Sudetendeutsche Zeitung 24. September 2021 Ausgabe 38

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Interview mit Kristina Larischová, Generalkonsulin der Tschechischen Republik (S. 3)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 73 | Folge 38 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 24. September 2021

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Miloš Zeman

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Rudolf-Lodgman-Medaille für Kurt Aue

Präsident weiter im Krankenhaus

Glückwünsche von der Staatsministerin

Staatspräsident Miloš Zeman wird seit 14. September in einem Prager Krankenhaus stationär behandelt. Derweil kocht die Gerüchteküche zum Gesundheitszustand über.

Hoher Besuch bei der gemeinsamen Kreisdelegiertenkonferenz der Sudetendeutschen Kreisgruppe Augsburger Land und der BdV-Kreisgruppe Augsburger Land sowie der Verleihung der Rudolf-Lodgman-Medaille an Kurt Aue.

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er Präsident entscheidet nach der Wahl, welchen Kandidaten er mit der Regierungsbildung beauftragt. In der Vergangenheit hat Zeman deutlich gemacht, daß dies der Vertreter der stärksten Partei und nicht der stärksten Koalition sein wird – und sich damit indirekt auf Amtsinhalber Andrej Babiš festgelegt. Der 76-Jährige leidet an der Nervenkrankheit Neuropathie und ist deshalb seit Anfang des Jahres auf einen Rollstuhl angewiesen.

VOLKSBOTE

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Bayerns Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Carolina Trautner, besuchte gemeinsam mit ihrem Landtagskollegen Andreas Jäckel (rechts) und den Teilnehmern der Kreisdelegiertenkonferenz Augsburg-Land das Sudetendeutsche Museum in München. Zweiter von rechts: Organisator Kurt Aue. Foto: Mathias Heider

ls Schirmherrschaftsministerin nahm Bayerns Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Carolina Trautner, teil und war auch beim Rundgang durch das Sudetendeutsche Museum dabei. Begleitet wurde die CSU-Politikerin von ihrem Landtagskollegen und BdV-Vorsitzenden von Schwaben, Andreas Jäckel, dem SL-Landesobmann und stellvertretenden SL-Bundesvorsitzenden Steffen Hörtler, dem Vor-

standsvorsitzenden der Sudetendeutschen Stiftung, Dr. Ortfried Kotzian, dem BdV-Landesvorsitzenden Christian Knauer, dem Bürgermeister von Wehringen, Manfred Nerlinger, und dem Direktor des Hauses des Deutschen Ostens, Prof. Dr. Andreas Otto Weber. Im Rahmen dieses Tages wurde Kurt Aue, der als stellvertretender Bezirksobmann Schwaben und Kreisobmann Augsburger Land die Konferenz organisiert und geleitet hatte, von Steffen Hörtler mit der Rudolf-Lodgman-Medaille, einer der höchsten Auszeichnungen der Sudetendeutschen Landsmannschaft, für sein jahrzehntelanges Engagement geehrt. Zu den ersten Gratulanten gehörte auch die Staatsministerin.

Feierlichkeiten zum 1100. Jahrestag des Martyriums der Heiligen Ludmila

Kohletagebau Turów

Polen muß 500 000 Euro pro Tag zahlen Schwere Niederlage für Polen im Streit um den Kohletagebau Turów im Dreiländereck zu Sachsen und Böhmen. Der Europäische Gerichtshof hat am Montag entschieden, daß Polen pro Tag, an dem der Kohletagebau weiter betrieben wird, 500 000 Euro Strafe zahlen muß.

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uslöser des Gerichtsverfahrens ist ein Streit zwischen Warschau und Prag. Ohne Umweltverträglichkeitsprüfung hatte Polen die Betriebserlaubnis für den gigantischen Kohletagebau verlängert. Dagegen hatte Prag am 26. Februar 2021 eine Vertragsverletzungsklage vor dem EU-Gerichtshof eingereicht. Obwohl das Gericht am 21. Mai per Einstweiliger Anordnung die sofortige Einstellung verfügte, wurde die Förderung fortgesetzt. Der Tagebau liegt auf dem Gemeindegebiet von Reichenau in Sachsen, das heute zu Polen gehört, und erstreckt sich über 50 Quadratkilometer, was einem Achtel der Fläche des nahegelegenen Dresden entspricht. Da der Tagebau mittlerweile eine Tiefe von 300 Metern erreicht hat, befürchten die Umweltschützer und Anwohner, ein Absinken des Grundwasserspiegels, was verheerende Auswirkungen auch für die Grenzregion in Nordböhmen mit dem Isergebirge hätte. Polen argumentiert, eine Unterbrechung des Abbaus würde unweigerlich die Energieversorgung des Landes gefährden.

Kardinal Schönborn ruft Christen auf, für die Einheit Europas einzutreten

Kardinal Christoph Schönborn hat am Samstag als päpstlicher Sondergesandter die nationalen Feierlichkeiten zum 1100. Jahrestag des Martyriums der Heiligen Ludmila in dem 40 Kilometer südwestlich von Prag gelegenen Wallfahrtsort Tetin geleitet. In seiner Predigt unterstrich der Wiener Erzbischof die bleibende Bedeutung Ludmilas, die als erste böhmische Heilige einen herausragenden Platz in der Geschichte der Christianisierung des Landes hat.

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ereits am Vorabend, bei der festlichen Vesper, hatte der Träger des Europäischen KarlsPreises der Sudetendeutschen und gebürtige Leitmeritzer gemeinsam mit dem Olmützer Erzbischof Jan Graubner an die Erklärung der Tschechischen und der Österreichischen Bischofskonferenz „Versöhnte Nachbarschaft im Herzen Europas“ aus dem Jahr 2001 erinnert. Erzbischof Graubner, der bereits damals Vorsitzender der Bischofskonferenz war, ging auf Zustandekommen der Erklärung im Vorfeld des EU-Beitritts Tschechiens ein. Kardinal Schönborn hob hervor, daß die Erklärung nach wie vor Aktualität habe. Standen damals die Einheit Europas und die Überwindung des Nationalitätenkonflikts zwischen Tschechen und Deutschen, der zur Vertreibung großer Bevölkerungsgruppen nach dem Krieg geführt hatte, im Vordergrund, so müsse man heute der Erklärung noch ein weiteres Kapitel hinzufügen. Die Einheit Europas sei wieder bedroht durch das Aufkommen neuer Nationalismen. Das Eigeninteresse sei viel größer als das Miteinander. Dieser Gefahr müßten besonders die Christen in Europa heute wehren. „Die

Im Rahmen einer Festmesse erinnerten Kardinal Christoph Schönborn und Erzbischof Jan Graubner an das Martyrium der Heiligen Ludmila. Fotos: KAP/Reinhard Podhradsky, ČT, schrecklichen Erfahrungen unserer Eltern und Großeltern dürfen sich nicht wiederholen“, betonte der Wiener Erzbischof. Bei der Festmesse im Rahmen der Nationalen Ludmila-Wallfahrt, die unter freiem Himmel stattfand und vom Tschechischen Fernsehen live übertragen wurde, würdigte Kardinal Schönborn die Heilige Ludmila, als Großmutter des Heiligen Wenzel, der im frühen 10. Jahrhundert in Prag regierte. Zudem sei Ludmila „ein Vorbild einer klugen Großmutter“, so Schönborn unter Bezugnahme auf Worte von Papst Franziskus. Ludmila werde als „Patronin der Großmütter“ verehrt und gebe ein „schönes Zeugnis für die Weitergabe des Glaubens an die nächsten Gene-

rationen“, so Schönborn. Der Wiener Erzbischof erinnerte dabei an die Christianisierung Böhmens: „Die Heilige Ludmila und ihr Gemahl, Fürst Borivoj, stehen am Anfang der Christianisierung unserer Heimat“, so der Papst-Legat, der am 22. Januar 1945 im böhmischen Leitmeritz geboren und neun Monate später mit seiner Familie nach Österreich vertrieben wurde. In der Christianisierung Böhmens und Mährens zeige sich auch das, was Papst Johannes Paul II. mit den „beiden Lungen“ Europas beschrieben habe. So seien Borivoj und Ludmila vom Heiligen Methodius zum christlichen Glauben geführt worden.

Böhmen und Mähren seien somit zunächst unter dem Einfluß des ostkirchlich-byzantinischen „Lungenflügels“ gestanden, später dann verstärkt unter dem des christlichen Westens. Diese Lage habe die Geschicke der Region geprägt, „mit all ihrem Glanz und ihren Dramen, den Kirchenspaltungen und den Religionskriegen, der Politisierung der Religion, die schließlich für viele Menschen zur Abwendung von der Religion geführt hat“, so Schönborn. Im Blick auf die aktuelle kirch-

liche Lage in Tschechien erinnerte der Wiener Erzbischof an den Besuch von Papst Benedikt XVI. Dieser haben sich 2009 mit der bleibend aktuellen Frage befaßt, „was es heißt, in einem Land Christ zu sein, in dem die Mehrheit Agnostiker und Atheisten sind und die Christen eine Minderheit sind“. Benedikt XVI. habe damals zum Gespräch mit denen ermuntert, „denen die Religionen fremd sind, denen Gott unbekannt ist und die doch nicht einfach ohne Gott bleiben, ihn wenigstens als Unbekannten dennoch anrühren möchten“. In diesem Sinn müsse die Verkündigung des Glaubens weitergehen, und Christen sollten sich dabei vom Gleichnis des Sämanns inspirieren lassen, so der Kardinal unter Bezugnahme auf das Tagesevangelium: „Alle unsere menschlichen Bemühungen, den Glauben auszusäen, auszubreiten, scheinen vergeblich zu sein. Doch da gibt es da und dort guten Boden, und plötzlich gibt es unfaßbar gute Erträge, weit über alles denkbar Mögliche hinaus, bis zu hundertfach.“ Das Leben und Sterben der Heilgen Ludmila habe so gesehen „reiche Frucht gebracht“, und es gelte auch heute auf ihre Fürsprache zu vertrauen. Der Wiener Erzbischof war als Päpstlicher Legat am Freitag in Prag von Kardinal Dominik Duka empfangen worden. Am selben Tag erfolgte durch die beiden Kardinäle die Übertragung der Ludmilla-Reliquien vom Prager Wenzelsdom in den Wallfahrtsort Tetin. Nach der Positionierung der Schädelreliquie in der dortigen Katharinen-Kirche im Rahmen einer liturgischen Feier folgten ein Empfang und ein Festkonzert für und mit dem Päpstlichen Legaten in der Stadt Beraun am Freitagabend. KAP


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