50 Jahre in der Politik: Interview mit Sprecher Bernd Posselt (Seiten 3 und 4)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 73 | Folge 23 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 11. Juni 2021
VOLKSBOTE
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Sudetendeutscher Tag
Massaker in Postelberg
Auf geht‘s zum Wiedersehen in München
Tschechen ringen um das richtige Erinnern an eines der größten Nachkriegsverbrechen an Deutschen S. 2
KURSE
Unter dem Motto „Verantwortung für die Heimat – unser Weg in die Zukunft“ findet von Freitag, 16., bis Sonntag, 18. Juli der 71. Sudetendeutsche Tag in München statt.
1 CZK = 0,0394 EUR 1 EUR = 25,409 CZK
Der Stoff der Heimat
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Egerland-Museum zeigt „Egerländer Trachten“ S. 5
eranstaltungsorte sind der Gasteig sowie das Sudetendeutsche Haus und das Sudetendeutsche Museum in der angrenzenden Hochstraße. Ein Programmpunkt ist auch in diesem Jahr wieder die Verleihung der Sudetendeutschen Kulturpreise. Die Preisträger und das (vorläufige) Programm: Seite 9.
Mit Puppe Emi im Lager
SL-Förderpreisträgerin Kateřina Kovačková liest S. 7
„Unsere Deutschen“
Petr Koura stellt Ausstellung in Aussig vor S. 13
Tschechische Republik
Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung wird am 21. Juni in Berlin eingeweiht
„Wesentlicher Baustein der deutschen Erinnerungskultur“
Kommunisten retten Prager Regierung Ein erneutes Mißtrauensvotum gegen die Regierung von Premierminister Andrej Babiš ist wie erwartet gescheitert. Unterdessen versucht der Senat ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Miloš Zeman auf den Weg zu bringen.
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achdem die Kommunisten erklärt hatten, vor der Abstimmung über das Mißtrauensvotum den Plenarsaal zu verlassen, war klar, daß die Opposition die notwendige Mehrheit nicht erreichen wird. Aber selbst mit einer Mehrheit wäre die Regierung von Premierminister Andrej Babiš bis zu den regulären Wahlen im Oktober im Amt geblieben, das hatte Staatspräsident Miloš Zeman bereits im Vorfeld klar gemacht. Auch das Staatsoberhaupt selbst steht in der Schußlinie der Opposition. So hat der Sicherheitsausschuß des Senats erklärt, Zeman sei nicht imstande, das Amt des Staatspräsidenten auszuüben. Doch für ein Amtsenthebungsverfahren sind hohe Hürden zu überwinden. Es gilt deshalb als sehr unwahrscheinlich, daß Zeman vor dem Ende seiner regulären Amtszeit im Frühjahr 2023 seinen Stuhl räumen muß. Zeman wird vorgeworfen, mit seiner pro-russischen Außenpolitik den Interessen seines Landes zu schaden. Jaroslav Šonka
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Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Montag, 21. Juni, in Berlin im Deutschlandhaus das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung eröffnen.
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ie Dokumentations- und Erinnerungsstätte wird von der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung betrieben, die durch einen Beschluß des Bundestages 2008 gegründet wurde. „Das Dokumentationszentrum mit seiner Dauerausstellung zu Flucht und Vertreibung der Deutschen aus deren angestammten Heimatgebieten in Mittel- und Osteuropa sowie den Staaten der ehemaligen Sowjetunion ist ein wesentlicher Baustein der deutschen Erinnerungskultur“, erklärt Bernd Fabritius. Der Präsident des Bundes der Vertriebenen und CSU-Bundestagsabgeordnete ist Mitglied des Stiftungsrates. Fabritius weiter: „Es ist wichtig, auch dieses Thema endlich aus dem ,Schatten der Erinnerung‘ zu holen. Für viele Millionen Deutsche war das Leiden mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 eben noch nicht vorbei. Es gilt darüber hinaus, die Friedensleistung der Heimatvertriebenen und der Heimatverbliebenen in Vergan-
genheit, Gegenwart und Zukunft zu würdigen und gleichzeitig die Botschaft des ,Nie wieder‘ auch gegenüber den nachfolgenden Generationen zu kommunizieren. Deshalb ist das Dokumentationszentrum kein Erinnerungsort nur für Heimatvertriebene, sondern für unsere gesamte Gesellschaft und alle Berlin-Besucher.“ Um die Ausrichtung des Dokumentationszentrums hatte es im Vorfeld immer wieder Streit gegeben – sowohl im Stiftungsrat als auch mit dem wissenschaftlichen Beirat. So hat Beiratsmitglied Jochen Oltmer, Professor für Migrationsgeschichte an der Universität Osnabrück, erst im Februar im Deutschlandfunk den Stiftungsrat als „übermächtig“ kritisiert und gefordert, den Fokus nicht auf die deutsche Flucht- und Vertreibungsgeschichte zu legen, sondern das Thema international und historisch anzugehen. „Das ist durchsichtig und entlarvend, zumal wir als Bund der Vertriebenen seit Jahren fordern, Vertreibung international zu ächten und weltweit unter Strafe zu stellen“, kontert Stiftungsratsmitglied Fabritius und erklärt: „Aber mit dieser Forderung nach einem ,anstatt‘ will man nur das Thema ,Flucht und Vertreibung
Das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung befindet sich im Deutschlandhaus in der Nähe des Anhalter Bahnhofs in Berlin. der Deutschen‘ kleinreden oder ganz vom Tisch bekommen.“ Sein Ratschlag: „Natürlich ist es richtig, die verheerenden Folgen von ethnischen Säuberungen – nichts anderes waren die Vertreibungen – auch außerhalb Deutschlands oder im historischen Kontext zu thematisieren, das erfolgt auch gerade in der Dauerausstellung. Die Verfechter dieses ,Anstatt‘ sollten sich dafür dann aber einen entsprechenden eigenen Rahmen schaffen und nicht immer wieder dieses Dokumentationszentrum und dessen gut durchdachtes Konzept in Frage stellen.“
Die Initiative für eine zentrale Erinnerungsstätte an die Opfer von Flucht und Vertreibung der Deutschen hatten bereits zur Jahrtausendwende vor allem zwei Politiker vorangetrieben – der 1939 in Eger geborene und 2005 verstorbene SPD-Politiker Peter Glotz sowie die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und damalige Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, die aus Rahmel bei Danzig stammte. Daß Steinbach mittlerweile im Streit die CDU verlassen und jetzt die AfD-nahe DesideriusErasmus-Stiftung führt, sieht de-
ren Nachfolger Fabritius nicht als Belastung für das Dokumentationszentrum. „Ich finde es sehr schade, daß Erika Steinbach den Weg, den sie über viele Jahre in der Union, einer demokratischen Volkspartei, erfolgreich gegangen ist, verlassen hat. Ihre Verdienste der Vergangenheit für die Belange der Heimatvertriebenen und im Einsatz für dieses Zentrum werden dadurch jedoch nicht geschmälert.“ Das Dokumentationszentrum befindet sich im denkmalgeschützten Deutschlandhaus in der Nähe des Anhalter Bahnhofs und wurde von den Architektenbrüdern Stefan und Bernhard Marte spektakulär umgebaut und um einen Neubau erweitert. Auf 6000 Quadratmetern bietet das Dokumentationszentrum Platz für die Ausstellungen, eine Bibliothek und ein Zeitzeugenarchiv. 1700 Quadratmeter sind allein für die Dauerausstellung reserviert, die, so die Initiatoren, „politisch, ethnisch und religiös begründete Zwangsmigrationen vor allem im 20. Jahrhundert in Europa und darüber hinaus thematisiert. Flucht und Vertreibung der Deutschen im und nach dem von Deutschland ausgegangenen Zweiten Weltkrieg bilden dabei den Schwerpunkt der Erzählung.“ Torsten Fricke
Erste und konstituierende Sitzung am 26. und 27. Juni im Sudetendeutschen Haus in München
Volles Programm für die XVII. Bundesversammlung Die 1. und konstituierende Sitzung der XVII. Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft findet am Samstag, 26., und Sonntag, 27. Juni, im Sudetendeutschen Haus in München statt.
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rstmals seit Beginn der Corona-Pandemie kann die Bundesversammlung nach jetzigem Stand wieder in Präsenz tagen.
Eröffnet wird das zweitägige Treffen vom Präsidenten der XVI. Bundesversammlung, Reinfried Vogler. Anschließend wird der Vorsitzende des Bundeswahlausschusses, Peter Pawlik, über die Wahl der ordentlichen Mitglieder der Bundesversammlung (siehe Sudetendeutschen Zeitung Folge 21) berichten. Erweitert wird dieses 74köpfige Gremium durch fünf Ver-
treter der Sudetendeutschen Jugend, die mit Stimmrecht kooptiert werden. Hinzu kommen vier Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich, die kooptiert werden, aber nur in der erweiterten Bundesversammlung, die den Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe wählt, Stimmrecht haben. Zu dieser erweiterten Bundesversammlung gehören außer-
dem maximal 34 Vertreter der Arbeitsgemeinschaften sudetendeutscher Vereinigungen (siehe Sudetendeutsche Zeitung Folge 22). Diese Kooptationen gehen zurück auf das Regensburger Manifest von 1987. Damals haben 350 Vertreter von 120 sudetendeutsche Vereinigungen mit der Führung der Sudetendeutschen Landsmannschaft eine enge Zusammenarbeit vereinbart,
um die Einheit der sudetendeutschen Volksgruppe und die Vielfalt der sudetendeutschen Vereinigungen zu demonstrieren. Tagesordnungspunkte sind unter anderem die Wahlen des Präsidenten der XVII. Bundesversammlung sowie der Vizepräsidenten und der Schriftführer. Außerdem stehen die Wahlen des Sprechers der Sudetendeutschen Volkgruppe, des Bundes-
vorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft und dessen Stellvertreter sowie die Besetzung der Ausschüsse auf dem Programm. Mit Spannung wird der Bericht des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, erwartet, der erneut für das Amt kandidiert. Außerdem wird sich Posselt als Bundesvorsitzender wieder zur Wahl stellen. TF