Sudetendeutsches Gespräch mit Volker Jobst und Alexander Stegmaier (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 74 | Folge 26 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 1. Juli 2022
VOLKSBOTE
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Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai 2023
73. Sudetendeutscher Tag findet in Regensburg statt Der Termin steht, die ersten Vorbereitungen laufen: Der 73. Sudetendeutsche Tag findet von Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai 2023 in Regensburg statt.
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Einer der Höhepunkte auf dem 72. Sudetendeutschen Tag war die Festrede von Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe.
Foto: Fricke
ie Lage an der Donau hat durchaus Symbolcharakter. Der 2857 Kilometer lange Fluß verbindet zehn europäische Länder. Nach dem Zusammenfluß der beiden Quellflüsse Brigach und Breg schlängelt sich Europas zweitlängster Strom vom Schwarzwald durch Deutschland, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien sowie Bulgarien und fließt dann durch die Republik Moldau und die Ukraine, die neuen EUBeitrittskandidaten, ins Schwarze Meer. Erster Höhepunkt des 73. Su-
detendeutschen Tages wird wieder die festliche Verleihung der Kulturpreise am Freitagabend sein. Hierfür läuft bereits die Sichtung der Kandidaten. Vorschläge können formlos per Post bei der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bundesverband e. V., Hochstraße 8, 81669 München, oder per eMail an info@sudeten.de eingereicht werden. Ebenfalls wieder feste Programmpunkte auf dem Sudetendeutschen Tag sind die Verleihung des Karls-Preises der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die Festreden des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe sowie des Bayerischen Ministerpräsidenten und Schirmherr der Sudetendeutschen sowie der Volkstumsabend und das Böhmische Dorffest.
Tschechische Regierung steht vor enormen Problemen
Josef Síkela, Minister für Industrie und Handel. Foto: Vlada.cz
Gesetzesänderung
Rekordinflation und Energiekrise überschatten EU-Ratspräsidentschaft Am heutigen 1. Juli übernimmt die Tschechische Republik von Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft – mitten in der schwersten Krise seit der Staatsgründung und mit einem neuen Chef an der Spitze der tschechischen Notenbank.
Energie zum Spartarif als rst vor wenigen Tagen hat sich Premierminister Petr FiaEntlastung E la mit einer Rede an die Nati-
Das tschechische Kabinett hat in der vergangenen Woche eine Energiesparzulage beschlossen, mit der die Bürger angesichts der weiter steigenden Energiepreise entlastet werden sollen. Die Änderung des Energiegesetzes muß noch vom Parlament bestätigt werden.
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uf Vorschlag des Industrieund Handelsministers Jozef Síkela erhält jeder Haushalt einen Zuschuß von bis zu 16 000 Kronen (650 Euro) zu den Energieausgaben. Der Tarif wird voraussichtlich für die kommende Heizperiode gelten. Gleichzeitig hat die Regierung beschlossen, daß die Gebühren für erneuerbare Energien erlassen werden. Insgesamt wird die Regierung für diese Maßnahmen bis zu 66 Milliarden Kronen (2,7 Milliarden Euro) über das sogenannte Kriegspaket bereitstellen. Síkela: „Für Haushalte, die Strom für alles verwenden, also für Beleuchtung, Kochen und Heizen, zahlt der Staat einen einmaligen Rabatt von 13 000 Kronen. Haushalte, die Licht und Wasser mit Strom generieren und mit Gas heizen, erhalten 16 000 Kronen.“ Keinen Zuschuß gibt es dagegen für Stromkosten, die beim Aufladen von Elektrofahrzeugen anfallen, ebenso nicht für Unternehmen sowie für Ferienwohnungen.
on direkt an die Bürger gewandt und erneut vor schweren Zeiten gewarnt. Die Rahmenbedingungen sind in der Tat besorgniserregend: Nicht gelöst ist weiterhin das Problem, wie man ohne Gas, Kohle und Öl aus Rußland die tschechische Wirtschaft am Laufen halten und die Wohnungen mit Energie und Wärme versorgen kann. Dem Kreml warf Fiala deshalb vor, neben dem Krieg mit Waffen gegen die Ukraine noch einen weiteren zu führen: „Dieser zweite Krieg ist moralisch-ökonomisch, und sein Ziel sind die Länder der westlichen Welt, also auch Tschechien. Rußland verschleiert nicht, daß es die demokratischen Länder schwächen, ihnen wirtschaftliche Probleme bereiten und damit den sozialen Frieden zerstören will. So soll das Vertrauen der Menschen in den Staat unterminiert und politische Instabilität hervorgerufen werden. Oder mit anderen Worten: Rußland will uns schwach und damit erpressbar machen.“ Tschechien brauche, so Fiala, eine Übergangszeit von zwei bis fünf Jahren, um unabhängig von Energielieferungen aus Rußland zu werden. Gleichzeitig hat die tschechische Regierung das Energiegesetz geändert (siehe links), um die Bürger zu entlasten. In der öffentlichen Wahrneh-
Der neue Notenbankchef Aleš Michl (oben) und Tschechiens Premierminister Petr Fiala (links) stehen vor schwierigen Aufgaben. Fotos: Vlada CZ, Česká národní mung ist dagegen ein weiterer Krisenherd aus dem Blickfeld geraten – die immer noch schwelende Corona-Pandemie, die im Herbst wieder Fahrt aufnehmen und erneute Lockdowns notwendig machen könnte. Das größte Problem für die Bürger ist aber die massive Geldentwertung. Die Inflation ist im Mai auf 16 Prozent gestiegen –
nach den baltischen Staaten der schlechteste Wert in der EU. Experten rechnen damit, daß die Inflation bis zum Herbst auf mindestens 17 Prozent ansteigt und dann erst langsam abflaut. Seit Mai 2020 hat die tschechische Nationalbank deshalb sieben Mal hintereinander den Leitzins auf jetzt 5,75 Prozent angehoben. Diese auch unter
Volkswirten umstrittene Strategie hatte jetzt personelle Konsequenzen. Jiří Rusnok, einst Finanzminister unter dem damaligen Premierminister Miloš Zeman, wurde vom jetzigen Präsidenten Zeman durch Aleš Michl abgelöst. Michl, der heute sein Amt als Gouverneur der Nationalbank antritt, gilt als Kritiker der Leitzinserhöhungen und hat als Mitglied im Vorstand der Nationalbank auch gegen die aktuelle Erhöhung gestimmt. Die Personalie Michl ist aber auch in Prag nicht unumstritten. So vermutet der Wirtschaftsjournalist Tomáš Lemešani, Michls Kurs des billigen Geldes könne auch mit der Verbindung zu ExPremier Andrej Babiš und dessen Agrofert-Gruppe zu tun haben. „Michl ist der ehemalige Anlage-
stratege jener Bank, die die Aktivitäten von Agrofert maßgeblich finanziert hat“, sagt Lemešani und erklärt, Agrofert habe umgerechnet etwa eine Milliarde Euro Schulden, die bei höheren Zinsen das Unternehmen in Schieflage bringen könnten. In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Ekonom hat Michl bereits seine strategische Ausrichtung umrissen: „Die tschechische Zentralbank muß die Zinssätze über dem Standardniveau halten, die Regierung bei der Senkung des Haushaltsdefizits unterstützen und auf Lohnzurückhaltung drängen, um zu verhindern, daß die meist angebotsseitige Inflation auf die Nachfrageseite übergreift.“ Außerdem wolle er die Goldreserven von derzeit 11 Tonnen auf über 100 Tonnen verzehnfachen. Wie hart die tschechischen Bürger bereits jetzt von den Preiserhöhungen auch bei Grundnahrungsmitteln getroffen werden, zeigen die Vergleiche zum Vorjahr. Mehl wurde um 64,6 Prozent teurer, Fleisch um 17,3 Prozent, Milch um 42,1 Prozent, Eier um 33,8 Prozent und Butter um 51,9 Prozent. Auch bei den Energieausgaben müssen die Tschechen tiefer in die Tasche greifen. So wurde Erdgas um 49,2 Prozent teurer, feste Brennstoffe um 30,1 Prozent sowie Diesel und Benzin um 44,3 Prozent. Notenbankchef Michl rechnet damit, daß es zwei Jahre braucht, bis das Inflationsziel von zwei Prozent wieder erreicht ist. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, daß der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bis dahin beendet ist, womit Militärstrategen derzeit aber nicht rechnen ... Torsten Fricke