Sudetendeutsche Zeitung 17. Dezember 2021 Ausgabe 50

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„Sou hoba dahuam khoucht und pocha“ (Seite 3 und 4)

Sudetendeutsche Zeitung Neudeker Heimatbrief

Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 73 | Folge 50 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 17. Dezember 2021 Das Fiala-Kabinett

Petr Fiala (Premierminister), Vít Rakušan (Inneres), Marian Jurečka (Arbeit und Soziales), Ivan Bartoš (Digitalisierung und lokale Entwicklung), Vlastimil Válek (Gesundheit), Zbyněk Stanjura (Finanzen), Jan Lipavský (Auswärtige Angelegenheiten), Pavel Blažek (Justiz), Jana Černochová (Verteidigung), Martin Kupka (Verkehr), Zdeněk Nekula (Landwirtschaft), Petr Gazdík (Bildung), Martin Baxa (Kultur), Anna Hubáčková (Umwelt), Mikuláš Bek (Europäische Angelegenheiten), Helena Langšádlová (Wissenschaft und Forschung), Michal Šalomoun (Gesetzgebung), Jozef Síkela (Industrie).

VOLKSBOTE

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B 6543

� Miloš Zeman hat Vorbehalte gegen Außenminister Jan Lipavský von den Piraten

Erst Posse, dann Vernunft: Präsident ernennt Regierung

Jetzt also doch: Präsident Miloš Zeman hat angekündigt, am heutigen Freitag alle von Premierminister Petr Fiala nominierten Minister zu vereidigen und ihnen die Ernennungsurkunden auszuhändigen.

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orausgegangen war eine Posse um den Außenminister-Kandidaten Jan Lipavský von den Piraten. Zeman hatte zunächst angekündigt, Lipavský nicht zu ernennen, weil der Piraten-Politiker 2019 mit dem Statement zitiert wurde, er könne sich grundsätzlich einen Sude-

tendeutschen Tag auf tschechischem Boden vorstellen. Nach Zemans Weigerung stellte der neue Premierminister Fiala postwendend fest, daß der Präsident seine Kompetenzen überschreite, und drohte, Zeman vor das Verfassungsgericht zu zerren, um die Zuständigkeiten des Staatsoberhauptes ein für alle mal zu klären. Heftige Kritik kam auch aus München. Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, bezeichnete die Weigerung des Präsidenten als „absurdes Drohgebärde“ und er-

klärte: „Wer in einer innenpolitischen Auseinandersetzung keinen anderen Ausweg mehr weiß, als das Gespenst vom bösen Sudetendeutschen herauszuholen, zeigt, daß er den tschechisch-sudetendeutschen Aussöhnungsprozeß der letzten Jahre verschlafen hat und nicht im Europa des 21. Jahrhunderts angekommen ist.“ Posselts klare Worte wurden auch von der tschechischen Nachrichtenagentur ČTK verbreitet und stießen in der tschechischen Öffentlichkeit auf ein großen Echo.

Daß die sudetendeutsche Karte nur ein vorgeschobener Grund war, machten auch eine Reihe von tschechischen Kommentatoren deutlich. So schrieb das Nachrichtenportal Aktuálně.cz in Anspielung auf Zemans Vorliebe für Moskau und Peking ironisch, daß Lipavský nur einen Fehler habe: „Er arbeitet nicht für Rußland und China, er ist kein Verräter. Das ist alles.“ Am Montagabend ruderte Zeman zurück und erklärte, er werde alle von Fiala vorgeschlagenen Minister ernennen, auch wenn er bei seinen Vorbehalten

Wird jetzt doch Außenminister: Jan Lipavský von den Piraten. Foto: Pirátská strana/ CC BY-SA 2.0 bleibe. Damit hat Fiala noch vor dem eigentlichen Start der neuen Regierung den ersten Machtkampf mit dem Staatspräsidenten klar für sich entschieden. Torsten Fricke

� Monsignore Dieter Olbrich

Ein Geschenk der Liebe

Die neunjährige Rianna aus Bethlehem hat das Friedenslicht in der Geburtsgrotte Jesu entzündet. F.: ORF

Liebe Schwestern, liebe Brüder, im Lukasevangelium hören wir in der Heiligen Nacht über die Geburt Jesu: „Maria wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“

� In Tschechien

Friedenslicht aus Bethlehem

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Das Friedenslicht aus Bethlehem ist in Tschechien angekommen. Am Sonntag entzündeten tschechische Pfadfinder am Grenzübergang Reintal–Lundenburg ihre Lampen an denen der Österreicher.

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egen der Corona-Pandemie war auch in diesem Jahr kein Kind aus Österreich nach Bethlehem geflogen, um das Friedenslicht in der Geburtsgrotte Jesu zu entzünden. Diese Aufgabe übernahm die neunjährige Rianna aus Bethlehem. Anschließung wurde das Friedenslicht zum Flughafen nach Tel Aviv transportiert und dort mit einer AUA-Maschiene nach Wien geflogen. Die Idee ist, daß ein Licht aus Bethlehem Frieden in die Welt bringen soll, war 1986 vom ORFLandesstudio Linz ins Leben gerufen worden. Seit 1989 beteiligt sich auch Tschechien an dieser Aktion. „Mit unserem Weihnachtsbrauch möchten wir ein Zeichen setzen, daß wir trotz unruhiger Zeiten fest an den Frieden glauben“, erklärt Kurt Rammerstorfer, ORF-Landesdirektor für Oberösterreich. Über die tschechischen Pfadfinder wird das Friedenslicht jetzt in die Pfarreien im ganzen Land verteilt, wo Gläubige sich das Licht abholen können. Die Friedenslicht-Tradition wird mittlerweile auch in ganz Europa, den USA und Teilen Südamerikas weitergeführt.

Das Weihnachtsbild ist eines der Hauptmotive des barocken Altars der Wallfahrtskirche von Sammarei bei Passau. Der niederbayerische Ort Sammarei liegt unweit der Stadt Passau. Sein Name kommt aus den lateinischen Worten „Sancta Maria“. In der mundartlichen Abwandlung wurde daraus „Sankt Marei“ und „Sammarei“. In der dortigen Wallfahrtskirche mit dem Patrozinium „Maria Himmelfahrt“ findet sich ein prächtiger Schnitzaltar von 1647.

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u den Hauptmotiven des barocken Altares gehört auch ein Weihnachtsbild. Was sofort ins Auge fällt, ist der Hirte, der seinen Hut zieht, als er das Jesuskind sieht. Er scheint es mit Schwung zu tun. Sein Gesicht zeigt große Freude, die zum Ausdruck bringt: „Endlich ist es soweit. Ich kann den Messias sehen!“ Ein anderer Hirte im Hintergrund spielt auf seiner Flöte. Die Gewänder sind mit Gold überzogen, was die Kostbarkeit des Augenblicks zum Ausdruck bringen soll. Es handelt sich um eine Sternstunde der Menschheit, die hier dargestellt wird.

� Weihbischof Dr. Reinhard Hauke

Hut ab! Ganz im Hintergrund sieht man den Engel auf dem Hirtenfeld in Bethlehem. Unser Hirte kommt schon von dort und hat verstanden, was „die Stunde geschlagen hat“. Es gab für ihn keine andere Wahl als sich auf den Weg zu machen, um dem göttlichen Kind seinen Gruß und seine Dankbarkeit zu schenken. Maria, die Gottesmutter, zeigt auf das Kind, als ob sie sagen möchte: „Ich habe das Kind für euch geboren!“ Der heilige Josef steht hinter Maria und stärkt sie in ihrer Aufgabe. Auch er und Maria tragen goldene Gewänder, denn was hier geschieht, ist von göttlichem Glanz erfüllt und erleuchtet alle, die auf das Kind schauen. Goldene Krippenfiguren kenne ich in Thüringen nicht. In den Krippendarstellungen der Kirchen und Märkte haben sie oft-

mals normale Kleidung, denn das Ereignis soll ganz in der Realität stehen. Die Anwesenheit der Engel öffnet dann das Ereignis auf den Himmel hin. Hier jedoch ist der göttliche Glanz auf den Kleidern der Beteiligten Ausdruck für das, was im Verborgenen geschieht: Gott ist mit seiner Herrlichkeit in die Welt gekommen. Der Hirte zieht den Hut. Das ist eine Geste der Ehrerbietung. Er zieht den Hut vor einem Kind im Futtertrog. Er hat also schon erkannt, welches verborgene Geheimnis in diesem Kind liegt. Die Botschaft des Engels hat ihm die inneren Augen geöffnet. Vor unseren Krippendarstellungen in den Kirchen stehen große und kleine Menschen mit staunenden oder auch fragenden Augen. Wenn eine Krippe auf einem Weihnachtsmarkt zwischen

Foto.: P. Adam Litwin MS Märchendarstellungen steht, dann kommt manchmal die Frage auf: „Mamma, welches Märchen ist das?“ Vielleicht weiß es die Mamma und erzählt von der Geburt Jesu. Das wäre gut. Vielleicht ist die Mamma aber noch am Grübeln und sagt: „Da hier eine Mutter, ein Kind und Stroh zu sehen sind, könnte es zum Märchen ‚Rumpelstilzchen‘ gehören.“ Hier hoffe ich dann, daß jemand das Geheimnis der Menschwerdung Gottes erklären kann. Hier sind wir als Christen gefragt. Es ist schon gut, wenn jemand die Darstellung sachgerecht erklären kann. Besser ist es jedoch, wenn jemand bekennt: „Gott ist für dich in diesem Kind in die Welt gekommen, damit du zum Kind Gottes werden kannst.“ Daraus entsteht echte und langanhaltende Freude. Ein gesegnetes Weihnachtsfest und die Freude am neuen Leben durch das Kind von Betlehem wünscht von Herzen Weihbischof Dr. Reinhard Hauke

er menschgewordene Sohn Gottes nimmt vom ersten Augenblick seines Lebens an einen der letzten Plätze in unserer Gesellschaft ein. Der Heilige Paulus schreibt im Philipperbrief (2,6 ff): „Jesus Christus war wie Gott, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein. Sondern entäußerte sich, wurde wie ein Sklave. Sein Leben war das eines Menschen.“ Jesus entschied sich bewusst für diesen Abstieg, um uns zu erlösen: Ein Geschenk, das alle unsere Vor- Die Heilige Familie; stellungen sprengt. auf Stein geDieses Ge- malt von Soňa schenk seiner Čermăkovă. Der Liebe macht Reinerlös der Weihnachten Originalkarte zum Fest des kommt der AcSchenkens. kermann-GeHier liegt der meinde zugute. Ursprung, warum wir uns am Heiligen Abend beschenken, uns gute Wünsche zusprechen und zusammen in den Familien feiern. Es wäre gut, wenn wir uns dabei wieder erinnern würden, dass die Liebe Gottes, der innerste und tiefste Grund unsere Freude an Weihnachten ist, die wir auch jemanden spüren lassen können, der draußen steht. Ich wünsche Ihnen allen ein frohes, gesegnetes Weihnachtsfest und Gottes Segen für das neue Jahr 2022 Monsignore Dieter Olbrich Präses der Sudetendeutschen


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