Hollywood-Star Monika Gossmann über ihr Vertreibungsprojekt (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang
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Jahrgang 73 | Folge 22 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 4. Juni 2021
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B 6543
Teilnahme am Versöhnungsmarsch
Bayern fährt nach Brünn
Zum 14. Mal findet der Brünner Versöhungsmarsch statt. Dabei wird der mehr als 1700 Opfer des Brünner Todesmarsches im Jahr 1945 gedacht.
Am Brünner Versöhnungsmarsch 2019 nahmen auch viele junge Menschen teil.
Tausende auf der Straße
Demonstration für „gerechte Regierung“ Erneut sind am Dienstag Abend tausende Tschechen einem Aufruf der Initiative „Eine Million Augenblicke für Demokratie“ gefolgt und für eine „gerechte Regierung“ in Prag auf die Straße gegangen.
H
auptzielscheibe war die parteilose Justizministerin Marie Benešová, der vorgeworfen wird, den hoch geschätzten Generalstaatsanwalt Pavel Zeman (siehe auch Artikel unten) zum Rücktritt gedrängt zu haben. Im Vorfeld der Parlamentswahlen, die am 8. und 9. Oktober stattfinden, tobt in der Tschechischen Republik ein heftiger Wahlkampf. Nach aktuellen Umfragen ist die Zustimmung für die Minderheitsregierung von Premierminister Andrej Babiš deutlich gesunken. So kommen die Koalitionspartner ANO und ČSSD derzeit nur auf 21 bzw. 6,5 Prozent. Deutlich in Führung in der Wählergunst liegt derzeit die Piratenpartei mit 27,5 Prozent. Auch im Parlament nimmt der Druck auf die Regierung zu. So kündigte die Opposition am Dienstag an, am Donnerstag ein Mißtrauensvotum einzubringen. Für eine erfolgreiche Abwahl der Regierung ist eine DreifünftelMehrheit notwendig (Ergebnis stand bei Redaktionsschluß noch nicht fest). JŠ/TF
Dominik Feri tritt zurück
1 CZK = 0,0393 EUR 1 EUR = 25,438 CZK
Gut, besser, Hanitzsch
Der Karikaturist und Bierbrauer im Portrait S. 5
Vom Elbetal nach Anhalt
Alfred Regner baut auf seinen Feldern Hopfen an S. 9
Kirche in Heiligenkreuz
Pfarrer Klaus Oehrlein sucht alte Dokumente S. 15
m Samstag, 31. Juli, wollen wieder tausende Tsche-
Dieses Originalfoto zeigt den Brünner Todesmarsch im Jahr 1945.
Sorge um Grundwasser: In der Tschechischen Republik ist man empört , daß Polen eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes mißachtet
Streit um Kohletagebau Turów: „Größte Krise seit dreißig Jahren“ Zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union ist mit Polen ein Mitgliedsstaat von einem anderen EU-Land wegen eines Umweltstreits vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt worden. Doch auch nach dem Richterspruch geht der Streit weiter, weil sich Warschau weigert, eine einstweilige Verfügung zu respektieren.
E
ine 30 Quadratkilometer große Mondlandschaft, umgerechnet über 4000 Fußballfelder, erstreckt sich im äußersten südwestlichen Zipfel Polens, unweit der Grenzen zu Deutschland und der Tschechischen Republik. Umweltexperten haben mittlerweile belegt, daß mit der massiven Naturzerstörung der Grundwasserspiegel in der Umgebung gesenkt wird. Leidtragende sind damit auch die tschechischen Bauern in der Grenzregion, was selbst die polnische Regierung nicht bestreitet. Weil der Kohletagebau ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor kurzem bis 2044 verlängert wurde, hat die Tschechischen Republik im März Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Polen eingereicht. Die Richter stellten jetzt fest, daß Po-
Auf einer Fläche von über 4000 Fußballfeldern erstreckt sich der Kohletagebau Turów im Dreiländereck. len möglicherweise gegen EURecht verstoßen hat, und wiesen Warschau per einweiliger Verfügung an, die Produktion im Kohletagebau Turów sofort einzustellen, bis der Rechtsstreit zwischen der Tschechischen Republik und Polen in der Hauptsache entschieden ist. Doch Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki weigert sich, die EU-Entscheidung umzusetzen, und erklärte, sein Land werde „das falsche und ungerechte Urteil ignorieren“. Für die polnische Energieversorgung sei der Kohleabbau von
elementarer Bedeutung, erklärt die staatlich kontrollierte Betreiberfirma PGE. Demnach werden im Kohlekraftwerk Turów mit 2000 Megawatt knapp fünf Prozent des gesamten Energiebedarfs Polens produziert. Außerdem hängen 3500 Arbeitsplätze von dem Tagebau ab. Entsprechend gereizt reagiert man in Polen auf den Richterspruch. So demonstrierte die Gewerkschaft Solidarność für den Erhalt des Tagebaus und blokkierte zeitweise einen Grenzübergang. Und auch in den polnischen Medien ist der Ton ge-
genüber Prag harsch: So wirft die polnische Zeitung Rzeczpospolita der tschechischen Regierung vor, den Streit mit Blick auf die Parlamentswahlen im Herbst und auf Druck von Umweltorganisationen eskaliert zu haben. Die Zeitung sprach von „der größte Krise seit fast dreißig Jahren“ zwischen den beiden Nachbarn. Doch hinter den Kulissen wird offenbar zwischen Prag und Warschau heftig verhandelt. So berichten Medien mit Berufung auf polnische Regierungskreise, daß der tschechische Premierminister Andrej Babiš seinem pol-
nischen Amtskollegen Mateusz Morawiecki angeboten haben soll, die Klage im Gegenzug einer Zahlung von 45 Millionen Euro zurückzuziehen. Umweltschützer und Bewohner der Region reagierten entsetzt. „Die Klage fallen zu lassen, wäre eine Niederlage für die Anwohner, die durch den Bergbau Wasser verlieren und täglich mit Lärm und Staub von der herannahenden Mine konfrontiert sind“, sagt Nikol Krejčová, Koordinator der Kohlekampagne bei Greenpeace. Und stellvertretend für viele Bewohner in der Region erklärt Milan Starec aus dem Grottauer (Hrádek nad Nisou) Ortsteil Kohlige, der direkt an der Grenze und am Tagebau liegt: „Die gerichtliche Einstellung des Abbaus kam buchstäblich fünf Minuten nach zwölf Uhr. Einige Menschen in den umliegenden Dörfern leben in ständiger Angst um ihr Trinkwasser – vor allem diejenigen, die auf ihre Brunnen angewiesen sind. In der gemeinsamen Wasserquelle von Kohlige sinkt der Wasserspiegel jährlich um mehrere Meter, so daß das ganze Dorf auf einmal trocken fallen könnte.“Jaroslav Šonka Torsten Fricke
Ungemach für den Regierungschef: Tschechische Polizei empfiehlt der Staatsanwaltschaft, Anklage wegen Subventionsbetrugs zu erheben
Agrofert muß den Einfluß von Babiš offenlegen
Justiz ermittelt wegen sexueller Nötigung S. 4
KURSE
A
chen und Deutsche die Strecke in umgekehrter Richtung als Zeichen der Völkerverständigung bewältigen. Unter den Teilnehmern wird auch eine Delegation der Landesgruppe Bayern sein. Anmeldedetails im Veranstaltungskalender auf Seite 4.
Seit 1. Juni ist in der Tschechischen Republik ein Gesetz in Kraft, das Unternehmen zwingt, ihre wahren Eigentümer offenzulegen. Premierminister Andrej Babiš, der wegen seiner Verbindungen zum Konzern Agrofert seit langem in der Kritik steht, spricht von einer „Lex Babiš“.
E
s wird immer enger für den Regierungschef, obwohl er mit seinem Amtsantritt seinen Milliardenkonzern Agrofert an zwei Treuhänder übergeben hatte, damit das Unternehmen weiter Subventionen von der Europäischen Union beziehen kann.
Im Zuge der am 1. Juni in Kraft getretenen neuen Transparenzregel mußte Agrofert-Sprecher Karel Hanzelka jetzt offiziell einräumen, daß Babiš zu den Eigentümern des Konzerns gehört. Neues Ungemach droht Babiš auch im Fall „Storchennest“, der sich seit Jahren hinzieht. Das Verfahren wegen Subventionsbetrugs war bereits von den Ermittlungsbehörden eingestellt, dann aber auf Druck des Generalstaatsanwalts Pavel Zeman wieder aufgenommen worden. Nach erneuten Ermittlungen hat die Polizei den Fall jetzt wieder an die Staatsanwaltschaft mit
der Empfehlung weitergeleitet, Anklage gegen den Regierungschef zu erheben. Doch ob die Staatsanwaltschaft diesem Rat folgt, ist fraglich, zumal Generalstaatsanwalt Zeman wegen des zunehmenden politischen Drucks vor Tagen seinen Rücktritt bekannt gegeben hat (Sudetendeutsche Zeitung berichtete). Möglich ist aber, daß „Storchennest“ auch das Interesse der neu gegründeten EU-Staatsanwaltschaft weckt, die am 1. Juni ihre Arbeit aufgenommen hat. Eine der Aufgaben: Ermittlungen von Subventionsbetrug. JŠ/TF
Das Resort Čapí Hnízdo, auf deutsch „Storchennest“, befindet sich 70 Kilometer südlich von Prag und ist ein Golf- und Kongreßzentrum.