft zu klein wurde, kaufte Mutters Vater mitten im Dorf Roßhaupt ein soeben frei gewordenes Einfamilienhaus. Das Haus wurde zu

Vorfahren seien Kleinbauern, Handwerker und Geschäftsleute, tüchtige, ehrbare Menschen gewesen, die diese Charaktereigenschaften an die Nachfahren weitergegeben hätten und in ihnen weiterlebten. „Seid stolz“, mahnt sie ihre Kinder, Enkel und Urenkel, „auf eure Vorfahren und besonders

einem Geschäftshaus umgebaut. Damals hatten die meisten Häuser in Roßhaupt noch keine eigene Wasserversorgung, sondern alle Hausbesitzer und sogar die Bauern holten ihr Wasser für das Vieh vom öffentlichen Dorfbrunnen, Röhrenkasten genannt. Dafür benutzte man einen Wasserträger. Das war eine Stange, an der an beiden Enden ein Eimer hing. Über die Schulter gelegt, wurde das Wasser transportiert. Unser Vater ließ nach dem Kauf des Hauses sofort einen Brunnen schlagen. Ein Wünschelrutengänger zeigte ihm die Quelle an, die allerdings nur wenig Wasser führte. Da probierte

auf eure Salfer Oma, die allen Erschwernissen im Leben getrotzt hat und ein liebenswerter, immer freundlicher, humorvoller Mensch war. Meine Mutter war der beste Mensch!“ Der Heimatbote für den Kreis Tachau veröffentlicht ihre Niederschrift in mehreren Folgen.

ters Geschäft lief weiterhin sehr gut. Viele Kunden kamen auch aus Waidhaus zu ihr, einem Dorf über der Grenze in Bayern. Während Mutter tagein und tagaus im Geschäft arbeitete, kümmerte sich unser Vater um die Belange in Haus und Garten, da er auf Grund der politischen Lage trotz Abitur keine Anstellung bekam. Im Haus seiner Eltern wurde eine Tankstelle errichtet, die unser Vater bediente, doch es gab zu wenige Fahrzeuge, so daß man von der Tankstelle nicht leben konnte und sie keine Vollzeitbeschäftigung war. So konnte unser Vater ausgiebig auch seinen verschiedenen Hobbys frönen. Jagen und Fischen

sode war uns allen noch lange in Erinnerung. Vater war sehr eitel, und als er zur Musterung mußte, war kein Friseur erreichbar. Da mußte Mutter unserem Vater die Haare schneiden. Das konnte sie nicht, und die Frisur fiel dementsprechend aus. Er hatte lauter Scharten am Kopf und war furchtbar wütend. Mutter – sie war immer gut gelaunt – mußte immer mehr lachen, je ärgerlicher Vater wurde. Er wurde trotzdem von der Armee genommen, aber das Thema Haarschnitt zog sich durch das ganze spätere Leben unserer Familie. Mutter bekam immer wieder einen Lachanfall, wenn das Gespräch darauf kam. Und Vater war immer noch

Gretl Schmid 85 Am 18. Juli feierte tige Roßhaupterin Schmid/Salfer im schen Neuburg an 85. Geburtstag.

die gebürMargareta oberbayerider Donau

G

retl Schmid kam als Margareta Theresia Salfer zur Welt. Ihre Eltern Anna und Johann Salfer waren Kaufleute und besaßen in Roßhaupt ein eigenes Geschäft für Stoffe und Galanteriewaren. Gretls Großeltern väterlicherseits waren Kleinbauern aus der Roßhaupter Gegend, die sechs Kinder hatten. Einer übernahm den Hof, vier erlernten einen Beruf. Gretls Vater Johann durfte das Konvikt in der Stadt Plan besuchen und machte dort Abitur. Ihre Mutter Anna Schücker war das drittjüngste von sieben Kindern der Eheleute Lorenz Schücker aus Haid und Margarethe Erhard, die aus einem Dorf in der Nähe von Haid stammte. Anna hatte fünf Brüder und eine Schwester. Ihre Eltern besaßen in Haid eine Bäckerei am

Skizze der Roßhaupter Kirche in deutscher Zeit.

es unser Vater selbst. Und siehe da, er fand in geringer Tiefe im Garten Wasser. Von da an wurde unser Vater immer wieder herangezogen, wenn es um Wasserquellen ging. Leider hat von uns Kindern keiner dieses Talent geerbt. Vater gestaltete auch den zum Haus gehörenden Garten, und dieses Hobby pflegte er Zeit seines Lebens. Das Textil- und GalanterieGeschäft, so stand es auf der Tafel über dem Schaufenster, lief sehr gut, so daß unsere Mutter bald einen Lehrling einstellen mußte. Auch im Haushalt wurde sie von einem Dienstmädchen, der Emma, unterstützt. Vier Jahre nach Heiner kam ich, Margarethe Theresia, genannt Gretl, auf die Welt. Und wieder vier Jahre später wurde unsere kleine Schwester, Christine Franziska, genannt Christl, geboren. Mut-

waren seine Lieblingsbeschäftigungen. Er fuhr auch gerne mit seinem Motorrad, dem ersten in der Gegend, spazieren. Mutter wurde indessen immer bekannte. Was unseren Vater sehr ärgerte, war, daß man über ihn als der Mann von der Schücker Anna sprach und Mutter nicht die Frau vom Salfer Hans nannte. Trotz der vielen Arbeit hatte unsere Mutter immer noch Zeit, uns in der Mittagspause oder am Abend Märchen zu erzählen oder Lieder mit uns zu singen. Übrigens sang unsere Mutter oft und viel. Besonders erinnere ich mich an die gemütlichen Abende, wenn Mutter uns bei Petroleumlicht, es gab in Roßhaupt noch keinen Strom, vorgesang und vorlas. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde auch unser Vater zur Armee eingezogen. Eine Epi-

empört, besonders weil sie es so lustig fand. Mutter meisterte ab da, wie alle Frauen in dieser Zeit, ihr Leben allein und ohne männliche Hilfe. Vater war gegen Adolf Hitler. Wenn er auf Urlaub zu Hause war, hörte er immer die feindlichen Nachrichten, was streng verboten war. Wir Kinder wurden aus dem Wohnzimmer verbannt. Wir sollten nichts mitbekommen, doch wir wußten Bescheid und hatten furchtbare Angst, eine Angst, die nicht beschreibbar war. Der Krieg war vorbei, die Amerikaner kamen ins Dorf, und die Tschechen folgten. Ein paar Tage quartierten sich einige Amerikaner in unserem Haus ein. Sie grillten am offenen Feuer in unserer Küche, indem sie einfach die Herdplatte entfernten. Fortsetzung folgt

Marktplatz und waren Hoflieferant der Fürsten von und zu Löwenstein, die in Haid im Schloß ihren Hauptsitz hatten.

Gretl war acht Jahre alt, als die Familie Salfer als eine der ersten Bewohner in Roßhaupt im Frühjahr 1946 den Vertreibungsbefehl erhielt und Gretl mit ihren Eltern, ihrem älteren Bruder Heiner und ihrer kleinen Schwester Christl Haus und Geschäft in Roßhaupt verlassen mußte. Als Flüchtlinge kamen sie bei einem Bauern in der Nähe von Neuburg an der Donau in Oberbayern unter. Dort verbrachte Gretl ihre weitere Kindheit und Jugend, besuchte die Mittelschule und machte eine Ausbildung zur Radio- und Schallplattenverkäuferin. Später arbeitete sie im neuen Lebensmittelgeschäft ihrer Familie und leitete dort zusätzlich die Poststelle. 1962 heiratete sie den Berufsschullehrer Alfons Schmid. Die Ehe sollte bis zu Alfons Tod mehr als 50 Jahre währen. Obwohl Gretl seit der Geburt ihres ersten Kindes als Hausfrau und Mutter von fünf Kindern – und inzwischen Großmutter von acht Enkeln und Urgroßmutter von vier Urenkeln – immer gut ausgelastet war, fand sie stets die Zeit, sich für andere zu engagieren. Lange Jahre war sie im Katholischen Deutschen Frauenbund aktiv und kreativ. Dort gab sie ein in mehreren Auflagen erschienenes Neuburger Kochbuch heraus. In ihrer Werkstatt band sie Hunderte von Haustür- und Adventskränzen, die zugunsten wohltätiger Zwecke verkauft wurden. Sie erweckte die Tradition, zu Ostern Kräuterbüschel und zu Pfingsten Palmbüschel zu binden, zu neuem Leben. Sie war viele Jahre für den Kirchenschmuck zuständig, und Besucher kamen von weit her, um die von Gretl und Alfons zu Erntedank gestalteten Körnerteppiche und Erntealtäre zu bewundern. Ihre besondere Liebe galt immer schon und gilt noch immer ihrem wunderschön und aufwendig gestalteten Garten, in dem sie ihr persönliches Paradies gefunden hat. Von Herzen Glück und Gottes reichen Segen wünschen ihr ihre Kinder Stefan, Christa, Rita, Barbara und Albert mit Familien sowie die Roßhaupter Landsleute mit ihren Ortsbetreuern Helga und Heribert Kett an der Spitze.

TERMINE n Freitag, 29. Juli, 14.30 Uhr, Jakobifest in Bruck am Hammer: 32. Gottesdienst in der Heimatkirche mit dem Chor „Fontana“ aus Marienbad und der „Missa Brevis“ von Zdeněk Lukáš; anschließend Totengedenken auf dem Friedhof und Wirtshausbesuch. n  Sonntag, 21. August, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle. n  Freitag, 9. bis Sonntag, 11. September, Loreto-Wallfahrt in Haid: Freitag, 17.30 Uhr, tschechischer Gottesdienst in Sankt

Nikolaus. Samstag, 19.00 Uhr, deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pfarrer Georg Hartl und den Waidhauser Fußpilgern, anschließend Lichterprozession. Sonntag, 9.30 Uhr, tschechisch-deutsch-lateinisch-sprachiger Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pater Václav Sládek; anschließend Empfang und Imbiß in der Loreto-Anlage. n  Sonntag, 16. Oktober, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Bischof em. Friedhelm Hofmann aus Würzburg.


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