Sudetendeutsche Zeitung 15. Juli 2022 Ausgabe 28

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Bayerns Vertriebenenbeauftragte Sylvia Stierstorfer über ihre Tschechien-Reise (Seite 5)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 74 | Folge 28 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 15. Juli 2022

VOLKSBOTE

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Samstag, 23. und Sonntag, 24. Juli

Wendlingen freut sich auf das große Vinzenzifest Nach zwei Jahren Pandemie lädt Wendlingen am Neckar, die Patenstadt der Egerländer, am Samstag, 23. und Sonntag, 24. Juli zum 70. Vinzenzifest ein, das mit dem 47. Egerländer Landestreffen verbunden ist.

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Nach zwei Jahren Pandemie-Zwangspause lädt die Egerländer-Patenstadt Wendlingen am Neckar zum 70. Vinzenzifest ein.

Europaparlament

Weg frei für grüne Atomkraft 278 Ja-Stimmen, 328-Nein-Stimmen, 33 Enthaltungen: Der Versuch, Gas und Atomkraft aus der Taxonomie, der Liste der ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten, zu streichen, ist im Europaparlament gescheitert.

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or der Abstimmung gegen den Entwurf der EU-Kommission hatte Tschechiens Premierminister Petr Fiala noch einmal die Bedeutung unterstrichen: „Kernenergie und Gas aus sicheren Ländern sind für viele Mitgliedstaaten die einzige Möglichkeit, unsere gemeinsamen Klimaziele in den kommenden Jahren zu erreichen.“ Mit der Aufnahme von Kernkraft und Gas in die Taxonomie gelten diese als grüne Energieformen in der Europäischen Union, die entsprechend politisch gefördert, finanziell unterstützt und ausgebaut werden sollen. Österreich und Luxemburg hatten bereits vor der Abstimmung erklärt, daß sie im Falle eines Scheiterns Klage einreichen werden. Auch Umweltverbände wollen juristische Schritte einleiten. Insgesamt werden derzeit 105 Kernkraftwerke in der EU betrieben. Gut die Hälfte davon, nämlich 57, stehen in Frankreich, das damit 70 Prozent seines gesamten Strombedarfs produziert. Eine wichtige Rolle im Strom-Mix spielt die Atomenergie auch in der Slowakei. Dort liegt ihr Anteil bei 53 Prozent. In Schweden, Ungarn, Bulgarien, Slowenien und Tschechien ist die Kernkraft mit mehr als 30 Prozent ebenfalls ein unverzichtbarer Energieträger. Anders in Deutschland, wo einst 30 Prozent des Stroms aus Atomkraft gewonnen wurden. Hier werden die letzten drei Kraftwerke Ende des Jahres abgeschaltet. Wie die fehlende Energie ersetzt werden soll, ist unklar. TF

Foto: Egerländer Gmoi

as Vinzenzifest kann auf eine 300-jährige Tradition zurückblicken. Es wurde durch den Magistrat der alten Reichsstadt Eger aus Anlaß der Verleihung der Kopfreliquie des Hl. Vinzenz an die Stadt gestiftet und erstmals im Jahre 1694 als Erntedankfest am letzten Sonntag im August begangen. Die heimatvertriebenen Egerländer, für die die Stadt Wendlingen am Neckar im Jahre 1966 die

Patenschaft übernommen hat, haben dieses Fest in ihre neue Heimat mitgebracht. Seit 1952 wird es mit der Egerländer Gmoi und den Heimat- und Trachtenverbänden als eines der größten Brauchtumsfeste in BadenWürttemberg gefeiert. Wegen seiner langjährigen Geschichte stellt das Fest ein Kulturgut höchsten Ranges dar. Damit noch mehr Menschen die Gelegenheit haben, am Vinzenzifest teilzunehmen, findet es in diesem Jahr erstmals an einem neuen Termin statt– am letzten Wochenende vor dem Beginn der Sommerferien. Das genaue Programm lesen Sie auf Seite 4 unter der Rubrik Veranstaltungskalender.

Tschechiens Premierminister hat die Kernziele seiner Regierung für die EU-Ratspräsidentschaft in Straßburg vorgestellt

Fialas Fünf-Punkte-Plan findet breite Zustimmung im Europaparlament Zu Beginn der tschechischen Ratspräsidentschaft hat Premierminister Petr Fiala den Fünf-Punkte-Plan „Europa als Aufgabe“ (siehe Seite 3) seiner Regierung im Europaparlament vorgestellt. In der anschließenden Debatte kündigten die Vertreter aller Fraktionen ihre Unterstützung an, forderten aber, daß Tschechien den Worten auch Taten folgen läßt.

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as Motto „Europa als Aufgabe“ hatte die tschechische Regierung bewußt für die EU-Ratspräsidentschaft gewählt – eine Reminiszenz an die große Rede des ersten demokratisch gewählten Präsidenten des Landes, Václav Havel, bei der Verleihung des Internationalen Karlspreises im Jahr 1996. „Ich kann mir kein besseres Land für die jetzige EU-Ratspräsidentschaft vorstellen als Tschechien“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Fialas programmatischer Rede und spielte damit auf die historischen Erfahrungen in Tschechien mit dem russischen Imperialismus und der Niederschlagung des Prager Frühlings an. Wie zuvor Fiala thematisierte von der Leyen die Energiesicherheit angesichts des russischen Angriffskriegs, forderte aber, an dem ökologischen Umbau „Fit for 55“ festzuhalten: „Wir dürfen den grünen Wandel nicht bremsen – gerade wegen der aktuellen Lage, denn sonst gehen die Energiepreise durch die Decke. Wir müssen raus aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern.“ „Dieser Ratsvorsitz kommt zum richtigen Zeitpunkt. Ich bin überzeugt, daß die tschechische Regierung für eine proeuropäische, erfolgreiche EU-Ratspräsidentschaft stehen wird“, sagte Manfred Weber, der Fraktionsvorsitzende der EVP. Mit ih-

rem Widerstand gegen die Nazis, dem Aufbegehren gegen die Russen und der führenden Rolle beim Fall des Eisernen Vorhangs hätten die Tschechen in ihrer Geschichte immer wieder mutig und entschieden für Demokratie und Freiheit gekämpft. Weber: „Gegen Putin können wir nur überleben, wenn Europa in der Welt der Anführer für Demokratie ist.“ Weiter sagte der Bayer, er teile die Einschätzung der tschechi-

schen Regierung, die Energiepreise zeitlich zu deckeln, und forderte die Einberufung eines außerordentlichen Europäischen Rats im Herbst, um Strategien gegen eine mögliche Energieknappheit zu beschließen. „Wir unterstützen Ihre Prioritäten“, sicherte auch Iratxe Garcá Pérez von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten, der tschechischen Regierung Unterstützung zu, ergänzte aber, man müsse auch „über die sozialen Folgen sprechen“ – was Fiala später in seiner Antwort klar bestätigte, indem er darauf verwies, daß alle fünf Punkte darauf abzielen, die Bürger zu schützen. Die Fraktionschefin forderte Tschechien außerdem auf, als Mitglied der Visegrád-Länder Einfluß auf Polen und Ungarn auszuüben. „Autoritärer Populismus ist eine Gefahr für Europa“, so die spanische Sozialistin. „Tschechien muß ein Krisenmanager sein. Es muß sicher-

„Europa als Aufgabe“: Tschechiens Premierminister Petr Fiala hat am Mittwoch, 6. Juli, das Fünf-Punkte-Programm seiner Regierung für die EURatspräsidentschaft im Europaparlament vorgestellt. F: European Union gestellt werden, daß die Bürger und die Unternehmen mit Energie versorgt werden. Die Bürger müssen ganz vorne stehen, nicht hinten, wie in Ihrem Vortrag“, forderte Dita Charanzová von Renew Europe. Die Tschechin ist Mitglied der Ano-Partei von Ex-Premierminister Andrej Babiš, dem nachgesagt wird, im Herbst offiziell seine Präsidentschafts-Kandidatur

bekannt zu geben. „Es sind schwierige Zeiten“, meinte der Katalane Jordi Solé von der Fraktion der Grünen/ Freie Europäische Allianz mit Blick auf den Krieg mitten in Europa, forderte aber trotzdem, beim ökologischen Umbau nicht nachzulassen. „Wir müssen die Abhängigkeit von fossilen Energien beenden und unsere Klimaherausforderungen bewältigen.

Wir müssen nicht nur ehrgeizig, sondern konsequent sein.“ „Wir müssen den Krieg so schnell wie möglich beenden. Die Situtaion ist wirklich dramatisch. Die Bürger leiden unter den Problemen. Die Bürger wünschen konkretes Handeln“, sagte der Italiener Marco Zanni, Chef der rechtsgerichteten Fraktion Identität und Demokratie. „Premierminister Petr Fiala hat die Probleme angesprochen, denen Europa die Stirn bieten muß. Wir brauchen an der Ostgrenze Europas mit der Ukraine wieder ein funktionierendes Land. Für die Zeit nach dem Krieg benötigen wir konkrete Wiederaufpläne“, so die Tschechin Veronika Vrecionová von der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer. Kateřina Konečná, tschechische Abgeordnete der Fraktion Die Linke, warnte vor einem radikalen ökologischen Umbau ohne soziale Abfederung: „Mit dem Verbot von Verbrennungsmotoren werden die tschechischen Bürgerinnen und Bürger auf der Strecke gelassen.“ Und Balázs Hidvéghi, fraktionsloser Abgeordneter aus Ungarn, forderte Fiala auf, sich auf die Kernaufgaben zu fokussieren: „Das ist ein historischer Moment mit beispielslosen Herausforderungen. Konzentrieren Sie sich auf die wirklichen Probleme. Die Schlüsselfrage ist die Energiesicherheit. Die Europäische Union muß an der Seite der Bürgerinnen und Bürger stehen.“ Nur der Grüne Reinhard Bütikofer polterte nach der Sitzung via Twitter gegen Fiala und nannte ihn den „Verlierer der Woche“. Der Grund: Fiala hatte in seiner Rede noch einmal dafür geworben, gerade jetzt Atomkraft als grüne und CO2freie Energie in die EU-Taxonomie aufzunehmen – mit Erfolg (siehe links). Torsten Fricke


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AKTUELL · MEINUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

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ie Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, MdL Sylvia Stierstorfer, hat zum zweiten Mal in ihrer Amtszeit Gespräche in Prag geführt (siehe Seite 5). Zu diesen Terminen gehörte auch ein Treffen mit SL-Büroleiter Peter Barton. Dabei wurde klar, daß ihr die Sorgen und Probleme der Sudetendeutschen Vertretung in Prag besonders am Herzen liegen. Barton informierte die Beauftragte über die Fortschritte im (sudeten)deutschtschechischen Dialog der letzten

PRAGER SPITZEN

Jahre, der durch die Corona-Pandemie verzögert wurde. Die neuesten Entwicklungen und die Arbeit der aktuellen tschechischen Regierung lassen jedoch die Hoffnung aufkommen, daß sich diese Beziehungen noch besser als in den letzten Jahren entwickeln könnten. An diesem Treffen nahmen außerdem teil (von links): Irene Novak (Kulturverband der Deutschen), Dr. Markus Ehm (Hanns-Seidel-Stiftung, hatte das Treffen organisiert), Maja Konstantinović (Antikomplex) und Schwester Angelika Pintíř (Sdružení Ackermann-Gemeinde).

Große Solidarität mit Kriegsflüchtlingen

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35 Realschüler aus Ostbayern legen Sprachprüfung in Tschechisch ab

„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“

„Dobrý den, pocházím z Bavorska – Guten Tag, ich komme aus Bayern.“ Diesen und viele weitere Sätze können 35 Realschüler aus Ostbayern, die ihre Sprachprüfung in Tschechisch abgelegt haben. Im Historischen Reichssaal des Alten Rathauses in Regensburg haben sie jetzt ihre Zertifikate erhalten.

m Kampf gegen den russischen Völkermord an der Ukraine setzt die ukrainische Luftwaffe jetzt auch tschechische Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 ein, hat das ukrainische Zentrum für Strategische Kommunikation Stratcom mitgeteilt. Die Mi-24, Spitzname „Fliegender Panzer“, kann, ungewöhnlich für einen Kampfhubschrauber, auch bis zu acht vollausgerüsteten Soldaten transportieren. Die Mi-24 hat eine Reichweite von über 750 Kilometern, ist mit doppelläufigen Maschinenkanonen bewaffnet und kann mit Luft-Luft- und Luft-Boden-Raketen bestückt werden.

Selenskyj tauscht Botschafter aus

Erinnerungsfoto vor dem Alten Rathaus in Regensburg: 35 Realschüler freuen sich über ihre sehr guten Ergebnisse bei der tschechischen Sprachprüfung.

Auszeichnung der Staatlichen Realschule Vohenstrauß als „Stützpunkt-Realschule für Tschechisch“. Von links Schulleiter Kilian Graber, Ministerialbeauftragte Mathilde Eichhammer, Tschechischlehrerin Renáta Burcsak und Wolfgang Seifert von der Dienststelle der Ministerialbeauftragten für die Realschulen in der Oberpfalz.

„Ich finde Tschechisch nicht gerade leicht, aber sehr cool“, erzählt die 16jährige Nina Jäckel, die gerade an der Realschule in Wunsiedel ihre Mittlere Reife gemacht hat und mit ihrer Mutter Carmen Jäckel nach Regensburg gekommen ist. Fotos: Mediaservice Novotny

dete die Auszeichnung damit, daß die Realschule Vohenstrauß nicht nur seit vielen Jahren das Wahlfach Tschechisch anbietet, sondern zudem eine sogenannte Talentklasse führt, deren Schüler eine zusätzliche zentrale Abschlußprüfung in Tschechisch absolvieren. Schließlich wurde Dr. Ladislava Holubová für ihr langjähriges unermüdliches Engagement sowie ihren wertvollen Beitrag zur Sicherung der Unterrichtsqualität in der Fremdsprache Tschechisch geehrt. Holubová ist Mitgründerin der Sprachinitiative Tschechisch und Leiterin des Arbeitskreises für Tschechisch an den Realschulen in der Oberpfalz. Der zentrale Sprachprüfungstest für die Realschulen findet seit 2011 statt und prüft die Sprachkompetenz auf den Niveaustufen A1 und A2. Bereits vor 100 Jahren hatte der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein die Bedeutung der Sprachkompetenz in einem großen Satz beschrieben: „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“ Diesem Bild folgend ist die Welt für die ausgezeichneten 35 Realschüler jetzt ein gutes Stück größer geworden.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann:

Heimatvertriebene als Vorbilder Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat die Heimatvertriebenen als Pioniere der Zukunft in Bayern bezeichnet.

B Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. F.: Mediaservice Novotny

Ukraine nutzt tschechische Mi-24

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nde Mai hatten die Realschüler an einer Zertifizierungsprüfung in der Fremdsprache Tschechisch teilgenommen. Nun wurden sie für ihr sehr gutes Abschneiden im Historischem Reichssaal geehrt. Aus dem Münchner Kultusministerium war Ministerialdirigent Adolf Schicker angereist, um gemeinsam mit Mathilde Eichhammer, der Ministerialbeauftragten für die Realschulen in der Oberpfalz, die begehrten Zertifikate auf dem Niveau A1 und A2 persönlich zu überreichen. Bei der Feierlichkeit war auch Jan Kreuter, Konsul der Tschechischen Republik für Politik und Handel, anwesend. In seinem Grußwort verwies Schicker auf die vielen Vorteile, die sich durch das Erlernen der tschechischen Sprache ergeben. So hätten die Jugendlichen nicht nur bei der Ausbildungsplatzsuche einen großen Vorteil. Mehr noch: Die Bereitschaft, die Sprache des Nachbarlandes zu erlernen, ist von unschätzbarem Wert für die Völkerverständigung auf dem gemeinsamen Kontinent. An die Prüflinge gerichtet sagte Schicker: „Durch Euer Engagement leistet ihr einen Beitrag für unser aller Zukunft, dessen Wert ihr vielleicht noch nicht ermessen könnt, der jedoch ein kostbares Gut für uns alle in Europa ist. Ihr habt gezeigt: Die bayerisch-tschechische Freundschaft ist stark und wird von Generation zu Generation weitergetragen.“ Mathilde Eichhammer verwies in ihrer Rede auf die gelungenen Partnerschaften, welche einen regelmäßigen Austausch zwischen Schulen in Tschechien und Bayern ermöglichen. Im Zuge der Zertifizierungsfeier ernannte Eichhammer außerdem die Staatliche Realschule Vohenstrauß zur „Stützpunkt-Realschule für Tschechisch“. Sie begrün-

reiviertel der tschechischen Bürger sind mit der vorübergehenden Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge einverstanden, hat das Meinungsforschungsinstitut CVVM ermittelt. Nur ein Viertel der Befragten steht der Aufnahme von Ukrainern kritisch gegenüber oder lehnt sie gänzlich ab. Bei früheren Befragungen zu Geflüchteten aus dem Nahen Osten und Nordafrika hatte noch eine Zweidrittelmehrheit eine vorübergehende Aufnahme abgelehnt. Anders die Ergebnisse bei der Frage, ob die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine dauerhaft bleiben können. Hier beträgt die Zustimmung nur zehn Prozent. 75 Prozent vertreten hingegen die Ansicht, die Menschen sollten in ihr Herkunftsland zurückkehren, sobald dies möglich sei.

ei der Kranzniederlegung zum Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung am Dienstag, 12. Juli, sagte Herrmann: „Die deutschen Heimatvertriebenen haben nach Ver-

treibung und Flucht beherzt und erfolgreich ein neues Gemeinschaftsleben geschaffen – nicht in Abgrenzung, sondern zusammen mit den Einheimischen.“ Die Heimatvertriebenen hätten nicht gejammert und zu aller erst nach Vater Staat gerufen, sondern mit härtester Arbeit und äußerster Disziplin eine neue Existenz geschaffen.

Herrmann: „Unsere jungen Leute können von den Heimatvertriebenen lernen, was Fleiß, Ideenreichtum und Mut bewirken können. Welche Kraft eine starke Identität und feste Werte entfalten.“ Der Minister weiter: „Die Heimatvertriebenen bauen menschliche Brücken und überwinden alte Gräben in den Köpfen und Herzen.“

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er ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat neben den Botschaftern in Deutschland, Ungarn, Norwegen und Indien auch seinen Top-Diplomaten in Tschechien, Jewhen Perebyjnis, abberufen. In einer Videobotschaft bezeichnete Selenskyj den Botschafter-Austausch als normalen Vorgang. Perebyjnis war bereits fünfeinhalb Jahre als Botschafter in Tschechien tätig und spricht fließend Tschechisch. Premierminister Petr Fiala erklärte, es sei für ihn immer eine Ehre gewesen, mit Perebyjnis zu arbeiten. Er habe es sehr geschätzt, welch innige Beziehung Perebyjnis zu Tschechien hatte.

Ähnlich äußerte sich Außenminister Jan Lipavský (Piraten), der Perebyjnis als einen „tollen Diplomaten und mutigen Mann“ bezeichnete. Laut der Zeitung Deník N wird Perebyjnis in sein Heimatland zurückkehren. Seine Nachfolge ist noch unklar.

Großer Filmpreis für „Summer with Hope“

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it dem Großen Preis des Internationalen Filmfestivals in Karlsbad ist am Samstagabend die Regisseurin Sadaf Foroughi für das kanadisch-iranische Sozialdrama „Summer with Hope“ ausgezeichnet worden. Außerdem wurde für sein Lebenswerk der australische Schauspieler Geoffrey Rush mit dem Kristallglobus ausgezeichnet.

Euro statt Krone als Inflationsbremse

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ls erste Regierungspartei hat Top 09 die Einführung des Euro auf die politische Agenda gesetzt. Auf einer Pressekonferenz erklärten die Abgeordneten Miloš Nový und Ondřej Kolář, der Euro sei eine Maßnahme im Kampf gegen die hohe Inflation. Die beiden Politiker betonten aber, daß entsprechende Schritte in dieser Legislaturperiode noch nicht unternommen werden können. Mit dem EU-Beitritt im Jahr 2004 hatte sich Tschechien eigentlich verpflichtet, den Euro einzuführen.

Literaturpreise für „Stunden aus Blei“

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um ersten Mal geht der Brükke Berlin Literatur- und Übersetzerpreis an zwei Tschechen. Ausgezeichnet werden die Autorin Radka Denemarková und die Übersetzerin Eva Profousová für die deutsche Übersetzung von Denemarkovás Roman „Stunden aus Blei“. Die Jury lobte insbesondere die Arbeit der Übersetzerin Eva Profousová, welche die „vielschichtige Prosa mit lyrischen Anteilen und essayistischen Passagen präzise und findig in ein lebendiges, klingendes Deutsch“ übertragen hätte. Die Preisverleihung findet am 10. Oktober in Berlin statt. Der Brükke Berlin Literatur- und Übersetzerpreis ist mit 20 000 Euro dotiert und wird seit 2002 alle zwei Jahre von der BHF-Bank in Zusammenarbeit mit dem Literarischen Colloquium Berlin, dem Goethe-Institut und dem Deutschen Theater Berlin vergeben.

Sudetendeutsche Zeitung

ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2022 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


AKTUELLES

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

„Europa als Aufgabe“ lautet das Motto der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft. Die Schwerpunkte dieses Programms hat der tschechische Premierminister Petr Fiala im Europäischen Parlament in Straßburg vorgestellt. Das Motto erinnert an die große Rede des ersten demokratischen Präsidenten Václav Havel bei der Karlspreis-Verleihung im Jahr 1996. Die Sudetendeutschen Zeitung dokumentiert Fialas Rede vom 3. Juli im Wortlaut:

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� Tschechiens Premierminister Petr Fiala hat das Programm für die EU-Ratspräsidentschaft im EU-Parlament vorgestellt

„Der Schlüssel ist ein gut funktionierender Binnenmarkt“

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eine Damen und Herren, die Themen und Prioritäten, mit denen wir uns befassen wollen, sind seit vielen Monaten in Vorbereitung, aber der 24. Februar 2022 hat die meisten unserer Pläne auf den Kopf gestellt. Unsere Prioritäten spiegeln diese neue Situation wider. Wir befinden uns in einer Zeit, in der unmittelbar vor den Grenzen der Europäischen Union ein Krieg stattfindet. Der klassische konventionelle Konflikt, von dem viele von uns dachten, er gehöre in Europa der Vergangenheit an. Doch neben dem konventionellen Krieg führt Rußland auch einen hybriden Krieg. Rußland hat bewußt eine Flüchtlingswelle in Gang gesetzt, nutzt Energieressourcen als Waffe und verursacht durch gezielte Angriffe auf die Infrastruktur eine Nahrungsmittelkrise. Aus unserer Sicht ist es gut, daß unsere Mitgliedschaft in der Europäischen Union und in der Nato uns vor den tragischsten Folgen schützt, die das ukrainische Volk derzeit zu tragen hat. Als ich am 15. März gemeinsam mit dem polnischen und dem slowenischen Ministerpräsidenten den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew besucht habe, konnte ich mich mit eigenen Augen vom Heldentum der Ukrainer überzeugen, die für ihr Existenzrecht und auch für das Recht, zu den westlichen demokratischen Ländern zu gehören, gekämpft haben und immer noch kämpfen. Das hat mich daran erinnert, daß unsere Werte nicht selbstverständlich sind und täglich verteidigt werden müssen. Die Werte, für die Menschen in der Ukraine heute sterben, sind Werte, die auch von einem der Gründer des modernen tschechischen Staates, Präsident Václav Havel, verteidigt wurden. Es war sein inspirierender Aufsatz aus dem Jahr 1996, der uns zu dem Motto unserer Präsidentschaft „Europa als Aufgabe“ geführt hat. Europa hat in der Tat viele Aufgaben vor sich. Auch die tschechische Ratspräsidentschaft hat viele Aufgaben vor sich. Die Hauptaufgabe in der kommenden Zeit wird darin bestehen, einen gemeinsamen und starken Konsens für Maßnahmen zu finden, die die negativen Auswirkungen der derzeitigen Krise auf unsere Bürger so weit wie möglich abschwächen. Denn Inflation, Energieknappheit und die Nahrungsmittelkrise sind Bedrohungen, denen wir uns stellen müssen, und wir müssen diese Herausforderungen am besten gemeinsam angehen. Ich glaube, daß sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament in dieser Frage einer Meinung sind. Europa als Aufgabe ist für uns eine Verpflichtung. Das ist keine Selbstverständlichkeit, aber es ist etwas, woran wir ständig arbeiten müssen. Europa muß verbessert werden. Und wir müssen anpassen, was nicht so funktioniert, wie wir es geplant haben. Europa sollte mit gutem Beispiel vorangehen – es sollte auf sein Gewissen hören und sich der Herausforderung stellen. Die Lösungen müssen jedoch ausgewogen sein, damit eine Überbetonung eines Bereichs nicht dazu führt, daß ein anderer Bereich, wie die soziale Aussöhnung oder unsere Wirtschaft, beschädigt

russischen Energielieferungen erfüllen kann. Wenn wir die Klimaziele wirklich erreichen wollen, müssen wir auch in der Lage sein, diese Maßnahmen in jedem Land zu finanzieren. Ich erwähne dies auch deshalb, weil Sie heute über den Einspruch gegen die so genannte Taxonomie, die die Europäische Kommission vorgelegt hat, abstimmen werden. Ich möchte betonen, daß dies ein sehr fragiler Vorschlag ist. Der Vorschlag betrifft eine ganze Reihe von Ländern, die nur dank der so festgelegten Kriterien in der Lage sein werden, ihre Klimaverpflichtungen zu erfüllen. Ich möchte Sie daher bei dieser Gelegenheit bitten, diesen heiklen Kompromiß, der auf komplexe Weise ausgehandelt wurde, nicht abzulehnen. Kernenergie und Gas aus sicheren Ländern sind für viele Mitgliedstaaten die einzige Möglichkeit, unsere gemeinsamen Klimaziele in den kommenden Jahren zu erreichen.

Europa muß sich verteidigen können

Der tschechische Premierminister Petr Fiala bei seiner Rede vor dem EUParlament. Rechts: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßt Tschechiens EU-Minister Mikuláš Bek. Fotos: European Union 2022 oder vernachlässigt wird. Die Tschechische Republik wird sich stets bemühen, alle in unseren Gesprächen geäußerten Ansichten sorgfältig zu berücksichtigen. Wir müssen vermeiden, uns zu spalten. Wir müssen immer versuchen, einen möglichst breiten Konsens zu finden. Wir müssen auch die Ansichten und Positionen anderer respektieren, selbst wenn wir nicht mit ihnen übereinstimmen. Havels Worte über Europa als Aufgabe wurden in einer anderen Zeit geschrieben, in einem anderen Europa als dem, das wir heute haben. Ihre grundlegende Botschaft ist jedoch nach wie vor dieselbe. Wir sehen unsere Aufgabe in dem Slogan „Umdenken, umbauen, umgestalten“, der die Herausforderungen und Probleme des heutigen Europas und unsere Antwort darauf widerspiegelt. Die tschechische Präsidentschaft wird sich für den Aufbau einer sicheren und prosperierenden Europäischen Union einsetzen. Eine, die den Werten von Freiheit und Demokratie treu ist. Eine, die es allen Bürgern ermöglicht, im Binnenmarkt frei zu reisen, zu arbeiten oder Geschäfte zu tätigen. Eine, die versteht, daß wir eine Verantwortung für die Umwelt haben, die wir in gutem Zustand an die nächsten Generationen weitergeben müssen. Eine, in der wir auf dem aufbauen, was uns eint, aber das respektieren, was uns trennt. Das ist die Europäische Union, die wir wollen.

Flüchtlingskrise und Wiederaufbau Und diesem Ziel entsprechen die fünf Säulen der tschechischen Präsidentschaft, die ich Ihnen nacheinander vorstellen möchte: Oberste Priorität haben die Bewältigung der Flüchtlings-

krise und der Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg. Die russische Aggression wirkt sich direkt oder indirekt auf alle europäischen Länder aus. Eine der direkten Folgen ist die größte Flüchtlingswelle seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Tschechische Republik ist eines der Länder mit der größten Anzahl ukrainischer Flüchtlinge pro Einwohner. Sie machen über 3,5 Prozent unserer Bevölkerung aus. Wir haben auch unsere eigenen bitteren Erfahrungen mit der russischen imperialen Politik gemacht. Wir wissen, was die aggressive Politik Rußlands anrichten kann. Die Tschechische Republik ist daher davon überzeugt, daß die politische und militärische Unterstützung der EU für die Ukraine ein vitales Interesse der gesamten Union ist, das große Auswirkungen auf die Zukunft des Kontinents hat. Die tschechische Ratspräsidentschaft wird daher die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine mit allen der EU zur Verfügung stehenden Mitteln konsequent verteidigen und unterstützen. Wir werden eine starke und geeinte Position gegenüber Rußland betonen und den Mitgliedstaaten bei der militärischen Unterstützung der Ukraine oder bei der Bewältigung der Folgen der Migrationswelle größtmögliche Hilfe leisten. Ebenso wichtig ist es, den Blick in die Zukunft zu richten. Auf der letzten Tagung des Europäischen Rates ist es uns gelungen, den Kandidatenstatus der Ukraine und der Republik Moldau zu genehmigen. Ich freue mich, daß uns auch das Europäische Parlament in dieser Hinsicht tatkräftig unterstützt hat. Auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen dafür zu danken. Aber die Reise darf hier nicht enden. Eine weitere wichtige Aufgabe der tschechischen Präsidentschaft wird die Vorbereitung des Wiederaufbaus der Ukraine nach

dem Krieg sein. Wir müssen uns vor allem auf die Wiederherstellung der Infrastruktur, die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen und die wirtschaftliche Erholung und Stabilität konzentrieren. Die Europäische Union muß dabei eine grundlegende Rolle spielen. Das haben Präsidentin Ursula von der Leyen und ich am Montag auf der Konferenz über den Wiederaufbau und die Rehabilitation der Ukraine in Lugano in der Schweiz gemeinsam demonstriert. Der Weg der Ukraine in die EU wird noch lang sein, aber wir müssen gemeinsam daran arbeiten, ihn erfolgreich zu gestalten und die Europäische Union zu stärken.

Energiesicherheit mit Kernkraft Die zweite Priorität ist die Energiesicherheit. Die aktuelle Krise hat deutlich gemacht, wie existenziell wichtig es für die Zukunft der EU ist, unsere Unabhängigkeit von Ländern zu sichern, die unsere Sicherheit bedrohen. Jetzt geht es natürlich um russisches Gas, Öl und Kohle. Der Weg, den die tschechische Präsidentschaft einschlagen will, ist vor allem die Arbeit an gemeinsamen europäischen Projekten, die uns aus der Abhängigkeit von Rußland befreien sollen. Die tschechische Präsidentschaft wird sich auf Fragen der Energiesicherheit und auf die beschleunigte Umsetzung von REPowerEU konzentrieren, wobei die Diversifizierung der Res-

sourcen ein wichtiger Bestandteil ist. Wir sind bereit, an der Koordinierung der Gaslieferungen für den kommenden Winter zu arbeiten. Wir unterstützen freiwillige gemeinsame Ankäufe nach dem Modell, das sich in der Covid-Krise bewährt hat. Bei all dem müssen wir bedenken, daß wir uns bald in einer Situation befinden werden, in der die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten mehr denn je erforderlich sein wird. Wir dürfen auch nicht vergessen, die Widerstandsfähigkeit der EU im Energiebereich durch den Ausbau der Energieinfrastruktur zu stärken. Gleichzeitig müssen wir alle einheimischen emissionsfreien Energiequellen fördern, da sie eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Energiesicherheit der EU und der Erreichung der Klimaziele zu spielen haben. In der Tat geht das langfristige Ziel der Dekarbonisierung des europäischen Energiesektors weitgehend Hand in Hand mit dem kurzfristigen Ziel der Entkarbonisierung der Energieversorgung. Um energiepolitisch unabhängig von Rußland zu werden, müssen wir alle Möglichkeiten nutzen, die unsere geografischen Gegebenheiten uns bieten. Angesichts der Größe der Union und der Anzahl der Mitgliedstaaten kann hier kein einheitliches Muster angewandt werden. Jeder Mitgliedstaat muß in der Lage sein, den Energiemix zu wählen, der am besten zu seinen Bedingungen paßt und mit dem er sowohl seine Klimaziele als auch seine Abhängigkeit von

Der Krieg auf dem europäischen Kontinent hat gezeigt, daß die europäischen Verteidigungskapazitäten und die Sicherheit des Cyberspace, die unsere dritte Priorität ist, gestärkt werden müssen. Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage ist die Stärkung der europäischen Sicherheitsund Verteidigungskapazitäten von entscheidender Bedeutung. Die Nato ist in dieser Frage ein natürlicher Partner für die EU, und die Umsetzung der zentralen Themen des Strategiekompasses ist das geeignete Instrument. Wir werden uns für eine verstärkte europäische Zusammenarbeit beim Aufbau der Verteidigungskapazitäten der Mitgliedstaaten einsetzen. Auch im Rahmen der Unterstützung, die einzelne Mitgliedstaaten der Ukraine gewähren, ist es dringend erforderlich, die militärischen Bestände aufzufüllen. Wir halten es auch für notwendig, die europäische Verteidigungsindustrie zu entwickeln, einschließlich Investitionen zur Verringerung der technologischen Abhängigkeit von nicht vertrauenswürdigen Ländern. Langfristig werden wir darauf hinarbeiten, den gemeinsamen Kauf von militärischer Ausrüstung zu erleichtern. Mit dem neuen Zeitalter der Digitalisierung entstehen neue Arten von Bedrohungen, die zunehmend von unseren Gegnern und Feinden ausgenutzt werden. Wir werden uns daher auch auf Cyber-Bedrohungen und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit Europas gegenüber hybriden Bedrohungen von außen konzentrieren. Dies betrifft den Kampf gegen Desinformation oder die Sicherheit des Cyberspace und wichtiger EU-Infrastrukturen, einschließlich der Institutionen. Wir müssen dies alles in Zusammenarbeit mit unseren Partnern und Verbündeten tun.

Resilienz der Wirtschaft stärken Unsere vierte Priorität ist die strategische Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Schon jetzt hat die Covid-Pandemie einige Schwächen der europäischen Wirtschaft offenbart, nämlich die übermäßige Abhängigkeit von bestimmten Ländern. Europa muß eine industrielle und technologische Führungsrolle übernehmen. Der Schlüssel dazu ist ein gut funktionierender Binnenmarkt ohne unnötige administrative Hindernisse, der die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen stärkt. Fortsetzung Seite 4


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AKTUELL · TERMINE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

VERANSTALTUNGSKALENDER Noch bis Donnerstag, 21.

„Europa als Aufgabe“: Tschechiens Premierminister Petr Fiala bei der Vorstellung des tschechischen Programms für die EU-Ratspräsidentschaft am 3. Juli im Europaparlament in Straßburg. Foto: European Union 2022

Fortsetzung von Seite 3:

„Wir dürfen die Bürger nicht vergessen“ ... Wir müssen daher die Lieferketten, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden, besser verstehen und sie idealerweise so weit wie möglich verkürzen. Nur so können wir sicherstellen, daß die Verfügbarkeit von strategischen Rohstoffen und Teilen für uns immer gewährleistet ist. Die Vertiefung des Freihandels mit Partnern, die unsere Werte teilen, spielt dabei ebenfalls eine wichtige Rolle. Je mehr hochwertige Freihandelsabkommen wir haben, desto mehr können wir unsere Handelsbeziehungen und Lieferketten diversifizieren. Die Digitalisierung und Automatisierung der europäischen Industrie wird eine wichtige Rolle spielen, und sie muß wieder eine führende Rolle bei der Innovation, der Entwicklung und vor allem beim Einsatz neuer Technologien übernehmen. Die Ernährungssicherheit ist auch ein Bereich, der für die europäische Wirtschaft strategisch wichtig ist. Dank der gemeinsamen Agrarpolitik ist die EU heute in der Lage, sich selbst mit Lebensmitteln zu versorgen. Der Krieg in der Ukraine wirkt sich jedoch auch in diesem Bereich aus, und die EU muß darauf reagieren. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Ernährungssicherheit in anderen Teilen der Welt, vor allem in den am meisten gefährdeten Regionen, gewährleistet werden muß. Nicht zuletzt, weil eine Destabilisierung eine erhebliche Sicherheitsbedrohung für Europa darstellen würde.

Kampf für Freiheit und Demokratie Ronald Reagan hat einmal gesagt, daß die Freiheit nie mehr als eine Generation vom Aussterben entfernt ist. Ich füge hinzu, daß dasselbe auch von der Demokra-

tie gesagt werden kann. Deshalb ist die Widerstandsfähigkeit der demokratischen Institutionen gegenüber externen und internen Bedrohungen von entscheidender Bedeutung. Dies ist unsere fünfte und letzte Priorität. Der langfristige Wohlstand und die Stabilität Europas beruhen auf funktionierenden demokratischen Mechanismen. Unsere Gesellschaften werden ständig von denen angegriffen, die unsere Werte ablehnen. Diejenigen, die Freiheit und Demokratie ablehnen, diejenigen, die die Menschenrechte ablehnen, diejenigen, die die Rechtsstaatlichkeit ablehnen. Wir hingegen müssen diese Werte verteidigen. Deshalb werden wir uns stets konsequent für die Achtung und Stärkung der Freiheiten, der grundlegenden Menschenrechte und der europäischen Werte einsetzen. Wir werden die Zivilgesellschaft, freie Medien und unabhängige Institutionen auf dem gesamten europäischen Kontinent stärken. Meine Damen und Herren, es besteht kein Zweifel, daß wir vor einer schwierigen Zeit stehen, nicht zuletzt angesichts der Krise, die durch die russische Aggression in der Ukraine verursacht wurde. Wir sind mit einer hohen Inflation und ständig steigenden Energiepreisen konfrontiert. In einigen unserer Länder wird die Arbeitslosigkeit steigen, und in einigen Ländern ist sogar ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes möglich. Wir dürfen daher die Bürgerinnen und Bürger nicht vergessen, die in hohem Maße sozial betroffen sein werden. Wir dürfen die Armen und Bedürftigen nicht vergessen. Ich kann Ihnen versichern, daß wir diese Fragen im Rahmen der Präsidentschaft systematisch angehen wollen und werden.

„Europa als Aufgabe“. In der Nacht vor Fialas Rede haben Mitarbeiterinnen der tschechischen Delegation den 705 EU-Abgeordneten eine Broschüre mit der Rede von Václav Havel in die Postfächer gelegt. Foto: Vlada CZ

Juli, täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen und Verein Omnium (Prag): Ausstellung „Gerettete Denkmäler 2020 – Zeugen der deutschen Kulturgeschichte in der Tschechischen Republik“. Autobahnkirche Waidhaus, Autobahn A6 Nürnberg– Prag (Ausfahrt Waidhaus). Bis Sonntag, 17. Juli: Sudetendeutsches Museum: Allerley Feierei – großes Museumsfest in München. Freitag, 20.30 Uhr: Konzert mit Rick TheOg und May Rei. Samstag, 10.00 bis 14.00 Uhr: Museumsrallye für Kinder und Familien. 11.00 und 14.00 Uhr: Puppentheaterspiel. 16.30 Uhr: Kinder-Mitmachtanzen mit dem Böhmerwaldbund. Sonntag, 9.30 Uhr: Böhmischer Frühschoppen. 10.30, 11.00, 11.30 und 16.30 Uhr: Sonderführungen durch die Dauerausstellung. 10.45 Uhr und 16.30 Uhr: Kuratorenführungen durch die Sonderausstellung „allerley kunststück“ (läuft bis Sonntag, 4. Dezember) Samstag, 16. Juli, Egerländer Gmoi Nürnberg: Dudelsacktag der Egerländer Gmoi Nürnberg. 14.00 Uhr: Vortrag „Zur Geschichte des Egerländer Dudelsacks – ein Musikinstrument im Fokus der Volkskunde um 1900“ von Georg Balling. 19.00 Uhr: Dudelsack-Konzert mit der Regensburger Bordunmusik, Bojaz, Familienmusik Schmidt und Familienmusik Deistler. Haus der Heimat Nürnberg-Langwasser, Imbuschstraße 1, Nürnberg. Samstag, 16. Juli, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde Erlangen: „Na Uteku – Auf der Flucht“. Der Film dokumentiert das Schicksal der jüdischen Familie Weinstein aus Troppau. Anschließend Gespräch mit dem Troppauer Dieter Aust. Sportgaststätte des FSV Bruck, Tennenloher Straße 68, Erlangen. Mittwoch, 20. Juli, 18.00 Uhr, Sudetendeutsche Heimatpflege: „A guats Brot“ und „Böiasuppm.“ Mundartvortrag von Bettina Hofmann-Kaes und Isabelle Hardt (Sudetendeutsches Wörterbuch an der Universität Gießen) über Grundnahrungsmittel und Alltagsspeisen in Böhmen und Mähren-Schlesien. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 23. bis Sonntag, 24. Juli: Wendlingen am Neckar, Patenstadt der Egerländer: 70. Vinzenzifest verbunden mit dem 47. Egerländer Landestreffen. Auszug aus dem Festprogramm: Samstag, 10.00 Uhr: Weißwurstfrühstück des Akkordeonclubs Wendlingen vor dem Rathaus. 13.30 Uhr: Festsitzung des Patenschaftsrates mit einem Vortrag von Isabel Rödl zum Thema „Haben Trachtenvereine eine Zukunft?“. 16.00 Uhr: Vinzenzifest auf dem Saint-Leula-Forêt-Platz. 19.00 Uhr: Traditioneller Faßanstich mit Bürgermeister Steffen Weigel, anschließend lädt die Band „Midnight Special“ zum Feiern und Tanzen ein. Sonntag, 8.00 Uhr: Vinzenzimarkt mit rund 100 Ständen. 9.30 Uhr: Vinzenziprozession mit anschließendem Gottesdienst. 11.00 Uhr: Frühschoppenkonzert und Empfang der Stadt Wendlingen am Neckar mit Vinzenzirede von Petra Olschowski, MdL, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, unter dem Titel „Kultur und Gesellschaft – Dialog durch Teilhabe“. 12.00 bis 17.00 Uhr: Verkaufsoffener Sonntag. 13.30 Uhr: Festumzug. 17.00 Uhr: Festausklang mit dem Musikverein Wendlingen. Weitere Informationen unter www.vinzenzifest.de Sonntag, 23. Juli, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Schlüchtern: Jahreshauptversammlung. Hotel Stadt Schlüchtern, Breitenbacher Straße 5, Schlüchtern. Montag, 18. bis Sonntag, 24. Juli, Heimatkreis Oberes Ad-

lergebirge: Heimattreffen zur Annafestwoche 2022 in Rokitnitz/Adlergebirge. Auskunft: Ortsbetreuer Günther Wytopil, Telefon (0 61 63) 48 27 oder eMail gwytopil@gmail.com. Sonntag, 25. Juli, 15.00 Uhr, Heimatkreis Schwaden: Deutsch-tschechischer Gottesdienst in der Sankt-JakobusKirche in Schwaden. Im Anschluß Kaffee und Kuchen im Kirchengarten. Anmeldung: Brigitta Gottmann, Telefon (0 23 51) 5 11 53, eMail brigitta. gottmann@t-online.de Samstag, 30. Juli, 11.00 bis 17.00 Uhr, Bund der Egerländer Gmoin: Viertes Brunnenfest. Egerländer Blasmusik und Egerländer Spezialitäten am Egerlandbrunnen vor dem EgerlandKulturhaus. Fikentscherstraße 24, Marktredwitz. Sonntag, 31. Juli, 15.00 Uhr, Heimatgruppe Aussig: Gedenken an das Massaker in Aussig von 1945 auf der Elbbrücke. Bitte bringen Sie Blumen mit. Anschließend Kaffee und Kuchen im Gemeindehaus in Aussig. 18.00 Uhr: Andacht in der Pfarrkirche Aussig. Anmeldung: Brigitta Gottmann, Telefon (0 23 51) 5 11 53, eMail brigitta. gottmann@t-online.de Montag, 1. August, 18.00 Uhr, Sudetendeutsche Heimatpflege: „Musik aus dem Böhmerwald und darüber hinaus.“ Sommerkonzert mit Elisabeth und Stefanie Januschko (Trägerinnen des Sudetendeutschen Förderpreises für darstellende Kunst 2019). Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Sonntag, 21. August, 14.00 Uhr: Tag der offenen Tür. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 30. September, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Niemandsland, Czernowitz-Butscha 2022 – Arbeiten der ukrainischen Künstlerin Olha Tregubova“. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 28. Oktober, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Sammlung neu entdeckt II. Ausgewählte Portraits aus der ,Ostdeutschen Artothek´“. Gerhart-HauptmannHaus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 31. August, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Rumänien – ein Schnellkurs zu Geschichte und Gegenwart“. Referent: Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 4. September, 12.00 Uhr, BdV, Ackermann-Gemeinde Bamberg, SL-Bezirksgruppe Oberfranken: Vertriebenenwallfahrt nach Gößweinstein. Gottesdienst mit dem Vertriebenenbeauftragten Pfarrer Monsignore Herbert Hautmann. Anmeldung von Gruppen bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@ familie-michel.net Freitag, 9. September, 17.00 Uhr (Nachholtermin): „Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters“. Buchvorstellung mit Christiane Hoffmann. Haus der Geschichte, Museumsmeile, WillyBrandt-Allee 14, Bonn. Montag, 12. September, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Schwarze Erde. Schwere See – Ein Kaleidoskop der Ukraine“. Autorengespräch mit Jens Mühling. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 17. bis Samstag, 24. September, Ackermann-Gemeinde: Zu Fuß durch Nordböhmen: deutsch-tschechische Pilgerwanderung von Aussig nach Altbunzlau. Anmeldung und weitere Informationen unter eMail muenchen@ackermanngemeinde.de

Charta der Heimatvertriebenen Dienstag, 19. Juli, 18.00 bis 20.00 Uhr: Online-Seminar: „Die Charta der Heimatvertriebenen“. Gespräch mit Prof. Dr. Matthias Stickler, Institut für Geschichte der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Vertriebenendenkmal im Kurpark Bad Cannstatt mit dem Text der Charta in den Bodenplatten. Foto: Wikipedia/ CC BY 3.0 Die Stuttgarter „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ von 1950 stellt ein bemerkenswertes Zeitzeugnis der Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland dar. Sie war zum einen nach innen gerichtet, also an die westdeutsche Aufnahmegesellschaft, zum andern nach außen, also an die Siegermächte und an die Menschen der Staaten, die nach 1945 Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben hatten. Prof. Dr. Matthias Stickler. Die Charta legt Zeugnis ab vom Integrationswillen der Vertriebenen und von ihrer Bereitschaft zur Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands. Der Referent behandelt in seinem Vortrag sowohl die Entstehung der Charta als auch deren Inhalt sowie die kritische Auseinandersetzung damit. Anmeldung unter eMail info@heiligenhof.de Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

Filmvorführung und Podiumsgespräch

„Nemez“: Ein Abend Stanislav Güntner Dienstag, 26. Juli, 19.00 Uhr: Das Haus des Deutschen Ostens zeigt in Anwesenheit des Filmemachers Stanislav Güntner (Foto) den Film „Nemez“. Das anschließende Podiumsgespräch moderiert Lilia Antipow. Die Geschichte des Films: Ein ehemaliger Kunstdieb sucht nach einer neuen Heimat, einer neuen Bestimmung, und hofft diese in Berlin zu finden. In Rußland wird er als Deutscher angesehen und in Deutschland als Russe. Was er ist, was ihn ausmacht, ist so leicht nicht zu sagen, in jedem Falle kämpft er darum, sein altes kriminelles Leben hinter sich zu lassen und neu zu beginnen. Auch seinen Namen „Nemez“ trägt er wie einen Seelenspiegel mit sich, übersetzt aus dem Russischen bedeutet dieser Name „Deutscher“, aber sein eigentlicher Name ist Dima. Stanislav Güntner (geboren 1977 in Tscheljabinsk/Sowjetunion) ist Filmregisseur und Drehbuchautor. 1994–1998 Studium der Musik am Heinrich-Schütz-Konservatorium

Stanislav Güntner (Dresden), 1999–2006 Studium der Regie für Film und Fernsehspiel an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) München. Als Regisseur und Drehbuchautor war Güntner an zahlreichen Filmproduktionen beteiligt und wurde 2008/2009 mit dem Tankred-Dorst-Drehbuchpreis sowie 2012 mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. Anmeldung erforderlich unter Telefon (0 89) 4 49 99 30 oder per eMail an poststelle@ hdo.bayern.de.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

AKTUELLES · KOLUMNE

5 Mut tut gut

Lerne genießen B Sylvia Stierstorfer mit dem deutschen Botschafter Andreas Künne, ...

... mit dem Abgeordneten Hayato Okamura (KDU-ČSL), ...

... mit Lucie Tarabová, der Leiterin des Tandem-Büros in Pilsen ...

... sowie mit der Abgeordneten Helena Válková (Ano).

Bayerns Vertriebenenbeauftragte Syliva Stierstorfer zieht nach ihrer Tschechien-Reise Bilanz

„Sprachunterricht ist der Schlüssel für ein besseres Miteinander“

Die derzeit entspannte Pandemielage hat die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Sylvia Stierstorfer, für eine mehrtägige Dienstreise in die Tschechische Republik genutzt. Im Interview mit der Sudetendeutschen Zeitung zieht die Regensburger CSU-Landtagsabgeordnete Bilanz.

F

rau Stierstorfer, was war das Ziel der Reise? Sylvia Stierstorfer: Die Pandemie mit den Grenzschließungen und Kontaktbeschränkungen hat auch im bayerischtschechischen Verhältnis Spuren hinterlassen. Ich glaube, es ist vielen Menschen deutlich geworden, wie wir alle von einer guten Nachbarschaft mit offenen Grenzen profitieren. Das persönliche Treffen ist durch nichts zu ersetzen. Ich bin deshalb sehr froh, daß ich in Prag, Pilsen und Aussig sehr viele Gespräche führen konnte. Dabei ging es mir besonders auch um den Kontakt mit den Heimatverbliebenen und die Pflege des sudetendeutschen Erbes. Das habe ich mit Peter Barton, dem Leiter des Sudetendeutschen Büros, ebenso besprochen, wie mit Irena Novak vom Haus der nationalen Minderheiten. Es ist ganz großartig, was die Landsmannschaft in Tschechien für die Verständigung unserer Völker leistet. Eines Ihrer Anliegen ist eine bessere Sprachkompetenz. Warum? Stierstorfer: Wer die Sprache des Nachbarn spricht, hat ein größeres Verständnis für sein Gegenüber und zeigt Respekt. Da reichen oft schon ein paar Worte. Sprachunterricht ist der Schlüssel für ein besseres Miteinander. Ich habe mich deshalb in Prag mit fast allen meiner Gesprächspartner, vor allem aber mit der Ano-Abgeordneten und ehemaligen Regierungsbeauftragten für Menschenrechte, Helena Válková, ausgetauscht, wie man den Deutsch-Unterricht an den tschechischen Schulen stärken kann. In Tschechien gibt es Überlegungen, die zweite Fremdsprache aus dem Lehrplan zu streichen. Der zuständige Schulund Jugendminister Petr Gazdík mußte zwar vor ein paar Wochen wegen eines Korruptionsskandals zurücktreten, aber sein Nachfolger Vladimír Balaš hat bereits erklärt, er wolle Gazdíks Kurs fortsetzen. Ist der Deutsch-Unterricht in Tschechien noch zu retten? Stierstorfer: Diese Entscheidung liegt ausschließlich bei den Verantwortlichen in Tschechien. Natürlich werbe ich dafür, daß es insbesondere in einem grenzenlosen Europa wichtig ist, mehrere Sprachen zu sprechen, insbesondere die des Nachbarn. Tschechien hat 1276 Kilometer Grenze mit Deutschland und Österreich. Deutsche Sprachkenntnisse sind also durchaus relevant. Umgekehrt möchte ich aber auch den TschechischUnterricht bei uns stärken, insbesondere in den Kindergärten sowie Schulen. Auf Initiative der früheren Generalkonsulin in München, Kristina Larischová, bietet das Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium in München Tschechisch als spätbeginnende Fremdsprache an. Ein echtes Leuchtturmprojekt, davon brauchen wir mehr. Ich selbst komme aus dem Grenzgebiet und weiß deshalb, daß der Sprachunterricht eine Brückenfunktion hat. Gerade der russische Angriffskrieg macht deutlich, daß wir in der Europä-

Der Direktor des Collegium Bohemicum, Petr Koura, führte die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Sylvia Stierstorfer, durch die Ausstellung „Unsere Deutschen“ . Fotos: StMAS ischen Union zusammenstehen müssen. Wie kann Bayern den Deutsch-Unterricht in Tschechien unterstützen? Stierstorfer: Das ist eines meiner großen Anliegen, aber die Entscheidung darüber und die Umsetzung liegen in der Zuständigkeit des Bundes. Es geht mir darum, das Interesse der Lehrer zu wecken. Dazu gibt es bei uns in Bayern das ,Sprachassistenz‘-Programm. Dabei können Studentinnen und Studenten aus Deutschland eine Zeit lang in Tschechien an den Schulen arbeiten. Wir müssen diese Programme nur mehr in die Öffentlichkeit bringen. Wichtig finde ich das Vernetzen und das Wissen darum, welche Möglichkeiten es gibt. Dies war auch Thema bei meinen Gesprächen in Prag. Was waren weitere Themen Ihrer Tschechienreise? Stierstorfer: Im Tschechischen Parlament habe ich mich mit dem Abgeordneten Hayato Okamura von der KDU-ČSL getroffen und über Möglichkeiten diskutiert, wie man die deutsche Minderheit in Tschechien stärken kann. Dieses Thema stand auch bei den Gesprächen mit dem deutschen Botschafter Andreas Künne und mit Martin Dzingel, dem

Präsidenten der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik, auf der Agenda. Mit Herrn Okamura habe ich vereinbart, daß wir Praktika bei ihm im Parlament sowie bei mir in der Geschäftsstelle anbieten wollen. Weiter geht es mir auch um die wissenschaftliche Zusammenarbeit. Dazu habe ich an der Universität in Pilsen Gespräche mit den Machern des dortigen, international einmaligen „BayernStudiengangs“ geführt. An der Universität in Regensburg bekommen wir einen Forschungsauftrag zum Thema Vertriebene. Dafür wollen wir auch Partner in den Herkunftsländern der Vertriebenen gewinnen. Es gibt schon gute Kooperationen zwischen der Prager Karls-Universität und Regensburg. Die Gespräche, die ich dazu in Tschechien geführt habe, waren sehr wertvoll. Sie waren auch in Aussig und haben die Ausstellung „Unsere Deutschen“ besucht. Wie ist Ihr Eindruck? Stierstorfer: Das ist eine hochinteressante Ausstellung. Der Direktor des Collegium Bohemicum, Petr Koura, hat mich fast drei Stunden lang durch die Ausstellung geführt. Wir waren uns einig, daß wir einen Besuch der Ausstel-

Dr. Hannes Lachmann (Repräsentanz Bayern), Sylvia Stierstorfer und Martin Dzingel.

lung als Bildungsauftrag sehen. Ich werde deshalb versuchen, junge Menschen in Bayern für einen Besuch in Aussig zu begeistern. Ich finde es auch gut, daß das Sudetendeutsche Museum in München und das Pendant in Aussig einen engen Austausch pflegen. Denn das ist wichtig, um gerade auch die junge Generation in beiden Ländern zu erreichen. Ihr Engagement für das (sudeten) deutsch-tschechische Verhältnis liegt auch in den Genen. Stierstorfer: Ich habe sudetendeutsche Wurzeln. Mein Großvater und auch mein Urgroßvater waren Bürgermeister in der Gemeinde Blatnitz im Landkreis Mies in Westböhmen. Mein Vater ist noch in der alten Heimat aufgewachsen. Er war sieben Jahre alt, als er vertrieben wurde. Wenn ich in Tschechien bin, ist es ein Stück Heimat, das ich mittrage. Deshalb hat mich die Ausstellung in Aussig auch so berührt. Mein Vater ist leider derzeit gesundheitlich angeschlagen, aber unser Wunsch ist es, mit ihm und der ganzen Familie seinen Heimatort zu besuchen. Insbesondere Menschen mit Vertriebenenhintergrund verfolgen die aktuelle Entwicklung in der Ukraine mit großer Sorge und viel Empathie für die Opfer. Wie reagieren Sie auf die schrecklichen Bilder des russischen Angriffskriegs? Stierstorfer: Es macht einen fassungslos und traurig, auch weil wir dachten, so ein Unrecht sei in Europa für alle Zeiten ausgeschlossen. Wir erleben derzeit die größte Flüchtlingswelle seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Als Politikerin, aber insbesondere als Mensch versuche ich zu helfen, wo es geht. Derzeit stellen viele Menschen in Bayern Unterkünfte zur Verfügung, was mich sehr stolz macht. Ich bin davon überzeugt, daß diese große Solidarität mit den unschuldigen Opfern von Krieg, Flucht und Vertreibung Europa zusammenschweißt. Wir haben da eine große gemeinsame soziale Aufgabe. Torsten Fricke

ethanien lag in biblischen Zeiten etwa 2,7 Kilometer von Jerusalem entfernt an der Ostseite des Ölbergs. Ins Deutsche übersetzt bedeutet der Name des Dorfes Armenhaus. Doch anders als dieser Name vermuten läßt, erfuhr Jesus gerade dort einen großen Reichtum, nämlich den Reichtum von Erholung und Freundschaft. Vor allem zu den drei Geschwistern Lazarus, Marta und Maria hegte er enge Kontakte. In ihrem Haus dürfte er wohl immer wieder zu Gast gewesen sein. Im Evangelium dieses Sonntags stehen die beiden Schwestern im Mittelpunkt. Wie es bei Geschwistern häufiger vorkommt: Die beiden hätten unterschiedlicher nicht sein können. Auch wenn dies eine gegenseitige Ergänzung bedeuten kann, muß die Verschiedenheit von Geschwistern auch durchgerungen und ausgehalten werden. Genau das ist in dem betreffenden Abschnitt aus dem Lukasevangelium der Fall. Das Bedürfnis Jesu nach Erholung und Freundschaft hin oder her, Marta ließ ihrem Frust freien Lauf. Vielleicht ist es ja gerade der Atmosphäre der Freundschaft verdankt, daß sie recht offene Worte fand: „Kümmert es dich nicht, daß meine Schwester die Arbeit mir allein überläßt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“ Marta fehlte es an Wertschätzung. Sie rackerte und rannte, und die Schwester genoß ganz einfach den Besuch. Sicher war es nicht zum ersten Mal so. Das war wohl ein Muster in dieser Schwesternbeziehung. Auf Hebräisch bedeutet der Name Marta so viel wie die Bittere. Ob sie durch die Antwort Jesu zusätzlich erbittert war, erfahren wir nicht, denn Jesus sagte ihr: „Maria hat den guten Teil erwählt, der soll ihr nicht genommen werden.“ Hoffentlich verstand Marta die Reaktion des Gastes als eine Einladung, ihre eigene Lebensart zu überdenken. Der Alltag soll sich nicht bloß in Sorgen und Mühen erschöpfen. Es braucht auch Zeiten der Muße, der Beziehungspflege im Gespräch, der vorbehaltlosen Freude über die Begegnung mit einem Freund. Wer die schönen Seiten des Lebens nicht genießen kann, wird auf Dauer ungenießbar. Das ist niemandem zu wünschen. Über Marta gibt es übrigens eine schöne Legende aus dem Mittelalter. Nach Tod und Auferstehung Jesu sei sie aus Bethanien vertrieben worden und ins heutige Südfrankreich geflüchtet. In der Nähe von Marseille habe sie ein Kloster gegründet und sich dem beschaulichen Leben gewidmet. Glaubt man dieser Legende, dann hätte sie also dazugelernt. Beschaulich zu leben, heißt ja letztlich auch, sich nicht ausschließlich in den Sorgen und Mühen des Alltags zu erschöpfen. Außerdem wird erzählt, daß Marta mit ihrem Gesang einen menschenfressenden Drachen gezähmt habe. Immer nur rackern und rennen, sich immer nur von Arbeit in Anspruch genommen fühlen – ist eine solche Haltung nicht auch wie der Drache in der Legende über Marta? Ich meine: Jeder Mensch sollte darauf achten, sich von diesem Drachen nicht das Leben rauben zu lassen! Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Katholischen Pfarrei Ellwangen-Schönenberg


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FORUM

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

� Marienwallfahrtsorte in der Grafschaft Glatz

Die Perle der Erzdiözesen Kirchenhistoriker Rudolf Grulich schildert die lange Geschichte des Marienwallfahrtsortes Albendorf und anderer Marienwallfahrtsorte in der Grafschaft Glaz.

beten vor dem Bilde der wunder­ tätigen Jungfrau und Gottesmut­ ter, das seit alter Zeit an dem hei­

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dem 1936 die Wallfahrtskirche in Albendorf in der Grafschaft Glatz den Titel einer Basilika minor er­

m Ort Albendorf in der Pra­ ger Erzdiözese steht ein Got­ teshaus von gewaltiger Grö­ ße, wuchtig in seiner Bauart mit prächtigen Kunstwerken, mit Türmen, Kuppeln und vie­ len Kapellen, geschmückt mit Gemälden und herrlichster Ausstattung, Gott geweiht zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria. Dieses Marienheilig­ tum von Albendorf liegt nahe der Grenze von Böhmen und der Grafschaft Glatz, gleich­ wie ein Bollwerk des katholi­ schen Glaubens; viele haben es in frommer Pilgerfahrt be­ sucht und besuchen es noch heute, Christgläubige jeden Standes, schlichte Leute des Volkes ebenso wie vornehme, Wallfahrtsbasilika Mariä Heimsuchung in Albendorf. aus den Nachbarländern Böh­ men, Mähren, Schlesien, aber ligen Orte aufbewahrt wird.“ hielt. Zehn Jahre später mußten auch aus Polen, Sachsen, Preu­ Mit diesen Worten beginnt die Bewohner des Wallfahrtsor­ ßen, Österreich und Ungarn. Sie ein Breve von Papst Pius XI., mit tes mit ihrem Pfarrer Klein ihre Hei­mat verlassen, weil sie Deut­ sche waren. Nationale Zwietracht und Egoismus der Völker mach­ ten auch vor Heiligtümern nicht halt: Ein trauriges Kapitel in den deutschen Gebieten jenseits von Oder und Neiße, im Sudetenland und im Südosten Europas. Kostenloses Probeabo Polnisch heißt der Ort Wam­ (4 Wochen, endet automatisch) bierzyce, aber den Katholiken der Sudetendeutschen Zeitung, Print- und Onlineausgabe möglich aus der alten Grafschaft Glatz und vielen Wallfahrern der oder ein reguläres Abo Nachbargebiete Schlesiens und (Bezug per Postzustellung) des Sudetenlandes blieb Alben­ dorf als schlesisches Jerusalem Sudetendeutsche Zeitung bis heute ein Begriff. Wegen ih­ mit Reichenberger Zeitung · Heimatbote · Heimatruf rer jahrhundertelangen Zugehö­ Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft rigkeit zur Erzdiözese Prag, auch wöchentlich (125,00 EUR im Jahr) nach 1742, als Friedrich II. Maria Reichenberger Zeitung Theresia Schlesien raubte, hatten Nordböhmische Umschau die vertriebenen Glatzer bis 2015 24 Ausgaben (62,50 EUR im Jahr) in der Bundesrepublik Deutsch­ land eine eigene kirchliche Juris­ Neudeker Heimatbrief diktion mit einem Visitator, dem für die Heimatfreunde aus Stadt und Landkreis Neudek Großdechanten Franz Jung. 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) Albendorf liegt am Fuße der mit folgendem Zahlungszeitraum: Heuscheuer, einem Gebirgs­ jährlich durch Lastschrift zug aus Quadersandstein, des­ halbjährlich durch Lastschrift sen zerklüftete Formationen auf vierteljährlich durch Lastschrift der 1867 bis 1870 gebauten Heu­ scheuerstraße überquert wer­ den. Als Jerusalem in deutschen Name, Vorname Landen war dieses Albendorf be­ Straße, Hausnummer rühmt. In einer Linde ließ ein ad­ liger Grundherr auf Grund einer Postleitzahl, Ort Erscheinung bereits im 12. Jahr­ Telefon hundert ein kleines aus Zedern­ holz geschnitztes Marienbild E-Mail aufstellen. 1218 soll ein Blinder Geburtsjahr, Heimatkreis namens Jan hier wieder sehend geworden sein. Unter dem böh­ mischen König Ottokar grün­ Datum, Unterschrift deten dann ins Land gerufene deutsche Siedler das heutige Al­ Ich/Wir ermächtige/n die Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH bendorf. 1263 entstand die erste (SVG), Hochstraße 8, 81669 München, Gläubiger-Identifikationsnummer Kirche, genannt der Engelbau, DE04SVG00000003583, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels weil nach einer alten Legende Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wir unser KreditEngel beim Bau geholfen hat­ten. institut an, die von der SVG auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften Während der Hussitenzeit litt einzulösen. Ich kann/Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. auch die Gegend um Glatz, aber Dabei gelten die mit meinem/unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedinguntrotzdem stieg die Zahl der Wall­ gen. Wenn sich meine Kontodaten ändern, teile ich dies der SVG unverzügfahrer. Realistisch beschreibt ein lich mit. Chronist die Menge der Pilger: „Sie war an manchen Tagen so Kontobezeichnung (Kontoinhaber) groß, daß 18 Faß Bier nicht aus­ reichten, um sie zu versorgen.“ Da die hölzerne Engelkirche Kontonr. oder IBAN im Laufe der Zeit zu klein wurde, ließ ein Edler von Pannwitz 1512 Bankleitzahl oder BIC eine neue Kirche errichten. Die Datum, Unterschrift entscheidende Blütezeit aber be­ gann im 17. Jahrhundert, als die Alle Preise inklusive 7 % Mehrwertsteuer und Versand. Abbestellungen mit Ritter von Osterberg Albendorf einer Frist von einem Monat zum Vierteljahresschluß schriftlich an die SVG. übernahmen. Einem von ihnen, Sie sind berechtigt, die Bestellung des Abonnements ohne Angabe von Daniel Paschasius, fiel auf, daß Gründen innerhalb 14 Tagen nach Absendung dieses Auftrages schriftlich Albendorf inmitten der Berge gegenüber der Sudetendeutschen Verlagsgesellschaft, Hochstraße 8, ähnlich lag wie Jerusalem. 1683 81669 München (auch per E-Mail an svg@sudeten.de) zu widerrufen. Zur bis 1699 errichtete er ein schlesi­ Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. sches Jerusalem mit einem Kal­ varienberg und zahlreichen Ka­ Bitte gescannt oder abfotografiert mailen oder in ausreichend frankiertem Umschlag (80 Cent) einsenden an pellen, einem Heiligen Grab und Leidensdarstellungen. Eine ge­ Sudetendeutsche Zeitung waltige dreischiffige Kirche, die Hochstraße 8, 81669 München ein italienischer Baumeister aus E-Mail svg@sudeten.de 28/2022 Prag entwarf, stellte den Tempel zu Jerusalem dar. Durch eines

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von zwölf Toren kam man in die „Heilige Stadt“. Daniel Pascha­ sius von Osterberg starb 1711.

diözesen“ mit den besten Katho­ liken des Erzbistums. Aber auch unter polnischer Herrschaft versiegte der Wall­ fahrtsstrom nicht. Die Auf­ schriften sind zwar polnisch geworden, aber manche al­ te deutsche Votivtafel blieb erhalten. Das Ave Maria ist nicht verstummt. Die maria­ nische Frömmigkeit der Po­ len hat Albendorf als Pilger­ ziel bestehen lassen. Polnische Franziskaner betreuen das Heiligtum. Ab 1972 wurde es renoviert. Am 17. August 1980 ließ der große Marienvereh­ rer Stefan Kardinal Wyszyński das Gnadenbild feierlich krö­ nen. Mehr als 50 Bischöfe wa­ ren gekommen, darunter Bi­ schof Reinhard Lettmann aus Münster und František Kardi­ nal Tomašek aus Prag. 150 000 Gläubige hatten sich versam­ melt. Der polnische Papst ver­ lieh der Albendorfer Mutter­ gottes den Ehrentitel Königin der Familien. Nach dem Ende der kommuni­ stischen Herrschaft fand auch die deutsche Tradition wieder Ein­ gang. Seit 2002 werden dort Jahr für Jahr Symposien über den in Albendorf geborenen deutschen Lehrer, Kirchenmusiker und Komponisten Ignaz Reimann ab­ gehalten, die heute Ignaz-Rei­ mann-Festivals sind mit Chören aus Polen, der Tschechischen Re­ publik und Deutschland. Albendorf ist nicht der ein­ zige Marienwallfahrtsort in der Grafschaft Glatz, die zu Recht den Beinamen Marienland führ­ te. Als 1690 der Jesuit Johannes Miller seine „Kurze Beschrei­ bung von dem uralten wunder­ tätigen Marienbild zu Glatz“ ver­ öffentlichte, zählte er in diesem Buch alle damaligen Marienbil­ der der Grafschaft auf. Pater Mil­ ler berichtet darin auch, daß bei den Plünderungszügen der Hus­ siten viele Marienbilder ver­

Cosmus Flam schrieb darüber seinen Roman „Daniel Pascha­ sius von Osterberg“. Nach dem Tod Osterbergs verfiel seine An­ lage, sogar die Kirche. Doch ein Graf Götz wurde zum Erneue­ rer der Gnadenstätte. Über ei­ ne mächtige Freitreppe gelangt man seitdem zur Basilika mit ih­ rer 54 Meter breiten geglieder­ ten Fassade. Es sind 33 Stufen, entsprechend den Lebensjahren Jesu Christi. Vorhöfe und Am­ biten umgeben die Kirche. Die Dreiteilung der Kirche in Vorhof, Heiliges und Allerheiligstes er­ innert an das Jerusalemer Tem­ pelvorbild mit dem Vorhof der Heiden, dem Vorhof der Gläu­ bigen und dem Allerheiligsten. Das Allerheiligste ist die Gna­ denkapelle mit dem hölzernen Gnadenbild: Maria trägt das Je­ suskind auf dem rechten Arm, in der linken Hand trägt sie eine Art Reichsapfel oder Weltkugel. Aber nicht nur diese Kirche sollte nach dem Willen des Erbauers die Pilger anziehen. In über 100 weiteren Kapellen und Monumenten, auf dem Ölberg und Kal­ varienberg lernten die Gläubigen das Leben und Leiden Jesu ken­ nen. Bis zu 100 000 Wall­ fahrer kamen Jahr für Jahr bis zum Zweiten Weltkrieg hierher. Sie sangen das alte Lied, das Daniel Paschasius von Osterberg geschaffen hatte: „Freu dich, du Al­ bendorfische Jungfrau, / Freu dich, auf deiner auserwählten Au! / Freu dich, du gnadenreiche Königin, / Freu dich, du reine Gottesgebärerin! / Steh uns bei in unserer Not! / Durch Jesu Chri­ sti Namen / Bitt’ Gott für uns in dem Tod / Unse­ Treppenanlage des Kalvarienberges. res Absterbens! Amen.“ Seit 1946 war das deutsche brannt worden seien, ja daß sie Lied im Glatzer Land verklun­ alle Marienbilder und geschnitz­ gen. 161 000 Grafschaftler wur­ ten Statuen auf einem Haufen den vertrieben. Eine Welt ging zu zusammengetragen hätten. Den Ende, von der es in der Zwischen­ Haufen hätten sie angezündet kriegszeit noch hieß: „Wer Graf­ und darauf den Dominikanerpri­ schafter Volksleben und seine re­ or verbrannt. ligiösen Vorstellungen begreifen Damals blieben nur wenige al­ will, der gehe nach Albendorf. te Madonnenbilder erhalten, von Dort wird er sehen, daß die Graf­ denen es im 14. Jahrhundert un­ schafter ein altes und im Grun­ zählige gegeben hatte, als Ernst de ihres Herzens immer noch ein von Pardubitz, auch bekannt als frommes, gläubiges und treuka­ seliger Arnestus, Erzbischof von tholisches Gebirgsvolk sind.“ Prag war. Sein Vater war böhmi­ Das galt von der ganzen Graf­ scher Burgkastellan in Glatz, wo schaft Glatz, denn als der tsche­ Ernst seine Jugend verbrach­ chische Kapitelsvikar 1946 bei te und die Schule der Johanni­ Papst Pius XII. in Rom energisch ter besuchte. Auf dem Hochal­ protestierte, daß der polnische tar der Ordenskirche stand eine Primas August Kardinal Hlond Statue der Gottesmutter mit dem der Erzdiözese Prag die Graf­ Kind auf dem Arm, vor der Ernst schaft geraubt habe, nannte er eine Vision hatte, die er erst spät die Grafschaft die „Perle der Erz­ zu Papier brachte, „geschrieben

durch mich der Heiligen PragerKirche unwürdigen Erz-Bischof durch meine sündhaftigen Hän­ de“. Als Arnestus-Vision und als -Prophezeiung ist dieses Gesche­ hen bekannt geblieben. Ernst vergaß diese Version nie. Er hatte stets eine Kopie je­ ner Muttergottesfigur bei sich und schenkte Abbilder der Sta­ tue an verschiedene Kirchen, er wird sogar als Begründer der in­ nigen Marienverehrung in Glatz und Böhmen genannt. Berühm­ te Madonnen der Grafschaft sind neben der Albendorfischen Jungfrau das Hochaltarbild der Dekanatskirche in Glatz, die Alt­ wilmsdorfer „Schmerzhafte Mut­ tergottes“ und die Mittelwalder „Schwarze Madonna“. Der be­ rühmte Wiener Prediger Abra­ ham a Santa Clara kannte den Wallfahrtsort Altwilmsdorf: „All­ wo Du wundertätig Deine Gna­ den ausspendierst, AltwilmsdorfMaria! Dort bist Du das Heil der Kranken!“ Wenn auch Altwilms­ dorf nicht das Ansehen ande­ rer Wallfahrtsorte der Grafschaft hatte, so trägt es dennoch den Ti­ tel „Internationales Heiligtum der Gottesmutter der Schmer­ zen“, den Papst Johannes Paul II. dem Ort 2001 verlieh. Die gekrönte Schwarze Ma­ donna von Mittelwalde ist ein Geschenk des Papstes Inno­ zenz XI. an den polnischen König Jan III. Sobieski als Dank für des­ sen Hilfe bei der Rettung Wiens 1683 vor den Türken. Neben Mit­ telwalde, Altwilmsdorf und Al­ bendorf ist auch Maria Schnee zu nennen. Diese Wallfahrtskirche liegt bei Wölfelsdorf. Das Gna­ denbild ist eine Nachbildung des Bildes von Mariazell in der Stei­ ermark, das ein Bürger von ei­ ner Wallfahrt mitgebracht hat­ te. Es wurde Mittelpunkt einer Wallfahrt, als der Preußenkönig Friedrich II. die Wallfahrt nach Mariazell durch seine Raubkrie­ ge gegen Österreich erschwerte. Auch viele Marien­ säulen sprechen für die Marienverehrung der Grafschafter. Als 1676 eine schwere Feuerge­ fahr Glatz verschonte, gelobten die Bürger die Errichtung einer Mari­ ensäule. Aber vor ihrer Fertigstellung bedrohte die Pest die Stadt, nach deren Ende die Marien­ säule nach dem Vorbild der Mariensäule auf dem Prager Altstädter Ring fertiggestellt wurde. Die deutsche Inschrift ist er­ halten, wo es unter an­ derem heißt: „Drumb soll der hohe Ehrentritt Maria stets bezeigen, wie Gott durch seiner Mutter bitt sein Herz auf Glatz ließ neigen.“ Die Bewohner der Grafschaft haben das nie vergessen. Die Glatzer Katholiken waren nicht nur nach dem Zeug­ nis des Prager Kapitels­ vikars die Perle der Erzdiözese Prag, sondern stellten der Kirche bis heute viele Priester und Or­ densleute. Ein beliebter Wallfahrtsort der Glatzer war auch Wartha, das im Kreis Frankenstein lag, aber nach Jo­seph Wittig die Tür zur Grafschaft war. In dem um 1000 gegründeten Ort weilte auch Bi­ schof Otto von Bamberg auf sei­ ner Missionsreise zu den Pom­ mern. Seit dem 15. Jahrhundert ist die Marienwallfahrt bezeugt. Sie gilt einer Statue aus Buchen­ holz: Die thronende Muttergot­ tes hält mit der rechten Hand die Weltkugel, mit dem linken Arm ihr Kind auf ihrem Schoß. Das Bild ähnelt stark dem Madon­ nenbild vom Montserrat und ist die älteste romanische Holzpla­ stik des deutschen Ostens.


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KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

Im Haus des Deutschen Ostens in München (HDO) hielt Lena Möller einen beeindruckenden Bildervortrag zum Thema „Im Zwiespalt zwischen Wohnen und Gedenken“. Die wissenschaftliche Assistentin am Regensburger Lehrstuhl für Vergleichende Kulturwissenschaft stellte biographische Portraits aus der Siedlung am Vogelherd auf dem Areal des ehemaligen KZ Flossenbürg vor.

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lossenbürg ist ein zwiespältiger Ort“, faßte Lena Möller zusammen. In der Oberpfälzer Gemeinde, wo die Überreste des einstigen Konzentrationslagers in der Siedlung am Vogelherd für Heimatvertriebene gegangen seien, konkurrierten verschiedene Narrative. Über diese Siedlung hatte die junge Studentin auf Einladung des örtlichen Bürgermeisters eine Studie durchgeführt, die in eine Magisterarbeit mündete. Für „Auf Stätten des Leids Heime des Glücks“ habe sie Vertreter von drei aufeinanderfolgenden Generationen in der Feldforschung befragt und Quellen untersucht, auch in Archiven und Fachliteratur über die Siedlung am Vogelherd recherchiert. Diese Siedlung auf dem Grund des einstigen Lagers in Flossenbürg im Oberpfälzer Landkreis Neustadt an der Waldnaab verdankte ihre Entstehung den reichen Granitvorkommen der Region, die schon im 19. Jahrhundert entdeckt und genutzt worden waren. Auch das NS-Regime habe die Granitvokommen ausbeuten wollen und im März 1938 in Flossenbürg ein KZ errichtet. Zu Jahresende befanden sich bereits 1500 Häftlinge im Lager. Bald kam zu den Granitsteinbrüchen noch andere Zwangsarbeit. Zwischen 1938 und 1945 waren im KZ Flossenbürg und seinen Außenlagern etwa 84 000 Männer und 16 000 Frauen aus über 30 Ländern inhaftiert. Das

Referentin Lena Möller, HDO-Direktor Professor Dr. Andreas Otto Weber, HDO-Pressereferentin Dr. Lilia Antipow und Michael Husser, der Vertreter von HDO-Kulturreferentin Patricia Erkenberg. Bilder (4): Susanne Habel

� Vortrag im Haus des Deutschen Ostens in München (HDO)

Siedlung und Gedenkstätte KZ entwickelte sich rasch zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in der Region. Manche Firmen belieferten das Lager mit Waren, andere entliehen Häftlinge für verschiedene Arbeiten. Ab 1942 beuteten nur noch wichtige Rüstungslieferanten die Arbeitskraft der Häftlinge aus. Auch der Ort habe wirtschaftlich vom Lager profitiert, so Möller. Mitte 1944 begann man mit der Räumung der Konzentrationslager im besetzten Europa. In Flossenbürg trafen daraufhin riesige Gefangenentransporte ein. Anfang April 1945 begann die

Lagergelände des KZ Flossenbürg (1940).

� Neuauflage vorgestellt

Bild: Gedenkstätte Flossenbürg

Lena Möller mit einer heutigen Ansicht der Siedlung und Gedenkstätte. Auflösung des KZ Flossenbürg Vertriebene aus dem Deutschen und seiner Außenlager. Unmit- Osten. Noch standen die ehematelbar vor Kriegsende starben Tausende von Häftlingen auf den Todesmärschen. Gleich nach der Befreiung etablierten die Alliierten eine neue Ordnung. In Flossenbürg wurden zunächst polnische Zwangsarbeiter und andere „Diplaced Persons“ untergebracht, später Flüchtlinge und Interviewpartner aus drei Generationen.

Kindheit im Lager bei Wolfratshausen ße Munitionsfabriken errichteten. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand dort das größte und am längsten bestehende Lager für jüdische „Displaced Persons“ (DPs) in Deutschland. Heimatlos gewordene Juden aus Polen, Litauen, Rußland, Rumänien und Ungarn warteten hier auf ihre Ausreise nach Palästina, später Israel oder hofften, in einem anderen Land ein neues Leben beginnen zu können. Sie bezeichneten sich selbst als „She’erit Hapletah“, aldram liegt zwischen Wolfratshau- was „Rest der Geretteten” bedeutet. sen, zu dem es heute gehört, und GeIm Lauf von zwölf Jahren lebten, weitretsried und hieß früher Föhrenwald. Die gehend abgeschirmt von der Außenwelt, Siedlung entstand während der NS-Zeit, tausende Menschen in dieser Enklave jüals die Nazis im dichten Forst zwei gro- dischen Lebens. Im Februar 1957 mußten die letzten DPs das Lager verlassen. Sie wurden vor allem in München, Frankfurt am Main, Düsseldorf und Köln untergebracht. 1955 kaufte das Katholische Siedlungswerk die Liegenschaft, um Wohnraum In der Ausstellung: Bilder und Dokumente zur Kindheit im Lager. für Vertriebe-

Die Buchvorstellung von Lena Möllers Studie „Auf Stätten des Leids Heime des Glücks“ fand im Begleitprogramm der Wanderausstellung „Die Kinder von Föhrenwald und Waldram“ statt. Das Haus des Deutschen Ostens (HDO) zeigt die beeindruckende Fotodokumentation über den „Erinnerungsort Badehaus“ im oberbayerischen Wolfratshausen-Waldram in seinen Schauräumen im Zweiten Stock.

W

I

m HDO stellte Manfred Kittel die Neuauflage seines Buches „Stiefkinder des Wirtschaftswunders?“ über die deutschen Ostvertriebenen und den „Lastenausgleich“ (LAG) von 1952 bis 1975 vor. Er behandelt die Frage, weshalb die Leistungen aus dem LAG den rasanten wirtschaftlichen Entwicklungen nicht angemessen entsprochen hätten.

Lena Möller: „Auf Stätten des Leids Heime des Glücks. Waxmann Verlag, Münster 2019; 204 Seiten, 29,90 Euro. (ISBN 978-38309-3933-7)

� Ausstellung im HDO in München

Stiefkinder ihrer Zeit

Professor Dr. Manfred Kittel. Bild: HDO

ligen Baracken und Steingebäude, die aber zunehmend abgerissen und ersetzt wurden. Dies geschah in großem Rahmen, als die Gemeinde einen Teil des Geländes aufkaufte und ab 1958 gemeinsam mit den angesiedelten Vertriebenen, der Siedlergemeinschaft, mit recht identischen Häusern nach Entwurf des Architekten Franz Bogner bebaute. Außerdem habe man speziell Steinmetze und Familien angeworben. Tatsächlich haben auch die Straßen dort passende Namen wie Sudetenstraße, Schlesierweg oder Egerlandstraße. Immer noch lebten viele Mitglieder der ersten Generation der Erbauer und deren Kinder dort. Zusätzlich kämen die Enkelgeneration und später Zugezogene dazu. Die von ihr Befragten hätten sich sehr verschieden über den Umgang mit der Lager-Vergangenheit geäußert, so Möl-

ler. Die älteste, die Erlebnisgeneration, habe weitgehend vom „schweren Verlust des Dahoam“ gesprochen und Flossenbürg nur als „Unterkunft“ gesehen. Die mittlere Generation, die dort schon aufgewachsen sei, habe das Ex-Lager als ihr Zuhause empfunden. Viele ihrer Angehörigen hätten nur bedauert, daß der Park, in dem sie als Kinder gespielt hätten, der Gedenkstätte habe weichen müssen. Denn noch Anfang der 1990er Jahre habe die Gemeinde die ungeliebten Reste des alten Lagergeländes vernachlässigt. Lange habe es ein Tauziehen über das richtige Gedenken gegeben. Mit der Einrichtung der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg begann die Umwandlung von einem Friedhof zu einem Museum, einem Gedenkund Lernort. Dennoch habe es immer wieder Kritik in der Gemeinde gegeben, eben ein „zwiespältiger, zwiegespaltener Ort“, schloß Lena Möller, die diesen wieder ins Bewußtsein gebracht hatte. Sie ist nach einem Studium der Vergleichenden Kulturwissenschaft und Geschichte seit Juni 2018 am Regensburger Lehrstuhl für Vergleichende Kulturwissenschaft als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Ihre Schwerpunkte liegen im Bereich der NS-Erinnerungskultur und Gedächtnispolitik und der populären Erzählkulturforschung. „Lena Möller promoviert derzeit über spielerische Erzählungen in populären Spielbuch-Reihen der 1920er bis 1990er Jahre“, hatte HDO-Direktor Andreas Otto Weber bei Vorstellung der Referentin berichtet. Susanne Habel

ne zu schaffen. Die neuen Bewohner waren meist katholische, kinderreiche Familien, die als Folge des Zweiten Weltkriegs 1946 aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Sie kamen aus Böhmen und Mähren, Ostpreußen, Schlesien, Ungarn, Jugoslawien und Rumänien. Erst im Jahr 1957 wurde Föhrenwald in Waldram umbenannt. Dann fanden hier auch nicht katholische und nicht aus ihrer Heimat vertriebene Menschen ein neues Zuhause. Die Ausstellung gibt anhand historischer Bilddokumente einen berührenden Einblick in diese ganz spezielle „Nach-

kriegskindheit in Oberbayern“, indem sie zwei Zeitschichten aus der Geschichte des Ortes einander gegenüberstellt. Sie eignet sich besonders auch für Schulklassen und junge Menschen, denen hier bildhaft die Vergangenheit deutlich gemacht wird. sh Bis Freitag, 29. Juli: „Die Kinder von Föhrenwald und Waldram“ in MünchenAu, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5. Montag bis Freitag 10.00–20.00 Uhr. Informationen www.hdo.bayern.de, erinnerungsort-badehaus.de

Die Ausstellung zeigt Aufnahmen aus Privatbesitz und aus internationalen Archiven.


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KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

Im Sudetendeutschen Haus zog das Konzert „Bach, Boëllmann, Schubert und Co.“ mit der Or­ ganistin Ilse Maria Reich und ihrem Sohn, dem Bariton Chri­ stoph Reich, viele Gäste an. Das Programm umfaßte Orgelwer­ ke von Johann Sebastian Bach, Antonín Dvořák und Leon Boël­ mann sowie Kunstlieder für Ba­ riton und Klavier von Franz Schubert, Robert Schumann und Georg Meyndt. Ilse Maria Reich las unter dem Motto „Von Orgel zu Orgel“ aus ihren spannenden Erinnerungen. Das Konzert wur­ de vom Kulturwerk der Sieben­ bürger Sachsen in Kooperation mit dem Haus des Deutschen Osten (HDO) veranstaltet.

I

ch wurde als ältestes von fünf Geschwistern am 13. Februar 1944 im Lutherhaus in Hermannstadt in Siebenbürgen geboren“, begann Ilse Maria Reich die Lesung aus ihren Erinnerungen „Von Orgel zu Orgel“, die sie speziell für ihre Kinder und Enkel verfaßt hatte. „Meine Autobiographie handelt von der Liebe zur Musik, speziell zur Orgel.“ Ihr Vater sei der seinerzeit in Siebenbürgen wohlbekannte, aus der Gemeinde Hetzeldorf stammende Pfarrer, Organist und Chorleiter Ernst Helmut Chrestel (1916–2000) gewesen. „Nach Kriegsende wurde er 1945 nach Rußland deportiert und kehrte erst 1949 zurück, wobei ich ihn gar nicht erkannte.“ Ihr Vater habe zwischen 1956 und 1969 in Baaßen bei Mediasch und danach in Almen und Hermannstadt Kantorenschulen, also Kirchenmusikschulen, gegründet und geleitet, in denen Kantoren und Organisten für die evangelischen Kirchengemeinden ausgebildet worden seien, was im kommunistischen Rumänien sonst nicht möglich gewesen sei. Auch in Hermannstadt, wo er 1969 bis 1984 Stadtkantor gewesen sei, habe er eine Kantorei gegründet. Immer dabei an den Einsatzorten des Vaters war die kleine Ilse Maria: „Ich habe schon mit sieben Jahren von ihm Klavier- und Orgelunterricht erhalten.“ Mit zehn Jahren sei sie schon Organistin in seiner Kirchengemeinde Baaßen gewesen

Ilse Maria Reich und ihr Sohn Christoph Reich beim gemeinsamen Auftritt und beim gewaltigen Applaus am Ende des Konzerts.

� Konzert und Lesung mit Siebenbürger Organistin

Standing Ovations im Saal

Dr. Iris Oberth, Geschäftsführerin des Kulturwerks der Siebenbürger Sachsen, begrüßt alle. Ilse Maria Reich liest aus ihren Erinnerungen. Christoph Reich singt auf der Empore zur Orgelbegleitung seiner Mutter zwei geistliche Lieder von Antonín Dvořák. Dr. Lilia Antipow bedankt sich bei den Musikern. und mit 13 Jahren als konzertierende Organistin vor die Öffentlichkeit getreten. 1966 bis 1976 war sie Organistin in Burgberg bei Hermannstadt. Auch ihre Geschwister seien in den Musikbetrieb getreten, ebenso wie später ihre Kinder, die sie in der Ehe mit dem Organisten-Kollegen Christian Reich ab 1962 bekam. Damals sei sie auch nach Hermannstadt gekommen, wo ihr Vater Kantor gewesen sei. In Bukarest legte sie 1969 das staatliche Solistenexamen ab

und begann, Konzertreisen zu unternehmen, ab 1973 auch ins westliche Ausland, aber nur unter Überwachung der staatlichen rumänischen Konzertagentur. Diese Reisen schilderte Ilse Maria Reich recht ausführlich, inklusive der oft interessanten zeitgenössischen Konzertkritiken. 1973 sei es nach Deutschland gegangen, 1975 in die UdSSR und nach Prag, wo sie Meisterkurse bei Professor Jiří Reinberger belegt habe, und 1976 wieder in die Bundesrepublik. „Am Schlimm-

sten waren immer die langen Trennungen von meiner Familie“, betonte die Musikerin. „Und deswegen wollte ich auch nicht allein im Westen bleiben.“ Ihr berufliches Wirken in ihrer Heimat begann sie 1981 als Organistin und Chorleiterin an der evangelischen Kirche in Bukarest. Gleichzeitig besuchte sie noch das Bukarester Lyzeum für Philologie und Geschichte, wo sie nachträglich das Abitur ablegte. Ilse Maria Reich gab seit 1978 regelmäßig Konzerte an

den großen Orgeln der zentralen Konzerthäuser Bukarests, dem Athenäum und auch im Rundfunk. 1988 durfte die Familie dann endlich ausreisen, und danach gab Ilse Maria Reich weiter Konzerte. Sie war auch Gründerin und Leiterin der Städtischen Musikschule Rottenburg. Zwischen den Erinnerungen von Ilse Maria Reich bot sie großartige Orgelwerke und begleitete ihren Sohn Christoph, der mit seiner schönen Baritonstimme Kunstlieder präsentierte.

Dafür waren beide Musiker zunächst auf der Empore des Adalbert-Stifter-Saals, wo die haus­ eigene Orgel steht. Aus der Höhe erklangen die „Toccata und Fuge in d-Moll von Bach und die „Suite Gothique“ von Leon Boëlmann (1862–1897); außerdem zwei geistliche Lieder für Bariton und Klavier von Antonín Dvořák, die Christoph Reich sang. Der Bariton wurde 1963 in Hermannstadt/Sibiu in Siebenbürgen geboren und machte seine Gesangsausbildung bei der Opernsängerin Viviana Staffini-Araiza und Professor Thomas Gropper. Mit ihnen erarbeitete er sich ein umfangreiches Konzertrepertoire. Weiter mit dem Liederkonzert ging es auf der Bühne des Saals, nun mit Ilse Maria Reich am Flügel. Ihr Sohn sang zwei Lieder von Franz Schubert, drei Lieder von Robert Schumann und vier Lieder in Siebenbürgischer Mundart von Georg Meyndt (1852–1903). Die Texte von „Det Brännchen“, „Der Honef“, „Treißig Krezer“ und „Det Gläck“ lagen in hochdeutscher Übersetzung aus, so daß alle Zuhörer „Das Brünnchen“, „Der Hanf“, „Dreißig Kreuzer“ und „Das Glück“ gut verstehen konnten. Die Begeisterung des Publikums war danach so groß, daß beide Musiker nach den „Standing Ovations“ der Gäste immer wieder auf die Bühne treten mußten und einer Zugabe zustimmten. Die Wahl fiel auf das rührende „Det Motterherz“ von Georg Meyndt, wobei Christoph Reich seine Mutter scherzhaft warnte: „Daß du mir nicht wieder weinst.“ Und wieder gab es großen Applaus. Im Namen der Gastgeber dankte Lilia Antipow. Die Presse- und Öffentlichkeitsreferentin des HDO überreichte auch Geschenktüten an die beiden Musiker, die mit HDO-Schmankerln gefüllt waren: Publikationen, Konzert-CDs und ein guter Tropfen – alles mit Bezug zur Verständigungsarbeit des HDO. Den Abschluß bildete ein Empfang mit siebenbürgischen Häppchen im Foyer, zu dem Iris Oberth, die Kulturreferentin der Siebenbürger Sachsen, eingeladen hatte. Susanne Habel

� Preisträger aus Nordböhmen im Glasmuseum Rheinbach

Glaskunstpreis Im Glasmuseum Rheinbach wurden die Gewinner des elften Internationalen Glaskunstprei­ ses verkündet. Es gab drei Prei­ se und vier Belobigungen.

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Der Adalbert-Stifter-Saal im Vierklangrausch. Info im Netz: https://www.volksmusik-magazin.de/liabste-liader-lernen/

� Heimatpfleger laden zum gemeinsamen Musizieren

Liederlust im Vierklangrausch Unter dem Motto „Liederlust im Vier­ klangrausch“ lud Heimatpflegerin Chri­ stina Mei­nusch gemeinsam mit dem Bay­ erischen Landesverband für Heimatpflege

A

n diesem besonderen Singtag darf in der Mehrstimmigkeit gebadet und sich dem Klangrausch hingegeben werden“, verkündete Christina Meinusch. Die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen übergab dann das Zepter an die vier Singleiter. Simone Lautenschlager und ihre volksmusikversierten Kollegen Dagmar Held, Franz Schötz und Christoph Lambertz leite-

zum Singtag ein. Im Adalbert-Stifter-Saal brachten vier erfahrene Singleiter den Teil­ nehmern schöne Lieder bei. Die Singleiter unterstützten dabei jeweils eine Singstim­

ten durch das vielstimmige Singen. Das Musikprogramm führte – unschwer an den Dialektklängen zu erkennen – durch diverse Regionen Bayerns und durch das Sudetenland. So erklangen schon bald mindestens vierstimmig „Aber drentahoi n Kirchaturm“ oder auch „Åber eantadhoi der Doana“. Man sang „Öitza kaff ma uns a Paar Hengs-

me, so daß schnell Mehrstimmigkeit er­ reicht wurde. Gesungen wurden Lieder aus Regionen Bayerns und aus dem Sudetenland.

tala“. Dazu gab es auch eine eigene Beschreibung mit Liedblatt. Zu diesem Liederblock gehörte auch „So weit als i ausse schau“. Lustig waren die Lieder „Und wos a guater Heuschreck is“ und „Koa Hüttnmadl mag i net“. Die „Wald Ari“ kannten die anwesenden „Stammgäste“ von Singleiter Erich Sepp (Ý SdZ 19/2022) schon. Der ehemalige Leiter der Volksmusikabteilung des Bay-

erischen Landesvereins für Heimatpflege war nun auch im Saal. Vertraut klang auch für viele „Ja und was bekümmert‘s mich“ und „Koa Hüttnmadl mog i net“. Nach mehreren Stunden intensiven Gesanges hieß es dann zu Recht: „Guate Nacht, schlaft‘s wohl“. Besonders nach der Corona-Zeit hatten sich alle gefreut, sich wieder aufeinander „einzustimmen“. sh

inen Tag nach der Eröffnung von „Tschechisches Studioglas aus dem Glasmuseum Coesfeld-Lette zu Gast“ mit 35 Schülerarbeiten aus acht europäischen Glasfachschulen im Glasmuseum Rheinbach trat die Fachjury zusammen, um über die Preise zu beraten. Die Wettbewerbsarbeiten waren anonymisiert. Die Jury konnte sich einhellig auf die Vergabe der drei Preise – zwei davon für Schüler von traditionellen Glasfachschulen aus Böhmen – verständigen. Erster Preis Tere­ za Patoč­ kovás „Vase“: dickwandiges Glas, mundgeblasen. Klasse ­Petr Stacho, Glaskunstfachschule Steinschönau/ Středni Umélecko­ průmyslová Škola Sklářská, Kamenický Šenov.

Zweiter Preis Soňa Sychro­ vás „Ei“: Installation aus formgeschmolzenem Glas und Glasscherben. Klasse Jiři Kučera, Glaskunstfachschule Eisenbrod/ Střední uměleckoprůmyslová škola sklářská, Železný Brod.

Dritter Preis Delia Stünitzes „Kopffüßler“: Glasverschmelzung, innenliegende Glasmalerei, Gravur, Schliff, Politur. Klasse Harry Müller, Florian Dierig, Reiner Eul, Staatliche Fachschule Weilburg und Staatliche Glasfachschule Hadamar.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

� Ackermann-Gemeinde der Diözese Mainz

Alles Leben ist Begegnung le andere Kollegen hielten den Unter- Priester Vinzenz Brauner weiter, schloß richt über die Nachkriegsgeschichte der Jan Larisch. Der erkrankte Professor Mario Anjüngeren Vergangenheit, der Familiengeschichte einzelner Schüler für grund- dreotti aus Sankt Gallen hatte das Malegend. Wichtig sei das persönliche En- nuskript seines Vortrags „Wohin geht gagement des Lehrers, seine eigene En- die deutsche Literatur?“ geschickt. Inergie auf die Schüler zu übertragen. Der grid Schneider und Reinhard Forst laerold Schmiedbach, Vorsitzender Unterricht sei mit einer moralischen und sen den Text vor. Lenka Kopřivová und der Mainzer Ackermann-Gemein- ethischen Verpflichtung verbunden, die Miroslav Kunštat übersetzten ihn ins de, begrüßte die Freunde aus der Part- geschichtlichen Abläufe aus mehreren Tschechische. Anschließend tauschten nerdiözese Troppau-Ostrau, aus Belgien Perspektiven zu betrachten. die Teilnehmer eigene Erfahrungen mit und aus anderen deutschen Diözesen. In den 90er Jahren hätten sich die der Sprache, dem Paradigmenwechsel, Das Wort Martin Bubers weise auf einen Lehrer um Materiteilweise hervorgeruProzeß hin, der langfristig angelegt sei. alien und Dokumente fen durch fundamenDie ersten Begegnungen mit Mährisch selbst kümmern müstale Veränderungen Ostrauern habe er bald nach der Wen- sen. Dank gemeinnütder Politik und Gede gehabt. Damals habe er Pater Jan La- ziger Organisationen sellschaft, aus. risch und Gymnasialprofessorin Maria wie Mensch in der Lenka Kopřivová Indrová kennengelernt. Der Beginn ei- Not, Post Bellum oder sprach über „Erfolge ner erfreulich langen Zusammenarbeit. dem Verband PANT und Scheitern beim Beide seien auch dieses Mal gekommen. in Ostrau hätten sich Wiederentdecken der Der Historiker und Soziologe Miros- die Lehrmethoden gemährisch-kroatischen lav Kunštát von der Karls-Universität in ändert. Bei einem Be- Dr. Jan Larisch und Petr Šimiček Identität“. Sie ist eiPrag sprach über „Gott ist weg, aber sein such von Geschichtsne mährische KroaGeruch bleibt. Die Entwicklung der Kir- lehrern in Dachau hätten sie Einblick in tin, wohnt in Fröllersdorf bei Nikolsburg chen und der Politik in Tschechien seit ein ausgearbeitetes Unterrichtssystem und arbeitet in Prag. Bereits 1534 seien 1989“. Die katholische Kirche sei im- für traumatische und schmerzhafte Mo- Kroaten nach Südmähren gekommen. mer noch die größte Religion im Land. mente erhalten. In ihrer Heimat sei das Leben schwer geZwischen Prag und Rom gebe es keine Angesichts der desolaten tschechi- wesen; Feudalpflichten hätten die einfafür beide annehmbare Konkordatsrege- schen Situation habe er, Šimiček, mit ei- che Bevölkerung arm gemacht, nach der lung. Dieser Schwebezustand zeige sich nem Freundeskreis 2009 in Ostrau ein Schlacht von Mohács 1526 sei mit dem nicht zuletzt darin, daß einige religiöse Bildungsportal für Lehrer und Schüler Sieg der Türken das Leben in Kroatien Feste eine politische und staatliche Di- eingerichtet. Nach zehn Jahren habe das immer trostloser geworden. Viele Taumension eingenommen hätten. Portal bereits mehrere tausend Lehrma- sende seien in das heutige Österreich, Führende tschechische Politiker, ein- terialien angeboten. Seit 1997 leite er nach Slowenien, Ungarn und Mähren schließlich des Staatsoberhauptes, fei- einjährige Projekte über das kommuni- gewandert. In Mähren hätten sie ein erten am 5. Juli den Tag der stische Regime in der Realität verwüstetes Land vorgefunden, Kriege Heiligen Kyrill und Method der 1950er Jahre und über den und Krankheiten hätten die ursprüngim Mährischen Velehrad, am Holocaust. Der Höhepunkt sei- liche Bevölkerung hinweggerafft. Die 6. Juli Gottesdienst in der Praen Schülerkonferenzen, in de- Kroaten seien erfahrene, fleißige Landger Bethlehemskirche zu Ehnen historische Epochen aus- wirte gewesen, die die Gegend wieder ren des Reformators Jan Hus führlich aufgearbeitet würden. fruchtbar gemacht hätten. Sie seien Beund am 28. September die naIm Rahmen seines Konzep- standteil der Gegend geworden, betonte tionale Wallfahrt am Sankttes und als Partner von Post Kopřivová. Die kroatischen Dörfer seien Wenzels-Tag in Altbunzlau. Bellum interviewten Studen- ein Fest der Farben gewesen mit farbenDas selbe Parlament, das den ten Zeitzeugen, meist Verwand- frohen Häusern und Trachten. Stolz seiVertrag mit dem Vatikan 2002 Lenka Kopřivová te und Bekannte. Diese Fragen en die Kroaten gewesen und mit ihren abgelehnt habe, habe zwei über die Zeit des Totalitaris- tschechischen und deutschen Nachbarn Jahre vorher die Sankt-Wenzels-Fei- mus könnten Spannungen entwickeln, gut ausgekommen. Sie hätten sich als eier als „Tag der tschechischen Staatlich- aber auch Dämme des Schweigens bre- ne kroatische Familie gesehen. keit“ zum Staatsfeiertag gemacht. Die 1948 an die Macht gekommenen chen und sogar zur Katharsis und VerAuffällig sei, wie viele tschechische söhnung führen. Kommunisten hätten die Kroaten aus ihPolitiker sich in der AuseinandersetDas Olga-Havlová-Gymnasium ge- ren ursprünglichen Dörfern in mehr als zung mit der EU über die Aufnahme von stalte Wanderausstellungen über be- 120 Gemeinden in ganz Mähren vertrieFlüchtlingen auf nie konkret formulier- deutende Persönlichkeiten oder The- ben. Nach 1989 hätten sich die Kroaten te christliche Werte beriefen, die es an- men der Weltgeschichte wie die Berli- wieder als Volksgruppe zu erkennen gegesichts einer drohenden Islamisierung ner Mauer. Das Gymnasium arbeite an geben, seien sich wieder begegnet und zu verteidigen gelte. Auch der Kampf der Gestaltung von Erinnerungsorten hätten sich organisiert. 1991 sei die Vergegen einen meist ebenso undefinierten mit wie am Denkmal für das Hanke-In- einigung von Bürgern kroatischer NaNeomarxismus oder die Gender-Ideo- ternierungslager im Mai 1945. Dort sei- tionalität in der Tschechischen Republik logie werde mit Hinweis auf christliche en überwiegend deutsche Mährisch Os- gegründet worden. Das erste Treffen haWerte geführt. trauer gefoltert und ohne Gerichtsver- be in Fröllersdorf im Mai 1991 stattgeFormale christliche Codices hätten ei- fahren hingerichtet worden. funden mit Landsleuten aus Tschechien, ne größere politische Bedeutung gewonPater Jan Larisch, Pfarrer und Präsi- Deutschland, Österreich und Übersee: nen, gleichzeitig setze sich die Säkulari- dent der Caritas der Ostrauer Diözese, Der erste kroatische Kulturtag! Seitdem sierung scheinbar unaufhaltsam fort. Die stellte Vinzenz Brauner vor, Pfarrer und fänden die Kulturtage jedes Jahr Anfang vergangenen 30 Jahre, in denen die Bür- Bürgermeister von Zuckmantel. Der ha- September in Fröllersdorf statt. ger uneingeschränkte Religionsfreiheit be sein Wirken nicht auf den Kirchen40 Jahre lang habe es offiziell keine genössen, seien für die Kirchen nicht raum beschränkt, sondern sich aus sozi- Kroaten gegeben. Viele hätten in ihren ermutigend. Liberale Theologen wie aler und karitativer Überzeugung auch neuen Wohnorten eine neue Heimat geTomáš Halik oder Tomáš Petráček sä- kommunal- und sozialpolitisch einge- funden. Nur wenige Menschen in Mähhen die Ursachen der raschen Entwick- setzt. Als nationalsozialistische Strö- ren hätten sich noch an die bunten Dörlung in der Unfähigmungen in den drei- fer erinnert. Sie, so Kopřivová, habe mit keit der Kirchen, auf ßiger Jahren auch anderen Forschern das Leben der Gegravierende soziale Mähren erreicht hät- meinschaft seit dem 16. Jahrhundert doProbleme, auf Multen, habe Brauner viel kumentiert: ihre Bräuche, ihre Schicksatikulturalismus oder für ein gutes Einver- le. Daraus sei das Buch „Die Farben des Migration zu reagienehmen von Tsche- kroatischen Mährens“ entstanden. ren. Die Laien hätten Die Gruppe habe zwar viele Mitgliechen und Deutschen in der katholischen getan. Die Nazis hät- der, die meisten Arbeiten seien aber an Kirche noch keinen ten Brauner verhaftet. ihr hängen geblieben. Die Erhaltung der angemessenen Platz Die Haft im Troppau- materiellen und nichtmateriellen Kulgefunden. In vie- Gerold Schmiedbach und Dr. Miro­ er Gefängnis habe zu tur ihrer Vorfahren der Öffentlichkeit len Priestersemina- slav Kunštat und der fast vergessenen Minderheit Gesundheitsprobleren herrsche gähnenmen geführt. Am 29. im In- und Ausland näherzubringen sode Leere. Die Tschechische Republik sei Januar 1944 sei er mit knapp 66 Jahren wie die Kulturtage, das Kirchweihfest jenicht allein ein Laboratorium der Säku- und nach 43 Jahren priesterlichen Wir- des Jahr vorzubereiten und das Muselarisierung oder ein Spezialfall eines eu- kens gestorben. Zwei Tugenden, so La- um der Kroaten in Fröllersdorf zu errichropäischen Säkularisierungsprozesses. risch, träten besonders hervor: seine ten, Ausstellungsstücke zu sammeln, Denn keinesfalls nur für Tschechen gel- Selbstlosigkeit und seine rastlose Ar- das ganze Projekt zu finanzieren, sei eite Tomáš Haliks Diagnose: „Gott ist ge- beitsamkeit. Vinzenz Brauner sei ein ne Herkulesaufgabe. Einmal sei sie fast gangen, aber sein Geruch bleibt“, schloß Licht in der Düsternis einer verwirrten gescheitert. Wie oft sei sie alleine dageMiroslav Kunštát. standen? Viele wollten feiern, das MuZeit gewesen. Petr Šimiček, Lehrer am Ostrauer OlUnter den nach 1945 zugezogenen seum besuchen, aber bei der Arbeit hätga-Havlová-Gymnasium, sprach über Tschechen sei alles Deutsche zunächst ten ihr nur wenige helfen können. „Mein Geschichtsunterricht des 20. abgebaut, gelegentlich vernichtet worDa sei ihr bewußt geworden, welche Jahrhunderts – moderne Methoden, den. Mit der Zeit und dem Bedürfnis, vielen, schönen, interessanten MögMaterialien und Einstellungen“. Die an irgendwohin zu gehören, Wurzeln zu lichkeiten ihr Leben auch noch biedem Treffen teilnehmenden sechs Schü- schlagen, seien die getrennten Wirk- te. Und bald hätte sie ihr Gleichgeler übersetzten den Vortrag ins Deut- lichkeiten – Deutsche und Tschechen wicht wieder gewonnen. Was das Kroasche. In kommunistischer Zeit habe der – wechselseitig wieder zusammenge- tentum für jeden Einzelnen bedeute, Geschichtsunterricht der politischen wachsen. Die heutigen Nachfolger von müsse jeder mährische Kroate für sich Umerziehung der Jugend gedient. Heu- Pfarrer Brauner würden trotz der ande- entscheiden. Wie könnten die indivite liege es am einzelnen Lehrer, an sei- ren Sprachzugehörigkeit den universa- duellen, unterschiedlichen Herangener Bereitschaft und seinem Mut, die len Wert ihrer priesterlichen Berufung hensweisen in Zukunft das Leben der heikelsten Themen der Geschichte auf- erkennen und reichten jeweils einander kroatischen Minderheit bestimmen? zudecken. Viele Lehrer beendeten ihren die Erinnerung an den durch die Nazis Das stehe in den Sternen, schloß Lenka Unterricht nach der Befreiung 1945. Vie- verfolgten und de facto umgebrachten Kopřivová. Die Weisheit des Religionsphilosophen Martin Buber „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“ oder „Všechen skutečný život spočívá v setkávání“ war das Thema der Jahrestagung der AckermannGemeinde der Diözese Mainz.

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VERBANDSNACHRICHTEN � SL-Ortsgruppe Bayreuth/Oberfranken

Es geht aufwärts Nach langer Pandemie-Pause fand Ende Juni wieder eine Jahreshauptversammlung der oberfränkischen SL-Ortsgruppe Bayreuth statt.

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in großer Auftakt der wieder aufgenommenen Aktivitäten war der Sudetendeutsche Tag in unserer Nachbarschaft Hof. Wir hatten selbst im „Nordbayerischen Kurier“ ein breites Medienecho. Wir sind aktiv und präsent und werden auch wegen der Folgen des ukrainisch-russischen, völkerrechtswidrigen Krieges wieder wahrgenommen. Dies zeigt auch unsere gebundene Presseschau. Sie umfaßt 162 Seiten, im Vorjahr waren es 146. Sie dokumentiert unsere sudetendeutschen Aktivitäten. Dank Helmut Mürling sind wir schon vor Jahren ins elektronische Zeitalter eingestiegen und haben eine der informativsten Homepages der SL und darüber hinaus. Sie bietet die Möglichkeit, Kinder und Enkel für die Sudetendeutschen zu interessieren: www.sudeten-bayreuth.de Viele unserer Mitglieder sind verstorben, und wir finden wenig Neue. Trotzdem sind heuer schon zwei neue Mitglieder zu uns gestoßen. Es ist nicht so, daß die junge Generation kein Interesse an der Herkunft ihrer Familie und der geschichtlichen Entwicklung im Sudetenland hat. Aber sie lassen sich nicht in unsere Vereinsarbeit einbinden. Um so aktiver sind viele bei Reisen ins Sudetenland, bei Großveranstaltungen wie dem Sudetendeutschen Tag, bei Heimattreffen oder in den sozialen Medien wie Facebook oder Instagram. In den sozialen Medien bilden sich große Gruppen mit „Followers“, Anhängern, mit vielen Aktivitäten, aber sie scheuen Vereinsarbeit. Damit hat die Bedeutung der sozialen Medien deutlich zugenommen. Die Sudetendeutschen sind dort gut vertreten. Dies ist die Zukunft auch der SL.

Neben dem Totengedenken, den Berichten des Vorstandes standen bei der Jahreshauptversammlung auch die Abnahme der Jahresrechnungen und die Aufstellung des Haushaltsplans für 2022 an. Die Finanzen sind geordnet, die Veranstaltungen beginnen wieder zu laufen und es gibt, siehe oben, zwei neue Mitglieder. Der für zwei Jahre gewählte Vorstand besteht aus Man­fred Kees, Gerda Mühlbacher, Christa Helger, Hermann Köhler, Rita Tischler, Dietfried Lux und Elfriede Heider. Sylvia Launert MdB bereicherte die erfolgreiche Versammlung mit einem Grußwort und der Teilnahme an der regen Diskussion. Sie ist auch Vize-Vorsitzende der Arbeitsgruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSUBundestagsfraktion und ein gern gesehener Gast. Wie kann es weitergehen mit unserer SL in Bayreuth? Wir beginnen wieder aktiv zu werden und Veranstaltungen anzubieten. Aus der Geschichte sollten wir uns nicht auch noch vertreiben lassen. Hier in Bayreuth ist uns dies bisher gelungen. Wir werden weiter an unsere Geschichte erinnern und sie auch an unsere Nachkommen und Freunde weitergeben. Zum diesjährigen Programm gehören ein Volkslieder- und Brauchtumsabend in Goldkronach, eine Busfahrt zum Sudetendeutschen Museum in München, eine Fahrt zum Fichtelsee, die Vertriebenenwallfahrt nach Gößweinstein, eine Wanderwoche im Altvater, ein Fischessen bei Wiesau, der Tag der Heimat in Neubau, ein Vortrag von Kateřina Kovačková und eine Vorweihnachtsfeier. Zum Schluß warb Manfred Kees für den Bezug der Sudetendeutschen Zeitung. Sie sei eine hervorragende Möglichkeit, sich über die Sudetendeutschen heute zu informieren. ds

Man­fred Kees, Dr. Sylvia Launert MdB, Gerda Mühlbacher, Christa Helger, Hermann Köhler, Rita Tischler und Dietfried Lux.

� SL-Kreisgruppe Augsburg-Stadt/Bayerisch-Schwaben

Dank an SL Hochzoll Die bayerisch-schwäbische SL-Kreisgruppe Augsburg-Stadt traf sich nach langer Zeit wieder zu einem gemütlichen Zusammensein

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Obmann zu sein, beschränkt sich jedoch nicht nur auf die oben erwähnten Aufgaben. Obmann zu sein heißt auch ,Da zu sein‘ für die Landsleute, und das warst Du viele Jahrzehnte. Dank Deines Wirkens sind die SL Hochzoll und der Name Heisinger ein fest zusammengehörender Begriff. Mit Bedauern haben wir Deinen Entschluß zur Kenntnis nehmen müssen, daß Du aus gesundheitlichen Gründen die Leitung der Ortsgruppe aufgeben mußt. Wir wünschen Dir von Herzen, daß sich Dein gesundheitliches Befinden wieder stabilisiert und die Genesung rasch fortschreitet. Wir alle wollen Dir heute ein herzliches Dankeschön für all Deine Mühen sagen, die Du für unsere Landsleute auf Dich genommen hast.“

ann und wo wollen wir uns wieder treffen? Welche Aktivitäten können wir unseren Landsleuten anbieten? Das waren die Themen, die lebhaft diskutiert wurden. Ein großes Anliegen war uns außerdem, dem Vorstand der ehemaligen Ortsgruppe Augsburg-Hochzoll für ihr langjähriges Wirken zu danken und als Anerkennung ihrer Leistungen ein Geschenk zu überreichen. Dies waren Waltraud Rinninger, Ruth Achtelik, Anita Donderer, Erna Graf und Josef Grimm. Kreisobfrau Gisela Thiel würdigte die langjährige Tätigkeit des ehemaligen Ortsobmanns Wolfgang Heisinger. „43 Jahre lang hast Du die SL-Ortsgruppe Hochzoll mit viel Engagement geleitet. In der Bezirksgruppe der SL warst Du im Vorstand und in der SL-Kreisgruppe langjähriger Vize-Obmann. Ein umfangreiches Jahresprogramm mit Referaten, Filmvorführungen, Muttertags- und Weihnachtsfeiern, Erntedankfesten, Ausflügen und vielem mehr hast Du Deinen Mitgliedern angeboten. Der zahlreiche Besuch Deiner Veranstaltungen war ein Unten Waltraud Rinninger und Ex-Ortsobgutes Spiegelbild Deines erfolgrei- mann Wolfgang Heisinger, oben Kreisobfrau chen Schaffens für unsere Landsleute. Gisela Thiel, Josef Grimm und Anita Donderer.


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AUS DER HEIMAT

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

Heimatlandschaft Südmähren

Höfleiner feiern beim Paten Mitte Juni feierte die niederösterreichische Stadt Laa an der Thaya 40 Jahre Patenschaft über die nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem südmährischen Höflein an der Thaya vertriebenen Deutschen.

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elbst noch erschüttert vom Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen erlebten die Bewohner der Grenzstadt Laa an der Thaya als Zeitzeugen, wie die Bewohner der Marktgemeinde Höflein, nur drei Kilometer entfernt in Südmähren gelegen, im Jahr 1945 über die Grenze nach Österreich getrieben wurden. Von den etwa 2000 Höfleinern konnten letzten Endes etwa 160 in Laa und Umgebung bleiben und sich dort wieder eine Existenz schaffen, nachdem sie alles durch die Enteignung verloren hatten. Es dauerte einige Jahrzehnte, bis ihre Existenz so gefestigt war, daß sie Zeit für die Gründung eines Vereins hatten. Der Verein hatte sich zum Ziel gesetzt, daß das Ereignis der Vertreibung aus der Heimat nie in Vergessenheit geraten dürfe. So erreichten sie, daß die Stadtgemeinde Laa an der Thaya am 13. November 1981 im Gemeinderat einstimmig beschloß, die Patenschaft über die ehemaligen Bewohner von Höflein an der Thaya zu übernehmen. Gefeiert wurde dieses Ereignis vor 40 Jahren am 22. Mai 1982 mit einem Festakt. Bereits 1979 wurde auf dem Friedhof in Laa ein Denkmal für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges und die Opfer der Vertreibung errichtet. Ein weiterer Schritt in der Erinnerungskultur war die Errichtung eines südmährischen Heimatmuseums im Alten Rathaus. Die Stadtgemeinde stellte die Räumlichkeiten zur Verfügung, adaptiert wurden diese aber von den Höfleinern und den Vertriebenen weiterer umliegender Ortschaften aus dem Thayatal.

Nun waren die Verantwortlichen des Heimat- und Museumsvereins Thayaland anläßlich der Generalversammlung mit Neuwahlen und im Zuge des anschließenden Festaktes „40 Jahre Patenschaft der Stadtgemeinde Laa an der Thaya über die ehemaligen Bewohner der Gemeinde Höflein an der Thaya“ zusammengekommen. Es erfolgten Ansprachen von der Bürgermeisterin der Stadt Laa, Brigitte Ribisch, dem Ehrenpräsidenten des Südmährerbundes in Deutschland, Franz Longin, und Brigitta Appel, der wiedergewählten Obfrau des Heimat- und Museumsvereins. Ihre Stellvertreterin Isabella Zins führte durch das Programm und begrüßte dabei auch die Stadträte Georg Eigner, Helga Nadler, Karl Schäffer und Christian Nikodym, weiters den VLÖ-Präsidenten Norbert Kapeller mit Ehefrau Karin, den Obmann des Kulturverbandes der Südmährer in Österreich, Hans-Günter Grech, mit Ehefrau Gertrud und den Präsidenten der Südmährer Kulturstiftung, Manfred Frey, sowie weitere Gäste. Konrad Pristl trug „Das Südmährerlandl“ in seiner unnachahmlichen Weise vor. Die musikalische Umrahmung gestaltete ein Ensemble der Stadtkapelle Laa an der Thaya. Im Anschluß besichtigten die Gäste die Sonderausstellung „40 Jahre Patenschaft“ im Museum, die bis Ende Oktober zu den Öffnungszeiten zu besichtigen ist. Informationen dazu finden Sie unter www.südmährer-museum.at VLÖ-Präsident Norbert Kapeller bedankte sich bei allen Verantwortlichen für ihren Elan und nimmermüden Einsatz. „Gerade dieses Museum ist ein Paradebeispiel und Mosaikstein der aktiven Erinnerungskultur der Heimatvertriebenen, damit sie nicht auch noch aus der Geschichte vertrieben werden“, so Kapeller.

Dr. Manfred Frey, Norbert Kapeller, Brigitta Appel, die Patenschaftsurkunde und Brigitte Ribisch. Links Konrad Pristl, Isabella Zins und Franz Longin. Bilder (2): Susanne Bauer

„Wer könnte sie je vergessen“ steht über dem Denkmal für die Gefallenen, Vermißten und anderen Opfer der Kriegsereignisse der Gemeinde Höflein an der Thaya 1914 bis 1918 und 1939 bis 1945 auf dem Friedhof der Patenstadt Laa an der Thaya.

Ehepaar Christel und Oskar Schönweitz, Peter Jurenda, Edith Schäfer, Rudolf Krätschmer, Michael Rösner, Theresia Hernichel sowie Krimhilde Faetsch. Bild: Gabi Stanzel

Heimatkreis Bärn/Altvater

Jubiläumstreffen in Langgöns Ende Juni fand das 60. Treffen des Heimatkreises Bärn im hessischen Langgöns statt.

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unächst begrüßte Peter Jurenda, Heimatkreisbetreuer und Vorsitzender des Heimatkreisvereins, die Landsleute. Vorstandsmitglied Michael Rösner gedachte der Opfer von Flucht und Vertreibung und des Zweiten Weltkrieges. Dann zelebrierte Edith Schäfer einen Wortgottesdienst. Dabei wurden bei musikalischer Begleitung traditionell die Lieder der Deutschen Messe von Franz Schubert gesungen. In seiner Ansprache erinnerte Peter Jurenda an die in diesem Jahr stattfindende 60jährige Patenschaft des Landkreises Gießen über den ehemaligen Kreis Bärn, die am 9. September 1962 beim ersten Treffen des Heimatkreises Bärn durch die Übergabe einer Urkunde in Langgöns besiegelt worden sei. Gleichzeitig begehe man in diesem Jahr auch das 60. Heimattreffen – 2020 war dieses erstmalig in seiner Geschichte coronabedingt ausgefallen –, ein Grund, in der Geschichte des Heimatkreises ein wenig zurückzuschauen. Dazu führte der Vorsitzende aus, daß von den sieben Mitgliedern, die den Heimatkreis Bärn am 6. Februar 1975 gegründet hätten, nur noch der anwesende Herman Bönisch unter den Lebenden weile und dem Heimatkreis nach nunmehr 47 Jahren weiterhin die Treue halte. Bönisch habe zusammen mit seiner Familie sehr viel für den Heimatkreis getan, unter anderem für den Betrieb und Erhalt der Heimatstube sowie mit der Ausübung verschiedener Vorstandsämter. Peter Jurenda bedankte sich bei Herman Bönisch mit einem Präsent und einem Blumenstrauß für dessen Ehefrau Berta. Ein weiterer Meilenstein sei das 70jährige Jubiläum der Heimatschrift „Bärner Ländchen“ gewesen, welches im Februar begangen worden sei. Als Vorläufer des „Bärner Ländchen“ habe Landsmann Adolf Gödel die „Heimat-Rundbriefe“ – beginnend am 6. Jänner 1948 – versandt. Diese bis Ende 1951 insgesamt 42 „Heimat-Rundbriefe“ seien auf einer uralten Schreibmaschine und auf schlechtem Papier geschrieben worden. Und sie seien der Anfang der schriftlichen Mitteilungen unseres Heimatkreises

gewesen. Eine großartige und nicht hoch genug zu bewertende Leistung. Im Februar 1952 sei dann das erste „Bärner Ländchen“ erschienen und den Landsleuten zugestellt worden. Dieser Beginn sei bereits im Februar-Heft des „Bärner Ländchen“ ausführlich gewürdigt worden, und im Besonderen der Gründer Adolf Gödel, ohne den es das „Bärner Länd-

liches Wirken in verschiedenen Ämtern zum Wohle des Heimatkreises und der gemeinsamen Heimatarbeit die Verdienstmedaille des Heimatkreises Bärn, neben der Ehrenmitgliedschaft die höchste Auszeichnung. Zum Schluß überreichte Vorstandsmitglied Michael Rösner das Ehrenzeichen in Gold für zehnjährige Vorstandstätigkeit an Peter Jurenda.

Die Bärner Kirche Mariä Himmelfahrt.

chen“ nicht gäbe. Adolf Gödel habe sich auch als maßgeblicher Mitbegründer des Heimatkreisvereins und dessen Vorläufer – dem sogenannten Kreisrat – große Verdienste erworben. Ohne sein stetes und unermüdliches Wirken für die Heimat wäre vieles heute nicht so, wie es sei. Danach ehrte der Heimatkreisbetreuer verdiente Mitglieder und Ortsbetreuer. Christel und Oskar Schönweitz vom Heimatort Milbes erhielten für 15 Jahre Mitgliedschaft die Treuenadel in Gold ebenso wie Theresia Hernichel vom Heimatort Koslau. Edith Schäfer vom Heimatort Stadt Liebau wurde für 15jährige ununterbrochene Vorstandsarbeit mit dem Ehrenzeichen in Gold ausgezeichnet. Krimhilde Faetsch vom Heimatort Altendorf und Rudolf Krätschmer vom Heimatort Maiwald erhielten für ihr 20jähriges unermüd-

Die folgend aufgeführten verdienten Mitglieder und Ortsbetreuer konnten ihre Auszeichnungen leider nicht persönlich entgegennehmen, sie werden ihnen zugesandt. Das Ehrenzeichen in Gold geht an Theresia Hoffmann vom Heimatort Hartau und Walter Theimer vom Heimatort Reigersdorf für 15jährige Tätigkeit als Ortsbetreuer. Treuenadel in Gold geht an Ehrentraude Rabel vom Heimatort Schmidsau und Bettina Mair vom Heimatort Stadt Liebau für 15 Jahre Mitgliedschaft. Dann ging man zur persönlichen Begegnung und zum „teschkerieren“ im Saal des Bürgerhauses von Langgöns über. „Wermutstropfen“ bei diesem Heimattreffen – wie bereits im letzten Jahr – war die zahlenmäßig geringe Beteiligung der Landsleute und deren Nach-

kommen. Was man 2021 eventuell noch unter der Rubrik „Corona“ und „Bahnstreik“ am Veranstaltungswochenende einordnen konnte, greift in diesem Jahr nicht. Der Vorstand wird aber weiterhin an diesem jährlichen Heimattreffen festhalten. Peter Jurenda bedankte sich bei allen Vorstandsmitgliedern für deren Arbeit bei der Planung, Organisation und Durchführung des Heimattreffens, die ausschließlich durch den Vorstand erfolgten. Bereits am Vortag hatte die Jahreshauptversammlung des Heimatkreises Bärn mit der alljährlichen Ortsbetreuertagung stattgefunden. In den damit verbundenen Neuwahlen wurde der Vorstand insgesamt bestätigt. Somit setzt sich der Vorstand auch in dieser Wahlperiode folgendermaßen zusammen: Kreisobmann und Kreisvereinsvorsitzender ist Peter Jurenda, seine Stellvertreterin ist Karin Heit. Vermögensverwalterin ist Krimhilde Faetsch, ihr Stellvertreter ist Bernd Passinger. Schriftführerin ist Christel Schönweitz, ihr Stellvertreter ist Oskar Schönweitz. Beisitzer sind Gerlinde Röhm, Edith Schäfer und Michael Rösner. Edith Schäfer rundete nach der erfolgten Sitzung den Abend mit einem mundartlichen Vortrag gekonnt und unterhaltsam ab. Vielen Dank an dieser Stelle an die Vortragende, die auf viele Gesichter so manches Lächeln zauberte und für heimatliche Gedanken und Erinnerungen sorgte. Abschließend gebührt ein besonderer Dank dem alten und neuen Vorsitzenden, Peter Jurenda, der zu Recht in diesem Jahr mit dem Ehrenzeichen in Gold geehrt wurde. Es ist nicht nur die bereits zehnjährige Tätigkeit im Vorstand des Heimatkreises Bärn. Routiniert und mit viel Sachverstand führt er die alljährlichen Mitgliederversammlungen sowie die Heimattreffen durch. Die Tätigkeit der Ortsbetreuer würdigt er dabei immer auf besondere Weise. Und wie oft dürfen wir uns über persönliche Geburtstagsgrüße freuen. Wir können froh sein, daß auf Alfred Herold, den langjährigen früheren Heimatkreisbetreuer, eine Persönlichkeit gefolgt ist, die selbst noch in der Heimat zur Welt kam und dieses Amt in ansprechender Weise ausführt. Julia Höring


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AUS DER HEIMAT

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

Heimatkreis Jägerndorf/Alvater

Vom Hungerzum Versöhnungsmarsch Am Morgen des 28. Juni brachten zwei Busse 70 Tschechen und 30 Deutsche, darunter vor allem Schüler aus Jägerndorf, mit ihren Lehrkräften zum Gabelkreuz, das

den, Eltern und Großeltern. Nur so können wir einen Weg der Versöhnung und Gerechtigkeit finden.“ Den feierlichen Rahmen bildeten das Trompetenspiel und der Gesang deutscher Lieder der Gymnasiasten aus Jägerndorf. Während der Feier trugen die Schüler TShirts mit der Aufschrift „Pochod smíření – Versöhnungsmarsch“, die der Heimatkreis besorgt hatte. Die Ansprachen von tschechischer edacht wurde Seite hielten Schuldides Hungermarrektor Vladimír Schreisches von Jägerndorf er, Stadtdekan Karel nach Grulich im Juni Doležel und der ehema1945. Dabei waren rund Das Zeichen des Versöhnungsmarsches ist ein Hand- lige Jägerndorfer Bür3000 Alte, Frauen und schlag vor dem Gabelkreuz. Rechts der Sockel des Ga- germeister Bedřich MaKinder ohne Vorankün- belkreuzes mit dem Blumenschmuck des Gedenktages. rek. Marek beeindruckdigung aus der Stadt te besonders mit seiner über das Altvatergebirge getrie- sich auf der Paßhöhe zwischen Aussage, daß er sich für das Leid ben worden. Man glaubt, daß Würbenthal und Thomasdorf be- entschuldige, das den Deutschen zehn Prozent wegen Erschöp- findet. An dieser Stelle, an der bei der Vertreibung angetan worfung, Unterversorgung und Ge- der Heimatkreis alljährlich der den sei. walteinwirkung den Marsch Opfer gedenkt, hatte der ElendsNach diesem ersten Gedennicht überlebten. marsch 1945 eine Rast einlegen ken fuhren alle zum Mittagessen Da der Heimatkreis Jägern- dürfen. Doch an diesem Tage er- nach Seifersdorf/Zátor. Von dort dorf seit Jahren gute Beziehun- zählten hier die zwei Überleben- aus ging man symbolisch rund gen zur Stadt, dem örtlichen den Helga Rügamer und Günter zwei Kilometer in Richtung JäGymnasium, den christlichen Klemens den Schülern von ihren gerndorf, also entgegengesetzt Kirchen und dem Jüdischen Ver- Erlebnissen. der Richtung des Hungermarein pflegt, war es in diesem Jahr Rügamers einleitende Worte sches von 1945. Der zweite Teil an der Zeit, der schrecklichen waren programmatisch für die- der Feier fand am Gedenkstein Vergangenheit eine zukunftswei- sen Tag: „Als erstes möchte ich sende Aktion entgegenzusetzen. sagen, daß weder ich beziehungsDie Initiative dazu war vom Vor- weise meine Eltern und Geschwisitzenden des Heimatkreisver- ster Schuld an dem furchtbarsten eins, Kurt Schmidt, gekommen, Krieg aller Zeiten haben, der von der auch die Teilnehmer begrüß- Deutschen ausgegangen ist. Ihr, te. Die technische Leitung lag in die ihr so alt seid, wie meine Enden Händen des Heimatkreisbe- kel, sowie eure Eltern und Großtreuers Meinhard Schütterle. Die eltern, können nicht verantwortwürdige Gedenkfeier wäre aller- lich gemacht werden für das dings ohne die Mithilfe und Pla- schändliche Verhalten nach dem nung der tschechischen Freun- Krieg, das von tschechischer Seide und die große Unterstützung te den Sudetendeutschen angeder Lehrkräfte des Jägerndor- tan wurde. Eine Kollektivschuld fer Gymnasiums nicht möglich gibt es nicht, jeder einzelne ist gewesen. Der Brünner Versöh- für sein Tun verantwortlich. Desnungsmarsch war das Vorbild ge- halb sollt ihr wissen, was geschewesen. hen ist. Redet mit euren Freun-

Im Rahmen der 26. Kulturfahrt des Heimatkreises Jägerndorf und des Heimatkreisvereins kam es Ende Juni zu einer besonderen Gedenkfeier, deren Bedeutung die Heimatpflegerin Christina Meinusch durch ihre Anwesenheit unterstrich. Lorenz Loserth, Stellvertretender Heimatkreisbetreuer und Träger des Kulturpreises für Heimat- und Volkstumspflege 2022, berichtet.

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für den Hungermarsch statt, der 2017 auf dem Gelände neben der Synagoge in Jägerndorf errichtet worden war. Busse brachten die Teilnehmer dorthin. Auch hier verliehen die Schüler mit Gesang, Geigen- und Trompetenspiel der Feier einen würdigen Rahmen. Bemerkenswert war, daß die Schüler trotz großer Hitze und langer Reden aufmerksam waren und keine Unruhe zeigten. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, daß ihre Teilnahme freiwillig und keine Pflichtveranstaltung der Schule war. Als Vertreterin der Kommune sprach Stadträtin Pavla Löwenthal persönliche Worte. Jiří Strnad vom Synagogenverein sang ein jüdisches Lied und brachte zum Ausdruck, daß man die Phase der Versöhnung hinter sich gelassen und bereits den Weg zur Freundschaft eingeschlagen habe. Pfarrer Pavel Zachrla aus Hillersdorf – der dem Verein seit vielen Jahren durch Zusammenarbeit verbunden ist – sprach den kirchlichen Segen und nahm den Gedanken von Jiří Strnad auf, indem er die Teilnehmer bat, sich die Hände zu reichen und einen Friedenskreis zu bilden. Das Singen der tschechischen Nationalhymne und ein Trompetensignal beschlossen die Feier.

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wischen 1736 und 1738 entstand die barocke Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung in Maria Stock im Tepler Hochland. Eng verbunden ist dieser heilige Ort mit der Ackermann-Gemeinde im Bistum Würzburg, die schon in der kommunistischen

… Brunhilde Rubick und Brigitte Tokarski.

Friedeberger Ländchen

Treffen beim Weinsommer Das gleiche Schicksal zu haben, eine Einheit zu sein, das prägte das Treffen der Vertriebenen aus dem Friedeberger Ländchen im Kreis Freiwaldau im Altvaterland, das Ende Juni beim Weinsommer im unterfränkischen Euerdorf-Wirmsthal bei Bad Kissingen stattfand.

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Schüler am HungermarschGedenkstein auf dem Synagogen-Gelände.

Der Versöhnungsmarsch setzt sich in Seifersdorf in Bewegung. Unter den Marschierern sind der ehemalige Jägerndorfer Bürgermeister Bedřich Marek und der mittlerweile 94jährige Kurt Schmidt. Das Fest Mariä Heimsuchung wird im Wallfahrtsort Maria Stock bei Luditz im östlichen Egerland immer am ersten Juli-Sonntag gefeiert und ist das Hauptfest in dieser wunderschön gelegenen, aber ausgeraubten Kirche.

Die Teilnehmer des Wirmsthaler Treffens mit Wilhelm Rubick …

rigitte Tokarski aus Euerdorf, eine Mitarbeiterin bei der Ortsbetreuung von Schwarzwasser im Friedeberger Ländchen, hatte diese Begegnung nach zweijähriger Corona-Zwangspause hervorragend vorbereitet. So konnte sie eine große Anzahl von Vertriebenen und deren Nachkommen, die jetzt im Kreis Bad Kissingen leben, begrüßen. Dabei ging Tokarski auf die Wichtigkeit solcher Begegnungen ein: „Wir wollen zeigen, daß unsere Volksgruppe noch lebt, und auch heimatpolitisch ein Zeichen setzen.“ Als Gast begrüßte Tokarski die Ortsbetreuerfamilie Brunhilde und Wilhelm Rubick, die jetzt im mittelfränkischen Thalmässing wohnt. Die Rubicks kamen aus Bad Neualbenreuth, wo sich die Maiersgrüner im Kreis Marienbad und die Altalbenreuther im Kreis Eger getroffen hatten. Rubick dankte Brigitte Tokarski und deren Tochter Silke für

Deutsch-tschechische Versöhnungswallfahrt in Maria Stock

Nach Corona volle Kirche Zeit dort aktiv war. Nach der Wende wurde die Zusammenarbeit erweitert, doch 2020 schlug Corona zu. Nach zwei Jahren gab es endlich die lang ersehente Lockerung, und Deutsche und Tschechen trafen sich wieder an diesem Versöhnungsort. Hauptzelebrant war der Abt des Prämonstratenserklosters, Pater Zdeněk Filip Lobkowicz,

aus Würzburg war Pfarrer Klaus Öhrlein gekommen. Neu war bei diesem Hochfest Ladislava Pfeferová aus Kladen, die das ganze Jahr über Pfarrer Vladimír Slámečka in Maria Stock auf der Elektroorgel begleitet. Bei der kurzen Prozession vom Kreuz zur Kirche gingen nur wenige Leute mit. „Das liegt wohl am Wetter,“ meinte Richard

Pfarrer Klaus Oehrlein und Abt Zdeněk Filip Lobkowicz führen die Wallfahrt nach Maria Stock an.

Pfarrer Oehrlein liest das Evangelium. Bilder: Richard Šulko Šulko vom Bund der Deutschen in Böhmen, der mit seiner Mutter und seiner ganzen übrigen Familie mitmarschierte. Es war nämlich schon um zehn Uhr vormittags ziemlich warm. In der Kirche war es aber angenehm kühl, und als die Priester um elf Uhr einzogen, war die Kirche voll. Rund 100 Gläubige und Pilger waren gekommen, um sich nach zwei Jahren wieder zu treffen und die Muttergottes anzubeten. Aus Würzburg war ein Auto voller Pilger gekommen mit Hans-Peter Dörr, Ehrenvorsitzender der dortigen Acker-

die vorbildliche Organisation vor Ort und freute sich über die Begegnung mit den Landsleuten. Dabei informierte er über die vom 11. bis 16. August stattfindende Heimatfahrt ins Friedeberger Ländchen mit Schwerpunkt Schwarzwasser im Altvaterland. In diesen Zusammenhang, so Rubick, verstehe er die Ortsbetreuung als lebende Brücke zwischen den Vertriebenen, die jetzt in Deutschland lebten, und der neuen Bewohner der alten Heimat. Angestrebt werde eine Partnerschaft zwischen Schwarzwasser, tschechisch Černá Voda, und Rubicks neuem Zuhause Thalmässing. Kommendes Jahr feiern die aus dem Friedeberger Ländchen Vertriebenen in EuerdorfWirmsthal beim Weinsommer ein Jubiläum: ihr zehntes Treffen. Diese Treffen, die 2013 von Anni Seufert, eine geborene Franke aus Schwarzwasser, ins Leben gerufen worden waren, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Leider starb Anni Seufert am 16. August 2018. „Unsere Aufgaben und Ziele für die Zukunft unserer Landsleute als lebende und vielfältige Gemeinschaft sehen wir auch in den kommenden Generationen“, so Tokarske und rührte jetzt schon die Werbetrommel für das Jubiläumstreffen. ren in Würzburg gestorben war. Nach der Messe versammelten sich wieder Deutsche und Tschechen im ehemaligen Pfarrgarten bei Bratwurst, Suppe und Kaffee und Kuchen. Zur Unterhaltung spielte Eva Haufová, und Kaiserwetter krönte diese schöne Begegnung. do

mann-Gemeinde, an der Spitze. In seiner Predigt berief sich Abt Lobkowicz auf die Verpflichtung eines jeden Gläubigen, als Jesu Jünger in der Gesellschaft zu wirken. „Ohne Segen Gottes ist die menschliche Anstrengung vergeblich“, so der Abt. Bei den Fürbitten wurde Monsignore Karl-Heinz Frühmorgens gedacht, der am 13. Juni Abt Lobkowicz auf dem Weg von der Pilgermesse zu den mit 84 Jah- Würstln im Pfarrgarten.


Reicenberger Zeitung

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Stadt und Kreis Reichenberg

Kreis Deutsch Gabel

Nordböhmi[e Um[au

Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail rz@sudeten.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

Kreis Friedland

Kreis Gablonz

� Isergebirge

Haindorfer Wallfahrt Mariä Heimsuchung

Heilige Kommunion. Die Wallfahrt zur monumentalen römisch-katholischen barocken Basilika Mariä Heimsuchung aus dem Jahr 1729 in Hain­dorf hat eine lange Tradition und fand heuer am ersten Julisonntag statt.

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Vor der Wallfahrtsmesse in der Kirche.

ie Heilige Messe in dem größten Gotteshaus Nordböhmens wurde erstmals in beiden Sprachen, Deutsch und Tschechisch, gefeiert. Konzelebranten waren Weihbischof Karlheinz Diez von der Diözese Ful-

Bilder: Stanislav Beran da, Dechant Markus Blümel aus dem hessischen Eiterfeld und Pavel Andrš, Pfarrer für die Orte Hain­dorf, Raspenau und Einsiedel. Auch in diesem Jahr besuchte Volksgruppensprecher Bernd Posselt die Wallfahrt. Ebenfalls gekommen waren die Urenkel des letzten Friedländer Grafen Franz Clam-Gallas, die Geschwister Agathe und Jenő Széchenyi von Sárvár-Felsővidék, deren Familiengruft sich in der Kirche befindet. Stanislav Beran

Pfarrer Markus Blümel, Dr. Jan Heinzel, Leiter der Bildungstätte im ehemaligen Franziskanerkloster in Haindorf, Pfarrer Pavel Anderš, Weihbischof Professor Dr. Karlheinz Diez.

� Die Geschichte der nordböhmischen Stadt Deutsch Gabel – Teil III

Der erste protestantische Pfarrer wirkt in Mariä Geburt

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ach dem Tod des bert gestorben waren, verkauften burt an. Am 25. September 1554 Heinrich Berka die übrigen Brüder die Stadt Ga- gab er den Dorfbewohnern von (Dubsky) besaßen bel mit ihren Vororten und dem Hermsdorf, Petersdorf, Herrnseine Söhne Ja- Herrenhause im Jahr 1528 dem dorf, Markersdorf und Böhmischroslav, Georg, Jo- Landrichter und Vogt der Lau- dorf das Recht der freien Vererhann und Peter die väterlichen sitz, Zdislav Berka von Duba auf bung. Dieses Recht hatten die Güter Gabel und Leipa gemein- Reichstadt. Bewohner der Stadt Gabel schon sam. Auf ihre Bitten hin bestäZdislav gehörte zu den einfluß- 1364 erhalten. Bald darauf starb tigte am 10. August 1472 König reichsten Männern Böhmens. Christoph Berka von Duba. Seine Wladislaw II. (1471–1516) der Wie bei König Wladislaw II. und zwei Söhne Heinrich und Zdislav Stadt Gabel alle Briefe, Schen- bei dessen Sohn König Ludwig II. erbten die Herrschaft Gabel. kungen und Freiheiten. Wla- (1509–1526), der bei den schweAm 20. Jänner 1564 weilte Kaidislaw war der Sohn König Ka- ren Abwehrkämpfen gegen die ser Maximilian II. (1564–1576) simirs IV. von Polen in Gabel. Er kam aus Wer eine Hube Acker hat, soll zwei und ab 1490 auch Köder Lausitz und benig von Ungarn. Noch Tage im Jahr pflügen, zwei Tage hauen fand sich auf der Reibevor die Bestätise nach Prag. Maxigung der städtischen Privilegi- Türken am 23. August 1526 auf milian war seit 1562 König von en von König Wladislaw eintraf, der Flucht bei Mohacz ertrank, Böhmen, nachdem er seinem Vateilten die Brüder den Besitz. Ge- so genoß er auch bei König Fer- ter, Kaiser Ferdinand I. (1526– org Berka von Duba und Leipa dinand I. (1526–1564) aus dem 1564), eidlich versprochen hatte, nahm ein Viertel der Stadt und Hause Habsburg hohes Ansehen. katholisch zu bleiben. Noch vor die Burg Leipa sowie die Herr- Auf seine Fürsprache hin bestä- 1565 nahmen die Brüder Heinschaft Gabel. Er behielt diesen tigte der König der Stadt Gabel rich und Zdislav eine Teilung ihBesitz bis 1507. Dann beerbten alle Privilegien und bewilligte res Besitzes vor. Zdislav nahm ihn seine Söhne Wenzel, Hein- ihr am 20. Februar 1534 drei Roß- die eine Hälfte der Stadt mit der rich, Hynek, Albert und Chri- märkte. Am 19. Juli 1543 gab Kö- Obervorstadt und den Dörfern stoph. Der eigentliche Verwalter nig Ferdinand I. die Erlaubnis, Hermsdorf, Markersdorf, einem der Herrschaft war Christoph. den Zoll in Gabel zu erhöhen, Teil Herrndorfs, die Sandmühle 1519 erteilte er dem Gab- auch wenn mit leeren Wagen und die Ladenmühle, Heinrich ler Stadtrat das Recht, die Wai- durch die Stadt gefahren wird. die andere Hälfte mit der Untersengelder zu verwalten. In eiZdislav Berka von Duba auf vorstadt und den Dörfern Kroner Urkunde vom 1. April 1525 Reichstadt machte am 30. Mai tenpfuhl, Böhmischdorf, Petersgaben die Brüder der Stadt und 1553 ein Testament. Im Falle, daß dorf und dem anderen Teil von den Dörfern Böhmischdorf, Kro- er keinen Sohn hinterlasse, solle Herrndorf. tenpfuhl und Markersdorf ei- die Herrschaft Gabel wieder dem 1569 baten die bräuberechtigne Robotordnung, durch wel- Christoph Berka von Duba zufal- ten Bürger bei der Obrigkeit um che die Lasten gerechter verteilt len, von dem er dieselbe gekauft Nachlaß des Wasser und Pfanwurden. „Wer eine Hube Acker hatte. Schon am 11. Septem- nengeldes, um das Bräuhaus, hat, soll zwei Tage im Jahr pflü- ber 1553 starb Zdislav. So wur- die Mälzerei, die Pfanne und die gen, desgleichen zwei Tage hau- de Christoph wieder Besitzer von Röhren der Wasserleitung ausen und schneiden. Ein Gärtner Gabel. bessern zu lassen. Die Brüder außerhalb der Mauer hat einen Noch 1553 stellte er in Gabel Heinrich und Zdislav bewilligten Tag mit einem Rechen zu hel- den ersten protestantischen Pfar- diesen Nachlaß. Dafür verlangfen“. Nachdem Wenzel und Al- rer an der Pfarrkirche Mariä Ge- ten sie das Recht, im Städtischen

Bräuhause ohne Hindernisse für Sein Sohn Christoph war Wer sein Haus verkauft, hat ein ihre Kretschame (Gasthäuser) schon 1595 gestorben. Wolf, der langes Rohr (Feuergewehr) oder Bier brauen zu dürfen. Diese Ver- seinem Vater im Besitz von der drei Taler zu erlegen, der Käufer einbarung brachte für die Bür- unteren Hälfte von Gabel, Läm- aber eine Sturmhaube und einen gerschaft große Nachteile und berg und Zetten gefolgt war, Spieß oder dessen Wert von anStreitigkeiten mit der Obrigkeit. starb auch schon 1598. Der jün- derthalb Talern. Für dieses Geld 1572 erbaute Heinrich Ber- gere Bruder Heinrich erbte nun sollen Rüstungen gekauft und im ka an der Stelle des Krotenpfuh- die Herrschaften. Er verschleu- Rathaus verwahrt werden. ler Meierhofes das Schloß Neu- derte in kurzer Zeit das ganze Um das Gewerbe zu heben, falkenburg mit einem schönen Vermögen und starb 1609. sind die Bewohner seines StadtPark. Im selben Jahre gewährte Von welchem Jahr an Hans teils, auch die Handwerker vor er den Gabler Schützen das Pri- Berka das Erbe seines Vaters der Stadt, von der Jagd befreit vileg, daß der jeweilige Schüt- Zdislav († 1575), die Stadthälfte außer den Hausgenossen und zenkönig von Robot und Steuer mit der Obervorstadt, selbst ver- Vorstädtern, die Taglöhner und frei sein sollte. Nach dem Tode waltete, ist nicht bekannt. Am nicht Handwerker sind und auch seines Bruders Zdislav 1575 ver- 4. Dezember 1593 gibt „Hanß sonst kein Gewerbe oder Handel waltete er als Vormund für des- Bercka von der Daub und Leyp- haben. sen Kinder mehrere Jahre hin- pa auf Jahbel“ der Stadt die verDa der Bürgermeister Thomas durch auch die andere Hälfte von sprochene Bestätigung ihrer Pri- Friedrich und der Rat das alte Gabel. Auf seine Fürsprache hin vilegien. Rathaus verkauften und statt desbestätigte 1580 Kaiser Rudolf II. Die Waisengelder sollen in sen das besser gelegene und ge(1576–1612) die städtischen der Verwaltung des Rates blei- räumigere Haus des Urban GroßFreiheiten. ben. Die Waisen und Bürgerskin- mann kauften, sollen die Zinsen, Rudolf II., Sohn Kaiser Ma- der werden nicht zu Herrschafts- Steuern und Pflichten desselben ximilians II., war seit 1575 Kö- diensten herangezogen. Aus der auf das alte Rathaus geschlagen nig von Böhmen. Er war ein sehr Familie eines jeden Untertanen werden. begabter und gebildeter, aber mußte immer ein Kind im DienHans Berka von Duba befreit auch weltabgewandter und ta- ste der Obrigkeit stehen. Für die das gekaufte Haus von allen tenscheuer Herrscher, Strafen, Zinsen Hans Berka von Duba befreit das neue und Steuern. Er der sich am liebsten seinen Kunstsammlungen, erläßt der Stadt Rathaus von Strafen, Zinsen, Steuern den Naturwissenschafdas ihm gebühten und der Astrologie widme- Kinder, welche zu Hause arbeite- rende halbe Fäßchen Salz, damit te. Dank Sparsamkeit und guter ten oder anderwärts im Dienste dafür das Rathaus desto schöner Verwaltung seiner Güter hatte standen, mußte eine bestimmte gebaut und die Stadtmauer bausich Heinrich ein großes Vermö- Summe Geld erlegt werden. lich erhalten werde. Die Stadt ergen erworben. Er kaufte, außer Wer Bürger werden will, muß hält das Recht, in das Rathaus eiZetten und Malkov 1581 auch ein Geburts- und Sittenzeugnis ne Anzahl Läden (Krahm), für noch die Herrschaft Lämberg. dem Rat vorlegen. Leichtfertige, Brot, Fleisch, Tuch, Schuh und Heinrich der Ältere hatte die vier untaugliche Personen und Ju- andere Bänke beziehungsweiSöhne Christoph, Wolf, Heinrich den dürfen in seiner Stadthälfte se Ladentische einzubauen. Der und Josef. Nachdem Heinrich weder zum Hauskauf noch zum der Herrschaft dafür gebührender Ältere seine Güter an seine Wohnen zugelassen werden. de Zins soll zum Besten der GeSöhne verteilt hatte, zog er nach Der neue Bürger zahlt an die Ge- meinde verwendet werden. Holstein, wo er 1601 starb. meinde zwei Taler. Fortsetzung folgt


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REICHENBERGER ZEITUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

� Auswanderung von Neustadt an der Tafelfichte im Kreis Friedland in die USA - Teil II

LESERBRIEF

Erste Gründungen in Hallettsville 2011 gab Klaus-Michael Neumann im Selbstverlag das Buch „Neustadt an der Tafelfichte 1584 bis 1946. Chronik einer deutschen Stadt in Böhmen“ heraus. Das Kapitel „Die Auswanderer der Stadt und des Kreises nach Amerika“ veröffentlichen wir in der Reichenberger Zeitung in mehreren Folgen.

I

n der Regel dauerte eine Überfahrt nach Galveston vier bis zwölf Wochen, je nach Windund Wetterverhältnissen. Kabinen waren nur wenige an Bord und wesentlich teurer als das Zwischendeck. Das Geld wurde für das neue Leben und einen Anfang in Amerika benötigt, und die Fahrt war keine Lustreise und kein Ausflug. Die beengten Verhältnisse durch die höchstmögliche Anzahl an Passagieren in einer Massenunterbringung war dem Profit geschuldet. Die daraus resultierenden schlechten sanitären Verhältnisse und die mangelhafte Ernährung machten die Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten auf diesen Schiffen eher zur Regel als zur Ausnahme. So begleitete das höchst gefährliche Gelbfieber auch unsere wackere Schar auf dieser Überfahrt. Und sicherlich waren die Fahrten über den Atlantik, der für seine Herbststürme berüchtigt ist, auch in den Kabinen kein Vergnügen. Deren Passagiere wurden von den Epidemien ebenfalls nicht verschont. Das jüngste Mitglied der Familie Appelt, der zweijährige Josef, wurde im Oktober 1853 Opfer des Gelbfiebers. Seine Familie schickte ihn mit einer Bestattung auf offener See auf seine letzte Reise in die ewige Heimat zum Herrn. Am 15. Mai starb der aus Bullendorf im ehemaligen Kreis Friedland stammende Pfarrer Josef Scholz im 86. Lebensjahr in Brandenburg an der Havel. Marianne Blum berichtet.

Am 18. Oktober 1853 erreichte das Schiff den Hafen von Galveston. Wegen des Gelbfiebers durfte es aber nicht anlegen. Um aber den Menschen schnelle Hilfe angedeihen zu lassen, wurden sie auf ein kleineres Dampfschiff mit flachem Rumpf umgesetzt und konnten so auf den Flüssen nach Harrisburg weiterreisen. Dort landeten sie vier Tage später. Das war der 22. Oktober 1853. Da die Weiterreise ab Galveston schon organisiert war, und sie von vier Ochsenfuhrwerken aus La Grange in Galveston abgeholt werden sollten, machten sich die Fuhrwerke am 18. Oktober auf den Weg von Galveston nach Harrisburg. Ein Riesenumweg, wenn man bedenkt, daß das Ziel La Grange in Fayette County rund 200 Kilometer nordwestlich von Galveston, und Harrisburg rund 200 Kilometer nordöstlich von Galveston liegt. So gingen alle am 22. Oktober von Bord, warteten auf ihre Transportmittel und beluden die Fuhrwerke sofort nach deren Ankunft. Die Frauen und Kinder kamen auf die Wagen, und die Männer liefen neben den Fuhrwerken, den jetzt 300 Kilometer weiten Weg nach La Grange, wo sie nach acht Tagen am 30. Oktober ankamen. So hatten die Fuhrwerke nicht den geplanten Weg von 400 Kilometern zurückgelegt, sondern es waren 700 Kilometer geworden. Die Auswanderer hatten damit insgesamt 1100 Kilometer über Land zurückgelegt. Wie schwer müssen die Herzen der Familie Appelt gewesen sein, ohne ihren kleinen Sohn die Weiterreise antreten zu müssen? Wenn man die Schilderung dieser Reise liest und bedenkt, welche Strapazen diese Men-

schen auf sich nahmen und wie wir heute mit Flugzeug, Bahn, Bus und Auto reisen, darf man

Appelt Building 1890 …

… und Appelt Building 2009. getrost von Abenteurern reden. Da ziehen Respekt und Ehrfurcht vor den Leistungen unseren Ahnen in uns ein.

nach Hallettsville, der Hauptstadt von Lavaca County, wo er nördlich von Hallettsville billig Land – heute Appelts Hill –

kaufte. In La Grange waren die „Claims“, die Ansprüche und Anrechte, bereits abgesteckt gewesen. Dort hatten sich schon wesentlich früher, das war im Jahr 1837, die ersten Siedler niedergelassen, und ein intaktes Gemeinwesen existierte bereits. In Hallettsville gehörten sie zu den ersten Siedlern, was sicherlich ein unbestreitbarer Vorteil war. Franz betrieb eine Baumwollfarm. Am 7. Juli 1876 gründete er den ersten Saloon in Hallettsville, in dem er auch das Bier seines Schwagers Heinrich Ludwig Kreische aus La Grange ausschenkte. Zu dem Saloon kam ein Lebensmittelhandel. Später stockte er das Gebäude mit einem großen Saal auf, in dem Wandershows auftreten konnten. Das Gebäude steht immer noch und ist immer noch ein Geschäft. Seine Enkel Wilhelm (*17. Februar 1867) und Franz (* 19. März 1882) kauften und pachteten 30 000 Hektar Weideland in Lavaca und Jackson County und begannen eine Zucht mit den robusten Hereford-Rindern und eine Pferdezucht. Sie zählten zu den großen Rinderbaronen in Texas und lieferten ihre Rinder nach Oklahoma, Kansas und weitere Nordstaaten. Im Jahr 1900 standen sie an der Spitze der Steuerzahlerliste in Texas mit 48 186 Dollar Steuern und weit abgeschlagen die Lavaca County National Bank mit 40 236 Dollar. Die Familie Appelt ist noch heute im Besitz dieser kaum zu überblickenden Ländereien. Um ihre Rinder schnell und komfortabel transportieren zu können, unterstützten sie den Eisenbahnbau in Texas mit viel Geld und investierten so in eine sichere Zukunft. Fortsetzung folgt

� Bullendorf/Kreis Friedland

Abschied von Pfarrer Josef Scholz

Jesu Christi“ –, welches auch Die Kirche war voll besetzt. ie traurige Nachricht vom auf der Parte abgebildet ist. Er Das Requiem begann mit OrgelAbleben unseres allseits be- hatte es bei jedem Pfarrstellen- musik und Eingangslied. Weihbiliebten Heimatpfarrers Josef wechsel als Beistand mitgenom- schof Matthias Heinrich aus BerScholz erhielt ich von seiner ehe- men. Nachdem er am 30. Juni lin, Gemeindepfarrer Matthias maligen Referentin Luzie und 1963 zum Priester geweiht wor- Patzelt und viele weitere Geistliseiner Nichte Doris. Nun trau- den war, wurde er Kaplan in che zogen in die Kirche ein. Leern wir um einen Pfarrer mit viel Sankt Martin in Berlin-Kauls- sung, Gebete, Lieder, die Predigt Kontaktfreude und um einen dorf, 1966 Kaplan in der Heili- und Fürbitten folgten. Mir fehlte warmherzigen Seelsorger. Das gen Dreifaltigkeit in Berlin-Ost- das schöne Lied „Meerstern ich Requiem mit anschließender Be- kreuz, 1970 Kaplan in Sankt Ma- Dich grüße“, das bei jeder Wallerdigung fand am 10. Juni in der rien in Perleberg, 1973 Pfarrer in fahrt in Haindorf gesungen wird. Dreifaltigkeitskirche in Branden- Sankt Elisabeth in BrandenburgWährend des Schlußliedes, burg an der Havel statt. Görden, 1988 Pfarrer im Heiligen wurde der Sarg aus der Kirche Am 9. Juni fuhren meine Toch- Kreuz in Wittstock, 1998 Pfar- getragen, als die Kirchenglocken ter, mein Schwiegersohn und ich rer zusätzlich in Sankt Anna in läuteten, wurde er zum Friedhof nach Brandenburg. An diesem Pritzwalk und Meyenburg, 2009 gefahren. Das war ein würdevolTag wäre sein 86. Geburtstag ge- Pfarrer i. R. in Bad Wilsnack und ler Abschied von seiner geliebten wesen. Seinen 80. Geburtstag 2019 Pfarrer i. R. in Brandenburg Kirche Heilige Dreifaltigkeit. Vor hatten wir in Perleberg in der Kir- an der Havel. In der Ostermesse dem Grab beteten und sangen che Unbefleckte Empfängnis mit hielt er das Bild immer hoch und wir, und hielten inne in stillen einem festlichen Gottesdienst, teilte der Kirchengemeinde freu- Gedanken. Der Sarg wurde hinmit vielen Geistlichen und Ge- dig mit: „Er lebt!“ abgelassen, und mit vielen Blumeindemitgliedern men und Händen sowie einem anvoll Erde bedeckt. schließenden KafVor meiner Fahrt feekränzchen im nach Brandenburg Kirchgarten gefeiert an der Havel hatAm nächsten Tag ten mich ehemaligingen wir zeitig in ge Schulkameradie Kirche, um am dinnen gebeten, bei aufgebahrten Sarg der Beerdigung ihAbschied zu nehres Schulkameraden men. Der Sarg stand Josef, für jede von in der Mitte vor den ihnen eine HandAltarstufen. Auf voll Erde ins Grab dem Sarg stand der zu werfen. Da wurKelch und lag seide mir bewußt, was ne Stola als Zeichen mich traurig stimmseines Wirkens als Pater Hadrian Lucke, Pfarrer Pavel Andrš, Monsignore Anton Ot- te: Wir haben keiPriester. Auf den te und Pfarrer Josef Scholz beim Wallfahrtsgottesdienst 2012 in ne Heimaterde. Nun Stufen beim Sarg Haindorf. ließ ich viele Hänein Blumenmeer. de voll Erde auf den Er liebte Blumen und Musik. Er Als ich vor dem Sarg stand, Sarg rieseln und sagte: „Lieber kaufte sich oft Blumen für sein mußte ich mit der Hand drüber- Joe, liebe Grüße von“ und nannZimmer. streichen und sagte: „Pfarrer te die Namen. Möge unserem lieVor dem Ambo stand ein gro- Scholz, grüßen Sie alle Lieben, ben Pfarrer Scholz die fremde Erßes Bild – „Die Auferstehung die uns schon vorausgingen.“ de leicht sein!

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Franz Appelt zog aber schon im August 1854 mit seiner Familie 70 Kilometer weiter südlich

Die Heimatfreunde und Wall- Weggefährte. Er war mit seifahrer, besonders die Bullendor- nem ganzen Herzen und seiner fer, werden ihn sehr vermissen, ganzen Kraft mit den Wallfahrihn in lieber Erinnerung behal- ten verbunden. Als Brückenbauten und ins Gebet einschließen. er war er mit dem verstorbenen Er bereitete seinen Pfarrkindern viel Freude und Glück, versuchte aber auch, Fragen und Enttäuschungen zu klären. Nach der Wende feierten wir am 1. Juli mit ihm schöne und eindrucksvolle Wallfahrtsgottesdienste in seiner Heimatkirche Erzengel Michael in Bullendorf. Ebenso in der Kirche in Raspenau und in der Erzengel-Michael-Kirche in Bullendorf. Basilika in Hain­dorf am Tag Mariä Heimsuchung. In Pfarrer Miloš Raban aus Hainseiner ersten Predigt in seiner dorf und dem verstorbenen Ruüberfüllten Heimatkirche in Bul- dolf Bergmann im selbstlosen lendorf sagte er: „Wären wir von Einsatz für die Wallfahrten in der der Vertreibung verschont und Heimat. Sie alle hinterlassen eine zu Hause geblieben, wäre ich be- große Lücke bei uns und im grostimmt Bauer geworden. Aber ßen Freundeskreis. was für einer!“ Alle lachten! Gott Möge Pfarrer Scholz in der sei Dank hatte der Herr für ihn ei- Heimat angekommen sein, die nen anderen Weg bestimmt! unser Herrgott für ihn bereitePfarrer Scholz war schon vor te. Wir hätten ihm noch viele einder Wende 1990, als es schwie- drucksvolle Wallfahrten und Berig war als Geistlicher in die Hei- gegnungen in seiner Heimat gemat zu reisen, zutiefst in seiner wünscht. Heimat und Kirche verwurzelt. Meine Familie und ich lernJedes Jahr konzelebrierte er am ten Pfarrer Scholz durch den 2. Juli beim großen Wallfahrts- Bullendorfer Heimatfreund Rugottesdienst in der Basilika Ma- dolf Kühnel und seine ehemaliriä Heimsuchung mit deutschen ge Referentin Luzie kennen. Die und tschechischen Geistlichen, Freundschaft hielten wir mit Tedarunter der Leitmeritzer Bischof lefonaten, Briefen sowie dem Jan Baxant. jährlichen Wiedersehen in der Pfarrer Scholz war 30 Jahre Heimat aufrecht. Ich werde ihn lang ein treuer Freund und sei- nicht vergessen. Beim Vortragen nen Gläubigen ein behilflicher der Fürbitten in der Haindor-

Spielt mein Verstand verrückt?

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einen Kindern wollte ich meine Geburtsstadt Reichenberg zeigen. Ich bin Jahrgang 1940. Meine Tochter Claudia Prün buchte über das InfoZentrum für den 27. Mai einen Stadtführer. Es erschien eine Dame, leider weiß ich ihren Namen nicht. Gleich beim Einfürungsgespräch erklärte sie, eine Vertreibung der deutschen Bevölkerung habe es nie gegeben. Die Deutschen hätten das Land freiwillig verlassen. Trotz heftigen Widerspruchs blieb sie bei dieser Meinung. Nach meinen Erinnerungen wurden wir an einen Sammelplatz getrieben, die Habseligkeiten nach Wertgegenständen durchsucht, und in einem Viehwaggon ging es ab nach Bayern. Spielt mein Verstand verrückt? Haben mich meine Eltern belogen, wenn sie von einer Vertreibung sprachen? Lügen rund drei Millionen Sudetendeutsche, wenn sie von Vertreibung reden? Vielleicht lehrt man das noch bei ihnen in der Schule, daß es keine Vertreibung gab. Ich bin immer noch sprachlos. Gerd Gabler 91052 Erlangen

TERMINE n  Freitag, 2. bis Sonntag, 4. September, Kriesdorf: 65. Heimattreffen in Jonsdorf im Kurhaus Jonsdorf. Übernachtungen dort bitte selbst reservieren bei Kurhaus Jonsdorf, Auf der Heide 9, 02796 Luftkurort Jonsdorf, Telefon (03 58 44) 71 10, eMail kurhaus-jonsdorf@t-online.de, Internet www.kurhaus-jonsdorf. de. Auskunft und Unterstützung: Christian Schwarz, Telefon (0 04 36 99) 11 12 59 56, eMail chris@clcs.at

fer Wallfahrtskirche stand er am Ambo immer neben uns und sagte: „Bitte laut und deutlich und langsam sprechen!“ Das war ihm als Konzelebrant wichtig. Als seine Gesundung nachließ, bat er uns, am Grab des Heiligen Bonifatius in Fulda für ihn zu beten, was wir auch taten. In unserem letzten Telefonat sagte er, er freue sich nach der langen Zeit, uns alle bei der Wallfahrt wiederzusehen. Dies waren seine letzten Worte vor seinem Aufenthalt im Krankenhaus, das er nicht mehr verlassen sollte. Er hat uns sicherlich am 3. Juli bei der Wallfahrtsmesse in Hain­ dorf von oben zugesehen und seinen Segen gegeben. Wir besuchten auch seine geliebte Kirche in Bullendorf für ein kurzes Gebet, legten eine Blume nieder und entzündeten eine Kerze. Nach dem Tröster im Pfarrheim rückte unsere Fahrt nach Fulda näher. Wir sagten an seinem Grab nochmal „Adieu“. Dort lernten wir seine Angehörigen kennen, und es gab schöne Gespräche. Danke liebe Luzie und liebe Doris, Dank den Ordensschwestern und den vielen Helfern, die für Pfarrer Scholz immer da waren. Großer Dank nochmal von mir und meinen Kindern, daß wir Pfarrer Scholz – wir durften ihn Joe nennen – in seiner Menschlichkeit und Liebe zu den Menschen kennenlernen durften. Wir kommen wohl nicht mehr nach Brandenburg an der Havel, aber in Gedanken sind wir oft bei Pfarrer Scholz. Vergessen werden wir ihn nicht!


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolz­hofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H ­ eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den See­ gärten 35a, 63920 Großheubach, Tele­ fon (0 93 71) 9 94 01, eMail ­klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schön­au – Paten­stadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard.spacek@gmx.de Redak­ tionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de

Teplitz-Schönau

Graupen

Niklasberg

Solisten und Mitwirkende mit Dirigent Jan Zástěra.

Im Inneren der Staumauer.

Im Info-Zentrum Maria und Christian von Clary und Aldringen, Petr Fišer und Jutta Benešová.

Das Ensemble „Collegium Hortense“ und die Nordböhmische Philharmonie mit den Solisten im Teplitzer Kulturhaus.

Bilder: Hermann Kauzner (1), Heidelinde Obermann (3)

� Teplitz-Schönau – Heimattreffen – Teil I

Bergwerk-Oper und Talsperren-Besuch Erhard Spacek, Heimatkreisbetreuer und Vorsitzender des Heimatkreisvereins TeplitzSchönau Freundeskreises, hatte diesmal zu einem Treffen eingeladen, das vorwiegend der Stadt Teplitz-Schönau gewidmet war. Das Heimattreffen dauerte vom 16. bis 19. Juni. Jutta Benešová berichtet.

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achmittags fand zunächst die Vereinsversammlung des Teplitz-Schönau Freundeskreises statt. Auf der Internetseite unseres Vereins unter www. teplitz-schoenau.com aktualisiert der Stellvertretende Vereinsvorsitzende Hermann Kautzner zeitnah Zielsetzung und Aktivitäten sowie Spendentätigkeit. In einer Gedenkminute wurde der Opfer des Ukraine-Krieges gedacht, eines Ereignisses, das die ganze Welt bewegt. Beim anschließenden Abendessen kam es wieder zu freudigen Begrüßungsszenen. Daß unsere Freundestreffen immer etwas Besonderes zu bieten haben, hat sich herumgesprochen. Und so stellten sich Anton Komenda, seine Frau und Tochter Helga beim Abendessen als Neulinge in unserer Runde vor und baten um freundliche Aufnahme in den Kreis langjähriger Teilnehmer. Das wurde mit Beifall begrüßt. Graf Christian von Clary und Aldringen mit seiner Frau Maria sowie Hermann und Sigrid

Kautz­ ner gehören zu unseren treuesten Teilnehmern. Fürst Hieronymus hatte in diesem Jahr nicht kommen können. Klaus Kempf begrüßten wir heuer als frischen Ruheständler. Er war Abteilungsleiter der Bayerischen Staatsbibliothek. Eine besondere Freude bereitete uns Walter Gleißner, Komponist und Organist aus Aschaffenburg, welcher trotz seiner 91 Jahre die Reise in Begleitung seiner Tochter RuthMaria Eicher auf sich genommen hatte. Und im Gegensatz zum vergangenen Jahr nahm er nun wieder recht rege an allen Veranstaltungen teil. Unser besonderer Dank gilt erneut unserem unermüdlichen Organisator Erhard Spacek, der wieder ein sehr schönes Programm für unser Heimattreffen zusammengestellt hatte. Auch Heidelinde Obermann stellte sich wieder als Fotografin zur Verfügung und übernahm einen Teil der Berichterstattung, lieben Dank. Bereits an diesem Abend erlebten die Landsleute im städtischen Kulturhaus den ersten Höhepunkt. Dort fand im Rahmen des diesjährigen Ludwigvan-Beethoven-Musikfestivals die konzertante Aufführung der Oper „Der Bergmönch“ von Joseph Mathias Wolfram (1789– 1839) statt. Wolfram war 1824 bis zu seinem Tod Bürgermeister von Teplitz.

Der studierte Jurist war aber auch ein begabter Komponist und verband seine gesellschaftlichen Verpflichtungen als Stadtoberhaupt mit Aufführungen seiner Kompositionen. Darunter war auch die Oper „Der Bergmönch“, eines seiner zahlreichen Musikdramen, für die sich die führenden Häuser Mitteleu-

ropas wie das Hoftheater in Dresden, die Königliche Oper in Berlin, die Oper in Breslau und sogar das Prager Ständetheater interessierten. Die Crème der Gesellschaft huldigte nicht nur dem Autor, sondern auch der von ihm geführten Stadt Teplitz. Wie vieles andere geriet Wolfram im Lau-

Liebe Landsleute

H

eute bedanke ich mich bei allen, die am 8. TeplitzSchönauer Heimattreffen teilgenommen haben. Gleichzeitig bedanke ich mich für die vielen Glückwünsche zu meinem 80. Geburtstag. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Und ich hoffe, noch viele Jahre einige Heimattreffen mit Ihnen zu verbringen. Das Wetter beim Heimattreffen im Juni war sehr heiß. Deswegen überlegen wir, das Treffen im kommenden Jahr auf Anfang September zu verlegen. Am Samstag besuchten wir die Ausstellung „Unsere Deutschen“ im Aussiger Stadtmuseum. Ich finde, daß sie sehr gut gelungen ist, ich vermiß-

te allerdings eine Dokumentation der „wilden Vertreibung“. Am Abend segnete der Leitmeritzer Generalvikar Martin Davídek den neuen Altar der Beuroner Kapelle im Beisein von

Hynek Hanza, Senator und Oberbürgermeister von Teplitz-Schönau, Zdeněk Bergman, Direktor des TeplitzSchönauer Gymnasiums, und Steffen Hörtler, Bayerns SLLandesobmann, Stellvertretender SL-Bundvorsitzender und Leiter des Heiligenhofes. Dies war der Höhepunkt unseres Heimattreffens. Bleiben Sie uns treu, und werden Sie Mitglied in unserem Heimatverein Teplitz-Schönau – Freundeskreis. Erhard Spacek Heimatkreisbetreuer

fe der Jahrhunderte in Vergessenheit. Erst in den letzten Jahren beginnt die junge Generation nach den alten Meistern ihrer Region zu fahnden wie Matouš Pavlis (* 1997) und Jan Zástěra (* 1984). Beide sind Absolventen des Teplitzer Gymnasiums, studierte Chorleiter und Gründer des Ensembles „Collegium Hortense“, das nun diese alten Werke aufführt. Die Aufführung der Oper aus dem Bergmannsmilieu war eine Überraschung für die Landsleute. Das Programmheft war zweisprachig, so daß jeder dem auf deutsch gesungenen Texten folgen konnte. Am nächsten Morgen trafen sich alle 25 Teilnehmer beim bereitstehenden Bus am Schloßplatz. Bei Sonnenschein ging es diesmal zunächst zur Talsperre Fleyh hoch im Erzgebirge. Dort wurde vor drei Jahren ein Info-Zentrum eröffnet, das Auskunft über den Bau der Talsperre gibt, dessen Wasser das Vorerzgebirge von Brüx über Teplitz bis Aussig versorgt. Bereits in den 1920er Jahren wurde das Wasser der Flöha über ein Leitungssystem nach Teplitz-Schönau zur Trinkwasserversorgung geleitet. Die zunehmende Industrialisierung verlangte aber größere Wassermengen, so daß in den 1950er Jahren der alte Ort Fleyh aufgelöst und die Bewohner in die nächstliegenden Orte um-

gesiedelt wurden. Über den Bau der Talsperre informierte uns die Leiterin des Info-Zentrums, Věra Scheinerová, die vor allem die Besonderheit des Baus der Staumauer hervorhob. Einzigartig in ihrer Technologie mit Hohlpfeilern, die vor allem materialsparend ist, gibt es in Europa nur zwei Stauwerke dieser Art: in der Schweiz und in der Tschechischen Republik. Die Schweizer Technologie wurde in Fleyh übernommen und beim anschließenden kurzen Besuch im Inneren des Bauwerks besichtigt. Dazu führte eine Treppe mit 130 Stufen in die Tiefe, die man anschließend wieder erklimmen mußte. Nicht alle entschlossen sich zu dieser sportlichen Leistung, aber jeder, der teilnahm, war beeindruckt von dem Inneren der Staumauer. Der Bau dauerte bis zur Inbetriebnahme von 1951 bis 1964, also 13 Jahre. Beim Info-Zentrum erwartete uns Petr Fišer, der Vorsitzende und Gründer des Georgendorfer Vereins, der sich um die Wiederbelebung und Fortsetzung der historischen Erzgebirgszeitung in nun zwei Sprachversionen verdient gemacht hat. Außerdem bemüht er sich, die Gebirgsbahn in Moldau wieder an das Gebiet in Sachsen anzuschließen. Die Trasse führte früher bis Freiberg und wurde durch die Kriegsereignisse im Jahr 1945 unterbrochen. Fortsetzung folgt


HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

15 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Sonja und Peter Pawlik, Georg Naujokas und die Heimatfahne.

Totengedenken auf dem Ehrenhain am Bischofteinitzer Mahnmal mit Abordnungen anderer Vereine. Im Hintergrund das Further Gefallenendenkmal.

34. Heimatkreistreffen in Furth im Wald

Laßt uns alle Friedensstifter werden Am Fronleichnamstag begann das dreitägige 34. Heimatkreistreffen der Bischofteinitzer in ihrer oberpfälzischen Patenstadt Furth im Wald. Über die Heimatmesse in Heiligenkreuz am zweiten Tag berichtete bereits Peter Gaag. Heute berichtet der Heimatbote über den Fronleichnamstag.

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m 30. August 1956 übernahm die Stadt Furth im Wald nach einstimmigem Beschluß des Stadtrats die Patenschaft für den Heimatkreis Bischofteinitz. Seit 1957 kommen die Bischofteinitzer alle zwei Jahre in der oberpfälzischen Grenzstadt zu ihrem Kreistreffen zusammen. Die Landsleute kommen aus der ganzen Welt. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs können auch die in der Heimat verbliebenen Bischofteinitzer die Treffen besuchen. Für alle sind diese Treffen Tage der Begegnung, der Wiedersehensfreude. In manchen Jahren waren beim Heimatkreistreffen Festhalle, Kirche und Stadtplatz überfüllt, und in weiter Umgebung von Furth war kein freies Bett mehr zu bekommen. Der Zahn der Zeit ließ die Zahl der Besucher zwar geringer werden, doch die nachwachsende Generation der Kinder und Enkel hat einen festen Platz im Heimatkreis und trägt die Tradition und das An-

In der Heilig-Kreuz-Kirche: Egerländer Trachtengruppe meradschaft Furth im Wald.

Georg Naujokas mit der Fahne des Heimatkreises, die Fahne der Drachenstädter, Patenverein der der Bischofteinitzer, Stadtpfarrer Karl-Heinz Seidl und die Fahne der Soldaten- und KriegerkaBilder: Volkmar Dimpfl (3), Peter Pawlik (3)

denken an die Heimat ihrer Vorfahren in die heutige Zeit. Der Fronleichnamstag begann morgens in der katholischen Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Dort zelebrierte Stadtpfarrer Karl-Heinz Seidl den Festgottesdienst. Anschlie-

ßend schlossen sich die Landsleute unter der Regie ihres Heimatkreisbetreuers Peter Pawlik hinter dem Heimatkreisfähnrich Georg Naujokas und

Die Heilig-Kreuz-Kirche ist seit 1969 die Heimatkirche der vertriebenen Bischofteinitzer.

der Bischofteinitzer Heimatfahne der Fronleichnamsprozession an. Dem folgte ein Treffen beim Glockenspiel, einem Geschenk der Bischofteinitzer an die Patenstadt, am ehemaligen Amtsgericht. Am Nachmittag fand eine Dankandacht mit Orgelbegleitung in der Heilig-Kreuz-Kirche

statt, die ebenfalls Pfarrer Seidl zelebrierte. Unter den Gläubigen waren Elke Pecher, Obfrau der SL-Ortsgruppe Bad Kötzting, Bernhard Siegel von der SLKreisgruppe Cham, Hildegard Maschek von der SL-Ortsgruppe Furth im Wald, Walter Wallner, Schatzmeister der SL-Ortsgruppe Cham, Doris Klingseisen,

Veronika Linden und Regina Hildwein in der Kirche.

Kreisrat Heimatkreis, Sonja Pawlik, Stellvertretende Schriftführerin, Regina Hildwein senior und ihre Zwillingstöchter Veronika Linden, Schriftführerin, und Regina Hildwein, Stellvertretende Heimatkreisbetreuerin. Veronika Linden assistierte Pfarrer Seidl bei der Andacht, und Regina Hildwein sprach die von ihr formulierten Fürbitten. „Laß mich und dich Friedenstifter und Friedensboten für die anderen Menschen werden“, lautete ihre letzte Fürbitte. Die Lieder begleitete Regionalkantor Wolfgang Kraus an der Orgel. Danach traf man sich am Gedenkstein der Bischofteinitzer im Ehrenhain der Stadt Furth, wo auch das Gefallenendenkmal steht, um der toten Vorfahren, der gefallenen Soldaten der Weltkriege, aber auch der bei Auslandseinsätzen gefallenen Bundeswehrsoldaten und aktuell der Gefallenen im Ukrainekrieg zu gedenken. Regina Hildwein, die dieses Gedenken in Worte faßte, vergaß auch nicht die durch staatliche Gewalt, Folter und Terror ums Leben gekommenen Mitbürger. Sie appellierte eindringlich an alle, sich für Frieden in der Welt einzusetzen. Ein Treffen beim Glockenspiel beendete das Programm des ersten Tages. Volkmar Dimpfl Nadira Hurnaus

Regina Hildwein auf dem Ehrenhain.


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 28 | 15. 7. 2022

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Tachau

Der einzige Erzdechant Otto Sappa berichtet über Rudolf Kohl vom Ritterorden der Kreuzherren mit dem Roten Stern. Kohl war der erste und zugleich letzte deutsche Erzdechant in Tachau. Sappas Bericht erschien 1970.

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echant Stanislaus Pelčik konnte mit seinem kurzen soldatischen Haarschnitt und seiner Vorliebe für den Reitsport, seiner kurzangebundenen Art und einer gewissen Reserviertheit seiner Umwelt gegenüber wohl der gebotenen Achtung sicher sein. Im Gegensatz dazu war der ihm 1925 nachfolgende Erzdechant Pater Rudolf Kohl eine Erscheinung, die in ihrer Einfachheit, Aufgeschlossenheit und gefühlsmäßiger Verbundenheit mit allen Anliegen seiner Pfarrkinder bald der Oberhirte der Tachauer Katholiken geworden war, wie man sich ihn nicht besser wünschen konnte. Seine geistige Beweglichkeit, sein gesundes Empfinden und vor allem sein Streben nach einem gediegenen ortsansässigen Freundeskreis machten ihn nicht nur seines Ordenskleides und seiner Stellung wegen zu einer Persönlichkeit ersten Ranges. Auf der Rückseite seines Bildes, das aus Hans Fischers Nachlaß stammt, schrieb Erzdechant Kohl die eigenhändige Widmung: „Rudolf Kohl, geboren 20. XI. 1875, 19. XI. 1925 bis 29. VI. 1942 Erzdechant in Tachau, in dankbarer Freundschaft.“ Zu seinem engsten Freundeskreis zählten Sparkassendirektor Ferdinand Haubner, Hans Fischer und Zentralkassier Alexander Haber. In ihnen fand Kohl Gleichgesinnte für seine Reiselust, sein Streben, die Welt und ihre Menschen kennenzulernen. Ebenfalls aus Fischers Nachlaß stammt ein reizendes Heftchen mit der Überschrift „Mit dem Auto an den Main und Rhein, an die Mosel und den Neckar“. Es ist ein Sonderabdruck des „Westböhmischen Grenzboten“ aus Tachau. In seiner Bescheidenheit versagte sich der Verfasser, Erzdechant Kohl, seinen Namen anzuführen. Die violett gebundene, nur 24 Seiten starke Broschüre hier vollständig zu zitieren, ist leider Einen Zweizylinder-Tatra, wie Erzdechant Rudolf Kohl OCr. und seine Freunde ihn nutzten, gab es als Tatra 11 und Tatra 12.

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er Tatra 11 war ein von Hans Ledwinka neu entwickelter Kleinwagen, den das Tatrawerk in Nesselsdorf bei Neutitschein im Kuhländchen 1923 herausbrachte. Das Fahrzeug hatte einen obengesteuerten, luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotor mit 1056 Kubikzentimeter Hubraum und zwölf PS Leistung. Der Motor trieb über eine Mehrscheiben-Trockenkupplung, ein Vierganggetriebe mit Mittelschaltung und eine gelenklose Pendelachse die Hinterräder an. Gelenklos waren die Antriebswellen – jede Antriebswelle war starr mit einem Tellerrad verbun-

nicht möglich. Aber allein der Beginn und einige kurze Auszüge vermitteln uns das Bild eines Gottesmannes, der sich für die weltlichen Schönheiten – und ein gutes Glas Wein, sofern sich die Gelegenheit bot – ein hohes Maß an natürlichem Empfinden bewahrt hatte. „So, wie der Reiter sein Sattelzeug, der Flieger sein Flugzeug vor dem Start prüft, so prüften wir noch einmal unseren Dakkel, der uns in einer 2000 Kilometer langen Fahrt in die schönsten erinnerungsreichsten Gaue deutschen Landes führen soll-

te. Unser Dackel war natürlich kein Hund, sondern ein Zweizylinder-Tatra, der mit seinen Schwingachsen nicht selten die Räder krummstehend weist und schon von dieser seiner sehr löblichen Eignung für die Straßen von uns seinen Spitznamen bekam. Bei herrlichem Wetter starteten wir an einem Sonntag des Jahres 1932 um 11.25 Uhr. Freundliche Menschen hatten unseren Liebling und uns mit blühenden Rosen geschmückt. So fuhren wir denn in froher Stimmung der nahen bayerischen Grenze zu. Sie war bald passiert, und selbst die amtsbeflissenen Zollbeamten wünschten uns eine glückliche Fahrt. Und Glück gehört zu einer solchen Reise, vor allem heiteres Wetter und sich einfühlende frohe Menschen. Die waren wir, Gott sei Dank.“ Nach Bayreuth, Bamberg, Würzburg und Aschaffenburg besuchten sie Frankfurt am

Main. „Am Römerberg mit dem Römer“, so berichtet Erzdechant Kohl, „auf dem Domplatz und Liebfrauenberg, in dem Bartholomäusdom mit der Kaiserwahlkapelle, in der Paulskirche mit ihren Erinnerungen an die Verfassungskämpfe um 1848 und das endgültige Hinausdrängen Österreichs aus dem Deutschen Bund, in den Straßen der Altstadt, dem Fünffingergäßchen in der alten Judenstadt, wo Rothschild seine Gläubiger durch die Küche in seine Geldstube hineinführte; in dem allen zeigt sich die liebevolle Pflege der Vergangenheit, während Oper und Schauspielhaus, Palmengarten und Zoo, Bahnhof, Messe und Bankgebäude, Universität und Handelshochschule und nicht zuletzt das herrliche waldumfriedete Stadion uns mitten in modernstes Leben hineinversetzen. Ja, selbst die Kirchen: Die katholische Kirche zu Ehren der Königin des Friedens ist ein architektonisches Meisterstück; allein diese Malereien und die Madonna am Hauptportal haben uns absolut nicht gefallen.“ Nun könnte natürlich dieser oder jener einwenden: „Ja, von einem Erzdechanten kann man schon überdurchschnittliches Interesse und Wissen verlangen!“ Wer aber, wie es Pater Kohl hier in einigen Sätzen getan hat, einen fast über ein Jahr-tausend umfassenden Komplex, Altes mit Neuem mischend, so klar zu formulieren vermag, muß schon über besondere geistige Qualitäten verfügen. Und daß ihm auch die tieferen Zusammenhänge zwischen Politik und Wirtschaft durchaus nicht fremd waren, wird aus nachfolgendem ersichtlich. „Hier in Frankfurt sahen wir einen anderen Zug. Es war der Aufmarsch der Nationalsozialisten. Ohne uns irgendwie mit der Idee des Nationalsozialismus als solcher auch nur zu befassen, muß gesagt werden: Auf den Fremden macht so ein Aufmarsch einen tiefen Eindruck. Um so trauriger erschienen da die Umzüge der Kommunisten zum Beispiel in Köln. Voran die spielende Musik, die unschönen roten Fahnen, zur Seite die Einpeitscher, der Zug immer wieder durchsetzt mit den großen Autos

Konstruktion aus Nesselsdorf im Kuhländchen

Zweizylinder-Tatra den, das sich beim Einfedern auf seinem Antriebsritzel abwälzte. Motor, Getriebe und Achsantrieb waren mit dem Zentralrohrrahmen verblockt. Die Vorderachse war starr, und beide Achsen waren mit Querblattfedern versehen. Hand- und Fußbremse wirkten nur auf die Hinterräder. Die Höchstgeschwindigkeit des 680 Kilogramm schweren Wagens lag bei 72 Stundenkilometern. Außer dem viersitzigen Tourer gab es zwei- und viertürige Limousinen, Landauer, Cabriolets und

Roadster mit Notsitz sowie einen Lieferwagen mit Kastenaufbau. In drei Jahren wurden 3540 Exemplare hergestellt. 1925 stellten die Tatra-Werke den Rennwagen Tatra 12 Tar-

der Schupo, diese müden Gestalten, die in eine unsinnige Wirtschafts-Unordnung, in den Hunger und zur Verzweiflung treiben.“ Das war das Urteil eines Grenzlanddeutschen im Jahre 1932, eines Mannes, der in ganz Deutschböhmen als langjähriger Präsident des Volksbundes deutscher Katholiken in Böhmen und namhafter Gestalter und Redner auf verschiedenen Katholikentagen oft genug sich selbst den gleichen Problemen gegenübergestellt sah. Auf der Fahrt entlang des Rheins zeigen sich Gemüt und Frohsinn des Verfassers dieser Reisebeschreibung beispielsweise schon in einigen Zeilen: „Abends genossen wir noch eine herrliche Rheinfahrt bis Boppard. Schwer ward es so manchem, Abschied zu nehmen von dieser Stimmung ... ja, ja: Hagen warf glänzendes Gold in den Rhein – Nun haben wir‘s wieder im perlenden Wein!“ Heidelberg, Dinkelsbühl, Rothenburg und Nürnberg waren die letzten Stationen dieser Reise. Und die Liebe zu unserer Heimatstadt Tachau, zu seinem priesterlichen Wirkungskreis, klingt in der kleinen Schrift im Schlußabsatz deutlich auf: „16 Kilometer hinter der Grenze umfing uns das heimatliche Städtchen, das uns oft und oft Gelegenheit bot, im trauten Zwiegespräch von der Schönheit dieser Reise lieben Freunden zu erzählen und all die Eindrücke in Bild und Schrift festzuhalten, um uns an ihnen immer wieder zu erfreuen.“ Das Spiegelbild einer Reise? Auch! Aber in der Hauptsache wohl die Offenlegung eines Charakters von seltener Reinheit und Aufgeschlossenheit. Nicht nur seine ehemaligen Freunde – soweit sie noch am Leben sind –, sondern alle Angehörigen des Tachauer Pfarrsprengels können wahrhaftig stolz darauf sein, 17 Jahre lang einen solchen Mann als Erzdechanten gehabt zu haben. Erzdechant Pater Rudolf Kohl, am 20. November 1875 im Prager Stadtteil Smichow geboren, starb im Jahre 1944 als Kreuzherrenkommendapfarrer von Sankt Bartholomäus in Eger. Der Herr gebe ihm, seinem treuen Diener und aufrichtigen Freund unserer Heimatstadt, die ewige Ruhe. ga Florio vor. Der Hubraum blieb unverändert, die maximale Leistung wurde auf 27 PS gesteigert. Damit erreichte der 560 Kilogramm schwere Einsitzer eine Höchstgeschwindigkeit von 120 Stundenkilometern. Der Motor hatte zwei Einlaßventile pro Zylinder, und das Fahrzeug hatte Bremsen an allen vier Rädern. Als Nachfolger des Tatra 11 kam ab 1926 der Tatra 12. Der Hubraum blieb gleich, die maximale Leistung war mit 14 PS etwas höher. Wie der Tatra 12 Targa Florio hatte er auch Bremsen an den Vorderrädern. „Normandie“ hieß der Wagen für die Jagd- und Forstwirtschaft. In acht Jahren wurden 7525 Tatra 12 gebaut.

Die Kirche Mariä Himmelfahrt in Tachau.

Kreuzherren mit dem Roten Stern

Ein böhmischer Orden Der Ritterorden der Kreuzherren mit dem Roten Stern (OCr.), kurz Kreuzherren mit dem Roten Stern, ist ein auf tschechischem und österreichischem Boden tätiger katholischer Orden.

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r ist der einzige in den böhmischen Ländern gegründete Kirchenorden und zugleich der einzige von einer Frau gegründete männliche Orden der Welt. Die Grundaufgabe des Ordens besteht aus zwei Säulen. Die erste ist die Seelsorge in den Ordenspfarreien, die zweite ist das Hospitalcharisma, das ihm von seiner Gründerin, der heiligen Agnes von Böhmen, in den Anfängen anvertraut wurde. Agnes von Böhmen (1211–1282) war die jüngste Tochter von Ottokar I. Přemysl und Konstanze von Ungarn. Ihre Tante war die heilige Hedwig von Andechs, ihre Cousine die heilige Elisabeth von Thüringen. 1233 gründete Agnes an ihrem Kloster in Prag eine dem heiligen Franziskus gewidmete Spitalbruderschaft, die sich der Pflege von Alten, Kranken und anderen Bedürftigen widmete. Aus der Spitalgemeinschaft wurde unter päpstlicher Direktive sukzessive ein autonomer kanonikaler Hospitalorden herausgebildet, der, räumlich bald getrennt vom Frauenkloster, 1251

ein eigenes Ordensabzeichen erhielt. Der einzige in Böhmen selbst beheimatete Orden war von Anbeginn reich ausgestattet und unterhielt auf dem Höhepunkt seiner Macht im 14. Jahrhundert zahlreiche Spitäler in Böhmen, Mähren und Schlesien, dort mit einem zweiten, weitgehend gleichberechtigt gestellten Mutterhaus in Breslau. Der Orden bemüht sich seit der Samtenen Revolution wieder, das Vermächtnis seiner Gründerin zu erfüllen, ob in der Seelsorge in den anvertrauten tschechischen und österreichischen Pfarreien oder in der Spitaltätigkeit. Er besteht heute als Gemeinschaft von Regularkanonikern und ist ein Priesterorden. Das in der Vergangenheit im Orden vorhandene Institut der Ordensbrüder verschwand im 18. Jahrhundert. Der Generalobere des Ordens trägt den Titel Großmeister und General und ist ein benediktierter Abt. Seinen offiziellen Sitz hat er im Prager Kreuzherrenkloster am Altstädter Fuß der Karlsbrücke. Gegenwärtig ist der Orden in der Tschechischen Republik und in Österreich tätig, vor allem in der Seelsorge. Die Kreuzherren mit dem Roten Stern wirken in 28 Kirchen, darunter in der MariäHimmelfahrts-Kirche in Tachau. nh

TERMINE Sonntag, 17. Juli, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle. Freitag, 29. Juli, 14.30 Uhr, Jakobifest in Bruck am Hammer: 32. Gottesdienst in der Heimatkirche mit dem Chor „Fontana“ aus Marienbad und der „Missa Brevis“ von Zdeněk Lukáš; anschließend Totengedenken auf dem Friedhof und Wirtshausbesuch. Sonntag, 21. August, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle. Freitag, 9. bis Sonntag, 11. September, Loreto-Wallfahrt in

Haid: Freitag, 17.30 Uhr, tschechischer Gottesdienst in Sankt Nikolaus. Samstag, 19.00 Uhr, deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pfarrer Georg Hartl und den Waidhauser Fußpilgern, anschließend Lichterprozession. Sonntag, 9.30 Uhr, tschechisch-deutsch-lateinisch-sprachiger Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pater Václav Sládek; anschließend Empfang und Imbiß in der Loreto-Anlage. Sonntag, 16. Oktober, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Bischof em. Friedhelm Hofmann aus Würzburg.


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